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Der Kolibri, der ein Schmetterling ist

Das Taubenschwänzchen wird zunehmend


in Deutschland heimisch
Obwohl zu den Nachtfaltern gehörend, fliegt
das Taubenschwänzchen auch tagsüber vor
allem Blüten mit langem Kelch an, wo es den
Vorteil seines gut drei Zentimeter langen
Saugrüssels gegenüber kurzrüssligen
Insekten am besten ausspielen kann.

„Ich habe heute an unseren Geranien einen


Kolibri gesichtet. Er flatterte mit blitzschnellem
Flügelschlag vor einer Blüte, saugte im
Flugstillstand und zisch – war er wieder weg.
Kann das sein?“ Seit einigen Jahren häufen
sich beim NABU Anrufe dieser Art. Doch
amerikanische Kolibris wird man auch bei uns
vergebens suchen. Es ist ein Schmetterling,
genannt Taubenschwänzchen, der da
kolibrigleich von Blüte zu Blüte schwirrt.
Taubenschwänzchen sind Wanderfalter, die
immer wieder aus dem Mittelmeerraum zu uns
kommen und in zunehmender Zahl auch bei
uns überwintern. Selbst auf Alpengletschern
wie dem oberösterreichischen
Dachsteingletscher wurden schon Tiere nach
Norden fliegend beobachtet, in der Schweiz in
Höhen bis 2500 Meter.
Schwirrflug von Blüte zu Blüte
Das Taubenschwänzchen –
wissenschaftlich Macroglossum stellatarum –
gehört zu den Schwärmern, einer Gruppe
eigentlich nachtaktiver Schmetterlinge. Das
Taubenschwänzchen aber fliegt auch tagsüber
vor allem Blüten mit langem Kelch an, weil es
da den Vorteil seines gut drei Zentimeter
langen Saugrüssels gegenüber kurzrüssligen
Insekten am besten ausspielen kann. Gerne
kommen die Taubenschwänzchen in Gärten,
wo sie an Geranien, an Lichtnelken, Phlox und
Sommerflieder Nektar tanken. Selbst bei
Regen ist das Taubenschwänzchen im
Gegensatz zu vielen anderen Insekten aktiv.
An besonders heißen Tagen meiden die
Taubenschwänzchen die Mittagszeit und
fliegen vor allem morgens und in den
Abendstunden bis in die Nacht hinein.

Das Taubenschwänzchen erscheint


tatsächlich wie ein Kolibri, weil es sehr schnell
und wendig fliegt. Vor jeder Blüte bleibt es
kurz im leicht brummenden Schwirrflug stehen
und wechselt dann zur nächsten Blüte. So
kann das Taubenschwänzchen in fünf Minuten
mehr als hundert Blüten besuchen. Jeder zu
lange Stopp führte zu einem Auskühlen der
Flugmuskulatur. Zudem bietet der Schwirrflug
einen überlebenswichtigen Vorteil. Da immer
eine ausreichende Distanz zwischen Insekt
und Blüte bleibt, ist das Taubenschwänzchen
gut vor getarnten Fressfeinden wie der
Krabbenspinne geschützt.

Navigieren mit dem Hinterleib


Vogelähnlich ist auch die Gestalt,
insbesondere der breite, schwarz-weiß
gezeichnete Hinterleib, der einem
Federschwanz ähnelt. Die scheinbaren Federn
sind jedoch verlängerte Schuppen, mit deren
Hilfe Taubenschwänzchen beim Schweben
vor den Blüten ausgezeichnet steuern können.
Verwechseln kann man das
Taubenschwänzchen bei genauem Hinsehen
kaum. Am ähnlichsten sind noch die
Gammaeule – da sie auch im Flug saugt, sich
dabei aber mit den Füßen an den Blüten
festhält – und der Hummelschwärmer, der im
Unterschied zum Taubenschwänzchen
durchsichtige Flügel hat. Dank ihrer
hervorragenden Flugeigenschaften legen
Taubenschwänzchen Wanderungen bis zu
2.000 Kilometern zurück und gelangen so bis
nach Skandinavien.
Die Tiere überwintern als voll entwickelte
Schmetterlinge – als einzige Schwärmer-Art –,
vertragen dabei aber keinen Frost. Neuerdings
überwintern Taubenschwänzchen auch in
einigen milden Regionen Süddeutschlands, so
dass man einzelnen Exemplaren in jedem
Monat des Jahres begegnen kann. Die
Überwinterer legen im März ihre Eier an
Labkräutern ab, von denen sich später die
Raupen ernähren. Gegen Mitte Juni schlüpft
dann die erste neue Faltergeneration des
Jahres.

Einwanderungswelle im Frühjahr
Die Mittelmeer-Taubenschwänzchen
wiederum kommen je nach aktueller
Populationsgröße und den klimatischen
Bedingungen in mehr oder minder großen
Einwanderungswellen frühestens Ende April
zu uns. Deren Nachwuchs schlüpft gegen
Mitte bis Ende Juli, so dass im Laufe des
Sommers sowohl Mittelmeer-
Taubenschwänzchen wie auch in Deutschland
geborene Tiere auftreten und dabei immer
weiter nach Norden wandern. Wie viele
Generationen pro Jahr das
Taubenschwänzchen in Deutschland
ausbildet, ist noch ungeklärt; in Südeuropa
sind es immerhin drei bis vier.

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