21, 1-9 1
Martin Luther
[HP 1–3;
WA 36, 375–379]
aber weil ich ein Christ bin, will ich auf Christus, von
dem ich den Namen führe, sterben und bleiben, wo er
ist. So fährt Hans, Paul, Peter nicht in die Hölle,
bleibt auch nicht im Tode, sondern fährt in Christi
Schoß und lebt.
Das ist eine andere Predigt als die, welche man von
guten Werken lehrt. Wahr ists: Hans, Paul, Peter
müssen und sollen gute Werke tun, aber diese Predigt
geht höher. Wenn du, Hans, Nickel, Paul, Peter,
fromm bist und gute Werke tust, so mußt du noch
etwas mehr haben, nämlich daß du ein Christ seiest
und von Herzen sprechest: Ich glaube an Jesus Chri-
stus. Dieser König kommt zu mir mit aller Sanftmut
und Gnade und hilft mir von Sünden, Tod, Teufel und
Hölle; auf den bin ich getauft, an den glaube ich, bei
dem bleibe ich und sterbe so dahin. So entläuft man
dem Tod und aus diesem Leben und kommt in das
ewige Leben.
Dies ist das erste Stück, das der Prophet Sacharja
und der Evangelist aus dem Propheten verkündigen:
Saget der Tochter Zion, siehe dein König kommt zu
dir, barmherzig, gerecht und ein Helfer, er will dich
fromm und gerecht machen. Daraus folgt, daß dieser
König nicht dazu kommt, daß er die Menschen richte
und in die Hölle stoße. Mose kommt, daß er anklage
und richte, Joh. 5, 45. Der Teufel kommt auch, daß er
verklage, richte und töte. Richter, Könige, Kaiser
Digitale Bibliothek Band 63: Martin Luther
5049 Erster Sonntag im Advent. Matth. 21, 1-9 6
kommen, daß sie richten und töten. Denn das ist der
weltlichen Obrigkeit Amt, ihnen von Gott befohlen.
Aber dieser König kommt nicht, daß er richte, son-
dern daß er helfe, von Sünden erlöse, verzeihe und
vergebe. So sollen wir ihn erkennen lernen, und zu
solchem Könige sind wir berufen. Gott gebe, daß wir
ihn empfangen und bei ihm bleiben, Amen.
Das andere Stück ist, daß Lukas sagt, Christus
habe über die Stadt Jerusalem geweint. Das Volk, das
vorauszieht und nachfolgt, ruft ihm zu und spricht:
Hosianna dem Sohn Davids; Gott sei gelobt, der
König ist vorhanden, es hat nun keine Not (Luk. 19,
37 f.). Aber er, der Herr, hebt an und sieht die Stadt
an und weint. Ach, wenn du es wüßtest, sagt er, so
würdest du auch zu dieser deiner Zeit bedenken, was
zu deinem Frieden dient (19, 42). Er weint über die,
welche diese Predigt nicht achten. Billig hätte er zür-
nen, mit Donner und Blitz drein schlagen sollen; er
hätte das auch getan, so er sie nach ihrem Verdienst
hätte richten wollen. Aber er weint, daß sie so ver-
stockt sind und die Zeit ihrer Heimsuchung nicht an-
nehmen wollen und sagt: Man wird dich, Jerusalem,
erstürmen und jung und alt, alles erwürgen und dich
schleifen (19, 43 f.).
Das sagt er vor Jerusalem mit betrübtem Herzen
und setzt die Ursache dazu und sagt: Solches wird dir
widerfahren, »darum daß du nicht erkennet hast die
Digitale Bibliothek Band 63: Martin Luther
5050 Erster Sonntag im Advent. Matth. 21, 1-9 7
sagt:
»Suchet den Herrn, solange er zu finden ist, rufet
ihn an, solange er nahe ist«. Werden wirs mißachten,
da er die Tür zutut, so wird nichts mehr daraus; er
wird uns wieder schreien und umsonst anklopfen las-
sen wie die törichten Jungfrauen, welche kommen, da
die Tür verschlossen war, und sprechen: »Herr, Herr,
tu uns auf«. Er aber antwortet: »Wahrlich, ich sage
euch, ich kenne euch nicht« (Matth. 25, 11 f.).
Darum sage ich: Hütet euch! Ihr seid jung, es kann
geschehen, daß ihr das zukünftige Unglück über
Deutschland erleben, sehen und erfahren werdet.
Denn es wird ein Wetter über Deutschland kommen,
und wird nicht ausbleiben. Gott hats der Stadt Jerusa-
lem nicht schenken können, da so viel heilige Leute
gelebt hatten und begraben waren, David und alle
Propheten, ja da Gott selbst gewohnt hat. Jerusalem
war sein Schlößlein und Kämmerlein, davon er selbst
sagt: Hier wohne ich, mein Himmel ist hier; und den-
noch hat Gott diese Stadt um der Sünde willen, wel-
che heißt: die Zeit der Heimsuchung nicht achten, so
greulich gestraft und verwüstet.
Das sind Gottes Strafen für die teuflische Sünde,
die da heißt: die Zeit der Heimsuchung nicht erken-
nen. Es ist wohl große Sünde, daß Bauer, Bürger, die
vom Adel und jedermann so geizig sind; aber daß sie
über diese Sünde hinaus Gottes Wort so verachten,
Digitale Bibliothek Band 63: Martin Luther
5053 Erster Sonntag im Advent. Matth. 21, 1-9 10
daß wir Sünder sind; wollen wir noch dazu den er-
würgen, der uns selig machen und uns tragen will?
Das ist nicht eine menschliche, sondern eine teufli-
sche Sünde; solche Leute sind mit viel Schock Teu-
feln besessen. Denn den totschlagen, der da kommt
selig zu machen, das soll niemand tun als der leidige
Teufel und die da voller Teufel sind. So mein Sohn
mich totschlagen und erwürgen wollte, deshalb weil
ich ihm helfe, so müßte ich sagen, er wäre toll und tö-
richt.
So will nun unser Herrgott sein Wort geehrt haben,
dies und nichts anderes; wo nicht, so soll es nicht un-
gerächt bleiben. Wir haben der Exempel genug, die
Sintflut, die Städte Sodom und Gomorra, die Stadt Je-
rusalem. Vor dem Jüngsten Tage werden auch neue
Irrtümer kommen, daß, wie Christus sagt, auch die
Auserwählten in Irrtum werden verführet werden, wo
es möglich wäre. Gott behüte uns und gebe uns seine
Gnade, daß wir das Häuflein sind, die Christus gerne
annehmen und singen wollen: Hosianna, Gott sei ge-
lobet, daß wir diesen König haben und Christen sind
und heißen, und daß wir wissen, warum und woher
wir so heißen, nämlich von diesem Könige Christus,
daß wir in seinem Namen getauft und in seinem Blut
gewaschen sind. Nun, wir wollen das Hosianna sin-
gen und Gott bitten, daß wir dabei bleiben, Amen.
Editorische Bemerkung
Martin Luther
[HP 14–16;
WA 37, 613–617]
seid nun wach allezeit und betet, daß ihr stark wer-
den möget, zu entfliehen diesem allem, was gesche-
hen soll, und zu stehen vor des Menschen Sohn.
chen sehet, fest der Meinung sein, daß die Zeit eurer
Erlösung da ist, daß ihr von allem Unglück und aus
diesem Jammertal erlöst werden sollt. So lehrt uns
Christus hier, daß wir die Zeichen rechtschaffen anse-
hen lernen und wissen, daß wenn die Zeichen erschei-
nen werden, uns unser Herrgott aus der Welt und aus
diesem Jammertal nehmen und in ein solch Leben set-
zen wolle, da kein Unglück noch Traurigkeit sein
werde. Die Gottlosen sehen die Zeichen nicht so an,
aber die Christen folgen der Lehre Christi, ihres
Herrn, und sehen die Zeichen an als sichere Anzei-
gung ihrer Erlösung.
Es folgt nun die Warnung und Vermahnung, daß
die Christen wach sein und beten sollen. Christus
sagt, daß die Welt vor dem Jüngsten Tage fressen und
saufen und der Nahrung halber scheußlich sorgen, zu-
sammenkratzen und -scharren werde, wie wir denn
jetzt vor Augen sehen. Man sagt in einem allgemeinen
deutschen Sprichwort: Je länger, je ärger, je älter, je
kärger. Die alten Leute sammeln Geld und könnens
nicht angreifen, da sie doch nicht wissen, ob sie heute
noch, geschweige denn morgen leben werden. So, sagt
Christus, wird es auch gehen, wenn die Welt alt wer-
den wird. Dann wird sie auch zusammenscharren
und -kratzen und sie wird bauen, pflanzen, freien und
sich freien lassen, wie er anderswo sagt (Luk. 17, 26
f.), gleichwie zu der Zeit Noahs vor der Sintflut. Gott
Digitale Bibliothek Band 63: Martin Luther
5064 Zweiter Sonntag im Advent. Luk. 21, 25-36 9
ließ die Welt durch Noah warnen und die Sinflut hun-
dertundzwanzig Jahre zuvor verkündigen, aber was
tat die liebe, schöne Welt? Sie ließ es sich wie gegen
eine Mauer predigen, die Menschen aßen, tranken,
freiten und ließen sich freien, bis zu dem Tag, da
Noah zu der Arche einging. Da gings auch so zu: als
sie sich dessen am allerwenigsten versahen, überfiel
sie die Sintflut und nahm sie alle dahin. Zu dieser un-
serer Zeit ist auch ein solch Hantieren, Sorgen, Fres-
sen, Saufen, daß es über alles Maß ist; es ist keine
Treue, kein Glaube mehr in den Menschen auf Erden.
Darum warnt und vermahnt Christus seine Jünger
und Christen und sagt: Sehet euch vor, ihr lieben Kin-
der, »daß eure Herzen nicht beschwert werden mit
Fressen und Saufen und mit Sorgen der Nahrung«.
Denn wenn die Welt am höchsten prangen, zusam-
menscharren und -kratzen wird, wirds ein sicheres
Zeichen sein, daß der Tag meiner letzten Ankunft
nicht ferne sein wird. Und dieser Tag wird sie alsdann
schnell und in einem Hui überfallen. Einen wird er
Geld zählen finden, den andern saufen und schwelgen,
den dritten tanzen und springen. Gleichwie ein Fang-
netz die Vöglein schnell überfällt und sie, ehe sie es
gewahr werden, gefangen und erwürgt sind, so wird
auch dieser Tag schnell und unversehens über alle
kommen, die auf Erden wohnen. Darum hütet euch
vor Fressen und Saufen und Sorgen wegen der Nah-
Digitale Bibliothek Band 63: Martin Luther
5065 Zweiter Sonntag im Advent. Luk. 21, 25-36 10
rung.
Jemand möchte sagen: Soll man denn nicht essen
und trinken? Soll man sich denn nicht nähren? Soll
man nicht arbeiten und sorgen? Antwort: Ja, essen
und trinken muß man, ebenso ist die Nahrung und Ar-
beit nicht verboten; sondern der Geiz ist verboten.
Christus läßt seinen Jüngern und allen Christen zu,
daß sie sich nähren, den Acker bauen und arbeiten.
Denn er weiß wohl, daß seine Christen, dieweil sie in
der Welt sind, Essen, Trinken, Kleidung und Nahrung
bedürfen und haben müssen. Die Sorge aber und den
Geiz verbietet er. Wir sehen jetzt in der Welt, daß
alles hoch hinaus will und steigt, was ein sicheres
Zeichen dafür ist, daß der Jüngste Tag nicht weit ist.
Deshalb sagt Christus: Wenn ihr solche Zeichen,
dazu solche greuliche Sicherheit der Welt, Saufen,
Fressen, Zusammenscharren und -kratzen sehen wer-
det, sollt ihr denken, daß eure Erlösung da ist. Seid
nicht traurig, denn der Zorn geht über die Welt. Die
wird an dem Tage mit ihren Kindern in einem Augen-
blick ganz tot sein. Ihr aber, meine Jünger und Chri-
sten, sagt Christus, seid nicht in der Welt, sondern
seid allein Gäste und Fremdlinge darin, und die Welt
ist nur eure Nachtherberge. Darum seid allezeit wach
und vergesset das Vaterunser nicht, sondern betet,
daß Gottes Reich zu euch komme, wie ich euch ge-
lehrt habe.
Digitale Bibliothek Band 63: Martin Luther
5066 Zweiter Sonntag im Advent. Luk. 21, 25-36 11
gem Tun, die ihr wartet und eilet zu der Ankunft des
Tages Gottes«. Das verleihe uns allen unser Herr und
Erlöser Jesus Christus, Amen.
Editorische Bemerkung
Martin Luther
[HP 17–20;
WA 36, 383–387]
stus, der mich aus dem Tode erretten kann und will,
der macht die Blinden sehend, die Aussätzigen rein,
die Toten lebendig. Auf den fahre ich dahin und bin
selig. – Zum andern, daß wir, obwohl alle Welt sich
an Christus und an seinem Evangelium stößt, ärgert
und fällt, uns an solch Ärgernis und Fallen nicht keh-
ren. Sondern wir nehmen diesen König ohne Ärgernis
an, halten an seinem Wort fest und werden durch ihn
selig, wie er sagt: »Selig ist, der nicht Ärgernis nimmt
an mir«. Das verleihe uns unser lieber Herr Jesus
Christus, Amen.
Editorische Bemerkung
Martin Luther
[HP 24–26;
WA 36, 387–390]
Editorische Bemerkung
Martin Luther
Erster Weihnachtstag
Jes. 9, 1-6
[HP 434–437;
WA 34, II, 515–523]
und lernen, daß das die christliche Kirche ist, die ge-
tauft ist und den Glauben an Christus im Herzen hat
und äußerlich in den allgemeinen Werken dahergeht,
wie sie eines jeden Stand und Beruf erfordert. So soll
man die christliche Kirche ansehen und erkennen.
Wer sie so ansieht, der kann nicht fehlgehen noch
irren. Wer aber solche Erkenntnis nicht hat, an der es
der ganzen Welt und aller Vernunft mangelt, der muß
irren.
So heißt nun Christus »Wunder-Rat« deshalb, weil
alles verwunderlich und seltsam ist, was er an seiner
christlichen Kirche tut. Die christliche Kirche hat, wie
gesagt, eine verwunderliche Gerechtigkeit und Heilig-
keit, die aller Vernunft verborgen ist. Wenns aber
zum Kreuz kommt, da gehts viel wunderlicher und
seltsamer zu. Denn ein Christ, der getauft ist und
Christus bekennt, muß in der Welt leiden und verfolgt
werden, um Christi und des Evangeliums willen. Das
sieht vor aller Welt so aus, als sei er von Gott verlas-
sen, und er selbst denkt in seinem Herzen nicht anders
nach der Vernunft. So läßt Christus seine Kirche mit
Kreuz, Verfolgung und allerlei Ärgernis zudecken,
auf daß er alle Welt zum Narren mache. Da ist aber-
mals alle Vernunft gefangen und kann sich hierein
nicht schicken. Aber ein Christ ergreift das Wort und
denkt so: wenn ich schon verachtet und verfolgt
werde, bin ich dennoch getauft, habe das Evangelium,
Digitale Bibliothek Band 63: Martin Luther
5101 Erster Weihnachtstag. Jes. 9, 1-6 10
Editorische Bemerkung
Martin Luther
Erster Weihnachtstag
Luk. 2, 1-14
[HP 32–36;
WA 34, II, 501–508]
Dies ist die Erzählung von diesem Fest und von der
Geburt unseres lieben Herrn Jesus Christus, darüber
jetzt zu predigen ist. Und es ist sehr fein geordnet,
daß man den Bericht in der christlichen Kirche so fei-
ert, besonders weil auf den Bericht so viel ankommt
und der Grund unsers christlichen Glaubens drauf ste-
het.
In diesem Evangelium sind zwei Stücke: das erste
ist die Geschichte, wie es heute zugegangen ist, daß
unser lieber Herr Jesus Christus zu Bethlehem gebo-
ren ist. Das andere Stück ist die Engelpredigt von
dem Nutzen und Kraft der Geschichte, wie wir uns die
Geburt unsers Herrn Jesu Christi sollen zu Nutzen
machen.
Lukas beschreibt die Geschichte so, daß er anzeigt,
zu welcher Zeit, in welchem Jahr, an welchem Ort
und auf welche Art und Weise Christus geboren sei,
nämlich zu Bethlehem im jüdischen Lande zu der
Zeit, da das römische Reich am besten stand, der fein-
ste Kaiser regiert hat und da die erste Schätzung über
das ganze Land gegangen ist. Der Kaiser läßt das
Digitale Bibliothek Band 63: Martin Luther
5108 Erster Weihnachtstag. Luk. 2, 1-14 4
Editorische Bemerkung
Martin Luther
Zweiter Weihnachtstag
Luk. 2, 15-20
[HP 50–52;
WA 37, 245–248]
Editorische Bemerkung
Martin Luther
[HP 53–56;
WA 34, II, 537–546]
Editorische Bemerkung
Martin Luther
Neujahr
Luk. 2, 21
[HP 65–68;
WA 34, I, 12–19]
Editorische Bemerkung
Martin Luther
trägt und verzagt wird und mit Gott zürnen will, der
wird sonst beides, ewige Marter und Leiden haben,
hier und dort.
»Christus« ist vor der Welt ein häßlicher Name.
Wenn man von ihm predigt, muß man es leiden, daß
die Besten auf Erden seinen Namen lästern und
schmähen. Aber das ist zu unseren Zeiten gefährlicher
und größer: daß die, welche uns verfolgen, auch den
Namen Christi führen. Sie sagen, sie seien Christen
und getauft, verleugnen und verfolgen aber doch Chri-
stus mit der Tat. Darum bedürfen wir des Trostes jetzt
wohl, daß wir stehen bleiben und fröhlich seien, ob
uns gleich die allerweisesten und frömmsten Leute
verfolgen. Warum das?
Ihr, sagt er, habt bei euch einen Geist, der ein Geist
Gottes und der Herrlichkeit ist, das heißt ein solcher
Geist, der uns herrlich macht. Aber das tut er hier auf
Erden nicht, er wird es aber tun, wenn die Herrlichkeit
Christi am Jüngsten Tage offenbar werden wird. Die-
ser Geist, sagt er, ruhet auf euch, deshalb weil der
Name Christi auf euch ruhet. Dieser wird von ihnen
verlästert, denn er muß leiden, daß man ihn aufs
höchste lästert und schmähet. Darum kümmert euch
um die Lästerung nicht, sie betrifft den Geist, der ein
Geist der Herrlichkeit ist: sorget ihr nicht, er wird es
wohl rächen. Das ist der Trost, den wir Christen
haben, daß wir sagen können: das Wort ist ja nicht
Digitale Bibliothek Band 63: Martin Luther
5157 Sonntag nach Neujahr. 1. Petr. 4, 12-19 5
Editorische Bemerkung
Martin Luther
Epiphanias
Matth. 3, 13-17
[HP 77–80;
WA 37, 250–253]
und wird nun über der Taufe Christi ein Tor und Fen-
ster, daß man hineinsehen kann und fortan zwischen
Gott und uns kein Unterschied mehr ist, sintemal Gott
selbst sich da zum Jordan herunterläßt. Der Vater läßt
sich in der Stimme hören, der Sohn heiligt die Taufe
mit seinem Leibe, der Heilige Geist fährt in der Ge-
stalt der Taube hernieder. Ist das nun nicht eine große
Offenbarung und ein sicheres großes Zeichen, daß
Gott die Taufe lieb habe und nicht davon bleiben
könne?
Daher heißt dieser Tag Epiphanias, das Fest der
Offenbarung, daß Gott Vater, Sohn und Heiliger
Geist sich so offenbart, zum Zeichen, daß er nicht mit
uns zürnen, sondern uns durch Christus dazu helfen
wolle, daß wir fromm und selig werden.
Der Sohn, der es seiner Person halber nicht bedarf,
ist persönlich hier, läßt sich taufen und offenbart sich
nicht allein uns zum Vorbild, sondern auch zur
Gnade, daß wir solche Taufe genießen und glauben
sollen, wir haben dadurch einen gnädigen Gott, wenn
wir solchem Vorbild folgen und uns dem Befehl Chri-
sti nach auch taufen lassen.
Der Vater läßt sich mit der Stimme hören: »Dies ist
mein lieber Sohn, an welchem ich Wohlgefallen
habe«. Das ist eine neue Stimme, dergleichen vom
Himmel niemand jemals zuvor gehört hat. Wunder
wäre es nicht, daß Himmel und Erde vor der Stimme
Digitale Bibliothek Band 63: Martin Luther
5165 Epiphanias. Matth. 3, 13-17 5
Editorische Bemerkung
Martin Luther
[HP 81–84;
WA 37, 240–258]
sagt, will ers von allen Kindern so haben, daß sie den
Eltern gehorsam und willig sollen sein.
Aber wenn du eigentlich wissen willst, was Chri-
stus in seiner Jugend getan habe, so höre dem Evan-
gelisten hier zu, da er sagt: »Er war ihnen untertan«.
Mit solchen Worten faßt der Evangelist die ganze Ju-
gend unsers lieben Herrn Christus zusammen. Was
heißt aber: »Er war ihnen untertan«? Nichts anderes,
als daß er in den Werken des vierten Gebots geblie-
ben ist. Das sind aber solche Werke, deren Vater und
Mutter im Hause bedürfen: daß er Wasser, Trinken,
Brot, Fleisch geholt, Feuer gemacht, das Haus be-
wacht und dergleichen mehr getan hat, was man ihn
geheißen hat, wie ein anderes Kind. Das hat das liebe
Jesuslein getan. Wenn seine Mutter gesagt hat: Sohn,
lauf hin und hole mir Wasser, hole Holz, Stroh usw.,
so ist er hingelaufen und hats geholt.
Weil man nun gut weiß, was Jesus getan hat, so
sollten billig alle Kinder so rechtschaffen sein und
sagen: Ach, ich bins nicht wert, daß ich zu den Ehren
kommen und dem Kindlein Jesus gleich werden soll
in dem, was ich tue, wie er, mein Herr Christus, getan
hat. Hat er Späne aufgelesen, vielleicht auch das Vieh
ausgetrieben, ihm Futter gegeben und anderes getan,
was ihm seine Eltern befohlen haben, und sonst nichts
Besonderes vorgenommen: ei, welch feine Kinder
wären wir, wenn wir seinem Beispiel folgten und
Digitale Bibliothek Band 63: Martin Luther
5181 Erster Sonntag nach Epiphanias. Luk. 2, 41-52 8
Editorische Bemerkung
Martin Luther
[HP 85–87;
WA 37, 9–12]
alles gern tun und leiden; denn ich weiß, daß Gott bei
dem Haushalten mit seiner Gnade sein will. Ja, ich
danke Gott von Herzen, der mich in diesen seligen
und ihm wohlgefälligen Stand gesetzt hat. Wird etwas
mangeln, so kann er helfen und beweist es hier auf
dieser Hochzeit, daß ers gern und mit Lust tun wolle.
Das sollt ihr aus dem heutigen Evangelium lernen
und Gott um seine Gnade anrufen, daß wir es behal-
ten und uns so christlich in unsern Beruf schicken
können, Amen.
Editorische Bemerkung
Martin Luther
[HP 88–92;
WA 37, 13–16]
Editorische Bemerkung
Martin Luther
[HP 92–96;
WA 34, I, 126–136]
Psalm 91, 15: »Er ruft mich an, darum will ich ihn er-
hören, ich bin bei ihm in der Not, ich will ihn heraus-
reißen und zu Ehren bringen«. Willst du ein Christ
sein, so mußt du in die Not hineinkommen. Wenn du
aber in der Not Christus anrufst, so will er dich erhö-
ren und herausreißen mit Frucht und großer Ehre, und
du sollst hier von dem, was du brauchest, genug
haben und hernach das ewige Leben. Es tut aber dem
alten Adam von Herzen wehe, er begibt sich nicht
gern in Wind und Wellen aufs Meer, wollte lieber
davon wegbleiben. Aber es wird nichts anderes draus:
in die Not müssen wir zuerst kommen, danach folgt
das Erretten und Preisen.
Solches verleihe uns allen unser lieber Vater im
Himmel um Christi willen durch seinen Heiligen
Geist, Amen.
Editorische Bemerkung
Martin Luther
[HP 97–101;
WA 52, 828–839]
Editorische Bemerkung
Martin Luther
Editorische Bemerkung
Martin Luther
Sonntag Septuagesimae
Matth. 20, 1-16
[HP 102–104;
WA 37, 275–278]
Leben.
Darum soll man diesen Unterschied zwischen welt-
lichem und himmlischem Leben oder zwischen der
Welt Reich und dem Reich Christi gut und fleißig
merken. Denn im Reich Christi soll es alles gleich
sein, sintemal wir alle nur einen einzigen Gott, Chri-
stus, Heiligen Geist, Evangelium, Taufe, Abendmahl,
Glauben haben. Solcher Gleichheit wegen ist einer
ebenso gut, fromm und heilig wie der andere.
Wenn wir das nun haben, so sollen wir Gott für
solche Gaben danken und diese recht erkennen, rüh-
men und sagen: Man sehe mich an, wofür man wolle,
man achte mich, so gering man wolle, so habe ich
doch so viel wie alle Kaiser und Könige, ja wie alle
Heiligen und Engel im Himmel. Wodurch? Durch
Christus! Darum will ich hingehen, ein Hausvater,
Hausmutter, Knecht oder Magd sein und mit Freude,
Mut, Lust und Liebe alles tun, was mein Stand erfor-
dert, sintemal ich so einen großen Schatz an meinem
Herrn Christus habe.
Das ist nun die Lehre aus dem heutigen Evange-
lium, daß wir hier auf Erden ungleich bleiben, gleich-
wie die Personen und Ämter mancherlei und ungleich
sind. Ein Fürst ist eine andere Person und hat ein an-
deres Amt als ein Prediger, ein Lehrer eine andere
Person und ein ander Amt als ein Bürgermeister.
Darum sollen oder können sie nicht einerlei Weise
Digitale Bibliothek Band 63: Martin Luther
5248 Sonntag Septuagesimae. Matth. 20, 1-16 9
Editorische Bemerkung
Martin Luther
Sonntag Sexagesimae
Luk. 8, 4-15
[HP 105–108;
WA 37, 293–294]
fallen sie ab. Das aber unter die Dornen fiel, sind
die, die es hören und gehen hin unter den Sorgen,
Reichtum und Freuden des Lebens und ersticken
und bringen keine Frucht. Das aber auf dem guten
Land sind, die das Wort hören und behalten in
einem feinen, guten Herzen und bringen Frucht und
Geduld.
Wort nicht, sondern das Land, das nicht gut ist, wes-
halb auch dieser Same darin verderben und ohne
Frucht bleiben muß.
Deshalb sollen die Katholiken unsere Lehre nicht
schelten noch unrecht heißen, deshalb weil viel Ärger-
nisse sich dabei finden; sondern sie sollen sich selbst
und alle anderen Leute schelten, die kein feines, reines
Herz haben. Denn die Schuld ist nicht des Worts,
sondern der Herzen, die sind unrein und untüchtig,
verachten entweder das Wort oder fallen zur Zeit der
Anfechtung davon ab oder erstickens unter den Sor-
gen, Reichtum und Wollust dieses Lebens.
So lerne nun jedermann hier, daß es mit dem
Evangelium nimmermehr anders zugehen wird, als es
der Herr hier durch dies Gleichnis anzeigt, nämlich,
daß etliche sich daraus bessern und frömmer werden,
aber da sind immer dreimal mehr, die sich ärgern.
Daher kommt es auch, daß nicht allein viel äußerliche
Sünden und Ärgernisse sind, sondern auch, wie der
Herr sagt, solche Unart mit Blindheit gestraft wird,
daß die verlornen Schüler des Evangeliums mit sehen-
den Augen nicht sehen und, was sie hören, nicht ver-
stehen noch sich danach richten können.
Zuletzt ist auch darauf zu merken, daß der Herr, da
er dies Gleichnis beschließt, ruft und spricht: »Wer
Ohren hat zu hören, der höre«, als wollte er sagen:
Höret Gottes Wort, dieweil ihrs habt; es kommt die
Digitale Bibliothek Band 63: Martin Luther
5261 Sonntag Sexagesimae. Luk. 8, 4-15 12
Editorische Bemerkung
Martin Luther
Sonntag Estomihi
Luk. 18, 31-43
[HP 112–115;
WA 37, 295–299]
das Werk, wie ers geglaubt hat, daß ers auch greifen
und fühlen konnte. So sollten die Jünger auch getan
haben: ob sie gleich nicht sahen, wie es möglich war,
sollten sie dennoch geglaubt haben, weil sie sein
Wort hatten. Denn auf das Wort gehört nichts als der
Glaube. Was geschieht aber? Christus sagt ihnen
wohl, wie es ihm zu Jerusalem ergehen werde, aber
sie verstehens nicht; darum glauben sie es auch nicht,
daß es wahr sei. Sie hielten den Herrn wohl nicht für
einen Lügner, aber sie meinen, seine Wort haben eine
andere Bedeutung.
Das andere Stück im heutigen Evangelium ist das
vom Blinden. Da lehrt uns der Evangelist die rechte
Bettlerkunst, daß man vor Gott gut betteln lerne, un-
verschämt sei und immer damit fortfahre. Denn wer
schüchtern ist, der läßt sich bald abweisen und taugt
nicht zum Betteln. Das ist ein rechter Bettler, wie sie
unser Herrgott gern hat. Darum sollen wir dies Bei-
spiel gut merken und auch vor den Herrn Christus tre-
ten und ihn bitten: O Herr! ich bin ein armer Sünder;
gib, daß dein Reich auch zu mir komme und vergib
mir meine Schuld. Hilf hier, hilf da usw. Wer so bet-
telt und unverschämt damit anhält, der tut recht, und
unser Herrgott hats gern. Denn er ist nicht so heikel
wie wir Menschen. Uns kann man mit dem Bitten
müde, unlustig und unwillig machen; ihm aber ists
eine große Ehre, daß man ihn für einen milden Herrn
Digitale Bibliothek Band 63: Martin Luther
5270 Sonntag Estomihi. Luk. 18, 31-43 8
Editorische Bemerkung
Martin Luther
Sonntag Invocavit
Matth. 4, 1-11
[HP 116–119;
WA 37, 304–307]
ihm.
Editorische Bemerkung
Martin Luther
Sonntag Reminiscere
Matth. 15, 21-28
[HP 120–122;
WA 37, 313–316]
Editorische Bemerkung