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Reynolds-Zahl

Die Reynolds-Zahl oder Reynoldssche Zahl Physikalische Kennzahl


(Formelzeichen: ) ist eine nach dem Physiker
Name Reynolds-Zahl
Osborne Reynolds benannte Kennzahl der
Dimension Zahl. Sie wird in der Strömungslehre Formelzeichen
verwendet und kann als das Verhältnis von Dimension
Trägheits- zu Zähigkeitskräften verstanden werden
(bzw. das Verhältnis von spezifischer Definition
Impulskonvektion zu Impulsdiffusion im System).
Es zeigt sich, dass das Turbulenzverhalten
geometrisch ähnlicher Körper bei gleicher Reynolds- Dichte
Zahl identisch ist. Diese Eigenschaft erlaubt zum
Strömungsgeschwindigkeit
Beispiel realitätsnahe Modellversuche im Wind- oder
Wasserkanal. charakteristische Länge

dynamische Viskosität

Inhaltsverzeichnis Benannt nach Osborne Reynolds

Definition Anwendungsbereich viskose Strömungen

Anwendungen
Beispiele
Rohrströmung
Gerinneströmung
Rührerströmung
Beurteilung einer turbulenten Strömung
Weblinks
Einzelnachweise

Definition
Die Reynolds-Zahl ist definiert als

Dabei ist die Dichte des Fluids, die Strömungsgeschwindigkeit des Fluids gegenüber dem Körper und
die charakteristische Länge des Körpers. Die charakteristische Länge, auch Bezugslänge genannt, ist für die
jeweilige Problemstellung definiert bzw. zu definieren. Bei Strömungskörpern wird üblicherweise die Länge
des Körpers in Strömungsrichtung gewählt. Bei Widerstandskörpern wird meist die Breite oder Höhe quer zur
Strömungsrichtung, bei Rohrströmungen der Radius oder Durchmesser des Rohres und bei Gerinnen die Tiefe
oder die Breite an der Gerinne-Oberfläche als charakteristische Länge genommen. Die kinematische Viskosität
des Fluids unterscheidet sich von der dynamischen Viskosität durch den Faktor .
Überschreitet die Reynolds-Zahl einen (problemabhängigen) kritischen Wert ( ), wird eine bis dahin
laminare Strömung anfällig gegen kleinste Störungen. Entsprechend ist für mit einem Umschlag
von laminarer in turbulente Strömung zu rechnen. In idealen Flüssigkeiten gibt es keine Viskosität und die
Reynolds-Zahl ist unendlich.

In der Magnetohydrodynamik wird die magnetische Reynolds-Zahl definiert.

Anwendungen
Das Diagramm rechts vergleicht Geschwindigkeiten und zugehörige
Reynolds-Zahlen der Strömungen um einige Flugobjekte.
Beispielsweise sind die Reynolds-Zahlen von Luftschiffen höher als
die von Flugzeugen. Sie bewegen sich zwar mit geringerer
Geschwindigkeit, sind aber deutlich größer.

Die Reynolds-Zahl ist eine wichtige Größe innerhalb der


Ähnlichkeitstheorie. Will man zum Beispiel ein verkleinertes Modell
eines Flugzeuges in einem Windkanal untersuchen, so muss der Wert
der Reynolds-Zahl von Original und Modell gleich sein, um ein Geschwindigkeiten und Reynolds-
ähnliches Strömungsfeld zu erhalten. Entsprechend muss bei einem Zahlen einiger Flugobjekte
um einen Faktor verkleinerten Modell das Verhältnis um den
Faktor erhöht werden. Da die Maximalgeschwindigkeit begrenzt ist,
senkt man in Kryo-Windkanälen zusätzlich die Viskosität der Luft durch Kühlung und erhöht dadurch
gleichzeitig die Luftdichte. Auf diese Weise sind Reynolds-Zahlen bis zu 5 · 107 in Probenkammern von zwei
Metern Durchmesser erreichbar. Dieses Vorgehen ist allerdings sehr teuer, da hier meist mit flüssigem
Stickstoff der Kanal mitsamt Modell abgekühlt werden muss. Beim Abkühlen muss darauf geachtet werden,
dass sich keine Vereisungen bilden. Eine weitere Erhöhung der Reynolds-Zahl kann auch durch die Erhöhung
des statischen Druckes erreicht werden.

Staubkörner sind sehr klein. Wenn sie durch die Luft fallen, haben sie eine ähnlich niedrige Reynolds-Zahl
wie eine Stahlkugel, die in ein Glas Honig fällt. Sie bewegt sich laminar (d. h. ohne Wirbelbildung) durch das
Fluid. Bei der Auslegung von Windkraftanlagen spielt die Reynolds-Zahl ebenfalls eine Rolle. Durch sie lässt
sich der Strömungsabriss an deren Flügeln bestimmen und somit die Anlage für gewünschte
Windgeschwindigkeiten auslegen.

Beispiele

Rohrströmung

Bei Rohrströmungen werden als charakteristische Größen üblicherweise der Innendurchmesser , der
Betrag der über den Querschnitt gemittelten Geschwindigkeit und die Viskosität des Fluids
verwendet.

Es gilt dann: .[1]

In der Literatur wird häufig ein Wert von oder zitiert. Er geht zurück auf Messungen von
Julius Rotta (1956[2]).
Die kritische Reynolds-Zahl charakterisiert nicht exakt den Übergang von einer laminaren zu einer
turbulenten Strömung. Vielmehr zerfallen Turbulenzen unterhalb der kritischen Reynolds-Zahl, und zwar
umso schneller, je kleiner die Reynolds-Zahl ist. Es ist in Experimenten gelungen, laminare Rohrströmungen
mit Reynolds-Zahlen um 50.000 zu erzeugen, ohne dass die Strömung turbulent geworden ist.[3] Der Rekord
liegt derzeit bei Re = 100.000.[4] Wenn Störungen den Umschlag in eine turbulente Strömung erzeugen, bleibt
die Strömung bei überkritischer Reynolds-Zahl turbulent.

Die kritische Reynolds-Zahl , die den Übergang zwischen turbulenter und laminarer Strömung markiert,
ist nicht nur abhängig von der Geometrie des Anwendungsfalles, sondern auch von der Wahl der
charakteristischen Länge. Wird zum Beispiel der Rohrradius statt des Durchmessers der Strömung als
charakteristisches Längenmaß einer Rohrströmung gewählt, halbiert sich der Zahlenwert , der dasselbe
aussagen soll. Da die kritische Reynolds-Zahl ein Wert ist, der keinen blitzartigen Umschlag, sondern einen
breiten Übergangsbereich der Strömungsverhältnisse markiert, ist der üblicherweise verwendete Zahlenwert
nicht , sondern wird auf gerundet.

Gerinneströmung

Bei Gerinneströmungen werden als charakteristische Größen der hydraulische Durchmesser , der Betrag
der mittleren Fließgeschwindigkeit über den durchflossenen Querschnitt und die Viskosität des Fluids
verwendet. [5]

Rührerströmung

Bei einem Rührer wird die Reynolds-Zahl durch den Durchmesser des Rührers, dessen Drehzahl in 1/s,
sowie die Dichte und die dynamische Viskosität der Flüssigkeit bestimmt:[6]

Um Verwechslungen zu vermeiden, sollte diese Reynolds-Zahl gekennzeichnet werden, hier mit dem Index
für „Rührer“. Bei gilt die Strömung am Rührer als turbulent.

Beurteilung einer turbulenten Strömung

Um den Turbulenzgrad zu charakterisieren, kann die Reynolds-Zahl auch mit turbulenzbezogenen Größen
gebildet werden (turbulente Reynolds-Zahl ). Als charakteristische Größen werden dann beispielsweise
die Varianz der Geschwindigkeit und das integrale Längenmaß der Strömung verwendet. Hinzu
kommt die (molekulare) Viskosität des Fluids .

Es gilt dann .
Weblinks
Commons: Reynolds number (https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Reynolds_number?u
selang=de) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Rechner zur näherungsweisen Berechnung der Reynolds-Zahl (http://simulations-plattform.de/
#!/reynoldszahl)

Einzelnachweise
1. Kerstin Avila, David Moxey, Marc Avila, Alberto de Lozar, Björn Hof: Onset of Turbulence in
Pipe Flow. (http://www.warwick.ac.uk/~masax/Research/critical_point_pipe_flow/critical_point_
pipe_flow.html) 2011.
2. Julius Rotta: Experimenteller Beitrag zur Entstehung turbulenter Strömung im Rohr, In:
Ingenieur-Archiv, Band 24, 1956, S. 258–281, Springer-Verlag, Link (https://link.springer.com/c
ontent/pdf/10.1007%2FBF00536526.pdf) (PDF; 2086 kB)
3. Heinz Schade, Ewald Kunz: Strömungslehre. 2. Aufl., Berlin; New York: de Gruyter, 1989, ISBN
3-11-011873-4, S. 100.
4. Bergmann-Schaefer, Bd. 1 "Mechanik, Akustik, Wärme", De Gruyter, Berlin, New York, 2008
5. Robert Freimann: Hydraulik für Bauingenieure. Grundlagen und Anwendungen. Carl-Hanser-
Verlag, München 2009, ISBN 978-3-446-41054-1, S. 41.
6. Marko Zlokarnik: Scale-up: Modellübertragung in der Verfahrenstechnik. 2. Auflage. WILEY-
VCH, Weinheim 2005, ISBN 3-527-31422-9, S. 20.

Abgerufen von „https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Reynolds-Zahl&oldid=210410212“

Diese Seite wurde zuletzt am 31. März 2021 um 13:51 Uhr bearbeitet.

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