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Seminararbeit
Wie hat sich die Präposition “auf Grund“ im letzten Drittel des 19.
Jahrhunderts im Vergleich zum letzten Drittel des 20. Jahrhunderts
im Sinne vom Begriff der Erosion sowie in Bezug auf die
Alternation zwischen Genitiv und von-Phrase entwickelt?
Verfasser:
Valentin Tanner
Route de l’Orée du Bois 130
2300 La Chaux-de-Fonds
Tel: 032 968 11 68; E-Mail: valentin.tanner@unine.ch
1. EINLEITUNG ..................................................................................................................... 3
+ VON .................................................................................................................................. 11
4. SCHLUSS ....................................................................................................................... 17
5. QUELLEN ....................................................................................................................... 19
6. ANHANG ......................................................................................................................... 19
-2-
1. Einleitung
Alle Sprachen entwickeln sich fortwährend und keine bleibt starr. Mit anderen Worten
entwickelt sich jede Sprache mit seiner Zeit. Man benutzt tatsächlich die Wörter je
nach der Epoche unterschiedlich. Dazu ändern einige Wörter ihren Sinn im Laufe der
Zeit, wie zum Beispiel die Nutzung des Verbs „to go“ auf Englisch: Ursprünglich
musste der Sinn des Verbs als „werden“ verstanden werden, obwohl dieses Wort
heutzutage verschiedene Bedeutungen hat. Das heisst, dass es sowohl als „werden“
benutzt werden kann, als auch als Hilfsverb (z. B.: I’m going to meet my mother this
afternoon), um das Futur auszudrücken (Diewald 1997: 50). Dieses Phänomen
heisst „Grammatikalisierung“. Der Begriff wurde von Antoine Meilleit in seinem
Aufsatz „l’évolution des formes grammaticales“ eingeführt und zwar im Sinne von
„attribution du caractère grammatical à un mot jadis autonomne“. (Lehmann:
http://www.christianlehmann.eu/ling/ling_theo/index.html?http://www.christianlehman
n.eu/ling/ling_theo/grammatikalisierung.php). Bei anderen Wörtern ist die
Grammatikalisierung ein „Übergang von einer autonomeren zu einer fester ins
System integrierten signifikanten sprachlichen Einheit“ (Lehmann:
http://www.christianlehmann.eu/ling/ling_theo/index.html?http://www.christianlehman
n.eu/ling/ling_theo/grammatikalisierung.php). Präziser steht die Grammatikalisierung
„in der Forschung für den Sprachwandelprozess, bei dem eine lexikalische Einheit zu
einem grammatischen Element wird“ (Ferraresi: 2014: 1) Allerdings ist dieser Begriff
einer der wichtigsten für die Linguisten. Wichtig ist es, die Differenzierung zwischen
den eher lexikalischen Einheiten und den eher grammatikalischen Einheiten
festzustellen. Nach Ferraresi „[haben Verben, Nomen und Adjektiven] [...] eine
lexikalische Bedeutung, deren Repräsentation wir in unserem mentalen Lexikon
speichern können“ (Ferraresi: 2014: 1). Zum Beispiel das Nomen „Pferd“ sowie das
Verb „trinken“ können wir uns direkt vorstellen, was sie eigentlich repräsentieren.
Dennoch gibt es Wörter, deren lexikalischer Sinn nicht so offensichtlich ist:
Die Subjunktion weil kann nur in einem konkreten Satz wie Ich bleibe zu Hause, weil
es regnet verstanden werden, indem sie eine abstrakte Relation zwischen den beiden
Teilsätzen einführt, nämlich eine kausale: Der Grund, warum ich zu Hause bleibe ist,
dass es regnet. Im Grammatikalisierungsprozess entstehen solche Elemente wie
weil, die eine grammatische Bedeutung haben, oft aus lexikalischen: weil hat sich in
-3-
einem Sprachwandelprozess aus dem Substantiv die Weile herausgebildet (Ferraresi
2014: 1).
In dieser Arbeit interessiere ich mich für die Präposition „auf Grund“, die eine
sekundäre Präposition ist (Diewald 1997: 69). Ich werde die Unterscheidung
zwischen der Form „aufgrund vs. Auf Grund“ sowie dem nachfolgenden Kasus zu
identifizieren versuchen. Das heisst „aufgrund/auf Grund + von“ oder „aufgrund/auf
Grund + Genitiv“. Die gewählte zeitliche Periode ist das letzte Drittel des 19.
Jahrhunderts sowie das letzte Drittel des 20. Jahrhunderts. Diese Parameter können
als „Wie hat sich die Präposition “auf Grund“ im letzten Drittel des 19.
Jahrhunderts im Vergleich zum letzten Drittel des 20. Jahrhunderts im Sinne
vom Begriff der Erosion sowie in Bezug auf die Alternation zwischen Genitiv
und von-Phrase entwickelt ?“ zusammengefasst werden.
Am Anfang dieser Arbeit führe ich die wichtigsten theoretischen Grundlagen, die für
das Verständnis der Arbeit wichtig sind, ein. In diesem Kapitel beschreibe ich die
unterschiedlichen Parameter, um die Differenzierung zwischen einer lexikalisierten
oder grammatikalisierten Präposition zu verstehen. Nach einer kurzen Einleitung der
Methode interessiere ich mich dann genauer für meine Fragestellung. Einerseits
gehe ich auf die Alternation zwischen auf Grund vs. aufgrund ein, anderseits
analysiere ich die Abfolge zwischen „+ von“ oder + Genitiv“. Am Schluss fasse ich
meine Arbeit zusammen.
-4-
2. Theoretische
Grundlagen
Um die Präpositionen sowie die anderen Wörter nach einem
Grammatikalisierungsgrad zu ordnen, haben die Linguisten verschiedene Parameter
erfunden, um diese Präpositionen nach lexikalisiert bis zu grammatikalisiert zu
klassifizieren. In diesem Kapitel werden die Parameter von Lehmann präsentiert.
Zweitens gibt es den Parameter der Padigmatizität: Es geht um den Grad der
semantischen sowie formalen Integration eines Paradigmas. Als Paradigma muss
man die Flexionsformen eines Wortes verstehen, wie z. B.: spiele, spielst, spielte,
gespielt, usw. oder den Indefinitartikel: ein, eine, ein. Um eine hohe Kohäsion – also
schwach grammatikalisiert - zu haben, müssen die Zeichen zu einem losem Wortfeld
gehören. Anders gesagt, eine hohe Kohäsion „enthält ein Paradigma mit wenigen,
klaren abgegrenzten Unterkategorien, die formal und semantische homogen sind“
(Szczepaniak 2009: 21). Der Prozess nach etwas Starkem grammatikalisiert heisst
die Paradigmatisierung. Zum Beispiel das Wort „Baum“: Jeder kann an etwas
anderes denken, es ist eine offene Klasse, während die Pronomen wie „ich, du, er,
wir, usw.“ eine feste geschlossene Klasse sind.
Lehmann hat den dritten Parameter die Wählbarkeit genannt. Es heisst die
Wahlbarkeit eines Zeichens. „Während Vollverben wie bekommen, entgegennehmen
-5-
oder empfangen je nach Mitteilungsinteresse frei gewählt werden, sind in
grammatischen Konstruktionen [...] nur bestimmte Hilfsverben einsetzbar, z. B. Ich
bekommen/kriege/*empfange die Haare geschnitten“ (Szczepaniak 2009: 22). Mit
anderen Worten ist ein Zeichen hoch grammatikalisiert, wenn die Wahl des
Zeichens beschränkt ist. Das „grammatikalisierte Zeichen [wird] distinktiv, d.h. es
steht in Opposition zu anderen Mitgliedern des Paradigmas und kann nicht frei
ersetzt werden (Ferraresi 2014: 6). Der Prozess von schwach grammatikalisiert bis
zu stark grammatikalisiert heisst die Obligatisierung. Beispielsweise kann die
Präposition „aufgrund“ nur von einer Nominalphrase (NP) oder einer
Präpositionalsphrase (PP) gefolgt werden.
Der vierte Parameter heisst die Fügungsenge. Er bezeichnet den Fusionsgrad eines
Zeichens. Ein hohes grammatikalisiertes Zeichen gehört zu hochintegriertem, straff
organisiertem Paradigma. Anders gesagt betrifft es die Enge von Zeichen. Der
Prozess von schwach grammatikalisiert bis zu hoch grammatikalisiert ist die
Koaleszenz. In Bezug auf die Präposition aufgrund sowie andere Präpositionen „sind
Fusionen nicht möglich, doch auch sie zeichnen sich im Gegensatz zu freien
Syntagmen durch grosse Fügungensenge aus. Es handelt sich durchweg um feste,
idiomatisierte Wendungen, die keine Einschübe oder Veränderung erlauben (Diewald
1997: 69). Beispielsweise kann man nicht sagen „*auf tiefem Grund“.
Der fünfte Parameter ist die Stellungsfreiheit, der durch den Prozess der Fixierung
bezeichnet wird. Ein niedriges grammatikalisiertes Zeichen ist frei umstellbar
während ein hohes grammatikalisiertes Zeichen eine feste Position hat. Der Prozess
von schwach grammatikalisiert bis zu stark grammatikalisiert heisst Fixierung. Die
Präposition aufgrund steht immer vor einer Nominalphrase (z. B.: aufgrund meiner
Krankheit / *meiner aufgrund Krankheit) oder vor einer Präpositionalphrase (z. B.:
aufgrund von meiner Krankheit / *aufgrund meiner von Krankheit). Die Präposition ist
auf dem Weg der Fixierung.
Abschliesend gibt es den Parameter des Skopus, das „der Geltungsbereich eines
grammatikalisierten Elements [...] mit zunehmendem Grammatikalisierungsgrad
[abnimmt]. (Ferraresi 2014: 8). Der Prozess von schwach grammatikalisiert bis zu
stark grammatikalisiert heisst Kondensierung.
-6-
3. Die
Präposition
aufgrund/auf
Grund
Unten steht eine Tabelle, mit den wichtigsten Informationen der Präposition
„aufgrund“. Die verschiedenen Aspekte verdeutliche ich während der Interpretation.
Diese Tabelle dient als kurze visuelle Zusammenfassung, um die Informationen
schnell zu erhalten.
Bezüglich der Methode, die ich für diese Arbeit benutzt habe, ist Folgendes zu
sagen: Ich habe mit dem Korpora „DWDS“ gearbeitet (sichtbar unter:
https://www.dwds.de) und zwei verschiedene zeitliche Perioden gewählt. Was mich
interessierte war, zwei Jahrhunderte zu untersuchen sowie enge Perioden, um
präzise Ergebnisse zu erhalten:
-7-
Ausserdem wollte ich Perioden, die zeitlich nicht zu weit von uns liegen, da es etwas
repräsentativer für uns ist. Je näher die zeitliche Periode ist, desto verständlicher und
betreffender ist sie. Jedoch habe ich das Drittel des Jahrhunderts eher zufällig
gewählt. Nach einer zufälligen Durchsuchung aller Textsorten habe ich 50 Beispiele
pro Periode verwendet.
3.1.1 Ergebnisse
Links (Figur 2.) werden die
Erosion - 1870 bis 1899
Ergebnisse der ersten Periode - bzw.
des letzten Drittels des 19.
Jahrhunderts – durch eine Grafik
dargestellt. Die erste visuelle
auf Grund
Feststellung ist die Nutzung der Form
aufgrund
„auf Grund“, statt der Form
„aufgrund“.
Die getrennt geschriebene Form
• Innerhalb der Regimenter dagegen erfolgt die Beförderung nach Maßgabe der
Anciennetät auf Grund des von dem Regiments-Kommandeur beim Eintritt
von Vakanzen mittelst Gesuchsliste einzureichenden Vorschlages (Laband,
-8-
Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen,
1880.). Textsorte: Wissenschaft
• Dass nun auch etc. gilt, erscheint als ein blosses Korollar hierzu aufgrund
von 8). 31) [Formel] 32) [Formel] 33) [Formel] 34) [Formel] und dergleichen
mehr (Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 3, Abt. 1.
Leipzig, 1895.). Textsorte: Wissenschaft
erschienen. Einhundert Jahre später ist Figur 3. Grafik der Erosion (1970-1999)
-9-
• Nickel besitzt in dieser Verbindung wahrscheinlich die Koordinationszahl 5 auf
Grund der Ausbildung von SeCN-Brücken. (o. A.[Autorenkollektiv]: Chemie
der Pseudohalogenide, Heidelberg: Hüthig 1979 [1978], S. 348). Textsorte:
Wissenschaft
Anhand dieser Beispiele erkennt man die verschiedenen Formen von aufgrund. Die
zwei ersten sind zusammengeschrieben, die zwei letzten nicht. Als Vorbemerkung
kann man auch schon die Konstruktion des Satzes beobachten. Es heisst, alle
Beispiele haben einen Genitiv nach sich. Dennoch gibt es auch Von-Konstruktionen.
3.1.2 Interpretation
In diesem Kapitel versuche ich die Resultate zu interpretieren und auch andere
Informationen hinzufügen. Wie schon geschrieben, wird ein Jahrhundert später eine
Veränderung sichtbar. Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts wurde nämlich die
Nutzung der Form „auf Grund“ häufiger als die Form „aufgrund“ benutzt.
Ich fand es auch interessant, nach der aller ersten Verwendung der untrennbaren
Form zu suchen. Dafür habe ich die Textarchive im DWDS benutzt. Das erste Mal
erschien sie im Jahre 1885:
• « In gleicher Weise könnte man sich aber natürlich auch jedes kompliziertere
Theorem, jeden Folgesatz des Aussagenkalkuls, den wir aus jenen formalen
Grundlagen in der Theorie desselben deduzirten, unmittelbar verifizirt denken
und aufgrund unsrer 15 Festsetzungen ihn nötigenfalls verifiziren »
(Schröder, Ernst : Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 3, Abt. 1.
Leipzig, 1895.). Textsorte : Wissenschaft
Relevant ist, dass der Autor der einzige ist, der die Form „aufgrund“ im Textarchiv
benutzt. Es betrifft die 72 Treffer des Korpus. Man könnte sagen, dass diese Form im
-10-
19. Jahrhunderts überhaupt sehr selten war, da sie nur einmal von einem einzigen
Nutzer verwendet wurde. In meinem Korpora war das erste Erscheinen im Jahre
1895 von demselben Autor. Ich interessierte mich gleichzeitig auch für das erste
Erscheinen im 19. Jahrhunderts, im Jahre 1922:
In diesem Jahrhundert gibt es viel mehr Treffer als früher, genauer gesagt 2672. Dies
zeigt, dass der Gebrauch dieser Form zugenommen hat. Es interessierte mich
ausserdem, ob „auf Grund“ gross- oder kleingeschrieben war. Die Grossschreibung
war häufiger, da ich die kleingeschriebene Form nur drei Mal in meinem Korpora
gefunden habe, wie im folgenden Beispiel:
• [...] dass Aristoteles auf grund dieser euordnungen eine ältere darstellung der
ratsbefugnisse durchcorrigirt hat, wird es vollkommen verständlich, wie er zu
seiner seltsamen anordnung gekommen ist. (Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich
von: Artisoteles und Athen. Bd. 1. Berlin, 1893.). Textsorte: Wissenschaft
-11-
3.2.1 Ergebnisse
50 Alternation zwischen "+von" oder "+GEN"
94%
40 88%
Frequenz (x)
30
20
10 12%
6%
0
1870-1899 1970-1999
Genitiv von
In dieser Grafik (Figur 4.) werden die beiden gewählten Perioden dargestellt. Links
steht die erste Periode. In der ersten, dunkel blauen Spalte finden sich die Treffer,
die von einem Genitiv gefolgt werden (wie z. B.: aufgrund seiner Krankheit). Es sind
94% der Fälle. In der hellen, blauen Spalte stehen die Treffer, die eine von-
Konstruktion enthält (wie z. B.: aufgrund von seiner Krankheit). Das sind nur 6% der
Treffer, bzw. 3 Treffer.
In dem unteren Beispiel aus der ersten Periode, ziehen die Präposition einen Genitiv
nach sich.
-12-
3.2.2 Interpretation
Die Ergebnisse (Figur 4.) zeigen – in diesem Fall – keine grossen Unterschiede
zwischen beiden Perioden. Es gibt tatsächlich nur eine Erhöhung von 6% in Bezug
auf die Nutzung der Form „aufgrund + von“. Mit anderen Worten ist der Unterschied
weniger gross als in der ersten Untersuchung, weswegen die Resultate nicht
genauso relevant sind wie die Unterschiede bezüglich der Erosion. Eine kleine
Änderung kann man allerdings erkennen: die Genitiv-Form scheint abzunehmen,
während die von-Form vermehrt Gebrauch findet.
Um ein reale Wachstum gegen die Benutzung von der von-Form zu sprechen,
interessiere ich mich für das aktuelle Jahrhundert. Ich habe wieder 50 Belege für
diese Periode hinsichtlich einer Differenzierung zwischen Genitiv-Form oder von-
Form untersucht. Gleichzeitig habe ich mich für die Erosion der Präposition
interessiert und sie grafisch dargestellt (Figur 5.):
94%
100%
90% 86%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20% 14%
6%
10%
0%
Genitiv Von Aufgrund Auf Grund
Figur 5. Grafik des 21. Jahrhunderts
Es ist deutlich sichtbar, dass man im 21. Jahrhundert die Genitiv-Form am häufigsten
benutzt. Nichtsdestoweniger gibt es eine kleine Verringerung von 2% im Vergleich zu
der zweiten Phase meiner Fragestellung (1970-1999). Man bemerkt, dass die von-
Form zunimmt. Diese minimale Differenz von 2% zwischen dem 21. Jahrhundert und
dem letzten Drittel des 20. Jahrhunderts ist – meiner Meinung nach – relativ normal,
da der Zeitabschnitt eher kurz ist. Für eine genauere Evolution wäre es angebracht,
-13-
diese Zunahme am Ende des 21. Jahrhunderts zu überprüfen. Die Unterschiede
könnten bis dann grösser geworden sein. Das Verschwinden der Genitiv-Form ist
heutzutage hinlänglich bekannt. Tatsächlich „[geht sein] Gebrauch [...] seit dem 15.
Jahrhunderts stetig zurück [und] ist der Rückgang also keine Erscheinung des 20.
Jahrhundert“ (Ueberwasser 2014:16). Die Präposition „aufgrund“ beweist dieses
Ereignis.
Viel interessanter ist es, die Erosion zu beobachten. Die Form „auf Grund“ ist im 21.
Jahrhundert quasi verschwunden, da sie nur noch 6% betrifft, während sie im letzten
Drittel des 20. Jahrhunderts 44% der Fälle einnimmt. Mit anderen Worten ist das
Wachstum signifikant und bestätigt sogleich die Hypothese im Kapitel 3, dass die
Form „Auf Grund“ immer mehr weniger benutzt wird. Sie könnte in einigen Jahren
verschwinden.
Wie hat sich die Präposition “auf Grund“ im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts im
Vergleich zum letzten Drittel des 20. Jahrhunderts im Sinne vom Erosion sowie in
Bezug auf die Alternation zwischen Genitiv und von-Phrase entwickelt und hat sich
seine Verwendung in den Textsorten zwischen den beiden Phasen geändert?“
In diesem Kapitel werde ich diesen zweiten Teil zu beantworten versuchen, indem
ich verschiedene mögliche Hypothesen ergänze. Zuerst präsentiere ich graphisch
die erhaltenen Ergebnisse, um sie anschliessend zu interpretieren.
-14-
In der ersten Periode
(Figur 6.) gibt es drei Erste Periode (1870-1899)
deutliche Gruppen, wo 6%
Gebrauchsliteratur Wissenschaft
Ergebnisse verändert
und es gibt eine neue Gruppe: die Zeitung. Die Ergebnisse sind die folgenden:
Gebrauchsliteratur (58%), Wissenschaft (34%), Belletristik (4%) und Zeitung (4%).
Es scheint mir wichtig, die Begriffe zu erklären: Unter „Belletristik“ versteht man die
verschiedenen Formen der Unterhaltungsliteratur, wie zum Beispiel die Erzählung
oder die literarischen Genres Roman. (vgl. Duden:
http://www.duden.de/rechtschreibung/Belletristik). Heutzutage nennt man sie auch
die schöngeistige Literatur. Unter „Gebrauchsliteratur“ versteht man die Bücher, die
zu einem bestimmten Zweck aber ohne künstlerischen Ehrgeiz verfasst werden (vgl.
Duden: http://www.duden.de/suchen/dudenonline/gebrauchsliteratur).
Nichtsdestoweniger sind die zwei anderen Textsorten relativ leicht zu verstehen.
Wegen der erhaltenen Resultate kann man sagen, dass sich zwischen den beiden
Perioden Veränderungen vollzogen haben. In der ersten Periode scheint die
Präposition nur für wissenschaftliche Texte benutzt worden zu sein. Die zehn
anderen Prozent stellen nur einen kleinen Teil des Gebrauchs dar. In der zweiten
Phase ist die Präposition nicht nur hauptsächlich für wissenschaftliche Texte
gebraucht (Figur 7.), sondern am häufigsten in der Gebrauchsliteratur. Hier kann
man schon einen Zusammenhang zwischen den zwei Textsorten sehen. Tatsächlich
scheint die Präposition eher in „fachwissenschaftlichen“ oder „theoretischen“ Texten
aufzutauchen. Es gibt nur wenige Beispiele für die Präposition in Texten literarischer
Art. Mit anderen Worten benutzt man sie weniger für hochliterarische Texte, wie zum
Beispiel Romane, Novellen, usw., die zur Belletristik gehören. In der zweiten Periode
-15-
wird „aufgrund“ nur 4% in belletristischen Texten gebraucht, also wenig. Diese hohe
Häufigkeit in wissenschaftlichen Texten und in der Gebrauchsliteratur ist auch
erkennbar in den Beispielen im Kapitel drei. Man kann darin eine Evolution sehen,
da inzwischen eine andere Textform erschienen ist: die Zeitung. Ausserdem wurde
die Verwendung der Präposition für wissenschaftliche Texte reduziert.
Nichtsdestoweniger gibt es eine kleine Diversifizierung, obwohl sie noch nicht
signifikant ist.
Zum Schluss kann man behaupten, dass sich die Verwendung der Präposition je
nach Textart gewandelt hat. In der ersten Periode ist sie fast nur im
wissenschaftlichen Kontext benutzt worden, während der Gebrauch sich in der
zweiten Phase ändert, weil eine neue Kategorie dazugekommen ist, in der sie
verwendet wird, die Zeitung.
Anderseits gibt es eine Diversifikation in seiner Nutzung. Vielleicht wird die
Präposition auch heutzutage – also während der zweiten Periode – häufiger benutzt
als früher. Es könnte einen Teil dieser Differenz erklären.
4%
34% Wissenschaft
Bellestristik
58% Gebrauchsliteratur
Zeitung
4%
Figur 7. Einordnung nach Textsorten (1970-1999)
-16-
4. Schluss
In dieser Arbeit habe ich einen Überblick über die Entwicklung der Präposition
aufgrund gegeben. Ich habe versucht, die folgenden Fragen zu beantworten:
Wie hat sich die Präposition “auf Grund“ im letzten Drittel des 19.
Jahrhunderts im Vergleich zum letzten Drittel des 20. Jahrhunderts im Sinne
vom Begriff der Erosion sowie in Bezug auf die Alternation zwischen Genitiv
und von-Phrase entwickelt und hat sich seine Verwendung in den Textsorten
zwischen den beiden Phasen geändert ?“
Im zweiten Teil dieser Arbeit habe ich mich für die Entwicklung der von-Form
interessiert. Diese Ergebnisse sind weniger von Bedeutung, da es nur ein sehr
kleines Wachstum gibt. Ich habe auch gleichzeitig das 21. Jahrhundert untersucht,
um zu sehen, ob es ein hier einen Zuwachs gab. Man kann noch nicht von einem
relevanten Wachstum sprechen, aber die von-Form wird immer mehr benutzt werden
und die Genitiv-Form wird wahrscheinlich verschwinden. (vor allem in der
Umgangssprache). Es wäre interessant, diesen Parameter in einigen Jahren wieder
zu prüfen, um zu sehen, ob die Differenz grösser wird.
Schliesslich habe ich während meiner Überprüfung bemerkt, dass die Präposition
eher im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts in den wissenschaftlichen Texten benutzt
-17-
wurde. Dieses Phänomen hat sich hundert Jahre später verändert, obwohl
wissenschaftliche Texte sowie Gebrauchsliteratur am häufigsten die Präposition
benutzen. Ausserdem gibt es eine neue Kategorie – die Zeitung – wo die Präposition
erscheint.
Als Weiterführung dieser Arbeit wäre es auch interessant, hundert Jahre später die
gleichen Parameter zu überprüfen, um zu sehen, ob der Unterschied zu heute
zunimmt. Es wäre auch interessant, die Beispiele gründlicher zu analysieren, sowie
weitere Belege pro Periode zu untersuchen, um noch genauere Antworten zu
erhalten.
Ergebnisse Zussamenfassend
auf Grund + GEN
aufgrund + GEN
0 10 20 30 40 50 60 70
Frequenz
Figur 8. Graphische Zusammenfassung der Präposition „aufgrund“
-18-
5. Quellen
Sekundärliteratur:
Internetquellen:
Lehmann:http://www.christianlehmann.eu/ling/ling_theo/index.html?http://www.christi
anlehmann.eu/ling/ling_theo/grammatikalisierung.php (am 27.12.2016 konsultiert)
Titelseite:
6. Anhang
Korpora (CD)
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