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Eigenschaftskorrelationen

verschiedener Umformprozesse von


Mg-2Gd-xAg Legierungen für die
Medizintechnik

eingereicht am 03.04.2018
von
Alexander Kaine | Dorfstraße 4 | 24248 Mönkeberg | alex-kaine@gmx.de
Matrikel-Nr.: 216100247

Gutachter: Zweitgutachter:
Prof. Dr.-Ing. Detlef Behrend Dr.-Ing. Norbert Hort
Lehrstuhl für Werkstoffe für die Medizintechnik Helmholtz-Zentrum Geesthacht
Friedrich-Barnewitz-Straße 4 Max-Plank-Straße 1
18119 Rostock 21502 Geesthacht

Lehrstuhl für Werkstoffe in der Medizintechnik


Fakultät für Maschinenbau und Schiffstechnik
Danksagung I

Danksagung

An dieser Stelle möchte ich all jenen danken, die durch ihre fachliche und persönliche
Unterstützung zum Gelingen dieser Masterarbeit beigetragen haben.

Zunächst möchte ich Herrn Prof. Dr. Karl Ulrich Kainer, dem Leiter des „Magnesium
Innovation Centre“ (MagIC) dafür danken, die Möglichkeit bekommen zu haben, diese Arbeit
und meine Forschungen an seinem Institut schreiben und durchführen zu können. Dazu
danke ich Herrn Prof. Dr. Detlef Behrend dafür, dass er sich als Erstgutachter meiner Arbeit
zur Verfügung gestellt hat und mir bei Fragen mit Anregungen zur Seite stand.

Meine größte Dankbarkeit gebührt Herrn Dr. Norbert Hort, dem Leiter der Abteilung
„Magnesium-Prozesstechnik“ des MagIC. Herr Dr. Hort stand als mein Betreuer stets mit
Denkanstößen, Ratschlägen und Geduld an meiner Seite. Ich bin für die gemeinsame Zeit
und dem daraus gewonnenen Wissen und sozialen Kompetenzen sehr dankbar.

Als nächstes möchte ich gerne Herrn Dr. Björn Wiese, Herrn Dr. Jan Bohlen und Herrn Dr.
Frank Feyerabend danken. Sie standen mir auch bei schweren Fragestellungen zur Seite
und haben mir stets mit Rat und offenen Ohren zur Seite gestanden.

Frau Petra Fischer, Frau Monika Luczek, Frau Sabine Schubert, Frau Yiyi Lu, Frau Hong
Yang, Herrn Gert Wiese, Herrn Jochen Harmuth, Herrn Sihang You, Herrn Günter Meister
und Herrn Alexander Reichart gebührt großer Dank, da sie mir bei Problemstellungen halfen
und ohne sie meine Forschung und damit diese Arbeit nicht möglich gewesen wäre.

Zu guter Letzt danke ich selbstverständlich meinen Freunden und meiner Familie. Ihr seid
für mich der größte Halt gewesen, den ich benötigt habe, um auch in schweren Phasen
dieser Arbeit nicht aufzugeben. Ich danke euch dafür vom ganzen Herzen.
Inhaltsverzeichnis II

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung ........................................................................................................... 3
2. Kenntnisstand .................................................................................................... 4
2.1 Magnesium und seine Legierungen ................................................................ 4
2.1.1 Veränderung der mechanischen Eigenschaften .......................................... 6
2.2 Magnesium in der Medizintechnik ................................................................... 9
2.3 Magnesium – Gadolinium – Legierungen ...................................................... 12
2.4 Magnesium – Silber – Legierungen............................................................... 13
2.5 Mg-2Gd-xAg-Legierungen (x=1;2)................................................................. 15
2.6 Korrosion von Magnesiumlegierungen .......................................................... 15
2.7 Wärmebehandlung der Magnesiumlegierungen............................................ 16
2.8 Strangpressen von Magnesium-Legierungen................................................ 17
2.9 Drahtziehen von Magnesiumlegierungen ...................................................... 18
3. Material und Methoden / Experimente ........................................................... 20
3.1 Gießen der Magnesiumlegierungen .............................................................. 20
3.2 Chemische Analyse der gegossenen Probe ................................................. 24
3.2.1 Funkenspektralanalyse .............................................................................. 25
3.2.2 Flammen-AAS............................................................................................ 26
3.2.3 RFA............................................................................................................ 26
3.3 Strangpressen der Legierungen .................................................................... 26
3.4 Mikrostrukturelle Charakterisierung der Legierungen .................................... 28
3.4.1 Gefügeuntersuchung (Metallographischer Schliff / Lichtmikroskopie) ...... 28
3.4.2 REM ........................................................................................................... 29
3.4.3 XRD / Texturanalyse .................................................................................. 31
3.5 Mechanische Eigenschaften der Legierungen .............................................. 33
3.5.1 Härteprüfung .............................................................................................. 33
3.5.2 Zugversuch ................................................................................................ 34
3.5.3 Druckversuch ............................................................................................. 36
3.6 In vitro Degradation von Magnesiumlegierungen .......................................... 37
3.7 Draht aus Magnesium ................................................................................... 39
4. Ergebnisse ....................................................................................................... 41
4.1 Chemische Analyse der Elemente ................................................................ 41
4.2 Mikrostruktur ................................................................................................. 42
Inhaltsverzeichnis III

4.2.1 Gefüge nach dem Strangpressen .............................................................. 42


4.2.2 REM ........................................................................................................... 45
4.2.3 XRD Phasenanalyse .................................................................................. 49
4.2.4 XRD Texturanalyse .................................................................................... 50
4.3 Mechanische Eigenschaften ......................................................................... 51
4.3.1 Härteprüfung .............................................................................................. 51
4.3.2 Zugversuch ................................................................................................ 52
4.3.3 Druckversuch ............................................................................................. 54
4.4 Degradationsrate........................................................................................... 55
4.5 Drahtzug........................................................................................................ 57
5. Diskussion ....................................................................................................... 59
5.1 Chemische Analyse ...................................................................................... 59
5.2 Mikrostrukturen der Stränge .......................................................................... 59
5.2.1 Gefügestruktur ........................................................................................... 59
5.2.2 REM ........................................................................................................... 61
5.2.3 Phasenanalyse .......................................................................................... 62
5.2.4 Texturanalyse ............................................................................................ 62
5.3 Mechanische Eigenschaften ......................................................................... 63
5.3.1 Härteprüfung .............................................................................................. 63
5.3.2 Zugversuch ................................................................................................ 64
5.3.3 Druckversuch ............................................................................................. 65
5.4 Degradationsrate........................................................................................... 66
5.5 Drahtziehen ................................................................................................... 68
6. Zusammenfassung und Ausblick................................................................... 69
7. Literaturverzeichnis......................................................................................... 71
Abbildungsverzeichnis IV

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Gittertypen und deren Verformbarkeit [2]. ....................................................... 4


Abbildung 2: Schubspanungsbetrag in Abhängigkeit vom Teilchendurchmesser [6]. .......... 7
Abbildung 3: Bildung einer Zwillingsebene. ......................................................................... 8
Abbildung 4: Mikrostruktur von (a) kaltverformten und (b) rekristallisiertem Gefüge von S
235. Es dient zur Verdeutlichung der Gefügestruktur nach dem Rekristallisationsglühen, wie
es auch bei Magnesium auftritt [9]. ...................................................................................... 9
Abbildung 5: Degradation eines Pins aus eine Magnesium-Zink Legierung mit geringen
Anteilen Kalzium und Mangan (ZX50) [10]. ....................................................................... 10
Abbildung 6: Der Weg vom Grundmaterial zum Draht. ...................................................... 11
Abbildung 7: Mg-Gd Phasendiagramm bis zu einem Anteil von 50 w%. ........................... 13
Abbildung 8: Phasendiagramm Mg-Ag bis 50 w% Ag........................................................ 14
Abbildung 9: Quasibinäres Phasendiagramm Mg-2Gd-Ag bis 50 w% Ag.......................... 15
Abbildung 10: Temperatur-Zeit-Diagramm Lösungsglühen [14]. ....................................... 17
Abbildung 11: Schematische Darstellung des indirekten Strangpressens [18]. ................. 17
Abbildung 12: Prinzip des Drahtziehens [20]. .................................................................... 18
Abbildung 13: Gussanlage................................................................................................. 20
Abbildung 14: Technische Zeichnung der Kokille aus S355. ............................................. 21
Abbildung 15: Ofen für die Kokille...................................................................................... 22
Abbildung 16: Gegossene Mg-2Gd-1Ag Bolzen. ............................................................... 23
Abbildung 17: Gedrehte Bolzen. ........................................................................................ 24
Abbildung 18: Probe nach der Funkenspektralanalyse...................................................... 25
Abbildung 19: Vergleich verschiedener Aufnahmemöglichkeiten. Aufnahme eines Stahls mit
ZrO2-Partikelverstärkung [24]. ........................................................................................... 30
Abbildung 20: Darstellung der BRAGGschen-Gleichung [26]. ........................................... 32
Abbildung 21: Eindruck und zu messende Diagonalen des Pyramideneindrucks [27]....... 33
Abbildung 22: Vorrichtung Zugversuch. ............................................................................. 34
Abbildung 23: Rundzugprobe Form B und Bemaßungen, sowie die dazugehörigen Werte für
die Bemaßungen der Zugprobe Form B [28]. .................................................................... 35
Abbildung 24: Spannungs-Dehnung-Diagramm einer Aluminium-Legierung. .................... 35
Abbildung 25: Druckversuch Vorrichtung [29]. ................................................................... 36
Abbildung 26: Probenoberfläche der Mg-2Gd-2Ag Legierung, gepresst bei 4,4 mm/s, vor
dem Degradationstest........................................................................................................ 37
Abbildung 27: Verwendeter Ziehstein für Durchmesser von 6mm bis 2,3mm.................... 39
Abbildungsverzeichnis V

Abbildung 28: Handzugmaschine zur Erzeugung eines Drahtes. ...................................... 40


Abbildung 29: 500-fach vergrößertes Gefüge der Mg-2Gd-1Ag Legierung bei drei
verschiedenen Pressgeschwindigkeiten. ........................................................................... 42
Abbildung 30: 500-fach vergrößertes Gefüge der Mg-2Gd-2Ag Legierung bei drei
verschiedenen Pressgeschwindigkeiten. ........................................................................... 43
Abbildung 31: 500-fach vergrößertes Gefüge der Mg-2Gd-1Ag Legierung gepresst bei 0,6
mm/s quer zur Strangpressrichtung. .................................................................................. 44
Abbildung 32: BSE-Bild bei 500-facher Vergrößerung....................................................... 45
Abbildung 33: BSE-Bild bei 500-facher Vergrößerung....................................................... 46
Abbildung 34: 5000-fache Vergrößerung der Mg-2Gd-2Ag Legierung stranggepresst mit
einer Geschwindigkeit von 4,4 mm/s. ................................................................................ 47
Abbildung 35: EDX-Mapping von Gadolinium in der REM-Aufnahme. .............................. 48
Abbildung 36: EDX-Mapping von Magnesium in der REM-Aufnahme. .............................. 48
Abbildung 37: EDX-Mapping von Silber in der REM-Aufnahme. ....................................... 48
Abbildung 38: XRD-Diagramm der Mg-2Gd-1Ag Legierung gepresst bei 0,6 mm/s.
Schwarze Linien: Winkel der Magnesium Peaks. Rote Linien: Winkel der GdH2 Peaks. Blaue
Linien: Winkel der AgGdMg Peaks. ................................................................................... 49
Abbildung 39: Inverse Pol-Figur der Texturmessung ......................................................... 50
Abbildung 40: Eindrücke an zu prüfenden Proben............................................................. 51
Abbildung 41: Spannungs-Dehnungs-Diagramm der Mg-2Gd-1Ag Legierung bei einer
Strangpressgeschwindigkeit von 0,6 mm/s........................................................................ 53
Abbildung 42: Spannungs-Stauchungs-Diagramm der Mg-2Gd-1Ag Legierung bei einer
Strangpressgeschwindigkeit von 0,6 mm/s........................................................................ 54
Abbildung 43: Mikroskopische Aufnahmen der Mg-2Gd-1Ag Legierungen vor und nach dem
Degradationstest. .............................................................................................................. 55
Abbildung 44: Mikroskopische Aufnahmen der Mg-2Gd-2Ag Legierungen vor und nach dem
Degradationstest ............................................................................................................... 56
Abbildung 45: Umformgrade während des Drahtziehens. ................................................. 58
Abbildung 46: Korngröße in Abhängigkeit der Pressgeschwindigkeit für die Mg-2Gd-1Ag
Legierung........................................................................................................................... 59
Abbildung 47: Korngröße in Abhängigkeit der Pressgeschwindigkeit für die Mg-2Gd-2Ag
Legierung........................................................................................................................... 60
Abbildung 48: Gusszustand und Zustand nach T4 Wärmebehandlung von a) Mg-2Gd-1Ag
und b) Mg-2Gd-2Ag [14]. ................................................................................................... 61
Abbildungsverzeichnis VI

Abbildung 49: Härte in Abhängigkeit der Pressgeschwindigkeit Mg-2Gd-1Ag. .................. 63


Abbildung 50: Härte in Abhängigkeit der Pressgeschwindigkeit Mg-2Gd-2Ag. .................. 63
Abbildung 51: Zugfestigkeit in Abhängigkeit der Strangpressgeschwindigkeit der Mg-2Gd-
xAg Legierungen. .............................................................................................................. 64
Abbildung 52: Druckfestigkeit der Mg-2Gd-xAg Legierungen bei verschiedenen
Strangpressgeschwindigkeiten. ......................................................................................... 65
Abbildung 53: Degradationsrate in Abhängigkeit von der Strangpressgeschwindigkeit der
Mg-2Gd-1Ag Legierung. .................................................................................................... 66
Abbildung 54: Degradationsrate in Abhängigkeit von der Strangpressgeschwindigkeit der
Mg-2Gd-2Ag Legierung. .................................................................................................... 67
Tabellenverzeichnis 1

Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Eigenschaften reines Magnesium [4]. ................................................................. 5
Tabelle 2: Verunreinigungen, Silber- und Gadoliniumgehalte der Mg-2Gd-1Ag Legierung.
.......................................................................................................................................... 41
Tabelle 3: Verunreinigungen, Silber- und Gadoliniumgehalte der Mg-2Gd-2Ag Legierung.
.......................................................................................................................................... 41
Tabelle 4: Härte der Mg-2Gd-1Ag Legierung bei verschiedenen
Strangpressgeschwindigkeiten. ......................................................................................... 51
Tabelle 5: Härte der Mg-2Gd-2Ag Legierung bei verschiedenen Strangpress-
geschwindigkeiten. ............................................................................................................ 52
Tabelle 6: Ergebnisse des Zugversuchs hergeleitet aus dem Spannungs-Dehnungs-
Diagramm. ......................................................................................................................... 52
Tabelle 7: Ergebnisse des Druckversuchs hergeleitet aus dem Spannungs-Stauchungs-
Diagramm. ......................................................................................................................... 54
Tabelle 8: Degradationsraten Mg-2Gd-1Ag bei verschiedenen
Strangpressgeschwindigkeiten. ......................................................................................... 55
Tabelle 9: Degradationsraten Mg-2Gd-2Ag bei verschiedenen
Strangpressgeschwindigkeiten. ......................................................................................... 56
Abkürzungsverzeichnis 2

Abkürzungsverzeichnis
AAS Atomabsorptions-Spektrometrie
BSE Rückstreuelektronen
DMEM Dulbecco's Modified Eagle Medium
EDX energiedispersive Röntgenspektroskopie
FBS Fetal Bovine Serum
hdp hexagonal dichteste Packung
K Kelvin
RE Seltene Erden (rare earth elements)
REM Rasterelektronenmikroskop
RFA Röntgenfluoreszenzanalyse
SE Sekundärelektronen
TEM Transmission-Elektronen-Mikroskopie
XRD X-Ray Diffraction
Einleitung 3

1. Einleitung

Der Markt für Implantate in der Medizintechnik wächst drastisch an. Dies liegt nicht nur an
den immer besser werdenden Fertigungstechnologien, sondern auch an den verwendeten
Werkstoffen. Der Begriff „Biodegradierbare Werkstoffe“ findet immer häufiger Verwendung.
Biodegradierbare Werkstoffe sind Werkstoffe, die als Implantate im menschlichen Körper
eingesetzt werden und sich selbstständig auflösen, sodass eine zweite Operation zur
Entfernung des Implantates hinfällig wird. Die Anwendung biodegradierbarer Polymere als
Implantatwerkstoff für Frakturen leidet unter der Beschränkung durch die oftmals nicht
ausreichenden mechanischen Eigenschaften.
Magnesium eignet sich durch seine guten mechanischen Eigenschaften und seiner
biologischen Kompatibilität sehr gut als Implantatwerkstoff. Es besteht die Möglichkeit,
mechanische Eigenschaften sowie das Korrosionsverhalten von Magnesium einzustellen.
Ermöglicht wird dies durch Legieren des Magnesiums mit unterschiedlichen Elementen.
Durch Legieren von ebenfalls biologisch unbedenklichen Elementen ist somit eine große
Menge an unterschiedlichen Einsatzmöglichkeiten für Implantate denkbar.

In dieser Masterarbeit werden Magnesium-Gadolinium-Silber-Legierungen untersucht. Nach


einem Urformen und Wärmebehandeln der Legierung wird diese durch das Strangpressen
und Drahtziehen umgeformt und anschließend in Bezug auf die Mikrostruktur,
mechanischen Eigenschaften und Degradationseigenschaften analysiert. Es soll ermittelt
werden, ob sich Mg-2Gd-xAg-Legierungen als biodegradierbare Werkstoffe eignen.
Kenntnisstand 4

2. Kenntnisstand

2.1 Magnesium und seine Legierungen

Der Leichtbauwerkstoff Magnesium wird seit Jahren immer interessanter für den
technischen Bereich. Magnesium ist mit ungefähr zwei Prozent eines der häufigsten in der
Erdkruste vorkommenden Elemente [1]. Es wird in erster Linie aus den Mineralien Magnesit,
Dolomit und Carnallit gewonnen. Magnesium kristallisiert in einer hexagonal dichtesten
Packung (hdp). Durch eine geringe Anzahl von Gleitebenen innerhalb dieses Gitters, zeigt
reines Magnesium ein sprödes Verhalten, durch welches eine schlechte Eignung für
Kaltverformung besteht [1]. In Abbildung 1 werden drei Gittertypen gezeigt. Je weniger
Gleitebenen dem System zur Verfügung stehen, desto geringer ist die Verformbarkeit.

Abbildung 1: Gittertypen und deren Verformbarkeit [2].

Eine erhöhte Verformbarkeit wird erreicht, wenn das Magnesium auf eine Temperatur
oberhalb von 220°C erhitzt wird. Dieser Effekt kommt zu Stande, da Magnesium oberhalb
dieser Temperatur weitere Gleitebenen aktiviert [3]. Die Mikrostruktur hingegen ist abhängig
von Legierungsbestandteilen und vom Prozess, welcher an der Legierung durchgeführt
wurde. In Abhängigkeit von der Mikrostruktur können Magnesiumlegierungen eine höhere
Duktilität erreichen.
Kenntnisstand 5

Tabelle 1: Eigenschaften von reinem Magnesium [4].

Mg kristallisiert hdp
Dichte ρ 1,74 g * cm-3
Schmelzpunkt 650° C
Wärmeausdehnungskoeffizient α 24,5 * 10-6 K-1
Elastizitätsmodul E 44,3 GPa
Gleitmodul (Schubmodul) G 17,4 GPa
POISSON-Zahl μ 0,27
Zugfestigkeit
Rm gegossen 98 … 128 MPa
Rm gepresst 245 MPa
Bruchdehnung A
Gegossen 5%
Gepresst 10%
Brinell-Härte HB 25

Trotz seiner geringen Dichte (1,74 g/cm³) besitzt Magnesium mittlere mechanische
Eigenschaften. Dies führt zu hohen spezifischen Festigkeiten. In Tabelle 1 können einige
physikalische und mechanische Eigenschaften von reinem Magnesium entnommen werden.
Die mechanischen Eigenschaften des Magnesiums können durch verschiedene Maß-
nahmen verbessert werden.
Kenntnisstand 6

2.1.1 Veränderung der mechanischen Eigenschaften

Eine Verbesserung der mechanischen Eigenschaften ist möglich, wenn das Gleiten von
Versetzungen während einer plastischen Verformung behindert wird. Je kleiner der
Widerstand ist, welcher der Versetzung entgegengebracht wird, desto geringer ist auch die
Festigkeit des Materials. Bei einer Behinderung des Gleitens muss ein höherer Aufwand
betrieben werden, um die Versetzung das Hindernis überwinden und gleiten zu lassen.
Resultat daraus ist, dass die Festigkeit größer ist.
Diese Hindernisse können durch verschiedene Mechanismen herbeigerufen werden:

- Kaltumformung:
Bei der Kaltumformung entstehen neue Versetzungen, welche durch vorhandene
Versetzungen behindert werden. Je höher die Versetzungsdichte, desto ein-
geschränkter ist die Bewegungsmöglichkeit neuer Versetzungen.

- Kornfeinung:
Je feiner das Gefüge des Materials ist, desto mehr Korngrenzen befinden sich in
diesem. Versetzungen stauen sich an den Korngrenzen auf und dienen als
Hindernisse des Versetzungsgleitens. Es wird also mehr Kraft benötigt, um trotz
dieses Aufstaus an Versetzungen ein Gleiten zu verursachen. Dieser Verfestigungs-
mechanismus ist der einzige, welcher neben einer Erhöhung der Festigkeit auch
einen positiven Einfluss auf die Duktilität hat.

- Mischkristallverfestigung:
Die Mischkristallverfestigung entsteht durch hinzulegieren weiterer Legierungs-
elemente. Die Fremdatome sorgen für eine Verzerrung des Kristallgitters, da sie
entweder einen Substitutionsplatz oder einen Platz im Zwischengitter einnehmen.
Die gleitenden Versetzungen müssen somit mehr Kraft aufbringen, um die
eingebauten Fremdatome zu überwinden.

- Teilchenverfestigung:
Bei der Teilchenverfestigung werden Teilchen, wie zum Beispiel Ausscheidungen,
in den Gleitweg der Versetzungen eingebaut. Hierbei ist die Art der Teilchen
Kenntnisstand 7

entscheidend. Sind die Teilchen kohärent, werden diese durch das Versetzungs-
gleiten geschnitten. Sollten die Teilchen aber inkohärent sein, werden diese von der
Versetzung umgangen (Orowan-Mechanismus). Das Schneiden sowie das
Umgehen der Teilchen erhöht die Festigkeit des Materials. Der aufzubringende
Spannungsbetrag zur Überwindung des Teilchens wird in Abbildung 2 dargestellt
[5].

Abbildung 2: Schubspanungsbetrag in Abhängigkeit vom Teilchendurchmesser [6].


√r Entspricht der Schubspannung welche benötigt wird ein Teilchen zu schneiden.
1
Entspricht der Schubspannung welche benötigt wird ein Teilchen zu umgehen.
r

Optimal ist es demnach, einen kritischen Teilchendurchmesser (dkrit) zu erhalten, da


dieser eine maximale Festigkeitssteigerung mit sich bringt. Ebenfalls wichtig in dieser
Hinsicht ist es, einen optimalen Abstand zwischen den Teilchen zu erreichen, welcher
zu einer homogenen Verteilung der Teilchen im Gefüge führt und die Festigkeit
beeinflusst.

- Zwillingsbildung:
Magnesiumlegierungen neigen, aufgrund des hdp-Gitters, zu einer mechanischen
Zwillingsbildung. Diese wird durch plastische Formänderung ausgelöst, wobei eine
Schubspannung einen Teil des Kristallgitters in eine Lage überführt, die entlang
einer Symmetrieebene (Zwillingsebene) gespiegelt ist (Abbildung 3).
Zu einer Zwillingsbildung ist ein hohes Verhältnis zwischen erforderlichen Spannung
und Gleitung der Gleitsysteme erforderlich. In einem hdp Gitter werden aufgrund
der geringen Anzahl von Gleitsystemen hohe Spannungen benötigt, um eine
Kenntnisstand 8

Verformung auszulösen. Durch diese hohe Spannung kommt es zu einem hohen


Verhältnis zwischen Spannung und Gleitung und dadurch zur Zwillingsbildung [7].

Abbildung 3: Bildung einer Zwillingsebene.

Durch eine gezielte Wärmebehandlung ist es möglich, die Festigkeiten von


Magnesiumlegierungen zu verringern und dadurch gegebenenfalls die Duktilität dieser zu
erhöhen. Solche Wärmebehandlungen sind notwendig, wenn beispielsweise ein Umform-
prozess durchgeführt werden soll. Ein wichtiger Mechanismus, welcher durch solch eine
gezielte Wärmebehandlung entstehen kann, ist die Rekristallisation. Unterschieden wird
zwischen der statischen und der dynamischen Rekristallisation.

Die statische Rekristallisation ist nach einer Kaltverformung anwendbar. Die durch die
Verformungen erhöhte Versetzungsdichte (und damit auch Festigkeit) wird durch den
Rekristallisationsprozess abgebaut. Das Gefüge und damit auch die mechanischen
Eigenschaften des Werkstücks erlangen also nahezu ihren Ausgangszustand zurück. Dieser
„Heilungsprozess“ gelingt durch Aktivierung der in den Versetzungen gespeicherten
Energien, mit Hilfe von Wärme, wodurch es zu einer Kornneubildung kommt. Die
Rekristallisation ist im größten Maße abhängig vom Umformgrad, der Rekristallisations-
temperatur und –zeit, der Korngröße und der chemischen Zusammensetzung der Legierung.
Die mindeste Rekristallisationstemperatur, welche erreicht werden muss, beträgt TRk ≈
0,4*TS, wobei TS für die Schmelztemperatur in Kelvin (K) steht [8].
Kenntnisstand 9

Abbildung 4: Mikrostruktur von (a) kaltverformten und (b) rekristallisiertem Gefüge von S 235. Es
dient zur Verdeutlichung der Gefügestruktur nach dem Rekristallisationsglühen, wie es auch bei
Magnesium auftritt [9].

Die dynamische Rekristallisation läuft bei Warmverformungen direkt während des


Umformprozesses ab. Die Mechanismen die in dieser Masterarbeit relevant sind,
entsprechen denen der statischen Rekristallisation.

2.2 Magnesium in der Medizintechnik

In der Medizintechnik werden Materialien verwendet, die bestimmte Eigenschaften mit sich
bringen müssen. Zum einen dürfen die verwendeten Materialien keine toxischen Wirkungen
zeigen. Zum anderen müssen die Materialien mechanische Eigenschaften (Duktilität,
Festigkeit, Härte etc.) mit sich bringen, die für die jeweilige Anwendung benötigt wird.
Momentan werden in der Medizintechnik Metalle wie rostfreier Stahl, Kobalt- und
Titanlegierungen eingesetzt. Problematisch hierbei ist, dass diese Metalle vom Körper nicht
biologisch abgebaut werden können. Speziell Knochenfrakturen bei Kindern, deren Heilung
mit Hilfe der Unterstützung solcher metallischen Implantate (Schrauben, Platten oder Draht)
Kenntnisstand 10

beschleunigt werden soll, benötigen eine zweite Operation zur Entfernung der Implantate.
Grund hierfür ist das Wachstum der Kinder, bei welchem die Stützstrukturen das
Knochenwachstum behindern würden. Nachteil hierbei ist, dass jede Operation Risiken und
Kosten für den Patienten mit sich bringt.

Abbildung 5: Degradation eines Pins aus eine Magnesium-Zink-Legierung mit geringen Anteilen
Kalzium und Mangan (ZX50) [10].

Magnesium bringt viele Vorteile im Bereich der Medizintechnik mit sich. In legierter Form
können Magnesium und seine Legierungen mechanische Eigenschaften erreichen, die im
Vergleich mit anderen metallischen Implantatwerkstoffen in der Nähe der mechanischen
Eigenschaften von Knochen liegen [11]. Magnesium ist das im Körper am vierthäufigsten
vorliegende Mineral. Es kommt in fast jeder Zelle des menschlichen Körpers vor und ist somit
für ein gesundes Leben notwendig [12]. Der große Vorteil ist somit, dass Magnesium vom
Körper biologisch abgebaut wird (Abbildung 5) und dabei keine toxische Wirkung mit sich
bringt, außer wenn sich das Magnesium zu schnell im Körper auflöst
Kenntnisstand 11

(konzentrationsabhängige Toxizität). Damit eine konzentrationsabhängige Toxizität nicht


eintritt, muss somit der Korrosionswiderstand der Magnesiumlegierung (Kapitel 2.6) so
angepasst werden, dass sich das Implantat so schnell wie möglich, jedoch so langsam wie
nötig auflöst [13].

Am Helmholtz-Zentrum in Geesthacht werden im Bereich der abbaubaren Biomaterialien,


Magnesiumlegierungen in Strang- und Drahtform gebracht und die Eigenschaften dieser
getestet. Es werden Magnesiumlegierungen entwickelt, die sich zur Strang- und Drahtform
umformen lassen, aber dennoch geeignete Korrosions- und mechanische Eigenschaften mit
sich bringen. Abbildung 6 zeigt den Weg vom Grundmaterial bis zum fertigen Draht.

Abbildung 6: Der Weg vom Grundmaterial zum Draht.


Kenntnisstand 12

Aufgrund der Legierungseigenschaften wurden zwei Legierungen ausgewählt, welche


potentiell die Anforderungen erfüllen könnten. Da diese Arbeit auf der Dissertation von Frau
Yiyi Lu (Development of Mg-Gd-(Ag, Ca) alloys as biodegradable implant materials) aufbaut,
wurden folgende Legierungen betrachtet [14].
Diese sind:

- Mg - 2Gd - 1Ag
- Mg - 2Gd - 2Ag

In der Dissertation von Yiyi Lu wurden die mechanischen, korrosiven und mikrostrukturelle
Eigenschaften der Mg-2Gd-xAg-Legierungen (x=1;2) im Gusszustand und im T4
wärmebehandelten Zustand ermittelt.

2.3 Magnesium – Gadolinium – Legierungen

Bei Gadolinium handelt es sich um ein Metall der seltenen Erden mit der Ordnungszahl 64.
Wertvoll für die Forschung an biologisch abbaubaren Magnesiumlegierungen macht
Gadolinium, das es sich positiv auf den Korrosionswiderstand der Magnesiumlegierung
auswirkt und sich somit eine konzentrationsabhängige Toxizität verhindern lassen kann.
Möglich ist es auch, Gadolinium in Magnesium in Lösung zu bringen oder Ausscheidungen
einzustellen. Befinden sich die Ausscheidungen auf den Korngrenzen, pinnen sie diese
solange bis sie sich auflösen und verhindern damit eine Vergröberung der Körner bei
höheren Temperaturen. Die dadurch entstandene Mischkristall-, Teilchenverfestigung und
Kornfeinung tragen dadurch zur Festigkeit bei.
Folgende Phasendiagramme wurden mit der Software „Pandat®“ erstellt. Es wurde die Pan
Mg 2017 Datenbank verwendet. Da die Software theoretisch Phasendiagramme berechnet,
sind die erzeugten Diagramme nicht immer praktisch erwiesen. Als Beispiel zu erwähnen
wäre hier, dass die Löslichkeit der folgenden Diagramme gegen 0 geht bei 0° C. Das
Helmholtz-Zentrum-Geesthacht konnte aber ermitteln, dass Mg-2Gd einen Mischkristall
aufweist und keine Mg-Gd Ausscheidungen. Daher könnte das Diagramm eigentlich einen
anderen Verlauf haben, welcher durch die thermodynamische Berechnung nicht kalkuliert
wird. Das von der Software erstellte Diagramm lässt dennoch einen ersten Eindruck zur
Schmelztemperatur oder den sich bildenden Phasen zu.
Kenntnisstand 13

Abbildung 7: Mg-Gd Phasendiagramm bis zu einem Anteil von 50 w%.

Seltene Erden sind ein noch wenig erforschtes Gebiet in der Medizintechnik. Gadolinium
findet Verwendung als Bestanteil von Kontrastmitteln bei Untersuchungen in
Kernspintomographen oder in der Krebstherapie. Es wird eingesetzt um beispielsweise
Tumore oder Metastasen bei Patienten zu entdecken [15].

2.4 Magnesium – Silber – Legierungen

In der Medizin ist Silber aufgrund seiner antibakteriellen Eigenschaften sehr bekannt. Sie
verhindern langwierige Infektionen, helfen bei Verbrennungen der Haut und sogar bei
Geschwüren, die durch Diabetes herbeigerufen werden.
Kenntnisstand 14

Abbildung 8: Phasendiagramm Mg-Ag bis 50 w% Ag.

Silber führt zu feineren Körnern in einer Magnesium-Silber-Legierung. Durch die feinen


Körner werden die Festigkeit und die Duktilität der Legierung erhöht. Wie beim Gadolinium
kann Silber in Magnesium in Lösung gebracht werden oder unter Umständen
Ausscheidungen bilden. Die dadurch entstandenen Mischkristall- und Teilchen-
verfestigungen tragen dadurch zur Festigkeit bei. Das Silber sorgt ebenfalls für mehr
potentielle Gleitebenen, sodass eine Umformung der Legierung vereinfacht wird.
Kenntnisstand 15

2.5 Mg-2Gd-xAg-Legierungen (x=1;2)

Abbildung 9: Quasibinäres Phasendiagramm Mg-2Gd-Ag bis 50 w% Ag.

Durch eine Magnesiumlegierung mit einem zwei prozentigen Anteil von Gadolinium und der
zwei unterschiedlichen Anteile des Silbers soll ein Werkstoff erprobt werden, der die
positiven Eigenschaften der drei Elemente vereint:

- eine Festigkeitserhöhung durch Mischkristallverfestigung und Teilchenverfestigung


der drei Elemente und Kornfeinung durch den Silbergehalt
- eine Verbesserung der Umformbarkeit durch das Silber (Bildung potentieller
Gleitebenen)
- eine positive Auswirkung des Korrosionswiderstandes durch das Gadolinium

2.6 Korrosion von Magnesiumlegierungen

Zur biologischen Degradation von Implantaten ist das Korrosionsverhalten der verwendeten
Magnesiumlegierungen von größter Bedeutung. Reines Magnesium besitzt eine sehr hohe
Kenntnisstand 16

Korrosionsanfälligkeit [16]. Diese ergibt sich durch eine auf der Oberfläche entstehende
Schutzschicht, welche nicht so stabil ist, wie beispielsweise die von Aluminium. Durch
Sauerstoff reagiert Magnesium zu Magnesiumoxid (MgO), was zu einer sehr dünnen,
porösen und nicht fest haftenden Schutzschicht führt. Magnesium wandelt sich durch
Einwirkung von Feuchtigkeit in Magnesiumhydroxid (Mg(OH)2) um. Die Mg(OH)2 –Bildung
führt zu einem lokalen Anstieg des pH-Wertes. Das entstandene Hydroxidgitter ist leicht
spaltbar, woraufhin die Bildung von Rissen und ein Ablösen unter Freilegung der aktiven
Metalloberfläche möglich ist – die Oberfläche korrodiert [17].
In den Gleichungen 2.1 und 2.2 sind die chemischen Reaktionsgleichungen zur Oxid- und
Hydroxidschichtbildung dargestellt.

Oxidbildung: 2Mg + O2  2MgO (Gl. 2.1)


Hydroxidbildung: Mg + 2H2O  Mg(OH)2 + H2 (Gl. 2.2)

Im menschlichen Körper herrscht eine feuchte Atmosphäre, welche Proteine und weitere
biologische Bestandteile beherbergt. Dadurch komm es auch dort zu einer Korrosion der
Magnesiumlegierung, welche zum Auflösen des Implantates führt.

2.7 Wärmebehandlung der Magnesiumlegierungen

Vor dem Strangpressen und der Bearbeitung der Bolzen ist eine Wärmebehandlung
notwendig, um Ausscheidungen aus dem System zu entfernen bzw. zu verkleinern. Dies ist
möglich, solange sich die Temperatur der Wärmebehandlung im 1-Phasen-Gebiet des
Zustandsdiagrammes befindet. Ausscheidungen würden das Strangpressen schwerer
gestalten, da hierbei eine Teilchenverfestigung entsteht (Siehe Kapitel 2.1.1). Es würden
höhere Kräfte benötigt werden und die Duktilität nimmt mit Erhöhung der Ausscheidungen
ab. Nach Lu wurden für eine T4 Wärmebehandlung eine Temperatur von 510° C und eine
Zeit von 48 Stunden als am besten befunden.
Kenntnisstand 17

Abbildung 10: Temperatur-Zeit-Diagramm Lösungsglühen [14].

Da sich keine weiteren Ausscheidungen bilden sollen, wird die Legierung nicht
warmausgelagert. Sie wird kalt gelagert, wobei vom Zustand T4 gesprochen wird. Durch das
Abschrecken wird auch die beste Duktilität erreicht, welche notwendig für das Strangpressen
sein wird [8].

2.8 Strangpressen von Magnesium-Legierungen

Abbildung 11: Schematische Darstellung des indirekten Strangpressens [18].


Kenntnisstand 18

Das Strangpressen wird benötigt, um aus den bearbeiteten Bolzen (Durchmesser 47mm
und Länge 80mm) einen Strang mit einem geringeren Durchmesser (6mm) zu erhalten. Um
dieses Ziel zu erreichen, müssen bestimmte Prozessparameter vor dem Strangpressen
definiert werden. Wichtig hierbei sind die Prozesstemperatur, Prozessgeschwindigkeit, der
Werkzeugaufbau und der Aufbau des Materials (nach der Wärmebehandlung) [19]. Wie im
Kapitel 2.1 erwähnt, ist es notwendig, eine Temperatur oberhalb von 220° C während des
Prozesses zu verwenden, da sich oberhalb dieser Temperatur neue Gleitebenen aktivieren.
Diese Gleitebenen erhöhen die Verformbarkeit und sind daher für einen Umformvorgang
erforderlich.

2.9 Drahtziehen von Magnesiumlegierungen

Abbildung 12: Prinzip des Drahtziehens [20].


1: Ziehstein 2: Strang mit ursprünglichem Durchmesser 3: Strang (Draht) mit Enddurchmessers des
Ziehsteines

Das Drahtziehen beschreibt den Prozess, bei welchem aus dem gepressten Strang ein
Draht gefertigt wird. Beim Ziehen werden Zugkräfte und Druckkräfte am Ziehstein
kombiniert. Dies ist erforderlich, da bei reinen Zugkräften eine so hohe Kraft benötigt werden
würde, dass sich die Stange an einer Stelle lokal einschnürt, dünn wird und reißt [20].
Kenntnisstand 19

Die aus dem Strangpressen gefertigte Stange mit einem Durchmesser von 6 mm wird
zunächst zu einem im Durchmesser kleineren Draht durch einen Ziehstein mit dem
jeweiligen Durchmesser kaltgezogen. Dieser Schritt wird mit im Durchmesser immer
kleineren Ziehsteinen wiederholt, bis der gewünschte Enddurchmesser erreicht wird.
Zwischen den Schritten wird der immer dünner werdende Strang zwischengeglüht, um
dadurch eine Rekristallisation des Gefüges zu erreichen. Diese Rekristallisation ist
notwendig, damit die durch das Kaltumformen entstandenen Versetzungen abgebaut
werden und Duktilität wiederhergestellt werden kann.
Material und Methoden / Experimente 20

3. Material und Methoden / Experimente

3.1 Gießen der Magnesiumlegierungen

Magnesium hat eine sehr hohe Brandneigung. Daher ist eine vor Sauerstoff schützende
Atmosphäre während des Schmelzvorganges notwendig. Als schützende Atmosphäre wird
ein Argon-Schutzgas (Ar+ 0,3% SF6) verwendet, welches in den Tiegel geleitet wird, in dem
sich auch die Schmelze befindet. Zunächst werden die zu mischenden Legierungselemente
in den Tiegel gelegt und durch eine hohe Temperatur (≈ 720° C) geschmolzen.

Abbildung 13: Gussanlage.

Im Tiegel wird die Schmelze nun für 15 Minuten mit Hilfe eines Mixstabes vermischt, sodass
sich alle Legierungsbestandteile gleichmäßig verteilen und eine Agglomeration vermieden
wird. Dies geschieht bei einer Geschwindigkeit von 150 Umdrehungen pro Minute. Die
Schmelze wird in eine durch die Schwerkraft vorgeheizte (≈ 650° C) Stahlkokille aus S355
gegossen. Der Kokillendurchmesser verjüngt sich mit zunehmender Tiefe, sodass ein
späteres Entfernen des Gussbolzens aus der Kokille möglich ist (Abbildung 14).
Material und Methoden / Experimente 21

Abbildung 14: Technische Zeichnung der Kokille aus S355.

Die Kokille, in welcher sich die Schmelze befindet, wird in einen Ofen eingehängt, welcher
nach unten geöffnet ist. Unterhalb der Kokille befindet sich ein Wasserbad. Der Ofen hat
eine Temperatur von ≈ 650° C, sodass die Schmelze flüssig bleibt.
Material und Methoden / Experimente 22

Abbildung 15: Ofen für die Kokille.

Die Kokille muss nun für drei Minuten in diesem Zustand verweilen, damit Verunreinigungen
mit niedrigerer Dichte nach oben und Verunreinigungen mit höherer Dichte nach unten
wandern. Im nächsten Schritt wird die Kokille mit Hilfe eines Motors mit einer konstanten
Geschwindigkeit in das Wasserbad gesenkt. Diese schnelle Abkühlung bringt zwei Vorteile
mit sich:

1. Die Verunreinigungen, welche sich durch ihre Dichte nun im oberen / unteren
Abschnitt des Abgusses befinden, bleiben auf ihrer Position.
2. Homogene Verteilung von Legierungselementen [21].
Material und Methoden / Experimente 23

Abbildung 16: Gegossene Mg-2Gd-1Ag Bolzen.

Damit eine Aussage über die Verunreinigungen getroffen werden kann, muss eine
chemische Analyse (Kapitel 3.2) im nächsten Schritt stattfinden. Dafür wird ungefähr 1-1,5
cm der oberen und der unteren Stirnseite entfernt.
Material und Methoden / Experimente 24

Abbildung 17: Gedrehte Bolzen.

Die Proben werden nach der Wärmebehandlung (Kapitel 2.7) auf einen Durchmesser von
47 mm und eine Länge von 80 mm gedreht. Dies ist notwendig, damit alle Proben eine
gleiche Geometrie haben und somit eine Vergleichbarkeit beim Strangpressen ermöglicht
wird.

3.2 Chemische Analyse der gegossenen Probe

Die nach dem Gießen, auf den Stirnseiten der Probe, abgetrennten Stücke werden zur
Qualitätskontrolle chemisch analysiert. Es wird analysiert, welche chemische
Zusammensetzung im gegossenen Material vorliegt. Hauptsächlich wird betrachtet, ob der
erwünschte Silber- und Gadoliniumgehalt nach dem Gießen erreicht wurden ist. Des
Weiteren sollen Verunreinigungen ermittelt werden, welche zu einer Veränderung der
Eigenschaften führen könnten. Dies ist durch verschiedene Verfahren möglich. Die
einfachste und schnellste Methode zur chemischen Analyse ist die Funkenspektralanalyse.
Das Gerät bietet in dieser Arbeit die Möglichkeit, Verunreinigungen (in unserem Fall alles
speziell Eisen, Nickel und Kupfer) zu analysieren. Die Funkenspektralanalyse im Helmholtz-
Zentrum-Geesthacht ist nicht für die Analyse von Silber- oder Gadolinium ausgelegt. Grund
hierfür ist der Aufbau der Maschine, welcher durch seinen eingeschränkten Platz keinen
Material und Methoden / Experimente 25

Gadolinium- oder Silberdetektoren zulässt. Die Analyse des Silbergehaltes erfolgt durch die
Flammen-Atomabsorptions-Spektrometrie (AAS). Gadolinium kann hierbei nicht ermittelt
werden, da Gadolinium eine hohe Temperatur benötigt, um eine Messung durchzuführen.
Diese Temperatur kann mit dem Gerät am Helmholtz-Zentrum-Geesthacht nicht erreicht
werden. Der Gehalt an Gadolinium wird durch die Röntgenfluoreszenzanalyse (RFA)
ermittelt. Mit der Röntgenfluoreszenzanalyse ist es möglich chemische Analysen aller
relevanten Elemente durchzuführen. Dies ist dafür jedoch aufwendig, sodass alle drei
Geräte zum Einsatz gekommen sind.

3.2.1 Funkenspektralanalyse

Bei der Funkenspektralanalyse werden die Atome innerhalb einer Probe durch einen
Lichtbogen angeregt. Durch die Anregung wird eine für jedes Element charakteristische
Wellenlänge emittiert, welche durch Beugungsgitter differenziert und quantitativ erfasst
werden. Da jedes Element eine unterschiedliche Wellenlänge emittiert, welche von einem
Detektor detektiert wird, können dadurch die Legierungselemente innerhalb der Probe
bestimmt werden.

Abbildung 18: Probe nach der Funkenspektralanalyse.

Diese Messungen werden mehrfach wiederholt, um eine hohe Genauigkeit zu erzielen (in
Abbildung 18 anhand der schwarzen Bereiche zu sehen).
Material und Methoden / Experimente 26

3.2.2 Flammen-AAS

Die Elementermittlung bei der Flammen-AAS beruht auf dem Grundsatz der
Flammenfärbung von Elementen und der daraus resultierenden Spektrallinie. Von einer
Spektrallinie wird gesprochen, wenn es zu einer Energiedifferenz zwischen zwei
Energiezuständen eines Elektrons kommt. Beim Wechsel vom einen Energiezustand in den
nächsten wird Licht emittiert. Die Wellenlänge, welche charakteristisch für das untersuchte
Element ist, des emittierten Lichtes wird mit Hilfe von Detektoren (meist Fotoelemente)
identifiziert.
Die Magnesiumlegierung wird mit Hilfe einer Salpetersäure aufgelöst. Die Lösung wird durch
einen Zerstäuber angesaugt und in kleinstmöglichen Tropfengrößen (Aerosol) in die Flamme
geführt. Dies geschieht mit konstanter Geschwindigkeit und hohem Druck [22].

3.2.3 RFA

Trifft ein Strahl hoher Energie auf ein Atom, können Elektronen getroffen und angeregt
werden, das Energieniveau zu wechseln und auf eine weiter außenliegende Schale zu
springen. Je weiter außen ein Elektron liegt, desto höhere Energie besitzt dieses. Sobald
das Elektron auf seine innere Bahn zurückspringt, muss es also Energie emittieren. Diese
emittierte Energie wird Röntgenstrahlung genannt, deren Energie und Wellenlänge
charakteristisch für das Element ist [22]. Durch Detektoren kann nun diese Energie bzw.
Wellenlänge identifiziert und die Elemente ermittelt werden.

3.3 Strangpressen der Legierungen

Damit verschiedene Ergebnisse verglichen werden können, wird aus dem Bolzen ein 6 mm
Strang gepresst. Dies geschieht bei konstanter Temperatur und verschiedenen
Pressgeschwindigkeiten. Es soll ermittelt werden, wie sich die Pressgeschwindigkeit auf das
Gefüge und die mechanischen Eigenschaften des Strangs auswirken.
Material und Methoden / Experimente 27

Als Pressgeschwindigkeiten wurden folgende definiert:

• 0,6 mm/s
• 2,2 mm/s
• 4,4 mm/s

Als Verfahren wird das indirekte Pressen verwendet. Der Vorteil darin liegt, dass es zu keiner
Reibung zwischen dem Block und der Aufnehmerwand kommt (anders als beim direkten
Pressen). Dies führt zu niedrigeren benötigten Presskräfte und einer erhöhten Homogenität
des Gefüges über die gesamte Profillänge. Die Prozesstemperatur liegt bei 375°C, welche
den Vorteil mit sich bringt, unterhalb der eutektischen Temperatur zu liegen und dadurch
lokale Anschmelzungen zu vermeiden. Die Temperatur ist dabei aber hoch genug, um
weitere Gleitebenen zu aktivieren und damit die nötige Duktilität zu bieten.

Die für das Pressen verwendeten Bolzen wurden auf einen Durchmesser von 47 mm und
eine Länge von 80 mm gedreht. Als Länge des Bolzens werden nicht die vollen 80 mm,
sondern nur eine Länge von 70 mm betrachtet. Dies liegt daran, dass sich bei den letzten
10 mm des Bolzens der Druck beim Pressen erhöht und dadurch eine unerwünschte
Veränderung des Gefüges auftreten würde, welche dadurch verhindert werden kann. Zur
Ermittlung der Länge des 6 mm Stranges nach dem Pressvorgang wird zunächst das
Pressverhältnis berechnet. Dieses berechnet sich durch folgende Formel:

𝐷𝐷
𝑃𝑃𝑃𝑃𝑃𝑃𝑃𝑃𝑃𝑃𝑃𝑃𝑃𝑃𝑃𝑃ℎä𝑙𝑙𝑙𝑙𝑙𝑙𝑙𝑙𝑙𝑙 = ( 0 )² (Gl. 3.1).
𝐷𝐷𝑆𝑆

Der Durchmesser des Bolzens (D0 = 47 mm) dividiert durch den Durchmesser des zu
erhaltenen Stranges (DS = 6 mm) und das quadrierte Ergebnis daraus ergibt das
Pressverhältnis [18]. Dadurch wurde ein Pressverhältnis von 61,36 errechnet. Werden nun
die 61,36 mit den 70 mm multipliziert, erhält man eine Länge von 4295 mm (≈ 4,3 m). Solch
eine Berechnung ist möglich, da das Volumen eines Körpers nach einer Umformung
konstant bleibt.
Um ein konstantes Gefüge während der Untersuchungen zu betrachten, werden der erste
und der letzte Meter der 4,3 m abgetrennt, sodass eine Länge von 2,3 m überbleibt. Gefüge-
oder Parameteränderungen entstehen, da die Strangpressmaschine während des Pressens
Material und Methoden / Experimente 28

beschleunigen muss, um die angestrebte Pressgeschwindigkeit zu erreichen. Wenn die


Pressgeschwindigkeit erreicht wurde, tritt die stabile Phase (Beschleunigung = 0,
Pressgeschwindigkeit = konstant) ein. Beendet wird der Pressvorgang durch das Bremsen
und damit Reduzieren der Geschwindigkeit. Hierbei wird die Beschleunigung erneut
inkonstant und es kann durch diese Parameteränderungen zu Änderungen im Gefüge
kommen, welche in dieser Arbeit nicht untersucht werden. Der nun gepresste Strang wurde
im Anschluss auf verschiedene Längen zugeschnitten, mit welchen die im Anschluss
erwähnten Prüfungen durchgeführt werden.

3.4 Mikrostrukturelle Charakterisierung der Legierungen

Eine mikrostrukturelle Charakterisierung der verschiedenen Stränge muss erfolgen, damit


der Aufbau (Gefüge, Ausscheidungen, Atomaufbau) der unterschiedlichen Legierungen in
Drahtform bekannt wird und darüber ermittelt werden kann, warum es zu welchen Effekten
kommt. Folgende Methoden wurden in dieser Arbeit verwendet.

3.4.1 Gefügeuntersuchung (Metallographischer Schliff /


Lichtmikroskopie)

Durch die Metallographie ist eine qualitative und quantitative Beschreibung des Gefüges
eines Werkstoffes möglich. Es ist möglich, verschiedene Eigenschaften der Gefüge zu
bestimmen. Darunter beispielsweise die Art der Körner, die örtliche Verteilung und eine
Fläche, über auf die räumliche Gestalt von Körnern geschlossen werden kann. Die
Bestimmung dieser Eigenschaften ist notwendig, um zu verstehen, wie etwa chemische
Zusammensetzung und mechanische Eigenschaften zusammenhängen [23].
Zunächst müssen die zu betrachtenden Proben präpariert werden. Dazu werden die Proben
in eine Kunststoffmatrix eingebettet und nach Erhärtung der Matrix mit grobem Schleifpapier
abgeschliffen. Es wird in 4 Schritten immer feineres Schleifpapier genommen, damit die
Tiefe von Kratzern immer weiter abnimmt.
Nach dem Schleifen erfolgt das Polieren, welches mit einer wasserfreien Silizium-Oxid
Poliersuspension (OPS) und einer 1 μm Diamantensuspension erfolgt. Auf die Politur folgt
das Reinigen mit Ethanol, da noch Politurreste, Schmutz oder Trockenflecken auf der Probe
Material und Methoden / Experimente 29

sein können. Diese können zu einer Fehldeutung der unter dem Lichtmikroskop ermittelten
Gefüge führen. Eine Ätzung im Anschluss macht die Gefügestrukturen sichtbar. Ohne das
Ätzen würde das vom Mikroskop auftreffende Licht gleichmäßig reflektiert werden und
dadurch kein Gefüge zu sehen sein. Als Ätzmittel wurde eine Säure aus der Mischung 20
ml destilliertem Wasser, 200 ml Ethanol, 6,5 ml Essigsäure und 8 g Pikrinsäure verwendet.
Durch ein Lichtmikroskop können nun Gefüge vergrößert dargestellt und Fotos dieser
angefertigt werden.

3.4.2 REM

Das REM (Rasterelektronenmikroskop; engl. SEM) bietet wie das Lichtmikroskop die
Möglichkeit die Struktur eines Materials zu untersuchen. Das REM bietet eine höhere
Auflösung als das Lichtmikroskop (1µm), was an der Wellenlänge des genutzten Lichtes
beim Lichtmikroskop (380-750nm) und der Elektronen beim REM (<1nm) liegt. Je kleiner die
Wellenlänge, desto größer die Auflösung. Durch ein Vakuum werden Wechselwirkungen mit
Atomen der Luft vermieden. Die zu untersuchende Oberfläche wird durch einen fokussierten
Elektronenstrahl rasterförmig gescannt. Die Elektronen sorgen für eine Wechselwirkung mit
dem Material, welche unterschiedliche Signale hervorrufen. Die Signale werden von
verschiedenen Detektoren erkannt und verarbeitet.
Unterschieden wird hier zwischen drei Wechselwirkungen: zwischen den
Sekundärelektronen (SE), der daraus resultierenden Röntgenstrahlung, welche notwendig
für die energiedispersive Röntgenspektroskopie (EDX) ist, und den Rückstreuelektronen
(BSE). Alle Wechselwirkungen sorgen für unterschiedliche Signale, die zu unterschiedlichen
Abbildungen der Oberfläche führen.
Material und Methoden / Experimente 30

Abbildung 19: Vergleich verschiedener Aufnahmemöglichkeiten. Aufnahme eines Stahls mit ZrO2-
Partikelverstärkung [24].
a) BSE-Aufnahme. b) SE-Aufnahme. c) EDX-Element-Mapping von Aluminium. d) EDX-Element-Mapping
von Zirconium. e) EDX-Element-Mapping von Sauerstoff.

SE entstehen durch inelastische Streuung. Bei der inelastischen Streuung werden


Elektronen aus der Elektronenhülle des Probenmaterials herausgelöst. Die hierbei
entstandene Energie kann detektiert und dadurch die Topographie der Oberfläche
dargestellt werden. Des Weiteren kann ein Elektron höheren Enegieniveaus die durch das
Herauslösen des Elektrons entstandene Freistelle unter Freigabe von Energie, in Form von
Strahlung, ausfüllen.
Die freigegebene Strahlung ist Röntgenstrahlung, welche für jedes Element charakteristisch
ist und somit zu einer Elementanalyse (EDX) verwendet werden kann. Durch das EDX-
Element-Mapping können Elemente innerhalb der Legierung dargestellt werden.
BSE sind Elektronen, die nach Eintritt in das Probenmaterial dieses durch negative
Ladungen der vorhandenen Elektronen wieder verlassen. Je geringer die Tiefe, die das
Elektron im Material erreicht hat, desto höher die Energie, mit welcher das Elektron austritt.
Hohe Energie von Rückstreueelektronen deuten somit auf eine hohe Ordnungszahl der
Elemente. Mit Detektoren lassen sich diese zurückgestreuten Elektronen zählen und
dadurch ein vom Material abhängiger Kontrast der Probe darstellen [24].
Material und Methoden / Experimente 31

In Abbildung 19 werden die Unterschiede zwischen SE und BSE Bildern dargestellt. Des
Weiteren werden die Elemente Al, Zr und O mittels EDX-Element-Mapping innerhalb einer
Stahl-Matrix ZrO2-Partikelverstärkung gezeigt.

3.4.3 XRD / Texturanalyse

Das XRD (Englisch X-Ray Diffraction; Deutsch Röntgendiffraktometrie) ist ein Verfahren zur
Untersuchung des atomaren Aufbaus einzelner Gefügebestandteile und der Textur des
Materials. Hierbei werden Röntgenstrahlen auf die zu messende Probe gestrahlt und
erzeugen eine Wechselwirkung mit den sich in der Probe befindenden Kristallstrukturen.
Diese Wechselwirkung führt zu einer Ablenkung der Strahlungsrichtung (Beugungs-
erscheinungen). Mit Hilfe von Detektoren ist es möglich, den Winkel zu identifizieren, mit
welchem der Röntgenstrahl durch das Kristallgitter abgelenkt wird.

Grundlegende Gleichung für diesen Effekt ist die BRAGGsche-Gleichung (Gleichung 3.2)
[25].

2 ∗ 𝑑𝑑ℎ𝑘𝑘𝑘𝑘 ∗ 𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠ℎ𝑘𝑘𝑘𝑘 = 𝜆𝜆 (Gl. 3.2)

- dhkl = Netzebenenabstand
- θhkl = Glanzwinkel
- λ = Wellenlänge der Röntgenstrahlung
Material und Methoden / Experimente 32

Abbildung 20: Darstellung der BRAGGschen-Gleichung [26].

Jedes Kristallgitter besitzt einen anderen Glanzwinkel, sodass das Beugungsdiagramm,


welches am Ende der Diffraktometrie erstellt wird, eine genaue Zuordnung der atomaren
Anordnung der Kristalle ermöglicht [25].
Es wurde eine monochromatische Cu Kα Strahlung (Wellenlänge λ=0.15406 nm) bei einer
Spannung von 40 kV und einem Strom von 40 mA verwendet. Die erhaltenen Ergebnisse
wurden bei einem 2θ-Winkel von 20-90° untersucht. Die untersuchte Schrittgröße war 0,02°
bei einer Zeit von 1s. Da im Bereich von 20-50° die aussagekräftigsten Ergebnisse
ersichtlich sind, wird nur der Bereich in dieser Arbeit betrachtet betrachtet.

Die Textur beschreibt die Vorzugsorientierung des Kristalls (Kristallanisotropie). Die


Bestimmung der Textur ist notwendig, da sich die mechanischen Eigenschaften mit
Änderung der Belastungsrichtung unterscheiden. Eine Textur entsteht, wenn ein Werkstück
beispielsweise in eine Richtung umgeformt wird, wie es beim Walzen oder im Fall dieser
Arbeit beim Strangpressen geschieht. Die Orientierung nach dem Strangpressen oder
Drahtziehen ist stets parallel zur Strang-, Drahtachse liegend orientiert [7].
Material und Methoden / Experimente 33

3.5 Mechanische Eigenschaften der Legierungen

Die mechanischen Eigenschaften der Legierungen müssen bestimmte Anforderungen


erfüllen, damit das Material als Implantat anwendbar ist. Je nach Anwendungsbereich des
Implantates müssen ausreichende Härte und Festigkeitswerte erreicht werden, dennoch soll
die Duktilität ausreichend sein, um den Draht verformbar zu gestalten. Folgende Methoden
wurden in dieser Arbeit verwendet.

3.5.1 Härteprüfung

Die Härteprüfung wird benötigt, um den Widerstand eines Werkstoffes gegen Eindringen
harter Objekte in ihrer Oberfläche zu messen. Gemessen werden die Proben mit Hilfe der
Vickersmethode. Hierbei handelt es um ein Mikrohärteprüfverfahren, da hierbei nur mit Hilfe
eines Mikroskops gearbeitet werden kann [3].

Abbildung 21: Eindruck und zu messende Diagonalen des Pyramideneindrucks [27].

Es wird eine Diamantpyramide mit Winkeln von 136° und einer Belastung von 5 kg für 30
Sekunden auf die zu prüfende Oberfläche gedrückt. Die Zeit ist notwendig, da viele
metallische Werkstoffe nach nur kurzer Zeit zu einer elastischen Verformung neigen, welche
nicht auswertbar ist. Im Anschluss werden mit einem Mikroskop die Diagonalen des
Pyramidenabdrucks gemessen.
Material und Methoden / Experimente 34

Aus den Diagonallängen wird der arithmetische Mittelwert gebildet und mit der Gleichung
3.3 die Vickershärte berechnet.

1 𝑃𝑃𝑃𝑃ü𝑓𝑓𝑓𝑓𝑓𝑓𝑓𝑓𝑓𝑓𝑓𝑓 (𝑁𝑁)
𝑉𝑉𝑉𝑉𝑉𝑉𝑉𝑉𝑉𝑉𝑉𝑉𝑉𝑉ℎä𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟𝑟 = ∗ (Gl. 3.3)
𝑔𝑔 𝑂𝑂𝑂𝑂𝑂𝑂𝑂𝑂𝑂𝑂𝑂𝑂ä𝑐𝑐ℎ𝑒𝑒 𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑 𝐸𝐸𝐸𝐸𝐸𝐸𝐸𝐸𝐸𝐸𝐸𝐸𝐸𝐸𝐸𝐸𝐸𝐸 (𝑚𝑚𝑚𝑚2 )

Die Variable g beschreibt die Normalfallbeschleunigung aufgrund der Schwerkraft mit 9,81
m/s² [27]. Es wurden 20 Eindrücke auf jedem Querschnitt jedes Stranges erzeugt und
vermessen.

3.5.2 Zugversuch

Abbildung 22: Vorrichtung Zugversuch.

Durch den Zugversuch lässt sich ein Kraft-Verlängerungs-Diagramm erstellen. Bezieht man
die Kraft auf eine anfangs vorliegende Fläche und die Verlängerung auf die Ursprungslänge,
erhält man das Spannungs-Dehnungs-Diagramm. Dieses offenbart eine Reihe
mechanischen Eigenschaften des Materials. Der Prüfling mit den genormten Maßen
(Abbildung 23) nach Zugproben Form B wird in die Vorrichtung (Abbildung 22) für den
Material und Methoden / Experimente 35

Zugversuch eingespannt und erleidet durch die aufgebrachte Kraft F eine


Zugbeanspruchung und längt sich bis zum Bruch.

d0 L0 d1 r h Lc Lt
min min. min. min.
4 20 M6 3 6 24 41
mm mm mm mm mm mm

Abbildung 23: Rundzugprobe Form B und Bemaßungen, sowie die dazugehörigen Werte für die
Bemaßungen der Zugprobe Form B [28].

Die aus dem Spannungs-Dehnung-Diagramm resultierenden mechanischen Eigenschaften,


sind in Abbildung 24 dargestellt.

Abbildung 24: Spannungs-Dehnung-Diagramm einer Aluminium-Legierung.

In dieser Arbeit wird vor allem die Zugfestigkeit (Rm), die Streckgrenze (Rp0.2) und die
Bruchdehnung (A) betrachtet. Es wurden für jede Legierung und den jeweiligen
Pressgeschwindigkeiten fünf Proben getestet. Der Zugversuch ist bei Raumtemperatur und
einer Dehnungsrate von 0,001 s-1 durchgeführt wurden.
Material und Methoden / Experimente 36

3.5.3 Druckversuch

Da Materialien nicht nur auf Zug, sondern auch auf Druck belastet werden, muss zur
Identifizierung der mechanischen Eigenschaften bei Druck ein Druckversuch durchgeführt
werden. Die zylindrische Probe wird belastet und die dabei auftretende Druckkraft und
Stauchung gemessen [29]. Aus dem Strang wurden Proben mit dem Durchmesser 5 mm
und einer Höhe von 8 mm gefertigt, welche geprüft wurden.

Abbildung 25: Druckversuch Vorrichtung [29].

Bei der Messung wird die zylindrische Probe zwischen zwei Druckstempel zentriert und
durch die Druckstempel mit einer Kraft belastet. Die Probe wird so lange belastet, bis es zum
Bruch kommt oder die vorher definierte maximale Stauchung erreicht wird [29].
Es können wieder über ein darüber ermitteltes Spannungs-Stauchungs-Diagramm die
mechanischen Eigenschaften entnommen werden.
Material und Methoden / Experimente 37

Wie beim Zugversuch wurden für jede Legierung und den jeweiligen Press-
geschwindigkeiten fünf Proben getestet. Der Druckversuch ist bei Raumtemperatur und
einer Stauchungsrate von 0,001 s-1 durchgeführt wurden.

3.6 In vitro Degradation von Magnesiumlegierungen

Die Degradationsrate der stranggepressten Proben bietet die Möglichkeit, zu beurteilen, ob


und welche der Legierungen mit welcher dazugehörigen Pressgeschwindigkeit als
degradierbares Biomaterial am besten in Frage kommen würde. Der Strang wurde dafür
zunächst von den ursprünglichen 6 mm Durchmesser auf einen Durchmesser von 5 mm
gedreht. Dies war notwendig, um Verunreinigungen zu entfernen. Aus dem Strang wurden
nun acht Plättchen mit einer Dicke von je 1,5 mm geschnitten. Diese Plättchen wurden im
Anschluss mit feinem Schleifpapier geschliffen, sodass jedes Plättchen eine vergleichbare
Oberfläche hat. Nach einer Reinigung wurden die Proben gewogen. Dieses Gewicht gilt als
das Ausgangsgewicht.

Abbildung 26: Probenoberfläche der Mg-2Gd-2Ag Legierung, gepresst bei 4,4 mm/s, vor dem
Degradationstest.

Die Magnesiumproben wurden im nächsten Schritt in einer Zellkulturplatte (Well-Plate) mit


einzelnen Schächten gelegt und eine DMEM-Lösung (DMEM steht für Dulbecco's Modified
Material und Methoden / Experimente 38

Eagle Medium) wurde hinzugegeben. Es handelt sich hierbei um eine DMEM-Lösung mit
einer Zusammensetzung, welche in Quelle [30] ersichtlich. Zu dem Zellkulturmedium wurden
noch 1% Penicillin Streptomycin (als Antibiotikum, damit es zu keiner Kontamination des
Mediums durch Mikroorganismen kommt, welche die Degradation beeinflussen können) und
10% FBS (Fetal Bovine Serum = Fötales Rinderserum, gewonnen aus dem Blut eines
Rinderfötusses, aus welchem die roten Blutkörperchen entfernt wurden) hinzugefügt. Die
DMEM-Lösung mit dem FBS-Zusatz wurde verwendet, da diese Zusammensetzung der im
menschlichen Körper vorliegenden Atmosphäre am ähnlichsten ist.
Der Versuch ging insgesamt 168 Stunden. Alle 48 Stunden wurde das Medium gewechselt.
Lag ein Wochenende innerhalb der 48 Stunden vor, wurde die Zeit auf 72 Stunden
verlängert, sodass es insgesamt zu einem zweimaligen Wechsel des Mediums kam. Nach
Entnahme der Proben, wurde das DMEM abgespült (mit doppelt destilliertem Wasser und
100% Ethanol) und die Proben getrocknet. Die entstandenen Korrosionsprodukte wurden
mit Chromsäure entfernt und das Endgewicht bestimmt. Durch das Endgewicht ist ein
Masseverlust berechenbar, welcher während des Tests aufgetreten ist.
Die Degradationsrate (DR) lässt sich daraufhin mit Gleichung 3.4 berechnen. Sie wird in
mm/Jahr ausgedrückt.
𝛥𝛥𝛥𝛥∗𝑘𝑘
𝐷𝐷𝐷𝐷 = (Gl. 3.4)
𝐴𝐴∗𝑡𝑡∗𝜌𝜌

t = Eintauchzeit der Probe in DMEM + 10% FBS + 1% Antibiotikum in h


𝛥𝛥𝛥𝛥 = Masseverlust in g
k = 8,79 x 104 (Konstante, die die Korrosionsrate in mm/Jahr ausdrückt)
𝜌𝜌 = Dichte der Probe in g/cm³
A = Oberfläche der Probe in cm²

Die Dichten wurden hierfür durch das Archimedische Prinzip in Ethanol vor dem Start des
Degradationstestes gemessen. Es wurde Ethanol anstelle von Wasser verwendet, damit das
Magnesium keine H2-Bläschen bilden kann (keine vorherige Korrosion eintritt). Diese
würden an der Oberfläche haften und für einen Auftrieb sorgen, welcher das Ergebnis
verfälschen würde. Aus der Berechnung der Degradationsraten lassen sich die
verschiedenen Materialien vergleichen [31].
Material und Methoden / Experimente 39

3.7 Draht aus Magnesium

Abbildung 27: Verwendeter Ziehstein für Durchmesser von 6mm bis 2,3mm.

Der Durchmesser des Stranges wurde mit Hilfe der Drahtzugmaschine kontinuierlich
verringert. Zunächst wurde der Strang angespitzt, sodass dieser durch den Ziehstein
(Abbildung 27) mit einem kleineren Durchmesser ein Stück herausragt. Eine Zange konnte
nun dieses Stück einspannen und durch eine Handzugmaschine (Abbildung 28) wurde an
der Zange gezogen. Hierdurch wurde der Strang durch den Ziehstein gezogen und damit
der Durchmesser verringert.
Der Umformgrad (φ), welcher mit Gleichung 3.5 berechnet wird, gibt die globale
Formänderung eines Werkstücks nach einer Umformung an [32]:

𝑑𝑑1
𝜑𝜑 = ln ( ) (Gl. 3.5)
𝑑𝑑0
φ = Umformgrad in %
d0 = Ausgangsdurchmesser
d1 = Durchmesser nach dem Drahtziehen
Material und Methoden / Experimente 40

Abbildung 28: Handzugmaschine zur Erzeugung eines Drahtes.

Zwischen jedem Schritt wurde eine Wärmebehandlung zur Erzeugung einer Rekristallisation
durchgeführt. Als Temperatur wurde hierbei dieselbe Temperatur gewählt, wie beim
Strangpressen. Die Zeiten der Wärmebehandlung wurden experimentell festgelegt.
Ergebnisse 41

4. Ergebnisse

4.1 Chemische Analyse der Elemente

Durch die Funkenspektralanalyse wurden zunächst die Verunreinigungen des oberen und
des unteren Stücks der Gussbolzen ermittelt und ein Mittelwert dieser beiden Ergebnisse
gebildet. In diesem Fall zählen zu den Verunreinigungen Elemente, die die Korrosion der
Legierung beschleunigen würden. Die Elemente Eisen, Nickel und Kupfer beschleunigen
das Korrosionsverhalten bereits mit einer Konzentration kleiner 0,2% [33]. Es kam zu
folgenden Ergebnissen:

Tabelle 2: Verunreinigungen, Silber- und Gadoliniumgehalte der Mg-2Gd-1Ag-Legierung.

Mg-2Gd-1Ag
Element Fe Cu Ni Ag Gd
11,4 ± 0,5 17,1 ± 0,1 56,9 ± 1,5 0,92 ± 0,02 2,03 ± 0,05
Anteil
ppm ppm ppm % %

Tabelle 3: Verunreinigungen, Silber- und Gadoliniumgehalte der Mg-2Gd-2Ag-Legierung.

Mg-2Gd-2Ag
Element Fe Cu Ni Ag Gd
10,1 ± 0,4 17,1 ± 0,3 58,8 ± 2,9 1,94 ± 0,05 2,02 ± 0,04
Anteil
ppm ppm ppm % %
Ergebnisse 42

4.2 Mikrostruktur

4.2.1 Gefüge nach dem Strangpressen

Aus den Strängen wurden Stücke entnommen, die metallographisch untersucht wurden. Der
mittlere quadratische Korndurchmesser wurde mithilfe einer Software (AnalySIS Pro)
berechnet. Die Software benötigte manuell eingetragene Punkte, welche eine potenzielle
Korngrenze vermuten lässt und errechnet durch die Anzahl der gesetzten Punkte und durch
die Vergrößerung den mittleren quadratischen Korndurchmesser der Probe. Die Farben der
einzelnen Körner sagen nichts über potenzielle Zusammensetzungen aus. Sie dient als
farblicher Kontrast zur besseren Wahrnehmung.

Mg-2Gd-1Ag:

Abbildung 29: 500-fach vergrößertes Gefüge der Mg-2Gd-1Ag-Legierung bei drei verschiedenen
Pressgeschwindigkeiten.
Ergebnisse 43

Bild a) zeigt die Struktur der Mg-2Gd-1Ag-Legierung, welche bei 0,6 mm/s gepresst wurde.
Der mittlere quadratische Korndurchmesser hierbei beträgt 10 μm ± 1 μm.

Bild b) zeigt die Struktur der Mg-2Gd-1Ag-Legierung, welche bei 2,2 mm/s gepresst wurde.
Der mittlere quadratische Korndurchmesser hierbei beträgt 25 μm ± 1 μm.

Bild c) zeigt die Struktur der Mg-2Gd-1Ag-Legierung, welche bei 4,4 mm/s gepresst wurde.
Der mittlere quadratische Korndurchmesser hierbei beträgt 38 μm ± 3 μm.

Mg-2Gd-2Ag:

Abbildung 30: 500-fach vergrößertes Gefüge der Mg-2Gd-2Ag-Legierung bei drei verschiedenen
Pressgeschwindigkeiten.
Ergebnisse 44

Bild a) zeigt die Struktur der Mg-2Gd-2Ag-Legierung, welche bei 0,6 mm/s gepresst wurde.
Der mittlere quadratische Korndurchmesser hierbei beträgt 8 μm ± 1 μm.

Bild b) zeigt die Struktur der Mg-2Gd-2Ag-Legierung, welche bei 2,2 mm/s gepresst wurde.
Der mittlere quadratische Korndurchmesser hierbei beträgt 25 μm ± 3 μm.

Bild c) zeigt die Struktur der Mg-2Gd-2Ag-Legierung, welche bei 4,4 mm/s gepresst wurde.
Der mittlere quadratische Korndurchmesser hierbei beträgt 38 μm ± 4 μm.

Ersichtlich ist bei beiden Legierungssystemen, dass die Korngröße mit Erhöhung der
Pressgeschwindigkeit zunimmt. Die Körner haben eine globulare Form.
Die Mikrostrukturen der Abbildung 29 und Abbildung 30 zeigen das Gefüge der Legierungen
im Längsschnitt parallel zur Strangpressrichtung. Im Querschnitt wurden gleiche Ergebnisse
erzielt wie im Längsschnitt. Die Körner haben eine globulare Form und werden mit Erhöhung
der Strangpressgeschwindigkeit größer. Am Beispiel der Mg-2Gd-1Ag-Legierung, gepresst
mit einer Strangpressgeschwindigkeit von 0,6 mm/s, ist dies in der Abbildung 31 dargestellt.

Abbildung 31: 500-fach vergrößertes Gefüge der Mg-2Gd-1Ag-Legierung gepresst bei 0,6 mm/s quer
zur Strangpressrichtung.
Ergebnisse 45

4.2.2 REM

Der Fokus der REM-Untersuchung lag darin, Unterschiede zwischen den verschiedenen
Legierungen und den unterschiedlichen Strangpressgeschwindigkeiten zu ermittelt. Hierfür
wurden mit Hilfe des BSE-Detektors Bilder erstellt, damit Kratzer auf der Probe oder
ähnliches nicht betrachtet werden. Außerdem bietet diese Methode die beste Möglichkeit,
um eine Anreicherung von Elementen, in diesem Fall Gadolinium oder Silber, zu finden.

Abbildung 32: BSE-Bild bei 500-facher Vergrößerung.


a) Mg-2Gd-2Ag bei 0,6 mm/s gepresst. b) Mg-2Gd-2Ag bei
2,2 mm/s gepresst. c) Mg-2Gd-2Ag bei 4,4 mm/s gepresst.
Ergebnisse 46

Abbildung 33: BSE-Bild bei 500-facher Vergrößerung.


a) Mg-2Gd-2Ag bei 0,6 mm/s gepresst. b) Mg-2Gd-2Ag bei
2,2 mm/s gepresst. c) Mg-2Gd-2Ag bei 4,4 mm/s gepresst.

Zunächst ist erkennbar, dass die intermetallischen Phasen bei beiden Legierungssystemen
in Strangpressrichtung unabhängig von der Pressgeschwindigkeit ausgerichtet sind.
Innerhalb der betrachteten Bereiche sind keine signifikanten Unterschiede zwischen den
verschiedenen Strangpressgeschwindigkeiten ersichtlich. Die Orientierung, Form und
Größe (mit Ausnahme der Linienausprägungen insbesondere bei Abbildung 33 a) und c))
der intermetallischen Phasen sind ähnlich innerhalb der einzelnen Legierungen. Mit
Ausnahme der etwas höheren Linienausrichtung der intermetallischen Phasen gibt es auch
zwischen den beiden Legierungssystemen keine signifikanten Unterschiede in Bezug auf
die Formen oder Größen der intermetallischen Phasen.
Ergebnisse 47

Die Art der intermetallischen Phasen wurde mit Hilfe der EDX-Mapping-Analyse ermittelt.
Die Abbildung 34 wurde gewählt aufgrund der deutlich erkennbaren Form der untersuchten
Teilchen. Diese Form ist in jedem Legierungssystem und jeder Strangpressgeschwindigkeit
ersichtlich, sodass auf Bilder der anderen Systeme verzichtet wurde.

Abbildung 34: 5000-fache Vergrößerung der Mg-2Gd-2Ag-Legierung stranggepresst mit einer


Geschwindigkeit von 4,4 mm/s.

Beim EDX-Mapping werden mit Hilfe von Farben Elemente dargestellt. Gelb zeigt eine
erhöhte Konzentration von Magnesium, lila zeigt eine erhöhte Konzentration von Gadolinium
und blau zeigt eine erhöhte Konzentration von Silber.
Ergebnisse 48

Abbildung 35: EDX-Mapping von Magnesium in Abbildung 36: EDX-Mapping von Gadolinium in

der REM-Aufnahme. der REM-Aufnahme.

Abbildung 37: EDX-Mapping von Silber in der REM-Aufnahme.

Wie in Abbildung 35, Abbildung 36 und Abbildung 37 ersichtlich, zeigt das EDX-Mapping,
dass Gadolinium sich hauptsächlich in den hellen Stellen der REM-Aufnahme sammelt.
Silber weist keinen signifikanten Konzentrationsanteil auf. Neben dem Hauptbestandteil der
Matrix, welcher Magnesium ist, kommt Silber in einer homogenen Verteilung in der ganzen
Matrix vor.
Ergebnisse 49

4.2.3 XRD Phasenanalyse

Ein mit Hilfe des XRD-Verfahren erzeugtes Diagramm ist in Abbildung 38 dargestellt.
Die ersichtlichen Peaks wurden mit Diagrammen aus verschiedenen kristallographischen
Datenbanken (Pearson´s crystal data) abgeglichen. Hieraus ist ersichtlich, dass die
typischen Magnesium-Peaks bei einem 2-Theta-Winkel von 32,32°, 34,56°, 36,78° und
48,04° auftreten. Neben den erwarteten Magnesium-Peaks sind bei einem Winkel von
29,14°, 33,78° und 48,52° Peaks ersichtlich. Nach der Datenbankanalyse können diese
eindeutig zu Gadolinium-Hydriden (GdH2) zugeordnet werden. Kaum erkennbar aber
dennoch vorhanden sind bei einem Winkel von 35,7° AgGdMg-Peaks ersichtlich.

20000
Intensität

0
20 25 30 35 40 45 50
2 Theta

Abbildung 38: XRD-Diagramm der Mg-2Gd-1Ag-Legierung gepresst bei 0,6 mm/s.


Schwarze Linien: Winkel der Magnesium-Peaks. Rote Linien: Winkel der GdH2-Peaks. Blaue Linien: Winkel
der AgGdMg-Peaks.

Unabhängig vom steigenden Silbergehalt und der Strangpressgeschwindigkeit sehen die


erzeugten Diagramme gleich aus. Die Peaks erscheinen an denselben Stellen und die
Intensität dieser ist ähnlich stark.
Ergebnisse 50

4.2.4 XRD Texturanalyse

In diesem Abschnitt werden die inversen Pol-Figuren der Texturmessung in


Strangpressrichtung dargestellt (Abbildung 39). Diese Ansicht bietet den Vorteil, dass die
Kristallorientierung in Relation zur Strangpressrichtung abgebildet wird. Die linke Ecke der
Darstellung zeigt eine Orientierung der Basalebene ({0001} (Hauptgleitebene des hdp-
Gitters) des hexagonalen Elementargitters senkrecht zur Strangpressrichtung. Die untere
Ecke stellt ein 90 Grad Kippen der Elementarzelle dar, mit der Prismenebene {101� 0}
senkrecht zur Strangpressrichtung, sodass die Basalebene parallel zur Strangpressrichtung
liegt. Die obere Ecke beschreibt ebenfalls eine Orientierung mit der Basalebene parallel zur
Strangpressrichtung, jedoch der Prismenebene zweiter Ordnung {112� 0} senkrecht zur
Strangpressrichtung.
Die Bilder sind so auszuwerten, dass je dunkler ein Bereich dargestellt ist, eine größere
Anzahl Körner mit dieser Orientierung vorhanden ist.

Abbildung 39: Inverse Pol-Figur der Texturmessung


Ergebnisse 51

Zu sehen ist, dass eine Texturausprägung in nahezu identischen Bereichen der Proben
ersichtlich ist. Sowohl die maximalen Intensitäten, als auch die ausgeprägten Bereiche sind
nahezu identisch, ohne dass ein höherer Silbergehalt dies beeinflusst.
Im Wesentlichen ist für alle Profile ein Kippen der Basalebenen aus der Strangpressrichtung
zu erkennen.

4.3 Mechanische Eigenschaften

4.3.1 Härteprüfung

Abbildung 40: Eindrücke an zu prüfenden Proben.

Es kam zu folgenden Ergebnissen:

Tabelle 4: Härte der Mg-2Gd-1Ag-Legierung bei verschiedenen Strangpressgeschwindigkeiten.

Mg-2Gd-1Ag
Strangpressgeschwindigkeit in mm/s Härte in HV
0,6 47,4 ± 0,7
2,2 40,0 ± 0,7
4,4 38,2 ± 1,6
Ergebnisse 52

Tabelle 5: Härte der Mg-2Gd-2Ag-Legierung bei verschiedenen Strangpressgeschwindigkeiten.

Mg-2Gd-2Ag
Strangpressgeschwindigkeit in mm/s Härte in HV
0,6 49,4 ± 0,9
2,2 43,4 ± 1,0
4,4 41,7 ± 1,9

Es ist ersichtlich, dass die Härte mit Erhöhung der Pressgeschwindigkeit abnimmt.
Außerdem ist ersichtlich, dass die Härte der Mg-2Gd-2Ag-Legierung, bei gleichen
Pressgeschwindigkeiten, höher ist als jene der Mg-2Gd-1Ag-Legierung.

4.3.2 Zugversuch

Tabelle 6: Ergebnisse des Zugversuchs hergeleitet aus dem Spannungs-Dehnungs-Diagramm.

Legierung Mg-2Gd-1Ag Mg-2Gd-2Ag


Strangpressgeschwindigkeit 0,6 2,2 4,4 0,6 2,2 4,4
197 ± 186 ± 183 ± 211 ± 201 ± 197 ±
Zugfestigkeit [MPa]
0,2 0,4 0,4 1,0 0,3 0,3
101 ± 72 ± 68 ± 101 ± 70 ± 67 ±
Streckgrenze [MPa]
1,4 0,4 1,0 2,3 1,1 0,6
46,8 ± 39,0 ± 36,2 ± 44,0 ± 36,8 ± 37,7 ±
Bruchdehnung [%]
2,1 1,1 1,1 1,6 1,7 1,6
Ergebnisse 53

Spannungs-Dehnungs-Diagramm
250

200
Festigkeit [MPa]

150

100

50

0
0 10 20 30 40 50
Dehnung [%]

Abbildung 41: Spannungs-Dehnungs-Diagramm der Mg-2Gd-1Ag-Legierung bei einer


Strangpressgeschwindigkeit von 0,6 mm/s.

Zunächst ist aus den Ergebnissen des Spannungs-Dehnungs-Diagramms ersichtlich, dass


die Zugfestigkeiten beider Legierungssysteme mit Erhöhung der Pressgeschwindigkeit
abnehmen. Die Streckgrenzen der Mg-2Gd-xAg Legierungen sind unabhängig vom
Silbergehalt nahezu identisch. Erkennbar ist, dass die Streckgrenzen beider Legierungen
mit Erhöhung der Strangpressgeschwindigkeit abnehmen. Ebenso wie bei der Zugfestigkeit
und der Streckgrenze, ist bei der Bruchdehnung eine Verringerung dieser mit sinkender
Strangpressgeschwindigkeit ersichtlich.
Ergebnisse 54

4.3.3 Druckversuch

Tabelle 7: Ergebnisse des Druckversuchs hergeleitet aus dem Spannungs-Stauchungs-Diagramm.

Legierung Mg-2Gd-1Ag Mg-2Gd-2Ag


Strangpressgeschwindigkeit 0,6 2,2 4,4 0,6 2,2 4,4
370 ± 355 ± 359 ± 406 ± 390 ± 379 ±
Druckfestigkeit [MPa]
9 9 12 10 13 5
101 ± 72 ± 68 ± 101 ± 70 ± 67 ±
Stauchgrenze [MPa]
1,4 0,4 1,0 2,3 1,1 0,6
19 ± 20 ± 21 ± 19 ± 20 ± 19 ±
Bruchstauchung [%]
0,7 0,5 0,3 0,5 0,5 1

Spannungs-Stauchungs-Diagramm
450

400

350

300
Festigkeit [MPa]

250

200

150

100

50

0
0 5 10 15 20 25
Stauchung [%]

Abbildung 42: Spannungs-Stauchungs-Diagramm der Mg-2Gd-1Ag-Legierung bei einer


Strangpressgeschwindigkeit von 0,6 mm/s.

Wie beim Zugversuch sind die Festigkeiten der Mg-2Gd-2Ag-Legierung höher als die der
Mg-2Gd-1Ag-Legierung. Die Druckfestigkeit der Mg-2Gd-1Ag-Legierung sinkt zunächst mit
Ergebnisse 55

steigender Strangpressgeschwindigkeit und steigt daraufhin erneut. Ähnlich sieht es bei der
Stauchgrenze aus. Die Stauchgrenze der Mg-2Gd-2Ag-Legierung ist erneut höher als die
der Mg-2Gd-1Ag-Legierung. In diesem Fall sinkt die Stauchgrenze der Mg-2Gd-2Ag-
Legierung zunächst, steigt danach aber wieder minimal an. Die Bruchstauchung steigt
minimal mit Erhöhung der Strangpressgeschwindigkeit. Unterschiede in der Bruchstauchung
zwischen Mg-2Gd-1Ag und Mg-2Gd-2Ag sind kaum ersichtlich.

4.4 Degradationsrate

Nach Bestimmung des Endgewichtes konnte die Degradationsrate ermittelt werden.


Folgende Abbildung zeigt die Degradationsrate und Nahaufnahmen der Mg-2Gd-1Ag-
Legierung, vor und nach dem Degradationsexperiment auf:

Abbildung 43: Mikroskopische Aufnahmen der Mg-2Gd-1Ag Legierungen vor und nach dem Degradationstest.

Tabelle 8: Degradationsraten Mg-2Gd-1Ag bei verschiedenen Strangpressgeschwindigkeiten.


Mg-2Gd-1Ag
Strangpressgeschwindigkeit in mm/s Degradationsrate in mm/Jahr
0,6 0,28 ± 0,03
2,2 0,29 ± 0,07
4,4 0,31 ± 0,04
Ergebnisse 56

Folgende Abbildung zeigt die Degradationsrate und Nahaufnahmen der Mg-2Gd-2Ag-


Legierung, vor und nach dem Degradationsexperiment auf:

Abbildung 44: Mikroskopische Aufnahmen der Mg-2Gd-2Ag-Legierungen vor und nach dem Degradationstest.

Tabelle 9: Degradationsraten Mg-2Gd-2Ag bei verschiedenen Strangpressgeschwindigkeiten.

Mg-2Gd-2Ag
Strangpressgeschwindigkeit in mm/s Degradationsrate in mm/Jahr
0,6 0,33 ± 0,35
2,2 0,28 ± 0,01
4,4 0,28 ± 0,02

Die Degradationsraten beider Legierungssysteme und identischen Strangpress-


geschwindigkeiten zeigen keinerlei Trends. Bei der Mg-2Gd-1Ag Legierung ist ein minimaler
Anstieg der Degradationsrate mit zunehmender Strangpressgeschwindigkeit ersichtlich.
Ansonsten schwanken die Degradationsraten zwischen 0,27 und 0,33 mm/Jahr. Die hohe
Standardabweichung der Mg-2Gd-2Ag Legierung stranggepresst bei 0,6 mm/s entsteht
durch einen Ausreißer in der Statistik.
In Abbildung 43 und Abbildung 44 werden die Oberflächen der getesteten Proben vor und
nach dem Test dargestellt. Zu sehen ist, dass die Oberflächen durch die Korrosion dunkler
geworden sind. Die Korrosion ist unabhängig von der Zusammensetzung oder der
Ergebnisse 57

Strangpressgeschwindigkeit am Rand über den kompletten Querschnitt oder im Zentrum der


Probenoberfläche aufzufinden.

4.5 Drahtzug

Die Reduktion der Durchmesser, auf die der Strang gezogen wurde, war durch den Ziehstein
definiert und konnte weder erhöht noch reduziert werden.
Begonnen wurde mit einem Ziehstein des Durchmessers 5,8 mm. Die Durchmesser der
Ziehsteine wurden mit jedem Schritt um 0,2 mm verkleinert. So wurde im nächsten Schritt
ein Ziehstein mit dem Durchmesser 5,6 mm verwendet, im darauffolgenden der
Durchmesser 5,4 mm verwendet usw. Ab dem Durchmesser 2,2 mm wurde der
Durchmesser bei jedem Schritt um 0,1 mm verringert. Nach Erreichen eines Durchmessers
von 1,1 mm wurde der Durchmesser kontinuierlich um 0,05 mm verringert, bis ein
Durchmesser von 0,65 mm erreicht wurde. An dem Punkt wurde der Durchmesser bei jedem
Schritt um 0,025 mm verringert, bis der Enddurchmesser von 0,5 mm erreicht wurden ist.

Die Wärmebehandlung wurde bei einer Temperatur von 375° C und zunächst fünf Minuten
durchgeführt. Die Zeit wurde erhöht, wenn sich gezeigt hat, dass eine Verringerung des
Durchmessers mit dem zu benutzenden Ziehstein, aufgrund von mehrfachen Sprödbruch
während des Ziehens, nicht möglich war. Bei der Mg-2Gd-1Ag-Legierung wurde die Zeit der
Wärmebehandlung von fünf Minuten auf zehn Minuten bei einem Durchmesser von 0,8 mm
und von zehn Minuten auf fünfzehn Minuten bei einem Durchmesser von 0,65 mm erhöht.
Bei der Mg-2Gd-2Ag-Legierung wurde die Zeit der Wärmebehandlung ebenfalls bei einem
Durchmesser von 0,8 mm auf zehn Minuten und im letzten Schritt bei einem Durchmesser
von 0,525 mm auf fünfzehn Minuten erhöht.
Ergebnisse 58

Umformgrade nach dem Drahtziehen


0,1
0,09
0,08
0,07

Umformgrad
0,06
0,05
0,04
0,03
0,02
0,01
0
7 6 5 4 3 2 1 0
Durchmesser Strang / Draht [mm]

Abbildung 45: Umformgrade während des Drahtziehens.

Der Umformgrad schwankt zwischen 3,3 und 8,7 Prozent. Der Maximalwert für den
Umformgrad wurde bei der Durchmesserverringerung vom Anfangsdurchmesser 2,4 mm auf
2,2 mm sowie von 1,3 mm auf 1,2 mm mit 8,7% erreicht.
Diskussion 59

5. Diskussion

5.1 Chemische Analyse

Damit es zu einer niedrigen Korrosionsrate kommt, darf das gegossene Legierungssystem


keinen hohen Anteil an Verunreinigungen besitzen. Ob die Verunreinigungsanteile in Tabelle
2 und Tabelle 3 innerhalb der Toleranz liegen, ist abhängig vom Einsatz des Materials. Die
gemessenen Gehalte an Silber und Gadolinium liegen dicht am nominalen Gehalt. Der
genaue Prozentsatz ist nahezu unmöglich zu erreichen, da es beim Gießen zum
sogenannten Zu- und Abbrand kommt, welcher durch Oxidation und Verdampfen des
Metalls auftritt. Dem Abbrand wird mit Zugabe einer prozentual gesehen höheren
Zusammensetzung entgegengewirkt, wodurch es zu Legierungszusammensetzungen
kommen kann, welche minimal über dem geforderten Wert liegen.

5.2 Mikrostrukturen der Stränge

5.2.1 Gefügestruktur

Ergebnisse der Untersuchungen der Korngrößen haben ergeben, dass bei beiden
Legierungssystemen mit der Erhöhung der Pressgeschwindigkeit ein Kornwachstum
stattfindet.

Mittlere Korngröße Mg-2Gd-1Ag in Abhängigkeit


der Strangpressgeschwindigkeit
50
45
Mittlere Kormgröße in μm

40
35
30
25
20
15
10
5
0
0 1 2 3 4 5
Strangpressgeschwindigkeit in mm/s

Abbildung 46: Korngröße in Abhängigkeit der Pressgeschwindigkeit für die Mg-2Gd-1Ag-Legierung.


Diskussion 60

Mittlere Korngröße Mg-2Gd-2Ag in Abhängigkeit


der Strangpressgeschwindigkeit
50
45
Mittlere Korngröße in μm 40
35
30
25
20
15
10
5
0
0 1 2 3 4 5
Strangpressgeschwindigkeit in mm/s

Abbildung 47: Korngröße in Abhängigkeit der Pressgeschwindigkeit für die Mg-2Gd-2Ag-Legierung.

Dies ist durch eine Erhöhung der Temperatur mit Erhöhung der Pressgeschwindigkeit
erklärbar. Je höher die Pressgeschwindigkeit, desto höher ist die Profiltemperatur durch die
eingebrachte Energie während der Verformung. Wenn die Temperatur des Profils erhöht ist,
ist automatisch auch die Temperatur des Werkstücks bei der Umformung erhöht. Daraus
resultiert ein Kornwachstum durch höhere Temperaturen und längere Zeiten bis zur
Abkühlung auf Raumtemperatur [34].
Die Korngrößen der Mg-2Gd-1Ag und der Mg-2Gd-2Ag unterscheiden sich bei identischen
Pressgeschwindigkeiten nahezu gar nicht. Einziger Unterschied der Korngrößen ist bei einer
Pressgeschwindigkeit von 0,6 mm/s ersichtlich. Die Körner der Mg-2Gd-1Ag-Legierung sind
im Mittelwert um 1,33 μm größer als die der Mg-2Gd-2Ag-Legierung. Durch die Standard-
abweichung lässt sich hierbei aber kein Unterschied bestätigen.
Die Form der Körner ist globular. Dies deutet auf eine vollständige Rekristallisation des
Gefüges hin. Bohlen et al. haben dies anhand von Magnesium-Mangan-RE-Legierungen
ermittelt, was auf die Mg-2Gd-xAg-Legierungen (x=1;2) ebenfalls durch den Gehalt an
seltenen Erden (Gadolinium) zutrifft (RE = rare earth = Seltene Erden) [35].
Diskussion 61

5.2.2 REM

Die REM-Ergebnisse zeigten, dass besonders häufig gadoliniumhaltigen Bereiche auftraten


und Silber in der Magnesiummatrix nahezu vollständig in Lösung vorkam. Bei diesen
gadoliniumhaltigen Bereichen kann es sich, laut Huang et al., um Hydride handeln [36].
Hydride sind demnach Partikel, bestehend aus mindestens einem Element der Gruppe der
seltenen Erden, an welches sich zwei H-Atome binden (REH2). Die Bildung von Hydriden
kann zwei Möglichkeiten haben: Sie könnten einerseits durch die Präparation von zu
untersuchenden Oberflächen mit Wasser entstehen, andererseits könnten sie durch eine
Reaktion mit gelöstem Wasserstoff während des Gießprozesses entstehen [36]. Dies konnte
bei anderen seltenen Erden, wie Neodym, nachgewiesen werden [37]. Huang et al. sagen
ebenfalls, dass Legierungen eher dazu neigen, Hydride zu bilden, nachdem sie einer T4
Wärmebehandlung unterzogen wurden. Die Form der Hydride wurde in dem Artikel
„Unexpected formation of hydrides in heavy rare earth containing magnesium alloys“ als
quaderförmig beschrieben [36]. Diese Form ist in den aufgenommenen REM-Bildern
(besonders in Abbildung 34) zu sehen, sodass von Hydriden ausgegangen werden kann.

Abbildung 48: Gusszustand und Zustand nach T4 Wärmebehandlung von a) Mg-2Gd-1Ag und b) Mg-
2Gd-2Ag [14].
Diskussion 62

In Abbildung 48 ersichtlich sind REM-Aufnahmen des Gusszustandes vor und nach der T4
Wärmebehandlung. Der einzige Unterschied zu den REM-Aufnahmen dieser Arbeit ist die
Orientierung der Partikel in Strangpressrichtung, welche bei Strangpressprozessen immer
vorkommt. Ähnlich wie beim Walzen werden die Körner und vorkommende Partikel in
Strangpressrichtung gepresst und geben dadurch die Orientierung der Partikel vor.

5.2.3 Phasenanalyse

Durch die XRD-Phasenanalyse und die Analyse durch die Datenbank wird deutlich, dass die
Magnesiumphasen dominieren. Da Magnesium den Hauptbestandteil der Legierung
darstellt, ist dies selbsterklärend. GdH2-Phasen sind anhand der, auch wenn kleinen Peaks
ersichtlich. Durch die Aufnahmen des REM lassen sich ebenfalls Gadolinium-Hydride
mutmaßen. Die Peaks, die laut der Datenbank auf AgGdMg Phasen deuten, sind von der
Intensität so klein, dass es nicht zu eindeutig bestätigt werden kann. TEM-Aufnahmen (TEM
= Transmissions-Elektronen-Mikroskopie) könnten an dieser Stelle helfen. Dies aber hätte
den zeitlichen Rahmen dieser Arbeit überschritten.

5.2.4 Texturanalyse

Beim Strangpressen von Magnesiumlegierungen, welche seltene Erden beinhalten, sind die
Basalebenen in den meisten Fällen parallel zur Strangpressrichtung orientiert. Dies haben
Stanford et al. für Mg-Gd- und Mg-La-Legierungen beweisen können. Der hohe Anteil von
Gadolinium sorgt für eine Seltene-Erden-Textur [38]. Da die Ergebnisse der Texturmessung
für Mg-2Gd-1Ag und Mg-2Gd-2Ag nahezu identisch sind, kann davon ausgegangen werden,
dass ein erhöhter Silbergehalt diese von dem Gadolinium bevorzugte Orientierung nicht
beeinflusst.
Diskussion 63

5.3 Mechanische Eigenschaften

5.3.1 Härteprüfung

Die Härte beider Legierungssysteme nimmt mit Erhöhung der Pressgeschwindigkeit ab.

Härtewerte Mg-2Gd-1Ag
60

50

40
Härte in HV

30

20

10

0
0 1 2 3 4 5
Strangpressgeschwindigkeit in mm/s

Abbildung 49: Härte in Abhängigkeit der Pressgeschwindigkeit Mg-2Gd-1Ag.

Härtewerte Mg-2Gd-2Ag
60

50

40
Härte in HV

30

20

10

0
0 1 2 3 4 5
Strangpressgeschwindigkeit in mm/s

Abbildung 50: Härte in Abhängigkeit der Pressgeschwindigkeit Mg-2Gd-2Ag.


Diskussion 64

Erklären lässt sich dies durch die feineren Körner, die bei niedrigeren Press-
geschwindigkeiten erreicht werden (Siehe Kapitel 5.2). Feinere Körner im Gefüge führen zu
einer Feinkornverfestigung (in Kapitel 2.1.1 ersichtlich), welche zu einer höheren Festigkeit
führt. Festigkeit steht im direkten Zusammenhang mit der Härte. Die Verfestigung durch das
feine Korn sorgt dadurch ebenfalls für eine Zunahme der Härte.

Die Mg-2Gd-2Ag-Legierung zeigt eine höhere Härte als die Mg-2Gd-1Ag-Legierung auf.
Dies ist auf die Mischkristallverfestigung zurückzuführen, da die Mg-2Gd-2Ag-Legierung
einen höheren Silberanteil besitzt, welcher zu einer Erhöhung der Fremdatome in der
Magnesium-Matrix führt. Durch die Mischkristallverfestigung wird die Festigkeit erhöht
(Kapitel 2.1.1) und dadurch ebenfalls die Härte.

5.3.2 Zugversuch

Zugfestigkeit in Abhängigkeit von der


Strangpressgeschwindigkeit
230
Zugfestigkeit in MPa

220
210
200
190
180
170
0 1 2 3 4 5
Strangpressgeschwindigkeit in mm/s

Mg-2Gd-1Ag Mg-2Gd-2Ag

Abbildung 51: Zugfestigkeit in Abhängigkeit der Strangpressgeschwindigkeit der Mg-2Gd-xAg-


Legierungen.

So wie bei der Härte sinkt die Zugfestigkeit mit Erhöhung der Strangpressgeschwindigkeit.
Die Ursache hierfür ist folgende: mit Erhöhung der Strangpressgeschwindigkeit wächst die
Korngröße und mit größeren Körnern sinkt die Festigkeit (Kapitel 2.1.1 Kornverfeinerung).
Ebenfalls ist eine höhere Festigkeit bei der Mg-2Gd-2Ag-Legierung ersichtlich als bei der
Diskussion 65

Mg-2Gd-1Ag-Legierung. Grund hierfür ist die Mischkristallverfestigung, bei welcher mehr


Fremdatome den Versetzungen entgegenwirken (Kapitel 2.1.1).
Die Streckgrenze verringert sich, wie die Zugfestigkeit, mit Erhöhung der
Strangpressgeschwindigkeit. Die Streckgrenzen der Mg-2Gd-1Ag- und Mg-2Gd-2Ag-
Legierungen unterscheiden sich hingegen nicht signifikant. Dies bedeutet, dass der
Silbergehalt (welcher in dieser Arbeit betrachtet wurde) sich nicht auf die Streckgrenze
auswirkt. Die Belastung, welcher das Material ausgesetzt werden kann, bis es sich plastisch
verformt ist demnach identisch.
Die Bruchdehnung sinkt mit Erhöhung der Strangpressgeschwindigkeit. Dies lässt sich durch
die immer größer werden Körner erklären. Je feiner das Gefüge, desto höher die Duktilität
(Kapitel 2.1.1 Kornverfeinerung).
Die Erhöhung des Silbergehaltes senkt die Bruchdehnung minimal, welches aber kein
signifikanter Einfluss ist.

5.3.3 Druckversuch

Druckfestigkeit bei verschiedenen


Strangpressgeschwindigkeiten
440
Druckfestigkeit in MPa

420
400
380
360
340
320
300
0 1 2 3 4 5
Strangpressgeschwindigkeit in mm/s

Mg-2Gd-1Ag Mg-2Gd-2Ag

Abbildung 52: Druckfestigkeit der Mg-2Gd-xAg-Legierungen bei verschiedenen


Strangpressgeschwindigkeiten.

Die Druckfestigkeit der Mg-2Gd-2Ag-Legierung ist höher als jene der Mg-2Gd-1Ag-
Legierung. Diese Beobachtung kann durch die Mischkristallverfestigung (Kapitel 2.1.1
Mischkristallverfestigung) beschrieben werden. Die Druckfestigkeiten der Mg-2Gd-xAg-
Diskussion 66

Legierungen sinken zunächst, wie beim Zugversuch, mit steigender Strangpress-


geschwindigkeit. Erneut liegt dies an den immer größer werdenden Körnern, wodurch die
Kornverfeinerungs-Verfestigung immer geringer wird (Kapitel 2.1.1). Jedoch ist nach der
Senkung der Druckfestigkeit mit Erhöhung der Strangpressgeschwindigkeit ein minimaler
Anstieg der Druckfestigkeit in der Mg-2Gd-1Ag-Legierung ersichtlich. Erklären lässt sich dies
durch die erhöhte Zwillingsbildung bei Druckbelastung. Da die Körner mit ansteigender
Strangpressgeschwindigkeit wachsen, stehen der Bildung von Zwillingen weniger
Korngrenzen entgegen, welche als Barriere zur Bildung von Zwillingen dienen [34]. Dieser
Effekt tritt bei Druckversuchen stärker auf als bei Zugversuchen, da bei Druckversuchen eine
höhere Spannung aufgebracht wird, welche zu einem hohen Verhältnis zwischen Spannung
und Gleitung des Systems führt (Kapitel 2.1.1 Zwillingsbildung).
Ersichtlich sind die beschriebenen Effekte ebenfalls bei der Stauchgrenze. Erneut sind die
Stauchgrenzen der Mg-2Gd-2Ag-Legierungen durch die erhöhte Mischkristallverfestigung
höher. Die Stauchgrenze Mg-2Gd-2Ag-Legierung steigt minimal nach vorherigen Sinken.
Dies kann wieder durch die Zwillingsbildung erklärt werden.
Die Bruchstauchung steigt minimal mit Erhöhung der Strangpressgeschwindigkeit. Durch
die Standardabweichung kann gesagt werden, dass hierbei kein Trend ersichtlich ist.

5.4 Degradationsrate

Degradationsrate Mg-2Gd-1Ag
0,8
0,7
Degradationsrate in mm/a

0,6
0,5
0,4
0,3
0,2
0,1
0
0 1 2 3 4 5
Strangpressgeschwindigkeit in mm/s

Abbildung 53: Degradationsrate in Abhängigkeit von der Strangpressgeschwindigkeit der Mg-2Gd-


1Ag-Legierung.
Diskussion 67

Degradationsrate Mg-2Gd-2Ag
0,8
0,7

Degradationsrate in mm/a
0,6
0,5
0,4
0,3
0,2
0,1
0
0 1 2 3 4 5
Strangpressgeschwindigkeit in mm/s

Abbildung 54: Degradationsrate in Abhängigkeit von der Strangpressgeschwindigkeit der Mg-2Gd-


2Ag-Legierung.

Es wäre möglich anzunehmen, dass es einen Trend in der Degradationsrate von Mg-2Gd-
1Ag-Legierungen in Abhängigkeit der Strangpressgeschwindigkeiten geben könnte
(Abbildung 53). Dieser ist aber so minimal und es bedarf weiterer Experimente, um dies
bestätigen zu können. Das gleiche gilt für die Mg-2Gd-2Ag-Legierung. Die Degradationsrate
von Mg-2Gd-2Ag bei einer Strangpressgeschwindigkeit von 0,6 mm/s hat eine sehr hohe
Standardabweichung. Diese zeigt einen Wert, der nicht reproduzierbar ist. Die Ergebnisse
zeigen keine Trends, sodass an dieser Stelle gesagt werden kann, dass die
Degradationsrate nicht durch einen höheren Silbergehalt oder einer höheren
Strangpressgeschwindigkeit (und damit größerer Korngrößen) verändert wird.

Es kann mit den Ergebnissen dennoch gesagt werden, dass die in dieser Arbeit maximal
bestimmte Degradationsrate geringer ist als die maximal zulässige Degradationsrate,
welche in internen Protokollen des Helmholtz-Zentrum-Geesthacht festgelegt wurden. In
vorherigen Versuchen wurde diese auf zwischen 0,5 mm/Jahr und 1 mm/Jahr festgelegt, um
eine konzentrationsabhängige Toxizität zu vermeiden.
Diskussion 68

5.5 Drahtziehen

In den durchgeführten Umformprozessen ist der Umformgrad nicht konstant, da die


Verringerung des Durchmessers konstant bleibt und der Durchmesser immer kleiner wird.
Dies war aufgrund der verwendeten Ziehsteine nicht zu ändern. Die Ziehsteine konnten aber
gewährleisten, dass die Änderung des Umformgrades nach jeder Änderung der
Durchmesserveränderung (Verringerung zunächst dauerhaft von 0,2 mm darauffolgend
dauerhaft von 0,1 mm usw.) immer gleich waren, wie in Abbildung 45 an den gleichen
Werten des Umformgrades zwischen den Schritten erkennbar ist. Es wäre durchaus möglich
gewesen, eine Bohrung des Ziehsteins zu überspringen, beispielsweise bei 2,2 mm direkt
auf 2,0 mm zu ziehen. In dem Fall konnte aber kein Draht gezogen werden, da es immer
wieder zu Sprödbrüchen kam. Bei einem Zug von 2,2 mm auf 2,0 mm würde ein Umformgrad
von 9,5% erreicht werden. Durch diese Erkenntnis kann davon ausgegangen werden, dass
der maximale Umformgrad für diese Legierung bei diesem Verfahren zwischen 8,7% und
9,5% liegt.
Die Erhöhung der Zeit für die Wärmebehandlung wurde realisiert, damit das Gefüge nach
der Kaltumformung und der daraus resultierenden Kaltverfestigung mehr Zeit hat zu
rekristallisieren. Nach der Kaltumformung sind die Körner des Gefüges in Umformrichtung
gestreckt. Es kommt dadurch zu mehr Versetzungen, welche zu einer Erhöhung der
Festigkeit führen (Versetzungsverfestigung). Diese soll mit dem Rekristallisationsglühen
verringert werden und ein homogenes Gefüge entstehen, welches sich erneut ziehen lässt.
Zusammenfassung und Ausblick 69

6. Zusammenfassung und Ausblick

Ein Ziel der vorliegenden Arbeit bestand darin, Mg-2Gd-xAg-Legierungen nach dem
Strangpressen zu untersuchen und die resultierenden Unterschiede zu bewerten. Zu
Unterschieden kam es aufgrund von verschiedenen Strangpressgeschwindigkeiten (0,6
mm/s, 2,2 mm/s und 4,4 mm/s) und verschiedenen Silbergehalten (1 und 2 Prozent).
Betrachtet wurden hierbei die Eigenschaften der Mikrostruktur (Gefüge, intermetallische
Phasen und Texturen), die mechanischen Eigenschaften (Festigkeiten und Härten),
chemische Analysen der in der Legierung vorkommenden Elemente und Degradationstests.
Ein weiteres Ziel der Arbeit war es zu ermitteln, ob es möglich ist, aus dem gepressten
Strang durch Kaltumformung und Wärmebehandlung einen Draht zu ziehen.
Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit haben gezeigt, dass die Mikrostruktur sich in
Abhängigkeit der Strangpressgeschwindigkeiten verändert. Je höher die Strangpress-
geschwindigkeiten, desto größer die Körner im Gefüge. Die Rasterelektronenmikroskopie
und die Ergebnisse der Röntgendiffraktometrie zeigen, dass durch die T4 Wärme-
behandlung intermetallische Phasen bis auf Gadolinium-Hydride eliminiert werden. Dieses
Ergebnis ist bei beiden Legierungssystemen ersichtlich. Ebenso kommt es zu gleichen
Texturen, welche maßgeblich vom Gehalt der seltenen Erde, aber nicht vom Gehalt des
Silbers beeinflusst werden.
Die mechanischen Eigenschaften von Mg-2Gd-xAg-Legierungen sinken, je schneller diese
stranggepresst werden. Dies resultiert aus den immer größer werdenden Korngrößen. Die
Mg-2Gd-2Ag-Legierung weißt höhere Härten und Festigkeiten auf, aufgrund des höheren
Silberanteils und der daraus resultierenden Mischkristallverfestigung.
Die Degradationstests haben gezeigt, dass weder der Gehalt an Silber, noch die
Strangpressgeschwindigkeit, Auswirkung auf die Degradationsrate haben.
Es war möglich, einen Strang von 6 mm Durchmesser auf einen Draht mit einem
Durchmesser von 0,5 mm zu ziehen. Die Mikrostruktur und die mechanischen Eigenschaften
dieser Drähte müssen in Zukunft noch weiter untersucht werden.

Aus den Ergebnissen dieser Arbeit lässt sich nicht ableiten, ob Mg-2Gd-xAg-Legierungen
als beispielsweise Schraubenimplantate, Plattenimplantate oder Stents verwendet werden
können. Abhängig ist dies vom tatsächlichen Einsatzort des Implantates, da unterschiedliche
Korrosionsraten und Festigkeiten an verschiedenen Einsatzorten benötigt werden. Dennoch
70

kann gesagt werden, dass Mg-2Gd-xAg-Legierungen sich prinzipiell als Implantatwerkstoff


eignen, da benötigte mechanische Eigenschaften prinzipiell erreicht werden können und
sich die Degradationsgeschwindigkeiten im Rahmen der zulässigen Degradations-
geschwindigkeiten befinden. Außerdem können Mg-2Gd-xAg-Legierungen umgeformt
werden, was potentiell viele Möglichkeiten zur Implantatherstellung mit sich bringt.
Literaturverzeichnis 71

7. Literaturverzeichnis

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Eidesstattliche Versicherung 75

Eidesstattliche Versicherung
Ich versichere eidesstattlich durch eigenhändige Unterschrift, dass ich die Arbeit
selbstständig und ohne Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt
habe. Alle Stellen, die wörtlich oder sinngemäß aus Veröffentlichungen entnommen sind,
habe ich als solche kenntlich gemacht. Ich weiß, dass bei Abgabe einer falschen
Versicherung die Prüfung als nicht bestanden zu gelten hat.

Rostock, den 26.03.2018 __________________


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Ich erkläre mich damit einverstanden, dass ein Exemplar meiner Masterarbeit in der
Universität Rostock aufbewahrt und für die allgemeine Nutzung zugänglich gemacht wird.
Ich nehme zur Kenntnis, dass dies die Wirkung einer Veröffentlichung im urheberrechtlichen
Sinne hat.

Rostock, den 26.03.2018 __________________


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