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3 Fügen Die Fortschritte im Gasturbinenbau, in der Reaktor-


technik, im chemischen Apparatebau, bei Hochge-
schwindigkeitsflugkörpern, aber auch in der Mikro-
3.1 Das Fügeverfahren Schweißen elektronik wären ohne die moderne Schweißtechnik
nicht möglich geworden. Neu hinzukommende Werk-
Die Fertigungsverfahren sind nach DIN 8580 in 6 stoffe mit besonderen Eigenschaften (Korrosions-,
Hauptgruppen eingeteilt, Tab. 1-1. Die vierte Haupt- Hochtemperatur-, Festigkeitseigenschaften) stellen
gruppe betrifft das Fügen, oft auch Verbinden ge- erhöhte Anforderungen an die Schweißverfahren und
nannt. Hier werden nur die Schweiß-, Löt- und Kleb- die Fertigungstechnologie. Dabei werden die leicht
verfahren beschrieben, die für den Maschinen-, Fahr- mechanisierbare Verfahren mit hoher Reproduzier-
zeug- und Apparatebau von Bedeutung sind. barkeit an Bedeutung gewinnen (MSG-, UP-, Elek-
tronenstrahl-, Laserschweißen).
Fügen ist das Zusammenbringen von zwei oder mehr
Werkstücken geometrisch fester Form oder von eben- Die Kosten von Produkten und Hilfsmitteln zum
solchen Werkstücken mit formlosem Stoff. Dabei Schweißen (Stromquellen, Vorrichtungen, Zusatz-
wird jeweils der Zusammenhalt örtlich geschaffen und Hilfsstoffe) werden sich von gegenwärtig etwa
und im Ganzen vermehrt (DIN ISO 857-1). 25 € je Tonne Stahlkonstruktion auf mehr als 35 €
erhöhen. Die künftige Entwicklung in der Schweiß-
technik wird gekennzeichnet sein durch:
3.1.1 Bedeutung der Schweißtechnik – Zwang zur Kostensenkung (Rationalisierung, z.
B. Mechanisierung oder Automatisierung),
Seit der Einführung des Gas- und Lichtbogenschwei- – erweiterte Anwendung (z. B. neue Werkstoffe,
ßens in der Industrie um 1900 hat die Bedeutung neue Füge- und Trennmethoden) und
des Fügeverfahrens Schweißens erheblich zuge- – Verfahrenssubstitution (z. B. durch einfacher
nommen. Die Zahl der Schweißverfahren nimmt mechanisierbare Verfahren).
ständig zu, wie Bild 3-1 zeigt.
Der Trend zur Mechanisierung der Schweißverfah-
Technisch zuverlässige und wirtschaftliche Bauteile ren ist aus wirtschaftlichen Gründen zwingend erfor-
lassen sich häufig nur als Schweißkonstruktion her- derlich. Der Mechanisierungsgrad 1) liegt bei etwa
stellen. Der Anteil der durch Schweißen und Löten 35 % (im Schienenfahrzeugbau bei 70 %, im Schiff-
hergestellten Metallverbindungen beläuft sich auf et- bau bei 12 %), für die nächsten Jahre wird mit 55 %
wa 50 % bis 60 %. Mechanische Verbindungen (Nie- bis 65 % gerechnet. Dies bedeutet, dass außer der An-
ten, Schrauben) werden wegen gravierender Nach- wendung geeigneter Verfahren (z. B. Schutzgas-,
teile (geringere Wertigkeit der Verbindung durch un- UP-Verfahren), eine starke Zunahme von Ein- und
günstigen Kraftfluss, höheres Gewicht durch Über- Mehrzweckvorrichtungen notwendig sein wird.
lappungen, Laschen) immer seltener verwendet.

50 Laserstrahlschweißen 3.1.2 Das Fertigungsverfahren


Plasmaschweißen
Diffusionsschweißen Schweißen; Abgrenzung und
Anzahl der Verfahren

Elektronenstrahlschweißen
40 Elektroschlackeschweißen Definitionen
Ultraschallschweißen
Kaltpressschweißen
30 Reibschweißen Schweißverbindungen sind stoffschlüssige Verbin-
Unterpulverschweißen
Schutzgasschweißen dungen, die durch die Wirkung von Adhäsions- oder
20 Gasschweißen
Widerstandsschweißen
Kohäsionskräften zwischen den Fügeteilen entste-
Lichtbogenhandschweißen hen. Die Verbindung ist unlösbar, die Fügeteile wer-
Kohlelichtbogenschweißen
10 den beim Lösen zerstört. Die Niet- und Schrauben-
verbindungen sind kraftschlüssig, also lösbar, d. h.,
die Fügeteile werden beim Lösen nicht zerstört.
1800 1850 1900 1950 1990
Jahr
1)
Bild 3-1 Dies ist das Verhältnis des durch mechanische Schweiß-
Zunahme der Anzahl der Schweißverfahren im Laufe der ver- verfahren abgeschmolzenen Schweißguts zur gesamten
gangenen Jahrzehnte. Schweißgutmenge.
116 3 Fügen

Die Stoffschlüssigkeit geschweißter Verbindungen, – Material eingespart,


die beim Schweißen entstehenden Gefügeänderun- – die konstruktive Freizügigkeit größer,
gen, sowie die oft erheblichen mehrachsigen Span- – die Gefahr des Ausschusses geringer und
nungszustände erfordern eine dem Schweißverfah- – das Ausbessern erleichtert.
ren angepasste Konstruktion. Die schweißgerechte
Konstruktion ist nicht nur einfach eine nachgeahmte Maschinenrahmen, Pressenständer, große Zahnrä-
Guss- oder Nietkonstruktion, bei der die Nieten weg- der, Rippenwellen, große Getriebegehäuse sind Bei-
gelassen werden und dafür an »geeigneten« Stellen spiele für Konstruktionen, die mit großem Erfolg
geschweißt wird. Wirtschaftlich und technisch opti- geschweißt werden.
male Schweißkonstruktionen können nur unter Be-
achtung der schweißspezifischen Konstruktionsprin-
zipien hergestellt werden. Häufig wird übersehen, 3.1.3 Einteilung der Schweißverfahren
dass ausreichende Zähigkeitseigenschaften der zu
fügenden Werkstoffe (und der aus ihnen hergestell- Schweißen ist das Vereinigen von Werkstoffen unter
ten Schweißverbindungen, d. h. vor allem der WEZ Anwendung von Wärme und (oder) Kraft ohne oder
und des Schweißguts, s. Abschn. 3.2.3, S. 124) aus- mit Schweißzusatz. Es kann mit Hilfe von Schweiß-
schlaggebend für die Sicherheit geschweißter Bau- hilfsstoffen, z. B. Pasten, Pulver oder Gase erleichtert
teile sind. Bei Nietverbindungen spielt die Zähigkeit werden. Das Vereinigen erfolgt gemäß Bild 3-3 vor-
dagegen nur eine geringere Rolle. zugsweise im flüssigen oder im plastischen Zustand
der Schweißzone (DIN ISO 857-1). Die Verbindung
Bild 3-2 zeigt, dass durch geeignetere Werkstoffe, ist stoffschlüssig; sie beruht auf der Wirkung zwischen-
bessere Werkstoffausnutzung und eine dem Schwei- atomarer und zwischenmolekularer Kräfte.
ßen angepasste Konstruktionstechnik, wie z. B. im
Brückenbau, immer größere Beanspruchungen zu- Nach Bild 3-3 unterscheidet man:
gelassen werden können.
Schmelzschweißen
Verglichen mit Gusskonstruktionen sind geschweiß- Dies ist ein Schweißen bei örtlich begrenztem
te Bauteile gegenüber Beanspruchung durch Schlag Schmelzfluss ohne Anwendung von Kraft mit
weniger empfindlich. Dagegen sind kleinere Bautei- oder ohne Schweißzusatzwerkstoff;
le in größeren Stückzahlen nach dem Gießverfah- Pressschweißen
ren im Allgemeinen sehr viel wirtschaftlicher herzu- Es handelt sich um ein Schweißen unter Anwen-
stellen. Bei größeren Konstruktionen wird durch dung von Kraft ohne oder mit Schweißzusatz-
das Schweißen häufig werkstoff. Örtlich begrenztes Erwärmen, u. U.
bis zum Schmelzen, ermöglicht oder erleichtert
25 G = Gusseisen das Schweißen;
kN 24
S. - Eisen = Schweißeisen
Kaltpressschweißen
cm2
20 21
Hierbei wird nur Kraft (Verformungsarbeit) auf-
zul. Grenzspannung s

Stahl
gewendet; die Verbindung entsteht im festen
18,2
Stahl Stahl
St 52 (plastischen) Zustand (Sprengschweißen).
15 St 48 St 52 16

14 14 Die in der Schweißtechnik verwendeten Wärme-


12,5
quellen und ihre Zuordnung zu den Schweißverfah-
10
10 ren zeigt Tabelle 3-1. Nach dem Zweck des Schwei-
ßens unterscheidet man:
5
Verbindungsschweißen (Bild 3-4) und
2,5 S.- Fluss- Stahl Stahl Stahl
0 G Eisen stahl St 37 St 37 St 37 Auftragschweißen. In diesem Fall erfolgt das
1900 1925 1934 ab 1960
Beschichten eines Werkstücks durch Schwei-
Jahr ßen. Das Werkstück vergrößert sich hierbei. Ab-
Bild 3-2 genutzte Werkstücke werden ergänzt, bei neu-
Anstieg der zulässigen Grenzspannung geschweißter Bauteile en die Verschleiß- und Korrosionseigenschaften
im Brückenbau seit dem Jahre 1900 (nach Kallen). verbessert. Die Auftragschicht kann artgleich
3.1 Das Fügeverfahren Schweißen 117

Schmelzschweißverfahren Pressschweißverfahren Kaltpressschweißen

z. B. Gasschweißen z. B. Widerstandspunktschweißen z. B. Sprengschweißen


Lichtbogenschweißen (Reibschweißen,
Schutzgasschweißen dynamische Verfahren)
F+ Q
Q

F F

Schweißzone S Schweißzone S F Schweißzone S

Die Schweißverbindung kommt zustande durch die Wirkung von:

Wärme Q Wärme Q und Kraft F Kraft F

z. B. Gasflamme z. B. Stromwärme z. B. Statischer oder dynamischer Druck,


Lichtbogen Reibung Reibung (oszillierende oder rotierende
Elektronenstrahl Relativbewegung und statischer Druck)
Lichtstrahl, z. B. Laser
Die Schweißzone S ist der örtlich begrenzte Bereich, in dem der Werkstoff während des Schweißens in einen plastisch leicht verformbaren ( )
und (oder) flüssigen Zustand ( ) gebracht wird.

Bild 3-3
Zur Deutung wichtiger Vorgänge beim (Verbindungs-)Schweißen.

Tabelle 3-1. Die Energiequellen einiger wichtiger Schweißverfahren. In Klammern sind die Verfahrensbezeichnungen (»Pro-
zesskennzahlen«) nach DIN EN ISO 4063 angegeben, die im Weiteren Kennzahlen genannt werden.

Energiequelle bzw. Energieträger Schmelzschweißverfahren Pressschweißverfahren


(Energieform)

Kaltpressschweißen (48)
Reibung, Schockwellen, Ultraschall
Rührreibschweißen (−) Ultraschallschweißen (41)
(mechanische Energie)
Reibschweißen (42)
Brenngas-Sauerstoff-Flamme Gießpressschweißen (−)
Gießschmelzschweißen (−)
(Reaktionswärme) Gaspressschweißen (47)
Elektrischer Widerstand Widerstandsschmelzschweißen, z. B. Widerstandspressschweißen, z. B.
(elektrische Energie Q = I 2⋅R⋅ t) Elektroschlackeschweißen (72) Widerstandspunktschweißen (21)
Lichtbogenhandschweißen (111)
Lichtbogen Schutzgasschweißen, z. B. Lichtbogenpressschweißen, z. B.
(elektrische und elektromechanische Energie) WIG-Schweißen (141) Entladungsschweißen (77)
Unterpulverschweißen (12)
Elektronenstrahl
Elektronenstrahlschweißen (51) −
(kinetische Energie der Korpuskularstrahlung)

(Werkstoff wird ergänzt) oder artfremd [Werk- nicht artgleichen Werkstoffen eine beanspru-
stoff(e) mit besonderen Eigenschaften wird (wer- chungsgerechte Bindung erzielt werden. Von
den) aufgetragen] sein. In diesem Fall unterschei- besonderer Bedeutung für die Sicherheit ist
det man eine ausreichende Verformbarkeit (Zähigkeit)
– Auftragschweißen von Panzerungen (Schweiß- der Pufferschicht.
panzern): Die Auftragung ist gegenüber dem
Grundwerkstoff vorzugsweise verschleißfest; Der Aufschmelzgrad AS gemäß Bild 3-4 sollte in
– Auftragschweißen von Plattierungen (Schweiß- diesen Fällen möglichst klein sein. Er ist das in Pro-
plattieren): Die Auftragung ist gegenüber dem zent ausgedrückte Verhältnis der Flächen- oder Men-
Grundwerkstoff vorzugsweise chemisch be- genanteile aG von aufgeschmolzenem Grundwerk-
ständig; stoff zum gesamten Schweißgut aG + aS, d. h. zum
– Auftragschweißen von Pufferschichten (Puf- aufgeschmolzenen Grund- und Zusatzwerkstoff (s.
fern): Mit der Pufferschicht kann zwischen a. Abschn. 3.2.4.3):
118 3 Fügen

Zweck des Schweißens Metallurgische und fertigungstechnische Hinweise

Verbindungsschweißen Die Verbindbarkeit ist normalerweise vorhanden, wenn sich in der Mischzone M keine in-
Zusatz = A termediären Verbindungen AmBn bilden, bzw. wenn deren Menge hinreichend gering ist.
Metallurgische Mängel, spröde, rissanfällige Bereiche und verringerte Korrosionsbestän-
digkeit wären sonst die Folge.
M
Schweißtechnisch ist es hierfür vorteilhaft, den Grundwerkstoff (A oder B) möglichst we-
A B nig aufzuschmelzen, d. h. den Aufschmelzgrad AS klein zu halten. Dies ist erreichbar mit
Hilfe geeigneter Schweißverfahren (z. B. Gasschweißen, UP-Bandplattieren) oder durch
a a
Auftragen von Pufferlagen. Diese Arbeitstechnik ist aber wegen der sehr geringen Ab-
S G
schmelzleistung (Aufschmelzgrad AS muss ausreichend klein sein) sehr teuer.
aG
A B AS = ⋅100 in %.
a G + aS

Auftragschweißen Die Eigenschaften der Auftragung weichen nicht wesentlich von denen des Grundwerk-
(Zusatz »artgleich«) stoffes A ab: Es entsteht das artgleiche Schweißgut. Die Größe des Aufschmelzgrades ist
daher von geringerer Bedeutung. Die Eigenschaften des Gefüges der Mischzone M entspre-
A
chen etwa denen von A. Mit dieser Auftragtechnik werden vorwiegend verschlissene (abge-
M tragene) Werkstoffbereiche ergänzt.
A
Auftragschweißen von Panzerun- B ist in der Regel hochlegiert (verschleißfest bzw. chemisch beständig), A meist un- oder
gen, Plattierungen, der Zusatz ist niedriglegiert. M besteht daher häufig aus sprödem, rissanfälligem Martensit und (oder)
nicht »artgleich«
teilweise aus intermediären Verbindungen. Der Aufschmelzgrad, d. h., die Menge von M
B muss gering gehalten werden. Dies ist möglich z. B. durch UP-Bandplattieren. Bei kleineren
aufzutragenden Mengen ist auch das Gasschweißen sehr geeignet.
M

A
Auftragschweißen von Puffer- Der Pufferwerkstoff muss zwischen nicht artgleichen Werkstoffen A und B eine beanspru-
schichten (P), der Zusatz ist nicht
»artgleich« chungsgerechte Bindung erzeugen. Häufig wird mit Nickel oder nickelhaltigem Zusatz ge-
arbeitet. Wichtigste Eigenschaft ist eine möglichst große Zähigkeit. Die verformbare Zwi-
A
schenschicht kann Schweißspannungen abbauen und somit eine Rissbildung weitgehend
verhindern. Diese Forderung wird durch die Tatsache unterstützt, dass Nickel mit sehr
P vielen Metallen eine lückenlose Mischkristallreihe bzw. ausgedehnte Mischkristallberei-
B
che bildet.

Bild 3-4
Metallurgische Vorgänge beim Schmelzschweißen unterschiedlicher Werkstoffe, schematisch, siehe auch Bild 3-14, S. 129.

aG ge einschließlich aller Nebentätigkeiten (Werk-


AS = ◊100 in %.
aG + aS stückwechsel, Werkstückzufuhr und Werkstück-
ablauf) laufen selbsttätig ab.
Nach der Art der Fertigung, d. h., im Wesentlichen
nach dem Grad der Mechanisierbarkeit, unterscheidet Bei fast allen Schweißverfahren ist für die einwand-
man entsprechend Bild 3-5: freie Bindung eine möglichst große Sauberkeit (Frei-
– Das Handschweißen (manuelles Schweißen). heit von Rost, Fett, Öl, Farben, Feuchtigkeit, Belä-
Sämtliche den Verlauf des Schweißprozesses ge aller Art, Bewüchse) der Fügeteile im Bereich
kennzeichnenden Vorgänge werden von Hand der Schweißnaht einschließlich evtl. verwendeter
ausgeführt. Zusatzwerkstoffe erforderlich. Durch die sehr gro-
– Das teilmechanische Schweißen. Einige den Ab- ßen Auf heiz- und Abkühlgeschwindigkeiten bleibt
lauf des Schweißens kennzeichnenden Vorgän- das Schmelzbad nur in der Größenordnung von ei-
ge laufen mechanisch ab. nigen Sekunden flüssig. Die aus den Verunreinigun-
– Das vollmechanische Schweißen. Sämtliche den gen (und der umgebenden Atmosphäre) entstehenden
Ablauf des Schweißens kennzeichnenden Vor- Gase können nicht vollständig entweichen (Abschn.
gänge laufen mechanisch ab. 3.2.2). Die Folgen sind Poren und metallurgische
– Das automatische Schweißen. Sämtliche den Ab- Mängel (z. B. Abbrand der Legierungselemente, Zä-
lauf des Schweißens kennzeichnenden Vorgän- higkeitsverlust durch gelöste Gase).
3.1 Das Fügeverfahren Schweißen 119

Bild 3-5
Einteilung der Schweißverfahren nach der Art der Fertigung (Beispiele aus DIN ISO 857-1).

Der extrem schädigende Einfluss der atmosphäri- 3.1.4 Hinweise zur Wahl des
schen Gase (Wasserstoff, Stickstoff, Sauerstoff) er- Schweißverfahrens
fordert besonders bei den Schmelzschweißverfah-
ren einen wirksamen und zuverlässigen Schutz des Die Wahl des »optimalen« Schweißverfahrens hängt
Schmelzbades vor einem Luftzutritt. Je besser dieser von einer Vielzahl oft schwer beeinflussbarer Fakto-
Schutz ist, desto besser ist die metallurgische Quali- ren ab:
tät des Schweißgutes, d. h., die Sicherheit des Bau- – Der Art der Bauteile,
teils gegen Versagen ist größer. Dieser Gesichts- – der Stückzahl,
punkt muss bei der Wahl des Schweißverfahrens für – dem Werkstoff,
das Fügen metallurgisch empfindlicher Werkstoffe, – der Werkstückdicke sowie von
die z. B. eine große Affinität zu Sauerstoff haben – den betrieblichen Gegebenheiten.
(Legierungsabbrand z. B. bei Chrom und Alumini-
um, Titan), oder bei einer Gasaufnahme leicht ver- Das für die Anwendung »optimale« Schweißverfah-
spröden (z. B. Titan, Tantal, Molybdän und Zirkoni- ren ist meistens erst nach sorgfältiger Analyse aller
um), besonders beachtet werden. genannten Einflussgrößen zu ermitteln.
120 3 Fügen

Normallagen Zwangslagen
PA (w) PB (h) PC (q) PD (hü) PE (ü) PF (s) PG (f)

Alte Bezeichnung der Schweißposition nach DIN 1912-2 (neu: DIN EN ISO 6947)

w waagerecht (Wannenlage) s senkrecht q waagerecht an senkrechter hü horizontal überkopf


h horizontal f fallend Wand (»Querposition«) ü überkopf

Neue Bezeichnung der Schweißposition nach DIN EN 287-1

PA Wannenposition PC Querposition PE Überkopfposition


PG Fallposition
PB Horizontal-Vertikalposition PD Horizontal-Überkopfposition PF Steigposition

Ausführungszeiten in Prozent

100 130 180 220 bis 250 220 70

Bild 3-6
Die Schweißpositionen nach der Bezeichnungsweise der DIN 1912-2 (neu: DIN EN ISO 6947) und der DIN EN 287-1. Die zum
Schweißen in den verschiedenen Positionen erforderlichen Ausführungszeiten sind bezogen auf die PA-Position angegeben.

Art der Bauteile Stückzahl


Wesentlich für die Verfahrensauswahl sind die Grö- Bei kleinen Stückzahlen sind viele Schweißverfah-
ße der Konstruktion und die Zugänglichkeit der zu ren geeignet. Häufig wird die Wahl von den betrieb-
fügenden Teile. Die Zugänglichkeit bestimmt die lichen Gegebenheiten bestimmt. Große Stückzahlen
Schweißzeit und damit in hohem Maße die Kosten. erfordern schon aus wirtschaftlichen Gründen hoch-
Der Konstrukteur sollte darauf achten, dass Schweiß- mechanisierte Schweißverfahren. Der Einsatz von
arbeiten möglichst nur in einer der beiden Normal- (Einzweck-)Vorrichtungen ist unerlässlich.
lagen gemäß Bild 3-6 ausgeführt werden können.
Durch einfache Dreh- und (oder) Wendevorrichtun- Werkstoff
gen lassen sich Zwangslagen oft in Normallagen Unabhängig von allen anderen Einflussgrößen be-
»umwandeln«. Außerdem muss bedacht werden, stimmt der Werkstoff in den meisten Fällen die
dass Zwangslagen in den meisten Fällen nur mit teu- Wahl des Verfahrens. In erster Linie sind folgende
reren Handschweißverfahren (z. B. Gasschweißen, werkstoffliche Besonderheiten zu beachten:
Lichtbogenhandschweißen) hergestellt werden kön- – Die Gaslöslichkeit (Porenbildung, Gefahr der
nen und überwiegend nicht mit den wirtschaftliche- Versprödung), z. B. bei Ti, Al, Mo, Stahl;
ren teil- oder vollmechanischen Verfahren (WSG-, – der Abbrand von Legierungselementen (Zähig-
MSG-, UP-Verfahren, Plasmaschweißen). keitsverlust, Einschlüsse), z. B. bei höherlegier-
ten Stählen und NE-Metallen;
Die Schweißzeit für ein Bauteil, das in Zwangsla- – die festhaftende Oxidhaut, z. B. bei Al, Mg, Ti
gen hergestellt wird, ist etwa um den Faktor 2 bis 3 und deren Legierungen. Die Beseitigung der Oxi-
größer als die, die zum Schweißen in Normallagen de ist nur mit sehr aggressiven Flussmitteln oder
erforderlich ist. Die Wirtschaftlichkeit ist damit deut- besser mit speziellen »flussmittelfreien« Verfah-
lich geringer. Wegen der erheblichen manuellen An- ren (WIG- oder MIG-Verfahren) möglich.
forderungen bei diesen Schweißpositionen kommen
nur hochqualifizierte Schweißer für Arbeiten in Das Gasschweißen wird für metallurgisch empfindli-
Zwangslage in Frage. Die größere Fehlerwahrschein- che Stähle und NE-Metalle praktisch nicht angewen-
lichkeit zwangslagengeschweißter Verbindungen det, da bei Sauerstoffüberschuss leicht Abbrand, bei
führt außerdem zu einem bemerkenswert großen Acetylenüberschuss Aufkohlung (Versprödung, Car-
Prüfaufwand (s. a. Abschn. 3.4.5.2). bidbildung) auftreten kann (Abschn. 3.3.2).
3.2 Werkstoffliche Grundlagen für das Schweißen 121

Werkstückdicke 3.2.1 Wirkung der Wärmequelle auf


Verbindungsschweißungen an Fügeteilen mit einer die Werkstoffeigenschaften
Werkstückdicke unter etwa 1 mm erfordern mecha-
nisierbare Verfahren und einen Badschutz, der das Für Schweißverfahren werden Wärmequellen ver-
Durchfallen des flüssigen Schweißguts verhindert wendet, die folgende Aufgaben erfüllen müssen:
und die Schweißwärme abführt. Das Schweißen von – Schmelzen des Grund- und Zusatzwerkstoffes.
Hand kann nur von hochqualifizierten Schweißern Wegen der i. Allg. großen Werkstückmasse und
ausgeführt werden und birgt außerdem die Gefahr, der großen thermischen Leitfähigkeit der Me-
dass bei ungleichmäßiger Schweißgeschwindigkeit talle sind meistens Verfahren mit hoher Leistungs-
das Schmelzbad durch den Luftspalt fällt oder die dichte erforderlich: Schmelzschweißverfahren.
Kanten der Nahtflanken nicht erfasst werden. Mit – Erhöhen der Verformbarkeit der Fügeteile. Sie ist
zunehmender Werkstückdicke werden schon aus für Verfahren bedeutsam, bei denen kein Fügeteil
wirtschaftlichen Gründen Verfahren mit großer Wär- aufgeschmolzen wird: Reib-, Kaltpressschwei-
mezufuhr, d. h. größerer Abschmelzleistung, bevor- ßen. Die größere Verformbarkeit und geringere
zugt. Aus metallurgischen Gründen darf aber die Festigkeit erleichtern den Bindevorgang.
Energiezufuhr nie bestimmte, von der Werkstückdi- – Verbessern der »Reaktionsfähigkeit« der Füge-
cke, der Vorwärmtemperatur und vor allem von der teile. Eine erhöhte Temperatur der Fügeteile er-
Art und chemischen Zusammensetzung des Werkstof- leichtert den Bindevorgang, weil Diffusionsvor-
fes abhängige Grenzwerte überschreiten. Großvolu- gänge, metallurgische oder chemische Reaktio-
mige, überhitzte (Abbrand) und heißrissanfällige nen und die Rekristallisation beschleunigt ablau-
Schweißgüter mit unerwünschtem Stängelgefüge fen können: Z. B. Lötverfahren, tieferer Einbrand
wären die Folge (Abschn. 3.2.4.2). bei »heißeren« Schweißverfahren (MIG/MAG-,
UP-Verfahren). In manchen Fällen müssen stö-
Zum Schweißen dickwandiger Bauteile eignet sich rende Oberflächenschichten (z. B. Oxidfilme)
nur eine geringe Anzahl von (Hochleistungs-)Verfah- meistens mit Hilfe chemisch aktiver Substan-
ren, nämlich UP-, Elektroschlacke- und Elektronen- zen (Flussmittel) metallurgisch unwirksam ge-
strahlschweißen. macht werden. Dazu sind ausreichend hohe Tem-
peraturen notwendig.
Betriebliche Gegebenheiten
In vielen Fällen müssen wohlbegründete Überlegun- Außer diesen für den Bindemechanismus erforder-
gen zur Wahl des Schweißverfahrens wegen betrieb- lichen Vorgängen bewirkt die Wärmequelle andere
licher Gegebenheiten bzw. einschränkender Möglich- – meistens negative – Eigenschaftsänderungen (s.
keiten korrigiert bzw. geändert werden. Aus wirtschaft- Abschn. 3.2.3).
lichen Gründen – das konkurrierende Fabrikat ist z.
B. billiger oder technisch hochwertiger – muss ein Wenn Verfahren mit großer Leistungsdichte 2) ver-
nicht optimales, aber ausreichendes und preiswerte- wendet werden, ist der thermisch beeinflusste Be-
res Schweißverfahren eingesetzt werden. Sind auch
notwendige Einrichtungen (z. B. Glühöfen, Vorrich- 2)
Der Begriff »Leistungsdichte«, angegeben z. B. in W/cm2,
tungen aller Art) nicht verfügbar, dann muss man kennzeichnet die Fähigkeit der Wärmequelle, wieviel Ener-
fachgerecht improvisieren. gie sie jedem cm2 der Oberfläche zuführen kann. Davon
zu unterscheiden ist die Kenngröße Streckenenergie E.
Sie gibt die Wärmemenge an, die jedem Zentimeter der
Schweißnahtlänge von der Wärmequelle zur Verfügung
gestellt wird. Die tatsächlich dem Werkstoff zugeführte
3.2 Werkstoffliche Grundlagen Wärmemenge ist aber von verschiedenen physikalischen
für das Schweißen Eigenschaften des Schweißverfahrens abhängig.
Diese Wärmeeinbringen Q genannte Wärmemenge wird
Beim Herstellen von Schweiß- und in wesentlich bei den Lichtbogenschweißverfahren aus den Einstellwer-
geringerem Umfang auch Lötverbindungen, die al- ten Lichtbogenspannung U(V), Schweißstrom I(A) und
der Vorschubgeschwindigkeit der Wärmequelle v(cm/s) be-
le notwendigen technischen und wirtschaftlichen An-
rechnet: Q = k⋅E = k⋅U⋅I/v in J/cm. In dieser Beziehung
forderungen erfüllen sollen, sind eingehende Kennt- beschreibt der thermische Wirkungsgrad k die unterschied-
nisse der beim Schweißen ablaufenden Gefüge- und liche Fähigkeit der Schweißverfahren, Wärme von der Wär-
Eigenschaftsänderungen nötig. mequelle auf das Werkstück übertragen zu können.
122 3 Fügen

reich der Verbindung klein. Mit der Wahl geeigne- tungsdichte führen sonst zu rissbegünstigenden ther-
ter auf den zu schweißenden Werkstoff angepasster mischen Spannungen. Reine Metalle besitzen die
Verfahren können die geschilderten metallurgischen größte Wärmeleitfähigkeit. Legierungselemente set-
Schwierigkeiten beseitigt bzw. verringert werden. zen sie z. T. stark herab.

Daraus folgt: Der Wärmeausdehnungskoeffizientαbestimmt


den Umfang der beim Schweißen entstehenden Ände-
Der Werkstoff diktiert die Schweißbedingungen rungen der Bauteilabmessungen (Verzug, Schrump-
fen, Verwerfen) und die Höhe der entstehenden Eigen-
Die Schweißverfahren, die Einstellwerte (z. B. Strom, spannungen. Bei unzureichender Verformbarkeit des
Spannung und Vorschubgeschwindigkeit) und die Werkstoffes, besteht die Gefahr der Rissbildung. Ge-
davon abhängigen Temperaturfelder sind in Abhän- schweißte Bauteile aus Werkstoffen mit großem Wär-
gigkeit vom Werkstoff zu wählen. Von großer Bedeu- meausdehnungskoeffizienten (Kupfer, Aluminium,
tung ist demnach die Einsicht, dass die Intensität Magnesium) erfordern daher auch oft aufwändige
der Wärmequelle kontrolliert werden muss, um unzu- Richtarbeiten (bzw. eigenspannungsvermindernde
lässige Werkstoffänderungen durch den Schweißpro- Vorrichtungen), wenn Abmessungen mit kleinen To-
zess auszuschließen bzw. klein zu halten. leranzen vorgeschrieben bzw. erwünscht sind.

In Tabelle 3-2 sind einige physikalische Eigenschaf-


3.2.2 Physikalische Eigenschaften der ten ausgewählter Metalle angegeben. Bild 3-7 zeigt
Werkstoffe sehr vereinfacht den Einfluss wichtiger physikali-
scher Eigenschaften der Werkstoffe auf das zu erwar-
Die physikalischen Eigenschaften der Werkstoffe tende Schweißverhalten bzw. auf die Wahl der Schweiß-
beeinflussen maßgebend verfahren.
– das Verhalten der Werkstoffe beim Schweißen
(Schweißeignung, Abschn. 3.2.4.4) und demzu- Die Gaslöslichkeit der Metalle verursacht beim
folge die mechanischen Gütewerte und die Si- Schweißen folgende Schwierigkeiten:
cherheit der Schweißverbindungen sowie – Vorausgesetzt, das Gas ist im Metall unlöslich:
– die Eignung und Wirksamkeit des Schweißver- Porenbildung, Gaseinschlüsse.
fahrens. – Vorausgesetzt, das Gas ist im Metall löslich. Die
Bildung von Einlagerungsmischkristallen (das
Der elektrische Widerstand R der Werkstoffe (spe- Gas wirkt wie ein »Legierungselement«!) ist häu-
zifischer Widerstand r bzw. Leitfähigkeit ) ist für fig mit einer großen Abnahme der Zähigkeit ver-
die einwandfreie Funktion verschiedener Schweiß- bunden. In vielen Fällen muss mit Rissbildung
verfahren von großer Bedeutung. Beim Widerstands- gerechnet werden. Ein typisches Beispiel für die
schweißen (Abschn. 3.8) beträgt die zwischen den schädigende Wirkung von Gasen ist die durch
zu schweißenden Werkstücken entwickelte Wärme- Wasserstoff hervorgerufene extrem gefährliche
menge Kaltrissbildung bei den hochfesten vergüteten
Feinkornbaustählen.
Q = I 2 ⋅ R ⋅ t.
– Vorausgesetzt, das Gas bildet Verbindungen (z.
Sie ist z. B. beim Kupfer wegen des geringen spezi- B. Fe2N). Abhängig von der Temperatur und den
fischen Widerstandes sehr gering. Dieser Werkstoff Abkühlbedingungen ist die Verbindung im Grund-
ist daher sehr schlecht widerstandsschweißgeeignet. werkstoff gelöst oder nicht gelöst. Nach dem Ab-
kühlen befindet sich das Gas entweder gelöst im
Mit zunehmender Wärmeleitfähigkeitλder Werk- Gitter, oder es liegt als Verbindung (Teilchen
stoffe sind in der Regel Schweißverfahren mit gro- bzw. Partikel) vor. In diesem Fall werden die Gü-
ßer Leistungsdichte erforderlich, um den während tewerte der Schweißverbindung durch Einschlüs-
des Schweißens entstehenden Wärmeverlust auszu- se in aller Regel nur mäßig verschlechtert.
gleichen. In der Praxis werden die Fügeteile aus gut
wärmeleitenden Werkstoffen (z. B. Cu, Al) meis- Tabelle 3-3 zeigt das Lösungsverhalten der wichti-
tens zusätzlich vorgewärmt. Die sehr hohen Abkühl- gen Gase Wasserstoff, Stickstoff und Sauerstoff in
geschwindigkeiten bei Verfahren mit großer Leis- Metallschmelzen beim Schmelzpunkt.
3.2 Werkstoffliche Grundlagen für das Schweißen 123

3.2.3 Einfluss des Temperaturfeldes Die »Wärmebehandlung« beim Schweißprozess un-


terscheidet sich deutlich von technischen Wärmebe-
Die fachgerechte, wirtschaftliche und sinnvolle Aus- handlungen (z. B. Normalglühen oder Härten). Sie
wahl eines Schweißverfahrens ist ohne Kenntnis ist die Ursache für eine ganze Reihe meist nachteili-
der grundlegenden verfahrenstechnischen Besonder- ger metallurgischer Änderungen des Werkstoffes und
heiten und der von der Schweißwärme erzeugten unerwünschter Eigenschaften bzw. Eigenschaftsän-
Eigenschaftsänderungen des Grundwerkstoffes und derungen des geschweißten Bauteils:
der Wärmeeinflusszone nur in den wenigsten Fäl-
len möglich. Die Aufheizgeschwindigkeiten sind sehr groß.
Alle Gefügeumwandlungen (beispielsweise die
Der Werkstoff wird an der Schweißstelle durch meis- bei Stahl: a -Fe → g -Fe) erfolgen nicht vollstän-
tens punktförmig wirkende, also sehr konzentrierte dig, weil die Haltezeiten (z. B. Austenitisierungs-
Wärmequellen aufgeschmolzen. Die Folgen sind zeit tH in Bild 3-8a) zu gering sind. Carbide, Nitri-
sehr große Aufheizgeschwindigkeiten (bis zu etwa de, Gefügeinhomogenitäten (z. B. Kristallseige-
1000 K/s) und Abkühlgeschwindigkeiten (einige rungen) können daher nicht vollständig besei-
100 K/s). Die Verweilzeit bei der jeweiligen Höchst- tigt werden. Große Temperaturgradienten, etwa
temperatur beträgt dabei nur einige Sekunden, wie gemäß Bild 3-8b), führen zu größeren Spannun-
Bild 3-8a) erkennen lässt. gen und geringerem Verzug.
Tabelle 3-2. Physikalische Eigenschaften wichtiger metallischer Werkstoffe.

Werkstoff Schmelzpunkt ϑS spezifischer Wärmeleit- Wärme-


bzw. Schmelz- Widerstand ρ fähigkeit λ ausdehnungs-
bereich koeffizient α

°C Ωm W / (m K) 10− 6 / K

Aluminium 660 2,6 ⋅ 10 – 8 238,6 23,9


Kupfer 1080 1,7 ⋅ 10 – 8 389 17,7
CuZn10 1050 13,5 ⋅ 10 – 8 75,4 16,4
Eisen 1530 10 ⋅ 10 – 8 81 12
(niedrig-)legierter Stahl 1430 bis 1500 10 ⋅ 10 – 8 bis 20 ⋅ 10 – 8 33,5 bis 50,5 11,4
austenitischer Stahl 1390 bis 1470 75 ⋅ 10 – 8 15 18,3
Magnesium 650 4,5 ⋅ 10 – 8 155 26,1
Molybdän 2610 5,2 ⋅ 10 – 8 142,4 5,0
Nickel 1450 7 ⋅ 10 – 8 92 13,3
NiCu 1350 48 ⋅ 10 – 8 25 14
Tantal 2996 12,5 ⋅ 10 – 8 50 6,5
Titanlegierungen 1550 bis 1600 50 ⋅ 10 – 8 bis 160 ⋅ 10 – 8 79,5 bis 180 5,0 bis 7,0
Wolfram 3410 5,6 ⋅ 10 – 8 150 4,6

Tabelle 3-3. Löslichkeit der Gase (Wasserstoff, Stickstoff, Sauerstoff) in Metallschmelzen beim Schmelzpunkt.

Zustandsform Löslichkeit Gas

Wasserstoff Stickstoff Sauerstoff

Al, Co, Cr, Cu, Fe,


löslich Fe Fe, Ag
Gas bildet keine Mn, Mo, Ni, W, Zn
Verbindung Cu, Ag, Au, Au,
unlöslich Au
Platin-Metalle Platin-Metalle
Verbindung Ti, Zr, Th, V, Ti, Zr, Th, V, Ti, Zr, Th, V,
stark löslich Nb, Ta Nb, Ta Nb, Ta
Verbindung Co, Cr, Fe, Mn, Cu, Co, Cr, Fe,
Gas bildet Verbindung Li, Na, K, Cs, Cu
mäßig löslich Mo, W Mn, Mo, Ni
Verbindung
− Li, Na, K Al, Mg, Be, Zn
unlöslich
124 3 Fügen

Betrachtete Eigenschaft Einfluss auf die Schweißverbindung bzw. auf die Schweißverfahren

thermische Leitfähigkeit l λ groß: Starker Wärmeabfluss in den Grundwerkstoff, daher sind i. Allg. Schweiß-
verfahren mit hoher Leistungsdichte und (oder) Vorwärmen erforderlich. Tempera-
turgefälle ist gering, d. h., der durch die Schweißwärme beeinflusste Bereich des
Werkstoffs (Wärmeeinflusszone WEZ, Abschn. 3.2.3) ist groß, die Schweißeigen-
T

spannungen sind geringer, der Verzug ist oft größer. Beispiele: Cu, Al, Mg.
λ klein: Geringer Wärmeabfluss, großes Temperaturgefälle, Breite der WEZ ge-
WEZ
ring, schärferer Eigenspannungszustand. Beispiel: austenitischer CrNi-Stahl.

groß l klein

elektrischer spez. Widerstand r ρ groß: Wichtige Eigenschaft beim Widerstandsschweißen. Erzeugen ausreichen-
der Energie zwischen den Blechen ist leichter. Beispiele: Stahl, Ti, NiCu30.
ρ klein: Zum Herstellen der Punktschweißverbindung benötigte Energie ist schwer
erzeugbar, besondere Maßnahmen sind erforderlich. Beispiel: Cu, durch große
Wärmeleitfähigkeit ist das Widerstandsschweißen zusätzlich erschwert.
groß r klein

Wärmeausdehnungskoeffizient a Bleche sind zwischen unbeweglichen Auflagern A und B eingeschweißt.


α groß: Starke Ausdehnung der Bleche beim Erwärmen, die bei kleinen Werk-
A B stückdicken zum Ausknicken (elastische und plastische Verformung), bei großen
zum Stauchen der Fügeteile führt (Verformung ist überwiegend plastisch). Beim
D l D l Abkühlen Schrumpfen um den gleichen Betrag (2⋅Δl), wodurch sehr hohe Schrumpf-
spannungen bzw. Risse entstehen.
α klein: Schweißeigenspannungen und Verzug sind gering, günstig vor allem bei
a groß starrer Einspannung und großer Wanddicke der Fügeteile, geringe Rissneigung
der Schweißverbindung. Bei geringen Wanddicken ist der Verzug (Schrumpfung)
der geschweißten (vor allem der großflächigen) Konstruktion gering.
a klein

Bild 3-7
Einfluss wichtiger physikalischer Eigenschaften der Werkstoffe auf ihr Schweißverhalten.

Die Maximaltemperaturen sind in der Nähe ne möglichst langsame Abkühlung ist anzustre-
der Schmelzgrenze sehr hoch (Bild 3-8a)). Trotz ben. Auch diese Maßnahmen gehören zur fach-
der sehr kurzen zeitlichen Einwirkung ist die gerechten Auswahl der Schweißverfahren.
Wirkung erheblich: Kornwachstum (Grobkorn)
und (oder) Lösung von Ausscheidungen (Carbi- Man bezeichnet den Bereich der Schweißverbindung,
den, Nitriden) sind die Folge. in dem die Schweißwärme Gefügeumwandlungen
Infolge der großen Abkühlgeschwindigkeiten oder in weiterem Sinne Gefügeänderungen hervor-
in der Nähe der Schmelzgrenze wird bei der Werk- ruft, als Wärmeeinflusszone (WEZ), Bild 3-8 und
stoffgruppe »wärmebehandelbarer Stähle« die 3-9. Bei umwandlungsfähigen Stählen reicht sie z.
Bildung aufgehärteter (d. h. martensitischer) riss- B. von der Schmelzgrenze bis zu der von der Aufheiz-
anfälliger Bereiche begünstigt, Bild 3-9. Hier- geschwindigkeit und der chemischen Zusammenset-
für ist es erforderlich, dass die nur werkstoffab- zung abhängigen Ac1-Temperatur, bei NE-Metallen
hängige obere kritische Abkühlgeschwindig- von der Schmelzgrenze bis zum Ort der ersten nach-
keit vok überschritten wird. Je größer die Leis- weisbaren Änderung des Gefüges (z. B. Kornwachs-
tungsdichte des Verfahrens ist, desto größer ist tum, Gasaufnahme, physikalische bzw. chemische
die Abkühlgeschwindigkeit [Bild 3-8a), Kurve 1 Änderungen). Die in der Wärmeeinflusszone auftre-
und 2]: Für aufhärtungsfreudige Stähle und an- tenden Änderungen der mechanischen Eigenschaften
dere empfindliche Werkstoffe sind daher derar- bestimmen zusammen mit den mechanischen Gü-
tige Verfahren nicht besonders gut geeignet. Ei- tewerten des Schweißgutes die Bauteilsicherheit.
3.2 Werkstoffliche Grundlagen für das Schweißen 125

2300 Bild 3-9 zeigt, dass bei Stahlschweißungen eine ge-


Verfahren mit
K
1
zunehmender
Leistungsdichte
ringe (große) Leistungsdichte eine geringe (große)
Temperatur T

Härte, aber eine breite (schmale) WEZ erzeugt. Ab-


2 hängig davon, welche Eigenschaft (große Härte, brei-

Temperatur T
T = Ac3
te WEZ) für die Bauteilsicherheit nachteiliger ist,
tH muss das Schweißverfahren u. a. nach der Leistungs-
dichte ausgewählt werden.
Ac3 Ac1
Zeit t Abstand von Nahtmitte x
3.2.4 Werkstoffbedingte Besonder-
WEZ
1 2
heiten und Schwierigkeiten
beim Schweißen
a) b)
3.2.4.1 Probleme während des Erwärmens
Bild 3-8 Umfang und Art der Schwierigkeiten hängen ent-
Temperaturverlauf in der Wärmeeinflusszone (WEZ) einer ge- scheidend von der Aufheizgeschwindigkeit, d. h. un-
schweißten Verbindung aus Stahl (schematisch). ter anderem von der Menge der zugeführten Energie
a) zeitlicher Verlauf an zwei »Punkten« der WEZ (Thermoele-
ab. Sie sind also stark verfahrensabhängig.
mente 1 und 2), tH = »Austenitisierungsdauer«
b) Verlauf in Abhängigkeit vom Abstand von der Schweiß-
nahtmitte für zwei Verfahren mit unterschiedlicher Leis- Die zugeführte Energie wird bei den Lichtbogen-
tungsdichte schweißverfahren anschaulich und einfach durch
das Wärmeeinbringen Q beschrieben. Das ist die
jedem Zentimeter Schweißnaht in der Sekunde von
der Wärmequelle des Schweißverfahrens zur Verfü-
gung gestellte elektrische Leistung:
Temperatur

Q = k ⋅ U ⋅ I / v in J /cm
k thermischer Wirkungsgrad, s. a. Fußnote
2, S. 121,
Ac1 Ac3
U ⋅ I elektrische Leistung im Schweißstrom-
kreis in J / s,
WEZ WEZ v Schweißgeschwindigkeit in cm /s.
Härteeindrücke
Q wird in der Praxis als Maßstab für die thermische
Beeinflussung des Werkstoffes beim Schweißen weit-
austenitisierte Bereiche
gehend angewendet.

Die beim Aufheizen entstehenden großen thermi-


Härte

schen Spannungen können bei wenig verformbaren


Werkstoffen bzw. bei größeren Werkstückdicken zu
Rissen führen. Je kleiner der Temperaturgradient
im Werkstück ist, desto geringer ist die Rissgefahr.
Kleine Temperaturgradienten sind durch Vorwär-
men und (oder) Schweißverfahren mit geringer Leis-
kleiner Leistungsdichte größer tungsdichte erreichbar.
geringer Härterissneigung größer
größer Breite der WEZ kleiner Die sehr große Gaslöslichkeit des schmelzflüssi-
weniger ausgeprägt Eigenspannungszustand schärfer gen Schweißgutes ist eines der Hauptprobleme der
Schweißtechnik. Die Gase – besonders Stickstoff,
Bild 3-9
Wirkung von Schweißverfahren unterschiedlicher Leistungsdich- Wasserstoff und Sauerstoff, oder aus Vergasungs-
te auf die Temperatur- und Härteverteilung in einer Schweißver- prozessen von Beschichtungen aller Art stammen-
bindung aus einem aufhärtungsfähigen Stahl (schematisch). den Gase – können sich beim folgenden raschen Er-
126 3 Fügen

starren nur unvollständig ausscheiden und verur- Temperatur erstarrenden Metalle und eutektische
sachen Porenbildung und Zähigkeitsverlust (Ab- Legierungen praktisch heißrissfrei.
schn. 3.2.2). Die atmosphärischen Gase müssen da-
her von der Schweißschmelze ferngehalten werden. Bild 3-10 zeigt die Primärkristallisation einer in ei-
Das geschieht bei den einzelnen Verfahren durch ner Lage hergestellten Schweißverbindung (s. a. Ab-
sehr unterschiedliche Maßnahmen: schn. 3.2.4.3). Das Schweißgut erstarrt – beginnend
– Umhüllung bei der Stabelektrode (Lichtbogen- von den Schmelzgrenzen – in Form länglicher Kris-
handschweißen); tallite (Dendriten). Die Kristallisationsfronten schie-
– geeignete Schutzgase (WIG-, MIG-, MAG-Ver- ben die bei geringerer Temperatur erstarrende Rest-
fahren), die extern zugeführt werden; schmelze vor sich her, ehe sie sich in Nahtmitte (ge-
– Pulverschicht (UP-Verfahren), die die Schmelze nauer thermische Mitte) treffen. Da der Gehalt an
und den Lichtbogen abdeckt; Verunreinigungen in der Restschmelze am größten
– völliges Ausschalten der Atmosphäre (das Elek- ist (z. B. in Form niedrigschmelzender eutektischer
tronenstrahlschweißen arbeitet mit Vakuum, oder Verbindungen, wie etwa FeS, NiS), muss bei groß-
die »natürliche« Atmosphäre wird vollständig volumigen Schmelzbädern mit einer ausgeprägten
durch ein Schutzgas ausgetauscht, z. B. Schwei- Heißrissneigung (evtl. Wiederaufschmelzrisse in der
ßen von hochreaktiven Werkstoffen unter einer WEZ), mit sehr geringen Festigkeitswerten, vor al-
Argonatmosphäre). lem aber mit einer sehr niedrigen Zähigkeit gerech-
net werden. Die Probleme werden gravierender mit
3.2.4.2 Probleme während des Erstarrens zunehmendem
Wegen der großen Abkühlgeschwindigkeiten und – Schmelzbadvolumen,
der erheblichen Turbulenzen im Schmelzbad sind – Gehalt an Verunreinigungen im Grundwerk-
Entmischungen der Legierungselemente über grö- stoff,
ßere Bereiche weniger ausgeprägt. Dagegen ist die – Wärmeeinbringen beim Schweißen (Gasschwei-
Kristallseigerung, also die Entmischung innerhalb ßen, u. U. UP-Schweißen) und
der Körner, praktisch unvermeidlich. Diese Erschei- – Erstarrungsintervall der Legierung.
nung ist bei unlegierten Stählen von untergeordneter
Bedeutung, bei hochlegierten Stählen und NE-Me- Daher ist die zunächst wirtschaftlich verlockend er-
tallen (z. B. Bronzen, CuNi-Legierungen) können scheinende Möglichkeit, dickwandige Bauteile in
jedoch große Nachteile, wie deutlich schlechtere einer Lage oder in wenigen Lagen zu schweißen,
Schweißeignung, verminderte Korrosionsbeständig- technisch i. Allg. nicht sinnvoll. In den meisten Fäl-
keit oder sogar Rissbildung entstehen. len wird daher die Mehrlagentechnik (in der Pra-
xis oft auch Pendellagentechnik oder Zugraupen-
Das größte Problem beim schnellen Abkühlen der technik genannt) gemäß Bild 3-10 gewählt. Die Stre-
Schweißverbindung ist das Entstehen von Rissen. ckenenergie jeder Lage ist ausreichend, um die je-
Je nach ihrer Entstehungstemperatur unterscheidet weils darunter liegende zum Teil
man Heißrisse und Kaltrisse. – aufzuschmelzen: Die Verunreinigungen werden
neu und gleichmäßiger verteilt, und
Ähnlich wie bei Gusswerkstoffen neigt auch das er- – umzukörnen: Bei der wichtigen Werkstoffgruppe
starrende Schweißgut unter bestimmten Bedingun- »Stahl« entsteht ein »Normalisierungseffekt«,
gen zur Bildung von Heißrissen. Sie entstehen im der das nachteilige Gussgefüge der Schweißnaht
Temperaturbereich zwischen Liquidus- und Solidus- zum Teil beseitigt.
temperatur kurz vor dem Ende der Erstarrung. Die
die Primärkristalle filmartig umgebende Restschmel- Die Mehrlagentechnik darf nicht mit der Zugrau-
ze wird durch die beim Abkühlen der Schweißnaht pentechnik (oft auch Strichraupentechnik genannt)
entstehenden Schrumpfkräfte getrennt. Die Rissbil- verwechselt werden. Der Aufbau der Naht erfolgt in
dung erfolgt interkristallin, also entlang der Korn- Form dünner und ohne größere Pendelbewegungen
grenzen. schnell gezogener Raupen. Der Raupenquerschnitt
und damit auch die mitgeführte Wärme ist so klein,
Da die wesentlichste Ursache des Heißrissbildung dass keine merkliche Umkörnung der unteren La-
die Temperaturdifferenz zwischen der Solidus- und gen stattfinden kann. Das dendritische Gussgefüge
der Liquidustemperatur ist, sind die bei konstanter bleibt weitgehend erhalten, d. h., eine Gefügever-
3.2 Werkstoffliche Grundlagen für das Schweißen 127

Art des Nahtaufbaus

Einlagentechnik Mehrlagentechnik
Pendellagentechnik Zugraupentechnik

Der gesamte Nahtquerschnitt wird mit Die durch jede Lage zugeführte Die einzelnen Lagen führen den darunter
einer Lage gefüllt. Das Schweißgutge- Energie erwärmt große Bereiche liegenden Lagen nur so wenig Energie zu,
füge zeigt gussähnliche Eigenschaften. der darunter liegenden Lagen und dass kein Umkörnen erfolgen kann. Das
Es besteht aus langen Stängelkristallen. der WEZ über Ac3. Das grobkör- Gussgefüge bleibt weitgehend erhalten.
Das Gefüge ist anisotrop. nige Gefüge wird also umgekörnt
(»Normalisierungseffekt«): aniso- Das Schweißgut und die WEZ sind als Fol-
Die im Schweißgut vorhandenen Verun- trope Stängelkristalle verschwin- ge der großen Eigenspannungen der vielen
reinigungen werden in Nahtmitte ange- den und das Gefüge wird wesent- schnell abkühlenden kleinvolumigen Lagen
häuft und begünstigen stark die Heißriss- lich feinkörniger. bei härtbaren Stählen härter und spröder
bildung. Die mechanischen Gütewer te (Martensit und Spannungsversprödung).
sind mäßig. Die Gütewerte (insbesondere die
Zähigkeit!) sind merklich besser als Diese Technik wird bei Schweißarbeiten in
Für sehr saubere Werkstoffe mit Hand- bei einlagig geschweißten Verbin- Zwangslage angewendet. Die sehr langen
schweißverfahren bis zu Wanddicken dungen. Bei thermisch empfindli- Schweißzeiten machen das Verfahren un-
von etwa 10 mm, mit Hochleistungsver- chen Werkstoffen (viele NE-Metal- wirtschaftlich, wobei die erreichbaren Eigen-
fahren (z. B. UP-Verfahren) bis etwa le) ist u. U. die Zugraupentechnik schaften eine allgemeine Anwendung tech-
30 mm anwendbar. geeigneter. nisch nicht sinnvoll machen.

Bild 3-10
Erstarrungsvorgänge (»Primärkristallisation«) bei Fe-C-Legierungen (Stahl) in Abhängigkeit von der Art des Nahtaufbaus
in einlagig und mehrlagig hergestellten Schweißverbindungen.

besserung wie bei der Pendellagentechnik ist nicht bar. Kaltrisse entstehen bei niedrigeren Temperatu-
möglich. Diese Methode des Lagenaufbaus muss ren meist durch das Ineinandergreifen mehrerer un-
aber bei allen Schweißarbeiten angewendet werden, tereinander wechselwirkender Ursachen:
bei denen nur geringe Schweißgutvolumina zuläs- – Aufhärtung in den schmelzgrenzennahen Berei-
sig sind. Das gilt vor allem für Schweißarbeiten in chen der Wärmeeinflusszone (Bild 3-9),
Zwangslagen, bei Wurzelschweißungen und beim – Belastungs- und (oder) Eigenspannungen,
Schweißen dünnwandiger Bleche. In Bild 3-10 ist – Versprödung z. B. durch Gasaufnahme (Wasser-
die unterschiedliche Gefügeausbildung der beiden stoff, Sauerstoff, Stickstoff) oder durch niedri-
Mehrlagentechniken schematisch dargestellt. ge Betriebstemperaturen (Sprödbruch).

Bei hohem Einschlussgehalt, z. B. bei den qualitativ


hochwertigen, besonders beruhigten Stählen, kön-
nen auch in der Wärmeeinflusszone Heißrisse ent-
stehen (Spaltfreudigkeit), wie Bild 3-11a) zeigt.

Die schmelzenden Einschlüsse treiben den Werk- s


stoff an der Schmelzgrenze rissartig auseinander.
Eine Werkstofftrennung kann allein durch die Wir- b)
a)
kung hoher Schrumpfspannungen ausgelöst werden,
wenn die Einschlüsse zeilenförmig angeordnet sind. Bild 3-11
Entstehung von Werkstofftrennungen in Stählen mit hohem
Bild 3-11b) verdeutlicht diese Zusammenhänge.
Einschlussgehalt.
a) Schmelzende Einschlüsse »spalten« das Blech
Die Ursachen der meist transkristallin verlaufenden b) große Schrumpfspannungen s führen bei Einschlusszeilen
Kaltrisse sind komplexer und schwerer überschau- zur Rissbildung (schematisch)
128 3 Fügen

Risse infolge Aufhärtung lassen sich am sichersten


durch die Wahl schlecht härtbarer, d. h. niedrigge-
kohlter (C ≤ 0,2 %) (niedrig-)legierter Stähle vermei-
den. Je geringer die werkstofflichen und fertigungs-
technischen Schwierigkeiten eines Werkstoffes beim
Schweißen sind, desto besser ist seine Schweißeig-
nung (Abschn. 3.2.4.4). Fertigungstechnisch kann
eine zu große Abkühlgeschwindigkeit sehr sicher
durch ein Vorwärmen (100 °C bis 250 °C) der Füge-
teile oder durch Schweißverfahren verringert wer-
den, die mit großer Streckenenergie arbeiten kön-
nen (z. B. das UP-Verfahren).

Die Wirkung der großen Abkühlgeschwindigkeit


macht sich unangenehm bemerkbar bei Zündstel- Bild 3-12
len (Lichtbogenansatzstellen): Eine Zündstelle ist Risse in einer Ansatzstelle beim Schweißen (»Zündstelle«);
ein kleinerer über Schmelztemperatur erwärmter Werkstoff AlMg4,5Zn1; V O 5:1.
Werkstoffbereich, der durch einen auf der Werkstück-
oberfläche gezündeten und sofort rasch weiterbeweg-
ten Lichtbogen (z. B beim WIG-Schweißen) erzeugt
wird. Die folgende schnelle Abkühlung führt in vie-
len Fällen zu Schrumpfrissen. Bei höhergekohlten
Stählen (C > 0,2 %) entstehen wegen der Bildung
von hartem, sprödem Martensit fast immer Risse.
Der Lichtbogen darf daher nur unmittelbar im Be-
reich der Schweißnaht gezündet werden.

Bei martensitischen Gefügen entstehen durch Was-


serstoff leicht die wasserstoffinduzierten Kaltrisse,
die wegen ihrer Lage in der Schweißverbindung
auch Unternahtrisse genannt werden. Sie entstehen
unmittelbar an der Schmelzgrenze in der aufgehärte-
ten WEZ. Bei vergüteten Stählen können schon ge-
Bild 3-13
ringste Mengen (etwa 1 ml H2/100 g Fe) den gefährli- Riss in der Wärmeeinflusszone einer Schweißverbindung aus
chen wasserstoffinduzierten Riss 3) auslösen. Außer dem Stahl C45 unmittelbar neben der Schmelzgrenze (»Unter-
vakuumerschmolzenen Grund- und Zusatzwerkstof- nahtriss« = wasserstoffinduzierter Kaltriss); V = 400:1.
fen sind in diesem Fall extrem sorgfältige Fertigungs-
bedingungen erforderlich. Die Eigenschaften der Verbindung bzw. Auftragung
werden weitgehend von denen der »Mischzone« bzw.
3.2.4.3 Verbindungs- und Auftragschweißen ihres Gefüges bestimmt. Sie hängen sehr ab vom
unterschiedlicher Werkstoffe Grad der Löslichkeit der beteiligten Elemente inein-
Beim Verbinden zweier unterschiedlicher Werkstof- ander und der Menge (und Verteilung) entstehender
fe durch Schmelzschweißverfahren entsteht wenigs- spröder Gefügebestandteile, siehe Bild 3-14:
tens örtlich eine Zone, in der sich beide Werkstoffe
im schmelzflüssigen Zustand vermischt haben. Der ❶ Völlige Unlöslichkeit (Eutektikum). Die Gü-
Umfang des Vermischens wird mit dem Aufschmelz- te der Verbindung hängt entscheidend von den
grad AS ausgedrückt (Abschn. 3.1.3 und Bild 3-4). Eigenschaften der Komponenten ab. Durch das
schnelle Abkühlen entsteht im Allgemeinen ein
3) sehr feines, hartes eutektisches Gefüge. Niedrig-
Der wasserstoffinduzierte Kaltriss wird im englischen
Schrifttum delayed (verzögert) fracture genannt. Diese schmelzende Bestandteile (z. B. FeS bei Stahl,
Bezeichnung drückt aus, dass die Risse erst Stunden (Ta- NiS bei Nickelwerkstoffen) können zur Heißriss-
ge) nach der Wasserstoffbeladung entstehen (können). bildung führen.
3.2 Werkstoffliche Grundlagen für das Schweißen 129

lfd. Zustandsschaubild Gefüge des Schweißguts, zu erwartende Eigenschaften der


Nr. Einlagentechnik Schweißverbindung
(sehr vereinfacht)

Schweißgut Zusatzwerkstoff = A
1. Wenn A und B völlig unlöslich ineinander sind,
Eutektikum E = A + B
ist keine Bindung möglich (z. B. Fe – Pb), nur indi-
rekt über ein weiteres drittes Metall C, wenn A  C
S und B  C legierbar sind.
A B
➊ A+E E+B
A B 2. Die Gütewerte der Verbindung sind praktisch nur
von den Eigenschaften des Eutektikums und von
A bzw. B abhängig. Das Schweißgut besteht über-
Dc wiegend aus dem Zusatzwerkstoff A und E bzw.
primäre A - Kristalle dem Zusatzwerkstoff B und E. Niedrigschmelzen-
Dc = Konzentrationsbereich der Le- de Eutektika können aber zum Heißriss führen.
gierungselemente im Schweißgut

Schweißgut Zusatzwerkstoff = A 1. Das Schweißgut besteht nur aus zähen, wenig


rissanfälligen Mischkristallen.
Dc S
2. Die Schweißverbindung hat optimale metallurgi-
➋ A B A B sche und mechanische Eigenschaften; aber das
Schweißgut ist meistens kristallgeseigert. Das
a - MK kann in schwierigen Fällen aber die Korrosions-
Schweißgut besteht vollständig anfälligkeit des Schweißguts erhöhen.
aus (kristallgeseigerten) a - MK.en

Schweißgut Zusatzwerkstoff = A
V
1. Das Schweißgut enthält eine spröde intermediä-
Eutektikum E 1 = A + V
Dc re Verbindung V. Geringe Mengen (vor allem an
den Korngrenzen!) führen meist zur vollständi-
gen Versprödung der Verbindung.
A B 2. a) Verfahren wählen, mit dem geringe Aufschmelz-
A B
grade erreichbar sind, dadurch wird V-Gehalt
E1 E2 geringer. Hartlöten ist hervorragend geeignet,
primäre A-Kristalle E2 = B + V wenn die Festigkeit ausreicht.
a1 a2 b) Teuer, aber nahezu immer erfolgreich ist es,
➌ a1 a2 die Flanke mit einem Werkstoff C zu puffern,
A B der weder in der Kombination A  C noch C  B
intermediäre Verbindungen bildet. Siehe auch
A C B Bild 3-4, S. 118.
System A - C System C - B
c) Häufig wird Ni oder Ni-haltiger Zusatzwerk-
oder Zusatzwerkstoff = Ni = C stoff gewählt: Ni bildet mit vielen Elementen
a Ni,A a Ni,B a Ni,A (Ni + A) a Ni,B (Ni + B) lückenlose MK-Reihen oder ausgedehnte MK-
Bereiche Diese sind sehr zähe, risssicher und
korrosionsbeständig, aber extrem empfindlich
A C B A B für Schwefel. Das Schweißgut besteht aus Ni-
haltigen Mischkristallen.

Bild 3-14
Metallurgische Vorgänge beim Schweißen unterschiedlicher Werkstoffe A und B, schematisch, siehe auch Bild 3-4, S. 118.

❷ Völlige Löslichkeit (lückenlose Mischkristall- – Cu-Zn-Legierungen (Messinge) mit Zinkge-


reihe). Das gesamte Schweißgut besteht aus sehr halten über 50 % die Phase Cu5Zn8, bei
zähen, wenig rissanfälligen, aber meistens kris- – Cu-Sn-Legierungen (Bronzen) Cu31Sn8 und
tallgeseigerten Mischkristallen. Die Schweißver- bei den
bindung hat gute metallurgische und mechani- – Al-Fe-Legierungen Al3Fe oder Al5Fe2.
sche Eigenschaften.
❸ Spröde Gefügebestandteile. Bilden sich inter- Durch Mischen der Legierungselemente der zu ver-
mediäre Verbindungen, dann führen selbst ge- bindenden Werkstoffe (insbesondere höher kohlen-
ringste Mengen in den meisten Fällen zum Ver- stoffhaltige bzw. legierte Stähle) kann spröder, riss-
spröden der Schweißverbindung. Das gilt vor anfälliger Martensit entstehen. Diese vor allem beim
allem dann, wenn sich diese Phase filmartig an Panzern (Bild 3-4) zu beobachtende Erscheinung
den Korngrenzen ausscheidet. Bei entsprechen- erfordert sorgfältigste Wahl des Panzerwerkstoffes,
den Mischungsverhältnissen entsteht z. B. bei evtl. des Pufferwerkstoffes und des Schweißverfah-
130 3 Fügen

rens. Von besonderer Wichtigkeit in diesem Fall ist, – Metallurgische Eigenschaften (Erschmelzungs-
dass der Anteil des aufgeschmolzenen Grundwerk- und Desoxidationsart, Warm-, Kaltformgebung,
stoffes so klein wie möglich bleibt, d. h., das Wärme- Wärmebehandlung). Sie sind bestimmend für
einbringen beim Schweißen muss ausreichend klein Art und Umfang der Seigerungen, Einschlüsse,
gewählt werden. Mit hierfür geeigneten Schweißver- Korngröße, Gefügeausbildung.
fahren (z. B. Gasschweißen, MAG-Schweißen mit – Physikalische Eigenschaften. Die Wärmeleitfä-
Kaltdrahtzufuhr, UP-Schweißen mit Bandelektro- higkeit und das Ausdehnungsverhalten (z. B.
den, Flammspritzen, Plasmaauftragschweißen) wird bei ferritischen oder austenitischen hochlegier-
dieses Ziel erreicht. In Bild 3-14 sind die Vorgänge, ten Stählen) müssen in Sonderfällen berücksich-
die die Verbindbarkeit zweier Werkstoffe bestim- tigt werden.
men, schematisch an Hand typischer (Zweistoff-)
Zustandsschaubilder dargestellt. Die Schweißsicherheit einer Konstruktion ist vor-
handen, wenn das Bauteil aufgrund seiner konstruk-
3.2.4.4 Schweißbarkeit metallischer tiven Gestaltung unter den vorgesehenen Betriebs-
Werkstoffe bedingungen funktionsfähig bleibt. Auf diese Eigen-
Die Schweißbarkeit eines Werkstoffes ist vorhan- schaft hat also der Stahlhersteller keinen Einfluss.
den, wenn der Stoffschluss durch Schweißen mit ei- Sie wird vielmehr von einer Reihe von Faktoren be-
nem gegebenen Schweißverfahren bei Beachtung ei- stimmt, die ausschließlich vom Stahlverarbeiter (dem
nes geeigneten Fertigungsablaufes erreicht werden Schweißbetrieb) abhängen:
kann (nach DIN 8528-1). Die geschweißten Verbin- – Konstruktive Gestaltung: Kraftfluss, Werkstück-
dungen müssen die an sie gestellten Anforderungen dicke, Anordnung der Schweißnähte, Kerbwir-
(z. B. mechanische Beanspruchbarkeit, hohe bzw. kung,
tiefe Betriebstemperatur, ausreichende Sprödbruch- – Beanspruchungszustand: statisch, dynamisch,
sicherheit gegen Korrosionseinwirkung) sicher erfül- schlagartig, Betriebstemperatur,
len (Bewährung). – Fertigungsbedingungen: Temperatur, bei der ge-
schweißt wird (unterhalb  5 °C Außentempera-
Dazu ist in erster Linie ein ausreichendes Verformungs- tur sollten z. B. aus unlegiertem Stahl bestehen-
vermögen der durch die Schweißwärme beeinflussten de Fügeteile auf Handwärme angewärmt wer-
Bereiche der Verbindung (Wärmeeinflusszone) und den), die Lage der Seigerungszonen ist zu beach-
des Schweißgutes erforderlich, um die sehr gefährli- ten, Schweißbedingungen an Eigenheiten des zu
chen verformungslosen bzw. verfor mungsarmen schweißenden Werkstoffs anpassen).
Trennbrüche (Sprödbrüche) auszuschließen.
Die Schweißmöglichkeit ist vorhanden, wenn die
Die Schweißbarkeit, Bild 3-15, hängt ab von dem vorgesehenen Schweißungen bei den gewählten Fer-
– Werkstoff (Teileigenschaft Schweißeignung), der tigungsbedingungen fachgerecht hergestellt werden
– Konstruktion (Teileigenschaft Schweißsicher- können. Sie wird u. a. bestimmt von der
heit) und der
– Fertigung (Teileigenschaft Schweißmöglich- Schweißeignung
keit). Werkstoff

Die Schweißeignung eines Werkstoffs ist vorhan-


den, wenn bei der Fertigung aufgrund der chemi- Schweiß-
it

schen, metallurgischen und physikalischen Eigen- barkeit des


Sc

e
hk
hw

schaften des Werkstoffs eine den jeweils gestellten Bauteils


lic
eiß ruktio
Ko

Fe mög

Anforderungen entsprechende Schweißung herge-


g
n
sic

un
st

eiß

stellt werden kann. Die Schweißeignung hängt in


rtig
he

hw
rhe
n

der Hauptsache von folgenden Faktoren ab:


Sc
it

– Chemische Zusammensetzung. Sie ist bestim-


mend für die Sprödbruchneigung, Alterungsnei-
Bild 3-15
gung, Aufhärtung, Heißrissneigung, Korrosi- Die Schweißbarkeit eines Bauteils hängt ab von der Schweiß-
onsverhalten und die mechanischen Eigenschaf- eignung, Schweißsicherheit und Schweißmöglichkeit (nach
ten der Verbindung. DIN 8528-1).
3.3 Gasschweißen (Kennzahl: 311) 131

– Vorbereitung zum Schweißen: Schweißverfah- 3000


ren, Zusatzwerkstoffe, Hilfsstoffe, Stoßart, Wand- ° C

Temperatur T
2000
dicke(n) und der
– Ausführung der Schweißarbeiten: Wärmefüh- 1000
rung, Wärmeeinbringen, Vorwärmen der Füge-
0
teile, Wärmevor- bzw. -nachbehandlung.

3.3 Gasschweißen (Kennzahl: 311)


2 bis 5 mm
3.3.1 Verfahrensprinzip 1 2 3 Schweißbereich 4

Der Schmelzfluss entsteht durch unmittelbares, ört- 1 Kaltes Acetylen - Sauerstoffgemisch


lich begrenztes Einwirken einer Brenngas-Sauerstoff- 2 Acetylenzerfall:: 2 × C2H2 ® 4 × C + 2 × H2
Flamme. Wärme und Schweißzusatzwerkstoff wer- 3 1. Verbrennungsstufe (Schweißbereich) besteht in der
Hauptsache aus reduzierenden Flammgasen CO und H2:
den getrennt zugeführt (DIN ISO 857-1). Als Brenn- 2 × C + H2 + O2 ® 2 × CO + H2
gas wird wegen seines in der ersten Verbrennungs- 4 2. Verbrennungsstufe (»Streuflamme«):
stufe entstehenden hohen Heizwertes praktisch aus- 4 × CO + 2 × H2 + 3 × O2 ® 4 × CO2 + 2 × H2O
schließlich Acetylen verwendet. Die bei den Reaktio- Bild 3-16
nen des Sauerstoffs mit dem Brenngas (Abschn. 3.3.2) Temperaturverteilung und Verbrennungsvorgänge in der neut-
freiwerdende Wärme wird durch Konvektion und ralen Acetylen-Sauerstoff-Flamme.
Strahlung auf die Schweißteile übertragen. Da der
Schweißbrenner, d. h. die Wärmequelle und der Zu- 2 ⋅ C + H2 + O2 → 2 ⋅ CO + H2 − Q2.
satzwerkstoff von Hand geführt werden, kann der
Schweißer das Energieangebot leicht verändern und Wegen der in dieser Zone vorhandenen reduzie-
den Erfordernissen der jeweiligen Schweißaufgabe renden Gase (CO und H2) und der hier herrschenden
optimal anpassen. Dadurch werden z. B. die Schweiß- höchsten Flammentemperatur (etwa 3400 K) wird
arbeiten an Dünnblechen erleichtert, und beim Auf- in diesem Bereich geschweißt. Vorhandene oder
tragschweißen sind Aufschmelzgrade unter 5 % er- beim Schweißen neu gebildete Oxide können wenigs-
reichbar (Abschn. 3.1.3 und 3.2.4.3). tens z. T. durch die Wirkung der reduzierenden Gase
beseitigt werden. Die Wirkung der Gase entspricht
Im Vergleich zu den Lichtbogenschweißverfahren damit der der Reduktions- und Schutzmechanismen
besitzt die Wärmequelle »Flamme« eine geringere anderer Schweißverfahren (z. B. Schutzgase beim
Energiedichte, und der Wärmeübergang auf die Metall-Schutzgasschweißen, Umhüllungsbestand-
Schweißteile ist merklich schlechter. Daraus erge- teile beim Lichtbogenhandschweißen, spezielle Pul-
ben sich wirtschaftliche und technische Grenzen der ver beim UP-Schweißen).
Anwendbarkeit dieses Verfahrens (Abschn. 3.3.7).
Wird dieser hellleuchtende Kern versehentlich in
das Schmelzbad getaucht, dann nimmt er Kohlen-
3.3.2 Die Acetylen-Sauerstoff-Flamme stoff, Wasserstoff und (oder) Sauerstoff auf: Die
Schmelze wird aufgekohlt (hart und spröde) oder
Das aus dem Brennermundstück strömende Gas- Legierungselemente brennen ab (unerwünschte Ei-
Sauerstoffgemisch – üblicherweise im Verhältnis genschaftsänderungen).
1:1 – bleibt zunächst unverändert beständig, Bild 3-
16, Pos 1. In dem hellleuchtenden Kern zerfällt das 1 m3 Acetylen 4) benötigt zum vollständigen Verbren-
Acetylen unter erheblicher Wärmeentwicklung (Q1), nen 2,5 m3 Sauerstoff. Daher reagieren die noch nicht
Position 2: vollständig verbrannten Gase (CO, H2) in der zwei-
ten Verbrennungsstufe, Position 4, mit dem Luftsau-
C2H2 → 2 ⋅ C + H2 − Q1.
erstoff, der der Umgebung entzogen wird. Sauer-
In der ersten Verbrennungsstufe, Position 3, wird
der beim Schweißen zugeführte Sauerstoff für eine 4)
Alle Volumenangaben im Folgenden sind Normvolumen
unvollständige Verbrennung verbraucht: nach DIN 1343.
132 3 Fügen

stoffmangel, CO2- bzw. CO-Überschuss, oder die 3.3.3 Betriebsstoffe: Acetylen,


Bildung von Stickoxiden und Kohlenwasserstoffen Sauerstoff
können die Folge sein:
Das wichtigste Brenngas für die Gasschweißung ist
4 ⋅ CO + 2 ⋅ H2 + 3 ⋅ O2 → 4 ⋅ CO2 + 2 ⋅ H2O − Q3.
Acetylen. Der Heizwert der 1. Verbrennungsstufe
Für die Wärmeintensität ist nicht der gesamte Heiz- und die Zündgeschwindigkeit sind groß. Daher ist
wert entscheidend, sondern nur die Summe aus Bil- es zum Schweißen besonders gut geeignet.
dungsenthalpie des Acetylens und dem auf die ers-
te Verbrennungsstufe entfallenden Heizwertanteil. Acetylen wird in Entwickler genannten Geräten aus
Der Heizwert der 2. Verbrennungsstufe ist größer, Calciumcarbid (CaC2) und Wasser hergestellt:
er kann aber nicht genutzt werden, da aus den be-
CaC2 + 2 ⋅ H2O → Ca(OH)2 + C2H2 − Q.
kannten Gründen mit der heißen, reduzierenden Pri-
märflamme geschweißt werden muss. Die (praktische) Ausbeute liegt zwischen 250 l und
300 l Acetylen je kg Calciumcarbid. Es wird entwe-
Abhängig vom Mischungsverhältnis M = Acety- der in Leitungen weitergeführt oder in Stahlflaschen
len : Sauerstoff unterscheidet man drei Flammen- mit Überdruck abgefüllt.
einstellungen:
Acetylen ist extrem druck- und temperaturempfind-
Neutrale Flamme (M = 1:1). Sie wird zum lich; bei Drücken über etwa 1,5 bar »zerfällt« es ex-
Schweißen nahezu aller Werkstoffe verwendet. plosionsartig unter Wärmeabgabe (Acetylenzerfall).
Im Schweißbereich herrscht die größte Tempera- Es ist also sehr gefährlich im Umgang. Daher darf
tur (Bild 3-16). Die Flammgase (CO, H2) wir- der Betriebsdruck in acetylenführenden Leitungen
ken reduzierend. 1,5 bar nicht übersteigen. Das gleiche geschieht bei
Oxidierende Flamme (Sauerstoffüberschuss, Temperaturen über 300 °C bei einem Mischungsver-
M < 1). Diese Flammeneinstellung wird für die hältnis C2H2 : O2 = 1:1. Eine weitere Gefahrenquel-
Stahlschweißung nicht verwendet, da der über- le ist die Explosionsneigung von Acetylen-Luft- bzw.
schüssige Sauerstoff in der Primärflamme zu Acetylen-Sauerstoff-Gemischen. Bei Acetylenantei-
einem starken Abbrand führt. Lediglich beim len von 2,8 % bis 93 % (Rest Sauerstoff) entstehen
Schweißen von Messing wird mit Sauerstoff- explosionsfähige Gasgemische, d. h., die Explosions-
überschuss gearbeitet. Dadurch kann die Zink- gefahr besteht bei praktisch jedem Mischungsver-
verdampfung vermieden werden. hältnis. Sorgsamstes Arbeiten und Beachten der ein-
Aufkohlende Flamme (Acetylenüberschuss, schlägigen Unfallschutzbestimmungen sind im Um-
M > 1). Sie wird praktisch nur zum Schweißen gang mit Acetylen zwingend erforderlich.
von Gusseisen verwendet. Dadurch bleibt der er-
forderliche hohe Kohlenstoffgehalt dieses Werk- Das Speichern des Acetylens in Stahlflaschen (Kenn-
stoffs erhalten. farbe neu: kastanienbraun, alt: gelb) ist daher nur
auf Umwegen möglich. Man macht sich dabei die Er-
fahrung zunutze, dass in kleinsten Hohlräumen (Ka-
pillaren) der Acetylenzerfall verhindert wird. Außer-
dem wird die große Lösungsfähigkeit des Acetylens
in Aceton genutzt. In die vollständig mit einer porö-
sen Masse »gefüllten« Stahlflasche – nur etwa 10 %
des Flaschenvolumens nimmt die Masse ein, das rest-
liche Volumen besteht aus »kapillaren Räumen« –
werden 13 l Aceton eingebracht, wobei ein Liter Ace-
ton etwa 25 l Acetylen löst. Der Flaschenfülldruck
des Acetylens beträgt 19 bar. Die Flasche enthält dem-
nach annähernd 13 ⋅ 25⋅ 19 l O 6000 l Acetylen. Die
Acetylenentnahme sollte 1000 l/h nicht überschrei-
Bild 3-17 ten, weil sonst Aceton in größeren Mengen mitgeris-
Schnitt durch den Injektorbrenner mit auswechselbaren sen, wodurch die Schweißnaht verdorben wird und
Schneideinsätzen. die Armaturen verschmutzen (»verkleben«).
3.3 Gasschweißen (Kennzahl: 311) 133

Der Umgang mit Acetylenflaschen erfordert die Be- 3.3.4 Der Schweißbrenner
achtung folgender Vorschriften und Empfehlungen:
– Die Flasche nie der prallen Sonne aussetzen Im Schweißbrenner werden Sauerstoff und Acety-
(Baustellen!) oder neben Heizquellen aufstellen: len gemischt. Das Mischungsverhältnis muss dabei
Unzulässiger Druckanstieg ist die Folge! auch über längere Schweißzeiten möglichst konstant
– Die Acetylenentnahme sollte dauernd 600 l/h, bleiben, weil nur dann die metallurgische Qualität
kurzzeitig 1000 l/h nicht überschreiten: des Schweißguts erhalten bleibt. Die bevorzugte Bau-
Mitgerissenes Aceton verschmutzt Schlauch! art ist der Saugbrenner (Injektor- oder Niederdruck-
– Die Flasche nicht werfen: brenner), wie er in Bild 3-17 dargestellt ist. Der Sau-
In der porösen Masse können sich größere Hohl- erstoff wird dem Brenner mit einem Druck von et-
räume mit hochverdichtetem Acetylen bilden; wa 2 bar bis 3 bar zugeführt und strömt mit großer
es besteht die Gefahr des Acetylenzerfalls! Geschwindigkeit durch die Injektorbohrung.

Der Flaschendruck wird durch ein Druckminderven- Durch den entstehenden großen Unterdruck (Ber-
til auf den erforderlichen Gebrauchsdruck reduziert. noullisches Gesetz) wird das Acetylen angesaugt.
Es wird direkt an der Flasche angeschlossen. In der Mischdüse erfolgt die Mischung der Gase im
vorgesehenen Mischungsverhältnis.
Der Sauerstoff wird durch fraktionierte Destillation
der flüssigen Luft hergestellt und dem Verbraucher Für die verschiedenen zu schweißenden Werkstück-
flüssig oder – weitaus häufiger – gasförmig in Stahl- dicken sind unterschiedliche Heizleistungen erfor-
flaschen (Kennfarbe blau) geliefert. Bei einem Raum- derlich. Sie werden vom Gasdurchsatz, d. h. von der
inhalt von 40 l (bzw. 50 l bei Leichtstahlflaschen) Größe der Injektorbohrung bestimmt. Die Heizleis-
und einem Fülldruck von 150 bar (bzw. 200 bar bei tung ist also von der Größe des auswechselbaren
Leichtstahlflaschen) enthalten sie bei dem Umge- Schweißeinsatzes abhängig. Eine sorgfältige Behand-
bungsdruck p = 1 bar nach dem Gesetz von Boyle- lung des Brenners und der Schweißeinsätze ist not-
Mariotte 6000 l (bzw. 10 000 l) Sauerstoff: wendig. Dichtet der Schweißeinsatz am Griffstück
nicht einwandfrei oder ist das Mundstück verstopft,
p1⋅v1 = p2⋅v2 = konst. = 150 bar⋅40 l = 1bar⋅6000 l.
dann dringt Sauerstoff in die Acetylenkanäle (Explo-
Auch der Umgang mit Sauerstoff erfordert besonde- sionsgefahr!). Bei einem Flammenrückschlag schlägt
re Vorsicht. Schon ein geringfügig erhöhter Sauer- die Flamme in den Brenner zurück, weil die Zündge-
stoffgehalt der Luft (• 25 %) führt zu einer stark er- schwindigkeit größer als die Ausströmgeschwindig-
höhten Verbrennungsgeschwindigkeit und einer er- keit ist (z. B. weil das Mundstück mit Ablagerungen
heblich geringeren Zündtemperatur. Dadurch sind auf der Werkstückoberfläche verstopft ist), könnte
Löschversuche häufig ohne Erfolg, oder sie kommen der Acetylenschlauch bzw. die Acetylenflasche explo-
zu spät. Folgende Maßnahmen und Vorschriften dieren. Dieses Ereignis läßt sich mit einer Vorrich-
sind im Umgang mit Sauerstoff zu beachten: tung (Sicherheitsvorlage) verhindern, die die rück-
– Das Gewinde am Flaschenhals muss frei von schlagende Flamme löscht.
Fett und Öl sein: Feuergefahr!
– Das Flaschenventil nur eine halbe bis eine Um-
drehung öffnen: Ein schnelles Schließen ist dann 3.3.5 Arbeitsweisen beim
im Ernstfall »gefahrlos« möglich! Gasschweißen
– Nie funkenschlagende Werkzeuge verwenden:
Funken- d. h. Brand- und Explosionsgefahr! Eine wichtige Voraussetzung zum Herstellen ein-
– Die Flasche muss gegen Umfallen gesichert sein: wandfreier Schweißverbindungen ist das vollstän-
Ein beschädigtes oder abgebrochenes Flaschen- dige Aufschmelzen der Fugenflanken der Fügeteile.
ventil kann aus der Sauerstoffflasche eine Rake- Der Grundwerkstoff und der von Hand zugesetzte
te machen! Schweißstab werden gleichzeitig von der Flamme
– Man darf Räume nie mit Sauerstoff belüften: aufgeschmolzen.
Sträflicher, weil oft tödlicher Leichtsinn!
Je nach der Haltung des Schweißbrenners und des
Wegen des großen Flaschendrucks benutzt man für Schweißstabes beim Schweißen unterscheidet man
Sauerstoff zweistufige Druckminderer. folgende Arbeitstechniken:
134 3 Fügen

Nachlinksschweißen Die Vorgängernorm DIN 8554-3 enthielt den jewei-


Der Schweißstab wird in Schweißrichtung vor ligen Stabklassen zugeordnete Angaben über die
der Flamme geführt, Bild 3-18a). Der Brenner Festigkeitseigenschaften der mit den entsprechenden
weist nicht direkt auf das Schmelzbad. Dadurch Stäben zu schweißenden Stähle. Diese Angaben sind
geht ein wesentlicher Teil der Wärmeenergie entfallen. Wegen der Besonderheiten des Gasschweiß-
für den Schweißprozess verloren. Der Schutz der verfahrens wird auf die Angabe von Kerbschlagwerten
Schmelze durch die Streuflamme ist daher mäßig. des Schweißgutes verzichtet, da die Zähigkeitswerte
Die Injektorwirkung der Flamme (Bild 3-18a)) des Schweißguts nicht mit denen der Schweißverbin-
kann Luft in die Schmelze reißen. Die metallur- dung vergleichbar sind. Außerdem können in dem
gische Qualität der Schweißverbindung ist aus für das Gasschweißen üblichen Werkstückdicken-
diesen Gründen oft nicht ausreichend. Wegen bereich (≤ 10 mm) nur Charpy-V-ähnliche Proben
der geringen eingebrachten Wärme und der leich- verwendet werden. Die Vergleichbarkeit der Ergeb-
ten Handhabung wird das Nachlinksschweißen nisse mit denen von Charpy-V-Proben ist daher nur
nur für dünne Bleche (s ≤ 3 mm) verwendet. bedingt möglich.

Nachrechtsschweißen
Die Flamme ist entsprechend Bild 3-18b) direkt 3.3.7 Anwendung und
auf das Schmelzbad gerichtet. Der Schutz der Anwendungsgrenzen
Schmelze ist wesentlich besser und die auf das
Schmelzbad übertragene Wärme erheblich grö- Die Bedeutung des Gasschweißens hat in den letz-
ßer als beim Nachlinksschweißen. Für die Güte ten Jahren deutlich abgenommen. Durch die geringe
der geschweißten Wurzel ist u. a. die Ausbildung Leistungsdichte der Flamme und die verhältnismä-
der charakteristischen birnenförmigen Öffnung ßig schlechte Übertragung der Wärme auf die Füge-
(Schweißöse) im Schweißspalt erforderlich. Die teile sollten nur Bleche bis maximal 8 mm Dicke gas-
Schweißöse zeigt an, dass die Wurzelkanten geschweißt werden. Bei größeren Werkstückdicken
zuverlässig erfasst, also vollständig aufgeschmol- sind die elektrischen Schweißverfahren wesentlich
zen wurden. Diese Methode wird zum Schwei- wirtschaftlicher und technisch sinnvoller. Außerdem
ßen dickerer Bleche (s ≥ 3 mm) verwendet. wird die Breite der wärmebeeinflussten Zone gerin-
ger und die Korngröße in der Grobkornzone kleiner.
Das Gasschweißen höher- und hochlegierter Stäh-
3.3.6 Zusatzwerkstoffe; Schweißstäbe le ist nicht zu empfehlen, weil bei allen Mischungs-
verhältnissen, die von M = 1:1 abweichen, leicht Auf-
Als Zusatzwerkstoffe werden Schweißstäbe mit ei- kohlen oder Abbrand der Legierungselemente auf-
ner Regellänge von 1000 mm verwendet. Sie sollten treten können.
beim Schweißen leicht und gleichmäßig fließen, ei-
ne leichtflüssige, einfach entfernbare Schlacke bil-
den und nicht zur Poren- und Spritzerbildung nei-
gen. Die chemische Zusammensetzung der immer
beruhigt vergossenen Gasschweißstäbe entspricht
in der Regel weitgehend der des Grundwerkstoffs.
Die Oberfläche der Stäbe muss sauber sein, d. h. frei
von Rost, Fett, Öl, Farbe, Verunreinigungen und gro-
ben Oberflächenfehlern.

Gasschweißstäbe sind in DIN EN 12536 genormt.


Es werden sieben Klassen unterschieden. Die Stab-
einteilung besteht aus zwei Merkmalen. Das erste
Merkmal ist das Kurzzeichen für das Produkt/den
Schweißprozess. Das Kurzzeichen für einen Stab
Bild 3-18
zum Gasschweißen ist der Buchstabe »O«. Das zwei- Arbeitstechniken beim Gasschweißen.
te Merkmal enthält das Kurzzeichen für die chemi- a) Nachlinksschweißen
sche Zusammensetzung des Stabes, Tabelle 3-4. b) Nachrechtsschweißen
3.4 Lichtbogenhandschweißen (Kennzahl: 111) – Metall-Lichtbogenschweißen 135

Ein wichtiger Anwendungsbereich des Gasschwei- 3.4 Lichtbogenhandschweißen


ßens sind Schweißarbeiten an Rohren (Kessel- und
Apparatebau, Rohrleitungsbau), insbesondere dann, (Kennzahl: 111) –
wenn in Zwangslage oder bei schlechter Zugänglich- Metall-Lichtbogenschweißen
keit der Schweißnahtfugen geschweißt werden muss.
Der entscheidende Vorteil des Verfahrens für diese 3.4.1 Verfahrensprinzip und
Arbeiten ist die Möglichkeit, »Wärme« und Zusatz-
Schweißanlage
werkstoff beim Schweißen getrennt zuführen zu kön-
nen, wie weiter unten erläutert wird. Als Energiequelle dient ein zwischen der abschmel-
zenden Stabelektrode und dem Grundwerkstoff ge-
Auch für Werkstoffe, die z. B. wegen ihrer großen zogener Lichtbogen. In Bild 3-19 sind einige Einzel-
Wär meleitfähigkeit zum Schweißen vorgewärmt heiten zu erkennen. An den Ansatzpunkten des Licht-
werden müssen (z. B. Kupfer), eignet sich das Gas- bogens entstehen Temperaturen von 4500 K bis
schweißen: Durch die geringe Leistungsdichte der 5000 K. Die Leistungsdichte des Lichtbogens ist we-
Flamme werden die Fügeteile während des Schwei- sentlich größer als die der Gasflamme, d. h., die
ßens ständig vorgewärmt. Allerdings wird die Korn- Schweißzeiten sind kürzer, der Verzug der Bauteile
größe in der WEZ und ihre Breite sehr groß und das ist wesentlich geringer, aber die Schweißeigenspan-
Schweißen ist wegen der großen Rückstrahlwärme nungen sind ebenso wie die wirtschaftlich schweiß-
der Schweißschmelze sehr belastend. bare Wanddicke sehr viel größer. Der notwendige
Schutz des Schweißbades vor den stark verspröden-
Ein anderer wichtiger Anwendungsbereich ist das den atmosphärischen Gasen (Sauerstoff, Stickstoff,
Auftragschweißen. Durch die Möglichkeit, Wärme Wasserstoff) wird durch einen Schutzgasmantel er-
und Schweißstab den Fügeteilen getrennt von Hand reicht, der aus verschiedenen Bestandteilen der Elek-
feinfühlig zuzuführen, sind sehr geringe Aufschmelz- trodenumhüllung gebildet wird, s. Tabelle 3-6, S.
grade (… 10%) erreichbar (Abschn. 3.1.3). Aus dem 146. Aus diesem Grunde werden nackte – also nicht
gleichen Grunde eignet sich das Verfahren auch her- umhüllte – Stabelektroden nicht mehr verwendet.
vorragend für Wurzelschweißungen, selbst dann,
wenn die Passung ungenau und der Spaltabstand Der Werkstoffübergang erfolgt je nach Art der Elek-
nicht konstant und (oder) zu groß ist (häufig bei Bau- trodenumhüllung und Umhüllungsdicke in Form
stellenbedingungen!). Geringe Investitionskosten mehr oder weniger feiner Tropfen. Die übergehen-
und die ortsunabhängige Wärmequelle sind weitere den metallischen Tröpfchen sind von einem Schla-
Vorteile des Gasschweißens. ckenfilm umgeben. Dieser bewirkt (außer dem ge-

Tabelle 3-4. Chemische Zusammensetzung und Schweißverhalten der Schweißstäbe zum Gasschweißen von unlegierten und
warmfesten Stählen, nach DIN EN 12536 (Auswahl).

Kurz- Chemische Zusammensetzung in Prozent 1), 2) Schweißverhalten der Stäbe


zeichen
C Si Mn Mo Ni Cr Fließ- Spritzer Poren-
verhalten neigung

OZ Jede andere vereinbarte Zusammensetzung Nicht angegeben


OI 0,03 − 0,12 0,02 − 0,20 0,35 − 0,65 − − − Dünnfließend Viel Ja
Weniger
O II 0,03 − 0,20 0,05 − 0,25 0,50 − 1,20 − − − Wenig Ja
dünnfließend
O III 0,05 − 0,15 0,05 − 0,25 0,95 − 1,25 − 0,35 − 0,80 −
O IV 0,08 − 0,15 0,10 − 0,25 0,90 − 1,20 0,45 − 0,65 − −
Zähfließend Keine Nein
OV 0,10 − 0,15 0,10 − 0,25 0,80 − 1,20 0,45 − 0,65 − 0,80 − 1,20
O VI 0,03 − 0,10 0,10 − 0,25 0,40 − 0,70 0,90 − 1,20 − 2,00 − 2,20
1)
Die Gehalte an Phosphor betragen max. 0,30 %, die Schwefelgehalte max. 0,025 %.
2)
Falls nicht anders festgelegt: Cr ≤10,15%, Cu ≤ 0,35 % und V ≤ 0,03 %. Der Anteil an Kupfer im Stahl plus Überzug darf 0,35 %
nicht überschreiten.
136 3 Fügen

bildeten Schutzgas) einen zusätzlichen Schutz der 3.4.2 Vorgänge im Lichtbogen


Tröpfchen und ermöglicht vor allem die notwendi-
gen chemischen Reaktionen (z. B. Desoxidation, Le- Der Lichtbogen ist ein Stück stromdurchflossener Lei-
gierungsvorgänge). ter. Er kann also nur existieren, wenn Ladungsträ-
Handkabel ger vorhanden sind. Das zunächst zwischen den elek-
trischen Polen vorhandene elektrisch neutrale Gas
Stabelektrode Elektrode am Minuspol: (Luft, durch die Elektrodenumhüllung entwickeltes
(umhüllt) Überwiegend alle, für Wur- Schutzgas) muss daher leitfähig gemacht, d. h. ioni-
Umhüllung zelschweißung evtl. auch
die zellulose-umhüllten siert werden. Den positiven Pol des Lichtbogens nennt
Elektrode am Pluspol: man Anode, den negativen Kathode. Der Lichtbo-
nur die basisch-umhüllten
und die zellulose-umhüllten gen ist also eine besondere Form der Gasentladung,
Kernstab
in der Energie- und Massentransporte (von der Elek-
Schweißgut Schutzgasmantel
trode übergehende Werkstofftröpfchen und Ionen)
(erstarrt)
Werkstofftröpfchen mit stattfinden.
Schlacke Schlackenfilm umgeben
(erstarrt)
Schmelzbad (aus Grund-
und Zusatzwerkstoff) Der Lichtbogen wird i. Allg. gezündet, indem die
Grundwerkstoff Elektrode, meistens der negative Pol, das Werkstück
»streichend« oder »tupfend« berührt. Durch den ho-
hen Kurzschlussstrom wird die Elektrodenspitze auf-
Erdkabel
geschmolzen. Ein Teil des Werktoffs verdampft, so
dass aus der Kathode sehr leicht Elektronen austre-
ten können (die Elektronenemission ist praktisch
Bild 3-19 nur von der Temperatur abhängig). Diese negativ
Verfahrensprinzip des Lichtbogenhandschweißens mit um- geladenen Teilchen bewegen sich unter der Wirkung
hüllten Stabelektroden. der Potenzialdifferenz (= Lichtbogenspannung) zwi-
schen Anode und Kathode mit großer Geschwindig-
Die Qualität der Schweißverbindung wird wie bei al- keit zum positiven Pol (= Anode). Dabei erzeugen
len manuellen Verfahren entscheidend vom Schwei- sie durch Stoßionisation neue Ladungsträger: Neutra-
ßer bestimmt. Er muss den Schweißvorgang konti- len Gasmolekülen bzw. Atomen werden durch den
nuierlich durch Beobachten kontrollierend überwa- Stoß Elektronen aus den äußeren Elektronenscha-
chen und vor allem das Schmelzbad in geeigneter len herausgeschlagen. Die entstehenden positiven
Weise »führen«. Ladungsträger (Ionen) bewegen sich zur Kathode
und erwärmen diese durch Abgabe ihrer kinetischen
Bild 3-20 zeigt schematisch die einfache Schweiß- Energie auf etwa 4500 K. Dadurch wird eine ständi-
anlage, die im Wesentlichen nur aus der Schweiß- ge Elektronenemission aus der Kathode ermöglicht.
stromquelle, dem Elektrodenhalter und der (umhüll- Die Temperatur der Anode ist einige Hundert Grad
ten) Stabelektrode besteht. höher, weil die kinetische Energie (Lmv2) der masse-
armen, aber sehr schnellen Elektronen größer ist als
Elektrodenhalter stromführende
Stabelektrode die der schweren, aber wesentlich langsameren Io-
Schweißstrom-
quelle
nen. Hinzu kommt, dass die Emission der Elektro-
Schweißstromkabel
nen aus der Kathode Arbeit erfordert, die dieser ent-
zogen wird und der Anode beim Auftreffen der Elek-
tronen wieder zugeführt wird.

Im Lichtbogenkern befinden sich positive und nega-


tive Ladungsträger in ständiger Bewegung. Diesen
Materiezustand bezeichnet man als Plasma. Beim
Schweißumformer (= ) Werkstück
Schweißgleichrichter (= ) Plasmaschweißen und -schneiden können durch ge-
oder Schweißtransformator (i ) eignete Einrichtungen (Abschn. 3.6) Leistungsdich-
Bild 3-20 ten von 10 5 W/cm2 bis 10 6 W/cm2 erreicht werden.
Schweißanlage für das Lichtbogenhandschweißen mit um- In diesem Fall sind die Temperaturen im Plasma ex-
hüllten Stabelektroden. trem groß. Sie betragen etwa 20 000 K.
3.4 Lichtbogenhandschweißen (Kennzahl: 111) – Metall-Lichtbogenschweißen 137

Im Lichtbogen werden dort hohe Temperaturen er- Dabei ist zu beachten, dass unabhängig von den ge-
reicht, wo die kinetische Energie der Ladungsträger nannten Punkten in erster Linie ein stabil brennen-
in potenzielle umgewandelt wird bzw. an Orten, wo der Lichtbogen erzeugt werden muss.
Geschwindigkeitsänderungen der Ladungsträger
erzwungen werden, d. h. an der Beim Lichtbogenschweißen wird die Stabelektrode
– Anode, der meist negativ, die Drahtelektrode bei den MSG-Ver-
– Kathode und in der fahren (Abschn. 3.5.4) wegen der dann größeren Ab-
– Lichtbogensäule (Teilchenzusammenstoß). schmelzleistung vorwiegend positiv gepolt. Zum Auf-
tragschweißen wird unter Umständen auch negativ
Normalerweise ist die an den Lichtbogenansatzpunkten (Ano-
gepolt. Beim WIG-Schweißen wird fast ausschließ-
de, Kathode) entstehende Energie größer als die in der Lichtbo-
gensäule. Die Größe des umgesetzten Energieanteils an den lich mit negativ gepolter Wolframelektrode bzw. mit
Polen hängt ab von dem Elektrodenwerkstoff und dem Grund- Wechselstrom (für Leichtmetalle) gearbeitet.
werkstoff sowie von den Einstellwerten (Strom, Spannung),
mit denen der Lichtbogen betrieben wird. Die in der Lichtbo- Weiterhin ist zu beachten, dass die positiven Ladungs-
gensäule erzeugte Energie bestimmt auch die Abschmelzleis- träger (Ionen) Werkstoffeigenschaften haben, Elek-
tung und die Einbrandtiefe beim Metall-Schutzgasschweißen
tronen dagegen nicht. Daher ist es zweckmäßig, die
mit abschmelzender Elektrode (Abschn. 3.5.4).
Elektrode positiv zu polen, wenn die Ionen in das
Die Energieverteilung in den drei Bereichen des Lichtbogens
Anode, Kathode und Lichtbogensäule ist nicht gleichmäßig, Schmelzbad übergehen sollen (z. B. Legierungsele-
sondern hängt im Wesentlichen von dem dort vorhandenen mente, d. h. beim Schweißen legierter Stähle). Da-
Spannungsgefälle ab. gegen polt man die Elektrode negativ, wenn die Io-
nen in der Schmelze unerwünscht sind, denn sonst
Bild 3-21 zeigt den nicht-ohmschen Spannungs- würde beim Schweißen mit dem Kohlelichtbogen
abfall im Lichtbogen. Man unterscheidet den Katho- das Schmelzbad stark aufkohlen.
denfall UKa, den Anodenfall UAn und den in der Re-
gel wesentlich geringeren Spannungsabfall in der Diese Vorgänge dürfen nicht mit dem Werkstoff-
Lichtbogensäule US. übergang (in Tröpfchenform) verwechselt werden.
Die Tropfen gehen grundsätzlich von der Elektrode
Die Fallgebiete haben nur eine sehr geringe Aus- zum Werkstück über. Die Form des Werkstoffüber-
dehnung (etwa 10 −4 mm) und entstehen durch posi- gangs ist von der Schutzgasatmosphäre, der che-
tive (negative) Ladungsträgeranhäufung unmittel- mischen Charakteristik der Elektrodenumhüllung
bar vor der Kathode (Anode). (Abschn. 3.4.4.2) und der Stromdichte abhängig.
Er kann kurzschlussfrei (kleine »heiße« Tropfen)
Die Wahl der Elektrodenpolung wird hauptsächlich oder mit Kurzschlüssen durchsetzt sein (große, »käl-
bestimmt von tere« Tropfen, die gleichzeitig Elektrodenspitze und
– der Art der Elektroden, Schmelzbad berühren).
– dem Schweißverfahren und der
– gewünschten Nahtgeometrie, besonders der Ein- Der Mechanismus des Werkstoffübergangs ist ver-
brandtiefe. hältnismäßig kompliziert und unübersichtlich. Der
wichtigste Teilvorgang ist zweifellos der Pinch-Ef-
UL
fekt 5). Danach ziehen sich parallel zueinander ange-
UKa US UAn
ordnete Leiter an, wenn sie in gleicher Richtung von
Strom durchflossen werden. Den metallischen Kern-
stab der Elektrode kann man sich als eine Anord-
nung vorstellen, die aus vielen parallel nebeneinan-
der liegenden »Einzelleitern« besteht. Die Wirkung
dieser radial auf die erhitzte Elektrodenspitze angrei-
fenden magnetischen Kraft wird dann verständlich:
Der Tropfen wird durch sie ähnlich wie mit der Kneif-
Spannung U zange »abgekniffen«.

Bild 3-21
5)
Spannungsverteilung im Lichtbogen. englisch: to pinch; abquetschen, abkneifen.
138 3 Fügen

Bemerkenswert ist, dass der Tropfenübergang durch beim Schweißen berücksichtigt werden, sonst sind
unberuhigten Kernstabwerkstoff sehr begünstigt fehlerhafte Schweißungen die Folge.
wird. Die beim Aufschmelzen der Elektrodenspit-
ze wieder einsetzende CO-Bildung beschleunigt den Für das Verständnis des Schweißvorganges ist die
Tropfen immer in axialer Richtung, d. h. weg von Kenntnis der Lichtbogenkennlinie gemäß Bild 3-
der Elektrodenspitze auf das Werkstück. Kernstäbe 22 notwendig. Sie gibt an, welche Spannung erforder-
von Elektroden zum Schweißen legierter Stähle müs- lich ist, um einen bestimmten Strom durch den Licht-
sen wegen der sonst vorhandenen starken Seigerung bogen zu treiben. Mit zunehmender Lichtbogenlänge
der Elemente aus beruhigtem Werkstoff bestehen. werden der Lichtbogenwiderstand und der Span-
Es ist bekannt, dass sie für Zwangslagenschweißun- nungsabfall an ihm größer, d. h., die Spannung im
gen nicht besonders gut geeignet sind: Die entschei- Lichtbogen nimmt zu (Bild 3-22). Die Lichtbogen-
dende von der Elektrodenspitze axial wegführende spannung erhöht sich von U1 auf U3, wenn die Lichtbo-
Kraft ist nicht mehr vorhanden, der Tropfen bewegt genlänge von l1 auf l3 vergrößert wird.
sich in Richtung des Schwerefeldes.
Bei den Einstellwerten U3 und I1 würde z. B. eine Stromerhö-
hung einen Spannungsüberschuss bewirken (U3 > ULichtbogen)
Eine wesentliche Voraussetzung für die Lichtbogen-
und die Stromstärke bis zur stabilen Lage im Schnittpunkt
stabilität ist eine ausreichende Anzahl von Ladungs- (U3, I2) treiben. Ein Verringern der Stromstärke erfordert ei-
trägern im Lichtbogenraum. Daher sind in der Elek- ne über das Verfügbare hinausgehende Spannung des Bogens;
trodenumhüllung Stoffe enthalten, die leicht Elek- die Stromstärke sinkt, bis der Bogen erlischt.
tronen abgeben. Somit wird auch verständlich, dass
der Wechselstromlichtbogen, bei dem sich Span-
nung und Stromfluss fünfzigmal in der Sekunde um- 3.4.3 Schweißstromquellen
kehren, wesentlich instabiler brennt als der Gleich-
stromlichtbogen. Da die Ladungsträger überwiegend Schweißlichtbögen können mit Gleichstrom und
von der Umhüllung geliefert werden, sind nicht um- Wechselstrom erzeugt werden. Die Schweißumfor-
hüllte, also »nackte« Elektroden nicht mit einem mer und Schweißgleichrichter liefern Gleichstrom,
Wechselstromlichtbogen verschweißbar. Sie werden Schweißtransformatoren Wechselstrom.
daher und wegen ihrer schlechten Schweißgutquali-
tät nicht mehr hergestellt. Der Werkstoffübergang erfolgt in Tropfenform, häu-
fig durchsetzt mit Kurzschlüssen; hierdurch werden
Zu beachten ist, dass der im Wesentlichen aus La- extreme Änderungen der Spannung und Stromstär-
dungsträgern bestehende Lichtbogen durch äußere ke erzwungen. Wegen dieser und anderer Besonder-
Magnetfelder leicht abgelenkt wird. Diese Blaswir- heiten des Schweißvorganges müssen die Schweiß-
kung (Abschn. 3.4.5.3) genannte Erscheinung muss stromquellen bestimmte Anforderungen erfüllen:
– Der Kurzschlussstrom IK muss begrenzt werden,
weil beim Zünden des Lichtbogens und beim
Schweißen die hohen Ströme die Stromquelle
zerstören bzw. thermisch überlasten würden.
l3

l2

l1

6)
Schweißarbeiten mit einer erhöhten elektrischen Gefähr-
dung liegen vor bei einer Zwangshaltung (z. B. kniend,
sitzend, liegend), an einem Arbeitsplatz, dessen freier
Bewegungsraum zwischen elektrisch leitfähigen Teilen
l3
kleiner als 2 m ist (z. B. bei Schweißarbeiten innerhalb
U3 l2 eines Kessels mit Einstieg durch eine Mannlochöffnung,
Spannung U

U2
l1 die Wandung ist meistens die elektrische »Erde«) oder
U1 in nassen, feuchten oder heißen Arbeitsplätzen.
7)
Im Falle eines Fehlers darf die zulässige Leerlaufspan-
nung der Schweißstromquellen (s. Werte in Tabelle 3-5,
I1 I2 S. 143) nicht überschritten werden und der Wechselspan-
Stromstärke I nungsanteil der Gleichspannung nicht größer als 48 Veff
Bild 3-22 werden. Schweißgeräte, die für Arbeiten bei erhöhter elek-
Abhängigkeit Lichtbogenspannung von der Stromstärke = Licht- trischer Gefährdung eingesetzt werden, tragen das Kenn-
bogenkennlinie (Parameterkurven sind Lichtbogenlänge li ). zeichen S (früher K).
3.4 Lichtbogenhandschweißen (Kennzahl: 111) – Metall-Lichtbogenschweißen 139

– Die Leerlaufspannung U0 darf aus Sicherheits- Diese dynamischen Eigenschaften lassen sich
gründen bei Gleichstrom nicht größer als 113 V, nur mit besonderen und »reaktionsschnellen« In-
bei Wechselstrom nicht größer als 80 Veff sein. strumenten nachweisen (z. B. Oszilloskop) und
Besteht eine erhöhte elektrische Gefährdung 6), sollten nur zusammen mit praktischen Schweiß-
dann dürfen nur Umformer, Gleichrichter bzw. versuchen abgeschätzt werden.
Schweißtransformatoren 7) mit einer maximalen – Ein nicht zu unterschätzender Gesichtspunkt ist
Spannung von 48 Veff (DIN EN 60974-1) verwen- die Wirtschaftlichkeit der Schweißstromquelle. Ne-
det werden. Andererseits sollte zum leichten Zün- ben anderen leicht als wichtig erkennbaren Fak-
den und Wiederzünden des Lichtbogens die Leer- toren (z. B. Anschaffungskosten, Reparatur- und
laufspannung möglichst hoch sein. Für bestimm- Wartungskosten, Kapitaldienst) werden oft der
te Elektrodentypen (z. B. B-Elektroden) sind sehr Wirkungsgrad und vor allem die Leerlaufverlus-
hohe Werte erforderlich (60 V bis 80 V). te nicht genügend beachtet. Bei den moderneren
– Die unvermeidlichen Änderungen der Lichtbo- Schweißstromquellen liegen die Leerlaufverlus-
genlänge, d. h. der Lichtbogenspannung UA wäh- te zwischen 250 W und etwa 700 W, sie können
rend des Schweißens, sollten nur zu einer gerin- bei älteren Geräten aber leicht 1000 W und mehr
gen Änderung der Stromstärke IA führen. Eine betragen. Es kann beispielsweise angenommen
gleichmäßige Schweißnaht mit gleichbleibender werden, dass während eines Arbeitstages (8 Stun-
Nahtgeometrie ist nur mit annähernd konstanter den) eine Stromquelle ungefähr 3 h im Leerlauf
Lichtbogenleistung UA⋅IA erreichbar. betrieben wird. Bei einem mittleren Preis von
– Nach einem Kurzschluss muss möglichst schnell etwa 0,30 € für eine kWh ergibt sich damit ein
eine ausreichende Lichtbogenspannung zur Ver- täglicher »Leerlaufverlust« von ungefähr 0,25 €
fügung stehen. Der während des Kurzschlusses (bei 250 W) und 1,00 € (bei 1000 W).
entstehende dynamische Kurzschlussstrom (Stoß-
kurzschlussstrom IKSt) sollte geringer sein als der Die dynamischen und statischen Eigenschaften der
Dauerkurzschlussstrom IKD. Die sich von der Elek- Schweißstromquelle bestimmen ihre Schweißeigen-
trodenspitze ablösenden Werkstofftröpfchen wür- schaften. Die sich im Beharrungszustand bzw. bei
den sonst unter der Wirkung der großen Strom- langsamen Änderungen von Stromstärke und Span-
stärke verdampfen bzw. verspritzen. Der Schweiß- nung in der Stromquelle einstellenden elektrischen
vorgang wäre »hart«, die Spritzerneigung groß. Werte sind durch die statische Kennlinie vorgege-
2 D l
ben. Bild 3-23 zeigt die minimal und maximal ein-
U0
stellbaren Kennlinien einer Schweißstromquelle. Sie
LB lang sind mehr oder weniger stark fallend und begren-
A2
1
A
zen dadurch den Kurzschlussstrom (IKD,min und IKD,max)
(U,I) - Werte
in der erforderlichen Weise. Im Allgemeinen lassen
Spannung U

nutzbar A1 LB kurz
sich zwischen ihnen beliebig viele weitere Kennli-
nien einstellen; es entsteht so ein lückenloses Kenn-
,04 I A
20+0 linienfeld.
U A=
VDE- ennlinie
Prüfk (U,I ) - Werte
nicht nutzbar Der Arbeitspunkt A beim Schweißen ist der Schnitt-
punkt der Lichtbogenkennlinie mit der statischen
I KD.min I KD.max Kennlinie der Schweißstromquelle. Durch die sich
Einstellbereich E
I min I max
beim Schweißen ständig ändernde Lichtbogenkenn-
Stromstärke I
linie (LB) ändert auch der Arbeitspunkt ständig sei-
Bild 3-23 ne Lage (A1 ↔ A ↔ A2).
Statische Grenzkennlinien einer Schweißstromquelle mit fal-
lender Kennlinie. Derartige Schweißstromquellen werden für Diese Änderungen der Lichtbogenlänge verursachen
das Lichtbogenhandschweißen, das WIG- und UP-Verfahren selbst bei einer geringeren Steilheit der Kennlinie nur
(über wiegend bei dickeren Drahtelektroden) verwendet. eine mäßige Stromstärkeänderung ΔI. Stromquellen
1, 2 Minimal (1) und maximal (2) einstellbare statische
mit fallender Kennlinie begrenzen also bei Spannungs-
Kennlinie der Schweißstromquelle
A1, A2 Arbeitspunkte bei kurzem und langem Lichtbogen änderungen Δ U wirksam Stromstärkeänderungen
E Einstellbereich der Schweißstromquelle, festgelegt Δ I. Sie sind daher für das Lichtbogenhandschwei-
durch die VDE-Prüfkennlinie UA = 20 + 0,04 ◊ IA ßen erforderlich.
140 3 Fügen

Nicht alle U,I-Wertepaare der Kennlinien sind auch Die statische Kennlinie hat nur eine sehr geringe
schweißtechnisch nutzbar. Die in unterschiedlicher Neigung (einige Volt je 100 A), wie aus Bild 3-24
Dicke und Umhüllung verwendeten Stabelektroden hervorgeht. Der Einstellbereich E dieser Schweiß-
haben einen Einstellwertebereich, der durch die stromquellen wird mit Hilfe der VDE-Prüfkennli-
VDE-Prüfkennlinie (Bild 3-23) näherungsweise nie festgelegt:
festgelegt ist:
UA = 14 + 0,05 ⋅ IA.
UA = 20 + 0,04 ⋅ IA.
Diese Beziehung gilt bis IA = 600 A;
UA Lichtbogenspannung in V. für IA > 600 A ist UA = 44 V = konst.
IA Stromstärke in A bei UA (gilt bis IA = 600 A;
für IA > 600 A ist UA = 44 V = konst.). Eine wichtige Kenngröße der Schweißstromquellen
ist die Einschaltdauer (ED), DIN EN 60974. Sie
Der Arbeitsbereich (Einstellbereich E) der Schweiß- ist ein praxisnaher Maßstab für die Belastbarkeit
stromquelle lässt sich damit ebenso einfach wie der Stromquelle, der von der Dauer der Lichtbogen-
praktisch sinnvoll festlegen. Er beginnt am Schnitt- brennzeit abhängt. Die Einschaltdauer ist das prozen-
punkt der minimalen statischen Kennlinie mit der tuale Verhältnis der Lichtbogenbrennzeit zu der ge-
VDE-Prüfkennlinie (Imin) und reicht bis zum Schnitt- normten Spielzeit von zehn Minuten. Danach unter-
punkt der maximalen statischen Kennlinie mit die- scheidet man den Dauerschweißbetrieb (DB) mit
ser Geraden (Imax), wie Bild 3-23 zeigt. Mit den in einer Einschaltdauer ED = 100 %, den Nennhand-
diesem Bereich liegenden Wertepaaren von U und schweißbetrieb (Nenn-HSB), mit einer ED = 60 %
I kann verfahrensabhängig (d. h. abhängig z. B. von und den Handschweißbetrieb (HSB) mit einer ED
dem Durchmesser der Stabelektrode und ihrer Um- von 35 %. Die für diese genormten Schweißbetriebs-
hüllungscharakteristik) geschweißt werden. arten von der Schweißstromquelle ohne Gefahr lie-
ferbaren Ströme sind auf dem Leistungsschild der
Schweißverfahren, bei denen sich die Lichtbogen- Schweißstromquelle angegeben.
länge nach dem Prinzip der inneren Regelung ein-
stellt, in erster Linie sind das die MSG-Verfahren Im Folgenden werden nicht nur die zum Lichtbogen-
(siehe Abschn. 3.5.4.3), benötigen Schweißstrom- handschweißen verwendeten Schweißstromquellen
quellen mit Konstantspannungscharakteristik 8). besprochen, sondern auch grundsätzliche Informa-
tionen über die zum WIG- (Abschn. 3.5.3) und MSG-
2 VDE-Prüfkennlinie Schweißen (Abschn. 3.5.4.6) verwendeten Strom-
UA = 14 + 0,05 × I A quellen gegeben, an die z. T. sehr abweichende An-
forderungen gestellt werden.
Spannung U

(U,I) - Werte
1 nutzbar
(U,I ) - Werte
nicht nutzbar
Der Schweißumformer besteht aus einem Antriebs-
motor (Elektro- oder Verbrennungsmotor) und ei-
nem Schweißgenerator. Das Gerät kann daher auch
8)
Sie wird auch als CP-Charakteristik (Constant Potential)
bezeichnet.
I min I max 9)
In einem Wechselstromkreis ist die
E Scheinleistung PS = U ◊ I,
Wirkleistung PW = U ◊ I ◊ cos j und die
Stromstärke I
Blindleistung PB = U ◊ I ◊ sin j.
Bild 3-24 Nur die (ohmsche) Wirkleistung lässt sich in Energie um-
Statische Grenzkennlinien einer Konstantspannungs-Schweiß- wandeln. Die Blindleistung wird zum Aufbau der elektri-
stromquelle (Constant Potential, CP). Schweißstromquellen schen und magnetischen Felder in den Schweißstromquel-
mit CP-Charakteristik werden für die MSG-Verfahren und len gebraucht. Sie führt zu einer unnötigen Belastung des
das UP-Verfahren (vorwiegend für dünnere Drahtelektroden) Netzes. Deshalb wird man schon aus wirtschaftlichen Grün-
verwendet. den dafür sorgen, dass sie möglichst klein ist, d. h. der
1, 2 Minimal (1) und maximal (2) einstellbare statische Kenn- cos j möglichst groß ist. Das wird z. B. durch Kompen-
linie der Schweißstromquelle sieren mit Kondensatoren erreicht. Der Leistungsfaktor
E Einstellbereich der Schweißstromquelle. Er wird mit Hilfe wird seit einiger Zeit mit l bezeichnet, da in vielen Fäl-
der VDE-Prüfkennlinie UA = 14 + 0,05 ◊ IA festgelegt len der Stromverlauf nicht mehr sinusförmig ist.
3.4 Lichtbogenhandschweißen (Kennzahl: 111) – Metall-Lichtbogenschweißen 141

netzunabhängig betrieben werden; man bezeichnet Transduktor

es dann als Aggregat. Wegen der schweren, rotieren-


den metallischen Massen wirken sich Änderungen Steuerwicklung

der Netzspannung nur geringfügig auf Änderungen


Arbeitswicklung
der Schweißspannung aus. Die Geräuschentwicklung
ist beträchtlich. Der Wartungsaufwand ist groß, und
die Anschaffungskosten sind im Vergleich zu den U1 U2
anderer Stromquellen am größten. Wegen seiner prin-
zipbedingten Nachteile (Geräusche; sehr lange Reak-
tionszeit, d. h. nur mäßiges dynamisches Verhalten; Transformator
a)
Preis) werden Schweißumformer kaum noch einge- Gleichstrom
setzt. Ihre Entwicklung ist bereits seit längerer Zeit + -
Transduktor
eingestellt worden.
I1 I2

Der Schweißtransformator ist sehr einfach im Auf-


U1 U2
bau und nahezu wartungsfrei. Lediglich die Wicklun-
gen sollten wegen der notwendigen Wärmeabfuhr
mit trockener Luft (nicht Sauerstoff!) ausgeblasen Transformator
werden.
Potenziometer
b) Schweißstrom
Polaritätsgebundene Stabelektroden (z. B. rein ba-
Bild 3-26
sische Stabelektroden) können nicht verschweißt
Schweißtransformator mit stufenloser Kennlinienverstellung
werden, weil er nur Wechselstrom liefert. Er wird mittels Transduktor.
einphasig angeschlossen, wodurch sich eine sehr un- a) Bildliche Darstellung
günstige, unsymmetrische Netzbelastung ergibt. We- b) Schaltplan
gen des sich ständig ändernden magnetischen und
elektrischen Feldes ist die Blaswirkung (Abschn. Die erforderliche fallende Kennlinie kann mit ein-
3.4.5.3) merklich geringer als bei Gleichstrom. Da fachen Mitteln erzeugt werden. Weit verbreitet ist die
die elektrisch wirksamen Teile des Transformators Änderung des induktiven Widerstandes mit einem
»Spulen« sind, ist der von ihm erzeugte Blindstrom- verstellbaren Streukern (»Streujoch«), Bild 3-25.
anteil sehr hoch, d. h., der Leistungsfaktor cos j 9) Bei ausgefahrenem Streukern ist der magnetische
ist verhältnismäßig »schlecht«. Nebenschluss am kleinsten, der Schweißstrom also
am größten: Das ist die maximal einstellbare Kenn-
Streukern (Streujoch) linie, siehe Bild 3-23. Ein Nachteil dieser einfachen,
robusten Bauart ist die sehr aufwändige Möglichkeit,
eine Fernverstellung zu realisieren.
U1 N1 N2 U2
U

U1 U2
Werkstück
a)
a)
I1 I2

U1 U2
U1 U2
U

Transformator b)
b)

Bild 3-25 Bild 3-27


Kennlinienverstellung bei Schweißtransformatoren mit Hilfe Schaltung und Stromverlauf von einphasig angeschlossenen
eines Streukerns (Streujoch). Schweißgleichrichtern.
a) Bildliche Darstellung a) Einwegschaltung
b) Schaltplan b) Brückenschaltung
142 3 Fügen

Mit einem Transduktor als Stellglied lässt sich die Abweichungen nur manuell an der Stellgröße aus-
fallende Kennlinie weitaus eleganter erzeugen, Bild gleichen kann.
3-26. Dieses auch als gleichstromvormagnetisier-
bare Drossel bezeichnete Bauteil besteht aus dem Für eine hinreichend genaue, d. h. sinnvolle Rege-
Eisenkern, der Arbeitswicklung (für den Schweiß- lung sind ausreichend kleine Regelzeiten erforder-
strom) und der Steuerwicklung (für den Steuerstrom lich, die sich nur mit elektronischen Einrichtungen
= Gleichstrom). Fließt kein Steuerstrom, dann be- erreichen lassen. Derartige Schweißstromquellen be-
sitzt die Arbeitswicklung den höchsten induktiven zeichnet man als elektronisch geregelt. Als elektroni-
Widerstand, und der Schweißstrom ist am gerings- sche Stellglieder werden
ten. Mit steigender Gleichstromvormagnetisierung – Thyristoren und
wird der Eisenkern zunehmend magnetisch gesät- – Transistoren
tigt, d. h., der induktive Widerstand nimmt ab, und verwendet.
der Schweißstrom ist am größten. Diese Bauart er-
laubt eine einfach zu realisierende stufenlose fernbe- Thyristoren sind Gleichrichter, deren Stromdurch-
dienbare Verstellung des Schweißstromes. gang mit Hilfe negativer (oder positiver) Steuerspan-
nungen geregelt wird. Bei Wechselstrom kann kein
Transduktoren werden als Stellglied für Stromquel- Strom während der negativen Halbwelle fließen, wäh-
len zum Lichtbogenhand- und WIG-Schweißen ein- rend der positiven nur, wenn ein Steuerstrom fließt.
gesetzt. Der große induktive Widerstand des Trans- Der Thyristor wird vom Steuerstrom für den Durch-
duktors ist die Ursache für seine nur mäßigen dyna- lass des Arbeitsstromes »gezündet«. Je nach der Pha-
mischen Eigenschaften, d. h. dem erheblich verzö- senlage des Steuerstromes lassen sich die Halbpe-
gerten Strom- bzw. Spannungsanstieg bei steilflan- rioden des gleichgerichteten Stromes »anschneiden«.
kigen Impulsen. Diese relativ große »Grundinduk- Sein Effektivwert kann also stufenlos und nahezu
tivität« verhindert auch bei den MSG-Schweißver- verlustfrei gesteuert werden (Phasenanschnittsteu-
fahren (Abschn. 3.5.4) das Einstellen hoher Tropfen- erung). Die Regelzeiten der Thyristoren betragen ei-
frequenzen. nige Millisekunden.

Der Schweißgleichrichter besteht aus einem Trans- Transistoren sind Halbleiterelemente, die elektrische
formator und einem Gleichrichtersatz (überwiegend Leistungen mit sehr geringen Strömen extrem schnell
Silicium). Der Netzanschluss kann einphasig sein steuern und verstärken können 10). Da selbst moder-
(Einweg- oder meistens Brückenschaltung, Bild 3- ne Leistungstransistoren nur etwa mit 30 A bis 40 A
27), er ist aber aus technischen Gründen meistens belastbar sind, müssen in Schweißstromquellen aus-
dreiphasig (Dreiphasentransformator), weil die Netz- reichend viele Transistoren in einer Kaskadenanord-
belastung dann sehr viel gleichmäßiger ist und ein nung parallel geschaltet werden.
Gleichstrom mit einer deutlich geringeren Wellig-
Netz Transformator Stromrichter
keit erzeugt wird. Die Stromwelligkeit kann durch
Drosseln (»Glättungsdrossel«) im Schweißstrom-
R
kreis noch weiter verringert werden. Daher werden S U2
Einphasengleichrichter in der Schweißpraxis kaum T
noch verwendet. Der Dreiphasengleichrichter wird
für das Lichtbogenhandschweißen und die MSG-
Transistor-
Schweißverfahren sehr häufig eingesetzt. Kaskade

Mit den bisher besprochenen Schweißstromquel-


Istwerte
len können die Einstellwerte nur eingestellt, nicht
U

Regel-Elektronik
aber geregelt werden. Der »Regelkreis« besteht aus
U2

dem Schweißer, der den Istzustand erfasst, die für


ihn erkennbare Qualität der Schweißnaht mit der Sollwerte

geforderten vergleicht (Sollzustand) und eventuelle t

Bild 3-28
10)
Die Regelzeiten der Transistoren liegen im Bereich einiger Analoge Schweißstromquelle (Schweißgleichrichter mit Tran-
Mikrosekunden. sistorregelung), nach Oerlikon.
3.4 Lichtbogenhandschweißen (Kennzahl: 111) – Metall-Lichtbogenschweißen 143

Gleich- Inverter Trans- Gleich-


richter
– Impulse gewünschter Form: z. B. Anstieg der
richter formator
Impulsflanken und Impulsbreitenänderung;
Th
– bestimmter Verlauf der Stromkurve: z. B. die für
R
S oder
eine Reinigungswirkung (s. genauer S. 161) güns-
T tige »Square-Wave«-Technik erzeugt durch ih-
Tr re rechteckige Stromform aber einen extremen
Istwerte
Geräuschpegel. Mit Hilfe der sog. Fuzzy-Logik
wird hier zu jeder Stromstärke der leiseste und
Regelelektronik
stabilste Lichtbogen eingestellt.
Schweißstrom Sollwerte
a)
Der Nachteil dieser Bauart besteht darin, dass die
40 m  s
Transistoren als schnell reagierende Widerstände
auf der Sekundärseite arbeiten, d. h., ein großer Teil
Spannung
Spannung

der aufgenommenen Leistung muss als Verlustwär-


me abgeführt werden. Diese analogen Stromquel-
len haben daher einen verhältnismäßig niedrigen
Zeit Zeit
Wirkungsgrad (abhängig vom Arbeitspunkt bei ca.
50 % bis 80 %). Aus diesem Grunde sind sie in der
Praxis weitgehend verschwunden. Sie haben aber ge-
Schweißstrom
Schweißstrom

genüber den weiter unten besprochenen Inverter-


stromquellen auch wesentliche Vorteile. Aufgrund
des Fehlens der Ausgangsinduktivität in Reihe zur
Zeit Zeit Lichtbogenlast weisen sie keine Ausgangswelligkeit
Schweißstrom 70 A Schweißstrom 350 A auf und besitzen eine große Ausgangsdynamik.
b)

Bild 3-29
Der Wartungsaufwand für Schweißgleichrichter ist
Schematische Darstellung einer Inverterschweißstromquelle.
a) Schaltplan deutlich geringer als der für Umformer, aber merk-
b) Regeln des Schweißstroms mittels Impulsweitenmodulation lich größer als der für Schweißtransformatoren. Die
durch Ändern der Öffnungsphase anfängliche erhebliche Störanfälligkeit der Elektro-
nik (Gleichrichterelemente) ist behoben. Die Geräte
Bild 3-28 zeigt das Schaltbild einer transistorgere- gelten inzwischen als sehr betriebssicher. Wegen der
gelten analogen Schweißstromquelle. Die kurzen guten Schweißeigenschaften, Regel- und Kontroll-
Reaktionszeiten ermöglichen die praktisch soforti- möglichkeiten werden sie in der Praxis zunehmend
ge Regelung bei Störungen im Schweißstromkreis auf Kosten der sehr viel teureren und unangenehm
bzw. auch beliebige Stromverläufe z. B.: geräuschvollen Umformer verwendet.

Tabelle 3-5. Wichtige Eigenschaften, Vor- und Nachteile der Schweißstromquellen.


Merkmal Schweißumformer Schweißgleichrichter Schweißtransformator

Bestimmungen DIN EN 60974-1 DIN EN 60974-1 DIN EN 60974-1 und DIN EN 60974-6
Stromart Gleichstrom Gleichstrom Wechselstrom
Netzanschluss netzunabhängig erforderlich erforderlich
Netzbelastung symmetrisch symmetrisch unsymmetrisch
Wirkungsgrad 45 % bis 60 % 60 % bis 80 % 80 % bis 90 %
el. Leistungsfaktor (cos ) 0,85 bis 0,9 0,6 1) bis 0,8 2) 0,4 1) bis 0,8 2)
zulässige Leerlaufspannung 113 V (113 V) 3) 113 V (113 V) 3) 80 Veff (48 Veff) 3)
Ferneinstellung möglich möglich nein
Zünden des Lichtbogen sehr leicht sehr leicht befriedigend
Schweißeigenschaften sehr gut gut bis sehr gut befriedigend bis gut
Blaswirkung groß groß gering
Wartungsaufwand groß mittel bis gering gering
Anschaffungskosten 100 % 80 % 50 %
Anwendung unbeschränkt unbeschränkt ungeeignet für polaritätsgebundene Elektroden
1) 2) 3)
ohne Kompensation mit Kompensation Werte in Klammern gelten für erhöhte elektrische Gefährdung
144 3 Fügen

Bei den neueren Inverterschweißstromquellen Kennzeichen der sekundär getakteten Schweiß-


wird der dem Netz entnommene Wechselstrom mit stromquellen (bis 200 kHz sind möglich) ist ein mit
Hilfe eines Stromrichters gleichgerichtet und an- Netzfrequenz betriebener Transformator und die An-
schließend mit einem thyristor- oder meistens transis- ordnung der Halbleiterschalter auf der Sekundärsei-
torgesteuerten als Schalter wirkenden Inverter in po- te des Transformators, Bild 3-30. Der Transistor wirkt
sitive und negative Stromimpulse umgewandelt, Bild als Schalter, d. h., die Schaltgeschwindigkeit ist ex-
3-29. Die so erzeugte sehr hochfrequente rechteck- trem groß. Diese Bauart wird vor allem für (sehr)
förmige Wechselspannung (20 kHz und höher) wird große Schweißleistungsbereiche angewendet.
in einem Transformator auf die zum Schweißen erfor- Trans- Gleich- Schalter Glättungs-
derlichen Werte umgespannt, danach gleichgerich- formator richter induktivität
tet und bei Bedarf »geglättet«. Bei diesen primär R
getakteten Schweißstromquellen (im Energiepfad
ist der Schweißtransformator nach dem Schalttran- S
sistor angeordnet!) wird der Schweißstrom durch
T
Ändern der Öffnungszeit eingestellt, Bild 3-29b).
Die Transistoren bei dieser Anordnung arbeiten wie Bild 3-30
mechanische Ein/Ausschalter. Die Verlustleistung Schematische Darstellung einer sekundär getakteten Schweiß-
ist demnach sehr gering. Mit MOS-Transistoren sind stromquelle.
sehr große Schaltgeschwindigkeiten (bis 200 kHz)
möglich. Für verschiedene Grundwerkstoffe, Schutz- Tabelle 3-5 zeigt die wichtigsten Eigenschaften der
gase und Drahtdurchmesser lassen sich optimierte Schweißstromquellen im Vergleich.
Programme herstellen, die gewöhnlich mit Speicher-
bausteinen realisiert werden. Eine Umrüstung auf
neue Programme ist damit verhältnismäßig einfach 3.4.4 Zusatzwerkstoffe; Stabelektroden
und preiswert möglich.
Aus verfahrenstechnischen Gründen (leichteres Zün-
Mit den Inverterstromquellen ist eine vollständige den, stabiler Lichtbogen) und wegen metallurgischer
Regelung des Schweißablaufs möglich, die mit kei- Eigenschaften (wesentlich bessere Gütewerte) wer-
ner anderen Stromquelle erreichbar ist: den zum Lichtbogenhandschweißen überwiegend
– Die Schweißarbeiten werden mit geringen Strö- umhüllte Stabelektroden verwendet. Die Umhül-
men begonnen, um das Durchfallen der Schmel- lung wird ausschließlich um den Kernstab gepresst
ze zu verhindern. (Pressmantelelektroden). Wegen der großen Gefahr,
– Der Strom steigt anschließend bei gleichzeitigem die durch dissoziierte bzw. ionisierte Feuchtigkeit
Pulsbetrieb auf die Schweißstromstärke an. im Lichtbogenraum entsteht, werden die Elektro-
– Der Strom wird gegen Ende der Schweißarbei- den vor dem Verpacken bei unterschiedlichen Tem-
ten abgesenkt (Prinzip der Kraterfülleinrichtung, peraturen getrocknet 11).
Abschn. 3.5.3.2), um die Heißrissanfälligkeit
im Bereich des Endkraters zu beseitigen. Während bei der »Hüttenmetallurgie« zum Herstel-
len des Werkstoffs mindestens einige zehn Minuten
Damit ist ein optimales Anpassen der Einstellwerte zur Verfügung stehen, muss das Schweißgut wegen
und der thermischen Erfordernisse auch für schlecht der spezifischen Besonderheiten des Schweißprozes-
schweißgeeignete Werkstoffe möglich. ses (punktförmige Wärmequelle, große Leistungs-
dichte, hohe Aufheiz- und Abkühlgeschwindigkeit)
Ein weiterer großer Vorteil ist die mit zunehmender in einigen Sekunden desoxidiert und (oder) auflegiert
Wechselstromfrequenz mögliche Verringerung der werden. Allerdings sind die für das Ergebnis entschei-
»Eisenmasse« d. h. des Gewichtes des Transforma- denden Reaktionstemperaturen meistens um einige
tors. Daher sind diese Schweißstromquellen für Mon- Hundert Grad höher als im Hüttenwerk. Insgesamt
tage- und Baustellenbetrieb besonders geeignet. kann daher davon ausgegangen werden, dass das
entstehende Primärgefüge nicht soweit vom thermo-
11)
Die sauer- und rutil-sauer-umhüllten Stabelektroden wer- dynamischen Gleichgewichtszustand entfernt ist,
den bei etwa 100 °C, die basisch-umhüllten bei etwa 300 °C wie aufgrund der geschilderten Zusammenhänge
getrocknet. vermutet werden könnte.
3.4 Lichtbogenhandschweißen (Kennzahl: 111) – Metall-Lichtbogenschweißen 145

3.4.4.1 Aufgaben der Elektrodenumhüllung Die Umhüllung hat die folgenden Aufgaben zu er-
Die Stabelektroden werden in der Praxis nach der füllen:
Art der chemischen Charakteristik der Umhüllung, ❒ Stabilisieren des Lichtbogens
dem Anwendungsgebiet (z. B. Elektroden für das Durch Stoffe, die eine geringe Elektronenaustritts-
Verbindungs-, Auftragschweißen) und der Umhül- arbeit haben (z. B. Salze der Alkalien Natrium,
lungsdicke eingeteilt (Abschn. 3.4.4.3) In der Nor- Kalium und Erdalkalien Calcium, Barium), wird
mung wurden bisher (DIN EN 499) die verschiede- die Ladungsträgerzahl im Lichtbogen wesent-
nen Umhüllungsdicken durch die folgenden Kurzzei- lich erhöht, d. h. die Leitfähigkeit der Lichtbogen-
chen unterschieden: strecke verbessert. Der Bogen zündet besser und
brennt stabiler.
Dünn-umhüllt (d) bis zu der Gesamtdicke von ❒ Bilden eines Schutzgasstroms
120 %, Das Schmelzbad und der Lichtbogenraum müs-
mitteldick-umhüllt (m) über 120 % bis 155 % sen zuverlässig vor dem Einfluss atmosphäri-
und scher Gase (Luft) geschützt werden, da sonst ein
dick-umhüllt (s) über 155 %, starker Abbrand der Legierungselemente und
die Aufnahme von Stickstoff und anderen Ga-
bezogen auf den Kernstabdurchmesser. In der Nach- sen, verbunden mit einer entscheidenden Ver-
folgenorm DIN EN ISO 2560 wird die Umhüllungs- schlechterung der mechanischen Gütewerte (vor
dicke nicht mehr explizit durch Kurzzeichen bezeich- allem der Zähigkeit!), die Folge wären. Durch
net. Lediglich die Bezeichnung des Umhüllungs- Schmelzen und Verdampfen der Umhüllungsbe-
typs »RR« weist noch direkt auf eine dick-umhüllte standteile entsteht die schützende Gasatmosphä-
rutile Stabelektrode hin. re. Sehr wirksam ist das aus Carbonaten, wie z.
B. aus Calciumcarbonat entstehende Kohlendi-
Mit der Umhüllungsdicke ändern sich die Schweiß- oxid: CaCO3 → CaO + CO2. Die Umhüllung al-
eigenschaften und die Gütewerte des Schweißgutes ler Elektroden enthält in unterschiedlichen Men-
erheblich. Mit zunehmender Menge an Umhüllungs- gen Wasser 12), das im Lichtbogen in die metallur-
bestandteilen laufen nach dem Massenwirkungsge- gisch sehr schädlichen Gase Wasserstoff und Sau-
setz die metallurgischen Reaktionen, wie z. B. Aufle- erstoff aufgespalten wird.
gieren, Desoxidieren und Entschwefeln, vollständi-
ger ab. Die mechanischen Gütewerte, insbesondere
die Zähigkeit, nehmen damit zu. Als Folge der gro-
ßen Menge der entwickelten Gase ist der Gasschutz
sehr gut. Die Viskosität der Schmelze nimmt wegen 5
der zunehmenden Wärmemenge, die aus den exother- 5
men Verbrennungsvorgängen der Desoxidationsmit- Schlackenfilm
tel Mangan und Silicium (evtl. auch der Legierungs- 2, 4 3
elemente) entstehen ab. Fe
2, 4
Cr
1 O 4
Die Elektrode ist aus einem metallischen Kern, dem 2

Kernstab, und der umpressten Umhüllung aufge-


baut. Diese besteht aus Erzen, sauren, basischen und
organischen Stoffen. Die Umhüllung bestimmt das
Verhalten des Schweißgutes bzw. der Elektrode (z. Oxidationsvorgänge Desoxidations- und
B. das »Verschweißbarkeitsverhalten«: Spaltüber- Legierungsvorgänge
brückbarkeit, Zwangslagenverschweißbarkeit) und durch freien Sauerstoff: durch Kohlenstoff:
1: Fe + O ® FeO 3: FeO + C ® Fe + CO
die mechanischen Gütewerte der Schweißverbin- Mn + O ® MnO durch oxidische Schlacken:
dung in hohem Maße. durch oxidische Schlacken: 4: SiO2 + 2 × Fe ® 2 × FeO + Si
2: SiO2 + 2× Cr ® 2 × CrO + Si MnO + Fe ® FeO + Mn
Fe 2O3 + Fe ® 3 × FeO 5: MeO + Fe ® FeO + Me
12)
Zum Verringern der Reibung an der Pressdüsenwand wer-
den jedem Stabelektrodentyp Gleitmittel zugesetzt. In der Bild 3-31
Hauptsache wird dafür wasserhaltiges Natron- oder Kali- Metallurgische Vorgänge beim Schweißen mit umhüllten Stab-
wasserglas (Na2SiO3 bzw. K2SiO3) verwendet. elektroden (stark vereinfacht).
146 3 Fügen

❒ Bilden einer metallurgisch wirksamen Schlacke. Desoxidation und das Auflegieren sind Diffusions-
Die den Lichtbogenraum durchlaufenden Werk- vorgänge, die im Wesentlichen an der Phasengren-
stofftröpfchen sind von einem Schlackenfilm um- ze Schlacke/flüssiges Metalltröpfchen stattfinden.
geben, der den flüssigen Werkstoff vor Luftzu- Der Hauptort aller metallurgischen Reaktionen ist
tritt schützt. Auch das Auflegieren bzw. Desoxi- die Elektrodenspitze, weil hier die höchsten (Reak-
dieren erfolgt über den Schlackenfilm, weil Legie- tions-)Temperaturen im System herrschen. Bild 3-31
rungselemente und Desoxidationsmittel dem zeigt die Vorgänge. Ein Teil der dem Schmelzbad zu-
Schweißgut meistens über die Umhüllung in Form geführten Legierungselemente geht durch Oxida-
feinverteilter Vorlegierungen zugeführt werden. tion und Verdampfen im Lichtbogenraum sowie
Ähnlich wie bei der Stahlherstellung muss das durch Spritzerbildung verloren.
Schweißgut »gereinigt«, d. h., die Gehalte an Die Oxidationsvorgänge laufen im Wesentlichen über den den
Sauerstoff, Schwefel, Phosphor, Stickstoff und Metalltropfen einhüllenden Schlackenfilm nach folgenden Re-
anderen Verunreinigungen müssen auf Werte aktionsgleichungen ab, z. B. für die Reaktion durch freien Sau-
begrenzt werden, die sich nicht mehr schädlich erstoff, Bild 3-31:
auswirken. Auch diese metallurgischen Aufga- Fe + O2 → 2 ⋅ FeO
ben übernimmt die Schlacke. Das Entgasen und Mn + O2 → 2 ⋅ MnO.
das Entschlacken (= Reaktionsprodukte der Des- Die Oxidation durch oxidische Schlacke findet an der Phasen-
oxidationsbehandlung!) der Schmelze werden grenze Metall-Schlacke statt:
durch die flüssige, schlecht wärmeleitende Schla- Fe2O3 + Fe → 3 ⋅ FeO
cke erleichtert. Ihr Sauerstoffgehalt bestimmt in SiO2 + 2 ⋅ Cr → 2 ⋅ CrO + Si.
großem Umfang die Viskosität der Schmelze, d. Das FeO geht in die Schlacke und die Metallschmelze über.
h. die Größe und die Zahl der Tropfen. Die gleich- Durch oxidische Schlacken (und freien Sauerstoff) werden
zeitige Abnahme der Abkühlgeschwindigkeit große Mengen von Legierungselementen verschlackt, z. B.:
begrenzt die Härtespitzen in der Wärmeeinfluss- Cr + O (bzw. SiO2) → CrO.
zone. Schließlich formt und stützt die Schlacken- Der Sauerstoff ist im Grunde der einzige von der Umhüllung
decke die Schweißnaht. gelieferte Bestandteil mit schädlichen Auswirkungen. Das
Schweißgut muss daher desoxidiert werden.
3.4.4.2 Metallurgische Grundlagen Die Desoxidation der Schmelze erfolgt mit Elementen, die ei-
Die notwendigen Legierungs- und Desoxidations- ne größere Affinität zum Sauerstoff haben als Eisen. Die Re-
elemente werden dem Schmelzbad aus der Umhül- aktionsprodukte können gasförmig (CO) oder fest sein (MnO,
lung und (oder) dem Kernstab zugeführt. Eine der SiO2), d. h., sie bilden Poren oder Einschlüsse unterschiedli-
cher Größe und Form (z. B. eckig, rundlich, flächig).
wichtigsten Forderungen für ausreichende mecha-
nische Eigenschaften der Schweißverbindung (und Der schmelzflüssige Tropfen wird mit Kohlenstoff (C) vor-
des Schweißguts!) ist das Erzeugen eines in bestimm- desoxidiert (Bild 3-31):
ter Weise zusammengesetzten Schweißgutes. Die FeO + C → CO + Fe.

Tabelle 3-6. Wichtige Umhüllungsbestandteile von Stabelektroden, eingeteilt nach ihrer metallurgischen Wirksamkeit.

basisch sauer oxidierend reduzierend


(desoxidierend)

BaCO3 1) SiO2 2) Fe2O3 3) Al


K2CO3 1) TiO2 5) Fe3O4 3) Mn
CaO 4) ZrO2 MnO2 Si
CaCO3 4) Verbindungen der TiO2 C
MgO Eisenbegleiter P und S
MgCO3 1), MnO
CaF2 6)
Hinweise zur Wirkung einzelner Umhüllungsbestandteile
1)
Schutzgas- und Schlackebildner
2)
erhöht Strombelastbarkeit, dient als Schlackeverdünner
3)
feinerer Tropfenübergang, lichtbogenstabilisierend
4)
wie Fußnote 1), erniedrigt Lichtbogenspannung
5)
erleichtert Wiederzünden des Lichtbogens und Schlackenabgang
6)
verdünnt Schlacke bei basischen Elektroden
3.4 Lichtbogenhandschweißen (Kennzahl: 111) – Metall-Lichtbogenschweißen 147

Das entstandene Gas (CO) begünstigt die Tropfenablösung. Die Umhüllungsbestandteile werden nach ihrer che-
Die weitere Desoxidation geschieht über das SiO2 in der den mischen Wirksamkeit eingeteilt in
Tropfen umhüllenden Schlacke:
– saure,
SiO2 + 2 ⋅ Fe → 2 ⋅ FeO + Si. – basische,
Das FeO bleibt jetzt vorwiegend in der Schlacke, Silicium – oxidierende (sauerstoffabgebende) und
wandert in den Metalltropfen und desoxidiert die Schmelze – reduzierende (sauerstoffbindende) Stoffe.
beim Abkühlen:
2 ⋅ FeO + Si → SiO2 + 2⋅ Fe. Einige wichtige Bestandteile der Umhüllung sind
Wegen der kurzen Erstarrungszeit ist es schwierig, den Gehalt in Tabelle 3-6 aufgeführt. Danach verhalten sich die
an festen Reaktionsprodukten, wie z. B. SiO2 und MnO, zu Nichtmetalloxide vorwiegend sauer, Metalloxide
begrenzen. niedriger Oxidationsstufen reagieren vorwiegend
Der Legierungseffekt (Übergang der Legierungselemente von basisch. Überwiegt ein chemisch saures, neutrales
der Umhüllung in das Schweißbad) wird weitgehend von der oder basisches Verhalten der aus der Umhüllung ent-
Oxidationsneigung der Elemente bestimmt, d. h. von deren
standenen Schweißschlacke, dann spricht man von
Sauerstoffaffinität. Die Reaktionsgleichung für das Auflegie-
ren lautet allgemein: sauer-umhüllten, rutil-umhüllten (neutraler Typ) oder
basisch-umhüllten Stabelektroden.
MeO + Fe → FeO + Me.
Hierbei liegt das Legierungselement Me in Oxidform als MeO
Oxidierende Bestandteile spalten im Lichtbogen
in der flüssigen Schlacke vor.
Sauerstoff ab, der zum Abbrand der Desoxidations-
100 desoxidierend und Legierungselemente führt. Die mechanischen
Gütewerte werden mit zunehmendem Sauerstoffge-
Verhalten der Licht-
bogenatmosphäre

% halt schlechter, die Viskosität der Schmelze und ih-


re Oberflächenspannung nehmen stark ab. Dadurch
50 B-Typ wird ein Werkstoffübergang in Form feinster Tröpf-
chen begünstigt (sprühregenartiger Werkstoffüber-
gang). Das Sauerstoffangebot ist bei den sauer-um-
sauer A- und R- basisch hüllten Stabelektroden am größten, bei den basisch-
umhüllten am kleinsten.
100 50 Typen 50 % 100
Verhalten der 3.4.4.3 Die wichtigsten Stabelektrodentypen
Schlacke
Die sauer-umhüllten, rutil-umhüllten, zellulose-um-
50 hüllten und basisch-umhüllten Elektroden sind die
wichtigsten Stabelektrodentypen. Ihr (Schweiß-)Ver-
halten und ihre Eigenschaften werden vorwiegend
bestimmt von dem
100 oxidierend
– metallurgischen Verhalten der Schweißschlacke:
Bild 3-32 sauer, neutral, basisch, und dem
Verhalten der Lichtbogenatmosphäre und der Schlacke bei – »chemischen« Charakter der Lichtbogenatmo-
den wichtigsten Stabelektrodentypen, schematisch. sphäre: oxidierend (abbrennend), desoxidierend
(zubrennend, reduzierend), Bild 3-32.
Die Schlacken – also die geschmolzenen Elektroden-
umhüllungen – verhalten sich je nach Zusammenset- Sauer-umhüllte Stabelektroden – sie haben das
zung sauer, neutral oder basisch. Die chemisch sau- Kennzeichen A 13) – enthalten in der Umhüllung gro-
ren Verbindungen des Schwefels und Phosphors kön- ße Anteile Schwermetalloxide (oxidische Eisen- und
nen daher nur mit einer basischen Schlacke aus der Manganerze, Fe2O3, Fe3O4, SiO2). Der dadurch in
Schmelze entfernt werden. Dies ist u. a. die Ursache der Lichtbogenatmosphäre vorhandene hohe Gehalt
für die hervorragenden mechanischen Gütewerte an freiem Sauerstoff und oxidischen Schlacken ver-
des mit der basisch-umhüllten Stabelektroden herge- ursacht einen starken Abbrand an Legierungsele-
stellten sehr gering verunreinigten Schweißgutes. menten. Daher sind saure Elektroden zum Schwei-
ßen legierter Stähle grundsätzlich ungeeignet. Der
Sauerstoffgehalt im Schweißgut ist mit etwa 0,1 %
13)
englisch: acid; sauer, Säure. extrem groß und die wichtigste Ursache für die ver-
148 3 Fügen

hältnismäßig schlechten mechanischen Gütewerte Die rutil-umhüllten Stabelektroden werden in zahl-


des Schweißgutes. reichen (Misch-)Typen hergestellt. Deren Umhül-
lungscharakteristik kann in Richtung sauer-umhüllt
Aufgrund der bei der Verbrennung der Legierungs- (Kennzeichen AR) bzw. basisch-umhüllt (Kennzei-
elemente (hauptsächlich Mangan und Silicium) frei- chen B(R) oder RR(B)) verschoben sein. Entspre-
werdenden Wär memenge (stark exothermer Vor- chend groß ist der Bereich der erzielbaren Schweißei-
gang) und der sauerstoffhaltigen Lichtbogenatmo- genschaften und mechanischen Gütewerte. Die ru-
sphäre (geringe Viskosität der Metallschmelze) erge- til-umhüllte Elektrode ist daher der am häufigsten
ben sich verwendete Elektrodentyp. Der rutil-saure Stabelek-
– ein sprühregenartiger, feintropfiger Werkstoff- trodentyp RA hat sich im Laufe der Zeit wegen sei-
übergang, ner günstigen Kombination der Verschweißbarkeits-
– eine dünnflüssige, heiße Schmelze (man spricht eigenschaften und der erreichbaren Gütewerte zu ei-
von einer »heißgehenden Elektrode«) und damit nem weiteren Grundtyp entwickelt.
verbunden
– eine schlechte Spaltüberbrückbarkeit. Diese Ei- Bei mitteldick-rutil-umhüllten Stabelektroden ist
genschaft ist vor allem beim Schweißen der Wur- die Spaltüberbrückbarkeit und die Zwangslagenver-
zellagen von Stumpfschweißverbindungen wich- schweißbarkeit sehr gut, die Heißrissempfindlich-
tig. Hierfür sind entweder ein hinreichend zäh- keit gering. Sie ist vor allem zum Schweißen der Wur-
flüssiges Schweißgut, eine geeignete Elektroden- zellagen geeignet, wenn die damit erzielbaren Güte-
führung (nur bedingt tauglich) oder geeignete werte ausreichend sind.
Badsicherungen erforderlich, Bild 3-33, und
– eine erheblich eingeschränkte Zwangslagenver- Das mit dick-rutil-umhüllten Stabelektroden herge-
schweißbarkeit der sauer-umhüllten Stabelek- stellte Schweißgut besitzt gute bis sehr gute mecha-
troden, Bild 3-6. nische Gütewerte. Ihre (Wieder-)Zündfähigkeit ist
wegen der großen elektrischen Leitfähigkeit der
Die dünnflüssige Schlacke formt sehr glatte Nahtober- Schlacke ausgezeichnet und besser als bei allen an-
flächen. Die »schöne« Nahtzeichnung sollte aber deren Elektrodentypen.
nicht darüber hinweg täuschen, dass die Gütewerte
der Schweißverbindung verhältnismäßig schlecht Die Umhüllung der basisch-umhüllten Stabelek-
sind. Der Anwendungsbereich dieser Stabelektro- troden mit dem Kennzeichen B 15) enthält etwa 80 %
den ist daher sehr begrenzt und nimmt ständig wei- Calciumoxid (CaO) und Calciumfluorid (CaF2), al-
ter ab auf Kosten der rutil- und basisch-umhüllten. so basische Bestandteile (Tabelle 3-6), die kaum
Beim Schweißen stark verunreinigter Stähle (durch Sauerstoff in der Lichtbogenatmosphäre abspalten.
Phosphor, Schwefel oder durch Seigerungen) oder Die Schlacke ist neutral bis reduzierend (Bild 3-32)
höhergekohlter Stähle (C > 0,25 %) entstehen leicht und weitgehend frei von Wasserstoff und Stickstoff.
Heißrisse, Poren oder infolge der geringen Verform- Die gebildete Schlacke verhält sich basisch. Der Ab-
barkeit des Schweißgutes Härterisse (Kaltrisse) in brand an Legierungselementen ist daher gering und
der Wärmeeinflusszone (Abschn. 3.2.3). Die sauer-
umhüllten Elektroden können dünn- oder meistens Decklage Fülllagen

dick-umhüllt sein (s. Abschn. 3.4.4.4).

Der Hauptbestandteil der Umhüllung rutil-umhüll-


ter Stabelektroden ist Titandioxyd mit dem Kenn-
zeichen R 14), das im Lichtbogen wesentlich schwä-
cher oxidierend wirkt als Fe2O3, Fe3O4 oder MnO2.
Die annähernd neutrale Lichtbogenatmosphäre ver-
mindert den Legierungsabbrand erheblich. Die
Schweißschlacke ist aber sauer. evtl. Badsicherung Wurzellage
Zum Schweißen der Wurzellage (offener Spalt!) sind ein hinreichend
14) zähflüssiges Schweißgut oder geeignete Badsicherungen erforderlich.
Diese Bezeichnung leitet sich von Rutil (TiO2), dem wich-
tigsten titanhaltigen Erz ab. Bild 3-33
15)
englisch: basic; basisch. Typischer Aufbau einer schmelzgeschweißten Stumpfnaht.
3.4 Lichtbogenhandschweißen (Kennzahl: 111) – Metall-Lichtbogenschweißen 149

das Schweißgut sehr verunreinigungsarm. Die me- der in das Schweißgut gelangt und dieses versprö-
chanischen Gütewerte sind hervorragend, ebenso det. Daher müssen selbst Spuren von Feuchtigkeit
die Sicherheit gegen Heiß- und Kaltrisse sowie ge- in der Umhüllung beseitigt werden. Ein einstündi-
gen Trennbrüche. Ihre herausragenden von keinem ges Trocknen bei 250 °C vor dem Schweißen besei-
anderen Elektrodentyp erreichten Eigenschaften tigt nicht nur das adsorptive Wasser (aus der Umge-
sind die extrem niedrige Übergangstemperatur der bung von der Umhüllung aufgenommenes Wasser),
Kerbschlagarbeit (Tü.27 = − 70 °C, Charpy-V-Pro- sondern auch das in den Umhüllungsbestandteilen
ben) des Schweißgutes und dessen sehr geringer Was- chemisch gebundene Wasser (Konstitutionswasser,
serstoffgehalt. Mit trockenen Elektroden lassen sich z. B. in Kaolin: Al2O3 ⋅ 2 SiO2 ⋅ 2 H2O). Daraus erge-
leicht Werte von 5 cm3/100 g Schweißgut erreichen. ben sich bestimmte Konsequenzen im Hinblick auf
Diese Eigenschaft macht die B-Stabelektroden zum das Verschweißen dieser Elektroden. Der Lichtbo-
Schweißen der niedriglegierten, feinkörnigen Vergü- gen muss möglichst kurz sein, d. h. die Elektrode
tungsstähle hervorragend geeignet. sehr steil gehalten werden. Pendeln der Elektrode ist
möglichst zu vermeiden, andernfalls besteht die Ge-
Wegen ihrer guten Legierungsausbeute werden sie fahr, dass Feuchtigkeit aus der Atmosphäre aufge-
zum Schweißen legierter Stähle überwiegend ver- nommen wird und es z. B. zur Porenbildung kommt.
wendet. Sie sind dick-umhüllt und haben einen mit- Das Ausgasen des sehr zähflüssigen Schweißgutes
tel- bis grobtropfigen Werkstoffübergang (»kaltge- ist prinzipiell erschwert. Durch größere Schmelzbä-
hend«) und sind in jeder Position verschweißbar, der können die Entgasungsbedingungen aber deut-
einige von ihnen auch mäßig gut in der Fallnahtpo- lich verbessert werden. Der fachgerechte Umgang
sition (von oben nach unten, Bild 3-6). Demnach mit diesen Elektroden ist aufwändiger als der mit
ergeben sich die folgenden Anwendungsbereiche: jeder anderen Stabelektrodensorte. Der Schweißer
– Verunreinigte Stähle: muss mit ihren Besonderheiten in speziellen Schu-
Z. B. Thomasstahl, Seigerungszonen von unbe- lungen vertraut gemacht werden.
ruhigten Stählen, Automatenstähle mit ihrem
hohen Schwefelgehalt. Sie sind grundsätzlich für Die Umhüllung enthält einen großen Anteil Calci-
alle nicht bzw. schlecht schweißgeeigneten Stäh- umfluorid (CaF2), das Elektronen bindet, d. h. den
le geeignet. Elektronenstrom in Richtung Anode schwächt und
– Höhergekohlte und (oder) legierte Stähle: so die Ionisation behindert. Rein basische Stabelek-
Bei erhöhtem Kohlenstoffgehalt (C > 0,25 %) troden sind daher kaum mit Wechselstrom, sondern
des Stahls kann das Schweißgut wegen seiner ho- nur mit Gleichstrom am positiven Pol 16) verschweiß-
hen Verformbarkeit die rissbegünstigenden Ei- bar. Diese Polung ist notwendig, weil durch die
genspannungen des martensitischen Gefüges mit- Schwächung des Elektronenstroms der negative Pol
tels plastischer Verformungen abbauen. wärmer als der positive ist, und der Lichtbogen nur
– Dickwandige und (oder) stark verspannte Kon- bei der positiven Polung der Elektrode stabil brennt.
struktionen: Jeder andere Elektrodentyp wird am negativen Pol
Die erforderliche (Kalt-)Zähigkeit (d. h. nied- (kälterer Pol) verschweißt und kann normalerweise
rige Übergangstemperatur der Kerbschlagzähig- auch mit Wechselstrom verarbeitet werden.
keit, ein extrem geringer Wasserstoffgehalt im
Schweißgut, sowie eine extrem hohe Bruchver- Die Umhüllung zellulose-umhüllter Stabelektro-
formung) lässt sich nur mit den basisch-umhüll- den mit dem Kennzeichen C 17) enthält einen hohen
ten Elektroden erreichen. Anteil verbrennbarer Substanzen (Zellulose). Sie
werden fast ausschließlich für Schweißarbeiten in
Die beschriebenen Eigenschaften sind aber nur dann Fallnahtposition verwendet. Hierfür muss die Elek-
vollständig nutzbar, wenn einige Besonderheiten im trode verschiedene Anforderungen erfüllen:
Umgang mit der B-Elektrode beachtet werden. We- – Die Menge der entstehenden Schlacke muss ge-
gen der reduzierenden Lichtbogenatmosphäre wird ring sein, weil sie in Schweißrichtung vorlaufend,
vorhandener Wasserdampf zu Wasserstoff reduziert, den Schweißprozess empfindlich stören würde.
– Der Einbrand sollte möglichst tief sein, weil als
16)
Die zellulose-umhüllten Elektroden werden ebenfalls am Folge der großen Schweißgeschwindigkeit die
positiven Pol verschweißt. Blechkanten sicher aufgeschmolzen werden müs-
17)
englisch: cellulose; Zellulose. sen, um Wurzelfehler zu vermeiden.
150 3 Fügen

Als Folge der erreichbaren sehr großen Schweißge- teresistenz genannt. Sie kann z. B. durch die Zeit be-
schwindigkeit ergeben sich wesentliche wirtschaftli- stimmt werden, innerhalb der die Elektrode während
che Vorteile. Aber das Verarbeiten dieser stark sprit- der Lagerung in definierten Befeuchtungsräumen
zenden, große Mengen Qualm und Rauch entwickeln- den maximalen Wasserstoffgehalt von 5 ml /100 g
den C-Elektroden ist lästig und unbequem. Außer- Schweißgut nicht überschreitet. Je größer diese Zeit-
dem muss der Schweißer zum Erlernen der schwie- spanne ist, desto unkritischer verhält sich diese Elek-
rigen manuellen Technik besonders geschult wer- trode bei einer nicht vorschriftsmäßigen Lagerung
den. Die C-Elektroden werden überwiegend im Rohr- bzw. Trocknung durch den Verarbeiter.
leitungsbau (Verlegen von Pipelines) eingesetzt.
Aufgrund neuerer Entwicklungen in der Stahlherstel-
3.4.4.4 Bedeutung des Wasserstoffs lung (Produktion unterschiedlicher in aller Regel ver-
Der Wasserstoff beeinträchtigt die Kerbschlagzä- güteter schweißgeeigneter, daher extrem wasserstoff-
higkeit sehr stark. Insbesondere bei den vergüteten empfindlicher Baustähle) besteht der Wunsch, Stab-
(schweißgeeigneten) Feinkornbaustählen führt Was- elektroden zur Verfügung zu haben, die Schweißgü-
serstoff zu den gefürchteten wasserstoffinduzierten ter mit einem Wasserstoffgehalt von weniger als
Kaltrissen. Für die basisch-umhüllten Stabelektro- 3 ml /100 g möglichst reproduzierbar erzeugen.
den garantieren die Hersteller einen Wasserstoffge-
halt von weniger als 5 ml H /100 g Schweißgut. Das Die Vorteile dieser extrem wasserstoffarmen Stab-
Merkblatt DVS 0504 (April 1988) vereinheitlicht elektroden sind:
und regelt das Verschweißen und Trocknen der ba- – Auf ein Vorwärmen kann verzichtet bzw. die
sisch-umhüllten Stabelektroden. Vorwärmtemperatur deutlich reduziert werden.
– Feuchteresistente Elektroden können Feuchtig-
Die wichtigsten Wasserstoffquellen beim Schwei- keit aus der Atmosphäre nur sehr langsam aufneh-
ßen sind: men. Dann entfällt die Notwendigkeit, für die
– Wasserstoffverbindungen in der Umhüllung, die rückgetrockneten Elektroden beheizte Köcher
bei der Fertigungstrocknung nicht entfernt wer- zur Verfügung stellen zu müssen.
den können. In erster Linie ist das Bindemittel
Wasserglas zu nennen. Diese erzeugen den für Bei gleicher Umhüllungsfeuchtigkeit (= Gesamt-
die jeweilige Stabelektrode umhüllungstypi- feuchtigkeit) hat die Ausgangsfeuchtigkeit einen sehr
schen Grundwasserstoffgehalt. Nach dem DVS- viel größeren Einfluss auf den Wasserstoffgehalt des
Merkblatt 0504 ist die Ausgangsfeuchtigkeit der Schweißguts als die durch kapillare Kräfte aufgenom-
Stabelektrode der Wassergehalt der Umhüllung mene. Diese ist weniger fest an die Umhüllung gebun-
unmittelbar vor ihrer Verpackung. den als die Ausgangsfeuchtigkeit und wird z. T. wäh-
– Die von dem Wasserstoffpartialdruck, d. h. von rend des Schweißens durch Widerstandserwärmung
der relativen Feuchte und der Temperatur der aus der Umhüllung ausgetrieben. Die über den Licht-
umgebenden Luft abhängigen Umgebungsfeuch- bogenraum praktisch immer eindringende Feuchtig-
tigkeit. Sie wird je nach der Beschaffenheit der keit hängt stark von der Lichtbogenlänge, d. h. der
Umhüllung zeitabhängig in die Umhüllung auf- Schweißspannung ab. Die Schweißspannung, eben-
genommen. Die Gesamtfeuchtigkeit ist die Sum- so wie der Sauerstoff- und Stickstoffgehalt nehmen
me aus Ausgangsfeuchtigkeit und Umgebungs- mit zunehmender Lichtbogenlänge stark zu.
feuchtigkeit.
– Falsche Handhabung und (oder) eine ungeeig- Die entscheidenden qualitätsbestimmenden Eigen-
nete Schweißtechnologie: Zu langer Lichtbogen schaften der basisch-umhüllten Stabelektroden hin-
(Luft kann in den Lichtbogenraum gelangen), sichtlich des Wasserstoffs sind:
falsche Einstellwerte erschweren Ausgasen der – Der diffusible Anteil des Wasserstoffs im festen
Schmelze, Oberflächenbeläge bestehen oft aus Schweißgut ferritischer Stähle. Dieser wird nach
vergasbaren Bestandteilen. DIN EN ISO 3690 mit der Quecksilbermethode
bestimmt.
Für die basisch-umhüllten Elektroden erweist es sich – Die Feuchteresistenz der Umhüllung von Stab-
als sinnvoll und notwendig, die Neigung der Umhül- elektroden. Die Vorschriften für ihre Ermittlung
lung zu definieren, während der Lagerung Feuch- und weitere prüftechnische Hinweise sind zu fin-
tigkeit aufzunehmen. Diese Eigenschaft wird Feuch- den in DIN EN ISO 14372.
3.4 Lichtbogenhandschweißen (Kennzahl: 111) – Metall-Lichtbogenschweißen 151

Bei der Entwicklung und Verwendung der extrem beruht überwiegend auf Normen, die im Pazifikraum
wasserstoffarmen umhüllten Stabelektroden sind ei- gelten. Im Folgenden werden überwiegend die Fest-
nige physikalische Gesetzmäßigkeiten zu beachten. legungen des europäischen Systems »A« etwas aus-
In erster Linie ist zu berücksichtigen, dass die Be- führlicher beschrieben.
deutung der Umgebungsfeuchtigkeit um so größer
ist, je niedriger der zu messende Wasserstoffgehalt Die ausgewiesenen mechanischen Gütewerte wer-
im Schweißgut ist. Die Messung des aufgenomme- den an reinem Schweißgut im nicht wärmebehandel-
nen Wasserstoffs für nur ein »Normklima« ist da- ten Zustand ermittelt. Die mechanischen Gütewer-
her nicht ausreichend. Für Schweißarbeiten unter
Tabelle 3-7. Kennzeichen für Festigkeit und Dehnung des
vom Normklima abweichenden klimatischen Be-
reinen Schweißguts nach DIN EN ISO 2560.
dingungen müssen die von der Luftfeuchte abhängi-
gen meistens sehr viel größeren Wasserstoffgehalte Kenn- Mindeststreck- Zugfestigkeit 2)
Mindest-
bekannt sein. Schweißungen z. B. an Konstruktionen ziffer grenze 1) dehnung 2)
im Offshorebereich oder in anderen Gebieten mit N/mm2 N/mm2 %
hoher Luftfeuchtigkeit sind Beispiele für extreme
klimatische Bedingungen. 35 355 440 bis 570 22
38 380 470 bis 600 20
42 420 500 bis 640 20
Häufig wird die Bedeutung des Taupunktes unter- 46 460 530 bis 680 20
schätzt. Vor allem unter Baustellenbedingungen 50 500 560 bis 720 18
(Baugelände ist im Allgemeinen nicht beheizt!) ist 1)
Es gilt die untere Streckgrenze (Rel). Bei nicht ausgeprägter
zu beachten, dass ein Unterschreiten dieses von der Streckgrenze ist die 0,2 %-Dehngrenze (Rp0.2) anzusetzen.
Umgebungstemperatur abhängigen Wertes zur Kon- 2)
L0 = 5 ⋅ d.
densatbildung auf der Werkstückoberfläche führt.
Bei den klimatischen Bedingungen Luftfeuchtigkeit Tabelle 3-8. Kennzeichen der Kerbschlageigenschaften des
j = 60 % und 20 °C beginnt z. B. die Kondenswas- reinen Schweißguts nach DIN EN ISO 2560.
serbildung auf den (im Freien lagernden) Stabelek- Kennbuchstabe/ Temperatur (°C) für Mindest-
troden bei einer Temperatur unter + 12 °C. Kennziffer kerbschlagarbeit, KV = 47 J

Z Keine Anforderungen
3.4.4.5 Normung der umhüllten A + 20
Stabelektroden 0 ±0
Die bisher verbindliche Norm DIN EN 499 wurde 2 − 20
3 − 30
2006 durch die DIN EN ISO 2560 ersetzt. Sie legt 4 − 40
die Anforderungen für die Einteilung umhüllter 5 − 50
Stabelektroden im Schweißzustand für das Lichtbo- 6 − 60
genschweißen unlegierter und mikrolegierter Stäh-
le mit einer Mindeststreckgrenze bis zu 500 N/mm2 Tabelle 3-9. Kurzzeichen für die chemische Zusammenset-
fest. Mit ihrer Hilfe wird die Auswahl und Anwen- zung des Schweißguts mit Mindeststreckgrenzen
bis zu 500 N/mm2 nach DIN EN ISO 2560.
dung erleichtert und ein rationelles Abschätzen der
Güte und Wirtschaftlichkeit der Schweißverbindung Legierungs- Chemische Zusammensetzung 1)

ermöglicht. kurzzeichen in Prozent

Mn Mo Ni
Die DIN EN ISO 2560 ist unter Anwendung des
sog. Kohabitationsprinzips (lat.: co habere zusam- Kein 2,0 − −
Mo 1,4 0,3 bis 0,6 −
menwohnen; eine etwas ungeschickte Wortwahl, weil MnMo > 1,4 bis 1,6 0,3 bis 0,6 −
»Kohabitation« auch die ältere Bezeichnung für Ge- 1Ni 1,4 − 0,6 bis 1,2
schlechtsverkehr ist!) erarbeitet worden. Hierbei wer- 2Ni 1,4 − 1,8 bis 2,6
den für denselben Gegenstand der Normung zwei 3Ni 1,4 − 2,6 bis 3,8
Mn1Ni > 1,4 bis 2,0 − 0,6 bis 1,2
Merkmalbeschreibungen »A« und »B« festgelegt. 1NiMo 1,4 0,3 bis 0,6 0,6 bis 1,2
Die Einteilung nach dem System »A« entspricht da-
Z Jede andere vereinbarte Zusammensetzung
bei weitestgehend den Festlegungen im europäischen
Raum, d. h. im Wesentlichen der bisher gültigen 1)
Falls nicht festgelegt: Mo < 0,2 %, Ni < 0,3 %, Cr < 0,2 %,
DIN EN 499. Die Einteilung nach dem System »B« V < 0,08 %, Nb < 0,05 %, Cu < 0,3 %
152 3 Fügen

Stoßart geometrische Anordnung der Fügeteile Symbol

Stumpfstoß Teile liegen in einer Ebene

Überlappstoß Teile überlappen sich und liegen flächig aufeinander

T-Stoß Zwei Teile stoßen rechtwinklig aufeinander

Zwei Teile stoßen mit ihren Enden unter


Eckstoß
beliebigem Winkel aufeinander

Bild 3-34
Die wichtigsten Stoßarten nach DIN EN ISO 17659 (Auswahl).

te des Schweißguts sollen denen des unbeeinfluss- higkeitswerte sind keine Werkstoffkonstanten,
ten Grundwerkstoffs entsprechen. Selbst bei einer sondern werden u. a. von der Werkstückdicke
perfekten Übereinstimmung der mechanischen Gü- und dem davon abhängigen Eigenspannungszu-
tewerte ist ein Versagen des Bauteils aus verschiede- stand beeinflusst.
nen Gründen nicht auszuschließen:
– Über die Eigenschaften der Wärmeeinflusszone Die Bezeichnung der umhüllten Stabelektroden nach
sind keine Aussagen möglich. DIN EN ISO 2560 ist aussagefähig und anwender-
– Die für die Bauteilsicherheit entscheidenden Zä- freundlich. Sie besteht aus den folgenden Teilen:

Nahtart Benennung Darstellung Symbol

I-Naht

V-Naht
Stumpfnähte
Y-Naht

X-Naht

Stirnnaht Stirnflachnaht

Kehlnaht

Kehlnähte Überlappnaht

Ecknaht

Bild 3-35
Die wichtigsten Nahtarten nach DIN EN ISO 17659 (Auswahl).
3.4 Lichtbogenhandschweißen (Kennzahl: 111) – Metall-Lichtbogenschweißen 153

h
t
t = Einbrandtiefe
b = Nahtbreite
h = Nahtüberhöhung

b
b
t

b, t, h
b, t, h

b, t, h
Bild 3-36
t b
Einfluss der Schweißparameter Spannung t
U, Strom I und Vorschubgeschwindigkeit h
h h
v auf die Nahtform, d. h. auf die sie be-
stimmenden Größen t, b und h. Schweißstrom Schweißspannung Schweißgeschwindigkeit

❒ Kurzzeichen für den Schweißprozess (E = Elek- ❒ Kennziffer für die Schweißposition, die für die
trohandschweißen, auch als Lichtbogenhand- Stabelektrode empfohlen wird. Sie wird wie folgt
schweißen bezeichnet). angegeben:
❒ Kennziffer für die Festigkeit und Dehnung des 1: alle Positionen,
Schweißguts, gemäß Tabelle 3-7. 2: alle Positionen, außer Fallposition,
❒ Kennziffer für die Kerbschlagarbeit des Schweiß- 3: Stumpfnaht, Wannenposition; Kehlnaht, Wan-
guts, gemäß Tabelle 3-8. nen-, Horizontal-, Steigposition,
❒ Kurzzeichen für die chemische Zusammenset- 4: Stumpfnaht, Wannenposition,
zung des Schweißguts, gemäß Tabelle 3-9. 5: wie 3, und für Fallposition empfohlen.
❒ Kurzzeichen für die Art der Umhüllung, die mit ❒ Kennzeichen für wasserstoffkontrollierte Stab-
folgenden z. T. schon bekannten (siehe Abschn. elektroden. Damit die Wasserstoffgehalte einge-
3.4.4.3) Buchstaben bzw. Buchstabengruppen halten werden können, muss der Hersteller die
gebildet werden: empfohlene Stromart und die Trocknungsbedin-
A = sauer-umhüllt, gungen bekannt geben. Bei diesen Elektroden
C = zellulose-umhüllt, darf der Wasserstoff im Schweißgut 5 cm3/100 g,
R = rutil-umhüllt, 10 cm3/100 g bzw 15 cm3/100 g nicht überschrei-
RR = dick-rutil-umhüllt, ten (H5, H10, H15).
RA = rutil-sauer-umhüllt,
RB = rutil-basisch-umhüllt, Die Abschmelzleistung S und die Ausbringung A
RC = rutil-zellulose-umhüllt, nach DIN EN 22401 sind Kenngrößen, mit denen
B = basisch-umhüllt. die Wirtschaftlichkeit der Stabelektrode beurteilt
❒ Kennziffer für die durch die Umhüllung bestimm- werden kann:
te Ausbringung (s. Beziehung weiter unten auf m
dieser Seite) und die Stromart. – Abschmelzleistung S = S in kg/h,
tS
a = 60° m
– Ausbringung A = S ⋅ 100 in %.
mK
a a
s
c

b
a) b)

Bild 3-37 Bild 3-38


Nahtvorbereitung für eine Stumpfnaht. Der Öffnungswinkel Einfluss des Schweißverfahrens auf die Größe des erforderlichen
a und der Stegabstand b bestimmen in hohem Maße die Öffnungswinkels a , d. h. der Schweißzeit (Wirtschaftlichkeit).
Schweißgutmenge (Schweißzeit und Wirtschaftlichkeit) und a) MAG,  = 40 ° bis 45 °
den Verzug der Schweißverbindung. b) E-Hand,  = 60 ° bis 70 ° (z. B. bei Zwangslagen, Nickel).
154
Wanddicke s Ausfüh- Benennung Symbol Fugenform Maße Bemerkungen
mm rungsart
α,β b c f
Grad mm mm mm
3 Fügen

< !  e in s e itig I-N a h t - 0 b is 2 - - F u g e d u r c h s a u b e re n S c h e re n - b z w . B re n n s c h n itt e rz e u g t: b il-


> EI # b e id s e itig - 1 b is 3 - - lig . A u fm is c h u n g s e h r g ro ß : V o rs ic h t b e i v e ru n re in g te m W e rk -

s
s to ff. D ic k e re B le c h e k a n n M e ta ll-L ic h tb o g e n n ic h t m e h r (w irt-
b
s c h a ftlic h ) a u fs c h m e lz e n , a b e r M S G - u n d U P -V e rfa h re n .

! > EI  # e in s e itig V -N a h t a l 6 0 ° 2 b is 3 0 b is 2 1 )
- F u g e n o c h e in fa c h h e rs te llb a r. B e i b e id s e itig e m S c h w e iß e n
b e id s e itig l 6 0 ° 0 b is 2 - W u rz e l a u s a rb e ite n (S c h le ife n , F u g e n h o b e ln o . ä .) u n d L a g e

s
g e g e n sc h w e iß e n (K a p p la g e ). W ie b e i a lle n u n s y m m e tr is c h e n
b F u g e n fo rm e n G e fa h r d e r W in k e ls c h ru m p fu n g . B e i e in s e itig e m
S c h w e iß e n is t S c h m e lz b a d s ic h e r u n g h ä u fig v o rte ilh a fte r.

Badsicherung

b 1 )
<  e in s e itig S te ilfla n k e n - 8 b is 1 2 4 b is 8 - F u g e n a h e z u s y m m e tris c h . E in z u b rin g e n d e s S c h w e iß g u tv o lu -
n a h t m e n g e rin g e r a ls b e i d e r V -N a h t. B a d s ic h e ru n g e rfo rd e rlic h
(B le c h s tre ife n ), d e r a b e r e rh e b lic h e K e rb w irk u n g e rz e u g t. D a -

s
h e r n u r s in n v o ll, w e n n U n te rla g e b e la s s e n w e rd e n k a n n , d . h .
b e i v o rw ie g e n d s ta tis c h e r B e la s tu n g .
b

a1
 > EI !  b e id s e itig 2 /3 -X -N a h t a1 , 2 = 6 0 1 b is 3 0 b is 2 2 /3 F u g e s y m m e tris c h , b e i w e c h s e ls e itig e m S c h w e iß e n (v o r a lle m
a1 = 6 0 1 b is 3 0 b is 2 b e i d e r 2 /3 -X -N a h t) k a u m W in k e ls c h ru m p fu n g . F u g e n q u e r-
a2 = 4 0 b i s 6 0 s c h n itt g e rin g e r a ls b e i V -N a h t. H e rs te llu n g te u e r.

s
f
b
a2

<  $ b e id s e itig U -N a h t a 0 b is 2 2 b is 4 - S e h r te u e r in d e r H e rs te llu n g , g e rin g e re r F u g e n q u e rs c h n itt a ls


l 8
b e i d e r X -N a h t. G e rin g e W in k e ls c h ru m p fu n g . V o rw ie g e n d fü r
n u r e in s e itig z u g ä n g lic h e o d e r (u n d ) h o c h w e rtig e V e rb in d u n -

s
g e n , z . B . im K e s s e l- u n d A p p a ra te b a u .

b
c
1 )
Is t d ie S te g h ö h e c = 0 , d a n n w e rd e n d ie K a n te n a u s s c h w e iß te c h n is c h e n G rü n d e n (S c h m e lz b a d k a n n s ic h im W u rz e lb e re ic h b e s s e r a u s b ild e n ) m e is te n s tro tz d e m g e b ro c h e n .

Bild 3-39
Hinweise zur Wahl der Schweißnahtvorbereitung (Fugenformen) für Stumpfnähte (Lichtbogenhandschweißen, Schutzgasschweißen, Gasschweißen), nach DIN EN ISO 9692-1.
3.4 Lichtbogenhandschweißen (Kennzahl: 111) – Metall-Lichtbogenschweißen 155

mS abgeschmolzene Masse der Stabelektrode Die gewählte Fugenform hängt ab von dem
(abzüglich Schlacke und Spritzer) in kg, – Werkstück (in einigen Fällen auch vom Werk-
mK Kernstabmasse in kg, stoff!) und der Werkstückdicke, den
tS reine Schweißzeit in h. – Sicherheitsanforderungen an die Konstruktion,
der
– Art der Beanspruchung (statisch, dynamisch,
3.4.5 Ausführung und Arbeitstechnik schlagartig, bei tiefer/hoher Temperatur) und den
– Schweißpositionen.
Die Wirtschaftlichkeit der schweißtechnischen Fer-
tigung sowie die technische und metallurgische Qua- Die die Geometrie der Schweißnaht – und somit die
lität der Schweißverbindung werden außer von an- zu wählende Fugenform – bestimmenden wichtigs-
deren Einflüssen (Schweißzeit, Art der Zusatzwerk- ten Faktoren sind die
stoffe, Schweißfolge, Wärmevor-, Wärmenachbe- – Einbrandtiefe t, die
handlung) durch die Fugenformen und die Nahtar- – Nahtbreite b und die
ten bestimmt. Dabei sind das Beseitigen von Verun- – Nahtüberhöhung h.
reinigungen in der Nähe der Schweißstelle, wie z. B.
Rost, Fett, Öl, Feuchtigkeit und Farbe wichtige vorbe- Diese Faktoren hängen ab vom Schweißverfahren
reitende Maßnahmen. Wesentlich – aber leider in ei- (E-Handschweißen oder mechanische Verfahren:
nigen Fällen nicht genügend beachtet – ist der Ein- MSG-, UP-Verfahren) und den Einstellwerten (Strom-
satz geprüfter Schweißer, auch für weniger kritische stärke, Spannung, Vorschubgeschwindigkeit). Bild
Bauteile. Sie bestimmen entscheidend die Qualität 3-36 zeigt schematisch den prinzipiellen Einfluss
der Fertigung und wirken darüber hinaus als »Kon- der Parameter Schweißspannung U, Schweißstrom
strukteur«, da sie abhängig von ihrem handwerkli- I und Vorschubgeschwindigkeit v auf die Nahtform,
chen Können, häufig die Nahtformen (z. B. Naht-, d. h. auf die sie bestimmenden Größen t, b und h.
Wurzelüberhöhung, Einbrandkerben) und die me-
tallurgische Qualität und die Festigkeitseigenschaften Bei großer Einbrandtiefe kann eine Fuge mit gerin-
der Schweißverbindung bestimmen (z. B. Poren, gerem Volumen, d. h. kleinerem Öffnungswinkel a
Einschlüsse, Bindefehler). und größerer Steghöhe c gemäß Bild 3-37 gewählt
werden. Je nach der Einbrandtiefe des verwendeten
3.4.5.1 Stoßart; Nahtart; Fugenform Schweißverfahrens ergeben sich erhebliche Unter-
Die zu schweißenden Teile werden am Schweißstoß schiede im Schweißgutgewicht aufgrund der unter-
durch Schweißnähte zu einem Schweißteil vereinigt. schiedlich großen Öffnungswinkel. Bild 3-38 zeigt z.
Bild 3-34 zeigt die wichtigsten Stoßarten. Die Fuge B. die Verhältnisse für das MAG- und das E-Hand-
ist die Stelle, an der die Teile am Schweißstoß durch schweißen. Grundsätzlich sind mit einer geringeren
Schweißen verbunden werden. Sie kann sich ohne Schweißgutmenge folgende Vorteile verbunden:
Bearbeitung ergeben (z. B. I- oder Kehl-Fuge), oder – Größere Wirtschaftlichkeit,
sie kann bearbeitet sein (z. B. V-, U- oder Y-Fuge, – geringere Lagenzahl,
s. DIN EN 12345). Sie soll möglichst einfach her- – geringere Schweißzeit,
stellbar sein (z. B. mit Hilfe des Brennschneidens – geringerer Bauteilverzug.
oder Scherenschnitt), sich aber zuverlässig und feh-
lerfrei mit Schweißgut füllen lassen. Dazu gehört, Bild 3-39 enthält verschiedene Fugenformen für
dass der Schweißer die Fugenflanken mit dem Licht- Stumpfnähte nach DIN EN ISO 9692-1. Die Wahl
bogen vollständig aufschmelzen kann. der Fugenform wird von einer Reihe wirtschaftlicher
und technischer Überlegungen bestimmt:
Die wichtigsten Nahtarten sind – Sie sollte einen möglichst geringen Querschnitt
– Stumpfnähte, haben. Ein geringeres Schweißgutvolumen be-
– Stirnnähte und deutet geringeren Verzug und kürzere Schweiß-
– Kehlnähte. zeiten, also höhere Wirtschaftlichkeit, aber hö-
here Schweißeigenspannungen.
Die Nahtarten sind in Bild 3-35 mit den zugehöri- – Sie sollte symmetrisch sein: Die Winkelschrump-
gen auf Konstruktionszeichnungen anzugebenden fung a gemäß Bild 3-40 ist bei beidseitigem
Sinnbildern nach DIN EN 22553 aufgeführt. (gleichzeitigem) Schweißen sehr gering.
156 3 Fügen

3.4.5.2 Einfluss der Schweißposition


Die Wirtschaftlichkeit der Fertigung und die Güte
der Schweißverbindung werden außer von den schon
besprochenen Einflüssen (z. B. Schweißzeit, Zusatz-
werkstoffe) maßgeblich von der Schweißposition
bestimmt. Grundsätzlich sollten aus den folgenden
Gründen die PA-(w-) oder PB-(h)-Position, also die
Normallagen (Bild 3-6) gewählt werden, denn:
– Schweißarbeiten in Zwangslagen erfordern er-
heblich längere Schweißzeiten, weil als Folge
der Schwerkraft mit dieser Schweißtechnologie
nur kleine, d. h. sehr rasch abkühlende Schmelz-
bäder erzeugt werden dürfen (können). Außer-
dem erfordern die schwerer erlernbaren Zwangs-
lagentechniken längere Schulungszeiten als die F
Techniken in Normallage. Zum Füllen des Fu-
genquerschnittes sind daher wesentlich mehr Bild 3-41
Blaswirkung beim Schweißen nichtmagnetisierbarer Werk-
Raupen erforderlich. Die zweckmäßige und we-
stoffe. Der Lichtbogen wird in Richtung der resultierenden
sentlich wirtschaftlichere Pendellagentechnik magnetischen Kraft F abgelenkt, die durch die unterschied-
(Abschn. 3.2.4.2 und Bild 3-10) kann daher nicht liche Dichte der magnetischen Kraftlinien im Bereich des
angewendet werden, sondern nur die sehr zeitauf- Lichtbogens entsteht.
wändige Zugraupentechnik.
– Trotz der erforderlichen größeren Handfertig- – Als Folge der nur kleinvolumigen, rasch abküh-
keit des Schweißers ist die Fehlerhäufigkeit in den lenden Schweißbäder werden die Zähigkeit von
zwangslagengeschweißten Verbindungen meis- Schweißgut und der WEZ im Allgemeinen gerin-
tens größer, d. h. die Schweißqualität geringer. ger, die Härte in den Wärmeeinflusszonen bei Fü-
In einem überkopfgeschweißten Schweißgut ist geteilen aus Stahl größer und der Verzug der Bau-
z. B. der Gehalt nichtmetallischer Einschlüsse teile in der Regel geringer.
und Poren daher grundsätzlich höher (Gase und
Schlacken können nicht mehr ungehindert nach Außer diesen wirtschaftlichen Vorteilen zeichnet
»oben« steigen!) als in jeder anderen Position. sich die Pendellagentechnik noch durch bemerkens-
Aus diesem Grund ist auch der Prüfaufwand (Prüf- werte metallurgische Vorzüge aus. Das ungünstige
kosten!) beträchtlich größer als bei Bauteilen, dendritische Gussgefüge des Schweißguts und die
die in Normallage(n) geschweißt wurden. grobkörnige Ausbildung der WEZ werden durch die
große Energiezufuhr der einzelnen Lagen zum Teil
durch partielles Aufschmelzen des Schweißguts und
Umkörnen der WEZ z. T. beseitigt.
a)
Der Konstrukteur sollte diese wichtigen Zusammen-
hänge kennen, da sie nicht nur die Wirtschaftlichkeit,
b)
sondern auch die Güte der Konstruktion beeinflus-
sen. Häufig lassen sich schon durch einfachste Vor-
richtungen Zwangslagenschweißungen vermeiden.
a

3.4.5.3 Magnetische Blaswirkung


c) d)
Der Lichtbogen – ein beweglicher stromdurchflosse-
Bild 3-40 ner Leiter – wird durch die um jeden stromdurchflos-
Richtungen der Schrumpfvorgänge in einer Schweißverbin- senen Leiter aufgebauten magnetischen Felder leicht
dung.
abgelenkt. Die Ursache sind Dichteunterschiede der
a) Längsschrumpfung
b) Querschrumpfung magnetischen Kraftlinien bei gekrümmten Strom-
c) Dickenschrumpfung bahnen. Bild 3-41 zeigt die Blaswirkung des Licht-
d) Winkelschrumpfung a bogens bei nichtmagnetisierbaren Werkstoffen.
3.4 Lichtbogenhandschweißen (Kennzahl: 111) – Metall-Lichtbogenschweißen 157

Bei ferromagnetischen Werkstoffen ist die Blasrich- vielfach praktizierte Maßnahme, wird durch 3 bis 6
tung umgekehrt, wie Bild 3-42 verdeutlicht, weil Windungen einer üblichen Schweißstromleitung re-
wegen ihrer gegenüber Luft wesentlich besseren ma- alisiert. Die Höhe des Stromes und der Wicklungs-
gnetischen Leitfähigkeit das Kraftlinienfeld an den sinn sind solange auszuprobieren, bis das resultieren-
Kanten verdichtet wird. Es entsteht daher immer ei- de Magnetfeld und damit die Blaswirkung minimal
ne ins Blechinnere gerichtete magnetische Kraft werden.
bzw. Blaswirkung.

Der Lichtbogen bläst stets 3.4.6 Anwendung und


– in Richtung der größeren Werkstoffmasse, Anwendungsgrenzen
– weg vom Stromanschluss,
– bei Wurzellagen (Spalt) stärker als bei Deck- Das Lichtbogenschweißen ist ein universelles Ver-
lagen. fahren und wird zurzeit am meisten angewendet. Es
kann netzunabhängig (ein Verbrennungsmotor treibt
den stromerzeugenden Generator an Aggregat)
a a betrieben werden und ist daher hervorragend unter
Baustellenbedingungen aller Art einsetzbar. Hinzu
kommt, dass die Schweißarbeiten mit den entspre-
chend geeigneten Stabelektroden in jeder Schweiß-
position ausgeführt werden können. Die zahlreichen
und wirksamen Möglichkeiten, das Schweißgut me-
tallurgisch zu beeinflussen (Auflegieren, Desoxidie-
ren mit Hilfe der Umhüllungsbestandteile) machen
es zum Schweißen der meisten metallischen Werk-
stoffe hervorragend geeignet. Mit basisch-umhüllten
Stabelektroden lassen sich Schweißverbindungen
mit mechanischen Gütewerten herstellen, die nur
von wenigen anderen Verfahren erreicht werden.
F F
Das Lichtbogenhandschweißen ist in den folgenden
Fällen nur begrenzt anwendbar bzw. nicht zu emp-
fehlen. Diese Einschränkungen haben überwiegend
Bild 3-42 werkstoffliche Ursachen:
Blaswirkung beim Schweißen eines ferromagnetischen Werk- – Bei Werkstückdicken unter 2 mm ist der Einsatz
stoffs. Das wesentlich stärkere magnetische Feld wird an den
des Kurzlichtbogen-, des WIG- und u. U. des
Kanten verdichtet (»Kantenwirkung«). Es entsteht immer ei-
ne ins Blechinnere gerichtete Kraft F. Die häufig starke Blas- Gasschweißverfahrens zweckmäßiger, da hier-
wirkung wird beim Handschweißen u. a. durch eine besonde- bei die Gefahr des »Durchfallens« der Schmelze
re Elektrodenhaltung »a« gemindert. Siehe auch Bild 3-41. geringer ist.
– Bei Werkstückdicken über 20 mm bis 25 mm wer-
Das magnetische Feld kann vor allem an Kanten den aus wirtschaftlichen Gründen praktisch nur
(Schweißstoß!) so groß werden, dass ein ordnungs- noch Hochleistungsverfahren mit ihrer wesent-
gemäßer Schweißablauf nicht mehr gewährleistet lich größeren Abschmelzleistung verwendet (z.
ist. Die Blaswirkung macht sich insbesondere bei B. UP-Schweißen, MSG-Schweißen).
Gleichstrom unangenehm bemerkbar. Der Lichtbo- – Bei einigen Werkstoffen wie Aluminium und Alu-
gen brennt unruhig und kann sogar verlöschen. Die- miniumlegierungen, Kupfer und allen hochreak-
se Erscheinung wird z. B. durch eine entsprechende tiven Werkstoffen (z. B. Titan, Tantal, Zirkonium,
Elektrodenhaltung (Bild 3-42 Stellung a) und die Beryllium, Molybdän) ist die Gefahr einer Luft-
Verwendung von Wechselstrom wesentlich gemin- aufnahme des flüssigen Schmelzbads und damit
dert. Weitere in der Praxis verwendeten Methoden einer Versprödung der Schweißverbindung gege-
sind das Entmagnetisieren mit kontinuierlich abneh- ben. Diese Metalle können mit anderen Verfah-
mendem Wechselstrom oder das Erzeugen eines ma- ren (z. B. WIG-, Plasmaschweißen) wesentlich
gnetischen »Gegenfeldes«. Die letzte, bei Rohren zuverlässiger geschweißt werden.
158 3 Fügen

3.5 Schutzgasschweißen (SG) 3.5.2 Wirkung und Eigenschaften der


Schutzgase
3.5.1 Verfahrensprinzip
Den wirksamsten Schutz des Schmelzbades vor der
Der Lichtbogen brennt zwischen einer abschmel- Atmosphäre bieten Schutzgase, die im flüssigen Me-
zenden Drahtelektrode oder einer nicht abschmel- tall vollständig unlöslich sind (es entstehen somit
zenden Elektrode (Wolfram) und dem Werkstück. keine Poren oder andere Reaktionsprodukte) und
Das Schutzgas wird von außen zugeführt, um zu keinerlei Reaktionen (z. B. Abbrand von Legie-
– das Schmelzbad, rungselementen und Desoxidationsmitteln durch
– den übergehenden Zusatzwerkstoff bzw. die Sauerstoff) mit der Schmelze führen. Dies trifft nur
Elektrodenspitze und die auf die einatomigen Edelgase zu, die chemisch trä-
– hoch erhitzten Bereiche der Schweißnaht ge (inert) sind, d. h., sie gehen keine chemischen Ver-
vor der Atmosphäre (Sauerstoff, Stickstoff, Wasser- bindungen mit der Schmelze ein. Aus Kostengrün-
stoff) zu schützen, Bild 3-43. Damit das Schutzgas den werden hauptsächlich Argon, Argon-Helium-
diese Aufgaben erfüllen kann, muss es in ausreichen- Gemische und in wesentlich geringerem Umfang
der Reinheit und Menge am Schweißort zur Verfü- Helium verwendet.
gung stehen. Sind Reaktionen einzelner (aktiver) Gas-
komponenten mit dem flüssigen Schweißgut mög- Die wichtigsten Verfahren, bei denen man inerte
lich, dann lassen sich mit Hilfe von Desoxidations- Gase verwendet, sind das
bzw. Legierungselementen im Zusatzwerkstoff me-
tallurgisch nachteilige Reaktionen vermeiden. Wolfram-Inertgasschweißen (WIG, Abschn.
3.5.3, Kennzahl: 14) und das
Schutzgas schützt Elektrodenspitze, Schmelzbad und hocherwärmten Metall-Inertgasschweißen (MIG, Abschn.
Bereich der Schweißnaht vor Zutritt der Atmosphäre.
3.5.4, Kennzahl: 131).
Mit der Geschwindigkeit vDr Nicht abschmelzende
abschmelzende Drahtelektrode: Wolframelektrode:
Abgesehen von der metallurgischen Wirkung be-
MSG-Verfahren WIG-Verfahren
vDr einflussen die Schutzgase aufgrund ihrer physikali-
Drahtelektrode Wolframelektrode schen Eigenschaften die Lichtbogencharakteristik
und damit in weiten Grenzen die Nahtform, die Ein-
MSG-Verfahren WIG-Verfahren brandtiefe, die Einbrandform, die Art des Werkstoff-
überganges und die zulässige Schweißgeschwindig-
Schweißstab, mit
Hand zugeführt keit. Die Art des Werkstoffüberganges ist bei den
Schutzgas-Schweißverfahren, die mit stromführen-
dem Zusatzwerkstoff (Abschn. 3.5.4) arbeiten, für
BU BU
die Qualität der Verbindung und den Verfahrensab-
lauf von großer Bedeutung.
S
B
S Verschiedene physikalische Eigenschaften von in der
Schweißtechnik verwendeten Schutzgasen (im Ver-
gleich zu einigen der Luft!) sind in Tabelle 3-10 zu-
a) b)
sammengestellt. Die hier angegebenen Reinheiten
Schmelzbad (S) kann große Mengen atmosphärischer Gase lösen:
Die Folgen können Gasaufnahme, Poren, Abbrand, Versprödung sein. sind Mindestwerte, die Taupunkte sind Höchstwerte.
Hocherwärmter Bereich (B): Hier können durch Luftzutritt bei ver-
Der Taupunkt ist eine leicht bestimmbare Kenngrö-
schiedenen Metallen metallurgische Mängel entstehen: Versprödung ße, mit der der Feuchtigkeitsgehalt von Gasen ange-
durch Gasaufnahme und Korrosionsgefahr (z. B. CrNi-Stähle). Vom geben wird. Unterhalb des Taupunktes scheidet sich
Schutzgas nicht mehr geschützte auf höhere Temperaturen erwärmte
Bereiche (BU), können bei den hochreaktiven Werkstoffen (z. B. Titan, aus dem Gas Feuchtigkeit in Form von kondensier-
Tantal) durch Gasaufnahme vollständig verspröden. Diese Werkstoffe ten Wassertröpfchen (Tau) aus. Das Schutzgas ist um
müssen daher durch zusätzliche Maßnahmen (z. B. Schweißen in Schutz-
gaskammer) vor Luftzutritt vollständig geschützt werden. so feuchtigkeitsärmer (hochwertiger, d. h. wirksa-
mer!), je niedriger der Taupunkt ist.
Bild 3-43
Verfahrensprinzip der Schutzgasschweißverfahren (SG).
18)
a) MSG-Verfahren Dies ist die Spannung, mit der man ein Elektron beschleu-
b) WIG-Verfahren nigen muss, damit es ein Atom ionisiert.
3.5 Schutzgasschweißen (SG) 159

Dichte ρ: Ein dichteres Gas bedeckt zuverlässiger Die Ionisierungsarbeit wird dem Energievorrat des
die Schweißstelle und wird durch Luftzug, z. B. bei Lichtbogens entnommen. Sie wird wieder frei, wenn
Montageschweißungen, nicht so leicht weggedrückt. die Ionen auf der verhältnismäßig kalten Schmelz-
Die Schutzwirkung des Argons ist daher gegenüber badoberfläche auftreffen. Je größer die Ionisierungs-
der des Heliums deutlich besser. Das sehr leichte spannung des Gases ist, desto tiefer wird daher der
Helium muss z. B. auf die Schweißstelle »gedrückt« Einbrand. Aus diesem Grund ist der Einbrand un-
werden, das schwere Argon »fällt«. Der Verbrauch ter Helium größer als unter Argon.
an Helium, das wegen seiner geringen Dichte außer-
dem zu Turbulenzen (Gefahr des Lufteinwirbelns, Wärmeleitfähigkeit λ: Die Wärmeleitfähigkeit von
d. h. Porenbildung) neigt, ist merklich größer. Argon ist etwa 1/10 derjenigen von Helium. Die
Stromdichte im Kern ist wesentlich größer als am
Ionisierungsspannung UI 18), Lichtbogenspannung Rand. Die typische Einbrandform des Argon-Licht-
UL: Der Lichtbogen unter Argon brennt bei erheb- bogens beruht auf dieser Erscheinung: Es entsteht
lich niedrigeren Spannungen als unter Helium. Die ein tiefer, fingerförmiger Einbrand im Zentrum, der
Ursache ist die geringe Ionisierungsspannung des am Rand flacher wird, wie Bild 3-44 zeigt.
Argons. Der Lichtbogen lässt sich daher leicht zün-
Sekundär- Primär-
den, der Schweißvorgang verläuft weich und ohne einbrand einbrand
wesentliche Geräusche. Der Spannungsabfall in der
Lichtbogensäule US (Abschn. 3.4.2) unter Argon ist
außerdem deutlich geringer (siehe Bild 3-21). Die-
se Eigenschaft macht Argon besonders geeignet für
Handschweißverfahren und zum Schweißen dünner
Bleche, denn ein unbeabsichtigtes (bei Handschweiß- 100 % Ar 100 % He 50 % Ar + 50 % He
verfahren nahezu unvermeidliches!) Ändern der Bild 3-44
Lichtbogenlänge führt nur zu einer geringen Ände- Einbrandformen beim Wolfram-Inertgasschweißverfahren in
rung der Lichtbogenspannung. Die erzeugte Ener- Abhängigkeit vom verwendeten Schutzgas.
gie, d. h., das aufgeschmolzene Werkstoffvolumen
bleibt nahezu konstant. Die ungleiche Energieverteilung im Argon-Lichtbo-
gen ist auch die Ursache der bei hohen Schweißge-
Die Lichtbogenspannung UL und der Spannungs- schwindigkeiten auftretenden Einbrandkerben. Das
abfall in der Lichtbogensäule US sind bei Helium gilt vor allem für die MSG-Verfahren, die verfahrens-
deutlich größer als bei Argon, d. h., die erzeugte bedingt mit sehr großen Schweißgeschwindigkeiten
Energie ist sehr viel größer (tiefer Einbrand). Der betrieben werden können, siehe Abschn. 3.5.4.4. Die
höhere Spannungsabfall ist beim mechanischen (au- nur geringe Menge flüssigen Schweißguts, die we-
tomatischen) WIG-Verfahren (unter Helium) nütz- gen des hier flachen Einbrandes an die Schmelzrän-
lich, weil die Lichtbogenlänge bequem durch Vari- der fließt, kann die entstehenden Kerben nicht mehr
ieren der Spannung geändert werden kann. auffüllen, siehe Bild 3-56.
Tabelle 3-10. Physikalische Eigenschaften einiger für das SG-Schweißen verwendeter Schutzgase im Vergleich zu Luft.

Gas Dichte 1) molare Ionisierungs- Reinheit Taupunkt Wärmeleit-


Masse M spannung U i mind. max. fähigkeit 2)

kg/m3 g/mol eV Vol.-% °C W/(m ·K)

Luft 1,29 29 0,03


Argon 1,784 39,95 15,7 99,995 − 60 0,018
Helium 0,178 4,00 24,5 99,99 − 50 0,15
Wasserstoff 0,090 2,016 13,5 99,5 − 50 0,18
CO2 1,978 44,01 14,4 99,7 − 35 0,016
Stickstoff 1,25 28,01 14,5 99,7 − 50 0,026
Sauerstoff 1,43 32,00 13,2 99,5 − 50 0,026
1)
Bei 273 K und 1 013,25 hPa
2)
Bei 293 K
160 3 Fügen

Die große Stromdichte im Argon-Lichtbogenkern, Bei den Schutzgasschweißverfahren mit abschmel-


und die große Masse der Argon-Ionen sind die Ursa- zender Drahtelektrode (s. Abschn. 3.5.4) werden au-
chen der Reinigungswirkung des WIG- bzw. MIG- ßer den Edelgasen bzw. Edelgasmischungen häufig
Verfahrens beim Schweißen der Leichtmetalle Alu- Gase verwendet, die chemisch aktiv sind. Die akti-
minium, Magnesium, Titan und deren Legierungen. ven Bestandteile sind meistens Sauerstoff (O2) und
Die hochschmelzenden, zähen und festen Oxidhäu- Kohlendioxid (CO2). Die Zugabe kontrollierter (be-
te, die sich auf diesen Werkstoffen spontan bilden, grenzter!) Mengen aktiver Gase verändert den Licht-
müssen vor dem Schweißen beseitigt werden. Im bogentyp (Sprühlichtbogen, Langlichtbogen, Kurz-
anderen Fall sind gütemindernde Einschlüsse im lichtbogen, Abschn. 3.5.4.4), macht den Lichtbogen
Schweißgut die Folge. Dies kann zwar mit chemisch stabiler, beeinflusst den Werkstoffübergang, die Naht-
sehr aggressiven Flussmitteln geschehen (sie müs- form und die Spritzerneigung. Die in der Schweiß-
sen die chemisch extrem beständigen Aluminium- praxis verwendeten Schutzgase sind in DIN EN 439
oxidhäute lösen können!), oder sauberer, wirtschaft- (alt: DIN 32526) genormt. Tabelle 3-12 zeigt die Art
licher und ohne Rückstände mit dem Edelgaslicht- ihrer Einteilung, ihr chemisches Verhalten (inert, oxi-
bogen. Bei positiv gepolter Elektrode »schlagen« dierend, reduzierend) und die Bezeichnungsweise
die Argonionen auf die negativ gepolte Werkstück- (s. auch Abschn. 3.5.4.5).
oberfläche und zerstören die Oxidhaut, unterstützt
durch thermische Dissoziation. Diese Erscheinung Von großer Bedeutung für die mechanischen Güte-
wird als Reinigungswirkung bezeichnet. Ein gleichar- werte der Schweißverbindung und den gewünschten
tiger Prozess findet erstaunlicherweise auch bei dem Verfahrensablauf sind
viel leichteren Edelgas Helium statt. Der Vorgang – Art des Werkstoffübergangs und die
wird hier offenbar durch die wesentlich größere – Menge und Art der aktiven (oxidierenden, redu-
Lichtbogenspannung (= Feldstärke) ermöglicht, die zierenden) Gasbestandteile.
die Teilchen wesentlich stärker beschleunigen kann.
Ihre kinetische Energie, d. h., ihre »Durchschlags-
kraft« ist also vergleichbar mit der des Argonionen- 3.5.3 Wolfram-Inertgasschweißen (WIG)
stromes. Helium wird zzt. ausschließlich für mecha- (Kennzahl: 141)
nische Schweißverfahren verwendet, weil sich die er-
forderliche kleine Lichtbogenlänge von einem Hand- 3.5.3.1 Verfahrensprinzip
schweißer nicht zuverlässig einhalten lässt. Der Lichtbogen brennt zwischen der nicht abschmel-
zenden Wolframelektrode und dem Werkstück unter
Edelgasschutz, Bild 3-45. Für das WIG-Verfahren
können nur Edelgase bzw. Edelgasgemische höchs-
ter Reinheit (99,99 % bei Argon) verwendet werden.
Geringste Sauerstoffgehalte führen zu starkem Ab-
brand der hoch erhitzten, teuren Wolframelektrode,
d. h. zu deren rascher Zerstörung. Außerdem sind
Wolframeinschlüsse im Schweißgut – entstanden
durch Abschmelzen der Elektrode – Ursache für die
sehr schlechten mechanischen Gütewerte.

Der Schutz der Schmelze unter inerten Gasen ist voll-


kommen, die metallurgische Qualität des Schweiß-
guts und die mechanischen Gütewerte sind hervor-
ragend. Denn der Edelgaslichtbogen ist im Gegen-
satz zu den meisten anderen Schweißverfahren ei-
ne »reine« Wärmequelle ohne Schlacken, Dämpfe,
Verbrennungsgase und sonstige Verunreinigungen.
Das gilt aber nur dann, wenn sämtliche Verunreini-
gungen (Rost, Farbe, Öl, andere Oberflächenschich-
Bild 3-45 ten) im Schweißbereich vollständig beseitigt wur-
Verfahrensprinzip des WIG-Schweißens. den, d. h. unerwünschte Reaktionen jeder Art dann
3.5 Schutzgasschweißen (SG) 161

nicht möglich sind. Ein geeigneter Zusatzwerkstoff dienbaren Fernsteller zum feinfühligen Ändern des
und eine fachgerechte Ausführung sind natürlich Schweißstromes ausgerüstet, weil i. Allg. beide Hän-
vorausgesetzt. Extreme Sauberkeit ist in diesem Fall de des Schweißers beschäftigt sind.
besonders wichtig, weil während des Schweißens
keine Reinigungsvorgänge (Entschwefeln, Denitrie- Schweißbrenner
ren, Desoxidieren der Schmelze) ablaufen können, Bis zu Schweißstromstärken von etwa 150 A sind die
wie z. B. beim Gasschweißen (reduzierende Zone), Schweißbrenner luftgekühlt, darüber wassergekühlt.
beim Lichtbogenhandschweißen (Reaktionen der Spannhülsen dienen zur Aufnahme der in der Re-
Umhüllungsbestandteile) oder beim UP-Schweißen gel 175 mm langen Wolframelektroden. Die Stand-
(Reaktionen der Pulverbestandteile). Das »Reinigen« zeit dieser Elektroden beträgt trotz der hohen Licht-
der Schmelze muss also mit Hilfe der in dem mas- bogentemperatur (bei einer Schmelztemperatur des
siven Schweißstab untergebrachten Desoxidations- Wolframs von 3410 °C) etwa 40 Stunden.
mittel zuverlässig erfolgen können.
Wolframelektrode
3.5.3.2 Schweißanlage und Zubehör Im Allgemeinen wird sie am negativen Pol ange-
Das Schema einer WIG-Schweißanlage zeigt Bild schlossen. Die Erwärmung ist dann am geringsten
3-46. Die wichtigsten Bestandteile sind: (Abschn. 3.4.2), d. h. die Strombelastbarkeit der
– Schweißstromquelle, Elektrode am größten. Die positive Polung wird we-
– Schweißbrenner mit Wolframelektrode und dem gen der extrem großen thermischen Belastung der
Schlauchpaket, Elektrode praktisch nicht verwendet. Aluminium,
– Schaltschrank mit Zündgerät (Impulsgenerator) Magnesium und deren Legierungen schweißt man
bei Wechselstrombetrieb, wegen der »oxidlösenden« Wirkung (»Reinigungswir-
– Sieb-(Filter-)Kondensator für das Schweißen kung«, Abschn. 3.5.2) mit Wechselstrom: Während
von Leichtmetallen, der positiven Halbwellen wird die Oxidhaut zerstört,
– Schutzgasflasche. während der negativen kühlt die Elektrode ab. Zum
Verbessern der Elektronenemission und der Zünd-
Schweißstromquellen freudigkeit des Lichtbogens enthalten die Elektro-
Es werden Gleich- und Wechselstromquellen mit den (genormt in DIN EN ISO 6848) häufig Oxide,
ausschließlich fallender statischer Kennlinie ver- die die Elektronenaustrittsarbeit erheblich verrin-
wendet. Die Gleichrichter sind meistens transduk- gern: Thoriumoxid (ThO2), Zirkoniumoxid (ZrO2)
tor- oder bei höheren technologischen Anforderun- und Lanthanoxid (LaO2), siehe Tabelle 3-11.
gen (z. B. Wahl verschiedener Stromprogramme)
thyristor- bzw. invertergesteuert (Abschn. 3.4.3). Die Die Stabilität des Lichtbogens, d. h., letztlich das
Stromquellen werden sehr oft mit ei nem fußbe- Schweißergebnis, hängt weitgehend von der richti-

Bild 3-46
Wassergekühlte WIG-Schweißanlage (schematisch).
162 3 Fügen

gen Form der Elektrodenspitze ab. Allgemein gilt, Sieb-(Filter-)kondensator


Bild 3-47: Je geringer die Stromstärke ist, um so spit- Das Schweißen der Leichtmetalle (Al, Mg) erfolgt
zer muss die Elektrode sein, weil sich sonst nicht wegen der Reinigungswirkung und im Hinblick auf
der für die Lichtbogenstabilität erforderliche flüs- eine möglichst lange Standzeit der Elektroden mit
sige Oberflächenfilm an der Elektrodenspitze bil- Wechselstrom. Die Elektronenemission ist bei nega-
det. Beim Schweißen mit Gleichstrom wird die ge- tiv gepolter Elektrode wegen ihrer im Vergleich zum
wünschte Spitzenform und die Oberflächengüte der Werkstück geringen Masse deutlich stärker als bei
Elektrodenspitze mit speziellen Schleifscheiben her- einem negativ gepolten Werkstück. Der Elektronen-
gestellt. Beim Schweißen mit Wechselstrom wird austritt wird durch die relativ kalte Schmelzbadober-
empfohlen, einen etwa halbkugelförmigen Tropfen fläche erheblich erschwert. Die Folge dieser sehr un-
durch kurzzeitiges Warmbrennen z. B. auf einem Kup-
ferblech vor dem Schweißen zu erzeugen. Stromart Form der Elektrodenspitze

Zündhilfen Strombelastung richtig


erlauben ein berührungsloses Zünden des Lichtbo- Wechselstrom
Strombelastung zu hoch
gens, wodurch Wolframeinschlüsse und vorzeitiger und Gleichstrom,
Elektrode Die Elektrode wird nach dem Zünden z. B.
Verschleiß der Elektrode vermieden werden. Beim auf Kupferblech »warmgebrannt«, dabei er-
positiv gepolt
Schweißen mit Wechselstrom muss eine Zündhilfe gibt sich die gewünschte Halbkugelform
vorhanden sein, weil sonst nach jedem Nulldurch- der Wolframelektrodenspitze.
gang der Spannung der Lichtbogen verlöschen wür-
Für kleinste Schweißstromstär-
de. Die Rekombination der Ladungsträger erfolgt ken, Kegel 1:6 bis 1:3, Elektro-
so schnell, dass bei ihrem Wiederanstieg nach dem denspitze nicht verrunden, mög-
Nulldurchgang auf den Betrag der Lichtbogenzünd- lichst glat te Kegeloberfläche
durch Schleifen und anschlie-
spannung keine Ladungsträger mehr vorhanden sind. Gleichstrom,
ßendes Polieren erzeugen.
Ein Lichtbogen kann also nicht gezündet werden. Elektrode
negativ gepolt Für übliche Schweißstromstär-
ken Kegel > 1:3, Spitze nicht
Ein Wiederzünden des Lichtbogens wird durch Hoch- verrunden.
frequenzspannungen (einige MHz) erreicht, die der Für mechanische Schweißver-
fahren Kegel 1:1 bis 1:2, Spit-
Schweißspannung überlagert werden oder technisch
ze nicht verrunden.
besser mit Impulszündgeräten (Hochspannungs-Im-
pulszündgeräte). Die nur im Nulldurchgang der Span- Bild 3-47
nung abgegebenen Spannungsimpulse (bis 10 000 V) Formen der Wolframelektrodenspitze beim WIG-Schweißen.
verursachen deutlich geringere Störungen des Rund-
funk- und Fernsehempfangs als die schwer beherrsch- terschiedlichen Elektronenemission ist ein Gleich-
bare Hochfrequenzspannung. Wenn die (HF-)Span- richtungseffekt: Die Amplitude der positiven Strom-
nungsimpulse stören (z. B. Prozessindustrie, Kraft- halbwelle, die die Reinigungswirkung erzeugt, ist
werke), kann auch das digitale Berührungszünden merklich geringer als die negative. Die Fähigkeit,
verwendet werden, mit dem sich auch die schädli- Oxide zu zerstören nimmt ab, der Lichtbogen wird
chen Wolframeinschlüsse vermeiden lassen. »härter« und die thermische Belastung des Trans-

Tabelle 3-11. Chemische Zusammensetzung und Eigenschaften von Wolframelektroden nach DIN EN ISO 6848.

Kurzzeichen Farbkennzeichnung Oxidzusätze Eigenschaften


Massegehalt in %

WP Grün − Weicher Lichtbogen, geringe Strombelastbarkeit, geringe Standzeit


WTh 10 Gelb 0,90 bis 1,20 ThO2 Leichtes Zünden, stabiler Lichtbogen, lange Standzeit, harter Licht-
WTh 20 Rot 1,80 bis 2,20 ThO2 bogen, teurer als oxidfreie Elektroden, Schleifstäube schwach ra-
WTh 30 Lila 2,80 bis 3,20 ThO2 dioaktiv
WZr 3 Braun 0,30 bis 0,50 ZrO2 Besonders geeignet für Schweißarbeiten an Kernkraftwerkskom-
WZr 8 Weiß 0,70 bis 0,90 ZrO2 ponenten
WLa 10 Schwarz 0,90 bis 1,20 LaO2
Für Mikroplasmaschweißen und Plasmaschmelzschneiden
WLa 20 Blau 1,80 bis 2,20 LaO2
3.5 Schutzgasschweißen (SG) 163

formators durch den Gleichstromanteil größer. Au- liches Abschalten des Stromes kühlt der rissanfäl-
ßerdem würde durch diese Gleichstromvormagneti- lige Endkrater langsamer ab und kann noch mit Zu-
sierung die Leistungsfähigkeit des Transformators satzwerkstoff aufgefüllt werden.
abnehmen, da nach dem Induktionsgesetz nur Fluss-
änderungen Spannungen induzieren: Ein Teil des 3.5.3.3 Hinweise zur praktischen Ausführung
gesamten sich zeitlich ändernden Flusses wird durch Die zu verbindenden Teile sollten metallisch blank
den Gleichstrom kompensiert und steht damit für ei- sein. Dies kann durch Bürsten, Schleifen (oder vor
ne Spannungserzeugung auf der Sekundärseite nicht allem bei Aluminium, Magnesium und deren Legie-
mehr zur Verfügung. Daher wird in den meisten Fäl- rungen) sehr wirksam durch eine chemische Behand-
len der Gleichstromanteil Igl mit Hilfe von Kondensa- lung (Beizen) erreicht werden. Aus Gründen der
toren »ausgesiebt«. Dies bewirkt der im Schweiß- Korrosionsbeständigkeit dürfen zum Säubern von
stromkreis in Reihe geschaltete Sieb- oder Filterkon- NE-Metallen nur Bürsten aus CrNi-Stahl verwen-
densator. Der Kondensator muss so dimensioniert det werden. In manchen Fällen, wie z. B. bei Mes-
sein, dass der Schweißstrom ihn nicht zerstört, d. h.. singen, Kupfer oder Bronzen, müssen die sich beim
er ist groß und teuer, Bild 3-48. Schweißen erneut bildenden Oxide bzw. Schlacken
mit Hilfe von Flussmitteln gelöst werden.
Eine negativ gepolte Elektrode zündet schlechter
und viel langsamer. Bei den neueren elektronischen Der Lichtbogen wird gewöhnlich durch Berühren
Stromquellen wird mit positiver Polarität gezündet des Werkstücks mit der Elektrode gezündet. Diese
und danach sofort automatisch umgepolt. Methode ist aber nicht empfehlenswert. Wenn kei-
ne Zündhilfe (z. B. das im Abschnitt »Zündhilfen«
Kraterfülleinrichtung bereits besprochene digitale Berührungszünden) ver-
Der Endkraterbereich von Schweißnähten weist ei- wendet wird, sollte der Lichtbogen auf einem Stück
ne Reihe metallurgischer Mängel auf: Das Nach- Kupfer gezündet (und »warmgebrannt«) werden.
fließen der Schmelze ist plötzlich beendet (Gefahr
von Erstarrungsrissen oder Endkraterlunkern), und Es kann mit oder ohne Zusatzwerkstoff geschweißt
die Abkühlgeschwindigkeit ist sehr groß, weil die werden. Der Schweißstab wird unter einem Winkel
Wärmezufuhr schlagartig beendet wird (Spannungs- von 10 ° bis 30 ° gegen die Werkstückoberfläche ge-
risse). Aus diesem Grunde ist der Einsatz von Krater- neigt und tropfenweise im Schmelzbad abgesetzt.
fülleinrichtungen, besonders für heißrissanfällige Für Verbindungsschweißungen wird meistens das
und thermisch empfindliche Werkstoffe (Legierun- von der Gasschweißung bekannte Nachlinksschwei-
gen mit einem größeren Erstarrungsintervall), sehr ßen bevorzugt (Abschn. 3.3.5). Nach dem Abschal-
zweckmäßig. Durch stufenweises oder kontinuier- ten des Schweißstromes muss das Schutzgas noch
einige Sekunden auf das Schmelzbad strömen, um
Schweißstrom
zu verhindern, dass dieses und die Wolframelektro-
größer kleiner
de vor einer merklichen Abkühlung mit der Luft in
Berührung kommen. In den meisten Fällen ist ein
Oxidhaut
Schweißen ohne Zusatzwerkstoff nicht empfehlens-
wert, weil das überwiegend aus Grundwerkstoff be-
stehende Schweißgut unzureichende Mengen an Des-
oxidationsmitteln enthält. Eine ausgeprägte Poren-
Oxidhaut wird bildung ist daher oft die Folge.
nicht zerstört zerstört

Bei den hochreaktiven Metallen, die in hohem Maß


I gl

+ + + + zur Gasaufnahme neigen (z. B. Ti, Mo, Zr), oder für


I
I

die Herstellung hochwertiger schlacke- und anlauf-


+ -
farbenfreier Nähte (z. B. Wurzelnähte in hoch bean-
- - spruchten Druckrohren) muss auch die Wurzelseite
Siebkondensator
»siebt« Igl aus geschützt werden. Das geschieht am häufigsten mit
Bild 3-48 einem Gas (z. B. Argon oder Formiergas, s. Tabel-
Gleichrichterwirkung beim WIG-Schweißverfahren bei Anwen- le 3-12: F) oder mit genuteten Unterlegschienen aus
dung von Wechselstrom. Kupfer oder (hochlegiertem) Stahl.
164 3 Fügen

Bis zu einer Werkstückdicke von 3 bis 4 mm kann sonst erforderlichen äußerst aktiven Flussmittel. Das
wegen der konzentrierten Wärmequelle i. Allg. oh- Schweißgut ist daher von hoher metallurgischer Qua-
ne Schweißnahtvorbereitung gearbeitet werden. lität und die Verbindung wegen nicht vorhandener
Flussmittelrückstände korrosions- und risssicher.
3.5.3.4 WIG-Impulslichtbogenschweißen Es ist empfehlenswert, Fügeteile aus Aluminium
Eine neuere Entwicklung stellt die Impulstechnik mit Werkstückdicken über 5 mm bis 6 mm auf 100 °C
dar, verdeutlicht in Bild 3-49. Hierbei wird zum bis 250 °C vorzuwärmen.
Schweißen ein Grundstrom Ig verwendet, dem ein
Impulsstrom Im bestimmter Amplitude und Frequenz Zum Schweißen der hochlegierten rost-, säure- und
überlagert ist. Der Grundstrom wird so bemessen, hitzebeständigen Stähle eignet sich das Verfahren
dass der Lichtbogen in der Pausenzeit stabil bleibt ausgezeichnet.
und die Spitze des Schweißstabes ausreichend er-
wärmt wird. Der Impulsstrom dient dazu, den Trop- Das austenitische Schweißgut (CrNi-Stähle) ist sehr
fen vom Zusatzwerkstoff zu lösen und den Grund- heißrissanfällig. Mit metallurgischen und verfah-
werkstoff aufzuschmelzen. Um eine dichte Schweiß- renstechnischen Maßnahmen (schnell schweißen,
naht erzeugen zu können, müssen die Einstellwerte geringe Streckenenergie) kann dem begegnet wer-
(Grund-, Impulsstrom, Impulszeit und Schweißge- den. Auf der erwärmten Werkstoffoberfläche bilden
schwindigkeit) sorgfältig aufeinander abgestimmt sich bei diesen Stählen Oxide (Anlauffarben), die
werden. Daher wird dieses Verfahren zweckmäßig nicht nur das Aussehen beeinträchtigen, sondern die
mechanisiert eingesetzt. Durch die verringerte gut Korrosionsbeständigkeit entscheidend verringern.
kontrollierbare Wärmezufuhr ist es vorzugsweise Das Bespülen dieser Werkstoffbereiche mit zusätz-
für Dünnbleche, für die Wurzelschweißung sowie lichem »Schutzgas« (z. B. Argon oder Formiergas)
zum Schweißen wärme- und gasempfindlicher und während des Schweißens oder das Beizen des Bau-
leicht versprödbarer Werkstoffe (Al-, Ti-Werkstof- teils nach dem Schweißen schafft Abhilfe.
fe, hochlegierte Stähle) geeignet. Schweißarbeiten
in allen Zwangslagen sind einfacher ausführbar, da Die hochreaktiven Werkstoffe, wie z. B. Titan, Tan-
das Schmelzbad besser beherrschbar und durch tal, Molybdän und Zirkonium, nehmen schon bei
Wahl geeigneter Impulsparameter dickflüssiger ge- geringfügig erhöhten Temperaturen (> 200 °C) Gase
macht werden kann. Die Gefahr des Durchfallens wie Stickstoff, Sauerstoff und Wasserstoff auf. Die
der Wurzel ist geringer.

3.5.3.5 Anwendung und Grenzen


Schweißstrom I

Das Verfahren eignet sich zum Schweißen aller Me-


talle, die nicht im Lichtbogen verdampfen, wie z. B. Im

Blei oder Zinn, oder beim Schweißen zu extremer


Ig

Rissbildung (z. B. höhergekohlte Stähle) neigen. Es


wird vor allem für Werkstückdicken bis zu unge- Zeit t
fähr 10 mm und zum Schweißen hochwertiger Wur- I g Grundstrom > 5 A
zellagen verwendet. I m Impulsstrom £ 250 A
Impulsfrequenz 0,2 Hz bis 10 Hz
a)
Andererseits gelingen Schweißverbindungen noch
bei Werkstückdicken von 0,1 mm (z. B. Faltenbäl-
ge), wenn geeignete (spitzgeschliffene und polier-
te!) Wolframelektroden und Spannvorrichtungen
verwendet werden. Die Schweißstromquellen müs-
sen noch bei einigen Ampere Schweißstrom einen Schweißrichtung
stabil brennenden Lichtbogen erzeugen können. b)

Bild 3-49
Von überragender Bedeutung ist das Verfahren für
WIG-Schweißen mit Stromimpulsen.
das Schweißen der Leichtmetalle. Der Reinigungs- a) Verlauf des Schweißstroms
effekt ermöglicht die Beseitigung der hochschmel- b) impulsgeschweißte Naht; jeder »Schweißpunkt« wird durch
zenden Oxide (Al2O3, MgO) ohne Anwendung der einen Impuls erzeugt
3.5 Schutzgasschweißen (SG) 165

Folge sind Eigenschaftsänderungen, die bis zur völ- Ein wichtiges Kennzeichen dieser Verfahren ist die
ligen Unbrauchbarkeit der geschweißten Verbindung kleine freie Drahtlänge f. Dies ist die Länge des
(Versprödung!) führen. Durch entsprechende Maß- stromdurchflossenen Drahtendes. Sie ist u. a. abhän-
nahmen, wie z. B. Schweißen mit brauseähnlichen gig vom Durchmesser D der Drahtelektrode und be-
Vorrichtungen, die den erwärmten Werkstoff stän- trägt etwa 10 mm bis 30 mm 19). Somit ist die Strombe-
dig mit Gas bespülen, Schweißen in einer Schutz- lastbarkeit der Drahtelektrode wesentlich größer als
gaskammer oder unter Vakuum, lassen sich mit dem sie beispielsweise mit umhüllten Stabelektroden mög-
WIG-Verfahren zähe, korrosionsbeständige Verbin- lich ist (i O 100 A/mm2 bis i O 200 A/mm2), ohne dass
dungen herstellen. die Gefahr einer unzulässigen Erwärmung der Elek-
trode besteht (Joulesche Wärme Q L I 2 ⋅ R). Beim
Überwiegend aus wirtschaftlichen Gründen (niedri- Lichtbogenhandschweißen würden derartige Strom-
ge Schweißgeschwindigkeit und relativ kleine Ab- dichten zu einem Erweichen der Elektrode und zum
schmelzleistung) wird das Verfahren bei größeren Abplatzen der Umhüllung führen 20).
Werkstückdicken (s ≥ 10 mm) nicht mehr angewen-
det. Die metallurgische Qualität der Schweißverbin- Die Nahtgeometrie hängt überwiegend ab von den
dung und die nahezu universelle Anwendbarkeit des – Einstellwerten: Schweißstrom, Schweißspan-
WIG-Verfahrens wird von kaum einem anderen Ver- nung, der Vorschubgeschwindigkeit des Licht-
fahren erreicht. bogens, der
– Brennerführung, Abschn. 3.5.4.6), der
– Art des Schutzgases (Tabelle 3-12) und den
3.5.4 Metall-Schutzgasschweißen (MSG) – physikalischen Eigenschaften des Grundwerk-
(Kennzahl: 13) stoffs, z. B. Schmelzpunkt, thermische und elek-
trische Leitfähigkeit, Wärmeausdehnungskoef-
3.5.4.1 Verfahrensprinzip fizient (Abschn. 3.2.2).
Der Lichtbogen brennt zwischen der i. Allg. positiv
gepolten abschmelzenden Drahtelektrode und dem Man schweißt nur mit Gleichstrom, wobei abgesehen
Werkstück innerhalb eines von Schutzgas ausgefüll- von Sonderfällen die Drahtelektrode positiv gepolt
ten Raumes (Schutzgasglocke) gemäß Bild 3-50. Je ist. Wegen der ausgezeichneten Reinigungswirkung
nach der chemischen Charakteristik der Schutzgase (Abschn. 3.5.2) eignet sich das MIG-Verfahren her-
unterscheidet man: vorragend zum Schweißen der Leichtmetalle.

1 Drahtelektrode 1
Metall-Inertgasschweißen (MIG), 2 Kontaktrohr
Kennzahl: 131 3 Schutzgasdüse
4 Schutzgas
Es werden ausschließlich inerte Gase, wie z. B. 5 Lichtbogen
Ar und He oder ihre Gemische verwendet. 6 Fügeteil(e)
2
7 Schmelzbad
Metall-Aktivgasschweißen (MAG), 8 Schweißgut 3
Kennzahl: 136 4
Es werden Gemische aus aktiven und inerten 5
Gasen oder CO2 verwendet. Die aktiven Bestand-
teile sind reiner Sauerstoff (O2) oder sauerstoff-
haltige Gase (CO2). Das mit Gemischen aus in-
erten und aktiven Schutzgasen arbeitende Ver-
fahren ist das Mischgasschweißen, Kurzzei-
chen MAGM. Wenn als Schutzgas nur CO2 ver-
wendet wird, dann bezeichnet man das Verfah- 8 7 6
ren als CO2-Schweißen, Kurzzeichen MAGC.
Schutzgas schützt Schmelzbad, Elektrodenspitze und hocherhitzten
Bereich der Schweißnaht vor Zutritt der Atmosphäre (H, N, O).
19)
Mit genügender Genauigkeit gilt f L 10 ⋅ D bis f L 15 ⋅ D. Schmelzbad kann große Mengen atmosphärischer Gase lösen. Die
20) Folgen können Poren (O2, N2), Einschlüsse (SiO2), Abbrand (FeO, MeO)
Eine Stabelektrode mit einem (Kernstab-)Durchmesser und Versprödung (N, H, O) sein.
von 4 mm besitzt einen metallischen Querschnitt von ca.
12,6 mm2. Bei einer mittleren Schweißstromstärke von Bild 3-50
170 A ergibt sich eine Stromdichte von nur 15 A/mm2. Verfahrensprinzip des Metall-Schutzgasschweißverfahrens.
166 3 Fügen

Die MIG/MAG-Schweißverfahren sind die zzt. meist zu erwartenden noch schnelleren Stromquellen las-
verbreiteten Schweißverfahren (an Hand des Ver- sen auch eine Beeinflussung der Lichtbogenvorgän-
brauchs an Zusatzwerkstoff belegbar). Diese Ent- ge möglich erscheinen.
wicklung beruht auf der Möglichkeit, hochwertige
Schweißverbindungen bei (scheinbar) einfacher 3.5.4.2 Schweißanlage; Zubehör
Handhabung herzustellen, verbunden mit einer ein- Bild 3-52 zeigt das Schema einer MSG-Schweiß-
fachen Mechanisierbarkeit des Schweißablaufs. Das anlage. Sie besteht aus der
gilt vor allem für das Impulslichtbogenschweißen, – Stromquelle, dem
für das die Steuerungsart synergic control entwickelt – Schweißbrenner mit Schlauchpaket, der
wurde. Hierbei wird die große Anzahl der einzustel- – Drahtvorschubeinrichtung und der
lenden Schweißparameter durch eine Sollwertgröße – Gasflasche mit dem Druckminderer und dem
ersetzt, die vom Schweißer eingestellt wird. Gasmengenmesser.

Mit elektronisch steuerbaren Schweißstromquellen Unabhängig von der Art des verwendeten Schutz-
kann ihr Ausgangsverhalten sehr schnell geändert gases wird immer die gleiche Schweißanlage be-
werden. Von besonderer Bedeutung für den gesam- nutzt. Man verwendet ausschließlich Schweißstrom-
ten Schweißablauf beim MSG-Schweißen ist das quellen mit Konstantspannungscharakteristik,
dynamische Verhalten der Stromquellen. Dieses die für einen störungsfreien Vorschub der Drahtelek-
lässt sich durch die (schwer ermittelbare) Reaktions- trode erforderlich sind (Abschn. 3.5.4.3).
zeit oder den maximal möglichen Stromanstieg bzw.
Stromabfall im Schweißstromkreis beschreiben. Schweißbrenner und Schlauchpaket. Die Schweiß-
Die Reaktionszeit charakterisiert die Dauer der bei brenner sind luft- und bei höheren Schweißströmen
der Umsetzung von Prozessanforderungen erforder- (oberhalb 200 A bis 250 A) wassergekühlt. Die Draht-
lichen Zeit und ist abhängig vom Schweißstrom- führungsdüse (Kontaktdüse) und die Gasdüse wer-
quellentyp. Bild 3-51 zeigt die Reaktionszeiten ver- den thermisch stark beansprucht. Sie sind die Haupt-
schiedener Schweißstromquellenarten. Es wird deut- verschleißteile des Schweißbrenners.
lich, dass erst mit elektronischen Stromquellen ei-
ne Beeinflussung des Schmelzbades und der Art Die Drahtelektrode wird im Schlauchpaket mit ei-
des Werkstoffüberganges möglich ist. Die künftig nem Führungsschlauch daran gehindert, seitlich aus-
10 - 7
Lichtbogen
s
Elektrodenvorgänge
10 - 6
Reaktionszeit t

Thermische
Zeitkonstanten

Säulenvorgänge
10 - 5

Analogstromquelle
10 - 4
Werkstoffübergang
Inverter
Sprühlichtbogen (kurzschlussfrei)
Impulslichtbogen Sekundärgetaktete
10 - 3
(gesteuerter Werkstoffübergang)
Stromquelle

Kurzlichtbogen (kurzschlussbehaftet) Thyristor-


Umhüllte Stabelektrode gleichrichter
10 - 2
Schmelzbad
Transduktor-
gleichrichter
10 - 1 Moduliertes Schweißen

Intermittierendes Schweißen Bild 3-51


10 - 0 Rotierender
Umformer Elementarvorgänge beim Lichtbogen-
schweißen und typische Reaktionszeiten
von Schweißstromquellen (nach Mecke,
10 + 1
Fischer u. Merfert).
3.5 Schutzgasschweißen (SG) 167

zuknicken. Bei Eisenwerkstoffen ist der Führungs- (vDr > vab). Die Geschwindigkeit vDr wird stufenlos
einsatz eine Drahtspirale, bei den weicheren Alumi- auf einen für die jeweilige Schweißaufgabe angepass-
niumwerkstoffen ein Schlauch aus Kunststoff. Draht- ten konstanten Wert eingestellt, d. h., je größer vDr
elektroden werden nach DIN EN ISO 544 mit Durch- gewählt wird, desto größer muss vab sein. Die Höhe
messern von (0,6 mm); 0,8 mm; 0,9 mm; 1,0 mm; des Schweißstroms hängt also unmittelbar von der
1,2 mm; 1,6 mm (bis 3,2 mm) geliefert. Sie sind ver- Drahtvorschubgeschwindigkeit vDr ab. Er wird damit
kupfert, sollen gleichmäßig rund und frei von Her- nicht direkt, sondern indirekt über vDr eingestellt.
stellungsfehlern (Oberflächenfehler durch den Walz-
prozess) und sauber (Flugrost, Walzfett, Luftfeuch- Die Einstellwerte, d. h., der Schweißstrom IA und die
tigkeit) sein, um einen störungsfreien Drahtvorschub Arbeitsspannung UA ergeben sich aus dem Schnitt-
zu gewährleisten. punkt der eingestellten statischen Kennlinie mit der
Lichtbogenkennlinie: Dies ist der Arbeitspunkt A in
Die Drahtvorschubeinrichtung sorgt für einen Bild 3-53. Die jeweilige Lichtbogenkennlinie hängt
gleichmäßigen Drahttransport. Diese Einheit be- ausschließlich von vDr ab.
steht aus einem Motor, den Förder- und Druckrol-
len und der Drahtrichteinrichtung. Die stufenlose Während des Schweißvorganges muss der Arbeits-
Einstellung der Drahtvorschubgeschwindigkeit kann punkt konstant bleiben, damit sich die Nahtabmes-
mit einem Motor (konstante Drehzahl) mit Getrie- sungen (Nahtbreite, Einbrandtiefe) möglichst we-
be oder eleganter nur mit einem drehzahlveränder- nig ändern. Dies geschieht beim MSG-Schweißen
baren Motor (z. B. Gleichstrom-Nebenschlußmotor) mit Stromquellen, die eine Konstantspannungscha-
erfolgen. In den meisten Fällen erfolgt der Drahtvor- rakteristik (Abschn. 3.4.3) haben und eine während
schub mit einem sog. Vierrollen-Antrieb, der im Ver- des Schweißens gleichbleibende Drahtvorschubge-
gleich zu einem Zweirollen-Antrieb die Drahtelek- schwindigkeit ermöglichen. Darauf beruht die inne-
trode praktisch nicht verformt. Drahtförderschwie- re Regelung, die einen sehr geringen konstruktiven
rigkeiten durch »unrunde« Drahtelektroden können Aufwand erfordert. Ihre Wirkungsweise ist in Bild
nicht entstehen. 3-54 zu erkennen. Unbeabsichtigte Änderungen der
Lichtbogenlänge führen zu Änderungen des Lichtbo-
3.5.4.3 Die innere Regelung genwiderstandes RLB. Die Arbeitsspannung UA än-
Der Schweißvorgang ist stabil, wenn die Drahtvor- dert sich während des Schweißens kaum, weil die
schubgeschwindigkeit vDr gleich der Abschmelzge- Spannung der Stromquelle nahezu konstant bleibt.
schwindigkeit der Drahtelektrode vab ist. Anderen- Es gilt mit IA als dem Schweißstrom:
falls würde die Drahtelektrode die Kontaktdüse ver-
schmoren (vDr < vab) oder in das Schmelzbad stoßen UA = RLB ⋅ IA O konst.

A V

Kühlwasser - Austritt
2g 2f 2h
2 2e
Schweißstromquelle 2a 2d
Schlauchpaket
Elektronisch geregelte 2b
Stromquelle (= ) 2c
Kühlwasser - Eintritt

Gleichrichter (= )
1
inertes (MIG) oder
Vorschubeinrichtung
aktives (MAG) Schutzgas

Werkstück

1 Schweißbrenner 2b Magnetventil für Kühlwasser 2e Drahtelektrode auf Rolle


2 Drahtvorschubgerät 2c Wassermangelsicherung 2f Drahtrichtrollen
2a Magnetventil für Schutzgas 2d Antrieb für Drahtvorschubrollen 2g Drahtzulauf-, Drahteinlaufdüse (2h)

Bild 3-52
Wassergekühlte MSG-Anlage (schematisch).
168 3 Fügen

Schutzgas: CO2 a Eine Änderung des Lichtbogenwiderstands (“ 'RLB)


40 Drahtelektrode: 1,2 mm Ø
ruft daher eine gegensinnige Änderung des Schweiß-

lang
C
V b stroms Δ I hervor:
Spannung U

UA A

 Lichtbogen
30
Der Lichtbogen wird länger (Bild 3-54a)):
c
RLB wird größer, IA um Δ I kleiner. Die Drahtab-
schmelzgeschwindigkeit vDr wird wie gewünscht so-
20
B Kurzlichtbogen- lange kleiner, bis der ursprüngliche Arbeitspunkt

kurz
bereich
A, d. h. die ursprüngliche Lichtbogenlänge wieder
10
erreicht ist.
80 100 150 200 IA 300 350
Schweißstrom I Der Lichtbogen wird kürzer (Bild 3-54b)):
RLB wird kleiner, IA um Δ I größer. vDr wird wie ge-
2 3 4 5 6 7 8 m/min 10
Drahtvorschubgeschwindigkeit vDr
wünscht solange größer, bis der ursprüngliche Ar-
beitspunkt A wieder erreicht ist.
1 2 3 4 kg/h 5
Abschmelzleistung NA
Der Regeleffekt bei der inneren Regelung beruht
auf Verzögerungen bzw. Beschleunigungen des Ab-
Bild 3-53
Lichtbogenkennlinienbereich, in dem noch sicheres Schweißen schmelzprozesses, die durch genügend schnelle und
möglich ist. Die Gerade B–A–C ist eine der möglichen (vom große Änderungen des Schweißstroms entstehen.
Schweißer frei wählbaren) Lichtbogenkennlinien. Daher wird diese Regelung auch als Δ I-Regelung
Linie a: Kennlinie, die dem längsten ausziehbaren Lichtbo- bezeichnet.
gen entspricht (sonst Abreißen des Lichtbogens).
Linie b: Kennlinie, die dem kürzesten Lichtbogen entspricht
3.5.4.4 Lichtbogenformen und
(sonst Verlöschen des Lichtbogens im Kurzschluss).
Linie c: Eingestellte statische Kennlinie der Schweißstrom- Werkstoffübergang
quelle, deren Schnittpunkt mit der Lichtbogenkenn- Von großer Bedeutung für die Qualität der Schweiß-
linie B-A-C ergibt den Arbeitspunkt A. verbindung (und die mechanischen Eigenschaften
der Wärmeeinflusszone) und den gewünschten Ver-
A’ A(6) fahrensablauf sind die
(3)A A’’
2 4 – Art des Werkstoffübergangs und die
U
U

1 5
D I D I – Zusammensetzung des Schutzgases, d. h. Art
und Menge der inerten bzw. aktiven Bestandtei-
IA IA
a)
I
b)
I le (Tabelle 3-12).
Schweißrichtung
UA = RLb × IA Abhängig von der Art des Schutzgases (und der
1 2 3 4 5 6
Stromdichte) ergeben sich Lichtbogenformen, die
RLb UA eine sehr unterschiedliche Form des Werkstoffüber-
ganges (und damit auch unterschiedliche mecha-
IA
nische Gütewerte der Schweißverbindung erzeu-
gen!) von der Drahtelektrodenspitze auf das Werk-
a) b) c)
stück zur Folge haben, Bild 3-55:
Bild 3-54 – Als sehr kleine axial gerichtete, sehr heiße, d.
Mechanismus der inneren Regelung beim MSG-Schweißen.
h. dünnflüssige Tröpfchen; der konzentrierte
a) Der Lichtbogen (LB) wird plötzlich länger: RLB steigt, und
IA wird sofort um D I geringer. Der Arbeitspunkt A ist nach Tropfenstrom erzeugt den typischen tiefen Ein-
A’ gewandert. Die Drahtabschmelzgeschwindigkeit vDr wird brand dieser Verfahren. Der Lichtbogen ist sta-
solange kleiner, bis der ursprüngliche Arbeitspunkt A wie- bil und brennt ruhig. Der Werkstoffübergang ist
der erreicht ist. kurzschlussfrei und damit praktisch auch sprit-
b) Der LB wird plötzlich kürzer: R LB nimmt ab, und IA nimmt zerfrei. Diesen Lichtbogentyp bezeichnet man
um ' I zu; A wandert nach A’’. vDr wird solange größer,
als Sprühlichtbogen. Er entsteht in der Haupt-
bis der Arbeitspunkt A wieder erreicht ist.
c) Die Spannung der Stromquelle ist nahezu konstant, ebenso sache bei den inerten Gasen und den argonrei-
die Arbeitsspannung UA während des Schweißens: chen Mischgasen, wenn eine kritische Stromdich-
UA = RLB ⋅ IA Okonst. te überschritten wird (Bild 3-55). Bei geringe-
3.5 Schutzgasschweißen (SG) 169

ren Stromdichten ergeben sich größere Werk- 3.5.4.5 Auswahl der Schutzgase und
stofftröpfchen, ein unstabilerer Lichtbogen und Drahtelektroden
ein weniger konzentrierter Tropfenstrom. Die Die Art (inert/aktiv) und die Zusammensetzung (Art
Spritzerneigung ist größer. Der Werkstoffüber- und Menge der Gasbestandteile) der Schutzgase be-
gang ist unter Helium etwas grobtropfiger und stimmen ihr metallurgisches (Abbrand) und metall-
weniger gerichtet. Der Einbrand ist aber wegen physikalisches (Tropfengröße, Tropfenzahl, Lichtbo-
der sehr viel größeren Lichtbogenspannung deut- genform) Verhalten. Diese Zusammenhänge und An-
lich tiefer und breiter.
– Als größere, unregelmäßig geformte Tropfen,
die häufig um die Elektrodenspitze rotieren. Der

Tropfenvolumen V
Werkstoffübergang ist mit Kurzschlüssen durch-
setzt, die Spritzerneigung ist deutlich größer als
bei dem Sprühlichtbogen. Diese Lichtbogenform Ar Mischgas CO2
wird Langlichtbogen genannt und ist typisch
für CO2 und hoch CO2-haltige Schutzgase.
– Als größere, rundliche, regelmäßigere Tropfen,
die mit Hilfe bestimmter verfahrenstechnischer
Ikr,Ar Ikr,M
und elektrischer Maßnahmen nicht mehr kurz- Schweißstrom I
schlussfrei, sondern durch »gesteuerte« Kurz-
Bild 3-55
schlüsse auf das Werkstück übergehen. Dieser
Einfluss des Schweißstroms auf das Tropfenvolumen des im
Lichtbogentyp ist nur unter CO2 und Gasen mit Lichtbogen übergehenden schmelzflüssigen Werkstoffs in Ab-
hohem CO2-Anteil realisierbar; er wird als Kurz- hängigkeit vom Schutzgas bei konstantem Drahtelektroden-
lichtbogen bezeichnet (Abschn. 3.5.4.6.2). durchmesser (stark vereinfacht).

Tabelle 3-12. Einteilung der Schutzgase nach DIN EN 439.


Gruppe Kennzahl Komponenten in Volumengehalt (Prozent) übliche
Anwendung
oxidierend inert reduzierend reaktionsträge

CO2 O2 Ar He H2 N2

WIG
1     100  Plasmaschweißen
R
2   Rest 1)  1 bis 15  Plasmaschneiden
Wurzelschutz

1   100    WIG, MIG


I 2    100   Plasmaschweißen
3   Rest 1) 25 bis 75   Wurzelschutz

1  1 bis 3 Rest 1)   
M1 2 2 bis 5  Rest 1)   
3 6 bis 14  Rest 1)   

1 15 bis 25  Rest 1)   
M2 2 5 bis 20 1 bis 3 Rest 1)    MAGM
3  4 bis 8 Rest 1)   

1 26 bis 40  Rest 1)   
M3 2 5 bis 20 4 bis 6 Rest 1)   
3  9 bis 12 Rest 1)   

C 1 100      MAGC

1      100
Wurzelschutz
F
2     ! 0 bis 50 Rest Plasmaschneiden

1)
Bei Argon darf bis zu 95 % durch Helium ersetzt werden.
Beispiel: Die Bezeichnung eines Schutzgases der Gruppe M2 mit 5 % bis 15 % Volumengehalt von CO2 und 1 % bis 3 %
Volumengehalt von O2 (Rest Argon), Kennzahl 2: Schutzgas DIN EN 439 – M22.
170 3 Fügen

Art des Werkstoff- Bemerkungen


übergangs
Ar Ar: Stark gerichteter Tropfenstrom, kurzschlussfreier, feinsttropfiger Werkstoffübergang, typi-
scher fingerförmiger Einbrand, daher Vorsicht bei Wurzellagen (Schmelzbad kann »durchfal-
Einbrand- len«!). Bei höherer Schweißgeschwindigkeit Neigung zu Einbrandkerben, weil die Bereiche
kerbe am Decklagenauslauf nicht mehr mit Schmelze aufgefüllt werden können. Beste »Reinigungswir-
kung«, stabiler, nicht zum »Wandern« neigender Lichtbogen, geringer Spannungsabfall in der
Lichtbogensäule, daher wegen annähernd konstanter Lichtbogenleistung gut geeignet für Hand-
schweißverfahren.
He: Schwach gerichteter Tropfenstrom, heißer Lichtbogen, Einbrand breiter und flacher als
bei Ar. Einbrandkerben entstehen erst bei um ca. 40 % höherer Schweißgeschwindigkeit im
He Vergleich zu Ar. Geeignet für mechanische Schweißverfahren und größere Werkstückdicken.
Trotz der geringen Masse der He-Atome gute Reinigungswirkung, weil die relativ große Licht-
bogenspannung (Feldstärke) die übergehenden Werkstofftröpfchen stark beschleunigt. Ihre gro-
ße kinetische Energie hilft effektiv, die Oxidhaut zu durchschlagen, d. h. zu beseitigen.

Lichtbogenform Sprühlichtbogen:
Feinsttropfiger, kurzschlussfreier, wenig zum »Spritzen« neigender Werkstoffübergang durch über-
wiegenden Einfluss des Pinch-Effektes. Für viele Werkstoffe geeignet, besonders für NE-Metalle.

Mischgase Ar + CO2 + O2 Noch feintropfiger, kurzschlussfreier Werkstoffübergang, günstige Einbrandform, gut geeig-
net zum Schweißen un- und (niedrig-)legierter Stähle. Die aktiven Bestandteile (CO2, O2) im
Lichtbogenraum bewirken Legierungsabbrand. Drahtelektroden müssen daher entsprechend
legiert und desoxidiert sein (Abschn. 3.5.4.5). Nicht (bzw. nur sehr bedingt) geeignet zum
Schweißen hochlegierter Stähle und NE-Metalle (Sauerstoff!).

Lichtbogenform Sprühlichtbogen

CO2 Wenig gerichteter, grobtropfiger Werkstoffübergang durch überwiegende Wirkung der Schwer-
kraft, relativ tiefer Einbrand, deutliche Spritzerbildung und merklicher Abbrand von Legie-
rungs- und Desoxidationselementen. Daher nur für unlegierte und bestimmte (niedrig-)legierte
Spritzer
Stähle zu empfehlen. Hoch desoxidierte Drahtelektroden (z. B. G4Si, G3Si2) erforderlich.
Billiges Schutzgas. Für die Kurzlichtbogenvariante (Abschn. 3.5.4.6.2) besonders geeignet.

Lichtbogenform Langlichtbogen:
Gröbere, um die Elektrodenspitze häufig rotierende Tröpfchen mit einzelnen Kurzschlüssen.

CO2 und hoch CO2-haltige Durch erzwungene, periodische Kurzschlüsse sind energiearme (»kältere«) Tropfen erzeugbar.
Gase Für Schweißarbeiten zweckmäßig, die ein geringes Wärmeeinbringen erfordern: Wurzellagen,
Dünnbleche, Zwangslagen, Auftragschweißungen, thermisch empfindliche Werkstoffe. Nur
für CO2 und hoch CO2-haltige Mischgase anwendbar. Es sind Schweißstromquellen mit Mindest-
induktivität erforderlich.

Lichtbogenform Kurzlichtbogen:
Kleinere, kältere Tropfen, die durch gesteuerte (gewollte) Kurzschlüsse mit einer für diesen
Prozess geeigneten Schweißstromquelle erzeugt werden. Die hohen Kurzschlussströme müs-
sen mit Induktivitäten begrenzt werden.

inerte und hoch argon- Durch Überlagern eines Grundstromes mit Stromimpulsen (Frequenz und Amplitude vom
haltige Gase Anwender »frei« einstellbar) kann praktisch jede gewünschte Tropfengröße, Tropfenzahl und
Viskosität der übergehenden Tropfen unabhängig von der Art des Schutzgases erzeugt werden.
Nur unter inerten und hoch argonhaltigen Schutzgasen möglich, weil der Pinch-Effekt erforder-
lich ist (Abschn. 3.4.2).

Lichtbogenform Impulslichtbogen

Bild 3-56
Werkstoffübergang und Lichtbogenformen beim MSG-Schweißen in Abhängigkeit von der Art der Schutzgase (schematisch).
3.5 Schutzgasschweißen (SG) 171

forderungen müssen bei der Wahl des Schutzgases Daraus folgt:


zum Schweißen der verschiedenen Werkstoffe be- Zum erfolgreichen Schweißen der meisten Werk-
achtet werden. Anderenfalls sind z. B. unzureichen- stoffe sind ihre metallurgischen, physikalischen
de Gütewerte des Schweißguts die Folge. und chemischen Eigenschaften zu berücksichti-
gen, anderenfalls sind gravierende Mängel (Po-
Im Folgenden werden einige werkstoffliche und me- ren, Abbrand, Versprödung, Korrosionsanfällig-
tallphysikalische Besonderheiten besprochen. Beim keit) bzw. unzureichende mechanische Gütewerte
Schweißen von Eisen-Werkstoffen unter inerten Ga- der Schweißverbindung die Folge.
sen ergibt sich überraschenderweise ein unruhiger,
zur Spritzerbildung neigender Lichtbogen. Die Ober- Mit zunehmendem Sauerstoffgehalt werden der Ab-
flächenspannung des Schweißgutes ist sehr groß und brandverlust und die Menge an Reaktionsprodukten
damit die Benetzungsfähigkeit der Schmelze gering. (MeO) im Schweißgut größer. Ein erheblicher Teil
Es entsteht ein sehr dickflüssiges, poröses, völlig un- dieser (Mikro-)Schlacken bleibt im Schweißgut zu-
brauchbares Schweißgut. Ein geringer Sauerstoffzu- rück und verringert besonders die Zähigkeit. Wenn
satz (1 % bis 5 %) und (oder) CO2-Zusatz (bis 20 %) der Werkstoff das Gas nicht lösen kann, können die
stabilisiert den Lichtbogen und verringert die Visko- dann zurückbleibenden gasförmigen Reaktionspro-
sität der Schmelze so weit, dass jeder unlegierte Koh- dukte außerdem Poren erzeugen. Der negativen Wir-
lenstoff-Mangan-Stahl ohne besondere Schwierig- kung des Sauerstoffs muss daher durch ausreichende
keiten geschweißt werden kann. Bei hochlegierten Zugaben von Desoxidationsmitteln (Mangan, Sili-
Stählen lassen sich die Oberflächenspannung, die cium) begegnet werden. Daraus ergibt sich, dass mit
sehr große Schmelzenviskosität und die Größe der zunehmendem Legierungsgehalt der zu schweißen-
übergehenden Werkstofftröpfchen wirksamer mit den Werkstoffe die Menge der aktiven Bestandteile
der Impulslichtbogentechnik beeinflussen. im Schutzgas aus technischen und wirtschaftlichen
Gründen abnehmen muss.
Der Zusatz aktiver Gase (O2, CO2) führt aber außer
zu den oben geschilderten Vorteilen zu einem Ab- CO2 ist das einzige aktive Schutzgas, das in reiner
brand vor allem der sauerstoffaffinen Legierungs- Form verwendet wird, also nicht gemischt mit ande-
elemente (Cr, Al, V, Mn, Si) gemäß: ren aktiven Gasen oder Edelgasen. Im Lichtbogen
wird es dissoziiert. Die hierfür erforderliche Energie
2 ⋅ Me + O2 → 2 ⋅ MeO. (Q) wird dem Lichtbogen entnommen:

Tabelle 3-13. Anwendungsbereiche der wichtigsten Schutzgase beim MSG-Schweißen. Die Klammerwerte entsprechen den
Bezeichnungen der Schutzgase nach DIN EN 499, siehe auch Tabelle 3-12.

Schutzgas chemisches Anwendung


Verhalten

Al, Mg, Cu, Ti (Ti nur mit I1), Ni und deren Legierungen sowie andere stark oxi-
Ar (I1)
dierende Metalle. Hervorragend zum Schweißen der zähen, korrosionsbeständigen,
He (I2)
inert Oxidschichten bildenden Metalle geeignet (»Reinigungswirkung«): Al, Mg, Ti.
Ar – He Al, Mg, Cu, Ni und deren Legierungen. He erhöht Temperatur und Einbrand, er-
(I3) laubt höhere Schweißgeschwindigkeiten, ohne dass Einbrandkerben entstehen.
Ar – O2 (1 % bis 3 %) Für hochlegierte Stähle gut geeignet, wenn O2-Zusatz gering (≤ 3 %). Technisch
schwach oxidierend
(M13, M22) besser und wirtschaftlicher ist die Verwendung der Impulstechnik.
Für Kurzlichtbogentechnik ≥ 5 % CO2, für unlegierte Stähle 10 % bis 25 % CO2
Ar – CO2 erforderlich. Standardgemisch mit 18 % CO2, in bestimmten Fällen auch für hoch-
(M11, M12, M21) legierte Stähle anwendbar, aber nur bei geringer Korrosionsbeanspruchung emp-
fehlenswert.
oxidierend Mit CO2-Anteilen bis 15 % und O2-Anteilen bis 6 % für un- und (niedrig-)legierte
Ar – CO2 – O2
Stähle, auch Feinkornbaustähle (Rp ≤ 500 N/mm2). Bei geringer Korrosionsbean-
(M14, M23, M24, M33)
spruchung auch für hochlegierte Stähle anwendbar.
Für die meisten unlegierten und viele (niedrig-)legierte Stähle sowie für normalge-
CO2
glühte und TM-behandelte Feinkornbaustähle geeignet, aber nicht für höherge-
(C1)
kohlte Stähle.
172 3 Fügen

CO2 → CO + 1/2 ⋅ O2 − Q. die Schmelze dünnflüssig und erfordert stark desoxi-


dierte Zusatzwerkstoffe.
Die Wärmemenge Q wird bei der Rekombination
an der verhältnismäßig kalten Werkstückoberfläche Die hohen Lichtbogentemperaturen führen gemäß
wieder frei. Diese zusätzliche Wärme ist die Ursa- der folgenden Beziehung zu einer weiteren Dissozi-
che für den typischen schmaleren, tiefen Einbrand ation des sauerstoffhaltigen CO:
beim Schutzgas Kohlendioxid (CO2). Die Tropfen
CO → C + O + Q.
sind groß und gehen relativ wenig gerichtet auf das
Werkstück über. Die Folge ist eine merkliche Sprit- Diese Reaktion ist temperaturabhängig und befin-
zerneigung. Der erhebliche Sauerstoffanteil macht det sich in Abhängigkeit von der Temperatur in ei-

Tabelle 3-14. Die wichtigsten Eigenschaften und Anwendungsbereiche sowie Kennzeichen für die Zusammensetzung und die
Eigenschaften der Füllung von Fülldrahtelektroden nach DIN EN 758.

Kenn- Eigenschaften (S) Einlagen-, Schutz- Eigenschaften und Anwendung der Fülldrahtelektroden
buch- der Füllung (M) Mehrlagen- gas
stabe schweißung

Feintropfiger Werkstoffübergang und geringe Spritzerverluste. Schla-


cke bedeckt vollständig die Naht. Für Ein- und Mehrlagenschwei-
Rutilbasis,
ßungen in Wannen- und Horizontal-Vertikalposition. Allgemein un-
R langsam erstarrende S und M erforderlich
ter CO2 verschweißt, aber auch Eignung für Argon-CO2-Mischga-
Schlacke
se, wenn vom Hersteller empfohlen. Damit Verbessern des Werk-
stoffübergangs und Reduzieren der Spritzerbildung.
Ähnlicher Aufbau wie der R-Typ. Sie ergeben aber schnell erstar-
rende Schlacke und sind damit für alle Positionen geeignet. Sie
Rutilbasis,
werden mit kleinerem Drahtdurchmesser hergestellt und haben un-
P schnell erstarrende S und M erforderlich
ter CO2 einen feintropfigen Werkstoffübergang. Das Schweißverhal-
Schlacke
ten wird mit Argon-CO2-Mischgasen (wenn vom Hersteller emp-
fohlen!) verbessert.
Grobtropfiger Werkstoffübergang. Vorzugsweise in Wannen- und
Horizontal-Vertikalposition mit CO2 angewendet. Basische Schla-
B Basische Schlacke S und M erforderlich
cke (Fluoride und Oxide der Erdalkalimetalle) ergibt Schweißgut
mit bester Kerbschlagarbeit.
Sehr feintropfiger Werkstoffübergang und sehr dünne Schlacken-
schicht. Füllung besteht im Wesentlichen aus Metall-Legierungen,
Eisenpulver und lichtbogenstabilisierenden Bestandteilen. Dadurch
Metallpulver-
M S und M erforderlich ergibt sich hohe Abschmelzleistung und tiefer Einbrand. Vorzugs-
Füllung
weise in Wannen- und Horizontal-Vertikalposition mit Argon-
CO2-Mischgasen verwendet. Andere Positionen mit Kurzlichtbo-
gen- und Impulstechnik möglich.
Selbstschützend, grob- bis feintropfiger Werkstoffübergang. Rutiles
oder fluoridbasisches Schlackensystem ergibt Bereich von langsa-
mer (bevorzugt für Einlagenschweißung von verzinkten, aluminier-
Rutil- oder nicht
V S ten oder anders beschichteten Blechen in allen Positionen) bis ra-
Fluoridbasis erforderlich
scher Schlackenerstarrung, aber bevorzugt für automatisches Schwei-
ßen mit hoher Schweißgeschwindigkeit, vor allem in Wannen- und
Horizontal-Vertikalposition verwendet.
Selbstschützend, grobtropfiger Werkstoffübergang. Fluoridbasi-
Fluoridbasis, sches Schlackensystem ermöglicht hohe Abschmelzleistungen. Auf-
nicht
W langsam erstarrende S und M grund des sehr geringen Schwefelgehalts ergibt sich ein sehr risssi-
erforderlich
Schlacke cheres Schweißgut. Geeignet für Ein- und Mehrlagenschweißun-
gen in Wannen- und Horizontal-Vertikalposition.
Selbstschützend, fast feintropfiger Werkstoffübergang. Aufgrund
Fluoridbasis,
nicht ihrer fluoridbasischen Schlacke geeignet für alle Positionen für
Y schnell erstarrende S und M
erforderlich Ein- und Mehrlagenschweißungen. Risssicheres Schweißgut mit ho-
Schlacke
her Kerbschlagarbeit bei tiefen Temperaturen.
Alle Fülldrahtelektroden, die durch vorstehende Beschreibungen
Z Andere Typen
nicht erfasst werden.
3.5 Schutzgasschweißen (SG) 173

nem (dynamischen) Gleichgewicht. Enthält das me- ver enthalten kann. Sie bieten eine Reihe entscheiden-
tallurgische System (Schweißgut + C + CO) z. B. we- der Vorteile:
nig Kohlenstoff, dann verläuft die Reaktion nach – Die Füllstoffe ermöglichen umfangreichere me-
rechts, d. h., durch »Zerfall« weiterer CO-Moleküle tallurgische Reaktionen und erzeugen eine grö-
wird das Schweißgut aufgekohlt. Dieser Vorgang ist ßere Lichtbogenstabilität.
vor allem bei den hochlegierten CrNi-Stählen von – Über das Pulver können dem Schmelzbad grö-
Bedeutung. Ihre Korrosionsbeständigkeit nimmt sehr ßere Mengen verschiedenartiger Legierungsele-
stark mit einem zunehmendem Kohlenstoffgehalt mente zugeführt werden.
im Schweißgut ab. Schon geringste Mengen CO2 im – Wegen der im Vergleich zu Massivdrähten we-
Schutzgas (≥ 2 %) führen zu einem erheblichen An- sentlich höheren Stromdichte – der Strom fließt
stieg des Kohlenstoffgehaltes im Schweißgut. Das nur im Stahlmantel, nicht im schlecht stromlei-
MAG-Schweißen dieser Werkstoffe unter CO2 oder tenden Pulverkern – ist die Abschmelzleistung
Schutzgasen mit hohen CO2-Anteilen ist daher – zu- größer.
mindest bei hoher Korrosionsbeanspruchung – nicht – Bei hohem basischem Pulveranteil können hoch-
zu empfehlen. wertige Schweißverbindungen auch an schlecht
schweißgeeigneten Werkstoffen erzielt werden
Die in der Schweißpraxis verwendeten Schutzgase (»Säubern« der Schmelze möglich!).
sind in DIN EN 439 genormt. Sie werden nach ih- – Die Schlackendecke schützt die Schweißnaht vor
rem chemischen Verhalten (inert/aktiv) und ihrer dem Zutritt der atmosphärischen Gase und verbes-
Zusammensetzung eingeteilt (Tabelle 3-12). Eine sert ihre Oberfläche.
Zusammenstellung der Anwendungsbereiche der
verschiedenen Schutzgase zeigt Tabelle 3-13. Die Durch die Schlacke und das zusätzlich gebildete
grundsätzlichen Überlegungen für die Wahl des Schutzgas ist der Schutz der Schweißnaht vor Zug-
»richtigen« Schutzgases sind: luft wesentlich besser als bei Massivdrähten. Mäßi-
– Mit zunehmendem Legierungsgehalt muss die ge Luftbewegungen können den Schutzgasmantel
Aktivität des Schutzgases abnehmen, nicht mehr aufreißen. Für Baustellenbedingungen
– für sauerstoffaffine Werkstoffe müssen inerte sind Röhrchendrähte aber nur bedingt geeignet.
Schutzgase verwendet werden.
In Tabelle 3-14 sind einige wichtige Fülldrahtelek-
Bei der Wahl der Drahtelektroden ist zu beachten: troden nach DIN EN 758 zum MSG-Schweißen von
– An den Grundwerkstoff anpassen, d. h. artglei- Stahl zusammengestellt.
che oder artähnliche Drahtelektroden wählen.
– Mit zunehmender Aktivität des Schutzgases 3.5.4.6 MSG-Verfahrensvarianten
(Sauerstoff und CO2), muss die Drahtelektrode
wegen des stärkeren Abbrands mehr Legierungs- 3.5.4.6.1 MIG-Schweißen (Kennzahl: 131)
bzw. Desoxidationsmittel enthalten. Beim MIG-Schweißen werden Argon, Helium oder
deren Gemische verwendet. Der Werkstoffübergang
Die Drahtelektrode muss also in Abhängigkeit von ist bei Argon feintropfig, stark gerichtet und kurz-
dem Abbrandverhalten des verwendeten Schutzga- schlussfrei, bei Helium nicht ganz so feintropfig und
ses ausgewählt werden. Die Gütewerte des reinen weniger stark gerichtet, wie aus Bild 3-55 und 3-56
Schweißguts werden (neben den Schweißparame- hervorgeht.
tern und den Eigenschaften des Grundwerkstoffs)
von der Elektrode und dem Schutzgas bestimmt. Die sehr ungleiche Energieverteilung im Argon-
Lichtbogen verursacht die bei hohen Schweißge-
Fülldrahtelektroden schwindigkeiten auftretenden Einbrandkerben. Das
Außer den massiven Drahtelektroden werden in zu- gilt vor allem für die MSG-Verfahren, die verfahrens-
nehmendem Umfang Fülldrahtelektroden verwen- bedingt mit großen Schweißgeschwindigkeiten be-
det (DIN EN 758), die unter CO2 oder Mischgas ver- trieben werden können (s. Abschn. 3.5.4.4): Die ge-
schweißt werden. Sie bestehen aus einem verschie- ringe Menge flüssigen Schweißguts, die wegen des
denartig geformten Stahlmantel (Röhrchendraht flachen Einbrandes an die Schmelzränder fließt,
oder in unterschiedlichen Formen gefalzter Draht), kann die Kerben nicht mehr auffüllen, wie in Bild
der basische, rutile oder Füllungen aus Metallpul- 3-56 näher erläutert ist.
174 3 Fügen

Das Verfahren ist für das Verbindungsschweißen


der sehr sauerstoffaffinen NE-Metalle wie z. B. Alu-
Strom I

minium, Kupfer und deren Legierungen hervorra-

Ip
gend geeignet. Bei nicht fachgerechter Handhabung
besteht aber die Gefahr, dass die Nahtflanken nicht
a) Zeit t vollständig aufgeschmolzen werden. Diese Bindefeh-
ler oder Kaltstellen genannten Defekte, die für das
Verfahren charakteristisch sind, vermindern die Bau-
Strom I

teilsicherheit entscheidend, da sie in ihrer Wirkung

Ig
Rissen gleichzusetzen sind.
b) Zeit t
Impulslichtbogenschweißen
Eine für hochlegierte Stähle, sowie Aluminium, Kup-
fer und deren Legierungen wichtige Verfahrensvari-
ante ist Schweißen mit dem Impulslichtbogen. In
Strom I

den meisten Fällen ist die hierfür erforderliche spezi-


Ip

elle Stromquelle eine parallel geschaltete Einheit, be-


Im
Ig

stehend aus einem Gleichrichter (Grundstrom) und


c) Zeit t einem transistorgeregelten, d. h. steuerbaren Gleich-
richter (Impulsstrom), s. Abschn. 3.4.3. Mit diesen
Stromquellen lassen sich stufenlos von der Netzfre-
quenz unabhängige Impulsfrequenzen (zwischen
Anschmelzen der Elektrodenspitze durch Ig Null und einigen Hundert Hertz) und nahezu belie-
Ablösen des Tropfens durch Ip bige Impulsbreiten einstellen.
Bild 3-57
Stromverlauf beim MSG-Impulslichtbogenschweißen. Der Grundstrom erwärmt die Elektrodenspitze so-
a) Stromimpulse Ip weit, dass die ihn überlagerten Stromimpulse eine
b) Grundstrom (Gleichstrom) Ig
mechanische Tropfenablösung durch den Pinch-Ef-
c) Verfahren arbeitet mit einem Strommittelwert Im , der
unterhalb des kritischen Wertes Ikr (Bild 3-55) liegt. Der fekt bewirken (s. Abschn. 3.4.2), wie Bild 3-57 zeigt.
Stromimpuls erzwingt trotzdem den gewünschten Trop- Durch die erheblichen elektromagnetischen Kräfte
fenübergang. (Lorentz-Kraft) werden die Tropfen mit großer Ge-
schwindigkeit axial auf das Schmelzbad bewegt.
Es entsteht der für das MIG-Verfahren typische Die Größe des Grundstroms ist nur vom Werkstoff
Sprühlichtbogen. Die Spritzerverluste sind gering, und der Werkstückdicke abhängig. Die Wahl der Ein-
und die Nahtoberfläche ist meistens glatt und kerben- stellwerte wird also nicht mehr von der gewünsch-
frei. Die mit hoher Geschwindigkeit auf das Schmelz- ten Tropfenform und -größe bestimmt, sondern nur
bad auftreffenden Tröpfchen verursachen den typi- von der Größe des Stromimpulses. Die Wärmezu-
schen tiefen Einbrand. fuhr ist daher grundsätzlich geringer als bei den her-
kömmlichen MSG-Verfahrensvarianten.

Der Tropfenübergang erfolgt synchron mit der ein-


stellbaren Frequenz der Stromimpulse. Die Anzahl
und Größe der übergehenden Tropfen werden al-
so durch die Größe und Frequenz der Impulse be-
stimmt. Die unkontrollierte Bildung von Großtrop-
fen, die zum Spritzen führt, wird vermieden. Anders
a) b)
als beim Kurzlichtbogenschweißen kommt es in die-
sem Fall nie zu Kurzschlüssen, d. h., der Schweiß-
Bild 3-58
vorgang ist weitgehend spritzerfrei.
Makrogefüge einer MSG-geschweißten Stumpfnaht unter M22
nach DIN EN 439 (ArS1), Vergrößerung 3:1.
a) übliche Technik Mit dieser nur unter Argon und hoch argonhaltigen
b) Impulstechnik (Impulsfrequenz 100 Hz) Schutzgasen möglichen Verfahrensvariante wird
3.5 Schutzgasschweißen (SG) 175

schon bei geringeren Stromdichten als beim Sprüh- Daher werden in bestimmten Fällen für hochlegierte
lichtbogen der gewünschte Tropfenübergang erzwun- Stähle die stärker oxidierenden Schutzgase auf der
gen. Anstelle der dünneren, teureren und knickanfäl- Basis Ar-CO2 bzw. Ar-CO2-O2 verwendet (s. Tabel-
ligen Drahtelektroden (0,8 mm bis 1,2 mm Ø) kön- le 3-13). Der Abbrand an Legierungselementen ist
nen dickere (1,6 mm Ø) verwendet werden; daher zwar deutlich größer und die Korrosionsbeständig-
lassen sich auch die sehr weichen Aluminium-Draht- keit wegen des Zubrandes an Kohlenstoff und der
elektroden störungsfrei verschweißen. Ein weiterer damit zusammenhängenden Chromcarbidbildung
wichtiger technischer Vorteil dieser Verfahrensvari- etwas geringer (s. Abschn. 3.5.4.4), das Schweißver-
ante ist ihre hervorragende Eignung für Zwangsla- halten ist aber wesentlich besser.
genschweißungen, denn Größe und Viskosität der
übergehenden Tröpfchen können nahezu frei ge- 3.5.4.6.2 MAG-Verfahrensvarianten
wählt werden. Beim MAG-Schweißen (Kennzahl: 136) werden
aktive Schutzgase verwendet (s. Tabelle 3-12 und
Bild 3-58a) zeigt das Makrogefüge einer mit M22 3-13). Es ist zu beachten, dass mit zunehmender Ak-
(etwa ArS1) geschweißten Stumpfnaht aus hochle- tivität des Schutzgases, d. h. mit zunehmendem Sau-
giertem Stahl. Man erkennt die durch die noch im- erstoffgehalt der Abbrand erhöht wird. Außer bei
mer große Oberflächenspannung der Schmelze ver- CO2 und bei Schutzgasen mit einem CO2-Anteil un-
ursachten typischen Schweißfehler: Bindefehler zwi- ter 15 % überwiegt der kurzschlussfreie, sprühre-
schen den Raupen und Nahtflanken und eine übermä- genartige Werkstoffübergang.
ßige Nahtüberhöhung, die eine extreme Kerbwirkung
erzeugt. Die Impulstechnik führt durch den erzwun- Beim CO2-Schweißen (MAGC) ist mit praxisge-
genen feintropfigen Werkstoffübergang zu einem we- rechten Stromdichten kein kurzschlussfreier, fein-
sentlich heißeren, d. h. dünnflüssigeren Schmelzbad tropfiger Werkstoffübergang möglich (Bild 3-55).
gemäß Bild 3-58b). Die genannten Fehler und Nach- Die kritische Stromdichte liegt in diesem Fall bei
teile werden mit der Impulstechnik sicher vermieden. 350 A/mm2 bis 400 A/mm2. Sie ist damit so groß,
ca. 0,02 s
dass sie technisch nicht mehr nutzbar ist 21). Die Sprit-
zerbildung ist unter CO2 merklich und die Nahtzeich-
nung verhältnismäßig schuppig. Dieser Langlicht-
Spannung U

bogen ist die für das Schutzgas CO2 typische Form


des Lichtbogens.

Die für die Bildung des Sprühlichtbogens (Argon


und Mischgase mit ≥ 80 % Argon) bzw. Langlichtbo-
Zeit t
gens (CO2 ) erforderlichen verhältnismäßig großen
Stromdichten führen zu dem für diese Verfahrensva-
rianten typischen verhältnismäßig tiefen Einbrand.
Damit scheiden die Sprühlichtbogenverfahren für
Schweißstrom I

alle Schweißaufgaben aus, die einen flachen Einbrand


und (oder) eine zähflüssige, vom Schweißer gut model-
lierbare und manuell einfach handhabbare Schmel-
ze erfordern, wie z. B.
Tauchzeit – Wurzelschweißungen,
Lichtbogenbrennzeit Kurzschlusszeit
– Schweißen in Zwangslage,
– Schweißen von Dünn- und Feinblechen,
– Auftragschweißen.

21)
Die Stromdichte ist so groß, dass extreme Überhitzungs-
Bild 3-59 erscheinungen in der Schmelze beobachtet werden (Ver-
Werkstoffübergang bei der Kurzlichtbogentechnik (schema- lust an Legierungselementen und Desoxidationsmitteln).
tisch). Die während der Kurzschlusszeit wirksame elektrische Außerdem können diese »Hochstromverfahren« wegen
Leistung N = U⋅ I ist wesentlich geringer als die in der Licht- der großen Abschmelzmenge nur maschinell betrieben
bogenbrennzeit. werden.
176 3 Fügen

Kurzlichtbogentechnik zerbildung). Andererseits muss der Strom groß ge-


Diese Verfahrensvariante erschließt den MSG-Ver- nug sein, um die Tropfen zuverlässig vom Drahten-
fahren auch diese Anwendungsgebiete. Der Name de zu lösen und um eine hinreichend dünnflüssige
deutet bereits an, dass mit kurzem Lichtbogen – al- Schmelze zu erzeugen, anderenfalls besteht die Ge-
so niedriger Schweißspannung – und mit Schweiß- fahr der Kaltstellenbildung.
strömen im unteren Bereich der Lichtbogenkennli-
nie gearbeitet wird (Bild 3-53). Die Leistung des Das dynamische Verhalten der Stromquelle (beson-
Lichtbogens wird außerdem durch Verkürzen der ders gut sind hierfür elektronische Geräte geeignet)
Lichtbogenbrenndauer verringert. Dies geschieht muss dem ständigen Wechsel Kurzschluss-Leerlauf
mit Hilfe erzwungener periodischer Kurzschlüsse. bzw. Lichtbogenbrennphase angepasst sein. Insbe-
Die hierbei entstehenden großen Kurzschlussströ- sondere muss die Lichtbogenspannung nach einem
me müssen durch Drosseln (Induktivitäten) soweit Kurzschluss wieder ausreichend schnell zur Verfü-
begrenzt werden, dass das Zerplatzen der übergehen- gung stehen. In Bild 3-59 ist der Werkstoffübergang
den flüssigen Tropfen ausgeschlossen ist (starke Sprit- beim Kurzlichtbogen schematisch dargestellt.

Ziehendes Schweißen (»Nachrechts«) Stechendes Schweißen (»Nachlinks«)

10° ... 15° 10° ... 15°


h

b
t

Einbrandtiefe t größer kleiner


Nahtbreite b kleiner größer
Nahtüberhöhung h größer kleiner

Porenanfälligkeit geringer, Schweißgut bleibt länger flüs- größer, Schmelzbad kann schlechter ausgasen, es erstarrt
sig, Schutzgas bedeckt Schweißgut und schneller;
fertige Naht länger;

Beobachtbarkeit der Nahtoberfläche erleichtert, der Wur- der Nahtoberfläche erschwert, der Wurzel erleichtert;
zel erschwert;
Kaltstellen, Vorlaufen des Schmelzbades leichter Vorlaufen des Schmelzbades leichter möglich: Kaltstel-
Bindefehler vermeidbar, d. h., Kaltstellen sind un- len (Bindefehler) sind die Folge;
wahrscheinlicher;

Anwendung bei bevorzugt für Füll- und Decklagen, für bevorzugt für Wurzellagen und Schweißen in Zwangsla-
Stumpfnähten Wurzellagen weniger geeignet; gen; für Füll- und Decklagen in Form von Strichraupen;

Anwendung bei für Kehlnahtdicken a ! 4 mm oft ange- für Kehlnahtdicken a ≤ 4 mm; flache Naht, Einbrandker-
Kehlnähten wendet. Nahtüberhöhungen und Ein- ben leichter vermeidbar.
brandkerben schwerer vermeidbar.

Bild 3-60
Arbeitstechniken beim MSG-Schweißen.
3.5 Schutzgasschweißen (SG) 177

Außer CO2 können auch Mischgase (Ar, CO2, O2) 3.5.4.7 Praktische Hinweise;
verwendet werden, die den Vorteil haben, dass sie Anwendung und Möglichkeiten
einen geringeren Einbrand und eine bessere Spalt- Für eine fachgerechte Durchführung der Schweiß-
überbrückbarkeit bieten. Diese Eigenschaften sind arbeiten und die notwendige Gütesicherung sind fol-
besonders für die Wurzelschweißung vorteilhaft. gende Voraussetzungen zu erfüllen:
– Werkstückoberflächen müssen frei von Verun-
Schweißen mit rotierendem Lichtbogen reinigungen (z. B. Rost, Fett, Öl, Farben, sons-
(T.I.M.E.-Verfahren) tige Oberflächenbeläge) sein.
Dieses Schweißverfahren, das hohe Abschmelzleis- – Wegen der begrenzten Wirksamkeit und Vielfalt
tung mit guten mechanischen Eigenschaften der der metallurgischen Reaktionen (s. a. Abschn.
Schweißverbindung (Schweißgut) und einem erstaun- 3.5.4.5) eignen sich übliche MSG-Verfahren
lich geringen Verzug verbindet, ist auch unter der (außer Fülldrahtelektroden) nur bedingt zum
Bezeichnung T.I.M.E. bekannt. Die Abkürzung steht Schweißen stärker verunreinigter Stähle.
für »Transferred Ionised Molten Energy«, was sinn- – Schweißarbeiten außerhalb der Werkstatt sind
gemäß etwa die Übertragung hoher Energie und auf- wegen der Gefahr der Schutzgasverwehung als
geschmolzenen Zusatzwerkstoffs in einem ionisier- Folge von Luftbewegungen problematisch. Es
ten Plasma bedeutet. Wichtiger bei der Namensge- müssen geeignete Abdeckungen vorgesehen wer-
bung ist aber wohl, dass das Wort »TIME« (= Zeit, den. Sicherer ist es, ein weniger empfindliches
Schweißzeit) die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens Verfahren für Schweißarbeiten auf Baustellen
im Unterbewusstsein dokumentieren soll. zu wählen.

Die Besonderheiten des T.I.M.E.-Verfahrens sind Anders als z. B. beim Lichtbogenhandschweißen ist
die sehr hohen Drahtvorschubgeschwindigkeiten der Bereich der Einstellwerte (IA, UA) erheblich grö-
bis zu 50 m/min (die konventionellen MSG-Verfah- ßer (Bild 3-53). Eine Drahtelektrode mit einem
ren arbeiten mit Drahtvorschubgeschwindigkeiten Durchmesser von 1,2 mm kann z. B. für Schweißar-
bis zu etwa 15 m/min!) und die besondere Art des beiten an Dünnblech mit 80 A bis 100 A, für das
Werkstoffübergangs im Lichtbogen. Bei Drahtvor- Schweißen einer Kehlnaht aber auch mit 250 A bis
schubgeschwindigkeiten über etwa 25 m/min (bei 350 A belastet werden. Die entsprechende Änderung
1,2 mm Ø Drahtelektrode) beginnt der Lichtbogen der Abschmelzleistung ist bedeutend. Je nach der
zu rotieren, wodurch ein breiter, wannenförmiger, Schweißaufgabe müssen also geeignete Einstellwer-
relativ wenig überhöhter Einbrand entsteht. Als Fol- te gewählt werden, die sowohl von technischen (z. B.
ge der geringen Schmelzenviskosität sind sehr große in Bezug auf die fertigungs- und schweißgerechte
Abschmelzmengen, sehr glatte Nahtübergänge und Bauteilherstellung) als auch von wirtschaftlichen
nur geringe Mengen Schweißspritzer die Folge. Überlegungen (z. B. in Bezug auf eine ausreichend
große Abschmelzleistung) bestimmt werden. Außer
Das ursprünglich verwendete Vier-Komponenten- durch die Einstellwerte werden die Nahtabmessun-
Schutzgas (65 % Ar; 26,5 % He; 8 % CO2; 0,5 % O2) gen in großem Umfang durch die Brennerhaltung
musste nach den Erfahrungen und Vorgaben des Er- beeinflusst. Je nach der Brennerneigung unterschei-
finders Church sehr genau eingestellt werden, d. h., det man das ziehende (manchmal auch als »Nach-
die engen Mischtoleranzen erfordern eine (teure!) rechtsschweißen« bezeichnet) und das stechende
gravimetrische Mischung und die Homogenisierung Schweißen (»Nachlinksschweißen«). In Bild 3-60
der Gase. Die Lizenzgebühren und die aufwändige sind die beiden Arbeitstechniken erläutert.
Herstellung machten das Gas sehr teuer, so dass zu-
nächst die Bereitschaft gering war, dieses Verfah- Die MSG-Verfahren sind einfach mechanisierbar.
ren in der Praxis einzusetzen. In der Zwischenzeit Durch Wahl geeigneter Einstelldaten und Schutzga-
wurden einfachere Schutzgase entwickelt (z. B. 60 % se lassen sie sich als Hochleistungsverfahren (hohe
Ar; 30 % He; 10 % CO2), die wesentlich preiswerter Abschmelzleistung mit Sprüh- oder Langlichtbogen)
als das Originalgas sind, die Schweißprozessstabili- oder als Kurzlichtbogen (dünnere Bleche, Wurzella-
tät erhöhen, die Einbrandform verbessern und da- gen) verwenden. Zusammen mit den entsprechenden
mit das Verfahren sowohl wirtschaftlich als auch Schutzgasen können die Verfahren deshalb den un-
wettbewerbsfähig im Vergleich zu anderen (Hoch- terschiedlichsten Werkstoffen und Werkstückdicken
leistungs-)Schweißverfahren machen. angepasst werden.
178 3 Fügen

Die kleinste noch gut schweißbare Werkstückdicke besteht. Dieser Zustand wird durch Energiezufuhr
liegt bei 0,6 mm, bei noch geringeren Dicken wer- des Gases erreicht. Infolge der Geschwindigkeitszu-
den die manuellen Schwierigkeiten extrem groß. nahme der Gasteilchen werden sie beim Zusammen-
Für Schweißarbeiten im Dünnblechbereich ist das stoß dissoziiert (z. B. H2 → H + H − Q1) bzw. ioni-
Kurzlichtbogenverfahren nahezu konkurrenzlos. siert (z. B. H → H + + e − Q2).
Bei größeren Werkstückdicken macht sich die große
Einbrandtiefe positiv bemerkbar. Bei dem tief einbren- Der Plasmazustand kann durch einen elektrischen
nenden CO2-Verfahren ist für Stumpfnähte i. Allg. Lichtbogen einfach erzeugt werden. Dieser brennt
nur ein Öffnungswinkel von ca. 40 ° bis 45 ° erforder- aber nicht frei wie bei üblichen Lichtbogenschweiß-
lich, beim Lichtbogenhandschweißen z. B. wegen verfahren (Abschn. 3.4.2), sondern wird mittels ge-
des wesentlich geringeren Einbrandes aber ein Win- eigneter Einrichtungen – wie z. B. wassergekühlte
kel von ca. 60 °. Außerdem ist die Lagenzahl und da- Kupferdüsen – sehr stark eingeschnürt. Bei höheren
mit die Schweißzeit erheblich größer, wie Bild 3-38 Stromstärken wird der Plasmastrahl nach Verlassen
zeigt. Allerdings erzeugt der tiefe Einbrand einen der Düse häufig durch ein kaltes, elektrisch schlecht
großen Aufschmelzgrad (Abschn. 3.1.3), der bei unsau- leitendes Gas stabilisiert. Bild 3-61 zeigt die Arbeits-
beren, d. h. weniger gut schweißgeeigneten Stählen weise des Verfahrens. Im Plasmakern werden Tem-
zu Problemen führen kann (zu geringe Zähigkeit, peraturen bis 30 000 K mit entsprechenden Leistungs-
heißrissempfindlich, ausgeprägtes Grobkorn). dichten von 10 5 W/cm2 bis 10 6 W/cm2 erreicht.

3.6.2 Verfahrensgrundlagen
3.6 Plasmaschweißen (WP)
(Kennzahl: 15) Die Geschwindigkeit der Ladungsträger ist in wei-
ten Grenzen einstellbar. Sie hängt hauptsächlich von
3.6.1 Physikalische Grundlagen der Menge und der Geschwindigkeit des zugeführten
Gases und der im Plasma herrschenden Stromstär-
Das thermische Plasma ist eine Erscheinungsform ke, genauer von der zugeführten elektrischen Ener-
der Materie. Es ist ein dissoziiertes, hochionisiertes gie, ab. Bei geringer kinetischer Plasmaenergie wird
elektrisch leitendes Gas, das somit überwiegend aus der flüssige Werkstoff nicht weggeblasen, d. h., die-
Ladungsträgern, also aus Elektronen (e) und Ionen se Verfahrensbedingungen sind zum Schweißen ge-

Bild 3-61
Mögliche Lichtbogenvarianten der Plasmatechnik.
a) Übertragener Lichtbogen (WPL)
b) nicht übertragener Lichtbogen (WPS)
c) übertragener und nicht übertragener Lichtbogen (WPSL)
3.6 Plasmaschweißen (WP) (Kennzahl: 15) 179

eignet. Mit zunehmender Plasmaenergie wird des- lotlichtbogen) zwischen der Elektrode und der Dü-
sen mechanische Wirkung größer und der verflüs- se, der das Plasmagas ionisiert. Zum thermischen
sigte Werkstoff wird durch die kinetische Energie Schutz (Gefahr des Aufschmelzens!) der wasserge-
des Plasmastrahls aus der Fuge geblasen. Der Werk- kühlten Düse begrenzt ein Widerstand im Pilotstrom-
stoff wird getrennt, er wird plasmageschnitten. kreis (3) den Strom. Der Hauptlichtbogen kann dann
auf das Werkstück (6) überspringen. Nach einer ma-
Das Plasmaschweißen ist eine Weiterentwicklung schinenintern vorgebbaren Zeit erlischt der Pilotlicht-
des WIG-Verfahrens. Es ist hervorragend für folgen- bogen. Ein zusätzlicher Schutzgasmantel umgibt
de Arbeiten geeignet: konzentrisch den als Plasmastrahl brennenden Licht-
– Verbindungsschweißen an Werkstückdicken ab bogen und schützt das flüssige Schweißgut vor der
0,01 mm mit dem Mikroplasmaschweißen, umgebenden Atmosphäre (Oxidation). Der Plasma-
– Verbindungsschweißen der hochlegierten Chrom- strahl hat nach dem Austreten aus der Düse die Nei-
Nickel-Stähle bis etwa 10 mm Dicke (I-Stoß!) gung sich zu verbreitern, wodurch seine Leistungs-
mit Hilfe des »Schlüsselloch-Effekts« mit im dichte abnimmt. Ein schwer ionisierbares Fokussier-
Vergleich zum WIG-Schweißen etwa der dop- gas, wie Ar-He- oder Ar-H2-Gemische, stützt das
pelten Schweißgeschwindigkeit sowie Plasma und engt es zusätzlich ein. Das Fokussier-
– Auftragschweißungen vor allem von Hartmetal- gas wird dem Lichtbogen durch einen ringförmigen
len, Legierungen auf Eisen-, Nickel- und Kobalt- Schlitzkanal (zwischen dem Schutzgas- und dem
basis mit sehr geringem Aufschmelzgrad (Ab- Plasmakanal liegend) konzentrisch zugeführt. Die-
schn. 3.1.3 und Bild 3-4). se Verfahrensvariante wird sowohl für das Plasma-
schweißen (Plasmalichtbogenschweißen) als auch
Je nach der Art der Erzeugung des eingeschnürten für das Plasmaschneiden verwendet.
Lichtbogens (Plasma) unterscheidet man folgende
Formen, die unterschiedliche Plasmabrenner-Bau- Durch die Zugabe molekularer Gase wie Wasserstoff
arten erfordern (Bild 3-61): oder Stickstoff zum Plasmagas wird der Wärmein-
halt dieser Gase wesentlich größer als der des Ar-
WPL: Plasmalichtbogenschweißen mit übertra- gons bei gleicher Temperatur. Die Dissoziations-
genem Lichtbogen, Kennzahl: 4.2.4.23, und Ionisierungswärme wird beim Auftreffen des
WPS: Plasmastrahlschweißen mit nicht übertra- heißen Gases auf das kalte Werkstück durch Rekom-
genem Lichtbogen, Kennzahl: 4.2.4.24 bination der Gasatome bzw. -ionen wieder frei. Da-
WPSL: Plasmastrahl-Plasmalichtbogenschwei- durch werden der Einbrand wesentlich erhöht (Ab-
ßen mit übertragenem und nicht übertragenem schn. 3.5.2), der Plasmabogen stabilisiert und der
Lichtbogen, Kennzahl: 4.2.4.25. Wärmeübergang zum Werkstück verbessert.

Bei dem übertragenen Lichtbogen (WPL) dient Der nicht übertragene Lichtbogen (WPS) brennt
das Werkstück als Anode (positiver Pol), die Wolfram- zwischen der Wolframelektrode und der positiv ge-
elektrode als Kathode (negativer Pol). Als Plasma- polten Düse innerhalb des Brenners (Bild 3-61b)).
gas (»Zentrumsgas«) wird hauptsächlich das Edel- Es tritt also nur das Plasma aus dem Brenner aus.
gas Argon verwendet, das geringe Mengen Wasser- Mit beiden Verfahrensvarianten können elektrisch
stoff (5 % bis 10 % zum Schweißen der hochlegier- leitende Werkstoffe (übertragener/nicht übertragener
ten CrNi-Stähle) oder Helium (Schweißen von Ti Lichtbogen) und nicht leitende (nicht übertragener
und Zr) enthalten kann. Argon ist leicht ionisierbar Lichtbogen) geschweißt und auch thermisch getrennt
und ermöglicht daher ein leichtes Zünden des Licht- werden (Abschn. 4.9.2, S. 359).
bogens. Der Schutz der hoch erhitzten Wolframelek-
trode vor einer Oxidation ist dadurch ähnlich gut Die Kombination von übertragenem/nicht über-
wie beim WIG-Schweißen (Abschn. 3.5.3). tragenem Lichtbogen (Verfahrensbezeich nung
WPSL) in einer Anlage führt zu einem für das Auf-
Der (Haupt-)Lichtbogen muss bei allen Plasmava- tragschweißen (Plasma-Pulverauftragschweißen)
rianten mit externen Hilfsmitteln gezündet werden sehr geeigneten Verfahren (Bild 3-61c)). Grund-
Bei mechanisierten Schweiß- und Schneidanlagen sätzlich ist das Plasmaschweißen im gegenwärtigen
erfolgt die Zündung mit Hochfrequenzstrom, (2) in Entwicklungsstand nur zum Schweißen hochlegier-
Bild 3-61. Dabei entsteht ein Hilfslichtbogen (5) (Pi- ter CrNi-Stähle besonders gut geeignet.
180 3 Fügen

3.6.3 Verfahrensvarianten Das große Nahtformverhältnis j t / b (s. genauer


Abschn. 3.7.3) kann wegen der dann ungenügenden
Abhängig von dem Zweck des Verfahrens unter- Ausgasung zu einer verstärkten Porenbildung füh-
scheidet man das: ren. Daher muss in kritischen Fällen Zusatzwerk-
– Mikroplasmaschweißen, stoff verwendet werden.
– Plasma-Dickblechschweißen oder auch Hoch-
strom-Plasmaschweißen für Werkstückdicken Beim Plasma-Pulverauftragschweißen wird gleich-
ab 2,5 mm bis etwa 13 mm mit Hilfe des »Schlüs- zeitig mit einem übertragenem und einem nicht über-
sellocheffekts« (auch Stichlochtechnik genannt), tragenem Lichtbogen gearbeitet (Bild 3-61c)). Der
– Plasma-Pulverauftragschweißen. Auftragwerkstoff, z. B. Hartmetalle, Cr-, Fe-Legierun-
gen, wird pulverförmig in einem Schutzgasstrom
Der geringe Verzug und die hohe Schweißnahtqua- dem Pilotlichtbogen zugeführt. Der besondere Vor-
lität sind die Ursache dafür, dass das Hauptanwen- teil des Verfahrens ist die Möglichkeit, den Auf-
dungsgebiet das Schweißen hochlegierter Stähle ist. schmelzgrad (Hauptlichtbogen) und das Vorwärmen
Die große Viskosität des Schmelzbades ermöglicht bzw. teilweise Anschmelzen des Auftragpulvers durch
es, ohne Schmelzbadsicherungen zu arbeiten. den Pilotlichtbogen in weiten Grenzen einstellen zu
können. Aufschmelzgrade von ≤ 5 % sind dadurch
Das Mikroplasmaschweißen kann bei Werkstück- sicher erreichbar.
dicken ab 0,05 mm angewendet werden. Es wird mit
übertragenem Lichtbogen mit Schweißströmen im Das Verfahren bietet gegenüber dem verwandten
Bereich von 0,01 A bis etwa 20 A betrieben. Vorzugs- WIG-Verfahren eine Reihe wesentlicher Vorteile:
weise werden Bleche, Folien, Drähte, Siebe und vor – Der Zusatzwerkstoff wird ebenso wie beim WIG-
allem Membranteller (s O 0,2 mm) und Streckme- Schweißen getrennt zugeführt. Dadurch ist ei-
tallrohre (s O 0,8 mm) geschweißt. Bei Schweißströ- ne exaktere Prozessführung als bei den Verfah-
men bis zu etwa 20 A ergibt sich ein sehr stabil bren- ren mit abschmelzender Elektrode möglich. Das
nender, nadelförmiger Lichtbogen. In diesem Be- ist eine der wichtigsten Ursachen für die Überle-
reich ist das Verfahren nahezu konkurrenzlos, da genheit des Plasma- (und WIG-)Verfahrens bei
mit keinem anderen Schweißverfahren stabile Licht- hohen Qualitätsanforderungen.
bögen bei derartig kleinen Schweißströmen erzeugt – Deutlich höhere Schweißgeschwindigkeiten.
werden können. Nachteilig ist die erforderliche sehr – Größerer Einbrand und schmaleres Schmelzbad
genaue Stoßkantenvorbereitung, das zuverlässige verursachen geringere Werkstoffbeeinflussung
Spannen der Bleche und die absolute Notwendig- der WEZ durch den Schweißprozess und einen
keit einer maschinellen Schweißung. deutlich geringeren Verzug.
– Sehr stabiler, nadelförmiger Lichtbogen, den äu-
Beim Plasma-Dickblechschweißen wird für Werk- ßere Einflüsse (z. B. Kanten, Werkstoffmassen,
stückdicken über 3 mm der sog. Schlüsselloch-Effekt Änderung der Lichtbogenlänge) nur wenig ablen-
(auch Stichlochtechnik genannt) ausgenutzt. Dabei ken können (sehr geringe Blaswirkung!).
durchsticht der Plasmastrahl den Grundwerkstoff – Die berührungslose Zündung des Plasmalicht-
und bildet die Öffnung eines sich nach oben verjün- bogens ist sehr zuverlässig.
genden Zylinders (Öse). Hinter der in Schweißrich- – Keine bzw. nur geringe Nacharbeit, da Nahtüber-
tung entstehenden Öse fließt der flüssige Werkstoff höhung und Wurzeldurchhang gering sind.
aufgrund der Oberflächenspannung der Schmelze – Der Brennerabstand ist wegen des zylindrischen,
zusammen und erstarrt. Die Wärme wird dabei nicht sehr konzentrierten (stark eingeschnürten) Licht-
nur von der Oberfläche aus in das Blechinnere, son- bogens weniger kritisch. Die erwünschte Folge
dern über die gesamte Werkstückdicke übertragen. ist eine nur geringe Änderung der Energie, d. h.
Auf diese Weise können zzt. 10 mm dicke Bleche oh- der Einbrandtiefe.
ne jede Nahtvorbereitung stumpf in einer Lage ge-
schweißt werden. Die dickflüssige Schmelze hoch- Als Plasmagas wird fast ausschließlich Argon ver-
legierter Stähle verhindert ihr frühzeitiges Zusammen- wendet. Als Schutzgas werden Argon oder Ar/H2-
fließen hinter dem sich vorwärts bewegenden »Plas- oder Ar/He-Gemische verwendet. Mit Wasserstoff
mazylinder«. Diese Werkstoffgruppe eignet sich da- oder Helium wird die Einbrandtiefe erhöht bzw. die
her hervorragend zum Plasmaschweißen. Schweißgeschwindigkeit um ca. 20 % erhöht.
3.7 Unterpulverschweißen (UP) (Kennzahl: 12) 181

3.7 Unterpulverschweißen (UP) mensetzung des Schweißgutes. Art, Umfang und


Vollständigkeit der metallurgischen Reaktionen (und
(Kennzahl: 12) damit die mechanischen Gütewerte der Schweißver-
bindung!) werden im Wesentlichen durch die gewähl-
3.7.1 Verfahrensprinzip; Schweißanlage te Draht-Pulver-Kombination bestimmt. Der Zusatz-
werkstoff (Drahtelektrode) kann als Draht (Massiv-
Der Lichtbogen brennt unter einer Schicht körnigen oder Fülldraht) oder Band vorliegen. Zum Erzielen
Pulvers zwischen der abschmelzenden Drahtelek- eines besseren Stromüberganges und Verringern
trode und dem Werkstück, in einem mit Gasen und der Reibungswiderstände in den Drahtförder- und
Dämpfen erfüllten Hohlraum, der Schweißkaverne. Drahtführungseinrichtungen wird seine Oberfläche
(Bild 3-62) Diese entsteht durch das sich aufblähen- verkupfert oder verbronzt. Ein merklicher Korrosions-
de geschmolzene Pulver (Schlacke), das die Schweiß- schutz ist dadurch allerdings nicht erreichbar.
naht abdeckt. Der Lichtbogen ist also für das Auge
unsichtbar. Das UP-Schweißen ist ein verdecktes
Lichtbogenschweißen; das Schema der Anlage gibt
Bild 3-63 wieder. Die bei vielen anderen Schweiß-
verfahren entstehenden Spritzer treten nicht auf. Die
Kontrolle des Schweißvorgangs ist aber sehr er-
schwert, sie kann nur mit elektrischen Messinstru-
menten (z. B. Volt- und Amperemeter) erfolgen. Ei-
ne genaue Parallelführung des Schweißkopfes zur
Schweißnaht und die präzise Einstellung aller Füh-
rungs- und Richteinrichtungen ist erforderlich, sonst
sind Fehlschweißungen unvermeidlich.

Bild 3-63
UP-Schweißanlage (schematisch), s. a. Bild 3-62.

Die geringe freie Drahtlänge (Abschn. 3.5.4.1) und


das erst kurz vor dem Abschmelzen zugeführte Pul-
ver ist die Ursache für eine große Strombelastbar-
keit der Drahtelektrode. Mit diesem Hochleistungs-
verfahren können daher große Abschmelzleistun-
gen und ein (meistens aus metallurgischen Gründen
nicht erwünschter) tiefer Einbrand erreicht werden.
Bild 3-62 Der große Variationsbereich der Einstellwerte macht
Verfahrensprinzip des UP-Schweißens. das Verfahren zum Schweißen unterschiedlicher
Werkstückdicken und Konstruktionen geeignet. Fol-
Das Pulver (genauer die daraus entstandene Schla- gende Grenzwerte für die Einstellwerte können zzt.
cke) schützt die Schmelze und die übergehenden angegeben werden:
Tropfen vor dem schädlichen Einfluss der umgeben- – Schweißstrom I: 100 bis 2000 A,
den Atmosphäre (wegen der dickeren Schlacken- – Schweißspannung U: 20 bis 50 V,
schicht ist die Schutzwirkung besser als bei anderen – Schweißgeschwindigkeit v: 10 bis 500 cm/min,
Verfahren), verhindert eine zu rasche Abkühlung, – Stromdichte i: 20 bis 200 A/mm2.
formt die Naht, erleichtert das Ausgasen der Schmel-
ze und bestimmt zusammen mit der Drahtelektro- Die für das Verfahren typischen großen und heißen
de und dem Grundwerkstoff die chemische Zusam- Schmelzbäder gestatten i. Allg. nur das Schweißen in
182 3 Fügen

waagerechter Position und erfordern eine Badsiche- 3.7.2 Verfahrensvarianten


rung beim Schweißen der Wurzellagen. Die Nahtfu-
ge muss sorgfältig vorbereitet werden, die zulässigen Einige der zahlreichen Varianten des UP-Schweiß-
Toleranzen insbesondere der Spaltbreiten und Steg- verfahrens haben eine große technische Bedeutung.
höhen sind deutlich geringer als z. B. beim Lichtbo- Mit ihnen können die
genhandschweißen. Die Nahtvorbereitung (DIN EN – Abschmelzleistung erhöht,
ISO 9692-2) erfolgt daher meistens mit dem maschi- – neue Anwendungsbereiche erschlossen oder be-
nellen Brennschneiden oder (vorzugsweise bei Rohr- sondere
rundnähten) mit spangebenden Verfahren. – technologische und fertigungstechnische Vorteile
(höhere Schweißgeschwindigkeit, Verringerung
Da beim Erstarren großer Schmelzbäder häufig die der Blaswirkung und der Porenneigung)
nur aufwändig zu beseitigenden Heißrisse entste- erzielt werden.
hen (Abschn. 3.2.4.2, Bild 3-10, Bild 3-68), gilt für
die Entwicklung des UP-Verfahrens: Die Nahtgeometrie wird außer von den Einstellda-
– Die Pendellagentechnik (Mehrlagentechnik) wird ten wesentlich von der Stromart und der Polung be-
der mit höheren Schweißströmen arbeitenden stimmt. Daher ist die Wahl der »richtigen« Strom-
Einlagentechnik eindeutig vorgezogen. Durch quelle bei vielen Verfahrensvarianten, vor allem bei
das »Umkörnen« der unteren Lagen wird das denen, die mit mehreren Drahtelektroden arbeiten,
ungünstige primäre Gussgefüge beseitigt und besonders wichtig.
die in Nahtmitte konzentrierten Verunreinigun-
gen werden neu und gleichmäßiger verteilt. Die Drahtelektrode wird i. Allg. positiv gepolt, weil
– Dünnere Drahtelektroden, die mit höheren Strom- – der Lichtbogen besser zündet,
dichten belastet werden, führen bei größeren – die Naht besser geformt wird,
Schweißgeschwindigkeiten zu den gewünsch- – der Lichtbogen komplizierten Schweißkontu-
ten kleineren Schmelzbädern. ren bei hohen Schweißgeschwindigkeiten ohne
Schwierigkeiten folgen kann,
Wegen der geringen Strahlungsverluste und der grö- – der Einbrand sehr groß ist.
ßeren Schweißgeschwindigkeit, die die Gesamtver-
luste an die Umgebung vermindert, ist der thermi- Das Schweißen mit Wechselstrom verringert ganz
sche Wirkungsgrad des UP-Verfahrens sehr groß. erheblich die Blaswirkung (Abschn. 3.4.5.3) und
Bild 3-64 zeigt die Wärmebilanzen für das Lichtbo- merklich die Einbrandtiefe.
genhand- und das UP-Schweißen. Die unmittelbar
h = 25 % h = 68 %
zum Schweißen erforderliche Energie (Aufschmel-
zen des Grund- und Zusatzwerkstoffes) beträgt beim
Schweißen mit der Stabelektrode 25 %, aber 68 %
beim UP-Schweißen. Die bessere Ausnutzung der
zugeführten Energie erhöht aber nicht nur die Ab-
15 % 15 %
schmelzleistung, sondern auch den Anteil des aufge- 24 %
schmolzenen Grundwerkstoffes. Das Volumenver-
100 %

100 %

15 % 24 %
hältnis von aufgeschmolzenem Zusatzwerkstoff zum
Grundwerkstoff beträgt bei stumpfgeschweißten
UP-Nähten etwa 1 : 2. Die metallurgische Qualität 55% 52%
der Schweißverbindung wird daher wesentlich von
der Qualität des Grundwerkstoffes bestimmt. Unbe- 10 %
44 %
ruhigte oder verunreinigte Werkstoffe sollten aus 45 % 8%
diesem Grunde nicht UP-geschweißt werden.

Der Mechanisierungsgrad dieses vollmechanisch a) b)


betriebenen Verfahrens (Bild 3-5) kann sehr groß
Bild 3-64
sein. Zur vollständigen Nutzung der wirtschaftlichen Wärmebilanz beim
und technischen Möglichkeiten sind daher fast im- a) Lichtbogenschweißen h = 25 % (15 % + 10 %) und
mer Vorrichtungen erforderlich. b) Unterpulverschweißen h = 68 % (24 % + 44 %).
3.7 Unterpulverschweißen (UP) (Kennzahl: 12) 183

– Die Schweißgeschwindigkeit ist größer, d. h.,


2 die Wirtschaftlichkeit wird erhöht;
1
– größere Riss- und Porensicherheit durch leichte-
res Ausgasen des »langen« Schmelzbades, d. h.
bessere Gütewerte der Schweißverbindung.
3
4 5 6
Die Paralleldrahttechnik nach Bild 3-66b) ist durch
folgende Besonderheiten gekennzeichnet:
– Die Einbrandtiefe kann leicht verringert wer-
den: Der Lichtbogen ist auf die Fugenflanken ge-
1 Schweißstromquelle 4 Schweißlichtbogen richtet, nicht auf den Luftspalt.
2 Drahtvorschubeinrichtung 5 Schweißpulver
3 Schweißstromzuführung 6 Schweißgut – Die Gefahr eines Schmelzbaddurchbruchs ist
Bild 3-65 daher geringer.
Verfahrensprinzip des Doppeldrahtverfahrens. – Die zulässigen Luftspalttoleranzen sind größer
als bei der Eindrahttechnik.
Die wichtigsten Verfahrensvarianten sind das – Das Auftragen großer Flächen (z. B. bei Walzen)
– Doppeldrahtverfahren (d. h. ein Schmelzbad, ein wird erleichtert.
Schweißkopf, eine Schweißstromquelle), das
– Mehrdrahtverfahren (zwei oder mehrere selbst- Ein grundsätzlicher Vorteil der Mehrdrahttechnik
ständige Lichtbögen und Schweißköpfe, oft ge- besteht darin, dass die große Abschmelzleistung mit
trennte Schweißstromquellen) und das mehreren Drahtelektroden erzielt wird, die ebenso
– Schweißen mit Bandelektroden. wie das Pulver deutlich niedriger strombelastet wer-
den. Eine geringere Strombelastung des Pulvers er-
Doppeldrahtverfahren höht im Allgemeinen die metallurgische Qualität
In einigen Fällen ist der Einbrand des normalen Ein- des Schweißgutes (geringere »Abbrandverluste«).
drahtverfahrens zu tief und (oder) das Schmelzbad
zu groß. Große Schmelzbäder neigen zur Heißrissbil- Mehrdrahtverfahren
dung und einer ungünstigen Erstar rungsform (Ab- Zwei oder mehr Drahtelektroden – meistens hinter-
schn. 3.2.4.2 und Bild 3-10). Hierbei werden zwei einander angeordnet – werden mittels getrennter
Drahtelektroden verwendet, die in einem Schmelz- Schweißstromquellen gespeist. Die Lichtbögen kön-
bad niedergeschmolzen werden. Die Drähte werden nen durch eine eigene Steuerung beeinflusst wer-
gemäß Bild 3-65 in einem Abstand von 5 mm bis den. Je nach dem Abstand der Drahtelektroden er-
10 mm zugeführt. Sie können in Schweißrichtung gibt sich ein gemeinsames Schmelzbad bzw. zwei
hintereinander (Tandem) oder senkrecht zu ihr (Par- oder mehrere getrennte Schmelzbäder. Bei der Va-
alleldraht) angeordnet werden. Die Tandem-Metho- riante mit getrennten Schmelzbädern wird die in
de gemäß Bild 3-66a) hat folgende Vorteile: Schweißrichtung vorlaufende Drahtelektrode mit
Gleichstrom, die nachfolgende mit Wechselstrom

1 2

4 5 6

S1 S2

a) b)

Bild 3-66 Bild 3-67


Anordnung der Drahtelektroden und typische Einbrandver- Verfahrensprinzip des Mehrdrahtverfahrens:
hältnisse beim Mehrdrahtverfahren. Zwei Schmelzbäder (S1 und S2), zwei Schweißstromquellen
a) Tandemverfahren (1 = Gleichstrom, 2 = Wechselstrom), Tandem-Anordnung
b) Paralleldrahtverfahren (Bezeichnungen s. Bild 3-65).
184 3 Fügen

betrieben, wie das Schema, Bild 3-67 zeigt. Der diger oder verschleißbeständiger Plattierungen. Der
Gleichstromlichtbogen erzeugt den (oft) gewünsch- unregelmäßig an der Bandkante hin und her pendeln-
ten tiefen Einbrand; der Wechselstromlichtbogen de Lichtbogen erzeugt eine Raupenbreite, die etwa
verbreitert das Schmelzbad und schmilzt die z. T. der Breite der Bandelektrode entspricht. Das Verfah-
schon erstarrte Naht bis zu zwei Drittel wieder auf. ren ist daher sehr wirtschaftlich.
Dadurch werden günstige Erstarrungsverhältnisse
für die Schweißnaht geschaffen (Abschn. 3.7.3). Mit Die Wirtschaftlichkeit und die metallurgische Quali-
Wechselstrom wird außerdem die gegenseitige Be- tät der mit Bandelektroden hergestellten Auftrag-
einflussung der Lichtbögen – die Blaswirkung, Ab- schweißungen lassen sich mit anderen Schweißver-
schn. 3.4.5.3 – wesentlich verringert. Der Abstand fahren kaum erreichen.
der Drahtelektroden darf höchstens so groß sein,
dass der nachfolgende Draht in die noch flüssige
Schlacke des vorlaufenden Drahtes eintaucht. Eine 3.7.3 Aufbau und Eigenschaften der
bereits erstarrte Schlacke wird nicht wieder vollstän- Schweißnaht
dig aufgeschmolzen und metallurgische Fehler, z.
B. Schlackeneinschlüsse, sind dann unvermeidlich. Die häufig großvolumigen Schmelzbäder erstarren
in charakteristischer Form (Abschn. 3.2.4.2). Die
Die Vorteile dieses Verfahrens sind: Kristallisation beginnt an den Schmelzgrenzen. Es
– Vollständigeres Ausgasen (Schmelze bleibt län- entstehen längliche Kristalle (Stängelkristalle). Sie
ger flüssig), dadurch ergibt sich eine geringere schieben vor ihren Erstarrungsfronten die bei nied-
Porenneigung. rigeren Temperaturen kristallisierende Restschmel-
– Günstigere Kristallisation der Schweißschmel- ze her. Deren Gehalt ist in Nahtmitte – hier stoßen
ze durch gezieltes Verändern der Nahtform. Die die Kristallisationsfronten zusammen, wie Bild 3-68
Gefahr der Heißrissbildung ist geringer, und die zeigt – am größten. Die Folgen sind eine ausgeprägte
mechanischen Gütewerte sind besser. Heißrissneigung und (oder) unzureichende Zähig-
– Die Schweißgeschwindigkeit wird erheblich ge- keitseigenschaften. Daher ist die Anwendung der
steigert. Eindrahttechnik (große Durchmesser der Drahtelek-
troden und große Schweißströme) aus technischen
Auftragschweißen mit Bandelektroden Gründen begrenzt, obwohl sie zunächst große wirt-
Mit bandförmigen Zusatzwerkstoffen 22) wird der schaftliche Vorteile verspricht.
Einbrand in den Grundwerkstoff soweit verringert,
dass Aufschmelzgrade (Abschn. 3.1.3) von etwa 5 % Die Art der Kristallisation wird entscheidend von der
erreichbar sind. Daher eignet sich das Verfahren Nahtform bestimmt, d. h. im Wesentlichen von der
hervorragend zum großflächigen Auftragen nicht Nahtvorbereitung, dem Schweißverfahren und den
artgleicher Werkstoffe, wie z. B. korrosionsbestän- Einstellwerten beim Schweißen. Der große Einfluss
des Nahtformverhältnisses j = b/t ist aus Bild 3-69
zu erkennen. Die Nahtform gemäß Bild 3-69b) ist
anzustreben, denn sie gewährleistet Heißrisssicher-
heit und ermöglicht ein weitgehendes Ausgasen des
Schmelzbades.

Es ist zu beachten, dass bisher lediglich von Einla-


genschweißungen die Rede war (Bild 3-69), deren

22)
Die Standardabmessungen der Bandelektroden betragen
30 mm x 0,5 mm und 60 mm x 0,5 mm. In der Praxis wer-
den bereits Elektroden mit 120 mm x 0,5 mm verwendet.
Bei noch breiteren Bandelektroden unterbleibt die hin-
und hergehende Lichtbogenbewegung an der Bandkante,
das ist der für den Abschmelzprozess entscheidende Vor-
gang. Ursache ist das starke Eigenmagnetfeld, entstanden
Bild 3-68 durch die erforderliche große Schweißstromstärke. Überla-
Heißrissbildung in einer UP-geschweißten Wurzellage. gerte Gegen-Magnetfelder können Abhilfe schaffen.
3.7 Unterpulverschweißen (UP) (Kennzahl: 12) 185

Schweißgut etwa aus 2/3 Grundwerkstoff und 1/3 mit die Gütewerte der Schweißverbindung werden
Zusatzwerkstoff besteht. Wegen des hohen Grund- von folgenden Faktoren bestimmt:
werkstoffanteils im Schweißgut werden prinzipiell – Der metallurgischen Wirksamkeit der gewählten
Draht-Pulver-Kombinationen gewählt (s. Abschn. Drahtelektroden-Pulver-Kombination, von der
3.7.4), die im Schweißgut einen Mangangehalt von die Legierungs-, Desoxidations-, Oxidationsvor-
ca. 0,8 % bis 1,3 % ergeben, weil Mangan als Schwe- gänge, sowie das Entschwefeln und die Porenfrei-
felbinder Sicherheit gegen Heißrisse bietet. heit des Schweißguts abhängen;
b – dem Anteil an aufgeschmolzenem Grundwerk-
stoff, der bei Verbindungsschweißungen etwa
60 % bis 70 % betragen kann und durch seinen
mehr oder weniger großen Gehalt an Verunreini-
t

gungen besonders die Zähigkeit des Schweißgu-


tes beeinträchtigt;
a) b) – den Einstellwerten, die von der Werkstückdicke
Bild 3-69 und der Werkstücktemperatur abhängen.
Kennzeichnung der Nahtform durch das Nahtform-Verhältnis
(Einlagenschweißung): j = b/t. 3.7.4.1 Zusatzwerkstoffe
a) j < 1: nahezu parallele Schmelzgrenzen, Heißrissgefahr,
Das sind unlegierte, niedrig- und hochlegierte Rund-
niedrige Kerbschlagzähigkeit.
b) j > 1: Heißrissbegünstigende niedrigschmelzende Verun- drähte oder Flachbänder sowie spezielle Füllmate-
reinigungen werden an die Nahtoberfläche gedrängt; gute rialien, wie aus dem Schema Bild 3-70 hervorgeht.
mechanische Eigenschaften sind die Folge. Im Allgemeinen entspricht die chemische Zusam-
mensetzung weitgehend der der zu schweißenden
Ein weiterer Nachteil der Einlagentechnik ist das Stahlsorten; sie sind artgleich oder artähnlich. Die
grobstängelige Gussgefüge. Außerdem führt die ver- Drahtelektroden sind für das UP-Schweißen der un-
hältnismäßig niedrige Abkühlgeschwindigkeit groß- und (niedrig-)legierten Stähle in DIN EN 756 ge-
volumiger Schmelzbäder bei unlegiertem Schweiß- normt. Die Heißrissfreiheit des UP-Schweißguts ist
gut zu einem grobkörnigen Primärgefüge, das den von großer Bedeutung und die wohl wichtigste For-
voreutektoiden Ferrit nicht in der günstigen nadeli- derung an eine »betriebssichere« Schweißverbin-
gen, sondern in der unerwünschten körnigen Form dung. Aus diesem Grunde ist es naheliegend, die Ein-
enthält. Rasches Abkühlen ist demnach vorteilhaft, teilung der Drahtelektroden zum Schweißen der un-
allerdings sind die nach einem zu schnellen Abküh- legierten und (niedrig-)legierten Stähle nach dem
len bei Stahl entstehenden härteren und spröderen Mangangehalt vorzunehmen. Man unterscheidet die
Umwandlungsgefüge nicht erwünscht. Die Abküh- folgenden Qualitäten:
lung der Schweißverbindung muss daher der Härte-
S1 – S1Si – S2 – S2Si – S3 – S3Si – S4.
neigung des Werkstoffs angepasst sein.
Der ungefähre Mangangehalt ergibt sich aus der Di-
Mit mehrlagig geschweißten Verbindungen lassen vision der nach dem Symbol »S« stehenden Ziffer
sich die genannten Nachteile (Heißrissgefahr, grob- durch 2. Der mittlere Mangangehalt der Drahtelek-
stängeliges Gefüge, körniger Widmannstättenscher trode S3 beträgt danach
Ferrit) weitgehend vermeiden. Voraussetzung sind
3 : 2 O 1,5 %.
aber geeignete Einstellwerte und die Wahl einer auf
den Grundwerkstoff abgestimmten Draht-Pulver-
Kombination. Zusatzwerkstoffe zum
UP-Schweißen:

3.7.4 Zusatzstoffe

Anders als beim Handschweißen müssen das der Draht Band Füllmaterial
Elektrodenumhüllung entsprechende Schweißpul- Massivdraht, Massivband Heiß- oder Kalt-
ver und die dem Kernstab entsprechende Drahtelek- Fülldraht draht, Drahtkorn
trode für eine Schweißaufgabe ausgewählt werden. Bild 3-70
Die Zusammensetzung des Schweißgutes und da- Zusatzwerkstoffe für das UP-Schweißen.
186 3 Fügen

Für warmfeste Stähle und zum Verbessern der Si- 3.7.4.2 Schweißpulver
cherheit gegen Heißrisse werden molybdänlegierte Ähnlich wie die Umhüllung der Elektroden soll das
Drahtelektroden verwendet, deren Molybdängehalt Schweißpulver das Schmelzbad vor dem Einfluss
immer bei etwa 0,5 % liegt: der atmosphärischen Gase (Sauerstoff, Stickstoff,
Wasserstoff) schützen. Von großer Bedeutung für
S2Mo – S3Mo – S4Mo.
die mechanischen Gütewerte des Schweißguts ist
Abhängig von der Art des verwendeten Schweißpul- die Schweißgutzusammensetzung, die durch die Art
vers kann u. U ein beträchtlicher Siliciumzubrand der Schweißpulver und deren metallurgischen Re-
erfolgen. Der Siliciumgehalt muss aber in den meis- aktionen in den übergehenden Tropfen in der Licht-
ten Fällen sehr gering sein, da andernfalls beson- bogenzone bestimmt wird. Die Badreaktion mit der
ders die Kerbschlagzähigkeit verringert wird. Ein Schlacke ist bei den meisten Schweißpulvern zu ver-
leicht erhöhter Siliciumgehalt in der Drahtelektro- nachlässigen.
de (S1Si, S2Si) zum Verbessern der Porensicherheit
wird lediglich zum Schweißen stark verrosteter oder Als Folge des großen Aufschmelzgrades wird bei
geseigerter Stähle empfohlen. Einlagenschweißungen die Zusammensetzung des
Schweißguts überwiegend vom aufgeschmolzenen
Drahtelektroden sind zum Verbessern des Stromüber- Grundwerkstoffanteil bestimmt. Bei Mehrlagen-
gangs und zum Schutz gegen atmosphärische Kor- schweißungen ist sie – und damit auch die Eigen-
rosion verkupfert. Sie sollten sorgfältig aufgespult schaften der Schweißverbindung – praktisch aus-
(Drahtförderschwierigkeiten!), kreisrund (sonst Pas- schließlich von der Draht-Pulver-Kombination und
sieren der kupfernen Stromführungsdüse nicht ruck- den Einstellwerten beim Schweißen abhängig. Die
frei!) und fettfrei (metallurgische Probleme!) sein mechanischen Gütewerte mehrlagig geschweißter
und müssen beim Lagern vor Feuchtigkeit geschützt Verbindungen gleichen damit weitestgehend denen
werden (sonst Gefahr des Anrostens, d. h. Gasauf- des reinen Schweißguts.
nahme beim späteren Verschweißen).
Bild 3-71 zeigt den charakteristischen Legierungs-
In letzter Zeit werden in zunehmendem Umfang Füll- verlauf des Elements Mangan im Schweißgut einer
drahtelektroden verwendet. Auf den ersten Blick Mehrlagenschweißung von un- und niedriglegierten
macht ihre Anwendung beim UP-Schweißen wenig Stählen. Man erkennt, dass sich die Legierungsvor-
Sinn, da sie wesentlich teurer sind und außerdem be- gänge (Zu-/Abbrand) bereits nach der vierten Lage
reits »Pulver« verwendet wird. Ihre entscheidenden dem thermodynamischen (metallurgischen) Gleich-
Vorteile sind aber die hohen erreichbaren mecha- gewicht nähern. Jede Draht-Pulver-Kombination er-
nischen Gütewerte und die Möglichkeit, das Füllpul- gibt, abhängig von den gewählten Einstellwerten,
ver in seiner chemischen Zusammensetzung auf die ein charakteristisches Gleichgewichtsniveau der Le-
geforderten Eigenschaften nahezu perfekt abstim- gierungselemente, das nach einer unterschiedlichen
men zu können. Der für gleichmäßig hohe Kerb- Lagenzahl erreicht wird.
schlagwerte erforderliche Sauerstoffgehalt von et-
1,5
wa 250 ppm bis 350 ppm kann unabhängig vom ge-
wählten Schweißpulver exakt eingehalten werden. %
Mn-Gehalt im Schweißgut

Weiterhin lässt sich jede gewünschte Legierung ver- 1,0


hältnismäßig leicht erzeugen.

Unterschieden werden – ähnlich wie bei den SG- 0,5


MnGW = Mangangehalt im
Schweißverfahren – die nahtlosen und die formge- Mn GW Grundwerkstoff
schlossenen Fülldrahtelektroden. Die nahtlosen Füll-
drahtelektroden weisen gegenüber den Falzdrähten
0 1 2 3 4 10 20 30 40
(formgeschlossen) eine Reihe von Vorteilen auf: Anzahl der Schweißlagen
– Unempfindlich gegenüber Feuchtigkeitsaufnah-
Bild 3-71
me,
Einfluss der Lagenzahl auf den Mangangehalt im Schweißgut,
– auch nach langer Lagerung ist kein Rücktrock- hergestellt mit einer bestimmten Draht-Pulver-Kombination.
nen erforderlich, Jede Kombination ergibt im Schweißgut einen charakteristi-
– der Gehalt an diffusiblem Wasserstoff ist gering. schen »Endgehalt« der Legierungselemente.
3.7 Unterpulverschweißen (UP) (Kennzahl: 12) 187

Das Herstellungsverfahren ist ein wichtiges Charak- Schmelzpulver sind homogene, glasartige Substan-
teristikum der Schweißpulver. Nach DIN EN 760 zen, deren einzelne Bestandteile nicht mehr einzeln
unterscheidet man die folgenden Herstellungsverfah- reagieren können, weil sie ein metallurgisches Viel-
ren mit den Kennzeichen: stoffsystem gebildet haben. Beim Herstellprozess
geht ein Teil der Reaktionsfähigkeit des Pulvers ver-
F (fused) für erschmolzenes Schweißpulver, loren, weil die Ofentemperatur größer sein muss als
B (bonded) für agglomeriertes Schweißpulver, die Schmelztemperatur des am höchsten schmelzen-
M (mixed) für Mischpulver, die vom Hersteller aus den Bestandteils. Temperaturempfindliche Stoffe,
verschiedenen Pulvertypen gemischt werden. d. h., fast alle (sauerstoffaffine) Legierungselemente
können den Schmelzpulvern daher nicht zugegeben
Eine für die Beurteilung des metallurgischen Verhal- werden. Sie eignen sich damit weniger zum Schwei-
tens wichtige Einteilung der Schweißpulver berück- ßen der legierten Stähle. Die Vorteile dieser Pulver
sichtigt ihren mineralogischen Aufbau (z. B Rutil- sind aber die
Silicat-Typ, basischer, fluorid-basischer Typ, ähnlich – geringe Neigung zur Feuchtigkeitsaufnahme,
wie bei den umhüllten Stabelektroden). In den Be- die auf ihrer glasartigen Struktur beruht, die
zeichnungen werden nur die Hauptbestandteile ge- – besonders abriebfesten Körner, die die Ursache
nannt. Die Herstellungsart (F, B oder M) muss aber für ihre geringe Entmischungsneigung bei den
zusätzlich angegeben werden. Eine Übersicht ver- Handlingsvorgängen sind und der
mittelt Tabelle 3-15. – geringe Staubanteil im Pulver, der die schweiß-
technische Verarbeitung sehr erleichtert und die
Schmelzpulver metallurgische Qualität des Schweißguts kon-
Herstellung: Die Pulverbestandteile – vorwiegend Oxide der stant hält.
Elemente Al, Ba, Ca, Ka, Mn, Na, Si, Zr – werden zerkleinert.
Anschließend wird ihnen in einem Röstofen die Feuchtigkeit Die Pulver sind ähnlich wie die basisch-umhüllten
ausgetrieben und einige Verunreinigungen entfernt. Danach Stabelektroden (Abschn. 3.4.4.3) vor dem Gebrauch
werden sie bei 1500 °C bis 1800 °C in Elektro- oder Kupol-
öfen geschmolzen.
nach Herstellerangaben zu trocknen. Als erste Schät-
zung für die Trocknungstemperaturen können fol-
Die glasartige Schmelze wird anschließend durch Wasser-
gende Werte angesehen werden:
granulieren oder Schäumen »körnig« (Körner von etwa 5 mm
Durchmesser) gemacht. Ein gleichzeitiges Einblasen von Luft – Schmelzpulver 200 °C ± 50 °C,
während des Wassergranulierens (Schäumen) ergibt die fein- – geschäumte Schmelzpulver 400 °C ± 100 °C.
porösen, sehr leichten, geschäumten Schmelzpulver. Bei der
trockenen Granulation wird die Schmelze in eine wasserge- Agglomerierte Pulver
kühlte Stahlwanne abgegossen, in der sie als dünne Kruste Herstellung: Die feinstgemahlenen Bestandteile werden nach
erstarrt. Abhängig von der Zusammensetzung und der Erstar- dem Glühen mit einem Bindemittel (meist Wasserglas) ver-
rungsgeschwindigkeit der Pulverschmelze können die Pulver dickt, wobei sich unter dem Einfluss der Oberflächenspan-
amorph oder kristallin erstarren. Die Teilchen werden gemah- nung schon ein »Vorgranulat« bildet. Anschließend erhalten
len, auf die gewünschte Körnung ausgesiebt und verpackt. sie auf dem rotierenden Granulierteller ihre nahezu kugelige

Tabelle 3-15. Chemische Zusammensetzung und Kennzeichen von Schweißpulvern zum Unterpulverschweißen nach
DIN EN 760.

Kenn- Chemische Zusammensetzung, Massengehalt (Hauptbestandteile) Pulvertyp


zeichen

MS MnO + SiO2 (min. 50 %), CaO (max. 15 %) Mangan-Silikat


CS CaO + MgO + SiO2 (min. 55 %), CaO + MgO (min. 15 %) Calcium-Silicat
ZS ZrO2 + SiO2 + MnO (min. 45 %), ZrO2 (min. 15 %) Zirkonium-Silikat
RS TiO2 + SiO2 (min. 50 %), TiO2 (min. 20 %) Rutil-Silicat
AB Al2O3 + CaO + MgO (min. 40 %), Al2O3 (min. 20 %), CaF2 (max. 22 %) Aluminat-Basisch
AF Al2O3 + CaF2 (min. 70 %) Aluminat-Fluorid-basisch
FB CaO +MgO + MnO + CaF2 (min. 50 %), SiO2 (max. 20 %), CaF2 (min. 15 %) Fluorid-Basisch
AR Al2O3 + TiO2 (min. 40 %) Aluminat-Rutil
AS Al2O3 + SiO2 + ZrO2 (min. 40 %), CaF2 + MgO (min. 30 %), ZrO2 (min. 5 %) Aluminat-Silicat
Z Andere Zusammensetzungen speZial
188 3 Fügen

Gestalt (Agglomeration). Das Pulver wird anschließend zwi- tigen, dass die Zusammensetzung des Schweißguts
schen 600 °C und 900 °C getrocknet, wobei das Wasserglas abhängt von dem
abbindet und die restliche Feuchtigkeit ausgetrieben wird. – Schweißpulver, dem
Hierdurch ergeben sich typische Wassergehalte im Pulver
– Grundwerkstoff, der
von etwa 0,02 %, die im Schweißgut zu Wasserstoffmengen
von 3 bis 4 ppm führen. Die (Glüh-)Temperaturen überschrei- – Drahtelektrode, den
ten in keinem Fall die geringste Reaktionstemperatur (Schmelz- – Einstellwerten beim Schweißen und der
temperatur) der Gemengebestandteile. – Anzahl der geschweißten Lagen.

Agglomerierte Pulver sind heterogene Substanzen, Die chemische Charakteristik der Umhüllung der
deren Einzelbestandteile ihren ursprünglichen Zu- Stabelektroden beschreibt das metallurgische Ver-
stand behalten haben. Ihre Reaktionsfähigkeit ist halten des Schweißguts (Abschn. 3.4.4.3) hinrei-
im Gegensatz zu den Schmelzpulvern vollständig chend genau. Beim UP-Verfahren ist dagegen die
erhalten, d. h., die metallurgischen Reaktionen sind metallurgische Wirksamkeit (Legierungsarbeit, Des-
sehr intensiv. Wegen der niedrigen Herstelltempe- oxidationsvorgänge, Entschwefeln) in weiten Gren-
ratur können temperaturempfindliche Stoffe (Des- zen durch die Möglichkeit einstellbar, die Kombi-
oxidationsmittel und Legierungselemente) wirtschaft- nation Drahtelektrode und Schweißpulver relativ
lich zugegeben werden. Sie eignen sich daher bevor- »frei« wählen zu können. Die chemische Charakte-
zugt zum Schweißen legierter Stähle. Die wesentlichs- ristik des Schweißpulvers wird i. Allg. mit dem Ba-
ten Nachteile sind ihre starke Neigung zur Feuchtig- sizitätsgrad beschrieben, der oft mit der Formel von
keitsaufnahme – Trocknen ist daher immer erforder- Boniszewski berechnet wird:
lich – und ihre geringere Abriebfestigkeit. Vor dem
Gebrauch müssen sie bei ca. 300 °C ± 50 °C getrock- CaO + MgO + BaO + Na 2O + K 2O
B= +
net werden. SiO2 + 0,5 ◊ (Al 2O3 + TiO2 + ZrO2 )

Schweißpulver-Kennwerte Li 2O + CaF2 + 0,5 ◊ (MnO + FeO)


.
Eine wichtige Eigenschaft der Schweißpulver ist ih- SiO2 + 0,5 ◊ (Al 2O3 + TiO2 + ZrO2 )
re Strombelastbarkeit. Dies ist die Stromstärke,
oberhalb der die Schlacke örtlich zu »kochen« be- Gemäß dieser Beziehung wird die Summe der ba-
ginnt. Die hoch kieselsäurehaltigen (die sauren Man- sisch wirkenden Bestandteile durch die Summe der
gan-Silicat-Typen MS) Pulver sind am höchsten (et- sauer wirkenden dividiert. Ähnlich wie bei den um-
wa 2000 A), die basischen am niedrigsten (etwa
0,8
1000 A) strombelastbar. %
Spanentnahme
Zubrand D Mn

0,6
Die Schmelzpulver werden in Körnungen verschie-
dener Größe, die agglomerierten in einer Korngrö-
ße hergestellt. Mit feinkörnigem Pulver werden be- 0,4

sonders saubere und glatte Nahtoberflächen erzeugt
0,2
und die Abkühlung der Schweißnaht durch starkes
Behindern der Wärmestrahlung vermindert. Grob- 0

körniges Pulver erleichtert in großem Umfang das S1 S2 S3 % S4 P1

Ausgasen des Schmelzbades; es wird daher häufig Mn Dr

bei höheren Schweißgeschwindigkeiten und zum 0,2


Schweißen verschmutzter Werkstücke verwendet.
Abbrand D Mn

0,4 ➋ P2
Metallurgisches Verhalten der Draht-Pulver-
Kombination 0,6 D Mn = Mn Sch - Mn Dr
P3
Die Kenntnis der Zu- und Abbrandverhältnisse, d. % Mn Sch: Mangangehalt im Schweißgut
Mn Dr : Mangangehalt in der Drahtelektrode
h. der metallurgischen Wirksamkeit der Draht-Pul- 0,8
ver-Kombination, ist für eine zuverlässige Abschät-
Bild 3-72
zung der Schweißnahteigenschaften unerlässlich. Zu- und Abbrandverhältnisse von Mangan bei verschiedenen
Die Methoden zum Bestimmen des metallurgischen Schweißpulvern (P1, P2, P3) in Abhängigkeit vom Mangan-
Verhaltens des Schweißpulvers müssen berücksich- gehalt der verwendeten Drahtelektroden (S1, S2, S3, S4).
3.7 Unterpulverschweißen (UP) (Kennzahl: 12) 189

hüllten Stabelektroden ergibt sich folgende auf der Das Ergebnis dieser Versuche wird in Schaubildern
chemischen Wirksamkeit beruhende Einteilung der (Bild 3-71) dargestellt. Der Zu- und Abbrand – dies
Pulver: ist die Differenz zwischen dem Gehalt des jeweili-
gen Legierungselements im Schweißgut und in der
B > 1 Basische, Drahtelektrode – wird in Abhängigkeit vom Legie-
B l 1 neutrale, rungsgehalt der Drahtelektrode grafisch dargestellt.
B < 1 sauere Schweißpulver. In vielen Fällen schneiden die »Legierungsgeraden«
die Abszisse. Diese Schnittpunkte werden neutrale
Die Einteilung der Schweißpulver und ihre grund- Punkte genannt, weil für eine gegebene Draht-Pul-
legenden metallurgischen Eigenschaften sind ver- ver-Kombination weder Zu- noch Abbrand entsteht.
gleichbar mit den für die Stabelektroden bekannten Das metallurgische Verhalten ist demnach von der
Bezeichnungen. gewählten Draht-Pulver-Kombination abhängig, d.
h., ein neutrales Pulver gibt es nicht.
Das Legierungsverhalten einer beliebigen Draht-
Pulver-Kombination wird daher meistens mit der Mit Hilfe dieser Schaubilder können über das metal-
im DVS-Merkblatt 0907 vorgeschlagenen Versuchs- lurgische Verhalten des Schweißguts bestimmte
technik bestimmt. Achtlagen-Auftragschweißungen Aussagen gemacht werden. Dies sei an Hand von
werden mit dem zu untersuchenden Pulver und den Bild 3-72 für das Element Mangan erläutert:
verschiedenen Drahtelektroden (z. B. S1 bis S4) mit
gleichbleibenden, festgelegten Einstellwerten herge- Beispiel ❶:
stellt. Zum Ermitteln der chemischen Zusammenset- Mit welchem Zubrand (bzw. Abbrand) ist zu
zung des Schweißguts, d. h. des Zu- und Abbrandver- rechnen, wenn die Draht-(S1)-Pulver-(P1)-Kom-
haltens, wird die oberste Lage verwendet, die weit- bination verwendet wird?
gehend der chemischen Zusammensetzung des rei- Man ermittelt 'Mn O 0,6 %.
nen Schweißguts entspricht (Bild 3-72, mit Ort für
Spanentnahme). Beispiel ❷:
Mit welcher Drahtelektrode wird bei dem ge-
wählten Pulver P3 ein gewünschter Legierungs-
gehalt von z. B. 1,1 % Mn im Schweißgut er-
reicht?
Kupfer Flachstahl Mit der Drahtelektrode S3 (O 1,5 % Mn) erhält
a) b) man 'Mn O− 0,4 % (also Abbrand), d. h., der
Mangangehalt im Schweißgut beträgt:
1,5 % − 0,4 % = 1,1 %.

Beispiel ❸:
c) Feststellen des neutralen Punktes. Mit der Draht-
elektrode S2 verhält sich das Schweißpulver P2
neutral.

3.7.5 Hinweise zur praktischen


Ausführung
Pulverkissen Kupfer Handlagen
d) e) Es sind besondere Maßnahmen erforderlich, um das
Bild 3-73 Durchbrechen des verhältnismäßig großvolumigen,
Einige Möglichkeiten der Schmelzbadsicherung beim UP- heißen, also dünnflüssigen Schweißguts zu verhin-
Schweißen. dern. In Bild 3-73 sind einige Möglichkeiten der
a) Genutete Kupferschiene Schmelzbadsicherung dargestellt:
b) Flachstahl-Unterlage
c) geeignete Anordnung der Fügeteile a) Eine üblicherweise genutete Kupferschiene führt
d) Pulverkissen auf Kupferschiene die Wärme des Schmelzbades ab, ohne selbst
e) Vorlegen von Handlagen aufgeschmolzen zu werden.
190 3 Fügen

b) Ein unter die Fügeteile gelegter Flachstahl (Min- – im Kessel- und Apparatebau (Rund-, Längs-,
destdicke ≥ 10 mm) wird angeschmolzen, bleibt Innen-, Außen- und Spiralrohr-Schweißungen),
also in der Regel mit der Schweißnaht verbun- – im Tankbau,
den. Wegen der erheblichen Kerbwirkung ist die- – auf Werften (Paneele, Rippen, Sektionen, Deck,
se Badsicherung für dynamisch beanspruchte Außenhaut),
Konstruktionen nicht zu empfehlen. – im Fahrzeugbau (Chassis, Achsbrücken),
c) Die geometrische Anordnung der Fügeteile ver- – im Maschinenbau (Ständer, Gehäuse),
hindert das Durchbrechen der Schmelze, z. B. – im Stahlbau, Brückenbau (Träger, Platten).
Y-Nahtvorbereitung oder Überlappstoß mit Si-
cke (vorwiegend bei kleineren Behältern, z. B. Das Schweißen von Stumpfnähten bei Werkstück-
Propanflaschen). dicken unter 4 mm ist wegen des tiefen Einbrandes
d) Kupferschienen, die mit Schweißpulver bedeckt problematisch und unsicher und erfordert in jedem
sind (»Pulverkissen«), leiten intensiv die Wär- Fall geeignete Schmelzbadsicherungen. Allerdings
me ab. Das geschmolzene Pulver (Schlacke) lassen sich mit speziellen Fülldrahtelektroden und
stützt und formt die Unterseite der Wurzel. bei Wahl von I-Stößen sehr betriebssichere Schweiß-
e) Schweißen von Handlagen. nähte herstellen

Kupferschienen eignen sich normalerweise nur zum


Schweißen dünnerer Bleche. Bei großen Stromstär-
ken besteht die Gefahr, dass Kupfer angeschmolzen 3.8 Widerstandsschweißen
wird und so in das Schmelzbad gelangt. Pulverkis- (Kennzahl: 2)
sen verhalten sich in dieser Hinsicht erheblich vor-
teilhafter, Bild 3-73d). Die stoffschlüssige Verbindung der Fügeteile beim
Widerstandsschweißen wird durch Stromfluss über
Die Schweißnahtvorbereitung für das UP-Schwei- den elektrischen Widerstand der Schweißzone er-
ßen muss wesentlich genauer erfolgen als beim Hand- zeugt (Widerstandswärme, Joulesche Wärme). Ge-
schweißen, weil bei größeren Toleranzen der Nahtab- schweißt wird mit oder ohne Kraft und in den meis-
messungen die Gefahr besteht, dass die Schmelze ten Fällen ohne Schweißzusatz.
durchbricht. Die Fugenflanken werden daher nor-
malerweise mit Hilfe einer spanenden Bearbeitung Je nach der Art der Stromübertragung und dem Ab-
oder des maschinellen Brennschneidens erzeugt. lauf des Schweißens unterscheidet man zwei große
Verfahrensgruppen:

3.7.6 Anwendungen und F


Anwendungsgrenzen R1
I

Das UP-Verfahren eignet sich besonders zum Schwei- R2 Schweißlinse


ßen langer, gerader Nähte, d. h. von Längs- und Rohr-
R3
rundnähten. Für gekrümmte Nähte sind entsprechen-
de Führungseinrichtungen des Schweißkopfes oder
des Werkstücks erforderlich, die die Kosten und die Netz
R4
Störanfälligkeit des Verfahrens sehr stark erhöhen.
Die sehr große Abschmelzleistung und hohe Schweiß- R5
geschwindigkeit (bis 4 m/min), die größere Poren-
R6
und Risssicherheit sind die herausragenden Merk-
male des Verfahrens. In den meisten Fällen ist es R7
wirtschaftlicher und technisch viel zweckmäßiger, Sekundärkreis Primärkreis
eine große Schweißgeschwindigkeit (Schweißzeit, F

d. h., die Herstellzeit wird geringer) zu wählen als R1, R3, R5, R7 Stoffwiderstände F Elektrodenkraft
eine große Abschmelzleistung (d. h. großes Schmelz- R2, R4, R6 Kontaktwiderstände I Schweißstrom

bad, ungünstige Kristallisationsformen, Heißrissge- Bild 3-74


fahr). UP-Schweißen wird bevorzugt eingesetzt Verfahrensprinzip des Punktschweißens.
3.8 Widerstandsschweißen (Kennzahl: 2) 191

Widerstandspressschweißen können abhängig vom Oberflächenzustand der Werk-


Der Strom für die Erwärmung wird konduktiv stücke und der Elektrodenspitzen erheblich schwan-
über Elektroden zugeführt oder induktiv durch ken.
Induktoren übertragen (DIN ISO 857-1).
Widerstandsschmelzschweißen Die Schweiß- und Fertigungsbedingungen sind so
Durch Widerstandserwärmen werden die Stoß- zu steuern, dass im Widerstand R4 – das ist die ge-
flächen aufgeschmolzen, und etwaiger Schweiß- wünschte Verbindungsstelle zwischen den Werkstü-
zusatz wird verflüssigt, siehe Abschn. 3.8.2. cken – die größte Wärmemenge erzeugt wird. Die
Erwärmung aller anderen Teilwiderstände sollte
Die wichtigsten Widerstandspressschweißverfahren möglichst gering sein (»Verlustwärme«, die auch
sind die Punktschweißelektroden verschleißt). Dies lässt
– Punktschweißen, sich mit der »richtigen« Wahl der Schweißbedingun-
– Rollennahtschweißen (Foliennahtschweißen, gen Schweißstrom I, Schweißzeit t und Elektroden-
Folienstumpfnahtschweißen), kraft F erreichen. Die Kontaktwiderstände R2, R4,
– Buckelschweißen, R6 sind dabei für die Güte der Verbindung von we-
– Pressstumpfschweißen und sentlicher Bedeutung (siehe Abschn. 3.8.1.1.5).
– Abbrennstumpfschweißen.
Wichtigste Voraussetzung für die Herstellung der
Der Anwendungsbereich der Verfahren erstreckt Schweißverbindung ist, dass die Differenz aus er-
sich von Folienschweißungen bis zu Verbindungen zeugter Wärmemenge je Zeiteinheit durch Leitung
mit einer Gesamtwerkstückdicke von etwa 10 mm. (und Strahlung) und abgeführter zum Herstellen der
Bei Schweißströmen von einigen 1000 A bis über Schweißverbindung ausreicht. Die extrem große ther-
100 000 A liegen die Schweißspannungen deutlich mische Leitfähigkeit des Kupfers ist die wichtigste
unter 20 V. Die erforderliche erhebliche elektrische Ursache für die sehr schlechte Schweißeignung die-
Leistung wird im Sekundärkreis geeigneter (leis- ses Werkstoffs für das Widerstandspressschweißen.
tungsfähiger) Transformatoren erzeugt. Bild 3-74 Große Abkühlgeschwindigkeiten als Folge einer
verdeutlicht schematisch das Verfahren. großen Wärmeleitfähigkeit führen außerdem bei
Werkstoffen wie Stahl zu Aufhärtungserscheinungen
und damit zur Rissneigung. Eine große Wärmeleit-
3.8.1 Widerstandspressschweißen fähigkeit, wassergekühlte Elektroden und weitge-
hend von Oberflächenschichten (z. B. Rost, Farbe)
3.8.1.1 Punktschweißen (Kennzahl: 21) freie Werkstoffoberflächen sind dagegen sehr er-
wünscht, da die an den Kontaktstellen Elektrode-
3.8.1.1.1 Wärmeerzeugung an der Werkstück (R2, R6) entstehende Wärmemenge mög-
Schweißstelle lichst gering sein soll, um ein »Kleben« (Anlegieren)
Durchfließt ein elektrischer Strom I den ohmschen der Elektroden auf dem Werkstück zu vermeiden.
Widerstand R während einer bestimmten Zeit t, dann
wird in ihm eine Wärmemenge erzeugt, die nach F

dem Jouleschen Gesetz berechnet werden kann:


R2
Q = I 2 ⋅ R ⋅ t.
Hier ist R = Σ Ri = R1 + R2 + ... + R7 praktisch der
R4
Gesamtwiderstand im Sekundärkreis (ohne Wider-
stand des Kabels und der sekundären Trafowick-
lung), der aus
– Stoffwiderständen: Elektroden, (R1, R7 ), Werk- R6

stücken (R3, R5 ) und


– Kontaktwiderständen: Elektrode-Werkstück (R2,
Ts Temperatur T
R6 ), Werkstück-Werkstück (R4 ) besteht.
F

Die Stoffwiderstände sind im Wesentlichen als un- Bild 3-75


veränderlich anzusehen. Die Kontaktwiderstände Typische Temperaturverteilung beim Punktschweißen.
192 3 Fügen

handene Kontaktfläche stromleitend ist, sondern nur


ein bestimmter Anteil, nämlich die wahre Kontakt-
fläche. Mit zunehmender Elektrodenkraft wird die-
Kontaktwiderstand Rk

se durch plastische Verformung größer und damit


der Kontaktwiderstand geringer, wie Bild 3-76 zeigt.
Bemerkenswert ist der bei geringen Elektrodenkräf-
ten sehr große Streubereich der Kontaktwiderstän-
de. Die Folgen sind unterschiedliche Schweißströ-
me, d. h. unterschiedliche Festigkeitseigenschaften
der einzelnen Schweißpunkte.
1

1
3
2

Scherzugfestigkeit t
Elektrodenkraft F 2
4
F
1: Rk für Werkstück - Werkstück Streubereich
2: R k für Elektrode - Werkstück de

3
Bild 3-76
Einfluss der Elektrodenkraft auf den Kontaktwiderstand beim
Punktschweißen. 2
4

Bild 3-75 zeigt schematisch die typische Tempera- Spritzerbildung,


1 F
turverteilung beim Punktschweißen. Die Tempera- Poren

tur an der Schweißstelle (R4) überschreitet im Allge- Schweißstrom I

meinen die Schmelztemperatur Ts der Grundwerkstof- Einstellwerte, z. B. zum Schweißen von (niedrig-)legiertem Stahl
fe. Der Bereich des beim Punktschweißen flüssig ge- Werkstückdicke s 2 x 0,5 mm 2 x 2 mm
Schweißstrom I 6,5 kA 11,5 kA
wordenen Werkstoffs wird nach dem Erstarren als Schweißzeit t 7 Perioden 25 Perioden
Schweißlinse bezeichnet. Elektrodenkraft F 1000 N 4000 N

Bild 3-77
Die für den Punktschweißprozess erforderliche Wär- Einfluss des Schweißstroms auf die Größe der Scherzugfes-
memenge ist nicht nur gemäß dem Jouleschen Ge- tigkeit von Punktschweißverbindungen.
setz von I, R und t abhängig, sondern auch von ei-
ner Reihe verfahrenstechnischer Besonderheiten Ähnlich problematisch verhalten sich die Oberflä-
und Erfordernissen sowie den Eigenschaften des zu chenschichten, wie z. B. Oxide, Fette, Anstriche bzw.
schweißenden Werkstoffs. Beläge aller Art. Durch genügend große Elektro-
denkräfte können zwar dünne Oberflächenschichten
3.8.1.1.2 Verfahrenstechnische Grundlagen bei geeigneten Formen der Elektrodenspitze – z. B.
Die innerhalb einer bestimmten Schweißzeit bei ge- leicht ballig (Abschn. 3.8.1.1.4) – zerquetscht wer-
gebenem Schweißstrom erzeugte Wärmemenge ist den, die Werkstückoberfläche weist aber dann häu-
abhängig von der fig Markierungen auf, und der Verschleiß der Elek-
– Wärmeleitfähigkeit des Werkstoffs und des Elek- trode ist i. Allg. wesentlich größer. In den meisten
trodenwerkstoffs und von den Fällen müssen daher die Oberflächenschichten be-
– Kontaktwiderständen, d. h. vom Oberflächenzu- seitigt werden. Das kann mit Hilfe von
stand von Elektrode und Werkstück. – mechanischen Verfahren (Bürsten, Schleifen,
Schaben), oder
Der Kontaktwiderstand wird durch die Oberflächen- – physikalisch-chemischen Verfahren (z. B. Glü-
rauigkeit und die Art und Menge nicht- bzw. schlecht- hen in reduzierender Atmosphäre)
leitender Oberflächenschichten, wie z. B. Oxide, Öl erreicht werden.
oder Farbe bestimmt.
Gemäß dem Jouleschen Gesetz Q = I 2 ⋅ R ⋅ t ist der
Die Oberflächenrauigkeit ist die Ursache dafür, dass Einfluss des Schweißstroms I auf die zu erzeugen-
zu Beginn der Schweißung nicht die gesamte vor- de Wärmemenge Q am größten. Der Strom in einem
3.8 Widerstandsschweißen (Kennzahl: 2) 193

Wechselstromkreis beträgt bei der Sekundärspan- Mit zunehmenden Schweißzeiten vergrößert sich die
nung U: Menge an verflüssigtem Werkstück an der Schweiß-
U stelle, die wärmebeeinflusste Zone wird größer und
I= der erweichte Grundwerkstoffanteil nimmt zu. Da-
R + w 2 ◊ L2
2
durch können Spritzerbildung, Porenbildung sowie
Hierin bedeuten: eine unzulässige Verformung der Werkstückoberflä-
R gesamter ohmscher Widerstand im Sekundär- che durch die eindringenden Elektrodenspitzen ent-
kreis einschließlich aller Kontaktwiderstände, stehen.
w Kreisfrequenz = 2 ⋅ π ⋅ f (f = Netzfrequenz),
L Gesamtinduktivität. Zum Verbinden dicker Werkstücke (s ≥ 3 mm) ist es
zweckmäßiger, mit kurzzeitigen Impulsen (sog. Pha-
Bei einer konstanten Sekundärspannung nimmt der senanschnitttechnik) zu arbeiten als mit einer konti-
Schweißstrom mit zunehmendem Widerstand und nuierlich wirkenden Schweißzeit. Hierdurch wird
zunehmender Induktivität ab. Je nach Größe der überwiegend die Temperatur in der Schweißstelle
»Sekundärschleife« (Sekundärfensteröffnung, Ab- (Bild 3-75) erhöht, weniger die an den Kontaktstellen
schn. 3.8.1.1.5) und der Menge des sich in ihr befind- Werkstück-Elektrode, weil die wassergekühlte, gut
lichen magnetisierbaren Werkstoffs kann die Induk- wärmeleitende Elektrode die Wärme an diesen Orten
tivität erhebliche Werte annehmen. Der für die Qua- sehr viel rascher abführt als die Schweißlinse und
lität der Schweißverbindungen wichtige hinreichend der sie umgebende hoch erhitzte Bereich.
konstante Schweißstrom lässt sich also nur mit (klei-
nen) möglichst konstanten Widerständen und Induk- Beim Punktschweißen wird die Wärme infolge der
tivitäten erreichen. Wirkung des elektrischen Stroms, hauptsächlich auf-
grund des Widerstands der Werkstücke – vorzugswei-
Den grundsätzlichen Einfluss des Schweißstroms se des Kontaktwiderstands R4 Werkstück-Werkstück,
auf die Scherzugfestigkeit 23) der Verbindung zeigt gemäß Bild 3-74 – erzeugt. Der Strom wird über me-
Bild 3-77. Unterhalb bestimmter Werte ist die erzeug- tallische (Kupferlegierungen!) Punktschweißelektro-
te Wärmemenge geringer als die abgeführte, eine den zugeführt, die gleichzeitig die flächigen Teile
Verbindung kommt daher nicht zustande (Punkt 1, unter Anwendung von Kraft zusammenpressen. Da-
2). Zu große Schweißströme führen zum Spritzen her muss der Elektrodenquerschnitt ausreichend
des verflüssigten Werkstoffs d. h. zur Bildung von groß sein; der Werkstoff der Elektrode soll eine mög-
Lunkern und Poren, zum Verringern der Querschnitts- lichst hohe Wärmeleitfähigkeit haben.
fläche, evtl. zur Rissbildung und damit zu einer er-
heblichen Abnahme der Scherzugfestigkeit (Punkt Das Ergebnis der Schweißung ist ein linsenförmig
4). Optimale Scherzugfestigkeiten ergeben sich, ausgebildeter Schweißpunkt, die Schweißlinse (Bild
wenn der Prozess des Spritzens gerade beginnt. 3-74). Diese ist der durch den Schweißvorgang in
seinem Gefüge veränderte, aus dem flüssig gewor-
Die erforderliche Wärmemenge ist wegen der im All-
gemeinen sehr raschen Wärmeabfuhr zweckmäßi-
ger in Form sehr kurzzeitig wirkender großer elektri-
scher Leistungen (U 2 ⋅R) zu erzeugen, als durch ent-
sprechend geringere Leistungen und längere Zeiten.
Die Schweißzeiten – genauer die Stromzeiten, also
die Zeiten, während der der Schweißstrom fließt –
betragen bei dünnwandigen einige Perioden und bei
dickeren Werkstücken bis zu einigen Sekunden 24).

23) a) b) c)
Die Scherzugfestigkeit wird vielfach als Kennwert für die
erreichten Festigkeitseigenschaften von Punktschweißver- Bild 3-78
bindungen verwendet. Die Probenform und die Versuchs- Verfahrensvarianten des direkten Punktschweißens.
durchführung sind in Bild 3-77 schematisch angegeben. a) Übliche (Zweiblech-)Variante
24)
Zum Beispiel drei Perioden bei 0,8 mm dickem und 0,3 s b) Dreiblech-Punktschweißen
bei 4 mm dickem Stahlblech. c) Doppelpunktschweißen
194 3 Fügen

denen Grundwerkstoff bestehende Bereich, der die beschichteter Bleche ist nur mit dieser Verfahrensva-
Werkstücke miteinander verbindet. Die Güte der riante möglich, da die Kunststoffschicht einen Strom-
Schweißpunkte wird in erster Linie von folgenden fluss unmöglich macht. Schlecht oder nicht punkt-
Faktoren bestimmt: schweißgeeignet sind lackierte Bleche, sorbitische
– Richtige Wahl der an der Schweißmaschine ein- Federstähle und Stähle mit einer emaillierten Ober-
stellbaren Einflussgrößen: Schweißstrom, Strom- fläche.
zeit, Elektrodenkraft, Durchmesser der Elektro-
denkontaktfläche (Abschn. 3.8.1.1.2). 3.8.1.1.4 Punktschweißelektroden
– Zustand der Werkstückoberfläche (s. Abschn. Elektroden sind Verschleißteile und deshalb aus-
3.8.1.1.2) und der Elektrodenspitzen (s. Abschn. wechselbar. An sie werden folgende Anforderungen
3.8.1.1.4). gestellt:
– Symmetrische Ausbildung der Punkte, d. h., die – Gute elektrische und thermische Leitfähigkeit,
verflüssigten Anteile der beiden Werkstücke soll- – große Warmhärte,
ten im Idealfall gleich sein (Abschn. 3.8.1.1.5). – hohe Anlassbeständigkeit,
– geringe Neigung zum Anlegieren mit dem Werk-
3.8.1.1.3 Verfahrensvarianten stück (»Kleben«), z. B. häufig bei verzinkten
Aus konstruktiven, fertigungstechnischen und werk- Blechen,
stofflichen Gründen werden außer dem direkten – sichere Kühlung der Elektrodenspitze.
Punktschweißen (Bild 3-78) eine Reihe von Verfah-
rensvarianten verwendet, die besondere Vorteile und Wegen der geringen Festigkeit wird reines Kupfer
Möglichkeiten bieten. sehr selten verwendet. Kupfer legiert mit Chrom,
Silber, Beryllium, Molybdän und anderen Metallen
Beim direkten Punktschweißen gemäß Bild 3-78 sind die bevorzugten Werkstoffe. Eine solche Legie-
wirken die einer Transformatorwicklung zugeord- rung eignet sich wegen der wesentlich größeren Fes-
neten Elektroden auf beiden Seiten der Werkstücke. tigkeit auch bei höheren Temperaturen sehr viel bes-
Beim Doppelpunktschweißen ist es häufig bei klei- ser als Elektrodenwerkstoff.
nen Punktabständen schwierig, an beiden Schweiß-
d1 d1
stellen gleiche Elektrodenkräfte zu erzeugen. In die-
sen Fällen ist dann das Buckelschweißen oft geeig-
neter (siehe Abschn. 3.8.1.3).

Bild 3-79 zeigt zwei Varianten des indirekten Punkt-


schweißens, bei denen die der Sekundärwicklung
s

des Transformators zugeordneten Elektroden auf ei-


ner Seite der Werkstücke wirken. Diese Verfahren
können bei schlechter Zugänglichkeit bzw. bei gro-
ßen, sperrigen Teilen fertigungstechnische Vorteile
bieten. Das Punktschweißen einseitig mit Kunststoff

d2
Blind-
elektrode a) b)

Kunststoff- Bild 3-80


schicht
Geometrie üblicher Punktschweißelektroden.
a) Elektrode plan
b) Elektrode ballig (d1 O 4 ◊ s bis d1 O 10 ◊ s)

Form und Abmessungen der Elektroden bestimmen


a) b) weitgehend die Wärmeleitung, Stromdichte, Kontakt-
widerstände und Größe der Schweißlinse. Der größ-
Bild 3-79
Verfahrensvarianten des indirekten Punktschweißens. te Durchmesser der Elektrode d1 gemäß Bild 3-80a)
a) Punktschweißen mit Blindelektroden ist so zu wählen, dass er für die Übertragung des
b) Punktschweißen kunststoffbeschichteter Bleche Schweißstroms und der Elektrodenkraft ausreicht.
3.8 Widerstandsschweißen (Kennzahl: 2) 195

Der Durchmesser der Kontaktfläche d2 hängt von der gemäß Bild 3-81 angeordnet werden. Diese Maß-
Werkstückdicke s der zu schweißenden Teile nach nahme ist nur geeignet, wenn der Eindruck auf einer
folgender Beziehung ab: Seite vermieden werden soll, da wegen der erforder-
lichen sehr hohen Stromdichte eine Stirnfläche der
4 ⋅ s ≤ d2 ≤ 10⋅ s.
Elektroden klein genug sein muss.
Der Punktdurchmesser de (Linsendurchmesser, Bild
3-82) beträgt üblicherweise: Stromnebenschluss
Stromnebenschlüsse können u. a. infolge einer nicht
0,7 ⋅ d2 ≤ de ≤ 0,8⋅ d2.
punktschweißgerechten Konstruktionen und wegen
Die plane Elektrode wird vorzugsweise für Schweiß- zu kleiner Punktabstände entstehen. Diese Zusammen-
teile mit blanken Oberflächen verwendet, Bild 3- hänge verdeutlicht Bild 3-82. Die Folgen sind gerin-
80a). Zweckmäßiger ist die ballige Form, da dünne gere Schweißströme, die wegen der dann entstehen-
Oxidschichten zerquetscht werden und wegen der den kleineren Linsendurchmesser de zu kleineren
anfänglichen Punktberührung die gewünschten gro- Scherzugfestigkeiten der Punkte führen. Als brauch-
ßen Stromdichten entstehen, Bild 3-80b). barer Anhaltswert für Stahl kann ein Mindestpunkt-
abstand lmin von etwa 4 ⋅ de bis 5 ⋅ de, für gut leitende
Um die Standzeit zu verlängern, werden die Elek- Werkstoffe wie Aluminium ein solcher von 8⋅de bis
troden grundsätzlich wassergekühlt. Der Verschleiß 10⋅ de angenommen werden.
der Elektrodenspitze führt zwangsläufig zu einer grö-
ßeren Kontaktfläche, d. h. zu einer geringeren Strom- Thermisches Gleichgewicht
dichte. Dieser »schleichende Fehler« muss beson- Symmetrische Schweißlinsen sind eine wichtige
ders bei der Massenfertigung sorgfältig kontrolliert, Voraussetzung für die Herstellung hochwertiger
erkannt und behoben werden. Die Oberfläche der Schweißpunkte. Sie können nur erreicht werden,
Elektrodenspitze ist durch vorsichtiges Schmirgeln wenn in den zu verbindenden Teilen die gleiche Wär-
und Polieren, am sichersten durch Drehen – auf kei- memenge erzeugt wird.
nen Fall Feilen! – metallisch blank und in Form zu
halten, damit die Kontaktwiderstände möglichst klein
bleiben.

3.8.1.1.5 Technologische Besonderheiten


Elektrodeneindrücke
In manchen Fällen ist es notwendig, dass die Ein-
drücke der Elektrode auf der Werkstückoberfläche
nicht erscheinen. Dies gelingt mit Elektroden mit
einer großflächigen äquidistanten, möglichst glatten
Arbeitsfläche, die an der zu schützenden Oberfläche
a) b)

Großflächige, plane Elektrode de


verhindert bzw. vermindert
Eindrücke auf Blechoberfläche

lmin l 4 × d e - 5 × d e
c)

Bild 3-82
Stromnebenschlüsse in Punktschweißverbindungen.
a) Stromverlauf ohne Nebenschlüsse
b) Nebenschluss als Folge zu dicht nebeneinander liegender
Bild 3-81 Schweißpunkte
Ausbildung der Elektrode (großflächig, plan), wenn Eindrücke c) mit lmin O4 ⋅ de bis O5 ⋅ de lassen sich Nebenschlüsse ver-
auf einer Blechoberfläche vermieden werden müssen. meiden
196 3 Fügen

Das thermische Gleichgewicht wird von der thermi- lichst geringem Umfang in die »Fensteröffnung« ein-
schen und elektrischen Leitfähigkeit der Werkstü- tauchen. Vorrichtungen aus unmagnetischen Werk-
cke sowie von ihren Abmessungen beeinflusst. Bild stoffen sind ebenfalls sinnvoll.
3-83a) zeigt die unsymmetrische Ausbildung der
Schweißpunkte bei unterschiedlicher Wanddicke
und Leitfähigkeit der Fügeteile. Durch Elektroden
mit großen Arbeitsflächen am Werkstück mit dem
größeren Widerstand bzw. der geringeren Wärme-
leitfähigkeit ergeben sich die gewünschten symme-

A
trischen Schweißpunkte gemäß Bild 3-83b).

Werkstücke mit
unterschiedlicher unterschiedlicher
Wanddicke s1 < s2 Wärmeleitfähigkeit l1 > l2

L
s1

l1 Bild 3-84
Zur Definition der Sekundärfensteröffnung, S = A ◊ L.
l 2
s2

Strom- und Kraftprogramme


Die weitgehende Verwendung elektrischer und elek-
a)
tronischer Steuer- und Regelsysteme in modernen
Punktschweißmaschinen erlaubt die beliebige Abfol-
ge der wichtigsten Einstellgrößen Schweißstrom und
Elektrodenkraft, wie es Bild 3-85 zeigt. Diese Strom-
und Kraftprogramme werden für folgende Werkstof-
fe angewendet:
– Schlecht schweißgeeignete Stähle, die aufhär-
tungsempfindlich sind (C > 0,2 %), d. h. zur
Rissbildung neigen,
b)
– thermisch und metallurgisch empfindliche Werk-
Bild 3-83 stoffe, wie z. B. Aluminiumlegierungen und aus-
Zum thermischen Gleichgewicht beim Punktschweißen. härtbare Werkstoffe, z. B. AlMgSi-Typen,
a) Unsymmetrische Schweißlinsen als Folge unterschiedlicher – dickwandige Werkstoffe (s > 4 mm) oder für
Wanddicken bzw. unterschiedlicher thermischer Wärmeleit-
– höchste Qualitätsansprüche, z. B. in der Luft-
fähigkeit der Fügeteile
b) Elektroden mit großen Arbeitsflächen auf dem stärker zu er- fahrttechnik.
wärmenden Fügeteil (größere Wanddicke, geringere Wär-
Kraftprogramm
meleitfähigkeit) symmetrieren die Schweißlinsen
Kraft F, Strom I

Sekundärfensteröffnung
Diese ist eine Fläche und wird gebildet aus Armab-
stand A und Ausladung L entsprechend Bild 3-84. Vorwärm- Schweißstrom Nachwärm-
strom strom
Je größer sie ist, und je mehr magnetisierbarer Werk-
stoff in sie eintaucht oder sich in ihrer unmittelbaren
Nähe befindet, um so größer wird der induktive Wi-
derstand w L. Die Folge ist eine Abnahme des wirk-
Zeit t
samen Schweißstroms (Impedanzverlust). Mit zuneh-
Schweißen
mender Kreisfrequenz w werden auch die indukti- Vorwärmen mit Stromanstieg Nachwärmen
ven Verluste größer. Bei Gleichstrom-Schweißmaschi- mit Stromanstieg und Stromabfall mit Stromabfall

nen können daher induktive Ströme (Blindströme) Bild 3-85


nur noch beim Einschalten entstehen. Der Konstruk- Beispiel für ein Elektrodenkraft- und Schweißstromprogramm
teur hat darauf zu achten, dass die Fügeteile in mög- beim Punktschweißen.
3.8 Widerstandsschweißen (Kennzahl: 2) 197

Der Ablauf und die schweißtechnischen Vorteile ei- Lassen sich die Werkstücke einfach transportieren,
nes derartigen Programms lassen sich wie folgt be- dann wird in der Regel mit stationären Maschinen
schreiben: gearbeitet. Im anderen Fall kann die Maschine in
– Vorwärmen. Der Vorwärmstrom erzeugt eine Form leicht beweglicher Punktschweißzangen an
Wärmeenergie, die zum Schweißen unzurei- die Werkstücke herangeführt werden, wie dies z. B.
chend ist, die Abkühlgeschwindigkeit aber ent- weitgehend in der Automobilfertigung geschieht. In
sprechend verringert. Die hohe Vorpresskraft einem solchen großen Fertigungsbereich wird der
sorgt für ein sattes Anliegen der Fügeteile. Arbeitsablauf durch Industrieroboter bestimmt. Die-
– Schweißen. Während des eigentlichen Schweiß- se können als Träger der Punktschweißzangen die-
vorgangs wird die Presskraft herabgesetzt (R und nen oder als Zubringer- oder Übergabeeinrichtungen
I 2 ⋅ R nehmen zu), und der Schweißstrom wird arbeiten, die die Punktschweißmaschine mit den Fü-
erhöht. Dieser kann in Form eines Impulses oder geteilen beschicken und die fertigen Teile entnehmen
mehrerer Impulse wirken. Den Schweißstrom und weiterleiten. Die universelle Verwendbarkeit
wählt man bei sehr empfindlichen Werkstoffen der frei programmierbaren Industrieroboter erspart
(z. B. aushärtbaren Legierungen) in einigen Fäl- in vielen Fällen die teuren Sonderanlagen (Trans-
len kontinuierlich ansteigend oder abfallend. ferstraßen).
– Nachwärmen. Mit dieser Wärmebehandlung
wird in erster Linie die metallurgische Qualität 3.8.1.2 Rollennahtschweißen
der Verbindung verbessert. Anlasseffekte und das (Kennzahl: 221)
Verringern der Abkühlgeschwindigkeit als Fol- Beim Punktschweißen können je nach Wahl des
ge des Stromabfalls sind die wichtigsten Ziele Punktabstandes Heftnähte, Festnähte oder bei sich
dieser Behandlung. überlappenden Punkten Dichtnähte entstehen. Be-
sonders hohe Punktfolgen, wie sie für Dichtnähte
3.8.1.1.6 Anwendung und Anwendungsgrenzen erforderlich sind, verursachen einen erheblichen
Die meisten in der Technik verwendeten metalli- Elektrodenverschleiß. Durch die Verwendung von
schen Werkstoffe lassen sich punktschweißen. Le- Rollenelektroden gemäß Bild 3-86, die
diglich Kupfer, Molybdän, Tantal und Wolfram sind – den Schweißstrom zuführen,
schlecht oder nicht punktschweißgeeignet. Alle gut – die Elektrodenkraft ausüben und
wärmeleitenden Metalle (Kupfer, Aluminium) müs- – den Transport der Werkstücke übernehmen,
sen wegen der raschen Wärmeableitung mit sehr ho- werden diese Schwierigkeiten vermieden.
hen Strömen (bis 10 5 A) und extrem kurzen Zeiten
(Bruchteile einer Periode) geschweißt werden. Be- Im Gegensatz zum Punktschweißen heben die Rol-
sonders bei den verhältnismäßig weichen Alumini- lenelektroden beim Vorschub, der in den meisten
umlegierungen müssen zusätzlich bestimmte appa- Fällen auch durch die Elektroden erfolgt, nicht ab.
rative Voraussetzungen erfüllt werden: Die Elektro- Zum Schweißen von Stahl wird meistens nur eine,
de muss dem nachgebenden Werkstoff folgen kön-
F
nen, damit der Kontakt zwischen ihr und dem Werk-
stück aufrecht erhalten bleibt.
I schw

Das Verfahren wird hauptsächlich in der blechver-


arbeitenden Industrie (stationäre oder Tischpunkt-
schweißmaschinen) angewendet. Einige wichtige Ein-
satzgebiete sind der Haushaltsgerätebau, die Auto-
mobilfertigung, der Stahlbau, die Feinwerktechnik
und eine Vielzahl von Massenbedarfsartikeln.

Die verarbeiteten Werkstückdicken liegen haupt- F


sächlich etwa zwischen 0,2 mm und 2,5 mm; die ma- B
ximale in der Praxis angewendete Werkstückdicke be-
trägt ungefähr 8 mm. Im Luftfahrzeugbau werden Bild 3-86
Aluminiumlegierungen und Titan im großen Um- Prinzip des Rollennahtschweißverfahrens. Mindestens eine
fang punktgeschweißt. der beiden Rollen wird angetrieben (B = Rollenbreite).
198 3 Fügen

bei Leichtmetallen werden wegen der größeren Ge- geschweißter Teile lässt sich praktisch nur mit Strom-
fahr des Rutschens beide Rollenelektroden angetrie- und Kraftprogrammen verringern (Abschn. 3.8.1.1.5),
ben. Wie auch beim Punktschweißen muss für den die eine bessere Temperaturverteilung im Werkstück
Schweißprozess eine für das Aufschmelzen ausrei- ermöglichen. Das Schweißen mit Stromimpulsen er-
chende Wärmemenge erzeugt werden. Die Geschwin- laubt es auch, dickere oder schweißempfindlichere
digkeit der Rollenelektroden darf nur so groß sein, Werkstoffe sicherer zu verarbeiten, wie z. B. die aus-
dass diese das Schweißgut so lange unter Druck set- tenitischen CrNi-Stähle, die sich durch ihre geringe
zen, bis eine ausreichende Bindung, d. h. die Kristal- elektrische Leitfähigkeit auszeichnen.
lisation der Schmelze erreicht ist. Daraus und we-
gen der unvermeidbaren Nebenschlusswirkung er- Mit den üblichen Schweißmaschinen ( f = 50 Hz)
gibt sich im Vergleich zum Punktschweißen eine deut- kann je Stromhalbwelle eine Schweißlinse erzeugt
lich geringere maximal schweißbare Werkstückdi- werden, wenn man ohne Stromprogramm arbeitet.
cke. Sie beträgt bei Stahl etwa 2 mm x 3 mm. Die Wir- Für Dichtnähte sind etwa p = 4 Punkte je cm Schweiß-
kung der Nebenschlüsse ist aber wesentlich gerin- nahtlänge erforderlich. Damit ergibt sich die maxi-
ger als beim Punktschweißen, da der elektrische Wi- mal mögliche Schweißgeschwindigkeit
derstand des gerade erzeugten Schweißpunktes we-
2 ◊ 60 ◊ f m
gen seiner hohen Temperatur noch sehr groß ist. vmax = O 15 in ,
100 ◊ p min
Die Dicht- und Rollenpunktnähte lassen sich ent- die nur bei sehr dünnen Blechen annähernd erreicht
sprechend Bild 3-87a) und 3-87b) mit kontinuier- werden kann. Der Punktabstand e = 1/p beim Rollen-
licher oder intermittierender Elektrodendrehbewe- punktschweißen ergibt sich bei gegebener Schweiß-
gung gemäß Bild 3-87c) abhängig von der Schweiß- geschwindigkeit demnach zu
aufgabe mit Hilfe von Dauerwechselstrom oder mit
v
Stromimpulsen herstellen. e O 0, 8 ◊ in cm.
f
Die Abmessungen der Rollenelektroden (Breite B
in mm, Bild 3-86) werden von der Konstruktion,
vor allem aber von der Werkstückdicke s bestimmt.
Bei blanken Stahlblechen werden Elektroden mit
flacher, bei verunreinigten oder metallisch beschich-
Schweißstrom Schweißstrom teten Werkstoffen solche mit leicht balliger Arbeits-
a) b)
fläche verwendet. Abhängig von der Schweißnaht-
breite b soll die Kontaktflächenbreite B der flachen
Elektrode
B = b + 1 in mm
betragen. Für die Schweißnahtbreite b gilt der An-
c) haltswert

Bild 3-87
b O2 ⋅ s + 2 in mm.
Herstellung verschiedener Nahtformen mit dem Rollennaht- Das Elektrodenprofil sollte möglichst lange unver-
schweißen.
ändert erhalten bleiben, da es weitgehend das Aus-
a) Dichtnaht, hergestellt mit Dauerwechselstrom
b) Rollenpunktnaht, hergestellt mit Dauerwechselstrom sehen und die Qualität der geschweißten Verbin-
c) Rollenpunktnaht, hergestellt mit unterbrochenem Strom dung bestimmt. Die Auswahl der Elektrodenwerk-
(Gleich- oder Wechselstrom) stoffe wird nach den gleichen Überlegungen getrof-
fen wie beim Punktschweißen.
Beim Schweißen mit Dauerwechselstrom hängt der
Punktabstand von der Schweißgeschwindigkeit und Die Überlappnaht gemäß Bild 3-88a) ist sehr sicher
der Schweißstromfrequenz ab. Diese Verfahrensva- herzustellen. Sie wird daher am häufigsten angewen-
riante wird bevorzugt zum Schweißen dünner, blan- det. Die Breite der Überlappung wird etwa gleich
ker Bleche bis zu etwa 1,5 mm Dicke angewendet, der dreifachen Einzelblechdicke gewählt. Unsaube-
wenn der Verzug vernachlässigbar ist. Der Verzug re Bleche und Passungenauigkeiten – z. B. Einschwei-
3.8 Widerstandsschweißen (Kennzahl: 2) 199

ßen von Böden in zylindrischen Behältern – führen schweißgeeignet sind. Die elektrische, die thermi-
zum Spritzen, Durchbrennen der Bleche und zu star- sche Leitfähigkeit, die unvermeidbare Nebenschluss-
kem Verschleiß der Elektroden. Blanke und glatte wirkung und besonders der Oberflächenzustand der
Bleche sind daher für das Rollennahtschweißen un- Werkstoffe sind aber von größerer Bedeutung als
abdingbar. beim Punktschweißen.

Mit dem Verfahren können z. B. aus meist dünn-


wandigen Werkstoffen Bauteile hergestellt werden,
die aus einem Stück nur unwirtschaftlich zu ferti-
s

gen sind. Diese Methode wird praktisch in der ge-


samten blechverarbeitenden Industrie (Flugzeug-
bau, Automobilbau, Waggonbau) und vor allem für
Massenbedarfsgüter (Haushaltsgeräte, Gehäuse,
Stahlradiatoren) erfolgreich eingesetzt.

ü ül s ü= 0 3.8.1.3 Buckelschweißen
a) b) c) d) (Kennzahl: 23)
Eines der Fügeteile (sehr selten beide) ist mit einem
Bild 3-88 oder mehreren Schweißbuckeln versehen. Der Strom
Fügeteilanordnungen beim Rollennahtschweißen für:
a) Überlappnaht (ü O 3 ◊ s), Kennzahl: 226
wird durch großflächige Elektroden zugeführt und
b) Quetschnaht (ü ≥ s), Kennzahl: 222 fließt über die Buckel zur gegenüberliegenden Elek-
c) Folienstumpfnaht (ü = 0), Kennzahl: 225 trode. Durch die Elektrodenkraft werden die Buckel
d) Folienüberlappnaht, Kennzahl: 226 zusammengedrückt und ganz oder teilweise eingeeb-
net. Es entstehen punktschweißähnliche Verbindun-
Bei der Quetschnaht entsprechend Bild 3-88b) ver- gen entsprechend Bild 3-89, deren Querschnitte die
schwindet die Überlappung nach dem Schweißen Buckel bestimmen. Wie beim Punktschweißen geht
vollständig, d. h., die Bleche liegen bündig nebenein- ein erheblicher Anteil der Schweißwärme infolge
ander. Man muss mit geeigneten Vorrichtungen ar- Wärmeleitung zu den wassergekühlten Elektroden
beiten, weil die Bleche die Neigung haben, sich beim verloren. Zu klein gewählte Stromstärken können da-
Schweißen zu verziehen. her durch Verlängern der Schweißzeit nicht ausge-
glichen werden.
Die Schweißnahtqualität hängt in großem Maß von
der Gleichmäßigkeit der Überlappung ab. Größere Ein wesentlicher wirtschaftlicher Vorteil ist die Mög-
Abweichungen als ± 10 % vom eingestellten Maß be- lichkeit, bis etwa 20 Buckel gleichzeitig schweißen
zogen auf die Einzelblechdicke sind im Allgemei- zu können. Dies setzt möglichst gleichmäßige Bu-
nen nicht zulässig. ckelabmessungen voraus – insbesondere sollte die
F
Es werden Elektroden mit breiter, flacher Arbeits- vor
fläche verwendet. Wegen der linienförmigen Berüh- dem Schweißen

rung an den Blechkanten ist der Verschleiß der Elek-


troden verhältnismäßig hoch (Riefenbildung). Sie
müssen daher aus hochfestem Stahl bestehen.

Die Folienüberlappnaht (Bild 3-88d)) bietet nur bei nach


dem Schweißen
metallisch beschichteten Stahlblechen (z. B. ver-
zinkt) Vorteile, weil die Deckschicht vor dem Schwei-
ßen nicht entfernt werden muss. Die Standzeit der
Rollenelektroden ist groß, da kein unmittelbarer
Kontakt zum Werkstück besteht.
F

Grundsätzlich können mit diesem Verfahren alle Bild 3-89


Werkstoffe geschweißt werden, die auch punkt- Verfahrensprinzip des (einseitigen) Buckelschweißens.
200 3 Fügen

Toleranz der Buckelhöhen maximal “ 5 % betragen 3.8.1.4 Pressstumpfschweißen


– und erfordert eine gleichmäßige Verteilung der (Kennzahl: 25)
Elektrodenkraft und des Schweißstroms auf jeden Wie Bild 3-91 verdeutlicht, werden die Fügeteile von
Buckel. Die Lebensdauer der großflächigen Buckel- wassergekühlten kupfernen Spannbacken gehalten,
schweißelektroden ist größer als die der deutlich klei- die die gleichen Funktionen ausüben wie die Elek-
neren Punktschweißelektroden. troden beim Punkt- und Buckelschweißen. Sie füh-
ren den Schweißstrom zu und erzeugen durch ein in
Abhängig von der Art der Stromzuführung unter- Stauchrichtung beweglich angeordnetes Backenpaar
scheidet man zwischen einseitigem und zweiseitigem (Stauchschlitten) die Presskraft. Die Fügeteile ragen
Buckelschweißen. um die Einspannlänge E1 bzw. E2 aus den Spannba-
cken heraus und werden durch die Presskraft F zu-
Eine gleichmäßige Stromverteilung ist wegen der sammengedrückt. An der Kontaktstelle K ist der elek-
für die einzelnen zu schweißenden Buckel unter- trische Widerstand am größten; hier wird also die
schiedlich langen Strompfade schwer zu erreichen. zum Schweißen erforderliche höchste Temperatur
Häufig können daher nicht alle Buckel gleichzeitig erreicht (bei Stahl etwa 1100 °C bis 1300 °C).
geschweißt werden. In vielen Fällen sind daher Ein-
E1 E2 St
zelschritte schon wegen der extremen Netzbelastung
(bis 1000 kVA) notwendig.
F
Ein mit der gleichzeitigen Schweißung vieler Bu-
ckel verbundener Nachteil ist weiterhin das Wan-
K
dern (»Schwimmen«) der Werkstücke durch die Er-
weichung der Buckel. Die Maßhaltigkeit kann so-
weit verlorengehen, dass dieses wirtschaftliche Ver-
F Stauchkraft, erzeugt mit beweglichem Stauchschlitten (St)
fahren nur durch aufwändige konstruktive Maßnah- E1, E2 Einspannlängen
men durchzuführen ist. K Kontaktstelle, Berührungsfläche der Fügeteile

Bild 3-91
Das Verfahren wird vorteilhaft in der Großserien- Verfahrensprinzip des Pressstumpfschweißens.
fertigung im Dünnblechbereich verwendet, wenn
mehrere Schweißpunkte notwendig sind, z. B. bei Größe und Form der Berührungsflächen der Füge-
der Herstellung von Haushaltsgeräten und Fahrzeu- teile müssen gleich sein; die notwendige gleichmä-
gen aller Art. In den meisten Fällen werden die Bu- ßige Erwärmung ist nur mit einer über den gesam-
ckel gleichzeitig mit dem Pressen der Fügeteile ein- ten Querschnitt gleichmäßigen Stromdichte erreich-
geprägt. Die Buckelform wird von der Blechdicke bar. Liegen ungleiche Querschnitte vor, dann müs-
und den konstruktiven Möglichkeiten bestimmt, wie sen sie in Form und Größe angeglichen werden, wie
Bild 3-90 zeigt. Der Ringbuckel bietet die größte Bild 3-92 zeigt. Zu beachten ist, dass die »Halslän-
Steifigkeit und wegen der großen Querschnittsflä- ge« h mindestens so groß ist wie der beim Stauchen
che auch die größte Festigkeit. entstehende Längenverlust.
1,5 bis 6 mm Ø

0,5 bis 1,5 mm


a) b)
h

c) d)

Bild 3-90
Wichtige Buckelformen.
h = Halslänge
a) Rundbuckel
b) Langbuckel Bild 3-92
c) Ringbuckel Beispiele für das Vorbereiten von Fügeteilen mit unterschied-
d) »angeschobener« Buckel lichen Querschnitten für das Pressstumpfschweißen.
3.8 Widerstandsschweißen (Kennzahl: 2) 201

Ebenso wichtig für die Güte der Schweißverbindung Folge der geringen Stauchkraft und des hohen Über-
ist die gleichmäßige Erwärmung der vom Schweiß- gangswiderstandes entstehen extrem große Strom-
strom durchflossenen Fügeteile (Einspannlänge E1 dichten, die zum schnellen Schmelzen und Verdamp-
bzw. E2, Bild 3-91). Bei gleichen Werkstoffen, Quer- fen der Werkstoffbrücken führen. Die explosionsar-
schnitten und Einspannlängen ist auch die in den tig herausgeschleuderten Metallpartikel und Metall-
Einspannenden entwickelte Wärmemenge gleich. dämpfe (»Funkenregen«) befreien die Stoßflächen
Bei unterschiedlichen Werkstoffen muss die Ein- von jeder Verunreinigung und brennen sie »plan«
spannlänge des besser leitenden größer sein. Das (Planbrennen). Der Metalldampf sorgt für eine wirk-
Verhältnis der Einspannlängen ist etwa gleich dem same »Schutzgasatmosphäre«, so dass eine erneu-
der Wärmeleitfähigkeiten. te Oxidation vermieden wird. Der Werkstoffverlust
beim Abbrennen muss durch einen entsprechenden
Die Berührungsflächen der zu schweißenden Füge- (verfahrenstypisch großen) Vorschub des Stauch-
teile müssen möglichst metallisch blank und plan- schlittens (Bild 3-91) ausgeglichen werden. Die Ab-
parallel sein. Der Schweißstrom erwärmt die Füge- brennphase ist beendet, wenn die Stoßflächen aus-
teile auf die Schweißtemperatur (etwa 1200 °C), reichend gesäubert ist und die Fügeteilenden die
und der sich daran anschließende Stauchvorgang Schweißtemperatur erreicht haben. Bemerkenswert
beendet das Schweißen. Danach wird der Schweiß- ist, dass im Gegensatz zum Pressstumpfschweißen
strom abgeschaltet. Es entsteht der für das Schwei- nur die Werkstoffbereiche in unmittelbarer Nähe
ßen von Stählen typische Stauchwulst gemäß Bild der Stoßfläche erwärmt werden. Anschließend wer-
3-93a), der auch die sehr anschauliche Bezeichnung den die Fügeteile schlagartig zusammengepresst.
Wulststumpfschweißen verständlich macht. Der Schweißstrom darf erst eine gewisse Zeit nach
dem Einsetzen des Stauchvorganges abgeschaltet
Die Qualität der Schweißverbindung hängt entschei- werden, damit die evtl. noch vorhandenen Verunrei-
dend von der Sauberkeit und Parallelität der Kon- nigungen möglichst restlos aus dem Schweißstoß ge-
taktflächen ab, die mit aufwändigen fertigungstech- presst werden können.
nischen Mitteln zu erreichen ist.
Der für das Abbrennstumpfschweißverfahren ty-
Angewendet wird das Verfahren vorwiegend für run- pische scharfzackige Schweißgrat (Bild 3-93b)) wird
de Fügeteile (z. B. Drähte aus unlegiertem und legier- meist im warmen Zustand abgearbeitet (Abscheren
tem Stahl, Kupfer, Aluminium, Messing von 0,3 bis oder spanende Bearbeitung) bzw. bei Rohren (Bild
14 mm Ø) mit einem maximalen Querschnitt bis et- 3-93c)) innen mit einem scharfkantigen Dorn ab-
wa 2000 mm2. Vorteilhaft sind die einfache Handha- geschert und ausgestoßen. Er ist verhältnismäßig
bung und der verhältnismäßig einfache Aufbau der leicht entfernbar. Die dynamische Bauteilbeanspru-
Schweißmaschinen. chung wird dadurch erheblich verbessert.

3.8.1.5 Abbrennstumpfschweißen
(Kennzahl: 24)
Je nach Größe und Form der zu verbindenden Quer-
schnitte wird das Abbrennstumpfschweißen ohne
Vorwärmen (Abbrennen aus dem Kalten) oder mit
a) Stauchwulst
Vorwärmen angewendet. Charakteristisches Kenn-
Schweißgrat Schweißgrat
zeichen beider Verfahrensvarianten ist, dass an den
Zustand der Stoßflächen der Fügeteile keine beson-
deren Anforderungen gestellt werden müssen. Die
Stoßflächen sollten allerdings planparallel und kei-
ne Versetzung in Stauchrichtung aufweisen.
b) c)
Beim Abbrennstumpfschweißen ohne Vorwär-
Bild 3-93
mung werden die eingespannten Fügeteile unter ge-
Stauchwulst- bzw. Schweißgratformen beim
ringem Druck zusammengeführt. Die Berührung a) Pressstumpfschweißen
erfolgt nicht gleichmäßig über die gesamten Kon- b) Abbrennstumpfschweißen mit massivem Querschnitt
taktflächen, sondern örtlich über Unebenheiten. Als c) Abbrennstumpfschweißen mit rohrförmigem Querschnitt
202 3 Fügen

Die Maschinenleistung nimmt mit der Größe der 3.8.2 Widerstandsschmelzschweißen


zu schweißenden Querschnitte erheblich zu. Außer-
dem wird es zunehmend schwerer, die gesamte Durch Widerstandserwärmen werden die Stoßflä-
Schweißstoßfläche auf die erforderliche Temperatur chen der Fugenflanken aufgeschmolzen und even-
zu bringen und den flüssigen Grundwerkstoff ein- tuell verwendeter Zusatzwerkstoff verflüssigt.
schließlich der Verunreinigungen vollständig aus
der Schweißstoßfläche herauszudrücken. Fehlerhaf- 3.8.2.1 Elektroschlackeschweißen
te Schweißungen sind dann kaum zu vermeiden. (Kennzahl: 72)
Daher wird in diesen Fällen das Abbrennstumpf- Das mechanisch arbeitende sehr wirtschaftliche
schweißen mit Vorwärmung angewendet. Das Vor- Schweißverfahren wird sowohl zum Verbindungs-
wärmen geschieht induktiv oder häufiger durch Wi- schweißen vorwiegend dickwandiger Halbzeuge als
derstandserwärmung direkt in der Maschine. Die Fü- auch zum Auftragschweißen verwendet, Bild 3-94.
geteile werden zusammengedrückt und nach einer Das Verfahrensprinzip ähnelt dem UP-Schweißen.
kurzen Zeit wieder getrennt. Die zugeführte Ener- Zum Schmelzen (Grundwerkstoff, Pulver, Drahtelek-
gie reicht nicht für ein Abbrennen, sondern nur zum trode) wird aber nicht die Energie eines Lichtbo-
Vorwärmen der Fügeteilenden. Dieser Vorgang wird gens verwendet, sondern die Widerstandswärme ei-
einige Male wiederholt (reversierender Betrieb), bis nes 20 mm bis 25 mm hohen vom Schweißstrom durch-
die notwendige Temperatur erreicht ist. Das anschlie- flossenen Schlackenbades, in das die Drahtelektrode
ßende Abbrennen kann dann in der gewünschten eintaucht. Der zu Beginn des Schweißprozesses vor-
Weise erfolgen. handene Lichtbogen erlischt nach dem Aufschmel-
zen einer ausreichenden Pulvermenge (Schlacken-
In den modernen Stumpfschweißmaschinen können menge). Der Schweißprozess geht in das lichtbogen-
die geschweißten Teile nach dem Schweißprozess lose Elektroschlackeschweißen über. Für den ge-
noch wärmebehandelt werden. Dies ist häufig bei wünschten Prozessablauf muss der Schlackenwider-
schlecht schweißgeeigneten Werkstoffen (z. B. NE- stand also deutlich unter dem des Lichtbogens (bei
Metallen) zweckmäßig. Diese Behandlung kann in den vorhandenen Einstellwerten) liegen. Nur unter
einem verzögerten Abschalten des Schweißstroms diesen Bedingungen kann der Lichtbogen verlöschen
oder in einem Stoßglühen bei erhöhter Leistung be- und der Strom über die Schlacke fließen. Daraus er-
stehen. In manchen Fällen wird ein Maßstauchen geben sich bestimmte Anforderungen an die zu ver-
(Kalibrieren) angeschlossen, mit dem die Schweiß- wendenden Pulver. Die Lichtbogenstabilität muss
teile auf das gewünschtes Maß gebracht werden. zum schnellen Erreichen des lichtbogenlosen Schweiß-
zustandes ausreichend gering und die elektrische Leit-
Im Vergleich zum Pressstumpfschweißen können fähigkeit (entspricht der Jouleschen Wärme der Schla-
in diesem Fall Fügeteile mit großen Querschnitten cke!) möglichst groß sein.
bis zu 100 000 mm2 verbunden werden. Weitere Vor-
teile sind: Die Nahtform für Stumpfstöße ist in der Regel die
– Höhere Festigkeit der Schweißverbindung, I-Naht mit Spaltbreiten von etwa 30 mm. Sie wird in
– Stoßflächen müssen nicht besonders vorberei- den meisten Fällen als Einlagenschweißung ausge-
tet werden, führt. Das Schweißgut und die Schlacke werden mit
– geringere Schweißzeit, Hilfe von mit der Schweißgeschwindigkeit vorwärts
– unterschiedliche Werkstoffe, wie z. B. Alumi- bewegten wassergekühlten, kupfernen Gleitschuhen
nium und Kupfer, können wesentlich besser ver- gehalten (Bild 3-94).
bunden werden. Die Vermischung ist gering, da
der flüssige Werkstoff aus der Stoßfläche heraus- Die extrem große abgeschmolzene Schweißgutmen-
gepresst wird. ge ist das charakteristische Kennzeichen des Verfah-
rens und die Ursache für die nachstehend aufgeführ-
Das Verfahren wird in der Flugzeugindustrie, zum ten verfahrensabhängigen Besonderheiten:
Schweißen von Eisenbahnschienen, in der Automo- – Wirtschaftlich
bilfertigung (z. B. bei der Herstellung von Felgen, Querschnitte bis etwa 2000 mm2 können in einer
Gelenkwellen, Achsteilen, Bremsgestängen), in der Lage geschweißt werden.
Hausgeräteindustrie und in zahlreichen anderen In- – Geringe Abkühlgeschwindigkeit
dustriezweigen angewendet. Martensitische, d. h. harte und spröde Zonen in
3.9 Gestaltung von Schweißverbindungen 203

der WEZ können in keinem Fall entstehen. Al- – bei großen Wanddicken wegen der Sprödbruch-
lerdings besteht die Gefahr der Versprödung und gefahr auftretende Spannungen beachten (span-
des extremen Kornwachstums in der Wärmeein- nungsarm glühen);
flusszone und im Schweißgut. Besonders proble- – Schweißnähte nicht in Querschnitte legen, in
matisch ist daher das Erreichen ausreichender denen große Zugspannungen herrschen;
Zähigkeitswerte vor allem in dem durch extreme – einseitige Kehlnähte nach Möglichkeit vermei-
Dendritenbildung gekennzeichneten Schweiß- den (rissähnlicher Spalt, d. h. extreme Kerbwir-
gut. Als Vorteile der geringen Abkühlgeschwin- kung vorhanden);
digkeit können die fast vollständige Porenfreiheit – große, ebene Wände vermeiden, da sie zum Aus-
des Schweißguts und der sich dem thermodyna- beulen neigen, Aussteifungen vorsehen;
mischen Gleichgewicht nähernde Ablauf aller – auf gute Zugänglichkeit der Schweißnähte ach-
chemischen Reaktionen genannt werden. ten (Fehleranfälligkeit ist geringer);
– möglichst so konstruieren, dass in der PA-(w-)
Das Verfahren eignet sich vor allem zum Schweißen oder PB-(h-)Position (das sind die sog. Normal-
dickwandiger Bauteile aus un- und (niedrig-)legier- lagen!) geschweißt werden kann. Ein Arbeiten in
ten Stählen (auch mit hohem Kohlenstoffgehalt!) Zwangslagen ist zu vermeiden, da es hohe Anfor-
aus den Bereichen Schiffbau (Außenhaut, Schiffseg- derungen an die Handfertigkeit des Schweißers
mente), Behälter- und Großmaschinenbau (Funda- stellt, einen erhöhten Prüfaufwand erfordert und
mente, Rahmen) sowie Reaktorbauteile. Das Ver- in jedem Fall nur eine erheblich geringere Ab-
fahren eignet sich besonders zum Schweißen lan- schmelzleistung möglich ist, s. a. Bild 3-6;
ger, gerader Nähte in steigender Position. Seltener – Reihenfolge der Schweißarbeiten beachten; sie
wird es zum Schweißen von Rundnähten verwen- wird im Schweißfolgeplan festgelegt und beein-
det. Verschiedentlich wurde es auch zum Plattieren flusst die Bemaßung in der Zeichnung;
und zum formgebenden Schweißen eingesetzt. Es – Allgemeintoleranzen für Schweißkonstruktionen
wurden bereits Werkstücke mit Wanddicken bis zu (DIN EN ISO 13920) beachten;
etwa 2000 mm geschweißt. – bei hoher Maßgenauigkeit des geschweißten Bau-
teils ist es vielfach unumgänglich, dieses vor der
mechanischen Bearbeitung spannungsarm zu
glühen;
3.9 Gestaltung von – die vorgeschriebenen Prüfungen müssen durch-
Schweißverbindungen führbar sein, d. h., die zu prüfenden Schweißnäh-
te müssen für Prüfer und Prüfgeräte hinreichend
3.9.1 Allgemeines einfach zugänglich sein.

In Schweißkonstruktionen sind die Schweißnähte Drahtelektrode Werkstück


die verbindenden und kraftübertragenden Elemente.
Lage und Form der Nähte haben einen wesentlichen Gleitschuh
Einfluss auf die Festigkeit und die wirtschaftliche
Schlackenbad
Herstellung der Bauteile. Zu berücksichtigen ist wei-
Kühlwasser-
terhin die Schweißeignung bzw. das Schweißverhal- bohrungen Schweißbad
ten der Werkstoffe (Abschn. 3.2.4.4). Strom-
quelle erstarrtes
Schweißgut

3.9.2 Gestaltungsregeln Kühlwasser-


anschluss
– Die gewählten Grundwerkstoffe sollten ausrei-
chend schweißgeeignet sein, d. h. hinreichend
sauber und kohlenstoffarm (C  0,2 %) sein;
– keine Guss- oder Nietkonstruktion nachahmen
Werkstück Schweißnaht
(schweißgerecht konstruieren);
– möglichst gleich dicke Teile zusammenschwei- Bild 3-94
ßen (Kerbwirkung); Verfahrensprinzip des Elektroschlackeschweißverfahrens.
204 3 Fügen

3.9.3 Gestaltung von Gestaltung


Schmelzschweißverbindungen unzweckmäßig zweckmäßig

Bild 3-95 bis 3-97


Jede Kraftlinienumlenkung (z. B. in Kehlnähten)
oder -häufung verursacht eine Spannungsspitze
(Kerbwirkung) und damit eine örtliche, oft gefähr- Bild 3-95
liche Überbeanspruchung. Kehlnähte sollten mög-
lichst doppelseitig ausgeführt und Schweißnähte aus
Zonen mit ungünstigem Kraftfluss verlagert werden, 1 2
Bild 3-96 (1), Bild 3-97. Durchgeschweißte Kehl-
nähte, Bild 3-96 (2), vergrößern den tragenden Quer- Terrassen-
bruch
schnitt, sie verringern also die spezifische Beanspru-
chung. Weiterhin beseitigen sie die extreme Kerb-
wirkung im Bereich der Kehlnahtwurzel, erhöhen
aber (insbesondere bei normalgeglühten Feinkorn- Bild 3-96
baustählen) die Terrassenbruchempfindlichkeit. Au-
ßerdem vergrößern sie die Gefahr des Sprödbruches,
weil ein laufender Riss die gesamte Verbindung
durchschlagen kann. Bei zwei voneinander getrenn-
ten Kehlnähten ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass
der Riss aufgehalten wird.

Die aus dünnen ferritischen und perlitischen Schich-


ten (einige hundertstel Millimeter!) aufgebauten nor-
malgeglühten Feinkornstähle werden bei dieser Ver-
sagensform unter dem Einfluss äußerer, vor allem
aber unter der Wirkung von Schweißeigenspannun-
gen, in Form charakteristisch verlaufender Risse zer-
stört (lamellar tearing = Terrassenbruch, Bild 3-96
(2)). Wegen der sehr viel größeren Schweißgutmen-
ge, d. h. der größeren Schweißeigenspannungen,
wird auch die Sprödbruchempfindlichkeit erhöht. Bild 3-97

Bild 3-98
Der Anschluss mit Kehlnähten ist manchmal schein-
bar wirtschaftlicher, weil die Kosten für die Nahtvor-
bereitung entfallen. Kehlnähte lenken jedoch den
Kraftfluss um (Kerbwirkung!). Die zwei Nähte im
Vergleich zu einer Stumpfnaht erhöhen die Größe
der Eigenspannungen und den Verzug. Die Qualifi-
kation eines Schweißers für Stumpfnähte muss aber
deutlich größer sein als die eines für Kehlnähte. Bild 3-98

Bild 3-99
Eine elliptische Schweißnaht (kompliziert herzu-
stellen und zu schweißen) kann durch Aushalsen in
eine kreisförmige überführt werden. Bild 3-99
3.9 Gestaltung von Schweißverbindungen 205

Gestaltung
unzweckmäßig zweckmäßig
Bild 3-100
Die Naht ist im Allg. am Flansch (meistens ein ebe- Kehlnaht b
nes und nicht ein räumliches Gebilde, d. h. Flan-
sche sind leichter bearbeitbar!) einfacher vorzube-
reiten als am Gehäuse. Den Flansch mit Kehlnäh- Kehlnaht a

ten am Gehäuse anzuschweißen ist eine wirtschaft-


liche Lösung. Die Kehlnaht a ist aber meistens er-
forderlich, um die extreme Kerbwirkung des Spal-
Spalt
tes zu beseitigen. Es ist auf eine ausreichende Zu-
gänglichkeit der inneren Kehlnaht b zu achten. Bild 3-100

Bild 3-101
Bei hoher geforderter Oberflächengüte oder gerin-
ger Maßtoleranz soll die Funktionsfläche nicht durch
Schweißnähte (Verzug!) gestört werden. Bild 3-101

Bild 3-102
Schweißnähte soll man so legen, dass die Fügeteile
möglichst lange den Schrumpfbewegungen frei fol-
gen können, da sonst unerwünschte Reaktionsspan-
nungen (und natürlich auch wanddickenabhängige
Eigenspannungen!) auftreten. Allerdings entsteht
dann ein größerer Bauteilverzug! Bild 3-102
s
s

Bild 3-103
Der Zusammenbau und die gegenseitige Fixierung
von Fügeteilen werden erleichtert, wenn eine teilwei- 3/10 s
se Überdeckung als Anlage dient. Zweckmäßig ist 7/10 s
ein Verhältnis 3/10 Überdeckung zu 7/10 für die
Kehlnaht, bezogen auf die Blechdicke s. Wenn ferti- Bocknaht

gungstechnisch möglich, ist das Schweißen von


Bocknähten (PA-Position!) sehr sinnvoll. Die Kehl-
naht wird in jedem Fall symmetrisch. Ein »Wegrut-
schen« der Naht ist praktisch nicht möglich. Bild 3-103

ø H7
h6 ø

Bild 3-104
Fügeteile sollen vor dem Schweißen nicht übertrie-
ben zentriert werden (unnötig und teuer). Auf eine
ø
ausreichende Zugänglichkeit der Schweißnähte ist
zu achten (hier die innere Schweißnaht). Bild 3-104
206 3 Fügen

Gestaltung
unzweckmäßig zweckmäßig
Bild 3-105 s £ 16 mm s > 16 mm
Bei Schräganschlüssen ist eine scharfkantige Ab- 60°
60° 60°
schrägung unzweckmäßig (zuviel Schweißgut, Ver-

s
formungen, Wurzelkerbe); diese sollte nur bei dün-

s
nen Blechen angewendet werden. Bei dickeren Ble-
chen (s > 16 mm) sollte die Abschrägung maximal
0,5⋅s betragen. Bild 3-105

0,5 bis 2
0,5 bis 2
Bild 3-106
Beim Schweißen von Ringen, Buchsen, Scheiben
Wellen und Ähnlichem soll ein Luftspalt von min-
destens 0,5 mm vorgesehen werden. Er kann bis zu

Außen - ø
Innen - ø
Außen - ø
einer Breite von 2 mm ohne Schwierigkeit mit einer
Innen - ø
normalen Schweißnaht überbrückt werden. Bei Ein-

0,5 bis 2
0,5 bis 2
zelfertigung ist die rechte Darstellung zu bevorzu-
gen, da für die Ausführung nach dem linken Bild
eine Schweißvorrichtung erforderlich ist. Bild 3-106
(2) (1)
F F
Bild 3-107
Die Wurzel einer Schweißnaht sollte nicht in der F F F
zugbeanspruchten, sondern in der druckbeanspruch-
ten (1) Zone liegen. Wenn sich dies nicht vermeiden
lässt, dann ist die Wurzel auszuschleifen (»auszu-
kreuzen«) und nachzuschweißen (2). Bild 3-107

Bild 3-108 1 1
Eine mechanische Bearbeitung verringert (evtl. un-
zulässig) den Querschnitt der Schweißnaht. Bei hoch-
beanspruchten Nähten ist es empfehlenswert (aber
teuer!), die Nahtübergänge zu beschleifen (1) und 2
(oder) eine Kapplage zu schweißen (2). Bild 3-108

Bild 3-109
Beim Aufschweißen von Blechen, die bearbeitet wer-
den sollen, sind Entlüftungsbohrungen oder unter-
brochene Nähte vorzusehen, da zwischen den Ble-
chen ein abgeschlossener Luftraum entsteht, der
beim nachträglichen Spannungsarmglühen zu Ver-
werfungen und Ausbeulungen führt. Bild 3-109

Bild 3-110
Bei genuteten Bearbeitungsflächen sind außer den
Entlüftungsbohrungen auch Lochschweißungen vor-
zusehen, um z. B. beim Nuten ein Abheben der Flä-
chen zu vermeiden, s. auch Bild 3-109. Bild 3-110
3.9 Gestaltung von Schweißverbindungen 207

Gestaltung
unzweckmäßig zweckmäßig
Bild 3-111
Schweißnähte in schroffen Querschnittsübergängen
(unterschiedliche Querschnitte erzeugen Kerbwir-
kung, d. h. Spannungsspitzen!) sind zu vermeiden.
Angleichen der Querschnitte schafft Abhilfe Bild 3-111

angeschmolzene Kante
(f zu klein) f
Bild 3-112
Abflachungen und Überstände sind vorzusehen. f
Der Überstand f muss mindestens das Zweifache
der Nahtdicke a betragen, um ein unkontrolliertes a

Anschmelzen der Kanten zu vermeiden und die ge-


wünschte Dicke a zu erreichen. Bild 3-112

Bild 3-113
Schweißnähte sollten möglichst nicht in zu bearbei-
tende Flächen gelegt werden. Bild 3-113

Bild 3-114
Bei aufgeschweißten Flanschen ist die Dichtnaht
stets nach innen zu legen. Bild 3-114

Schlackeneinschluss
(Wurzelkerbe)

Bild 3-115
Rundstäbe parallel an eine ebene Fläche anzuschwei-
ßen ist unzweckmäßig, da der Öffnungswinkel für
die Schweißnaht (Kehlnaht) zu klein ist und Schla-
cke in den Spalt vorläuft. Zweckmäßiger ist es, ei-
ne andere Form zu wählen oder den Rundstab einsei-
tig abzuflachen. Bild 3-115

Bild 3-116
Auf gute Zugänglichkeit der Schweißnähte ist zu
achten. Das dargestellte Auge muss ringsum ge-
a
schweißt werden können. Bei der unzweckmäßigen
Variante läßt sich die Rundnaht nur etwa bis zum
Punkt a schweißen. Bild 3-116
208 3 Fügen

Gestaltung
unzweckmäßig zweckmäßig
Bild 3-117
Anhäufungen von Schweißnähten sind wegen der
Entstehung konzentrierter und großer Schweißeigen-
spannungen (großer Verzug und Gefahr der Kaltriss-
bildung) zu vermeiden. Die Schweißstellen müssen
gut zugänglich sein.

Bild 3-117

Bild 3-118
Bei zu bearbeitenden Teilen mit Bohrung, die an
schrägen Wänden angeschweißt werden, ist die Be-
arbeitung in einer Aufspannung sowie ein gerader
Anschnitt zu gewährleisten. Bild 3-118

Bild 3-119 und 3-120


Rippen sollten allseitig ausgeklinkt werden, weil
anderenfalls die Sollschweißnahtdicke a nicht ein-
Anschmelzen
gehalten werden kann (unkontrolliertes Anschmel- der Rippe x
a
zen der Rippe) und Schweißnahtanhäufungen große
Eigenspannungen erzeugen. Der Abstand x der Aus-
klinkung in der Rippe hängt von der Dicke der da-
runter liegenden Naht ab; er soll aber nicht weniger Schweißnahtanhäufung
als etwa x = a + 6 mm betragen. Die gleichen Wer-
te sind zu wählen, wenn Aussteifungen in Halbzeu- Bild 3-119
ge aus unberuhigtem Stahl eingeschweißt werden:
Die geseigerte Zone in der Hohlkehle sollte nicht
angeschmolzen werden. Die Variante a) hat den er-
heblichen Nachteil, dass die Kehlnähte nicht ge-
schlossen werden können (Folgen: Korrosion, Kerb-
wirkung). Eine viertelkreisförmige Ausklinkung b)
erlaubt das Rundumschweißen der Rippe, d. h. das a) b)

Schließen der Kehlnähte (teurer!). Bild 3-120

Bild 3-121
Die Herstellung eines Winkels durch Abkanten ist
billiger als das Zusammenschweißen aus drei Tei-
len. Beachte aber den Einfluss der Kaltverformung,
die bei Stählen mit geringerer Zähigkeit zu Grob-
korn führen kann. Bei hochlegierten austenitischen
CrNi-Stählen besteht die Gefahr der Spannungsriss-
korrosion. Bild 3-121
3.9 Gestaltung von Schweißverbindungen 209

Gestaltung
unzweckmäßig zweckmäßig
Bild 3-122 Größere Lagenzahl vermindert
Durch Auftragschweißen lassen sich z. B. Werkzeu- Vermischung mit Grundwerkstoff
ge und Verschleißteile wirtschaftlich herstellen bzw.
in Stand setzen. Zu beachten ist, daß sich in dem
aufzutragenden Werkstück keine Kanten (sondern
Rundungen) befinden, die das Schweißgut nicht
mehr ausfüllen kann und so rissbegünstigende Ker- Kante (extreme Kerbwirkung), Rundung im Werkstück wird
bedeutet Rissgefahr vom Schweißgut ausgefüllt
ben entstehen. Es sind mindestens zwei, besser drei
Lagen erforderlich (Vermischung gering halten!). Bild 3-122

Bild 3-123

t
Bei der Bemessung der Bearbeitungszugaben sind

t
die jeweiligen Toleranzen zu beachten. Die Höhe
des Anschweißteils muss so gewählt werden, dass
N

N
das Nennmaß N bei gegebener Toleranz t erreicht
wird, ohne die Schweißnaht zu zerstören. Bild 3-123

1
Bild 3-124
Sollen über einen Rohranschluss große Kräfte oder
Momente übertragen werden, so ist es zweckmäßig,
das Rohr in der Bohrung des Blechs zu führen. Au-
2
ßerdem entfällt durch Kehlnaht (1) die extreme Kerb-
wirkung des Wurzelspaltes (siehe Pfeil) von Kehl-
naht (2). Bild 3-124

Bild 3-125
Durch Bolzenschweißen können Gewindebolzen bis
M24 aufgeschweißt werden. Dies ist im Allgemei-
nen wirtschaftlicher als die Verwendung von Stift-
schrauben (Kernloch bohren, Gewinde schneiden,
Bolzen eindrehen). Bild 3-125

F F

3.9.4 Gestaltung von F

Punktschweißverbindungen
l

Bild 3-126
Punktschweißverbindungen sind nach Möglichkeit
so anzubringen, dass sie nicht auf Schälen, sondern
auf Abscheren beansprucht werden. Eine Torsions- M = F× l
beanspruchung bei Einzelpunkten ist unbedingt zu F F

vermeiden. Bild 3-126


210 3 Fügen

Gestaltung
unzweckmäßig zweckmäßig
Bild 3-127
Für die Punktschweißelektroden sind ausreichend
große, möglichst ebene und parallele Auflageflächen
vorzusehen.
Bild 3-127

Bild 3-128
Auf gute Zugänglichkeit der Schweißpunkte ist zu
achten, da man sonst (teure) gekröpfte Spezialelek-
troden verwenden muss, die weniger formstabil als
die üblichen zylindrischen Elektroden sind. Bild 3-128

de

e
d
Bild 3-129

>4
Mit vielen kleinen Punkten wird meist keine aus-
reichende Festigkeit erzielt. Wenige größere Punkte
ergeben zuverlässigere Verbindungen. Bild 3-129

Bild 3-130
a b a b
Es ist auf einen ausreichenden Abstand der Elek-
troden von der Fügeteilwandung zu achten. Bei zu
kleinem Maß a kann die Elektrode schlecht aufge- flüssiger
Werkstoff
setzt bzw. es müssen schlankere, weniger formsta-
bile Elektroden verwendet werden. Bei zu kleinem
Maß b kann flüssiger Werkstoff aus der Trennfuge
herausgepresst werden. Bild 3-130

Fensteröffnung S (S l A × L)

Bild 3-131
A

Größere Werkstücke sind so zu gestalten, dass mit


möglichst kleiner Armausladung L und geringem
Armabstand A (d. h. einer kleinen »Fensteröffnung«
S = A ⋅ L) geschweißt werden kann. Größere Werk-
stoffmassen zwischen den Elektrodenarmen erhö-
hen die Induktionsverluste, d. h., sie verringern den
(ohmschen) Schweißstrom. Bild 3-131
3.10 Löten 211

3.10 Löten Die Vorgänge der Benetzung und Ausbreitung des


flüssigen Lottropfens auf der Oberfläche eines auf
Löten ist ein thermisches Verfahren zum stoffschlüs- die Arbeitstemperatur TA erwärmten Werkstoffes las-
sigen Verbinden und Beschichten von Werkstoffen, sen sich mit Hilfe der Grenzflächenspannungen g be-
wobei eine flüssige Phase durch Schmelzen eines schreiben, Bild 3-132:
Lotes (Schmelzlöten) oder durch Diffusion an den g 1,3 g 1,2  g 2,3 cos j
Grenzflächen entsteht. Die Schmelz- bzw. Solidus-
g 1,3  g 1,2 g 2,3 cos j g H (g H »Haftspannung«).
temperatur des Grundwerkstoffs wird nicht erreicht.
Begriffe und Definitionen der Lötverfahren sind in Die Grenzflächenspannungen sind die den Benet-
DIN ISO 857-2 zu finden. zungsvorgang bestimmenden Größen. Die Größe
des Benetzungswinkels j wird nicht nur vom Grund-
Das Verfahren wird aufgrund seiner technischen Leis- werkstoff und dem Lot, sondern auch von der Art
tungsfähigkeit und wirtschaftlichen Vorteile zum des umgebenden Mediums (Atmosphäre, Flussmit-
stoffschlüssigen Verbinden der unterschiedlichsten tel, Vakuum, Schutzgas) bestimmt. Er ist ein Maß-
Werkstoffe in allen Bereichen der Industrie, vor al- stab für den Grad der Benetzung. Bei vollständiger
lem bei dünnwandigen Konstruktionen und schlech- Benetzung ist j = 0, d. h., der Tropfen bedeckt (als
ter Zugänglichkeit der Lötstellen in zunehmendem einmolekulare) Schicht die Oberfläche. Dieser Zu-
Maße angewendet. Weitere Vorteile sind: stand ist beim Löten nicht erreichbar, er liegt theore-
– Die Mechanisierbarkeit bzw. Automatisierbar- tisch vor, wenn g 1,3 ≥ g 1,2 + g 2,3 wird. Brauchbare Löt-
keit der Fertigung ist relativ einfach. verbindungen ergeben sich noch für j ≤ 30 °. Nimmt
– Die thermische Beeinflussung der Lötteile vor das flüssige Lot die Gestalt einer Kugel an (das Lot
allem bei Verwendung der niedrigschmelzen- »entnetzt« auf der Werkstückoberfläche), dann ist
den kadmiumhaltigen Universalhartlote (mit ca. die Lötstelle unbrauchbar, weil das Lot den vorgege-
40 % Silber) ist relativ gering: Verzug und Um- benen Spalt nicht ausfüllen kann. Diese Vorgänge
fang der Gefügeänderungen bleiben dadurch laufen nur dann ab, wenn zwischen flüssigem Lot
gering. und Werkstück keine sperrenden Schichten (Oxide,
– Die Wahl der Lote ist praktisch werkstoffunab- Farb-, Ölschichten bzw. andere Oberflächenbeläge)
hängig, da metallurgische Reaktionen nur in vorhanden sind.
einem vernachlässigbaren Umfang auftreten.
Diese Tatsache ist ein entscheidender (ferti- Das Lot kann die Oberfläche benetzen, sich ausbrei-
gungstechnischer) Vorteil im Vergleich zum ten und am Grundwerkstoff binden, wenn die Ober-
Schweißen! flächentemperatur an der Lötstelle die Arbeitstem-
peratur TA erreicht hat 25). Die tatsächliche Löttem-
peratur ist i. Allg. höher als die Arbeitstemperatur,
3.10.1 Grundlagen des Lötens sie darf aber eine höchste Temperatur nicht überschrei-
ten, weil dann Schädigungen des Flussmittels, des
Beim Löten werden die festen Grundwerkstoffe Lotes oder des Grundwerkstoffes möglich sind.
durch ein geschmolzenes Lot verbunden. Die hier-
für maßgeblichen Vorgänge sind Grenzflächenreak-
tionen, da sie an der Phasengrenze flüssiges Lot/
fester Grundwerkstoff stattfinden:
– Benetzungs- und Ausbreitungsvorgänge von Lot
und Flussmittel.
– Bindung zwischen Lot und Grundwerkstoff als
Folge wechselseitiger Diffusion von Lot- und
Grundwerkstoffatomen.
Bild 3-132
25)
Die für die gesamte Löttechnik außerordentlich wichti- Beziehungen zwischen Grenzflächenspannungen an den Ober-
ge Arbeitstemperatur ist die niedrigste Oberflächentem- flächen Grundwerkstoff – flüssiges Lot – Flussmittel.
peratur an der Lötstelle, bei der das Lot benetzt oder sich 1: Grundwerkstoff
mit Hilfe von Grenzflächenreaktionen eine flüssige Pha- 2: flüssiges Lot
se bildet (nach DIN ISO 857-2). 3: Flussmittel, Schutzgas, Vakuum
212 3 Fügen

Eine ausreichende Benetzbarkeit ist die wohl wich- ßen«) entgegen der Schwerkraft beschreiben. Die-
tigste Forderung an die Eigenschaft Löteignung se Eigenschaft wird durch den kapillaren Fülldruck
(DIN 8514). Benetzen erfolgt, wenn Lot und Grund- pk oder anschaulicher durch die Steighöhe h des flüs-
werkstoff Mischkristalle oder intermediäre Verbin- sigen Lotes in engen Spalten beschrieben. Für Spal-
dungen bilden können, wobei die Löslichkeit sehr te (bis etwa 0,3 mm Breite) gilt für h angenähert:
gering sein kann. Nur bei völliger Unlöslichkeit der gH
Metalle (Lot/Grundwerkstoff) werden deren Ober- h = pk L .
flächen nicht benetzt oder das Lot »entnetzt« 26). Die b
meisten Metalle sind wenigstens in geringem Um- Es bedeuten: g H = Haftspannung,
fang ineinander löslich, die werkstofflichen Anfor- b = Spaltbreite.
derungen an eine gute Löteignung sind daher we-
sentlich geringer als die an eine gute Schweißeig- Die Steighöhe hängt also nicht nur ab von der Art
nung (Abschn. 3.2.4.4). Technisch wichtige Ausnah- des Lotes, der Oberflächenbeschaffenheit der Löt-
men sind z. B. Silber in Eisen und Blei in Eisen. In teile und der Art der Lötatmosphäre (g H ), sondern
diesen Fällen kann also Eisen mit Silber- bzw. Bleilo- auch ganz erheblich von der Breite b des Lötspal-
ten nicht verbunden werden. tes. Bild 3-133 zeigt diesen Zusammenhang. Bei
Spaltbreiten b > 0,5 mm ist der Kapillardruck so ge-
Die Haftspannung g H ist ein Maßstab für die Fähig- ring, dass der Lötspalt nicht mehr ausgefüllt wird.
keit der Schmelze, Oberflächen zu benetzen und In diesem Bereich ist eine besondere Löttechnik er-
sich auf ihnen ausbreiten zu können. Die Benetzungs- forderlich, die in ihrer Handhabung dem Gasschwei-
fähigkeit lässt sich damit mit den Merkmalen Aus- ßen ähnelt und als Fugenlöten bezeichnet wird. Für
breiten des flüssigen Lotes und des Flussmittels und das Handlöten ergeben sich günstige Verhältnisse
Ausfüllen der i. Allg. engen Lötspalte (»Verschie- bei Spaltbreiten zwischen 0,2 mm und 0,5 mm. Die
b
kapillarer Fülldruck p k

Maschinenlöten Handlöten Fugenlöten

0,05 0,1 0,2 0,3 0,4 mm 0,5


Spaltbreite b

b < 0,05 mm b > 0,05 mm bis 0,2 mm b > 0,2 mm bis 0,5 mm b > 0,5 mm
Spalt ist zu klein, das Lot Spalt richtig für das Maschi- Spalt nur noch für das Hand- Spalt zu groß, Lötfuge wird
kann nicht eindringen und nenlöten (exakte Vorberei- löten geeignet. Wärme- und nur teilweise ausgefüllt, da-
verschießen. Löten ist nicht tung!). Das Lot kann benet- Lotzufuhr müssen richtig do- her besondere Löttechnik
möglich. zen und verschießen. siert werden. erforderlich: Fugenlöten.

Bild 3-133
Abhängigkeit des kapillaren Fülldrucks pk beim Löten in Abhängigkeit von der Spaltbreite b (schematisch).
3.10 Löten 213

immer noch geringe Steighöhe erfordert aber hand- kung. Erfahrungsgemäß wird daher die Sicherheit
werkliches Geschick und Können, da Wärme- und von Lötverbindungen selbst in Anwesenheit interme-
Lotzufuhr richtig dosiert werden müssen. diärer Verbindungen (siehe Abschn. 3.2.4.3) kaum
beeinträchtigt. Damit sind im Gegensatz zum Schwei-
Für die Massenfertigung in Lötvorrichtungen und ßen, metallurgische oder werkstoffliche Überlegun-
Lötmaschinen ist oft eine sehr große Steighöhe des gen bei der Auswahl »geeigneter« Lote von unterge-
Lotes erforderlich. Diese Forderung lässt sich mit ordneter Bedeutung. Benetzt das Lot den Werkstoff,
Spaltbreiten von 0,05 mm bis 0,2 mm sicher erfül- dann ist eine Lötung prinzipiell möglich. Die gerin-
len. Das flüssige Lot wird weit in den Spalt hineinge- gen werkstofflichen Schwierigkeiten erleichtern das
trieben; die Verwendung teurer Lötformteile ist nicht Verbinden metallurgisch »unverträglicher« Werkstof-
erforderlich. Ein preiswerter außerhalb der Spalten fe außerordentlich. Im Gegensatz zu dem »metallur-
angeordneter Drahtring ist ausreichend. Diese Überle- gischen« Prozess Schweißen bilden sich größere Men-
gungen sind für den Entwurf lötgerechter Konstruk- gen flüssiger Phasen, aus denen sich leicht versprö-
tionen sehr wichtig, Bild 3-134. Bemerkenswert ist dende Phasen bilden können. Ein typisches Beispiel
die zum Abfluss des Flussmittels erforderliche Boh- ist das wirtschaftliche (und relativ einfache) Ver-
rung. Anderenfalls entstehen Flussmitteleinschlüsse, binden von Formteilen aus Schnellarbeitsstahl mit
d. h., die vorgegebene Spaltfläche kann nicht vollstän- Schäften aus unlegiertem Stahl durch Löten. Schwei-
dig mit Lot ausgefüllt werden. Unzureichende Fes- ßen ist in diesem Fall wegen der entstehenden ex-
tigkeitswerte sind dann nicht vermeidbar. trem spröden Gefüge absolut unmöglich.

In einer sehr begrenzten Anzahl von Fällen können


beim Löten einiger Werkstoffe metallurgische Pro-
Lotformteil bleme entstehen, die in erster Linie auf die Verwen-
(Ringform)
dung »falscher« Lote zurückzuführen sind. Die er-
wähnten Schwierigkeiten beruhen ausnahmslos auf
den Eigenschaften der Legierungszone D, die trotz
ihrer geringen Ausdehnung bei bestimmten Kombi-
nationen von Lot und Grundwerkstoff zum Versa-
gen der Lötverbindung führen kann. Unabhängig von

D
DL DGW

Bohrung zum Entweichen des


überschüssigen Flussmittels

Bild 3-134
»Verschießen« eines außerhalb des Lötspalts angebrachten
Lotformteils (auch entgegen der Schwerkraft).
A GW

Der Bereich, in dem die Bindung Lot/Grundwerk- A Lot


stoff erzeugt wird, ist eine extrem dünne (einige μm
dicke) Legierungszone D = DL + DGW, Bild 3-135,
weil Platzwechselvorgänge der Atome im festen
Grundwerkstoff nur sehr begrenzt möglich sind.
Dieser Vorgang ist abhängig von den Diffusionsei- flüssiges Legierungszone D (Bildung auf Arbeitstempe-
Lot von MK und (oder) inter- ratur TA erwärmter
genschaften, der Breite der Legierungszone, der Ar- mediären Verbindungen) G Grundwerkstoff
beitstemperatur des Lotes und der Dauer der Einwir-
Bild 3-135
Legierungszone D = DL + DGW an der Phasengrenze Grund-
26)
Unter Entnetzen versteht man die Erscheinung, dass sich werkstoff – flüssiges Lot (G) bei einer Hartlötverbindung.
ein bei höheren Temperaturen vorhandener Lottropfen DL Diffusionszone im Lot
nach dem Abkühlen kugelförmig zusammenzieht. Eine DGW Diffusionszone im Grundwerkstoff
Bindung kann nicht entstehen. Flüssiges Silber entnetzt AGW Grundwerkstoffatome
z. B. auf Stahloberflächen. ALot Lotatome
214 3 Fügen

der Ursache des Problems, wird die Versagenswahr- 3.10.2 Einteilung der Lötverfahren
scheinlichkeit um so geringer, je niedriger die Arbeits-
temperatur des verwendeten Lotes ist. Die Wirksam- In DIN ISO 857-2 wird als Ordnungsmerkmal für
keit dieser durch die Praxis vielfach bestätigten Emp- die Einteilung der Lötverfahren die Art des Energie-
fehlung beruht darauf, dass mit abnehmender Tem- trägers gewählt. Im Folgenden werden nur die wich-
peratur die Platzwechselvorgänge zunehmend lang- tigsten Lötverfahren besprochen, geordnet nach der
samer verlaufen, d. h., die Breite der Legierungszone Art der Wärmequelle.
(und damit auch ihre Gefährlichkeit) nimmt ab.
Fester Körper
In Bild 3-136 sind einige charakteristische Formen Beim Kolbenweichlöten erfolgt das Erwärmen der
der Legierungszone dargestellt. Je nach Arbeitstem- Lötstelle und das Abschmelzen des Lotes i. Allg.
peratur der Lote entstehen Legierungszonen mit mit einem von Hand geführten Lötkolben. Das Fluss-
Breiten zwischen 0,5 μm und ca. 20 μm. Die größte mittel kann getrennt oder in Form von Röhrenlot
Bauteilsicherheit der Lötverbindung existiert dann, mit Flussmittelfüllung zugegeben werden.
wenn die Legierungszone aus Primärkristallen oder
zu lötende Teile positiver Meniskus
aus Mischkristallen besteht. Lötverbindungen aus (konkave Oberfläche)
kaltverformten Stahlteilen, hergestellt mit kupfer- Lotbad
oder zinkhaltigen Loten, neigen bei Temperaturen
oberhalb 900 °C zu der gefährlichen Lötbrüchig-
keit. Dabei diffundiert bevorzugt Kupfer oder Zink
sehr schnell entlang der Korngrenzen in den Stahl
ein. Interkristalline Werkstofftrennungen treten dann
solange in dem unter Zugspannungen stehenden
Werkstoff auf, wie das Lot flüssig ist. Diese beim Bild 3-137
Verbindungsschweißen von Kupfer mit Stahl eben- Einrichtung zum Lötbadweichlöten (nach DIN ISO 857-2).
falls auftretende Schadensform lässt sich mit Loten
vermeiden, die eine möglichst niedrige Arbeitstem- Flüssigkeit
peratur besitzen. Beim Löten von Stahl mit phos- Beim Lötbadweichlöten werden die zu lötenden Tei-
phorhaltigen Loten entsteht eine nur einige μm di- le mit Flussmittel benetzt und in ein Bad mit flüssi-
cke Schicht aus Kupferphosphid, die extrem stoß- gem Lot getaucht, Bild 3-137. Selektives Löten wird
und rissempfindlich ist. Phosphorhaltige Lote dür- durch Aufbringen von Pasten, Lacken oder Papier-
fen daher nicht zum Löten von Eisenwerkstoffen ver- masken erreicht. Durch das senkrechte Eintauchen
wendet werden. in das nicht bewegte Bad können sich leicht Gas-
Hartlote, z. B. Hartlote, Silberlote AG 304 (L-Ag40Cd) CU 302 (L-CuZn40) CP 102 (L-Ag15P), CP 203

Lot Lot Lot Lot

Ausbildung der
Legierungszone D

GW GW GW GW

Grundwerkstoff Kupfer- und Stahl Stahl Stahl


(GW) Kupferlegierungen
Aufbau der mikroskopisch deutlich mikroskopisch schwer er- mikroskopisch deutlich er- mikroskopisch erkennbar,
Legierungszone D erkennbar, Schicht aus kennbare »Grenzlinie«, duktil, kennbar, Primärkristalle aus sehr spröde Eisenphosphid-
Primärkristallen oder mechanische Eigenschaften Lotschmelze, bei Schweiß- schicht, Verbindung ist völlig
Eutektikum, duktil der Verbindung hervorragend spannungen Lötrissigkeit unbrauchbar

Bild 3-136
Ausbildung der Legierungszone D bei verschiedenen Lot-Grundwerkstoff-Kombinationen (nach Degussa).
3.10 Löten 215

blasen und Flussmitteleinschlüsse bilden. Die Ein- bracht und so miteinander verbunden. Hierin liegt
tauchgeschwindigkeit muss so eingestellt werden, der Hauptunterschied zu anderen Lötverfahren, wie
dass die Arbeitstemperatur zu jedem Zeitpunkt am Lötkolbenlöten, Tauchlöten oder Wellenweichlöten.
Werkstück erreicht wird. Ein sichtbares Zeichen da- Es gibt verschiedene Möglichkeiten des Lotauftrags,
für ist ein positiver Meniskus, Bild 3-137, an der Grenz- z. B. mittels Schablonendruck (Siebdruck), Dis-
fläche Lotoberfläche/Bauteil. Diese Nachteile sind penser, durch Lotformteile oder auch galvanisch.
beim Wellenweichlöten nicht vorhanden. Die das
Werkstück berührenden Stellen der »Lötwelle« sind Die Wärmeübertragung kann durch Kondensation,
oxidfrei, wenn mit Stickstoff als Schutzgas gearbei- Strahlung oder Konvektion erfolgen. Das Verfah-
tet wird, Bild 3-138. Eine Stickstoffumgebung ist ren lässt sich demnach dadurch gekennzeichnen,
zwar nicht zwingend erforderlich, kann sich aus den dass die Vorgänge Lotauftrag und Wärmezufuhr zu
folgenden Gründen jedoch als vorteilhaft erweisen: unterschiedlichen Zeiten erfolgen. Das in den USA
– Durch Stickstoff wird die Krätzebildung (Ober- tätige NEMI-Konsortium empfiehlt für das Reflow-
flächenoxidation) weitgehend unterbunden. löten Lote auf der Basis SnAg3.9Cu0.6.
– Durch Stickstoff verbessert sich das Benetzungs-
und Verteilungsverhalten des Lotes auf dem Die aufwendige und damit teure maschinelle Ein-
Werkstück. richtung macht das Löten etwa zwei- bis viermal
– Stickstoff lässt glänzendere Lötstellen und kleine- teurer als das Wellenweichlöten.
re Kontaktwinkel entstehen. Es wird in den meis-
ten Fällen mit einem Flussmittelbad und einer Das Dampfphasenlöten, auch VP-Löten oder Va-
Trockenstrecke (trocknet das Flussmittel) zum pour Phase Reflowlöten genannt, ist das zur Zeit
Löten bestückter Platinen verwendet. universellste, einfachste und zuverlässigste Lötverfah-
– Die Lötqualität wird verbessert und die Häufig- ren. Es ist für jede Art von SMD-Komponenten und
keit von Lötfehlern sowie die damit verbunde- Trägermaterialien geeignet. Alle Bauteile lassen
ne Nacharbeit verringert sich. Es wird eine deut- sich ohne kompliziertes Ermitteln oder Halten von
liche Kostenreduzierung erreicht. Temperaturprofilen verarbeiten. Zur Wärmeübertra-
gung wird eine chemisch inerte Flüssigkeit einge-
Leiterplatte
setzt. Eine unschädliche und sehr stabile Flüssig-
ca. 7°

keit, die sich nicht mit anderen Stoffen verbindet,


und deren Siedepunkt typischerweise bei 200 °C
oder 215 °C liegt. Taucht das Lötgut in die Dampfzo-
ne ein, kondensiert der Dampf auf dem Lötgut und
Trockenstrecke
Lotbad mit überträgt seine entsprechende Wärme. Gleichgül-
Lotwelle
tig wie lange das Lötgut im Dampf verweilt, seine
Temperatur kann nie höher sein als die des Damp-
Flussmittelbad
(Fluxer mit fes. Die maximale Löttemperatur ist dabei durch
Schaumwelle) Durchzugswinkel
die Temperatur des Dampfs sehr genau definiert.
Bild 3-138 Die Wärmeübertragung ist schnell und unabhängig
Einrichtung zum Wellenweichlöten (nach DIN ISO 857-2). von der Baugruppengeometrie. Als Folge der definier-
ten Löttemperatur und der gleichförmigen Erwär-
Zum Wellenweichlöten werden Sn96.5Ag3.0Cu0.5 mung sind keine Überhitzungen der Bauteile mög-
und Sn99.3Cu0.7 empfohlen. Dabei zeichnet sich lich. Wegen der inerten Gasatmosphäre können auch
das Lot SnAgCu im Vergleich zu SnCu durch eine keine Oxidationsvorgänge entstehen, und ein Löten
höhere Benetzungsgeschwindigkeit und bessere Löt- ohne Flussmittel ist ebenfalls möglich.
eignung aus.
Gas
Reflowlöten (Wiederaufschmelzlöten) Die Wärmequelle beim Flammlöten ist ein gasbe-
Bei diesem Verfahren wird das Weichlot in Form triebener Brenner, dessen Flamme neutral oder
von Lötpaste (die Lötpaste hält und xiert die Bau- leicht reduzierend eingestellt wird. Bei mechanisier-
teile während des Lötvorgangs!) vor der Bestückung ten Lötanlagen werden meistens Flammfeldbrenner
auf die Platine aufgetragen, und in ei nem Auf- verwendet, die im Werkstück ein sehr konstantes
schmelzöl auf die erforderliche Löttemperatur ge- Temperaturfeld erzeugen. Anlagen, die mit Flamm-
216 3 Fügen

Tabelle 3-16. Flussmittel zum Weichlöten metallischer Werkstoffe, nach DIN EN 29454.

Flussmitteltyp Flussmittelbasis Flussmittelaktivator Flussmittelart

1 Kolophonium (Harz)
1 Harz 1 ohne Aktivator
2 ohne Kolophonium (Harz)
2 mit Aktivator 1)
1 wasserlöslich
2 organisch 3 ohne Halogene aktivieren
2 nicht wasserlöslich A flüssig
B fest
1 mit Ammoniumchlorid
1 Salze C Paste
2 ohne Ammoniumchlorid
3 anorganisch 1 Phosphorsäure
2 sauer
2 andere Säuren
3 alkalisch 1 Amine und (oder) Ammoniak
1)
Andere Aktivierungsmittel dürfen verwendet werden.

erwärmung arbeiten, sind verhältnismäßig kosten- ten Wechselstrom erzeugt, Bild 3-139. Charakteris-
günstig und leicht umrüstbar. Sie werden häufig ein- tisch für dieses Verfahren ist die Entstehung der
gesetzt, wenn zum Zusammenbau der Teile Halte- Wärme im Werkstoff durch einen Induktor, der sehr
rungen erforderlich sind, oder wenn große, sperrige genau an die Werkstückform angepasst werden muss,
Bauteile gelötet werden. um Energieverluste zu vermeiden. Die Temperatur
wird sehr rasch (5 s bis 10 s) erreicht. Der erwärmte
Das Ofenlöten kann mit Flussmitteln, mit inerten Bereich ist dadurch sehr genau begrenzt. Das Ergeb-
Schutzgasen oder im Vakuum durchgeführt werden. nis sind sehr saubere, verzugsarme und hochwertige
Die Wärmequelle sind elektrische Heizelemente, die Lötverbindungen. Man kann mit Flussmitteln oder
die Teile vorwiegend durch Wärmestrahlung sowie schutzgasdurchströmten Abdeckhauben arbeiten.
durch Konvektion der heißen Ofengase erwärmen. Das Flussmittel wird vor dem Fixieren der Teile als
Die Vorteile dieser Erwärmungsart sind: Paste aufgetragen oder aufgespritzt. Bedingt durch
– Durch gleichmäßiges Aufheizen und Abkühlen die hohen Kosten, wird dieses Verfahren nur für die
sind die Lötteile nahezu spannungs- und ver- Serienfertigung angewendet.
zugsfrei.
– Löten komplizierter Werkstücke mit vielen Löt- Ein entscheidender technischer und wirtschaftlicher
stellen ist wirtschaftlich möglich. Vorteil ist die sehr leichte Mechanisierbarkeit der
– Durch Anwenden geeigneter (reduzierender auch meisten Lötverfahren. Der Lötvorgang ist bei richti-
inerter) Schutzgase bleiben die Oberflächen der ger Wahl des Lotes und Flussmittels nur sehr we-
Lötteile metallisch blank. nig störanfällig. Der Einsatz qualifizierter Fachkräf-
te ist daher kaum erforderlich. Allerdings sind eini-
Elektrischer Strom ge löttechnische Besonderheiten der Serien- bzw.
Die Arbeitstemperatur beim Induktionshartlöten Massenfertigung zu beachten. Der Konstrukteur muss
wird durch einen in den zu lötenden Teilen induzier- die zu verbindenden Teile so gestalten, dass sich
gleichmäßig enge, in Fließrichtung des Lotes paral-
Werkstück lelwandige Spalten bilden. Diese Forderung ist be-
Generator sonders wichtig, weil die Korrektur des Lötvorgan-
ges durch einen fachkundigen Handlöter bei der
Lötnaht großen Stückzahl nicht möglich und auch aus wirt-
schaftlichen Gründen nicht erwünscht ist. Die Ein-
zelteile müssen in der richtigen Lage zueinander
Induktor fixiert und solange gehalten werden, bis das in den
Spalt eingedrungene Lot erstarrt ist. Das Lot (und
auch das Flussmittel) lassen sich auf verschiedene
Werkstück Weise aufbringen. Vielfach werden von Hand oder
Bild 3-139 aus Magazinen zugeführte Lotformteile (Draht oder
Einrichtung zum Induktionshartlöten (nach DIN ISO 857-2). Lotblech) verwendet.
3.10 Löten 217

Für das mechanisierte Löten werden häufig die me- getragenen Flussmitteln oder mit Hilfe reduzieren-
chanisch wenig aufwändigen Lötvorrichtungen oder der Lötatmosphären (Schutzgase, »Vakuum«) ge-
Lötmaschinen verwendet, die Einrichtungen zum löst. Die chemisch sehr beständigen Oxide z. B. der
automatischen Werkstücktransport besitzen. Bild Metalle Aluminium, Chrom und Titan müssen mit
3-140 zeigt schematisch die zwei wichtigsten, rela- sehr aggressiven Sonderflussmitteln gelöst werden.
tiv preiswerten Lötmaschinenbauarten mit den För- Ein vollständiges Beseitigen der Flussmittelrück-
dereinrichtungen Drehtisch und Förderband, die stände nach dem Löten ist daher zwingend erforder-
die Werkstücke intermittierend oder kontinuierlich- lich, andernfalls sind Korrosionserscheinungen am
durch die Erwärmungszone führen, in der der Löt- Werkstück unvermeidlich.
prozess abläuft.
Flussmittel sind hauptsächlich Salzgemische, die in
Pulver-, Pasten-, Gasform oder flüssiger Form ver-
3.10.3 Flussmittel; Vakuum; Schutzgas wendet werden.

Die Benetzung und Ausbreitung des flüssigen Lo- Der Temperaturbereich, in dem die Flussmittel und
tes sowie die Legierungsbildung zwischen Lot und die gewählten Lötatmosphären wirksam sind, ist
Grundwerkstoff erfordert metallisch blanke Werk- der Wirktemperaturbereich. Die Arbeitstemperatur
stückoberflächen. Oxide, Fremdstoffschichten (Far- des verwendeten Lotes muss im Wirktemperaturbe-
ben, Fette, Schlacken, Beläge aller Art) sind daher reich des Flussmittels liegen. Flussmittel und Lot
vor dem Löten durch eine mechanische (z. B. Bürs- müssen daher aufeinander abgestimmt sein, eine For-
ten) oder chemische Behandlung (z. B. Beizen) sorg- derung, die auch von erfahrenen Praktikern manch-
fältig zu beseitigen. Die während des Lötens neu ge- mal nicht genügend beachtet wird.
bildeten Oxide werden mit auf die Lötflächen auf-
Flussmittel können ihre Aufgaben nur dann erfül-
Abkühlung auf
500 ° C ... 400 ° C
len, wenn ihre Schmelztemperatur unter der des ver-
wendeten Lotes liegt, da die Lösung der Oxide be-
Reihenbrenner
ginnt, bevor die Arbeitstemperatur (etwa gleich der
Schmelztemperatur des Lotes) erreicht ist. Das Fluss-
mittel muss außerdem einen gleichmäßigen, dich-
ten Überzug bilden, dessen Wirksamkeit bei der Löt-
temperatur über die Dauer der Lötzeit erhalten bleibt.
Ein möglichst tiefliegender Wirktemperaturbereich
Aufsetzen der
zu lötenden Teile
Abnehmen
der Lötteile
und eine hohe Lösungsgeschwindigkeit der Oxide
verhindern ein Verzundern des Werkstücks beim Er-
wärmen. Damit wird die praxiserprobte Regel ver-
a) ständlich, nach der schnell erwärmt (ausreichend ra-
Reihenbrenner sche und intensive Energiezufuhr) und möglichst
schnell gelötet werden soll. Die maximale Lötzeit
wird begrenzt durch die Erschöpfung des Lösungs-
vermögens des Flussmittels für Metalloxide. Die
Wirkzeit des Flussmittels bei der Löttemperatur be-
trägt nur etwa 4 bis 5 Minuten.

Die Lötspalte sind so zu dimensionieren, dass die


eindringende Flussmittelmenge zum Lösen der Oxi-
de ausreicht. Sehr enge Spalte werden daher oft
b) nicht vollständig mit Flussmittel (und Lot) ausge-
füllt, nicht gelöste Oxidreste, d. h., die Gefahr von
Bild 3-140
Fehllötungen, sind dann unvermeidlich (s. a. Ab-
Lötmaschinenbauarten für das mechanisierte und automa-
tische Löten (nach Degussa). schn. 3.10.5). Grundsätzlich muss mit höherer Ar-
a) Karussell-Lötmaschine (intermittierende Bewegung) beitstemperatur die Spaltbreite größer werden, weil
b) Förderband-Lötmaschine (kontinuierliche Bewegung) die Oxidfilmdicke dann zunimmt.
218 3 Fügen

Tabelle 3-17. Flussmittel zum Weich- (DIN EN 29454-1) und Hartlöten (DIN EN 1045) metallischer Werkstoffe, Auszug.
Die bisher gültigen Bezeichnungen sind in Klammern angegeben.

Flussmittel- Typ Zusammensetzung Anwendungsbereich


gruppe (Verhalten der
Flussmittelrückstände)

Borverbindungen und Fluoride Silberhartlote mit Arbeitstemperaturen bis max. 800 °C,
FH10
(korrodierend) Vielzweckflussmittel, Rückstände müssen entfernt werden
Borverbindungen und Fluoride Hartlote mit Arbeitstemperaturen zwischen 700 °C
Flussmittel zum Hartlöten
Hartlöten FH20
(korrodierend) und 1000 °C Rückstände müssen entfernt werden
Schwermetalle
(DIN EN 1045) Borverbindungen, Phosphate, Sili- Hartlote mit Arbeitstemperaturen über 1000 °C
FH30
cate (i. Allg. nicht korrosiv) Rückstände müssen entfernt werden
Chloride und Fluoride Hartlote mit Arbeitstemperaturen zwischen 600 und 1000 °C
FH40
(i. Allg. korrodierend) im Reaktorbau (borfrei!), Rückstände müssen entfernt werden
Hygroskopische Chloride und Flu- Für Werkstoffe, die gewaschen (auch gebeizt, neutralisiert)
Hartlöten FL10
oride (korrodierend) werden können
Leichtmetalle
(DIN EN 1045) Nicht hygroskopische Fluoride Für Werkstoffe, die nicht mit Feuchtigkeit in Berührung
FL20
(nicht korrodierend) kommen dürfen
3.2.2 Zink- und (oder) Ammoniumchlo-
Chromhaltige Stähle, stark oxidierte Werkstücke
(F-SW-11) rid und freie Säuren (korrodierend)
3.1.1 Zink- und (oder) Ammoniumchlo- Chromfreie Stähle, NE-Metalle, wenn Abwaschen der
Weichlöten (F-SW-12) rid (korrodierend) Rückstände möglich, Kühlerbau, Klempnerarbeiten
Flussmittel zum Weichlöten

Schwermetalle
(DIN EN 29454) 2.1.1 Amine, Diamine, Harnstoff Chromfreie Stähle und NE-Metalle, wenn Abwaschen der
(F-SW-24) (bedingt korrodierend) Rückstände nicht möglich, Feinlötungen, Elektrotechnik
1.1.3 Harze mit halogenfreien Zusätzen
Kupfer, Elektrotechnik, Elektronik, gedruckte Schaltungen
(F-SW-32) (nicht korrodierend)
3.1.1 Lotbildende Zink- und (oder) Zinn-
(F-LW-1) chloride (»Reaktionslot«)
Weichlöten
2.1.3 Rein organische Verbindungen,
Leichtmetalle Für Werkstücke, die gewaschen werden können
(F-LW-2) z. B. Amine (korrodierend)
(DIN EN 29454)
2.1.2 Organische Halogenverbindungen
(F-LW-3) (korrodierend)

Beispiel für die Bezeichnung eines Flussmittels zum Weichlöten nach DIN EN 29454-1 (s. Tabelle 3-16):
Lot 3.2.2 (F-SW-11):
3: anorganischer Flussmitteltyp,
2: saure Flussmittelbasis,
2: Flussmittelaktivator ist nicht die Phosphorsäure, sondern eine andere Säure.

Die Flussmittel sind in DIN EN 1045 (Hartlöten) Flussmittel zum Hartlöten von Leichtmetallen
und DIN EN 29454-1, bzw. DIN EN ISO 9454-1 (Aluminium, Magnesium) mit den Buchstaben
(Weichlöten der Schwer- und Leichtmetalle) ge- FL für die Klasse und zwei darauf folgende Zif-
normt. Tabelle 3-17 zeigt Einzelheiten und Eigen- fern (DIN EN 1045):
schaften der Flussmittel zum Weich- und Hartlöten. FL10, FL20.
Es werden unterschieden: Diese Flussmittel wirken oberhalb 550 °C.
Die Ziffern kennzeichnen den Wirktemperatur-
Flussmittel zum Hartlöten von Schwermetal- bereich und geben Hinweise auf die Zusammen-
len sind gekennzeichnet mit den Buchstaben FH setzung des Flussmittels. Die Auswahl erfolgt
für die Klasse und zwei Ziffern (DIN EN 1045): in erster Linie nach der Arbeitstemperatur des
FH10, FH20, FH30 und FH40 verwendeten Lotes. Es werden Universal- und
für Stähle, rostfreie Stähle, Kupfer und Kupfer- Sonderflussmittel unterschieden, die besondere
legierungen, Nickel und Nickellegierungen, Eigenschaften besitzen (z. B. können sie sehr
Edelmetalle, Molybdän und Wolfram, dünnflüssig oder sehr dickflüssig sein).
3.10 Löten 219

Flussmittel zum Weichlöten von Schwer- und Schutzgasatmosphären bei noch beherrschbaren
Leichtmetallen (DIN EN 29454-1) werden nicht Temperaturen lösen, diese Metalle sind also auch
mehr nach der Wirkung der Flussmittelrück- nicht lötbar.
stände, sondern gemäß ihrem Gruppenaufbau
gekennzeichnet, Tabelle 3-16. Sie werden mit Inerte Schutzgase, wie z. B. Argon, werden zum Lö-
drei Ziffern gekennzeichnet (z. B. 2.1.3). Die ten hochlegierter Stähle verwendet. Diese Gase sind
Kennziffern geben Hinweise auf den Flussmit- im Gegensatz zu den wasserstoffhaltigen Schutzga-
teltyp (2: organischer Flussmitteltyp), die Fluss- sen explosionssicher, besitzen aber keine reduzie-
mittelbasis (1: wasserlösliches Flussmittel) und rende Wirkung.
den Flussmittelaktivator (3: Flussmittel wird
ohne Halogene aktiviert). Die Wirktemperaturen Die Verwendung von Vakuum als »Oxidlöser« bie-
liegen etwa zwischen 200 °C und 400 °C. Ein tet den großen Vorteil, dass die Zugabe von Flussmit-
Beseitigen der Flussmittelrückstände wird mit tel entfällt. Das Verfahren erfordert sehr hohe Inves-
zunehmender Oxidlöslichkeit wegen ihrer kor- titionskosten (Ofenanlage, Vakuumpumpe). Die me-
rosiven Wirkung immer dringlicher. chanischen Gütewerte werden aber von keinem an-
deren Lötverfahren erreicht. Es wird bei Temperatu-
In Tabelle 3-17 werden für ausgewählte Flussmittel ren über 600 °C und Drücken zwischen 10−1 hPa und
einige wichtige Hinweise auf die Zusammensetzung 10 −6 hPa gelötet. Das Verfahren wird bei der Ferti-
und Beispiele für die Anwendung gegeben. gung von Elektronen- und Senderöhren sowie im
Turbinenbau mit großem Erfolg angewendet.
Das Entfernen der Oxide mit Flussmitteln ist mit
einer Reihe von Nachteilen verbunden: Der Wirkmechanismus des »Schutzgases« Vakuum
– Flussmittel muss auf die Oberflächen aufgebracht ist nicht genügend genau bekannt. Die Zersetzung
werden. Oft ist auch das Beseitigen der Reak- des Oxids als Folge des niedrigen Sauerstoffpartial-
tionsprodukte erforderlich. Die zusätzlichen Ar- drucks ist sicher nicht der entscheidende Mechanis-
beitsgänge verringern die Wirtschaftlichkeit des mus. Wahrscheinlicher ist das Aufbrechen der Oxi-
Verfahrens. de beim Erwärmen und ihre anschließende Unter-
– Flussmitteleinschlüsse sind kaum vermeidbar, wanderung durch das flüssige Lot. Diese Vorgänge
Füllgrade von etwa 80 % bis 90 % sind schon sind mit einiger Sicherheit auch für die oxidlösende
als gut anzusehen. Wirkung der inerten Schutzgase verantwortlich. Die
– Die Wirksamkeit geht nach verhältnismäßig kur- Qualität des Vakuums wird entscheidend von der
zer Zeit (4 bis 5 Minuten) verloren. Menge der unerwünschten Gasbestandteile Sauer-
stoff, Wasserdampf und Kohlendioxid bestimmt.
Die genannten Nachteile werden weitestgehend ver-
mieden, wenn das Beseitigen der Oxidschichten mit
(reduzierendem oder inertem) Schutzgas oder im 3.10.4 Lote
Vakuum erfolgt. Das Löten mit diesen oxidlösenden
»Medien« geschieht ausschließlich in teuren Ofenlöt- Die thermische Beanspruchung des Werkstücks
anlagen, d. h., es wird überwiegend für Massenarti- beim Löten ist gering, der Umfang und die Art werk-
kel verwendet. stofflicher Veränderungen sind im Allgemeinen ver-
nachlässigbar. Sie sind abhängig von der Art des
Die reduzierende Wirkung der Schutzgase ist abhän- Lotes, d. h., im Wesentlichen von der Arbeitstempe-
gig von der Stabilität der Oxide und der Menge und ratur. Die Lötdauer liegt zwischen einigen Sekun-
Art der im Schutzgas enthaltenen reduzierenden (z. den (Induktionslöten) und wenigen Minuten.
B. H2, CO) und nicht reduzierenden Komponenten
(z. B. H2O, CO2). Mit zunehmender Menge an Feuch- Lote sind meistens Legierungen, z. T. werden auch
tigkeit und zunehmender Bildungsenthalpie der zu reine Metalle benutzt. Sie werden in Form von z. B.
lösenden Oxide steigt die Löttemperatur. Sie ist da- Drähten, Stäben, Blechen, Pulvern, Pasten und Form-
mit nicht nur von der Art des Lotes, sondern auch teilen verwendet. Je nach der Höhe der Liquidustem-
wesentlich von der Art und Güte des verwendeten peratur TL der Lotwerkstoffe unterscheidet man die
Schutzgases abhängig. Die Oxide z. B. des Titans Lötverfahren Weichlöten (TL < 450 °C) und Hartlö-
und Aluminiums lassen sich nicht in reduzierenden ten (TL > 450 °C). Das Hochtemperaturlöten ist ein
220 3 Fügen

Tabelle 3-18. Die Lotgruppen nach DIN 1707-100 (Weichlote), DIN EN ISO 9453 (Weichlote), DIN EN 61190-1-3 (Elektro-
nik-Weichlote), DIN EN 1044 (Hartlote) und DIN EN ISO 3677 (Hartlote) Auswahl.

Gruppen- Typische Lote nach Erstarrungs- Anwendungsbereich


bezeichnung DIN bzw. DIN EN bereich
°C

S-Pb60Sn40E 183 bis 238 Elektroindustrie


S-Sn70Pb30 183 bis 192 Elektrogerätebau, Miniaturtechnik, Elektronik
S-Pb78Sn20Sb2 183 bis 270 Klempnerarbeiten
Schwermetallweichlote
S-Sn63Pb37P 183 Kupferinstallation für Warm- und Kaltwasser
(DIN 1707-100)
S-Sn90Pb10 183 bis 215 Elektroindustrie, für hohe Betriebstemperatur
S-Pb95Sn3Ag2 304 bis 310 Klempnerarbeiten
S-Cd95Ag5 340 bis 395 Elektroindustrie, für hohe Betriebstemperatur

S-Sn99Cu1 227
Schwermetallweichlote S-Sn91Zn9 199
Weichlote

(DIN EN ISO 9453) S-Sn52In48 118


Elektronik, Leiterplatten (SMD-Technik)
Bleifreie Sn-Cu-Lote, S-Sn96Ag4 221
Bleifreie Sn-Cu-Ag-Lote S-Sn97Ag3 221 bis 230
S-Sn96Ag3Cu1 221 bis 224
Sn99Cu.7C 227
Schwermetallweichlote Sn96Ag04E 221
(DIN EN 61190-1-3) Sn96Ag03Cu04E 217 Elektronik, Leiterplatten
Bleifreie Elektroniklote Sn99 232
In52Sn48C 118
Aluminiumweichlote
S-Zn95Al5 380 bis 390 Ultraschall- und Ofenlöten
(DIN 1707-100)

Al AL 102 (L-AlSi7,5) 575 bis 615 Elektrotechnik, Elektronik, lochplattierte Bleche


Aluminiumhartlote AL 103 (L-AlSi10) 575 bis 590 Elektrotechnik, Elektronik, lochplattierte Bleche
(DIN EN 1044) AL 104 (L-AlSi12) 575 bis 585 Elektrotechnik, Elektronik
AG AG 101 (L-Ag60Sn) 620 bis 685 Gas- und Wasserinstallation
Silberhartlote AG 106 (L-Ag34Sn) 630 bis 730 Gas- und Wasserinstallation
(DIN EN 1044) AG 304 (L-Ag40Cd) 595 bis 630 Elektrotechnik, Kältetechnik, Kfz-Zulieferindustrie
B-Ag60CuSn-600/730 600 bis 730 Löten von CrNi-Stählen, Titan
Silberhartlote B-Ag44CuZn-675/735 675 bis 735 Für Lötstellen mit Betriebstemperaturen bis 200°C
(DIN EN ISO 3677) B-Cu36AgZnSn-630/730 630 bis 730 Für Lötstellen mit Betriebstemperaturen bis 200°C
B-Ag40ZnCdCu-595/630 595 bis 630 Stähle, Cu, Cu-Legierung, Ni, Ni-Legierung
CP CP 201 (L-CuP8) 710 bis 770
Kupfer, Rotguss, Kupfer-Zink-Legierungen
Kupfer-Phosphorhartlote CP 202 (L-CuP7) 710 bis 820
Hartmetallwerkzeuge
(DIN EN 1044) CP 203 (L-CuP6) 710 bis 890
Hartlote

B-Cu80AgP-645/800 645 bis 800 Verbindungen, die mit Trinkwasser in Berührung


Kupfer-Phosphorhartlote
B-Cu89PAg-645/815 645 bis 815 kommen. Cu mit Cu ohne Flussmittel, mit Flussmit-
(DIN EN ISO 3677)
B-Cu93P-710/820 710 bis 820 tel für Messing, Bronze
CU CU 101 (L-Cu) 1085 bis 1085 Stähle
Kupferhartlote CU 103 (−) 1085 bis 1085 Stähle
(DIN EN 1044) CU 202 (L-CuSn12) 825 bis 990 Eisen- und Nickelwerkstoffe
NI 102 (L-Ni2) 970 bis 1000
NI und CO
NI 106 (L-Ni6) 875 bis 875
Nickel- und Kobalthartlote Nickel, Kobalt und ihre Legierungen, legierte Stähle
NI 108 (L-Ni8) 980 bis 1010
(DIN EN 1044)
CO 101 (−) 1120 bis 1150
PD 101 (−) 900 bis 950
PD
PD 102 (−) 875 bis 900
Palladiumhartlote
PD 201 (−) 1235 bis 1235 Typische Vakuumhartlote, Turbinen- und
(DIN EN 1044)
PD 203 (−) 1080 bis 1090 Reaktorbau,
AU AU 101 (−) 905 bis 910 Radio- und Elektronenröhren
Goldhartlote AU 102 (−) 930 bis 940
(DIN EN 1044) AU 104 (−) 995 bis 1020
3.10 Löten 221

flussmittelfreies Löten unter Luftabschluss (Schutz- Zum Handlöten (Kabellöten, Klempnerarbeiten) ist
gas, Vakuum) mit Loten, deren Liquidustemperatur dagegen eine bestimmte Teigigkeit des flüssigen Lo-
über 900 °C liegt. Die wichtigsten Lote sind Edel- tes zweckmäßig, die die Modellierfähigkeit verbes-
metalle, Nickel-Basis-Lote und andere. Die Festig- sert und damit das Weglaufen des flüssigen Lotes
keiten dieser Verbindungen erreichen oft die Festig- erschwert. In diesen Fällen werden Legierungen mit
keiten der zu verbindenden Grundwerkstoffe. einem deutlich größerem Erstarrungsbereich verwen-
det, wie z. B. das als Schmierlot oder auch als Wisch-
Weichlöten ist ein thermisches Füge- und Beschich- lot bezeichnete und in der Praxis noch häufiger ver-
tungsverfahren mit Loten, die nach der neuen RoHS wendete Lot S-Pb78Sn20Sb2 oder S-Pb60Sn40E
überwiegend auf Zinnbasis aufgebaut sind. In den (mit Schmelzbereichen zwischen 183 °C und 270 °C,
meisten Fällen werden Flussmittel verwendet. Das bzw. 183 °C und 238 °C). In Tabelle 3-18 sind die Ein-
Verfahren bietet dann Vorteile, wenn dichte und teilung der Lote, ihr Anwendungsbereich und einige
(oder) elektrisch leitende Verbindungen erforderlich für den Lötprozess wichtige löttechnische bzw. phy-
sind. Höhere Festigkeiten erfordern bestimmte kon- sikalische Eigenschaften zusammengestellt.
struktive Maßnahmen. Durch die niedrigen Arbeits-
temperaturen sind die Bauteilverzüge gering, die Er- Der geforderte Verzicht auf Blei [sowie Hg, Cd,
wärmungsvorgänge sind unkritisch, gut steuerbar Cr 6, polybromierte Biphenyle (PBB) als Flamm-
und mechanisierbar (nach DIN ISO 857-2). hemmer und Polybromierte Diphenylether (PBDE)]
in Elektronikprodukten ist in den EU-Richtlinien
Weichlote (DIN 1707-100, DIN EN ISO 9453, RL 2002/96/EG über Elektro- und Elektronik-Altge-
DIN EN 61190-1-3) räte (WEEE: Waste Electrical and Electronic Equip-
Das Verhalten und einige Eigenschaften der tech- ment) und der RL 2002/95/EG zur Beschränkung
nisch wichtigsten Weichlote auf der Basis Blei-Zinn der Verwendung gefährlicher Stoffe in Elektro- und
können der Fachliteratur und dem Zustandsschau- Elektronikgeräten enthalten. Die Umsetzung in na-
bild, Bild 3-141, entnommen werden. Schnellfließen- tionales Recht erfolgt zum 13. August 2004 in einer
de, dünnflüssige für die Elektroindustrie geeignete RoHS genannten Richtlinie: Directive on the Restric-
Lote sind eutektische oder naheutektische Legierun- tion of the Use of Certain Hazardous Substances in
gen. Wegen des bei ihnen fast fehlenden Erstarrungs- Electrical and Electronic Equipment. Sie bestimmt,
bereich bleibt die Schmelze bis zum Erstarren flüs- dass ab dem 1. Juli 2006 nur noch Geräte in den Ver-
sig und wird nicht durch primär ausgeschiedene kehr gebracht werden dürfen, die die RoHS-Anfor-
Kristalle »teigig«. Die Schmelztemperatur des eutek- derungen erfüllen. Diese Vorgaben bedeuten auch,
tischen Weichlotes S-Sn63Pb37P liegt bei 183 °C. dass dann nur noch bleifreie Lote verwendet wer-
Lotformteile für Massenlötungen müssen grundsätz- den dürfen. Der Einsatz bleifreier Lötlegierungen
lich aus eutektischen Legierungen bestehen. Bei Lo- hat vor allem eine höhere Löttemperatur (Umrüs-
ten mit größeren Erstarrungsintervallen kann nur ten der Lötanlagen ist erforderlich!) und einen bis
die sich zuerst bildende Schmelze in den Lötspalt ein- zu vierfach höheren Preis der überwiegend zinnhal-
dringen, die noch festen Kristalle (Kristallite) ma- tigen und damit wesentlich teureren Lote zur Folge.
chen ein Verschießen des Lotes unmöglich. Bleifreie Lötlegierungen sind in DIN EN ISO 9453
und DIN EN 61190-1-3 genormt, Tabelle 3-18.
°C S-Pb78Sn20Sb2
327
300
S Hartlote (DIN EN 1044, DIN EN ISO 3677)
Temperatur T

S-Sn63Pb37P
Nach DIN EN 1044 werden die Hartlote nach dem
sog. ersten Bezeichnungssystem in acht Gruppen
200 S+ a S+ b eingeteilt (Tabelle 3-18). Das Kurzzeichen für jeden
183 a
b
Lotzusatz besteht aus zwei Buchstaben für die Grup-
Eutektikum

100 pe. Es folgen drei Ziffern, die fortlaufend zugeord-


Eutektikum + a Eutektikum + b net sind und mit 101 beginnen. Einige Gruppen be-
stehen aus Untergruppen, bei denen die erste Unter-
0
Pb 20 40 60 80 % Sn gruppe mit 101 beginnt, die zweite mit 201 usw. Acht
Zinn Gruppen von Lotzusätzen sind zzt. genormt. In Klam-
Bild 3-141 mern sind die älteren, in der Praxis noch häufiger
Zustandsschaubild Blei-Zinn (Weichlote), s. Tabelle 3-18. verwendeten Bezeichnungen angegeben.
222 3 Fügen

Im Folgenden werden einige wichtige Hartlote nach Einige Vakuumhartlote, wie AG 401, PD 201,
DIN EN 1044 vorgestellt. AU 101 bis 106, werden mit geringeren Ver-
AL: Aluminiumbasislote unreinigungen benötigt. Nach DIN EN 1044
Da Aluminium nur mit sehr wenigen Ele- (Tabelle 1) werden Klasse 1 für die höchsten,
menten Legierungen bildet, existiert eine sehr Klasse 2 für die weniger hohen Ansprüche an
geringe Anzahl geeigneter Al-Hartlote. Das die Verunreinigungsgrenzwerte unterschie-
wichtigste Lot ist die sehr korrosionsbeständi- den. Lote, deren Verunreinigungswerte diesen
ge eutektische Legierung AL 104 (L-AlSi12). Bedingungen entsprechen, erhalten den zu-
Reinaluminium lässt sich gut hartlöten. Mg- sätzlichen Buchstaben V und dazu die Ziffer
und Si-Zusätze erschweren die Benetzbarkeit 1 oder 2, z. B. AU 101 V1.
und senken die Solidustemperatur bis in die
Nähe der Arbeitstemperatur der Lote. Die Vorteile der sehr teuren Vakuumhartlote (8 000
AG: Silberhaltige Hartlote bis 10 000 €/kg!) sind die im Vergleich mit anderen
Die Arbeitstemperaturen liegen zwischen Hartloten erzielbaren deutlich besseren mechani-
800 °C und 860 °C. Diese Lote werden u. a. schen Gütewerte. Die Verwendung von Flussmit-
für Stähle, Temperguss, Nickel, Kupfer und teln ist nicht erforderlich, daher ist der Füllgrad der
deren Legierungen verwendet. metallisch blank bleibenden Lötstellen sehr groß.
Lote mit > 20 % Massengehalt Ag sind die Die wichtigste Anforderung an diese Lote (und an
technisch wichtigsten Hartlote. Die cadmium- die zu lötenden Grundwerkstoffe) ist ein möglichst
haltigen Universalhartlote sind niedrigschmel- hoher Dampfdruck der beteiligten Elemente. Ein »Ver-
zend und erlauben ein werkstoff- und werk- dampfen« der Bestandteile (»Verderben« des Vaku-
stückschonendes Löten bei kurzen Lötzeiten. ums, Porenbildung, mangelhafte Benetzbarkeit des
Das niedrigstschmelzende Hartlot AG 302 Lots) muss während des Lötvorganges und bei der
(L-Ag40Cd), mit einer Arbeitstemperatur von Beanspruchung im Betrieb vermieden werden. Die
nur 610 °C, wird wegen seines geringen Erstar- notwendige Benetzung des flüssigen Lotes im Vaku-
rungsintervalls bevorzugt zum Handlöten, um erfordert extrem verunreinigungsfreie Werk-
aber auch zum Löten mit Lotformteilen auf stoffe. Die Lötflächen sind sorgfältigst zu reinigen
Lötanlagen eingesetzt. und nachzubehandeln (spülen und trocknen).
CP: Kupferbasislote mit Phosphorzusätzen
Die Arbeitstemperaturen liegen zwischen
845 °C und 1040 °C. Sie werden vorzugswei- 3.10.5 Konstruktive Gestaltung von
se zum Hartlöten von Eisen- und Nickelwerk- Lötverbindungen
stoffen sowie von Kupfer verwendet. Die
phosphorhaltigen Lote sind wegen der Bil- Ähnlich wie beim Schweißen wird die Qualität und
dung spröder Eisenphosphidschichten zum Funktionssicherheit einer Lötverbindung entschei-
Löten der Eisenwerkstoffe nicht geeignet (Ab- dend durch eine lötgerechte Konstruktion bestimmt.
schn. 3.10.1). Der Konstrukteur muss insbesondere sicherstellen,
NI: Nickelbasislote dass das Lot die Lötflächen möglichst vollständig
Diese auch korrosionsbeständigen Lote wer- benetzen und sich auf ihnen ausbreiten kann. Die
den zum Hochtemperaturlöten z. B. von Ei- Fertigung sollte wirtschaftlich möglich sein.
sen- und Nickelwerkstoffen im Kern- und Re-
aktorbau verwendet. Die hier gegebenen Hinweise erleichtern das Ver-
PD: Palladiumlote ständnis der in Abschn. 3.11 skizzierten Konstruk-
AU: Goldlote tionsbeispiele. Nachstehend werden die wichtigsten
Zum Löten im Vakuum bzw. bestimmter hoch- Grundregeln zusammengestellt.
reaktiver Werkstoffe, wie z. B. Titan, Zirko-
nium und Beryllium sind Sonderhartlote er- Wahl und Form der Spaltbreite
forderlich, die aus Edelmetallen (Ag, Au, Pd) Die Spaltbreite ist abhängig von dem angewende-
und Kupfer bestehen. Die Arbeitstemperatu- ten Lötverfahren (Bild 3-133) und der Art des Lotes.
ren dieser auch Vakuumhartlote genannter Die dünnflüssigen eutektischen Lote erfordern en-
Sonderlote liegen zwischen etwa 800 °C und ge Lötspalte. Da ihr kapillarer Fülldruck hoch ist,
1300 °C. können sie großflächige Lötfugen hervorragend aus-
3.11 Gestaltung von Lötverbindungen 223

füllen. Lote mit großem Erstarrungsintervall sind fen bei geschruppten Oberflächen (Rautiefen 25 μm
dickflüssiger, daher müssen die Spaltbreiten größer bis > 100 μm) müssen in Fließrichtung des Lotes an-
sein. Die Spaltbreite muss außerdem möglichst kon- geordnet sein. Andernfalls wird das Verschießen
stant bleiben. Eine Breitenzunahme in der Fließrich- des Lotes sehr behindert, die Füllung des Lötspal-
tung des Lotes führt zu einer starken Abnahme des tes bleibt unvollständig, und die Belastbarkeit der
kapillaren Fülldrucks pk, d. h., die weitere Ausbrei- Lötverbindung wird verringert.
tung des Lotes im Spalt ist unmöglich. Ein sich in
Fließrichtung verengender Spalt saugt dagegen das
Lot in den Spalt. Die Lage der Lotformteile bei Mas-
senlötungen ist daher in Abhängigkeit von der Fließ-
3.11 Gestaltung von
richtung des Lotes festzulegen, Bild 3-142. Plötzli- Lötverbindungen
che Querschnittsänderungen des Spaltes sind eben-
so nachteilig wie z. B. keil- oder trichterförmige 3.11.1 Allgemeines
Spalterweiterungen (Bild 3-156, 3-162). Der Lotver-
brauch ist groß und die Bildung von Schwindungs- Die konstruktive Gestaltung der Lötverbindungen
lunkern wahrscheinlich. Sind Anordnungen gemäß muss eine Reihe von löt- und fertigungstechnischen
Bild 3-142 konstruktiv oder fertigungstechnisch nicht Bedingungen sicherstellen, so dass
möglich, dann müssen geeignete Lotformteile vorge- – die für den ordnungsgemäßen Ablauf des Löt-
sehen werden (Bild 3-150, 3-151, 3-157). prozesses erforderlichen physikalischen und
chemischen Vorgänge (Benetzen, Ausbreiten
Die notwendigen Platzwechselvorgänge innerhalb des Lots) stattfinden können,
der Flussmittel-Lot-Kombination laufen um so un- – die wirtschaftliche Fertigung möglich ist,
vollständiger ab, je größer die Lötfläche und je län- – sich die auftretenden Kräfte sicher übertragen
ger die Lotflusswege sind. Die damit verbundenen lassen.
Probleme der Flussmitteleinschlüsse und einer nicht
ausreichenden Formfüllung der Lötfläche lassen Voraussetzungen hierfür sind die
sich konstruktiv durch Verkürzen der Lotflusswege – richtige Wahl der Lötspaltbreite und die
und (oder) mittels Abflussöffnungen für das Flussmit- – lötgerechte Gestaltung der Lötverbindung.
tel beheben. Diese Methode ist in den Bildern 3-134
und 3-148 dargestellt.
3.11.2 Gestaltungsregeln
Oberflächenfeingestalt der Lötstellen
Die (mittlere) Rautiefe Rz ist wesentlich für das Ver- Die Wahl der Lötspaltbreite ist abhängig von dem
mögen des Lotes, Oberflächen zu benetzen und sich – verwendeten Lot, der
auf ihnen auszubreiten. Die Rautiefen sollten nicht – Art der Lotzufuhr bzw. der Fertigung, dem
größer als 80 μm bis 100 μm sein, optimal im Be- – verwendeten Schutzmedium und der
reich zwischen 1,6 μm und 25 μm liegen. Die Rie- – Spaltbreitenänderung bei Erwärmung.
Lotdraht
Die Form der Lötstelle soll gewährleisten, dass
– der Lötspalt möglichst gleichmäßig die gesamte
Lötfläche umschließt,
– ein Unterbrechen des Lötspalts vermieden wird,
– das Flussmittel entweichen kann,
– keine Spannungskonzentration auftritt.

a) b) c) Großflächige Lötstellen sollen möglichst vermieden


Bild 3-142 werden, weil die erreichbaren Lotflusslängen rela-
Spaltquerschnitte, die sich in Fließrichtung des Lots tiv gering sind. Beim Löten unterschiedlicher Werk-
a) erweitern: sehr ungünstig (Lotfluss bleibt im Spalt »ste-
stoffe sind die unterschiedlichen Wärmeausdeh-
cken«)
b) nicht verändern, d. h. die gleich breit sind: günstig nungskoeffizienten und die erheblich schlechteren
c) verengen: sehr günstig, das Lot verschießt bei einem ein- Korrosionseigenschaften (Werkstoffe bilden ein sehr
gelegten Lotdraht in beide Richtungen (nach Degussa) wirksames galvanisches Element!) zu beachten.
224 3 Fügen

3.11.3 Gestaltung von Blechverbindungen Gestaltung


unzweckmäßig zweckmäßig
Bild 3-143 Überlapp- bzw. Laschen-
Eine keil- oder trichterförmige Ausbildung des Löt- verbindung nach Bild 3-144
noch besser und Stand der
spaltes sollte vermieden werden, da sie eine Vermin- Technik
derung der Festigkeit, Erhöhung des Lotverbrauchs
(teuer, d. h. unwirtschaftlich) und Bildung von Fehl-
stellen (Lunker) zur Folge hat. Bild 3-143

Bild 3-144
Bei Stumpflötungen wird die Festigkeit des Grund-
werkstoffs nicht ausgenutzt (Lotfestigkeit geringer
als Werkstofffestigkeit). Überlapp- und Laschenver-
bindungen ermöglichen eine größere Lötfläche. Bild 3-144

Bild 3-145
Eckverbindungen sollten stets überlappt ausgeführt
werden. Mit dieser Maßnahme lässt sich die Lötflä-
che auf die für die zu übertragende Kraft erforderli-
che Größe erhöhen. Bild 3-145

Bild 3-146
Bei Dünnblechbehältern neigt die Querüberlappung
zum Abheben. Bei der Falznaht ist die Lötverbin-
dung teilweise mechanisch entlastet und übernimmt
vorwiegend Dichtfunktionen (teuer). Bild 3-146

3.11.4 Gestaltung von


Rundverbindungen

Bild 3-147
Beim Verbinden eines Bolzens mit einer Platte ist
die Stumpflötung zu vermeiden. Steckverbindungen
verringern die Beanspruchung und sind wegen der
größeren Nahtfläche höher beanspruchbar. Bild 3-147

Flussmittel-
einschlüsse

Bild 3-148
Beim Einlöten von Bolzen in Grundlöcher muss für
eine Entlüftung gesorgt werden, damit das Flussmit- Flussmittel Flussmittel
tel entweichen kann. Anderenfalls sind Flussmittel- eingeschlossen kann ablaufen

einschlüsse die Folge. Bild 3-148


3.11 Gestaltung von Lötverbindungen 225

Gestaltung
unzweckmäßig zweckmäßig
Bild 3-149
Eine einwandfreie Lötverbindung zwischen einer
Buchse und einem Bolzen kann durch einen Absatz
in der Buchse (a) bzw. im Bolzen (b) sichergestellt
werden. In den Absatz wird das Lötdepot in Form
eines Lotringes eingelegt. Der Fließweg des Lotes a)

wird so wirksam verkleinert und der vorgegebene


Fließweg über die gesamte Länge sicher ausgefüllt.
Siehe hierzu auch Bild 3-154.

b)
Bild 3-149
Bild 3-150
Die Lötfugen müssen so gestaltet sein, dass das Lot
gut einfließen und sich möglichst ungehindert aus-
breiten kann, d. h. es ist eine ausreichende Spaltbrei-
te b erforderlich, Bild 3-133. Erweiterungen im Lot-
spalt würden die Kapillarwirkung entscheidend ver-
mindern, und das Lot bliebe im Lötspalt »stecken«
(Bild 3-142). Bild 3-150
L L

Bild 3-151
Ein Lotdepot L soll so eingelegt werden, dass mög-
lichst kurze Wege für den Lotfluss im parallelen
Spalt gewährleistet sind. Dadurch wird das Ausfül-
len (auch längerer Fließwege!) des Lotspaltes sehr
erleichtert, s. a. Bild 3-154. Bild 3-151

Bild 3-152
Verengungen im Lötspalt beeinträchtigen den Durch-
fluss des mit Oxiden angereicherten Flussmittels.
In Spalten und in Rundungen muss die Spaltbreite
äquidistant bleiben. Bild 3-152

Bild 3-153
Ein allmählicher Übergang der Nabe zur Welle –
besonders wichtig bei dynamisch beanspruchten
Verbindungen – erzeugt eine geringere Kerbwir-
kung. Bild 3-153
Lot
Lot füllt Spalt
nicht
vollständig aus
Lot
Bild 3-154
Durch zweckmäßige Anordnung des Lotes kann der
Fließweg verkleinert und die Lagesicherung des Lo-
tes besser gewährleistet werden. Bild 3-154
226 3 Fügen

3.11.5 Gestaltung von Gestaltung


Rohrverbindungen unzweckmäßig zweckmäßig

Bild 3-155
Rohre mit Wanddicken von 1 mm und darüber las-
sen sich stumpf aneinander löten (genaues Ausrich-
ten ist aber erforderlich, daher zeitaufwendig und
teuer!). Muffen- und Steckverbindungen bieten aus-
reichend große Lötflächen. Sie sind daher die zweck-
mäßigeren Konstruktionsformen.

Lotformteil (Ring
mit rechteckigem
Querschnitt)

Bild 3-155

Schwindungs-
lunker
Bild 3-156
Beim Ineinanderlöten ist darauf zu achten, dass das
aufnehmende Rohrende möglichst zylindrisch auf-
geweitet ist und sich somit äquidistant verlaufende
Lötspalte ergeben. Kontinuierliche Erweiterungen,
wie sie zum Vereinfachen der Herstellung oder Mon-
tage häufiger angewendet werden, verbrauchen viel
Lot, sind damit unwirtschaftlich und haben schädli-
che Schwindungslunker zur Folge, d. h., sie füllen
den vorgegebenen Lötspalt nicht vollständig aus. Bild 3-156
3.11 Gestaltung von Lötverbindungen 227

Gestaltung
unzweckmäßig zweckmäßig
Bild 3-157
Der Lötspalt darf nicht unterbrochen werden, da das
Lot die Aufweitung des Spalts nicht überbrücken
kann (unzureichende Kapillarwirkung, das Lot kann
nicht mehr »verschießen«).

Bild 3-157

Bild 3-158
Lotanhäufungen vermeiden (Lot ist gewöhnlich re-
lativ teuer, hat eine deutlich geringere Festigkeit als
der Grundwerkstoff, und es besteht die Gefahr der
Lunkerbildung). Das Einarbeiten bzw. Anpassen
des Rohres ergibt eine einwandfreie Verbindung. Bild 3-158

Bild 3-159
Zum Anlöten von Flanschen an Rohre ist ein Ab-
satz zwischen Flansch und Rohr zur Lotaufnahme
zweckmäßig. Ohne Absatz besteht die Gefahr, dass
sich das Lot großflächig über die Oberfläche vertei-
len würde, ohne dass es zu der gewünschten Bin-
dung zwischen Rohr und Flansch kommt. Außer-
dem wird der vorgegebene Lötspalt nicht vollstän-
dig ausgefüllt. Bild 3-159

Bild 3-160
Der Lotring muss so eingelegt werden, dass das Lot
durch Kapillarwirkung in den Lötspalt gesaugt wer-
den kann. Bild 3-160
228 3 Fügen

3.11.6 Gestaltung von Gestaltung


Bodenverbindungen unzweckmäßig zweckmäßig

Bild 3-161
Stumpflötungen von Böden sind zu vermeiden.
Zweckmäßig ist ein Absatz innen oder außen zwi-
schen Boden und Rohr zur Lotaufnahme. Mit die-
ser Maßnahme wird die Lötfläche beträchtlich ver-
größert.

Bild 3-161

Bild 3-162
Keinen keilförmigen Spalt vorsehen. Die zu fügen-
den Teile müssen zylindrisch sein, damit sich äqui-
distante Lötspalte ergeben. Eine andere zweckmä-
ßige konstruktive Maßnahme besteht darin, das Lot
in Richtung eines sich verengenden Spaltes fließen
zu lassen, siehe auch Bild 3-142. Bild 3-162

Bild 3-163
Blindflansche nicht stumpf verbinden, sondern mit
Führungszapfen anlöten. Bild 3-163
3.12 Kleben 229

3.12 Kleben häsion zusammengefasst und jene Kräfte, die zwi-


schen den einzelnen Klebstoffmolekülen wirken als
Das Verbinden von Fügeteilen wird beim Kleben Kohäsion definiert, Bild 3-165.
durch eine dünne Klebstoffschicht erreicht. Die Fes-
tigkeit der geklebten Verbindung hängt von der Ei- Fügeteil 1 Fremdstoffe auf Fügeteil
(z. B. Verunreinigungen,
genfestigkeit (Kohäsion) und den Verformungsei- Fette, Öle usw.)
genschaften des Klebstoffs sowie von den Binde-
kräften zwischen Klebstoffschicht und der Füge- kristalline
teiloberfläche (Adhäsion) ab. Diese Grenzschichten Struktur
Klebstoff
sind von besonderer Bedeutung, Bild 3-164.
Fügeteil 1

Grenzschicht 1 Fügeteil 2

Klebstoffschicht keine Benetzung durch


zu enge Vertiefungen

Bild 3-165
Grenzschicht 2
Adhäsionskräfte ( ) und Kohäsionskräfte ( ) im Klebspalt
(nach Fa. DELO Industrie Klebstoffe).
Fügeteil 2

Bild 3-164 Die Adhäsion kann nur wirksam werden, wenn der
Aufbau einer Klebverbindung. Klebstoff die Fügeteile vollständig benetzt. Deshalb
müssen die Oberflächen vor dem Kleberauftrag ge-
Weitere Einflussgrößen sind die Eigenschaften der reinigt werden, damit Verunreinigungen oder Trenn-
Fügeteilwerkstoffe und die Abmessungen. Die Wirk- mittel, Lötstopplacke, Silikone oder Fettreste die
samkeit der Bindekräfte in der Grenzschicht kann Benetzung durch den Klebstoff nicht behindern. Da
durch Vorbehandlung der Klebflächen beeinflusst sämtliche adhäsiven Kräfte in einem Abstand zwi-
werden (s. VDI-Richtlinie 2229). schen 0,1 und 1 nm wirken, können geeignete Vor-
behandlungen der Oberflächen eine wesentliche Fes-
Die Festigkeit der Klebstoffe ist im Vergleich zu den tigkeitssteigerung von Klebverbindungen bewirken.
Metallen verhältnismäßig gering. Damit die Trag- Im Gegensatz zu diesen in den Grenzschichten wir-
fähigkeit einer Metallklebung und die der geklebten kenden chemischen Wechselwirkungen spielt die
Werkstoffe annähernd gleich sind, müssen genü- mechanisch Verklammerung in Hinterschneidungen
gend große Klebflächen vorgesehen werden. nur bei sehr porösen Werkstoffen eine Rolle, wie z.
B. bei Holz oder offenporigen Schäumen.
Die Konstruktion der Klebfuge sollte so ausgebil-
det werden, dass die zu übertragenden Kräfte mög- Unter dem Begriff Kohäsion fasst man die Kräfte
lichst in Richtung der Klebebene angreifen, also als zusammen, die den Zusammenhalt des Klebstoffs
Scherkräfte. Für die Aufnahme von Biege- und Schäl- bestimmen. Das gilt zum einen für die Zähigkeit ei-
kräften sind Klebungen weniger geeignet. nes unausgehärteten Klebstoffs bei der Verarbei-
tung und zum anderen auch für seine Festigkeit nach
Eine Übersicht über die in der Klebstoff verarbei- der Aushärtung. Bei der Kohäsion spielen sowohl
tenden Industrie verwendeten Begriffe enthält die chemische Bindungen im Molekül, als auch physika-
DIN EN 923. lische (Van-der-Waals-Kräfte) eine Rolle. Außer-
dem führt die Verknäulung fadenförmiger Molekü-
le oder faseriger Stoffbestandteile zu einem Form-
3.12.1 Wirkprinzip des Klebens schluss.

Die Kraftübertragung in einer Klebverbindung er- Die Oberflächenspannung von Fügeteilen und
gibt sich aus dem Zusammenspiel von Adhäsions- Klebstoffen spielt eine wichtige Rolle bei der Beur-
und Kohäsionskräften. Dabei werden die Kräfte zwi- teilung der Klebfähigkeit. Sie wird als die Span-
schen den Klebstoff- und Fügeteilmolekülen als Ad- nung definiert, die die Oberfläche eines Stoffes bei
230 3 Fügen

gegebenem Volumen zu verkleinern sucht, also die Benetzungsgrundsatz: Die Oberflächenspannung


Kugelform anstrebt. Sie tritt am auffälligsten an der des Klebstoffs muss kleiner als die Oberflächenen-
Oberfläche von Flüssigkeiten auf, da diese der Ober- ergie des Fügeteils sein. Tabelle 3-19 zeigt Beispie-
flächenspannung nachgeben können. Der Zusammen- le für die Oberflächenenergien verschiedener Werk-
hang zwischen Oberflächenspannung, Oberflächen- stoffe. Zum Vergleich sei aufgeführt, dass der Wert
energie und Benetzungswinkel ergibt sich aus der für destilliertes Wasser bei 73 mN/m und für einen
Youngschen Gleichung: typischen Klebstoff bei ca. 35 mN/m liegt.
sFG g KF  sKG ◊ cos a.
Ein kleiner Benetzungswinkel a ist also das Maß
Das ist in Bild 3-166 dargestellt. für die gute Benetzungsfähigkeit eines Klebstoffs
auf einem festen Fügeteil, ein großer Winkel a wird
ein schlechtes Klebergebnis zur Folge haben, Bild
3-167.

Bild 3-166
Einfluss der Oberflächenspannungsverhältnisse auf den Be-
netzungswinkel a.

In der Praxis lässt sich die Oberflächenspannung


eines Werkstoffs als Schnelltest mit Prüftinten ermit-
teln. Diese weisen jeweils eine definierte Oberflä-
chenspannung auf und werden einzeln auf den Prüf-
ling aufgetragen. Nach etwa 2 Sekunden sieht man,
ob die Prüftinte verläuft oder sich zusammenzieht. Bild 3-167
Als Oberflächenspannung gilt näherungsweise der Benetzungswinkel a als Kennzeichen der Klebfähigkeit.
Wert der Prüftinte, die sich auf der Oberfläche gera-
de noch nicht zusammenzieht. Wenn der Klebstoff auf dem Substrat kein gutes Be-
netzungsverhalten zeigt, könnte eine Verunreinigung
Tab. 3-19. Oberflächenenergie einiger Werkstoffe (nach Fa. vorliegen. Falls auch nach einer Reinigung mit einem
DELO Industrie Klebstoffe). rückstandsfrei ablüftenden Reiniger keine Verbesse-
Oberflächenenergie in mN/m rung der Oberflächenspannung eintritt, sollte eine ge-
eignete Vorbehandlung der Oberflächen durchge-
Teflon PP PE PS PMMA PVC Epoxid PA führt werden.
19 29 31 34 33 - 44 40 47 49 - 57

3.12.2 Vorbehandlung zur Steigerung


Silber Gold Kupfer Titan Eisen
der Klebfestigkeit
1250 1550 1850 2050 2550
Die Oberflächenbehandlung der Fügeflächen ist
Die Benetzung des Fügeteils durch den Klebstoff maßgebend für die Festigkeit und vor allem für die
ist also eine wichtige Voraussetzung für die Ausbil- Beständigkeit der Klebung gegen schädliche Umwelt-
dung hoher Bindungskräfte. Beim Kleben gilt der einflüsse (speziell das Einwirken von Feuchtigkeit).
3.12 Kleben 231

Die Haftfähigkeit der Klebflächen lässt sich gegen- den gesetzlichen Vorschriften erst nach durchgeführ-
über dem alleinigen Entfetten in fast allen Fällen ter Reduktion, Neutralisation und Abtrennung des
durch nachfolgende mechanische oder chemische Chroms (im Falle der Pickling-Beize) in Abwasser-
Behandlungen verbessern. Dadurch erreicht man leitungen oder Gewässer abgelassen werden.
nicht nur erhöhte Festigkeitswerte mit geringerer
Streuung, sondern auch fast immer eine Erhöhung Als Nachbehandlung müssen die Fügeteile nach
der Alterungsbeständigkeit der Klebung. jedem chemischen Behandlungsschritt der Nassver-
fahren mit voll entsalztem Wasser gespült und ge-
Zur mechanischen Behandlung eignen sich ausrei- trocknet werden. Auf diese Trocknung (z. B. mit er-
chend harte Bürsten, das Schmirgeln oder Schlei- wärmter Luft) kann nur verzichtet werden, wenn
fen (ohne Schmiermittel) und das Strahlen mit fett- der einen Nassbehandlung unmittelbar eine weitere
freiem Strahlmittel und fettfreier Druckluft. Für folgt. Die Art der Nassbehandlung ist für die Güte
Schleif- und Strahlmittel werden nach DIN ISO 525 der Klebung von wesentlichem Einfluss. Durch un-
Korngrößen von 100 bis 150 empfohlen. Nach dem sachgemäßes oder unvollständiges Nachbehandeln
mechanischen Behandeln sind Staubreste sorgfäl- kann die Wirksamkeit chemischer Oberflächenbe-
tig zu entfernen. handlungsverfahren wieder aufgehoben oder sogar
ins Gegenteil verkehrt werden.
Chemische Oberflächen-Vorbehandlungsverfahren
eignen sich im Wesentlichen für Aluminium- und Spülen mit Wasser dient dazu, Chemikalienreste zu
Titanlegierungen. Hier erbringen sie (gegenüber me- entfernen. Das Nachspülen mit vollentsalztem oder
chanischer Behandlung) vorzugsweise verbesserte destilliertem Wasser verhindert, dass sich Salze auf
Beständigkeit der Klebungen. Beim Beizen unter er- der Klebfläche ablagern können. Die einzelnen Spül-
höhter Temperatur (z. B. Pickling, Chemoxal) verduns- vorgänge beeinflussen die Oberflächen bezüglich
tet Wasser. Daher muss über einen Niveauregler die der Wirksamkeit des Haftgrundes sehr unterschied-
verdunstete Wassermenge fortlaufend ergänzt wer- lich.
den. Die Zusammensetzung der Beizlösungen än-
dert sich durch reaktive Vorgänge an den Metallober- Zum Trocknen unmittelbar nach dem Spülen wird
flächen und ist insbesondere bei längerem Gebrauch oft ein Warmluftofen mit Luftumwälzung benutzt.
der Bäder zu kontrollieren und zu regulieren (Arbeits- Hierbei ist auf Sauberkeit und Staubfreiheit zu ach-
anwendungen der Beizmittelhersteller beachten). ten. Bei Aluminiumfügeteilen soll die Temperatur
im Ofen nicht über 65 ’C betragen. Die Teile müs-
Hinweise über die Vorschriften des Umweltschutzes sen vollständig trocken sein, wenn der Klebstoff auf-
geben die Gewerbeaufsichtsämter. Verbrauchte Beiz- getragen wird. Anderenfalls kommt es zu beträcht-
lösungen und das Spülwasser dürfen entsprechend lichen Festigkeitseinbußen der Klebverbindung.

Tabelle 3-20. Beanspruchbarkeit von Klebverbindungen (nach Brockmann).

Beanspruchung Eigenschaften, Anwendbarkeit

Niedrig

Zugscherfestigkeit bis 5 N/mm2


Umgebung Klima in geschlossenen Räumen, kein Kontakt mit Wasser
Einsatzgebiete Feinmechanik, Elektrotechnik, Modellbau, Schmuckindustrie, Möbelbau, einfache Reparaturen

Mittel

Zugscherfestigkeit bis 10 N/mm2


Umgebung gemäßigtes Klima, Öl, Treibstoffe
Einsatzgebiete Maschinenbau, Fahrzeugbau, Reparatur

Hoch

Zugscherfestigkeit über 10 N/mm2


Umgebung beliebiges Klima, direkte Berührung mit wässrigen Lösungen, Ölen, Treibstoffen, Lösungsmitteln
(Beständigkeit der Klebstoffe beachten)
Einsatzgebiete Fahrzeugbau, Schiffbau, Behälterbau
232 3 Fügen

Art und Umfang der jeweils notwendigen Vorbe- schutzmittel). Dadurch wird die Benetzung durch
handlung der Klebflächen hängen auch von den ge- den Klebstoff beeinträchtigt, was eine ungenügende
forderten Beanspruchungen ab. Als Beispiel für die Adhäsion zur Folge hat.
mechanische Beanspruchbarkeit wird hier die Zug-
scherfestigkeit nach DIN 54455 gewählt, Tabelle 3-20. Das Entfetten kann mit organischen Lösungsmit-
teln im Lösungsmitteldampfbad, im Tauchbad oder
Bei der Berechnung von Klebverbindungen sind die behelfsmäßig durch Abspülen vorgenommen wer-
Scherfestigkeit t kl und Rp0,2 grundsätzlich nur für den. Ein Lösungsmitteldampfbad besteht aus einem
den Fall einer statischen und rein mechanischen Be- Behälter (z. B. aus verzinktem Eisenblech), auf des-
anspruchung gültig. Liegt dagegen eine Dauerbean- sen Boden eine Heizung angebracht ist oder der von
spruchung vor und kommen weitere die Festigkeit außen beheizt wird. Dieser Behälter soll möglichst
mindernde Einflüsse hinzu, müssen entsprechend schmal gebaut und mit einem Deckel abgeschlos-
reduzierte Werte eingesetzt werden. Durch die Defor- sen sein. Im Behälter wird Lösungsmittel beim Be-
mationsmechanik treten an den Überlappungsen- heizen verdampft, Tabelle 3-21, und unterhalb des
den erhebliche Spannungsspitzen auf, Bild 3-168. Behälterrandes in einer Kühlzone kondensiert.
tmax
Tabelle 3-21. Siedepunkt von Lösungsmitteln für Reinigungs-
zwecke.
tm
Lösungsmittel Siedepunkt in °C
d

Aceton + 56
Methylenchlorid + 42
Perchlorethylen + 121
F F
b Trichlorethylen + 87
1.1.1-Trichlorethan + 74


Die zu entfettenden Teile werden in die Entfettungs-
Bild 3-168 zone eingebracht. Der an ihnen kondensierende
Verlauf der Scherspannungen bei Belastung einer einfach Dampf tropft als Kondensat mit dem gelösten Fett
überlappten Klebverbindung. in den Lösungsmittelsumpf zurück. Die Lösungsmit-
tel sind im Dampfzustand fettfrei, so dass eine gu-
Diese müssen bei den Berechnungen durch einen te Entfettung erzielt wird. Der Entfettungsvorgang
Sicherheitsfaktor 2 bis 3 berücksichtigt werden. Als ist beendet, wenn die zu entfettenden Teile die Tem-
praktische Maßnahme gegen das Ablösen der Fü- peratur des Dampfes erreicht haben.
geteilenden können sog. Schälsicherungen vorgese-
hen werden, z. B. Nieten, Umfalten oder Vergrö- Die Entfettung kann auch im Lösungsmitteltauch-
ßern der Steifigkeit durch aufgeklebte Laschen. bad durchgeführt werden, dessen Wirksamkeit sich
durch zusätzliches Einwirken von Ultraschall we-
sentlich steigern lässt. Hierbei ist zu beachten, dass
3.12.3 Vorbereitung der Klebung sich der Badinhalt mit Fett anreichert, so dass die
Teile beim Herausnehmen nicht völlig fettfrei sind.
Klebungen sollten in staubfreien, gut belüfteten Räu- Der Badinhalt muss daher kontrolliert und öfter er-
men mit einer Raumtemperatur zwischen 18 ’C und neuert werden. Erhöhte Sicherheit beim Tauchbad-
25 ’C ausgeführt werden. Die relative Luftfeuch- entfetten bietet ein zusätzliches kurzes Abspülen
tigkeit sollte i. Allg. nicht mehr als 65 % betra- der Fügeflächen mit reinem Lösungsmittel nach der
gen. Entnahme aus dem Bad.

Das Reinigen und Entfetten muss grundsätzlich für Zum Entfetten mit wässrigen Reinigungsmitteln
alle Klebflächen vorgesehen werden. Nur bei Plas- werden alkalische, neutrale oder saure Lösungen (z.
tisolklebstoffen kann mitunter auf das Entfetten ver- B. Grisiron oder P3) verwendet. Entfettet wird bei
zichtet werden. Auch blank erscheinende Metall- höheren Temperaturen oder in einem Elektrolyse-
oberflächen sind meist nicht frei von Öl oder Fett bad (je nach den Verfahrensvorschriften der Liefer-
(Schmiermittel von der Bearbeitung, Korrosions- firmen).
3.12 Kleben 233

Alkalische Entfettungsmittel sind zum Entfernen können bei richtiger Auswahl mit allen Reaktions-
von Walzölresten auf Blechen besser geeignet als klebstoffen verklebt werden.
organische Lösungsmittel. Nach dem Entfetten müs-
sen die Fügeteile mit vollentsalztem oder destillier- Duroplaste sind räumlich eng vernetzte Makromo-
tem Wasser gespült und sofort getrocknet werden. leküle, die nach dem irreversiblen Aushärteprozess
in einem starren bis spröden Zustand vorliegen. Sie
Nach der Vorbehandlung darf man die Klebflächen verändern sich kaum mit steigender Temperatur, ihr
nicht mehr mit bloßen Händen berühren. Außerdem nutzbarer Bereich endet beim Beginn des Zersetzungs-
muss darauf geachtet werden, dass sich auf der be- bereichs, Bild 3-170a).
handelten Oberfläche vor dem Klebstoffauftrag kein
Staub oder Öldampf ablagern kann. Eine Möglich- Das Polymersystem ist temperaturstandfest, nicht
keit dazu besteht darin, die frisch behandelten Ober- schmelz- und schweißbar, unlöslich sowie nur schwach
flächen durch Primer zu schützen. quellbar.
Amorpher Thermoplast
3.12.4 Eigenschaften polymerer

Glasübergangsbereich
Werkstoffe
Schubmodul G

Fließbereich
Ausgehärtete Klebstoffe und viele der zu verkleben-
den Materialien gehören zur Gruppe der hochpolyme-
ren Werkstoffe. Diese werden synthetisch aus dem
Rohstoff Erdöl hergestellt. Die Einteilung der poly- Konstruktiv nutzbarer
meren Werkstoffe in Thermoplaste, Duroplaste und Bereich
Elastomere basiert auf dem strukturellen Aufbau
der Moleküle. Dieser bestimmt das Verhalten der
Kunststoffe in Abhängigkeit von der Temperatur.

Thermoplaste sind aus unvernetzten linearen oder


verzweigten Kettenmolekülen aufgebaut, die bei Er- TG
wärmung bis zur Fließfähigkeit erweichen und beim a) Temperatur T
Abkühlen wieder verfestigen. Diese reversiblen Zu-
standsänderungen werden ohne chemische Reakti- Teilkristalliner Thermoplast
onen durchlaufen. Das Polymersystem ist schmelz-
bar, schweißbar, quellbar und löslich. Je nach Ket-
Schmelzbereich

tenaufbau können diese Kunststoffe in amorphem


Schubmodul G

oder teilkristallinem Zustand vorliegen. Bei erste-


rem wird der nutzbare Bereich durch den Glasüber-
gangsbereich begrenzt, bei dem zweiten durch den
Glasübergangsbereich

Kristallit-Schmelzbereich, Bild 3-169.


Konstruktiv nutzbarer
Als Werkstoffbeispiele aus der Gruppe der Ther- Bereich
moplaste können aufgeführt werden:
– Polyamid für Gehäuse, Lager, Schrauben, Zahn-
räder;
– Polycarbonat für Displays, Gehäuse, CDs;
– Polyethylen für Schläuche, Folien, Behälter; TG Tm
– PMMA für Schutzglas und Dachverglasung; Temperatur T
– Polystyrol für Telefongehäuse, Dämmplatten und b)

Rückleuchten.
Bild 3-169
Zustandsschaubilder typischer Thermoplaste.
Beispiele für thermoplastische Klebstoffe sind die a) amorpher Thermoplast
Schmelzklebstoffe (Hotmelts). Thermoplaste selbst b) teilkristalliner Thermoplast
234 3 Fügen

Als Werkstoffbeispiele aus der Gruppe der Duro- gen gummi-elastischen Verformbarkeit, da sich die
plaste können aufgeführt werden: verknäulten Molekülketten zwischen den Vernet-
– Polyester für Bootskörper; zungspunkten relativ weit dehnen können. Beim
– Polyurethan für Skistiefel und Schuhsohlen. Nachlassen der äußeren Kräfte nimmt das System
wieder die ursprüngliche Lage ein. Das Polymersys-
Beispiele für duromere Klebstoffe sind: tem ist nicht schmelzbar, unlöslich, aber durch die
– Epoxidklebstoffe; weitmaschige Vernetzung quellbar.
– Polyurethanklebstoffe;
– Acrylatklebstoffe. Als Werkstoffbeispiele aus der Gruppe der Elastome-
re können aufgeführt werden:
Duroplaste können ebenfalls mit allen Reaktions- – Butadien-Kautschuk für Fahrzeugreifen;
klebstoffen verklebt werden, wobei die Auswahl an- – Silikone für Dichtungen aller Art.
wendungsspezifisch erfolgen muss.
Beispiele für elastomere Klebstoffe sind:
Elastomere sind weitmaschig vernetzte Makromo- – Silikone;
leküle, die bis zum Zersetzungsbereich nicht flüs- – Acrylate.
sig werden, Bild 3-170 b. Eine typische Eigenschaft
besteht in der z. T. von der Temperatur unabhängi- Elastomere werden vorzugsweise mit Silikonen, Cy-
Duroplast anacrylaten und Epoxidharzen verklebt.

Thermoplastische Elastomere nehmen eine Zwi-


schenstellung ein. Sie sind meist löslich und zeigen
Schubmodul G

ein mechanisches Verhalten wie die Elastomere.


Konstruktiv nutzbarer Bereich Zersetzungsbereich Oberhalb des nutzbaren Temperaturbereiches ha-
ben sie wie die Thermoplaste einen Fließbereich,
sind also wiederholt verarbeitbar, Bild 3-170c).
a) Temperatur T
Elastomer
3.12.5 Klebstoffarten
Zersetzungsbereich
Glasübergangsbereich
Schubmodul G

Für das konstruktive Kleben von Metallen unter-


Konstruktiv nutzbarer Bereich
einander und mit anderen Werkstoffen können unter-
schiedliche Klebsysteme verwendet werden. Die Aus-
wahl von Klebstoffen sollte nach anwendungstech-
nischen Kriterien vorgenommen werden, wie z. B.
– Auftragverfahren,
Temperatur T – Abbindebedingungen,
b)
Thermoplastisches Elastomer – Anforderungen an die Klebung.

Das folgende System der Klebstoffeinteilung nach


dem Abbindemechanismus entspricht inhaltlich der
Glasübergangsbereich
Schubmodul G

Fließbereich

Konstruktiv nutzbarer Bereich VDI-Richtlinie 2229 hinsichtlich der Klebstoffaus-


wahl unter konstruktiven, verfahrens- und klebtech-
nischen Gesichtspunkten.

3.12.5.1 Physikalisch abbindende Klebstoffe


c) Temperatur T Bei diesen Klebstoffen ist die Entstehung der Kleb-
schicht, das Abbinden, im Wesentlichen auf physi-
Bild 3-170
Zustandsschaubilder weiterer polymerer Werkstoffe.
kalische Prozesse zurückzuführen, wie z. B.
a) Duroplast – Ablüften von Lösungsmitteln vor dem Fügen,
b) Elastomer – Erstarren einer Schmelze oder
c) thermoplastisches Elastomer – Gelierung eines zweiphasigen Systems.
3.12 Kleben 235

Die Klebstoffschichten sind thermoplastisch und In den meisten Fällen handelt es sich bei diesen
haben somit eine stärkere Kriechneigung unter Be- Klebstoffen um flüssige bis pastenförmige oder film-
lastung als chemisch vernetzte Systeme. Mit physi- förmige lösungsmittelfreie Systeme. Die chemische
kalisch abbindenden Klebstoffen werden zumeist Reaktion wird durch einen Härter oder Katalysator
gut verformbare Klebfugen mit mittlerer Scherfes- ausgelöst, kann aber auch durch Einwirken erhöhter
tigkeit erreicht. Ein Zusatz von reaktiven Substan- Temperaturen, von Luftfeuchtigkeit oder durch Ent-
zen zur Verstärkung der Haftvermittlung bedeutet zug von Sauerstoff herbeigeführt werden.
noch nicht, dass solche Systeme zu den chemisch
reagierenden Klebstoffen gezählt werden. Polymerisationsklebstoffe sind als Ein- oder Zwei-
komponentensysteme verfügbar. In jedem Fall wird
Physikalisch abbindende Klebstoffe besitzen im Ver- die Polymerisation katalytisch ausgelöst. Zweikom-
gleich zu den Reaktionsklebstoffen i. Allg. nur eine ponenten-Klebstoffe basieren auf Polymethylenacry-
geringe Wärme- und Lösungsmittelbeständigkeit. laten, ungesättigten Polyestern oder anderen Vinyl-
verbindungen.
Kontaktklebstoffe basieren auf gelösten Kautschu-
ken, die durch Harze und Füllstoffe modifiziert sind. Die Geschwindigkeit der Reaktion kann durch die
Man trägt sie beidseitig auf die Fügeteiloberflächen Menge des zugesetzten Katalysators oder durch
auf. Nach dem Ablüften der Lösungsmittel werden Temperaturführung gesteuert werden. Neben den
die Fügeteile unter kurzem, starkem Druckzusam- vor dem Auftrag zu mischenden Systemen gibt es
mengefügt und erreichen sofort eine relativ hohe An- solche, bei denen Komponente A auf eine Seite des
fangsfestigkeit. Fügeteils und Komponente B auf die andere Seite
aufgetragen werden müssen (Nomix-Verfahren).
Schmelzklebstoffe trägt man in geschmolzenem Das Abbinden bei diesen Systemen setzt erst nach
Zustand auf. Die Mehrzahl der Produkte wird zwi- dem Zusammenfügen der Teile ein. Dieses Verfah-
schen 150 ’C und 190 ’C verarbeitet. Unmittelbar ren wird u. a. zum Aufkleben von Dehnungsmess-
nach dem Auftrag müssen die zu verklebenden Teile streifen (DMS) auf zu prüfende Bauteile einge-
vor dem Erstarren des Klebstoffs zusammengefügt setzt.
werden. Die Klebwirkung wird erreicht durch die
große Kohäsion unterhalb des Erweichungspunktes Bei den Einkomponenten-Polymerisationsklebstof-
und die Adhäsion auf unterschiedlichen Substra- fen auf der Basis von Cyanacrylaten wird die Re-
ten. aktion durch die auf den Fügeteiloberflächen vor-
handenen polaren Substanzen ausgelöst (Feuchtig-
Klebplastisole sind lösungsmittelfreie Klebstoffe, keit). Klebstoffe, die durch Luft stabilisiert werden
die zum Abbinden eine Wärmeeinwirkung zwischen und erst in der Klebfuge unter Ausschluss von Luft
140 ’C und 200 ’C benötigen. Sie bestehen aus ei- polymerisieren, nennt man anaerob abbindend. Dies
ner Dispersion von PVC in Weichmachern mit Füll- sind Acrylverbindungen, deren chemischer Aufbau
stoffen und Haftvermittlern. Eine besondere Eigen- dem des Kunstglases ähnelt.
schaft von PVC-Plastisolen ist das Öl- und Fettauf-
nahmevermögen des Klebstoffs. Polyadditionsklebstoffe sind dadurch gekennzeich-
net, dass mindestens zwei chemisch unterschiedli-
3.12.5.2 Reaktionsklebstoffe che Stoffe in einem stöchiometrischen Verhältnis ge-
Als Reaktionsklebstoffe werden solche Klebstoff- mischt werden und miteinander reagieren. Die Reak-
systeme bezeichnet, die vorher aus noch reaktions- tion beginnt, wenn beide Komponenten in reaktions-
fähigen niedermolekularen Verbindungen bestehen fähigem Zustand aufeinandertreffen. Polyadditions-
und während der chemischen Härtung in der Kleb- klebstoffe sind sowohl ein- als mehrkomponentig
fuge in hochmolekulare, vernetzte Polymere über- verfügbar. Die wesentlichen Eigenschaften solcher
führt werden. Man unterscheidet je nach Reaktions- Systeme sind die sehr geringen Volumenänderungen
typ zwischen und die im Vergleich zu Polymerisationsklebstof-
fen geringe Reaktionsgeschwindigkeit. Als Basis
– Polymerisations-, dienen in den meisten Fällen Epoxidharz oder reak-
– Polyadditions- und tives Polyurethan. Während die zweikomponentigen
– Polykondensationsklebstoffen. Systeme flüssig bis pastös eingestellt sind und schon
236 3 Fügen

bei Raumtemperatur abbinden, benötigen die ein- zeit vorgetäuscht wird. Eine Verlängerung der Topf-
komponentigen Klebstoffe (sowohl flüssig, pasten- zeit ist in der Regel durch Kühlen der Mischung
förmig, in fester Form und als Klebfilm lieferbar) möglich. Die Probleme einer zu kurzen Topfzeit las-
erhöhte Temperaturen zum Abbinden. sen sich durch Einsatz automatischer Mischanla-
gen umgehen.
Polykondensationsklebstoffe reagieren unter Ab-
spaltung flüchtiger Stoffe. Daher ist zu ihrem Abbin- Auftragen des Klebstoffs
den mindestens ein Pressdruck von 40 N/cm2 erfor- Der Klebstoff soll möglichst unmittelbar nach der
derlich. Für konstruktive Metallklebungen kommen Oberflächenbehandlung auf die Klebflächen aufge-
im Wesentlichen Klebstoffe auf der Basis eines flüs- tragen werden. Je frühzeitiger dies geschieht, desto
sigen Phenol-Formaldehyd-Harzes oder eines fes- größer ist die Sicherheit und die Festigkeit der Kle-
ten Polyvinylformaldehyds zum Einsatz, die bei ei- bung. Viskose Klebstoffe können mittels Pinsel,
ner Temperatur von 120 ’C bis 160 ’C abbinden. Auf Spachtel oder Spritzen von Hand aufgebracht wer-
gleicher Basis sind auch filmförmige Klebstoffe er- den. Meist wird der Klebstoff aber mit automatisch
hältlich. arbeitenden Geräten aufgetragen, die eine genaue
Dosierung gewährleisten. Die Menge richtet sich
Eine weitere relativ neue Gruppe von Polykonden- hauptsächlich nach der Fugendicke. Wichtig ist, dass
sationsklebstoffen mit besonders hoher Temperatur- die Fuge vollständig mit Klebstoff gefüllt ist. Die
beständigkeit basiert auf Polyamid oder Polybenzi- optimale Klebstoffdicke d ist den Angaben der Her-
midazol. Für die Verarbeitung dieser Klebstoffsys- steller zu entnehmen.
teme sind Temperaturen oberhalb von 230 ’C bei ei-
nem Druck von 80 N/cm2 bis 100 N/cm2 zum Ab- Einkomponenten-Klebstoffe in fester Form werden
binden erforderlich. auf den Fügeteiloberflächen aufgeschmolzen. Eine
Sondergruppe der Einkomponenten-Klebstoffe sind
Klebstoffe und ihre Komponenten lassen sich nur Klebfilme. Sie werden entsprechend den Fügeflä-
begrenzt lagern. Die zulässige Lagerzeit ist von den chen zugeschnitten und zwischen die zu klebenden
Lagerungsbedingungen, vor allem von der Tempera- Teile gelegt. Sind Klebfilme durch Folien gegen Ver-
tur abhängig. Als Richtwert für die Lagerzeit kön- unreinigungen geschützt, so sollte man diese erst
nen 3 bis 12 Monate gelten. Die Vorschriften der kurz vor dem Aufbringen abziehen.
Hersteller sind genau einzuhalten.
Eine Anzahl von Klebstoffen enthält flüchtige Lö-
sungsmittel. Für diese Klebstoffe ist zwischen dem
3.12.6 Herstellung der Klebung Auftragen und Zusammenfügen der Teile die sog.
Ablüftzeit erforderlich, während der das Lösungs-
Mischen der Mehrkomponenten-Klebstoffe mittel verdunstet. Die vom Hersteller vorgeschrie-
Mehrkomponenten-Klebstoffe werden in der Regel bene Ablüftzeit ist genau einzuhalten.
vor dem Auftragen gemischt. Die Zeit zwischen
dem Mischen und dem Gelieren des Klebstoffs ist Fügen und Fixieren
die sog. Topfzeit, während der die Mischung verar- Nach dem Auftragen des Klebstoffs werden die Fü-
beitet werden muss (Angaben der Hersteller beach- geteile mit den Klebflächen zusammengelegt (Fü-
ten). Die Topfzeit ist von der Größe des Klebstoff- gen). Die Fügeteile sind gegen ein Verschieben zu
ansatzes, von der Menge des Härters und von der sichern (Fixieren). Das kann durch Zwingen, Klam-
Temperatur abhängig. mern, Klemmleisten, Spannbänder oder sonstige
Vorrichtungen geschehen. Die Auswahl der Vorrich-
Das Abbinden läuft als exotherme Reaktion, daher tungen hängt vom Klebstoff ab, vor allem wenn beim
erwärmt sich der Klebstoffansatz. Diese Erwärmung Abbinden Wärme erforderlich ist oder Druck auf
beschleunigt den Vernetzungsprozess und verkürzt die Klebflächen aufgebracht werden muss.
damit die Topfzeit. Bei großen Klebstoffansätzen
ist die Wärmeableitung schlechter und damit die Bei Wärmezufuhr muss die Masse der Spannvor-
Topfzeit kürzer als bei kleineren Mengen. Durch richtung klein gehalten und die Wärmeausdehnungs-
die entstehende Wärme wird die Viskosität der Mi- koeffizienten von Fügeteilen und Vorrichtungen be-
schung herabgesetzt, wodurch eine zu lange Topf- rücksichtigt werden. Ist während des Abbindens ein
3.12 Kleben 237

Druck auf die Klebflächen notwendig, muss die Abbindetemperatur und Abbindezeit
Spannvorrichtung den erforderlichen Druck auch in Bei allen Klebstoffen ergibt sich eine gewisse Ab-
der Wärme auf die gesamte Fläche aufbringen und hängigkeit zwischen Abbindetemperatur und -zeit.
aufrecht erhalten können. Ausnahmen von der Re- In bestimmten Grenzen lässt sich die Abbindezeit
gel sind in erster Linie die Kontaktklebstoffe, für durch erhöhte Temperatur verringern. Die Abbin-
die im Allgemeinen einfachere Verarbeitungsbedin- dezeit beginnt, sobald in der Klebfuge die vorgeschrie-
gungen gelten. bene Temperatur erreicht ist. Die Wahl der Tempe-
ratur-Zeit-Beziehung richtet sich nach den Eigen-
Abbinden unter Druckanwendung schaften der Klebstoffe, den betrieblichen Möglich-
Klebstofftyp, Form und Abmessung des Bauteils be- keiten und nach dem Verhalten der zu klebenden
stimmen, ob und wie während des Abbindens Druck Werkstoffe. Über die gesamte Klebfläche ist eine
anzuwenden ist. Gleichmäßiges Anliegen muss ggf. gleichmäßige Temperaturverteilung anzustreben.
durch örtliche oder auch über die ganze Fläche ver- Dies muss z. B. mit Thermoelementen kontrolliert
teilte Druckkräfte erzwungen werden. Dies gilt be- werden. Um nach dem Abbinden ein Verwerfen zu
sonders für Klebflächen mit größeren Abmessungen vermeiden (besonders bei dünnwandigen zum Beu-
und für dünnwandige, zum Beulen neigende Füge- len neigenden Teilen), ist langsam und gleichmä-
teile, z. B. für Bleche. Ein Beispiel mit lösungsmit- ßig abzukühlen.
telhaltigen Klebstoffen, die unter der Einwirkung
von Druckkräften verklebt werden müssen, zeigt Kalthärtende Klebstoffe binden in der Regel bei ei-
Bild 3-171. ner Bauteiltemperatur von  18 ’C ab. Die zur Wei-
F F terbearbeitung der Teile benötigte Festigkeit wird
1 meist nach ein bis zwei Tagen, teilweise schon nach
3 wenigen Stunden erreicht. Das vollständige Abbin-
den kann aber wesentlich längere Zeiten in An-
2 spruch nehmen.
a) b)

3.12.7 Anwendungsbeispiele
4
Das Kleben ist eine sehr alte Verbindungstechnik,
die schon in grauer Vorzeit benutzt wurde, z.B. zum
c) Verkleben von Pfeilspitzen. Anfang des 19. Jahrhun-
Bild 3-171 derts wurden erstmalig Klebstoffe auf Kunstharz-
Verfestigungsprinzip bei lösungsmittelhaltigen Klebstoffen. basis angewendet. Die ersten Patenterteilungen zum
a) Beginn des Klebprozesses, im Spalt verteilte Kleblösung
Kleben von Metallen mit konventionellen Klebstof-
b) Zwischenstadium, teilweise verdunstetes Lösungsmittel
c) Ende des Klebvorgangs, lösungsmittelfreier Klebspalt fen erfolgten 1918/19 nahezu gleichzeitig in Deutsch-
land und England. In England fanden im 2. Welt-
Es bedeuten:
krieg auch erstmalig Spezialklebstoffe im Flugzeug-
1, 2 Fügeteile,
3 Makromoleküle im Lösungsmittel verteilt bau ihren Einsatz. Nach Kriegsende begann eine
4 verengter Klebspalt rasante Entwicklung von Klebstoffen für Metalle,
F Fügedruck Kunststoffe und Mischverbindungen. Unterdessen
hat sich die Klebtechnik zu einer Hochtechnologie
Klebstoffe, die während des Abbindens einen defi- entwickelt. Jährlich werden allein in Deutschland
nierten Druck erfordern, sind in Vorrichtungen zu rd. 700 000 t Klebstoff produziert, die Hersteller bie-
verarbeiten. Diese müssen den Druck gleichmäßig ten über 25 000 unterschiedliche Produkte an. (Quel-
und zeitlich konstant auf die Klebflächen aufbrin- le: Industrieverband Klebstoffe e.V., 2005)
gen. Dafür kommen hydraulische Pressen, Druck-
autoklaven, aufblasbare Schläuche, Vakuumvorrich- Die besonderen Vorteile und Möglichkeiten der
tungen usw. in Frage. Beim Abbinden unter erhöhter Klebtechnik werden durch viele erfolgreiche An-
Temperatur darf man erst entlasten, wenn unter die wendungen belegt. Folgende Tatsachen stehen für
zulässige Temperatur für den verwendeten Kleb- den Ausbau des Klebens als Schlüsseltechnologie
stoff abgekühlt worden ist. in der Industrie:
238 3 Fügen

– Klebstoffe verbinden viele unterschiedliche Werk- Hier wurden mit dem Ziel des konsequenten Leicht-
stoffe in beliebigen Kombinationen, baus die Ober- und Unterschalen sowie Seitenblen-
– Kleben bietet die Basis für die fortschreitende den mit einkomponentigem Epoxidharz verklebt.
Miniaturisierung elektronischer Bauteile, Diese Klebstoffe härten bei Temperaturen zwischen
– Klebstoffe ermöglichen schnellstes Fixieren und 100 ’C und 180 ’C aus, sind langzeitbeständig bis
Positionieren kleinster Bauteile, 200 ’C und erzielen hohe Festigkeiten, so dass sie
– Kleben erlaubt kreative Gestaltungsmöglich- häufig konventionelle Fügeverfahren wie Nieten,
keiten im Glas-, Kunststoff- und Möbeldesign, Hartlöten oder Schweißen ersetzen können.
– Klebstoffe können sowohl isolierend als auch
elektrisch leitfähig eingesetzt werden.

Nachfolgend sollen einige bemerkenswerte Anwen-


dungen aufgeführt werden, die von der Fa. DELO
Industrie Klebstoffe zur Verfügung gestellt wurden.
Dieses Unternehmen aus Windach (bei Landsberg/
Lech) hat sich auf lichthärtende und lichtaktivier-
bare Klebstoffe spezialisiert, die zunächst in der
Zahnmedizin Anwendung fanden. Die Fa. stellt aus-
schließlich Reaktionsklebstoffe her.

Aus dem Bereich Maschinenbau zeigt Bild 3-172


Kupplungselemente, die mit Reibbelägen verklebt
werden. Hierbei kommen wegen der geforderten
Temperaturbeständigkeit bis 140 ’C Epoxidharze Bild 3-173
zur Anwendung. Diese aus zwei Komponenten auf- Hochfeste Verklebung von Magnesiumteilen / Saugrohrmodul
gebauten Strukturklebstoffe härten nach dem Vermi- für Kfz-Motore (Quelle: DELO).
schen von Harz und Härter bereits bei Raumtempe-
ratur aus. Weitere Vorteile sind die geringe Schrump- Eine völlig andere Klebstoffart wird für Schrauben-
fung und die hohe Festigkeit sowie Beständigkeit sicherungen, Gewindeabdichtung bei Luft- und Gas-
gegenüber Chemikalien. Deshalb werden diese Kleb- leitungen sowie Flächendichtungen an Flanschen
stoffe vorwiegend in Maschinenbau und Konstruk- eingesetzt. Es handelt sich um anaerob (d.h. unter
tion, der Automobilzulieferindustrie und allgemein Sauerstoffabschluss) härtende Methacrylate. Diese
bei der Metallverarbeitung eingesetzt. Klebstoffe sind einkomponentig, lösungsmittelfrei
und härten bei RT unter Einfluss katalytischer Me-
Bild 3-173 zeigt eine hochfeste Verklebung von tall-Ionen aus. Diese radikalische Polymerisations-
Saugrohrmodulen aus Magnesium für Kfz-Motore. reaktion kann durch Wärmezufuhr beschleunigt
werden. Die Klebung zeigt hohe Druck- und Scher-
festigkeit, gute Temperaturbeständigkeit von – 60 ’C

Bild 3-172
Kleben eines Reibbelages bei einem Kupplungselement Bild 3-174
(Quelle: DELO). Verkleben eines Rotorpakets auf der Welle (Quelle: DELO).
3.12 Kleben 239

bis  200 ’C, Beständigkeit gegen Vibrationen und Nach dem Aufkleben werden zunächst die Bond-
dynamische Dauerbelastung. Von Wichtigkeit ist drähte (aus Gold oder Aluminium) kontaktiert. Da-
auch die DVGW-Zulassung dieser Klebstoffart für mit die feinen Drähte nicht beschädigt werden, wird
Gasverbrauchsanlagen. ein ringförmiger Wall (Dam) aus Klebstoff um den
Chip gesetzt und anschließend mit einer Vergussmas-
Bild 3-174 zeigt die hochfeste Verklebung eines Ro- se (Fill) aufgefüllt (sog. Dam&Fill-Verfahren).
torpakets auf der Welle eines Elektromotors. Bei ei-
ner Spaltdicke von d = 0,1 mm sind die Bauteile Dualhärtende Klebstoffe sind eine chemische Mo-
nach 2 min handfest und nach 1 bis 3 Stunden end- difikation strahlungshärtender Klebstoffe mit der
fest. Die Einsatztemperatur beträgt bis 200 ’C, die Möglichkeit einer kombinierten Licht-/Wärmehär-
Druckfestigkeit erreicht 33 MPa. tung. Das hat insbesondere Vorteile bei Bauteilen
mit größeren Schattenzonen. Einen mit diesem Kleb-
Im Bereich Elektronik hat das Kleben eine noch grö- stoff gesicherten Spulenträger, der beim nachfol-
ßere Bedeutung erlangt, z. B. bei der fortschreiten- genden Lötprozeß nicht verrutschen darf, zeigt Bild
den Tendenz zur Miniaturisierung von Bauteilen. 3-176.
Hier werden häufig photoinitiiert härtende Acrylate
eingesetzt. Das sind Einkomponenten-Reaktions- Zunächst wird die Kehlnaht (im Bild auf der linken
harze, die bei Raumtemperatur unter UV- oder sicht- Seite der Spule) in 10 s durch Licht fixiert. Nach
barem Licht aushärten. Sie werden immer dann ein- dem Löten erfolgt dann die eigentliche Aushärtung
gesetzt, wenn ein Fügeteil aus durchstrahlbarem des Klebstoffs unter dem Spulenkörper bei 130 ’C
Werkstoff besteht. In kurzen Taktzeiten können in 2 min. Der Klebstoff wirkt stark spannungsaus-
Elektrospulen auf Ferritkerne geklebt oder Einzeltei- gleichend und vermindert die Beanspruchung der
le von Handys (Glas- oder Plastikscheiben, Mini- Lötverbindung durch Vibrationen.
Lautsprecher, Kameragehäuse) verklebt werden.

Wenn nicht durchscheinende Werkstoffe zu verkle-


ben sind, werden besser photoinitiiert härtende Ep-
oxidharze eingesetzt. Sie können aufgrund der Vor-
aktivierung (DELO-Patent) durch Licht ausgehär-
tet werden. Typische Anwendungen sind die zuver-
lässige Gehäuseabdichtung bei Airbag-Sensoren,
die Sicherung von Lötkontakten bei elektronischen
Bauteilen, die Leiterplattenbeschichtung und das
Einkleben von Leiterplatten in Gehäuse.

Bei der neuesten Entwicklung von Prozessor-Chips


können aufgrund der Größe von 1 bis 4 mm2 die
Verbundmassen zum Schutz von Chip und Bond-
drähten (elektrische Zuleitungen) nicht mehr ein-
fach von oben aufgebracht werden. Daher wird neu- Bild 3-176
erdings der Chip ohne Gehäuse direkt auf die Leiter- Fixierung und Verklebung einer Spule vor dem Verlöten
platte geklebt. Diese sogen. Chip-on-Board-Techno- (Quelle: DELO).
logie (COB) wird in Bild 3-175 erläutert.
Ringförmiger Wall (Dam) Vergussmasse (Fill)

Chip

Bonddraht (Gold) Klebstoff Fügeteil (Substrat)

Bild 3-175
Chip-on-Board-Technolgie.
240 3 Fügen

3.13 Gestaltung von – den Werkstoffeigenschaften der Fügeteile und


deren Gestaltung,
Klebverbindungen – der wählbaren Eigenfestigkeit (Kohäsion) sowie
von Verformungseigenschaften des Klebstoffs.
3.13.1 Allgemeines
Je nach Krafteinleitung in die Klebflächen wird un-
Für die Haltbarkeit einer Klebverbindung ist deren terschieden zwischen
konstruktive Gestaltung von besonderer Bedeutung. – Zug-, Druck- oder Schälkräften, die senkrecht
Es ist vor allem auf die »klebgerechte« Krafteinlei- zur Klebfläche wirken,
tung in den Fügebereich und die sich daraus erge- – Scherkräften, die parallel zur Klebfläche wirken,
bende Beanspruchung der Klebschicht zu achten. und
Die Festigkeit einer geklebten Verbindung hängt im – Kombinationen oben genannter Kräfte.
Wesentlichen ab von
– den erreichbaren Haftkräften zwischen Kleb- Klebverbindungen sollten möglichst nur durch Scher-
stoffschicht und Fügefläche (Adhäsion), kräfte beansprucht werden.

3.13.2 Gestaltung von Gestaltung


Blechverbindungen unzweckmäßig zweckmäßig

Bild 3-164

s
Der stumpfe Stoß a) ist zu vermeiden, da die Kleb- a) b) lü
fläche zu klein ist und der Klebstoff auf Zug bean-
sprucht wird. lü
b) Geschäftete Verbindungen erreichen höhere
Festigkeitswerte, können aber nur bei dickeren
s

Fügeteilen ausgeführt werden (günstige Überlap-


pungslänge: lü O 8 ⋅ s). c)
c) Mit größerer Überlappungslänge lü lässt sich
die Klebfläche kostengünstig vergrößern.
d) Zugeschärfte Überlappungen haben eine etwas
höhere Festigkeit, erfordern jedoch – wie ge-
schäftete Verbindungen – einen meist nicht zu d)
rechtfertigenden Fertigungsaufwand.
e) Bei abgesetzten Überlappungen ist der Ferti-
gungsaufwand extrem groß und die Tragfähig-
keit der Fügeteile sinkt durch die Querschnitts- e)

verminderung auf die Hälfte. Bild 3-164

Bild 3-165
Bei abgesetzten Doppellaschenverbindungen ist der
a)
Fertigungsaufwand zu hoch und die Tragfähigkeit
sinkt durch die Querschnittsverminderung.
a) Einfache Laschenverbindung nur dort anwen-
den, wo eine Seite der Klebung glatt sein soll.
b) Doppellaschenverbindungen haben eine höhere b)

Festigkeit, da der Kraftfluss symmetrisch ist. Bild 3-165


3.13 Gestaltung von Klebverbindungen 241

Gestaltung Gestaltung
unzweckmäßig zweckmäßig unzweckmäßig zweckmäßig

a)

a)

b)
b)

aber teuer und


aufwändig in der
Herstellung und
Anpassung

c) c)

aber teuer und


aufwändig in
der Herstellung

d) d)

Bild 3-166 Bild 3-167

Bild 3-166 Bild 3-167


Schälbeanspruchungen können vermieden werden Bei Winkelverbindungen kann das Abschälen ver-
durch mieden werden durch
a), c) Überlappen oder a), b) Abbiegen,
b) Doppellaschen bzw. mit Hilfe c) Anbringen von Winkelblechen bzw. Eckstü-
d) nicht lösbarer Verbindungselemente. cken oder durch
d) ein genutetes, spanend hergestelltes Eck-
Lässt sich eine Schälbeanspruchung nicht vermei- stück. Die Varianten c) und d) sind fertigungs-
den, so ist die Verbindung zusätzlich durch d) zu technisch sehr aufwendig zu realisieren, d.
sichern. h. ihre »Vorteile« relativieren sich!
242 3 Fügen

3.13.3 Gestaltung von Gestaltung


Rohrverbindungen unzweckmäßig zweckmäßig

Bild 3-168
Bei Rohrleitungen kann die Klebfläche vergrößert
werden durch a)
a) Schäften,
b), c) Stecken oder
d), e) Muffen.
b)
Bei den konstruktiven Lösungen c) bis e) liegt eine
rotationssymmetrische Überlappung vor, bei der
eine ausreichende Klebfläche durch Verändern der
Überlappungslänge lü einzustellen ist.

c)
Als Lastart kommen Zug, Druck und Torsion in Be-
tracht. Da bei der Klebung im rotationssymme-
trischen Spalt kein Aushärten unter Druckkräften
möglich ist, besteht die Gefahr der Hohlraumbil-
dung. Die dadurch bewirkten Spannungsspitzen er- d)
fordern bei der Festigkeitsrechnung Sicherheitszu-
schläge.

Bei richtiger Anwendung können Rohrsteckverbin- e)

dungen teure Passungen ersetzen. Bild 3-168

3.13.4 Gestaltung von


Rundverbindungen

Bild 3-169
Geklebte Bolzen sind zu zentrieren, um ein Ver-
schieben bei der Montage zu vermeiden. Bild 3-169

Bild 3-170
Bei Rundverbindungen müssen konstruktive Vor-
kehrungen getroffen werden, um die zuverlässige
Ausfüllung des Klebspalts mit Klebstoff bei der
Montage sicherzustellen. Auch wenn es sich um
dünnflüssigen Klebstoff handelt, ist ein Abstreifen
durch scharfe Kanten zu vermeiden. Bild 3-170

3 0 °
Bild 3-171
Aufwändige Welle-Nabe-Verbindungen können häu-
fig kostengünstiger geklebt hergestellt werden; außer-
dem ist bei Rundverbindungen die erwünschte allei-
nige Scherung vorhanden. Bild 3-171
Ergänzendes und weiterführendes Schrifttum 243

Ergänzendes und weiterführendes Schrifttum

Abschnitt 3.1 bis 3.11

Aichele, G.: Schutzgasschweißen. Messer Gries- Teil 1: Einteilung, Kennzeichnung und Verpa-
heim Informationsabteilung, Frankfurt am Main ckung, 2/1994.
1982. DIN EN 60974: Lichtbogenschweißeinrichtungen.
Bargel, H.-J., u. G. Schulze (Hrsg.): Werkstoffkun- Teil 1: Schweißstromquellen, 3/2004.
de, 9. Aufl. Springer-Verlag Berlin, Heidelberg DIN EN ISO 2560: Schweißzusätze – Umhüllte Stab-
2005. elektroden zum Lichtbogenhandschweißen von
Beckert, M., A. Neumann, S. Böhme, W. Kliemand, unlegierten Stählen und Feinkornstählen – Eintei-
u. D. Kluge: Grundlagen der Schweißtechnik, lung, 3/2006.
Anwendungsbeispiele der Verfahren und der Ge- DIN EN ISO 3677: Zusätze zum Weich-, Hart- und
staltung, 7. Aufl. DVS-Verlag, Düsseldorf 1991. Fugenlöten – Bezeichnung, 4/1995.
Bernard, P. u. G. Schreiber: Verfahren der Autogen- DIN EN ISO 3690: Schweißen und verwandte Pro-
technik. Fachbuchreihe Schweißtechnik, Bd. 61, zesse – Bestimmung des diffusiblen Wasserstoff-
DVS-Verlag, Düsseldorf 1973. gehaltes im ferritischen Schweißgut, 3/2001.
Boese, U., D. Werner u. H. Wirtz: Das Verhalten DIN EN ISO 6848: Lichtbogenschweißen und -schnei-
der Stähle beim Schweißen, Teil 1: Grundlagen, den – Wolframelektrode – Einteilung, 3/2005.
DVS-Verlag, Düsseldorf 1995, Teil 2: Anwen-
DIN EN ISO 6947: Schweißnähte – Arbeitspositio-
dung, DVS-Verlag, Düsseldorf 2007.
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DIN 1707-100: Weichlote – Chemische Zusammen- Drehung, 5/1997.
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