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Dr. A. Nehring: Einige
Species nach nahe verwandt sind. Aber wegen mancher Individuen hinzukamen. Ob die „getrockneten Gräser“, die
osteologischen Unterschiede hat Both die betreffende Art Hauthal am inneren Fufse des Hügels, ein wenig über der
von Gryp. Darwini abgetrennt und als „Grypotherium do- Mistschicht, vorfand, als Futtervorrat für die angeblich do-
sticum“ bezeichnet. Dieser Name soll andeuten, dafs die mesticierten Grypotherien zu deuten sind, kann mit Eecht
ehemaligen menschlichen Bewohner der grofsen Höhle von bezweifelt werden. Die Form der Zähne von Grypotherium
Ultima Esperanza das genannte Tier nach Ansicht von Hau¬ domesticum, welche Both in der oben citierten spanischen
thal und Both als Haustier in einer besonderen stall¬ Publikation abgebildet hat, deutet keineswegs auf Gras¬
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artigen Abteilung der Höhle gehalten haben. nahrung hin; man möchte daraus eher schliefsen, dafs die
Diese Ansicht von der Haustierqualität des Grypothe- Grypotherien sich von Blättern, Beeren und Früchten ge¬
riums stützt sich auf mehrere Beobachtungen, welche Hau¬ nährt haben. Grasnahrung erfordert Backenzähne, wie sie
thal am Fundorte selbst gemacht hat, nämlich: die Pferde oder die Binder haben. Das trockene Gras, welches
1. darauf, dafs die sogenannte Mistschicht in der Höhle Hauthal „am Fufse des Hügels, ein wenig über der Mist¬
auf den Baum zwischen Hügel und Wall beschränkt war; schicht“ vorfand, kann sehr wohl von der Schlafstelle einer
2. darauf, dafs am inneren Fufse des Hügels, ein wenig Indianerfamilie herrühren.
über der Mistschicht, eine ziemliche Menge getrockneter Nach B. Hartmann (Darwinismus und Tierpi’oduktion,
Gräser gefunden wurde, die nach Hauthal nur durch Men¬ München 1876) bezeichnet man als Haustiere „die in den
schenhand dort aufgehäuft sein konnte; Hausstand desMenschen übergeführten Tierarten, welche sich
3. darauf, dafs die Art und Weise, wie die Mistschicht in diesem Lebenszustande fortpflanzen“. Martin Wilckens
sich präsentierte, nach Ansicht Hauthals genau die eines sagt in seinen Grundzügen der Naturgeschichte der Haus¬
alten Kraals war, d. h. eines Platzes, wo das Vieh zusammen¬ tiere, Dresden 1880, über den Begriff des Wortes Haustier
getrieben wird. folgendes: „Die dem Menschen nützlichen und wirtschaftlich
Ob aus diesen Beobachtungen schon die wirkliche Haus¬ verwendbaren Tiere, welche sich unter seinem Einflüsse
tierqualität der betreffenden Grypotherium-Art zu folgern ist, regelmäfsig fortpflanzen und der künstlichen Züchtung unter¬
dürfte wohl manchem zweifelhaft erscheinen. Dafs jenes worfen werden können, sind Haustiere, oder sie können zu
merkwürdige, plumpe Tier von den ehemaligen Bewohnern Haustieren werden.“
der Höhle in der Umgegend häufig erbeutet und in einer Nach diesenDefinitionen, in welchen namentlich die Fähig¬
bestimmten Abteilung der Höhle selbst geschlachtet bezw. keit der regelmäfsigen Fortpflanzung im Zustande der Do¬
zerlegt worden ist, scheint mir durch die Funde Hauthals mestikation als wichtig betont wird, kann man der in der
klar bewiesen zu sein. Es ist auch nicht unwahrscheinlich, Höhle von Ultima Esperanza nachgewiesenen Grypotherium-
dafs man zuweilen ein lebendes Exemplar, das man erbeutet species kaum die Haustierqualität zuerkennen. Dazu würde
hatte, für kurze Zeit (d. h. bis man sein Fleisch nötig es doch noch anderer triftigerer Beweisgründe bedürfen!
hatte) in jener Abteilung der Höhle gefangen hielt; aber Erst wenn bei weiteren sorgfältigen Ausgrabungen in der
hieraus ergiebt sich noch keine Haustierqualität der be¬ Höhle von Ultima Esperanza oder an sonstigen Fundstätten
treffenden Species. Die von Hauthal beobachtete Mistschicht Patagoniens deutliche Beweise für eine dauernde Haltung
kann Sehr wohl durch Aufhäufung des Darminhaltes der und Züchtung der Grypotherien im domesticierten Zustande
zerlegten Exemplare entstanden sein, wozu dann noch die ans Tageslicht kommen sollten, wird man von einer Haus¬
Exkremente (Kotballen) der zuweilen gefangen gehaltenen tierqualität derselben zu sprechen berechtigt sein.
Bücherscliau.
J. Hunziker: Das Schweizer haus nach seinen landschaft¬ Hauses ein sorgfältig bearbeitetes Urkundenmaterial“ (An¬
lichen Formen und seiner geschichtlichen Entwickelung. merkungen S. 235 bis 240). Das ganze Werk ist auf drei
Erster Abschnitt: Das Wallis (IX, 234 S. gr. 8°). Aarau, Abschnitte berechnet, die folgende Gruppen umfassen:
H. B. Sauerländer & Co., 1900. Wallis, Tessin, Graubünden nebst Sargans, Gaster und Gla¬
Omen accipio kann man dem Genius der Hausforschung rus , die Nordostschweiz, die Innerschweiz, das Berner Ober¬
bei dem Anblick eines Werkes zurufen, das das neue Jahr¬ land nebst dem Pays d’enliaut und den Ormonts und dem Jaun-
hundert verheifsungsvoll eröffnet. Nach zwanzigjährigen thal, das jurassische Haus, das dreistöckige Haus. „Ein
Wanderungen und Studien beschenkt uns Hunziker mit einer letzter, vierter Abschnitt wird, wesentlich in Bezug auf eth¬
umfassend angelegten Veröffentlichung, wie sie — das dürfen nologische und ethnographische Fragen, die Besultate der
wir schon nach dieser ersten Probe getrost sagen — bisher voraufgegangenen Untersuchung in einer Gesamtübersicht ver¬
in der Litteratur des Hausbaues ihresgleichen nicht hat und, einigen, begleitet von einer kartographischen Darstellung der
wie zu befürchten, sobald nicht haben wird, wobei wir bei Verbreitungsgebiete der verschiedenen Hausformen in der
allen ihren Verdiensten selbst Werke wie die von Heikel1) Schweiz.“ Die Lorbeeren der schweizer Hausforschung lassen
und Mejborg nicht ausnehmen. Was die Arbeit des schwei¬ uns aufs neue bedauern, dafs wir in Deutschland in Bezug
zerischen Gelehrten, abgesehen von ihrem Umfange, vor auf derartige erschöpfende Darstellungen zusammenhängender
ihren Vorgängern auszeichnet, ist einmal die sichere Gleich- Gebiete noch immer gegen das Ausland im Eückstande sind
mäfsigkeit in der Darlegung des Thatbestandes, ohne Unter¬ und auch die von den Architekten vereinen Deutschlands und
schied in der Bewertung von Wohn- oder Wirtschaftsgebäuden Österreichs in Angriff genommenen Veröffentlichungen in
und in ebenmäfsiger Berücksichtigung des baulichen Büst- ihrer technisch beschränkten Eigenart können uns für den
zeuges, der inneren Einrichtung, sowie der äufseren Erschei¬ Mangel philologisch angelegter Arbeiten nicht entschädigen.
nung samt ihrer Ausschmückung — dies alles, gestützt und Was Hunziker in seinem Vorworte über dasVerhältnis seines
erläutert durch eine schier verschwenderische Zahl von Licht¬ Werkes zu der auch von ihm unterstützten Publikation des
bildern und Eissen, letztere sämtlich auf einen einheitlichen dortigen Ingenieur- und Architektenvereins sagt, gilt in
Mafsstab zurückgeführt. Zum andern eine umsichtige Heran¬ gleicher Weise für uns und ist so zutreffend, dafs wir be¬
ziehung der wissenschaftlichen Hülfsmittel für den letzten dauern , es aus Baummangel nicht zum Abdruck bringen zu
Zweck der ethnographischen und kulturgeschichtlichen Be¬ können.
wegungen, wobei wir neben der Aufzeichnung der sachlichen Sehr gespannt darf man nach den bisher gelegentlich
Namengebung auch eine sorgfältige Benutzung der urkund¬ verlautbarten Auslassungen des Verfassers auf die Endergeb¬
lichen Zeugnissebemerken, die, wie der Aufsatz von Lauridsen nisse seiner Untersuchungen sein, die nicht nur für die An¬
für Schleswig gezeigt hat, unvermutete Aufschlüsse geben lagen des alemannischen Stammes, sondern auch für die der
können, wenn man sie am rechten Orte zu suchen versteht. bajuvarischen Ostalpen von einschneidender Bedeutung sind.
Die Behandlung desStoffesist klar und übersichtlich. Hunziker Indem ich mir die Würdigung dieser Zusammenhänge bis
giebt zuerst einen „frei und ungezwungen sich ergehendenBeise- zum Abschlüsse des Ganzen Vorbehalte, werde ich mich im
bericht“ (in dem vorliegenden Abschnitte 185 Seiten mit 103 übrigen auf eine kurze Betrachtung des vorliegenden Ab¬
photographischen Ansichten und 228 skizzierten Grundrissen), schnittes beschränken, der eine besondere Eücksicht nicht
sodann eine „kurz zusammengefafste, streng wissenschaftliche nur als Erstling verdient, sondern auch deshalb, weil der
Übersicht“ (S. 187 bis 234), endlich „für die Geschichte des Hausbau des Wallis ebenso eigentümlich, wie wenig be¬
kannt ist.
ü Heikel ist, um das gelegentlich zu bemerken, gerade über Das Erste, was hervorgehoben werden mufs, ist die auf¬
Finnland unzulänglich, und hat in dieser Beziehung in der fin¬ fällige Thatsache, dafs die baulichen Anlagen in dem oberen
nischen Zeitschrift „Valvoja“ von Schwind eine scharfe Beurteilung deutschen und dem unteren romanischen Teile der Land¬
erfahren, und Mejborgs Zuverlässigkeit ist neuerdings von Lauridsen schaft keinen wesentlichen Unterschied gewahren lassen, und
in der (dänischen) „Historisk Tidskrift“ heftig angefochten. selbst die bekannte Vorliebe der Bomanen für den Steinbau