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SoSe 2021
Dr. Julia Schindler
(betreut von PD Dr. Sandra Schmiedeler)
Gruppe 01 (VL)
Fragestellungen der Sitzung
Wie entwickelt sich die Wahrnehmung (Fühlen, Sehen, Hören, Riechen, Schmecken) in den ersten beiden
Lebensjahren?
Wie verläuft die motorische Entwicklung in den ersten beiden Lebensjahren?
Wie verläuft die emotionale und soziale Entwicklung in den ersten beiden Lebensjahren?
Wie entsteht Bindung?
Welche Bindungsstile gibt es und welche Auswirkungen können sie auf die weitere Entwicklung des Kindes haben?
2
Pränatale Entwicklung und Teratogene
Pränatale Entwicklung
Embryo Fötus
https://www.deutsche-apotheker-
überlebensfähig keine Spätgeburt zeitung.de/news/artikel/2017/10/26/wann-zahlt-einer-
schwangere-in-der-apotheke
bei Frühgegurt Frühgeburt ab der 42.
mehr SSW
1. & 2. SSW ab der 8. SSW ab der 12. SSW ab der 20. SSW ab der 28. SSW ab der 30. SSW 40. SSW
Keimzelle erste erste erste Wachheit und Lungen reifen Geburt (ca 50cm und
ab der 3. SSW unkoordinierte koordinierte ReakBonen Inaktivität, aus, Bilden 3300g)
Entstehung Bewegungen Bewegungen, auf Geräusche zunehmende einer
Nervensys- und einfache Geschlecht und Lichtreize Reaktionsbe- Fettschicht,
tem, innere Reaktionen erkennbar (erste reitschaft und Antikörper aus
Organe und auf Berührun- Bewegungen erste Reflexe Blut der
Extremitäten gen von außen Mutter
Herzschlag ab spührbar) 4
der 5. SSW
Pränatale Entwicklung Stress
Teratogene
Umwelt- Alkohol
giDe
Pränatales Lernen
• Säuglinge erinnern sich an Erfahrungen aus dem Mutterleib
teilweise auch noch mehrere Monate nach der Geburt
• 2-3 Tage alte Neugeborene erinnern sich an Klang einer
gereimten Geschichte, die die Mutter im 8. und 9.
Schwangerschaftsmonat zweimal täglich laut vorgelesen hat
(De Casper & Spence, 1986)
è Lernfähigkeit und Gedächtnis sind schon so weit entwickelt, h<ps://de.dreams>me.com/stockfoto-schlie%C3%9Fen-sie-oben-vom-
dass Erfahrungen noch nach Geburt erinnert werden können babybauch-mit-kopH%C3%B6rern-image81398228
HabituaNon/ DishabituaNon
10
Forschungsmethoden
ErwartungsenUäuschungsparadigma
12
(Siegler et al., 2016, S.186)
Haben Sie noch Fragen?
Entwicklung der Wahrnehmung
Frühkindliche Entwicklung
Wahrnehmung – Fühlen
Somatosensorik (Fühlen)
• Somatosensorisches System ab der 8. SSW
funkNonsfähig
Wahrnehmung – Schmecken
Geschmackssinn
• Durch Rezeptoren in Mund und
Nase vermiGelt
• bereits beim Fötus à trinken mehr
Fruchtwasser, wenn es gesüßt
wurde
• Dient möglicherweise Einstellung h<ps://www.umamiinfo.com/what/wha>sumami/
auf kulturelle Nahrungspräferenzen
• Neugeborene zeigen mimische ReakNonen auf sauer (zusammengezogener Mund), biGer (geöffneter Mund
und Zunge raus), süß (entspanntes Gesicht)
• Neugeborene bevorzugen süß, mit 4 Monaten hingegen eher salzig
16
Frühkindliche Entwicklung
Wahrnehmung – Riechen
Riechen
• positive mimische Reaktionen auf Gerüche ”guter”
Nahrungsmittel (z.B. Banane, Vanille, Schokolade)
17
Frühkindliche Entwicklung
Wahrnehmung – Hören
Hören
• Föten können bereits ab der 20. SSW Geräusche
wahrnehmen
Wie findet
man das
heraus?
à Blickpräferenzuntersuchungen: Wie schmal dürfen die Streifen sein, dass das Kind sie der grauen Fläche gegenüber noch bevorzugt?
• Kinder bevorzugen
• komplexe Muster gegenüber homogenen Flächen
• Farben und s-w-Kontraste gegenüber grau
• vertikal symmetrische gegenüber horizontal symmetrischen Mustern
• sich bewegende gegenüber statischen Objekten 19
Siegler et al.
(2016, S.159)
Frühkindliche Entwicklung
Siegler et al.
(2016, S.162-164)
Tiefenwahrnehmung
• visual cliff-Experiment (Gibson & Walk, 1960)
• 6-8 Monate alte Babys bewegen sich auf der ‘sicheren’ Seite
und krabbeln nicht über den Abgrund
• Herzfrequenzmessungen für jüngere Kinder à ab 1,5 Monaten
erhöht, wenn sie über Abgrund gesetzt werden
https://revelpreview.pearson.com/epubs/pearson_feldman/OPS/xhtml/ch05_sec_12.xhtml
Looming Wahrnehmungskonstanz
• Objekt expandiert, was den
Eindruck des Näherkommens a) b)
erweckt
• schon 1 Monat alte Kinder
zeigen Abwehrreak8on
21
Frühkindliche Entwicklung
Intermodale Wahrnehmung
• Integra8on von Informa8on aus verschiedenen Sinneskanälen zu einem einheitlichen Wahrnehmungseindruck
• Bsp.: Neugeborene bekommen einen speziell geformten Schnuller; gleichzei8g Präsenta8on eines Bildes des
Schnullers sowie eines anders geformten Schnullers; Kinder schauen länger auf Schnuller, den sie im Mund
haben
è Integra8on hapi8scher und visueller Reize
h<ps://www.gewuenschtestes-wunschkind.de/2015/07/sind-schnuller-schaedlich-welche-vorteile-und-
nachteile-haben-sie-und-welche-saugerform-und-welches-material-ist-das-beste.html
22
Haben Sie noch Fragen?
Motorische Entwicklung
Frühkindliche Entwicklung
Neugeborene
• müssen erst entsprechende Muskulatur auhauen
• kommen i.d.R. mit einer Reihe von angeborenen Reflexen auf
die Welt
à Basis für spätere Verhaltensweisen?
• Aber: einige verschwinden im Verlauf der ersten
Lebenswochen wieder à Reifung der Großhirnrinde und
Ablösung durch differenziertere, willentliche
Verhaltensweisen?
25
Frühkindliche Entwicklung
Stimulation Reaktion Auftreten Funktion
Blinzeln Licht in Augennähe Schnelles Schließen der permanent Schutz vor starker
Augen Reizung
Suchen Berühren der Wange Kopf drehen zur bis ca. 3 Wochen Nahrungsaufnahme;
berührten Seite, Öfnnen Kontakt
des Mundes
Greifen Berühren der Schließen der Hand bis 3-4 Monate Kontakt;
Handfläche Vorbereitung auf
Greifen
Moro- Andeutes des Arme ausstrecken und bis ca. 6 Monate Kontakt,
Umklammer Fallenlassens wieder an Körper führen Schutzsuche
ung
Schwimmen Baby mit Gesicht nach Schwimmbewegungen, Geburt bis 4-6 mglw. kurzzeitige
unten ins Wasser legen Anhalten des Atems Monate Überlebensfunktion
Schreiten Baby aufrecht halten, rhythmische bis ca. 2 Monate Vorbereitung des
Füße berühren den Gehbewegungen Gehens
Boden
Babinski Streicheln der Fußsohle Zehen fächern sich bei verschwindet gegen unbekannt
von der Zehe zur Ferse Krümmung des großen Ende des ersten
26
Zehs Jahres
Frühkindliche Entwicklung
• cephalocaudaler
Trend: Kontrolle
wird vom Kopf
abwärts über
Körperteile erlangt
27
Frühkindliche Entwicklung
• cephalocaudaler
Trend: Kontrolle
wird vom Kopf
abwärts über
Körperteile erlangt
• gleichzeitig
proximodistaler
Trend: Kontrolle
zuerst über
Körperteile, die
näher am Zentrum
des Körpers liegen
Temperament
• “stabile individuelle Unterschiede in der Qualität und Intesität emotionaler
Reaktionen, in der emotionalen Selbstregulation sowie im Aktivierungsniveau
der Aufmerksamkeit.” (Elsner & Pauen, 2018, S.174)
à Fundament für spätere Persönlichkeit?
http://modules.ilabs.uw.edu/module/temperament/
• Temperamentstypen nach Chess & Thomas (1984)
• einfache Kinder (ca. 40%): Interesse und Zuwendung auf neue Reize, stabile biologische Rhytmen, positive
Grundstimmung, leicht zu beruhigen
• schwierige Kinder (ca. 10%): negative Reaktionen auf neue Reize, unregelmäßige Körperfunktionen, leicht
irritierbar, schwierig zu beruhigen
• nur langsam aktiv werdende Kinder (ca. 15%): wenig Aktivität, benötigen mehr Zeit, um sich neuen Reizen
zuzuwenden, Grundstimmung eher negativ
• relativ stabil (v.a. hinsichtlich Audruck und Ausleben von Emotionen), teilweise bis ins Jugendalter
• aber auch Umwelteinflüsse à Passung Anlage und Umwelt, Erziehungsmaßnahmen 31
Frühkindliche Entwicklung
Sozialer Kontakt
• Entscheidend: Blickkontakt und feinfühliges Reagieren auf Signale des Kindes
32
Frühkindliche Entwicklung
https://www.familie.de/baby/wenn-babys-trotzig-sind/
33
Frühkindliche Entwicklung
Bindung
• mit 9 Monaten haben Kinder besondere Beziehung zur Bezugsperson aufgebaut und zeigen Bindungsverhalten
• evolutionärer Nutzen: Schutz vor Gefahr und Verlorengehen
Bindungsverhalten
Sicherer Bindungsstil
• ca. 53% (Siegler et al., 2016, S.403)
• Bezugspersonen reagieren verlässlich,
offen und freundlich Erkundungsverhalten
• Effektive soziale Emotionsregulation durch
(psychische) Nähe zur Bindungsperson
Bindungsverhalten
Unsicher-vermeidender Bindungsstil
• ca. 24% (Siegler et al., 2016, S.403)
• Bezugspersonen reagieren wenig
sensitiv (zu stark oder zu schwach)
Wenig Exploration
• missbilligen starke
Emotionsausbrüche, erwarten
Emotionsregulation des Kindes
• Ausdruckskontrolle, aber Ruhig, wenig Kummer;
ggf. Trost durch FP
ineffektive individuelle
Emotionsregulation Keine Begrüßung, evtl. abwenden
(à Stressreaktionen)
Ruhig, wenig Kummer
Unsicher-ambivalenter Bindungsstil
• ca. 18% (Siegler et al., 2016, S.403)
• Bezugspersonen reagieren nicht Wenig Explorabon
vorhersehbar
Wenig Exploration
• Kind zeigt übertriebenes
Bindungsverhalten, das Reaktion
der Bezugsperson provozieren soll
• ineffektive soziale Bindungsverhalten
Emotionsregulation (à keine
Beruhigung durch Bezugsperson Widerstand; keine Beruhigung
möglich)
Bindungsverhalten
Desorganisierter Bindungsstil
• ca. 5%
• oft schwerwiegende familiäre Probleme wie
psychische Probleme, Kindesmisshandlung
oder Vernachlässigung
• Keine konsistente (teilweise sogar
wiedersprüchliche)
Stressbewältigungsstrategie; erscheinen oft
benommen oder desorientiert
• Kinder sind besonders gefährdet Bizarres Verhalten;
Verhaltensprobleme zu entwickeln Konflikt: Annäherung -
• Auch biologische/genetische Faktoren Angst
können eine Rolle spielen
Bizarres Verhalten; Konflikt:
Annäherung - Angst
40
Elsner & Pauen (2018, S. 185)
Frühkindliche Entwicklung Vor
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Viel icht be
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ndu Interp
korr n re
elat gsstud tation
Emotionale und Soziale Entwicklung (Tempereament, Selbstregulation, Bindung) iver ie :
Nat n sind
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Bindungsqualität
• Kinder tragen zu Bindung bei
• einfaches Temperament: Babys reagieren besser auf Kontaktsuche der Eltern als schwierige Babys und
nutzen Beruhigungshilfen zur Erregungsregula8on
• hängt u.a. ab von der Passung zwischen Arbeitsmodell der Eltern und Kinder
• familiäre Umstände, die die Einfühlsamkeit der Eltern beeinflussen können, haben u.U. Einfluss auf die
Bindungsqualität (z.B. Depression der Bezugsperson)
• Kinder können unterschiedliche Bindungsqualität und –verhalten für unterschiedliche Personen zeigen
Literatur
Ainsworth, M. D. S. (1973). The development of infant-mother aaachment. In B. M. Caldwell, & H. N. RicciuB (Hrsg.), Review of child development research (Bd. 3, S. 1–94). Chicago,
IL: University of Chicago Press.
Chess, S., & Thomas, A. (1984). Origins and evolu7on of behavior disorders from infancy to early adult life. New York: Brunner/Mazel.
DeCasper, A. J., & Spence, M. J. (1986). Prenatal maternal speech influences newborns’ percepBon of speech sounds. Infant Behavior and Development, 9, 133–150.
Elsner, B. & Pauen, S. (2018). Vorgeburtliche Entwicklung und früheste Kindheit (0-2 Jahre) . In Schneider, W. & Lindenberger, U. (Hrsg.), Entwicklungspsychologie (S. 163-189).
Weinheim: Beltz.*
Gibson, E. J., & Walk, R. D. (1960). The “visual cliff”. Scien7fic American, 202, 64–71.
Siegler, R., Eisenberg, N., DeLoache, J. & Saffran, J. (2016). Entwicklungspsychologie im Kindes- und Jugendalter. München: Elsevier.
Zimmermann, P. (2007). Bindungsentwicklung im Lebenslauf. In M. Hasselhorn & W. Schneider (Hrsg.), Handbuch der Entwicklungspsychologie (S. 326-335). Göqngen: Hogrefe.