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Josef Wittmann,

Lehrstuhl für Bürgerliches Recht und Unternehmensrecht


Email: Josef.Wittmann@jura.uni-muenchen.de

AG Grundkurs Zivilrecht II
Sommersemester 2019

Einheit 1
 2. PK: „Der goldene Thron“
 Fall 1: „Der gebrauchte Porsche“
2. PK: „Der goldene Thron“

A. G  F auf Zahlung des Kaufpreises aus


Kaufvertrag, § 433 II BGB

I. Anspruch entstanden
• Anspruchsvoraussetzungen + keine rechtshindernden
Einwendungen

II. Anspruch nicht erloschen


• Keine rechtsvernichtenden Einwendungen

III. Anspruch durchsetzbar


• Keine rechtshemmenden Einreden erhoben

03.05.2019
2. PK: „Der goldene Thron“

I. Anspruch entstanden
1. Abschluss KV
• zwei übereinstimmende Willenserklärungen (§§ 145, 147 BGB)
• Einigung zwischen G und H über essentialia negotii (+)
• Wirkung für und gegen F gemäß § 164 I, III BGB
a) Eigene Willenserklärung des H
b) Im Namen des F
c) Im Rahmen der Vertretungsmacht
aa) Rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht in der Form der
Innenvollmacht (§ 167 I Alt. 1 BGB)
 ABER: Vollmachtsüberschreitung!
bb) Vertretungsmacht gem. § 171 I, 172 BGB
(+)
2. Zwischenergebnis
 Der Anspruch G  F auf Kaufpreiszahlung iHv 3 Millionen Euro ist
entstanden.

03.05.2019
2. PK: „Der goldene Thron“

II. Anspruch erloschen gemäß § 326 Abs. 1 S. 1 BGB


1. Gegenseitiger Vertrag
2. Wegfall der Leistungspflicht des Schuldners nach § 275 BGB
(+), goldene Toilette ist Stückschuld.
3. Keine Verantwortlichkeit des Gläubigers nach § 326 II S. 1 BGB
4. Zwischenergebnis
 Der Anspruch G  F auf Kaufpreiszahlung iHv 3 Millionen Euro ist gemäß § 326
Abs. 1 S. 1 BGB erloschen.

B. G  H auf Zahlung von 3 Millionen Euro, § 179 I BGB


(-), H handelte mit Vertretungsmacht!

03.05.2019
A. V  F: 10T€ + Abnahme, §433 II BGB

A. V  F auf Zahlung von 10.000€ und Abnahme des


Porsches aus § 433 II BGB
V könnte gegen F einen Anspruch auf Kaufpreiszahlung i.H.v. 10.000€
und auf Abnahme des Porsches gem. § 433 II BGB aus dem Kaufvertrag
Zug-um-Zug gegen Übergabe und Übereignung des Porsches haben.
I. Anspruch entstanden
• Anspruchsvoraussetzungen + keine rechtshindernden
Einwendungen

II. Anspruch nicht erloschen


• Keine rechtsvernichtenden Einwendungen

III. Anspruch durchsetzbar


• Keine rechtshemmenden Einreden erhoben

03.05.2019
A. V  F: 10T€ + Abnahme, §433 II BGB

I. Anspruch entstanden
• KV (§ 433 BGB) zw. V und F geschlossen (§§ 145, 147 BGB) (+)
• Keine rechtshindernden Einwendungen (+)
• Zwischenergebnis: (+)

II. Anspruch nicht erloschen


• Gedankliche Sachverhaltsanalyse: F wollte mit dem Porsche in den Urlaub fahren.
 Unmöglichkeit der Übereignung des Porsches (= Hauptleistung) nach dem Urlaub:
§ 275 BGB?
 Folge: Die Pflicht zur Kaufpreiszahlung (Gegenleistung) würde gem. § 326 I 1 BGB
ispo iure entfallen

1. Entfallen der Gegenleistungspflicht nach § 326 I 1 BGB


a) Gegenseitigkeitsverhältnis der Leistungspflichten im KV (+)

03.05.2019
A. V  F: 10T€ + Abnahme, §433 II BGB
II. Anspruch nicht erloschen

Fortsetzung: 1. Entfallen der Gegenleistungspflicht nach § 326 I 1 BGB

b) Objektive Unmöglichkeit der Hauptleistungspflicht: § 275 I Alt. 2 BGB


• Wenn der Leistung ein dauerhaftes Leistungshindernis entgegensteht
aa) Physische Unmöglichkeit (-)
• Die Übergabe und Übereignung des Porsches ist physisch nach
wie vor möglich.
bb) P: Absolutes Fixgeschäft
• Zeitliche Dimension: Objektive Unmöglichkeit wegen der
Vereinbarung eines absoluten Fixgeschäfts?
 Definition: Ein absolutes Fixgeschäft liegt vor, wenn die
Erbringung der Leistung nur während eines bestimmten
Zeitraumes möglich ist und danach objektiv sinnlos ist und
daher aus Sicht des Gläubigers eine verspätete Leistung
keine Erfüllung mehr darstellt.

03.05.2019
Wiederholung:
Absolutes – relatives Fixgeschäft

Absolutes Fixgeschäft Relatives Fixgeschäft

Leistung nach Zeitablauf wegen Besonderes und im Vertrag verankertes


objektiver Sinnlosigkeit nicht mehr Gläubigerinteresse an rechtzeitiger
nachholbar Lieferung, die Leistung bleibt jedoch
nachholbar
 Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB):
Die vereinbarte Leistungszeit muss so  Der Leistungsgläubiger muss dem
wesentlich sein, dass eine spätere Vertragspartner zu erkennen gegeben
Lieferung den Leistungszweck verfehlt haben, dass er nach Verstreichen des
und letztendlich eine ganz andere vereinbarten Leistungszeitpunktes kein
Leistung darstellt. Interesse an der Leistung mehr hat
(Indikatoren: „prompt“, „fix“, „genau“)
 Bsp.: Hochzeitstorte, Weihnachtsbaum,
Konzertauftritt, Trauerkranz

 Folge: §§ 275 I, 326 I, 283 BGB  Folge: § 323 II Nr. 2 BGB, (SE statt der
Leistung richtet sich nach § 281 BGB)
03.05.2019
A. V  F: 10T€ + Abnahme, § 433 II BGB
II. Anspruch nicht erloschen
1. § 326 I 1 BGB
b) § 275 I Alt. 2 BGB

Fortsetzung: bb) Absolutes Fixgeschäft


• Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB): Haben die Parteien dem
Leistungszeitpunkt eine derart weitgehende Bedeutung beigemessen,
dass die Leistungserbringung mit Zeitablauf objektiv sinnlos wurde?
• Auslegungsparameter: Vertragszweck und konkrete Interessenlage der
Parteien
• Subsumtion:
→ Vereinbarung eines Leistungszeitpunktes: 26.2.2018
→ Die Leistung des Porsches vor dem Urlaubsanfang „kam F sehr
gelegen“.
→ Nach dem Urlaub entfällt jedoch nicht die allgemeine
Nutzungsmöglichkeit als Fortbewegungsmittel.
• Zwischenergebnis: Absolutes Fixgeschäft nach der konkreten
Interessenlage der Parteien (-)
cc) Zwischenergebnis: Unmöglichkeit § 275 I BGB (-)
c) Zwischenergebnis: Erlöschen der Gegenleistungspflicht nach § 326 I 1 BGB (-)

03.05.2019
A. V  F: 10T€ + Abnahme, §433 II BGB
II. Anspruch nicht erloschen

2. Erlöschen des Anspruchs aufgrund ausgeübten Rücktrittsrechts,


§§ 346 I, 323 I BGB
a) Rücktrittserklärung, § 349 BGB: 6.4.2018 (+)
b) Gesetzliches Rücktrittsrecht: § 323 I Alt. 1 BGB
aa) Gegenseitiger Vertrag: KV (+)
bb) Nicht-Erbringen der Leistung trotz Fälligkeit und Durchsetzbarkeit
• Fälligkeit spätestens am 26.2.2018 (+)
• Durchsetzbarkeit: Keine Einwendungen oder Einreden
→ Vorleistungspflicht der V, vgl. § 320 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 BGB
cc) Erfolgloser Ablauf einer angemessenen Frist
(1) P: Entbehrlichkeit der Fristsetzung, § 323 II Nr. 2 BGB
• Vorliegen eines relativen Fixgeschäfts?
• Voraussetzung: Besonderes und im Vertrag verankertes
Gläubigerinteresse an rechtzeitiger Leistung

03.05.2019
A. V  F: 10T€ + Abnahme, § 433 II BGB
II. Anspruch nicht erloschen
2. §§ 346 I, 323 I BGB
b) Rücktrittsgrund

Fortsetzung: cc) Erfolgloser Ablauf einer angemessenen Frist


(1) § 323 II Nr. 2 BGB: Relatives Fixgeschäft

• Subsumtion:
→ F benötigte den Wagen für seinen Urlaub.
→ Das Kfz kann und soll auch noch nach dem Urlaub von F als
Fortbewegungsmittel genutzt werden.
→ Daher: Kein besonderes Gläubigerinteresse an der Leistung bis zum
26.2.2018

• Zwischenergebnis: Entbehrlichkeit der Fristsetzung nach § 323 II Nr. 2


BGB (-)

03.05.2019
A. V  F: 10T€ + Abnahme, § 433 II BGB
II. Anspruch nicht erloschen
2. §§ 346 I, 323 I BGB
b) Rücktrittsgrund

Fortsetzung: cc) Erfolgloser Ablauf einer angemessenen Frist


(2) Erfolgloses Verstreichen der Frist
• Fristende am 4.4.2018 ist angemessen
• P: Erfolglos abgelaufen?
 Wenn V die von ihr geschuldete Leistungshandlung nicht erbracht
hat (≠ Leistungserfolg)
 Wo liegt der Leistungsort? (→ Stütze: § 269 Abs. 1 BGB)
• Ausdrückliche Vereinbarung (-)
• Konkludente Vereinbarung: Natur des SV, Verhalten Parteien
(-)
• Vermutungsregel: § 269 Abs. 1 BGB (Holschuld)
→ Ort der Leistungshandlung: Wohnsitz V
→ Geschuldete Leistungshandlung: Aussonderung und
Benachrichtigung
 Schreiben der V: 15.3.2018
 Kenntnis F: 6.4.2018

03.05.2019
A. V  F: 10T€ + Abnahme, § 433 II BGB
II. Anspruch nicht erloschen
2. §§ 346 I, 323 I BGB
b) Rücktrittsgrund

Fortsetzung: cc) Erfolgloser Ablauf einer angemessenen Frist


(2) Erfolgloses Verstreichen der Frist

 Schreiben der V: 15.3.2018, Kenntnis F: 6.4.2018


 Zugang analog § 130 I 1 BGB: 17.3.2018
→ vor Fristablauf (+)
(3) ZE: Frist nicht erfolglos verstrichen
dd) ZE: Rücktrittsrecht aus § 323 I BGB (-)
c) ZE: Erlöschen des Anspruchs wegen Rücktritts des F (-)
3. ZE: Anspruch besteht fort, ist nicht erloschen

III. Anspruch durchsetzbar


1. Kaufpreiszahlung
• § 320 I 1 BGB: Gegenseitiger Vertrag (+), Hauptleistung noch nicht bewirkt
(+), Keine Vorleistungspflicht (+)
• ABER: Ungeschriebene Voraussetzung: Eigene Leistungstreue!
• IÜ Einrede auch nicht erhoben

03.05.2019
A. V  F: 10T€ + Abnahme, §433 II BGB
III. Anspruch durchsetzbar

2. Abnahme der Kaufsache


a) § 320 BGB (-)
• mangels im Synallagma stehender Hauptleistungspflicht
b) § 273 I BGB
• Fälliger Anspruch (+): Übergabe und Übereignung Porsche
• Aus demselben rechtlichen Verhältnis (+): KV zwischen F und V
• ABER: Auch hier gilt ungeschriebene Voraussetzung der eigenen
Leistungstreue!
3. Zwischenergebnis: Anspruch ist durchsetzbar.

IV. Ergebnis
V hat gegen F einen Anspruch auf Kaufpreiszahlung i.H.v. 10.000€ und
auf Abnahme des Wagens aus § 433 II BGB Zug-um-Zug gegen
Übergabe und Übereignung des Porsches.

03.05.2019
C. F  V auf Zahlung von 1.000€ aus §§ 280 I,
II, 286 I BGB

B. F  V auf Zahlung von 1.000€ aus §§ 280 I, II, 286


I BGB
F könnte gegen V einen Anspruch auf Ersatz der Mietwagenkosten
i.H.v. 1.000€ gem. §§ 280 I, II, 286 I BGB haben.
I. Schuldverhältnis (+)
II. Pflichtverletzung (+)
III. Verzug, § 286 I BGB (+) → Mahnung entbehrlich: § 286 II Nr. 1 BGB
IV. Vertretenmüssen, §§ 280 I 2, 286 IV (+) → § 276 I 1, II BGB
V. Kausaler Schaden, § 249 I BGB
1. Schadensermittlung (Differenzhypothese): Vergleich reale Lage –
hypothetische Lage
2. Schadensberechnung, § 249 I BGB (Naturalrestitution): Ersatz von 1.000€
VI. Erg.: F hat einen Anspruch gegen V auf Ersatz der Mietwagenkosten
i.H.v. 1.000€ gem. §§ 280 I, II, 286 I BGB

03.05.2019

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