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Konstruktivismus & konstruktivistische Erziehungswissenschaft

 enge Verbindungen zur Systemtheorie

 Biologische Systeme: Mensch im Vordergrund


 Soziale Systeme

Geschichte
 Anfangs: Konzepte in der Mathematik als Konstruktionen
 1970 er Konzepte & Aspekte in der Erziehungswissenschaft:
o radikaler Konstruktivismus
o sozialer Konstruktivismus (Systemtheorie)
 Boom seit den 1990ern (auch in Sonderpädagogik)
 noch bis heute

 Besonderes: Ausgangspunkt ist eine Erkenntnistheorie (Epistemologie)


o Konstruktivismus fragt nach, wie überhaupt Erkenntnis von Organsimen über
die Welt außerhalb von ihnen erfolgt (auch Erkenntnis von Menschen)?
o Wie erkennen Organismen bzw. der Mensch die Welt außerhalb von sich
selbst?
o Wie verarbeitet er die erlebte Wirklichkeit?
 Maturana: Erkenntnis erfolgt über Beobachter
o Erkenntnisgewinn durch Beobachtungen vs. Wirklichkeit

Radikaler Konstruktivismus: Glaserfeld & Förster


 Unsere Wahrnehmung ist nur subjektiv
 Glaserfeld: „Objektivität ist die Selbsttäuschung des Subjekts, dass es Beobachten ohne
Subjekt geben könnte.“
o Objekt konstruiert seine eigenen Beobachtungen von der Wirklichkeit
 Werning (Sonderpädagogik): „Beobachter und Beobachtetes sind zirkulär miteinander
verbunden.“
o subjektive Erkenntnis + zirkulärer Zusammenhang zwischen dem Beobachter
selbst & dem Beobachteten
 stärker systemisch konstruktivistische Positionen
 Gerhard Roth: Funktionalität des Gehirns  aus der Sicht des Gehirns
o Wie kann das Gehirn Erkenntnisse über die Welt außerhalb von uns gewinnen?
 Problem: Gehirn ist eingeschlossen in die Schädelkapsel
 Wie kann eingeschlossenes Gehirn Erkenntnisse über Außerhalb
gewinnen?
1. Sinnesorgane: Liefern Informationen über Sinneskanäle
2. Umwandlung in elektrische Impulse, die das Gehirn erreichen
o Welche Reize kommen über welchen Sinneskanal?
 Differenzierung (Visuell,…)
o Gehirn konstruiert innerhalb durch Sinnesreize eine Welt außerhalb
 Kann nicht identisch sein!  Zweckmäßige Wiedergabe zum
Existieren/Überleben
 Zuverlässigkeitsprüfung: Gehirn prüft welche Informationen
zuverlässig sind
 Modi der Konsistenzprüfung:
 Grundsätzliche Modus der Zuverlässigkeit: Prüfung der
elektrischen Impulse auf Zuverlässigkeit aus Erfahrung
heraus & lernen welche Reize aus welchem Sinneskanal
kommen
 Parallele Konsistenzprüfung: Koordination &
Differenzierung der aus verschiedenen Sinnesorgane &
gleichzeitig einkommenden Reizen (Passen sie zusammen?)
 Konsekutive Konsistenzprüfung: Gehirn prüft über länge
der Zeit, ob Informationen zuverlässig sind
 Vergleicht neue Impulse mit bereits gespeicherten
Informationen
o Gehirn ist funktional, da Komplexitätsreduktion erfolgt
 Filtert nur valide & sinnvolle Reize heraus
 Vermeidet Überschwemmung von Reizen
 Vorteil der Kapsel
o Gehirn ist autonom von der Umwelt
 Vorteil der Kapsel
 Skepsis:
o Wie ist bei subjektiver Wahrnehmung Verständigung zwischen Individuen
möglich?
o Menschen können auch Wissenschaftler sein (Ist objektive Erkenntnisgewinnung
überhaupt möglich?)

Sozialer Konstruktivismus:
 Nicht so radikal wie radikaler Konstruktivismus
 Verständigung zwischen Individuen: Geht davon aus, dass zwischen uns strukturelle
Koppelungen möglich sind
o Wir teilen eine bestimmte Kultur
o Wir verständigen uns über das Medium der Sprache
 exakte Begriffe
o Gemeinsame/Geteilte Realität: Menschen teilen die Realität, die bestenfalls
identisch ist
o Konsensuelle Realität: Wir sind uns einig über bestimmte Aspekte
o Kokonstruierte Realtität: Gemeinsam konstruierte Realität
o Konstruktivistische Realität:
 Bestrebungen der Verständigung (nur beschränkt möglich)
Zentrale Konzepte
Selbstreferentialität:
o Gehirn ist selbst rückbezüglich und erklärt sich selbst
o Gehirn nimmt Informationen von außen auf Basis der Rückbezüglichkeit
(vorhandene Strukturen & Zustände)
 Autonomie
o Gehirn steuert sich selbst

Autopoise: Das Gehirn macht sich selbst


 Gehirn ist strukturdeterminiert: Funktionen/Arbeit/Auffassungen basieren auf den
Strukturen, die innerhalb des Gehirns aufgebaut wurden
 Gehirn ist reproduzierend: Gehirn reproduziert seine eigene Strukturen
 Gehirn ist operational (in sich) geschlossen: Operationen sind geschlossen, autonom
& nicht direkt veränderbar
 Weiterentwicklung durch neue Informationen

Anforderungen an Gehirn:
 Morphostase: Stabilität der Gestalt des Gehirns (aufgebaute Strukturen)
 Morphogenese: Auf Basis neuer Informationen sich selbst weiterentwickeln

Viabilität:
 Gehirn kann Wirklichkeit nicht 1:1 genau abbilden
 Das muss es aber auch nicht: Wichtig ist nur, dass Organismus in eigener Welt
überlebensfähig ist (Meerestiere andere Wahrnehmung als Mensch)

Driftzone:
 Wir als Menschen bewegen uns in einer Umwelt
 Umwelt = Driftzone
 Bewegung in der Driftzone = Driften
 Ontogenetische Strukturveränderung: Lebewesen verändert seine Strukturen unter
Umständen über seine Lebenszeit hinweg (Anpassung an Milieu)
 Nicht nur Mensch verändert sich/driftet, sondern auch das Milieu
 Interaktion

Verstörungen
 Erkenntnisgewinnung über die Umwelt: Reize die von außen kommen sind nur
Verstörungen
 Verarbeitung entscheidet sich erst im Gehirn und nicht entscheidend vom Reiz
Leistungen (für Sonderpädagogik)

 Größerer Respekt vor Eigenwelten


o Individuelle & Subjektive Welten
o Jeder lebt in seiner eigenen Welt
o Stehen nicht-bewertet nebeneinander
o Bemühung: An Eigenwelt des Kindes annähern (nicht 100% möglich)
 Relativierung des Behinderungsbegriffs
o Konstruktion einer „Behinderung“ durch verschiedene Betrachter
o Stärkere Aufnahme der Sicht der Betroffenen
 Stärkere Bescheidenheit der subjektiven Erkenntnis
o Eigene Erkenntnisse stimmen nicht immer mit der Realität & Erkenntnisse
Anderer überein
 Umsetzungen zu Lernen und Didaktik
o Veränderte Gestaltung der Lernprozesse
o Lernen konstruktivistisch betrachten  mehrere Konzepte (bsp: Kösel)

Subjektive Didaktik (Kösel): Eigene Didaktik aus konstruktivistischen Ansätzen heraus


 Buch: Modellierung von Lernwelten
 Kein Trichtermodell: Lernen erfolgt subjektiv und somit ist es unmöglich Lernprozesse
genau zu planen  Vielfältige Entwürfe von Lernwelten / Modellierungsangeboten
 Unterricht wird zu einer didaktischen Landschaft
o Didaktisches Feld, in dem Lernende driften (Einzelner & Gruppe)
 Lehrender kann nur Impulse (Morpheme) in das Feld geben, die zu Verstörungen
führen
 Was daraus entsteht ist nicht voraussehbar
 Chreoden: unterschiedliche Entwicklungswege der Lernenden (nicht vorhersehbar)
 Aufgabe Pädagoge: Dran bleiben & Effekte der Morpheme überprüfen bzw. neues
Morphem in didaktisches Feld einbringen
 Klassische Begriffe sind bereits durch vorhandene Modelle (nicht Konstruktivismus)
geprägt
 Neue Begriffe / Neues Denken
 Selbstgestaltung der Lernenden hat große Bedeutung (strukturdeterminiertes
Gehirn)
 Autonomes Lernen
 Gemeinsame Gestaltung der Lernprozesse
 Planung wird möglich: Gestaltung der Morphemen
o Wie ist zur Zeit die Arbeitsatmosphäre?
o Welche Ich-Chreode kreiere ich?
o Wie heißt das Thema genau?
o Was mache ich mit aversiven Chreoden?
o Wie will ich das Thema gliedern?
o …
Kritik
 An Kösel:
o Didaktisches Modell mit neuen Begriffen  Wie viel Neues steht hinter den
Begriffen?
o Welche Begriffe sind überhaupt notwendig, um das auszusagen, was er
aussagen will?
o Es gibt die Begriffe schon (nur nicht im didaktischen Kontext)  Wieso keine
Fantasiebegriffe?
o Gesamtes Modell: Ist Planen wirklich möglich? Oder ist sogar mehr Planung
möglich?
 Beliebigkeit der Subjektivität
 individuelle Sichtweisen stehen ungewertet nebeneinander
 Übernehme ich nur die Verantwortung meiner eigenen Sichtweisen? Habe ich das
Recht über andere Sichtweisen zu werten? Muss ich alles akzeptieren?
 Antwort: Jeder muss für seine eigene Erkenntnis Verantwortung übernehmen
 Ist wissenschaftliche Erkenntnis überhaupt noch möglich?
 wissenschaftlicher Fatalismus

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