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Die studentische Zeitschrift


der Universität Erfurt campus:echo # 02

TANZBAR
finanzschwache 04 06 Trinker?
kinderleichtes 08 09 Lernen
umworbene 10 12 Meinung
heft:campus 14 18 campus:mensch
Alternative 20 22 zum Stadtleben
entdeckungswütig! 24 26 schlagfertig!
Mixtape für den Bus 28 31 Impressum

Wir sind im sechsten Jahrgang.


Dies ist Heft Nummer zwei.
Cover: „D&J B&V“ / www.jugendfotos.de, CC-Lizenz // Photo S.2: Nora Philipp / Kathrin Dommel

02|03
campus:echo ist das studentische Magazin der Universität Erfurt
Ähh...ditorial!

E
s ist schwierig das zu fassen, was etwas TANZBAR
macht. So finden die einen „Sie liebt den DJ“ ganz
unglaublich TANZBAR während sich manch anderer
angesichts dieses schieren Wahnsinns in sein Landschloss
flüchtet.
Für die Prüfungsgeplagten unter uns ist zur Zeit gewiss gar
nichts TANZBAR. Doch wo vergnügen sie sich, wenn die letzte
Arbeit abgeben ist? Gehem sie in die TANZBAR? Vielleicht zum
Nordtreff oder doch eher ins Centrum?
Und was kommt dann zuerst? Erst in die Bar und dann zum
Tanz? Beides gleichzeitig? Oder kann man stattdessen auch
erstmal eine Runde Flunkyball spielen? Und wie viel Bares
braucht es dann zum Tanzen?
Wir sehen also: TANZBAR ist alles und auch wieder nichts.
Alles kann und nichts muss und das ist gut so, denn in der
Schwebe fühlen wir uns schließlich am wohlsten. Alles ist
relativ. Haupsache relativ gut.
Schlüsseljahr für Uni-Finanzen
Trotz aller Proteste im vergangenen Jahr müssen die Thüringer Hochschulen 2011 mit
weniger Geld auskommen. Doch wie hoch sind die Kürzungen wirklich? Wie geht es
2012 weiter? Und was bedeutet das alles für die Erfurter Universität?

von Thomas Schmelzer

A
n den Satz, den Michael Hinz am am Ende abbekommt. tern. Während Thüringens Hochschulen
Ende seines Vortrags ausspricht, Die Einsparungen, gegen die im letzten also im Kampf um den gesamten Kuchen
möchte er am liebsten gar nicht Jahr demonstriert wurde, betreffen den noch an einem Strick ziehen, verwandeln
denken. Eine Dreiviertelstunde hat der gesamten Kuchen. In der sogenannten sie sich bei der Verteilung in hungrige
Uni-Kanzler über Geldtöpfe, Finanzie- Rahmenvereinbarung II hatte Thüringen Verwandte, die wie bei einer Familienfeier
rungsmodelle und Einsparmöglichkei- seinen Unis und FHs von 2008 bis 2011 um die dicksten Brocken wetteifern.
ten geredet. Er hat Unwägbarkeiten auf- jährlich einen festen Geldbetrag zugesi- Die Spielregeln für den Kuchenkampf
gezählt und ein paar Mal gesagt, dass chert. Weil das Land aber mit einem riesi- heißen in Thüringen Lubom. Seit 2008
alles gut ausgehen kann. Aber auch die- gen Haushaltsdefizit zu kämpfen hat, kün- verteilt das Land seine Uni-Gelder nach
ses Szenario muss auf den Tisch. Es ist digte es den Pakt vergangenes Jahr auf. sogenannten Indikatoren, also zum Bei-
nur eine Möglichkeit unter vielen, aber Die Folge: In diesem Jahr bekommen die spiel danach, wie viele Drittmittel eine
im schlimmsten Fall könnte sie Realität Hochschulen vom Land rund 21 Millionen Hochschule einwirbt oder wie viele Ab-
werden: „Mit drei Millionen Euro weniger Euro weniger. Gleichzeitig fließen aber 18 solventen sie hervorbringt. „In dem
pro Jahr würde diese Universität anders Millionen Euro aus dem Hochschulpakt Verteilungsmodell haben wir einige
aussehen als jetzt.“ Das Wort „anders“ be- 2020 vom Bund. Thüringens Bildungsmi- Schwächen“, gibt Hinz zu. Als kleine und
tont der Kanzler. Dann schiebt er schnell nister Christoph Matschie (SPD) beziffer- geisteswissenschaftliche Universität ist es
hinterher, dass man die Universität auch te die Kürzungen deswegen auf lediglich oft schwieriger in den Lubom-Kategorien
mit 27 Millionen Euro pro Jahr noch be- drei Millionen Euro. Aus diesen Rechen- zu punkten. Weil die indikatorabhängigen
treiben könnte. spielereien ergeben sich die verschiede- Gelder im Lubom-Modell aber von Jahr
Seitdem im November vergangenen nen Zahlen. zu Jahr anwachsen, wird das Kuchenstück
Jahres Studenten aus ganz Thüringen zum „Bei unseren Planungen im vergange- für die Uni Erfurt immer kleiner. Um den
Landtag pilgerten und gegen Bildungsein- nen Sommer sind wir von den 18 Millio- Besonderheiten der Uni Erfurt gerecht zu
sparungen demonstrierten, fliegen auch nen Euro als zusätzliche Mittel ausgegan- werden, bekommt sie deswegen pro Jahr
wieder Zahlen und Gerüchte über den gen“, argumentiert Hinz. Deswegen seien rund 2.3 Millionen zusätzlich. Im Beam-
Campus. Mal verkünden Flyer Einsparun- die kompletten 21 Millionen Euro eine tendeutsch nennt sich dieses Extrastück
gen von knapp 30 Millionen Euro, dann Kürzung. Gerd Schwinger vom Bildungs- „Sonderziel und -leistungsvereinbarung“.
heißt es, effektiv würden in diesem Jahr ministerium hält dagegen, dass solche Auch die anderen Thüringer Hochschulen
nur rund 2.5 Millionen gekürzt. Aussagen Theoriespiele seien. „Es kommt würden sich über so ein Extrastück freu-
Es sind diese Zahlen und die Leistungs- doch darauf an, was bei den Hochschulen en. Wenn das derzeitige Lubom-Modell
und belastungsorientierte Mittelverga- tatsächlich ankommt“, sagt der Sprecher Ende dieses Jahres ausläuft und neu ver-
be (Lubom), die Kanzler Hinz zu seinem von Christoph Matschie (SPD). Das Land handelt werden muss, sieht es für die Uni-
Worst-Case-Szenario führen. Mit ihnen müsse schließlich auch mit unerwarteten Erfurt deswegen schlecht aus. „Wir gehen
muss man sich beschäftigen, um zu ver- Steuerausfällen zurechtkommen. Der Stu- davon aus, dass die 2.3 Millionen dann
stehen, wie es tatsächlich um die Uni Er- dierendenrat der Uni Erfurt (StuRa) wirft wegfallen“, sagt Hinz.
furt steht. Mit ihnen kann man erklären, Thüringen dagegen vor, sich seiner Ver- An dieser Stelle beginnen die Annah-
warum dieses Jahr zu einem Schlüsseljahr antwortung für die Bildung zu entziehen. men und Unsicherheiten, an deren Ende
für die Zukunft der Universität werden „Wenn man Bildungsministerin Scha- die drei Millionen stehen könnten, an
könnte. van reden hört, sagt sie immer, dass die die Hinz nicht denken mag. Nach seinen
„Unsere Situation hängt von zwei Ebe- Bundesgelder zusätzliche Mittel sind und Berechnungen fehlen der Uni demnach
nen ab“, sagt Hinz in seinem Büro. Damit nicht dazu dienen sollen, Länderfinanzen im Vergleich zu den Planungen im Som-
meint er den gesamten Hochschuletat auszugleichen“, gibt StuRa-Mitglied Cle- mer für dieses Jahr 1.3 Millionen Euro.
Thüringens sowie den Anteil der Gelder mens Schubert zu bedenken. Die roten Zahlen ergeben sich aus den
für seine Uni. Es geht also um den Ku- Fest steht allerdings, dass der Kuchen abnehmenden Lubom-Mitteln und den
chen, den die Landesregierung für alle in diesem Jahr kleiner ausfällt. Kanzler Landeskürzungen im Hochschuletat. „Das
neun Thüringer Hochschulen bereitstellt Hinz muss deswegen versuchen, für seine können wir aber durch unsere Rückla-
und das Stück, das die Erfurter Uni davon Uni ein möglichst großes Stück zu ergat- gen noch gut abfedern“, beruhigt Hinz.

04|05
Fünf Millionen Euro beträgt der Sicher- erreichen, sind solche Überlegungen hin-
heitstopf, den die Uni in besseren Zeiten fällig“, sagt Schwinger. Entscheiden kön-
angespart hat. „Ab Ende 2012 ist das Geld ne das aber nicht das Ministerium allein,
aber komplett weg“, warnt Hinz. Dabei sondern nur der Gesetzgeber, also das
geht er davon aus, dass die Landesregie- Parlament.
rung der Uni ihr Extrastück Torte ab An- Doch weil Ziele und Sachzwänge wie
fang 2012 streicht und sich die Kriterien knappe Haushaltskassen in der Realität
im neuen Lubom-Modell nicht wesentlich nicht immer miteinander zu vereinbaren
für Erfurt verbessern. Der Hochschuletat sind, unterstützt auch der Stura Hinz‘ Vor-
ist in diesem Szenario so hoch wie 2010, schlag der Sondertatbestände. „Wir wür-
jedoch unter Einbeziehung der Bundes- den da jedoch auch noch das Max-Weber-
mittel. „Unsere Ausgaben würden unsere Kolleg zur Debatte stellen“, sagt Clemens
Einnahmen dann deutlich übersteigen.“ Schubert. Allerdings weiß er auch um die
Eine Situation, die eine öffentliche Ein- Problematik der Idee: „Mit solchen Ins-
richtung überhaupt nicht erst entstehen titutionen können natürlich auch die an-
lassen darf. deren Hochschulen ankommen.“ Sollte es
Überzeugt von diesen Annahmen sucht deswegen hart auf hart kommen und die
das Präsidium der Erfurter Uni deswe- Uni Erfurt tatsächlich drei Millionen ein-
gen seit letztem Jahr nach Lösungen. sparen müssen, könnte Schubert nachvoll-
„Wir wollen etwa dem Land klarmachen, ziehen, wenn dem Sparzwang auch ganze
dass unsere Uni Aufgaben übernimmt, Studiengänge zum Opfer fielen. Begrüßen
die sich in einem Indikatormodell nie- würde er es allerdings nicht. „Damit wären
mals rechnen werden“, sagt Hinz. Die wir auf dem Weg zu Ausbildungszentren
Forschungsbibliothek in Gotha und die und das ist unter Kostendruck entstande-
Katholisch-Theologische-Fakultät koste- ner Quatsch.“ Auch für Kanzler Hinz sind
ten die Universität zusammen etwa rund solche Überlegungen „die schlechtesten
vier Millionen Euro. Nach Lubom-Krite- aller denkbaren Lösungen“. Doch er gibt
rien werfen die Einrichtungen aber nur auch zu, dass sie im Präsidium diskutiert
eine Million ab. Hinz fordert deswegen, werden. „Es würde dann bestimmte Fächer
dass diese sogenannten „Sondertatbe- und Fachbereiche nicht mehr geben“, sagt
stände“ außerhalb des Lubom-Modells er im Hinblick auf das Drei-Millionen-Sze-
finanziert werden. „Wenn dem Land die- nario. „Schwierige Entscheidungen“ seien
se Einrichtungen wichtig sind, soll es sie das dann.
auch gesondert bezahlen.“ Kombiniert mit Ob es tatsächlich zu solchen Worst-Case-
kleineren Einsparmaßnahmen im Dienst- Szenarien kommt, entscheidet sich noch in
leistungsbereich würde diese Lösung das diesem Jahr. Im Frühjahr stehen Struk-
drohende Drei-Millionen-Defizit ab 2013 turgespräche über die Zukunft der Thürin-
auffangen, rechnet Hinz vor. ger Hochschullandschaft an, parallel berät
„So etwas wäre zu prüfen“, sagt Minis- der Thüringer Landtag über den Haushalt
teriumssprecher Schwinger. Aus Sicht für 2012 und damit auch über einen mög-
des Ministeriums ist der Vorschlag aber lichen Hochschulpakt III. Schon sehr bald
Schritt C vor Schritt A. Erstes Ziel der Po- könnte sich also zeigen, ob die derzeitigen
litik Christoph Matschies sei, im Hoch- Befürchtungen umsonst waren oder wie-
schulpakt III einen Hochschuletat auf dem der eine Schlange von Studenten mit Pla-
Niveau von 2010 zu verankern - und zwar katen und Spruchbändern durch Erfurt
ohne die Mittel des Bundes. „Wenn wir das ziehen wird.
((

Illustration: Anne Bert


Sind wir nicht alle ein
bisschen flunky?

In Erfurt geht Großes vor sich. Im Mai 2010 hat sich hier eine neue politische
Bewegung gebildet, die mit ihrem Programm klare Positionen bezieht und damit
manchmal auch entzweit. Ihre Anhängerschaft wächst stetig und macht den
etablierten Parteien damit Konkurrenz, denn ihre volksnahen Praktiken wirken
vereinend und integrativ. Ganz klar: Hier ist von der Hochschulgruppe Flunky-
ball die Rede – Kennern unter dem Kürzel HSGFB bekannt. campus:echo hat die
selbsternannten Vordenker unserer Zeit getroffen.

von Mirjam Triebe

06|07
D
ie Pioniere der HSGFB haben mit methode genutzt, bei der Zustimmung veröffentlicht dazu Stellungnahmen, wie
campus:echo gesprochen und so oder Ablehnung signalisiert werden, in- zum Beispiel die „Harzer Thesen“. Darin
konnten wir eine ihrer berüch- dem mit faustförmiger Hand auf den Tisch spricht sie sich für „Ehrlichkeit, Solida-
tigten Zusammenkünfte aus erster Hand geklopft wird. Ein Unterscheidungsmerk- rität und Integrität“ aus. In der „Agenda
miterleben. Flunkyball, der vielleicht be- mal von anderen politischen Gruppen. 2011“ rücken die Flunkys eine nachhaltige
liebteste und trinkfesteste Mannschafts- Auf der gemeinschaftlich abgestimm- politische Arbeit ins Zentrum des Inter-
sport der Gegenwart, ist bei dieser Grup- ten Tagesordnung steht zunächst einmal esses. Ihr Botschafterprogramm hat das
pierung Programm. Einerseits rekrutiert das traditionelle Semesterabschluss- Ziel, ihre Vision auch an andere bundes-
sie mit diesem Spiel ihre meisten Mitglie- Flunkyball. Einer der Flunkys befürwortet deutsche und internationale Universitä-
der und stärkt damit andererseits den Zu- die Durchführung eines solchen auch im ten weiterzutragen. Auch Fortschritt wird
sammenhalt und die politische Entschlos- Winter: „Das Kälteargument muss man bei ihnen groß geschrieben und so sind
senheit. Frauen wie Männer werden mit mental überwinden.“ Ein anderer pflich- alle aktiven Flunkys auch automatisch
dem genossenschaftlichen Titel „Flunky“ tet ihm bei, man müsse „der Natur die Mitglieder des Vorstands, der mit solchen
angesprochen, um die egalitären Struktu- Stirn bieten.“ Die HSGFB zeigt Entschlos- Ressorts wie „Competition and Rules“
ren zu betonen. Martin Krybus, der geis- senheit und beschließt ein umfangreiches oder „Research“ die fortlaufende Effizi-
tige Vater der Flunkys, legt besonders auf Werbeprogramm, um ihre Denkimpulse enz- und Qualitätssteigerung ihrer Arbeit
die integrative Kraft des Spiels Wert, das öffentlichkeitswirksam zu propagieren. vorantreiben möchte. Das Vorstands-
„Solidarität und Leistung“ fördere. Wit- Die HSGFB besteht heute, dank offensi- mitglied Marten von Werder ist von den
terungsbedingt trifft sich die HSGFB im ver Programmatik, bereits aus der zweiten „flachen Hierarchien“ begeistert, die eine
Winter in einer der urigen Erfurter Knei- Generation von Flunkys, die sich unter ständige Verbesserung der Leistungen er-
pen, wo hoffnungsvoll auf die Outdoor- anderem am Gründungsmythos der ers- möglichen, und meint: „Wir werden uns
Saison hingefiebert wird. Die Flunkys ten Generation orientieren. Krybus, der immer weiter steigern.“
bezeichnen sich als „konservativ-inkon- im siebten Semester Staatswissenschaften Die visionäre Energie der HSGFB wird
sequent“ und so verlaufen ihre wöchent- studiert, erklärt die Notwendigkeit der deutlich, als während der Sitzung ein neu-
lichen Sitzungen auch eher unverkrampft. Gruppierung damit, dass „große Ideen im er konservativ-inkonsequenter Master-
Nach und nach füllt sich der Stammtisch Raum schweben und sich in bestimmten plan unter dem Arbeitstitel „Campus 21“
bis sich schließlich um die 13 Flunkys Konstellationen manifestieren.“ entwickelt wird. Dessen Inhalt ist jedoch
eingefunden haben und zunächst einmal Kritiker unterstellen der HSGFB, sie noch „top secret“ und so können wir un-
„Socialising“ betreiben. Beim eigentlichen sei ein Spaßverein ohne tatsächliche seren Lesern leider nicht mehr verraten,
Sitzungsbeginn wird ein Gesprächsführer politische Botschaft. So sei das Flunky- als dass die Flunkys wiedermal einen ganz
gewählt. Hierbei wird eine innovative Ab- ballspiel ihr eigentliches Kerninteresse großen Coup landen möchten. Es sei nur
stim- und es ginge letztlich nur darum, gesagt, dass ihr neuester Aktionsplan
Alkoholkonsum den Anschein Antworten auf die gesamtgesellschaftli-
von politischer Relevanz zu che Krise sowie zu unterirdischen Kon-

Unbekannte Flunkyballspieler auf dem Campus. Prost! // Photos: Jan Steinhauer


geben. Diesem Vorurteil fliktpunkten bieten will. So schlussfolgert
widerspricht die Gruppe campus:echo: die HSGFB scheut sich
energisch und führt zum nicht vor politisch brisanten The-
Beweis ihr Grundsatz- men.
((

programm und ihre

1 .
Satzung an. „Prag-

e n
matisch-program-

Wa r t matisch“ möchte
die HSGFB an
die Probleme
der Zeit her-
mungs- angehen und

fe n 2 .
We r

3. Treffen und Trinken


Hipp im Hörsaal
Jährlich entscheiden sich etwa 123.000 Studierende für ein Studium mit Kind. Das sind immerhin sieben Prozent.
Warum treffen sie diese Entscheidung? Wie ist die finanzielle Situation für studierende Mütter und Väter und wie
kriegt man Kinderbetreuung, Haushalt, Partnerschaft, Lernen und Freizeit unter einen Hut?

von Lara Ludin

E
lla* und Helene* wissen Antwor- stimmen den Alltag der jungen Mütter. loses Mittagessen oder eine Spielecke sei,
ten auf diese Fragen. Sie gehören Ständig müssen Prioritäten gesetzt wer- dass das in den Köpfen der Menschen, vor
zu den rund 100 Eltern an der den. Um zwölf Uhr nachts zu Hause sein, allem auch der Mitarbeiter angekommen
Uni Erfurt. Wer mit ihnen spricht, dem damit morgens der Partner nicht auf sich sei. „Es gibt keine Regel dafür, dass ich
wird schon bald klar: Studium und allein gestellt ist. Eine Vorlesung versäu- mit meinen Kindern und dem riesigen
Kind sind nicht nur vereinbar, sondern men, weil die Kleine ihre Zähne bekommt. Kinderwagen in die Bibliothek darf, aber
in mancher Hinsicht sozusagen „wie Ständig müssen Kompromisse gemacht dennoch schaut mich dort niemand selt-
füreinander geschaffen“. werden, ständig bedauert man, dass man sam an“, erklärt Ella. Manch ein Professor
Für Helene, die nach dem zweiten Se- nicht genug Zeit hat. Doch dieses Problem scheint die Botschaft jedoch noch nicht
mester ihre kleine Tochter bekam, war die hätten alle, meint Ella. Jeder müsse Prio- vertsanden zu haben, wenn Sätze wie „....
Schwangerschaft zunächst ein Schock. riäten setzten und bei ihr seien eben die selber schuld, wenn du als Studentin ein
Doch jetzt ist sie der Meinung, dss Studi- Kinder eine Komponente, die mit einbezo- Kind kriegst“ geäußert werden. Doch im
um sei die beste Zeit für ein Kind. Nie wie- gen werden muss. Allgemeinen reagierten die Lehrenden
der bekäme man im späteren Berufsleben Das Schwierigste sei, wie beide sagen, durchaus positiv, wobei viele auch einfach
soviel Zeit für sein Kind. Genauso sieht sich ein Zeitfenster zum Lernen frei- nichts vom Mutterglück wüssten.
das Ella, die vor dem Studium zwei Kinder
bekam. Die beiden waren keine Unfälle,

Photo: Flickr User tanya_little


sondern wie sie es formuliert „Leicht-
sinn“. Sie und ihr Freund hätten gewusst,
dass, wenn es dazu käme, Kinder auf
jeden Fall auch neben dem Studium
machbar wären. Ella betont allerdings,
dass das Studium zwar zeitlich einfacher
mit einem Kind zu vereinbaren sei, finan-
ziell allerdings nur bedingt.
Mit BAföG, Kindergeld, Berufsausbil-
dungsbeihilfe (BAB), Lohn, Elterngeld
und Thüringer Erziehungsgeld kommt sie
gut über die Runden und Ella ist in die-
ser Hinsicht „froh über den Sozialstaat
Deutschland“. Den größten Batzen in die-
ser Rechnung, das Bafög, bekommt sie al-
lerdings nur, weil sie ein Vollzeitstudium
absolviert. Anders sieht es bei Helene aus.
Weil für sie von Anfang an nur ein Teil-
zeitstudium in Frage kam, bekommt sie
kein BaföG. Schon vor der Geburt war die zuhalten, sich abends, wenn die Kin- Vollkommen unproblematisch seien
finanzielle Versorgung ihre größte Sor- der schlafen nochmal aufzuraffen. Doch hingegen die Reaktionen der übrigen Stu-
ge. Sie und ihr Freund müssen mit ihrer die Entscheidung, ein Kind vor und denten und Studentinnen an der Uni auf
kleinen Tochter mit rund 1200 Euro im während des Studiums zu bekommen, ha- den Anblick einer Studentin mit Kind im
Monat auskommen, was jedoch nach ih- ben beide nie bereut. Arm. Man nehme zwar schon eine gewisse
rer Aussage vollkomme ausreichend sei. Eine Erleichterung im alltäglichen Sonderrolle ein und könne förmlich se-
Dennoch: sehr „kinderfreundlich“ ist Mutter-Studenten-Leben stellen die vie- hen, wie der Gedanke: „Man, so jung und
diese Bafög-Regelung nicht, denn man len kleinen Hilfestellungen der Uni Erfurt schon ein Kind“ durch die Köpfe fährt,
muss sich als Elternteil sozusagen dar, die sich seit 2005 eine familienge- allerdings begegneten einem die anderen
zwischen einem Vollzeitstudium und rechte Hochschule nennen darf. Zu den vor allem mit Neugier, Hilfsbereitschaft
Geld (Bafög) und einem Teilzeitstudium Hilfen zählen etwa die „Räuberhöhle“, und Respekt vor der Situation.
((

und Zeit entscheiden! die flexible, kostengünstige Kinderbetreu-


Entscheidungen und vor allem auch ung bietet, oder der Wickelraum nahe der *Namen von der Redaktion geändert
genaues Planen und Koordinieren be- Mensa. Viel wichtiger aber als ein kosten-
08|09
„Basement steht für das Fundament!“
Seit einigen Jahren rauscht sie geradezu rhythmisch in konstant jährlichen Abständen durch unsere Ohren, die
Forderung: „Bildung für alle, und zwar umsonst!“. „Mensch, gute Idee!“, denken sich die Meisten da immer wieder.
„Alles klar, das machen wir möglich!“, dachten nur Wenige. So entstand „Basement“, ein studentisches Projekt zur
ehrenamtlichen Bildungsunterstützung für Kinder, die die Kosten einer gewöhnlichen Nachhilfe nicht aufbringen
können. campus:echo möchte zwei der Mitglieder des zum Jahreswechsel gegründeten Vereins kurz vorstellen.

von David Summe

H
enrik Gerken ist sozusagen der keit ist. Ebenfalls bietet die ehrenamtliche
Pionier. Der erste Mentor - so Tätigkeit einige Vorzüge. Auf Dauer ist
die Bezeichnung für die Nachhil- geplant, die Hilfe als Praktikum beschei-
felehrer - der kurz vor Weihnachten das nigen zu können, das so auch für den Ba-
erste Mal zum St. Vinzenz Kinder- und chelor anrechenbar werden könnte. Bei
Jugendheim in der Nähe des Domplatzes den Schülern handelt es sich um ein Zwil-
fuhr, um sich dort mit den ersten beiden lingspaar, Bruder und Schwester, zehnte
Nachhilfeschülern zu treffen. Dort wurde Klasse. Nach Unterstützung gefragt haben
zunächst der Rahmen besprochen und die die beiden selber. Das Heim leitete die
Inhalte, bei denen Bedarf besteht, geklärt. Anfrage weiter an den Stadtjugendring
Jetzt trifft sich der 22-jährige Henrik wö- Erfurt, den Dachverband der Jugendar-
chentlich mit ihnen. Der Staatswissen- beit in Erfurt, mit dem Basement zusam-
schaftler wirkt eher etwas schüchtern auf menarbeitet. Für Gerken ist es wichtig,
den ersten Blick. „Ich brauch immer so „eine Vertrauensbasis mit den Schülern
eine gewisse Zeit wenn ich irgendwo neu aufzubauen“. Er trifft bei den Schülern
reinkomme, bis ich dann richtig aufblü- auf das Bewusstsein, ohne Bezahlung Hil-
hen und auch die Person sein kann, die fe zu bekommen. So verändern sich auch
ich bin.“ Es macht ihm viel Spaß anderen das Verhältnis zueinander und die Art der
etwas zu erklären und beizubringen, was gegenseitigen Wertschätzung.
auch hilfreich für eine spätere Lehrtätig-
Henrik Gerken / Photos: Thomas
Schmelzer

D
er Staatswissenschaftler Sebasti- und aktiv auch vor Ort in den Jugend-
an Volberg hatte die Idee für das clubs Erfurts beworben werden. Mit der
Projekt vor etwa einem Jahr. Es Zeit wollen sie so immer mehr Kontakte
gab damals bereits ein Nachhilfeprojekt aufbauen. Doch noch sind einige Hürden
der Hochschulgruppe Weltblick in Zu- zu überwinden. So ist der Jahresablauf
sammenarbeit mit einer Schule. Eine Aus- von Schülern und Studenten sehr unter-
weitung schien dem 22-Jährigen sinnvoll, schiedlich und es wird sich zeigen, ob es
und da die Streetworker im Rieth bereits gelingt, langfristig für das Projekt zu be-
ausgelastet waren, begann er selbst, Mit- geistern. Basement möchte jedoch alle
streiter zu suchen. Wenn er von Basement ansprechen und auf den gemeinsamen
spricht, wirkt Sebastian sehr motiviert Nenner „Bildung zur Verbesserung von
und überzeugt. „Rufen ist das eine, aber Zukunftsperspektiven“ bringen. So sollen
wirklich an der Basis etwas machen das alle Beteiligten Vorteile daraus ziehen.
andere“. Zum Schluss erklärt Sebastian noch, wie-
Er und seine Kollegen haben sich sehr so eigentlich dieser Name gewählt wurde:
gefreut als sich nach den ersten Infor- „Basement steht für das Fundament. Egal
mationsabenden tatsächlich schon 20 ob du darauf herumtanzt oder malst oder
Studenten als Mentoren für Basement was auch immer. Es besteht aus Bildung
anmeldeten. Nach der Vereinsgründung und Selbstbewusstsein, damit jeder frei
soll das Projekt nun langsam ausgeweitet sein und seine Zukunft gestalten kann.“
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Sebastian Volberg
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Den Bachelor in der Tasche – und was beitgebern teilweise unbekannt sind. siker. Auf www.go-jobware.de, einem
dann?“, liest sich zurzeit auf der Start- Neben solchen unvermeidlichen Hür- Portal für Stellensuche und Bewerbungs-
seite der Uni Erfurt. Gute Frage, denkt den entscheiden über den Erfolg ei- tipps, findet sich dazu folgender Rat: „Auf
man sich spätestens im fünften Semester ner Bewerbung eine aussagekräftige drei Stärken sollte eine Schwäche kom-
und bemerkt, dass der Zeitpunkt kommt, Bewerbungsmappe und ein positives men. Anstatt eine als Schwäche getarnte
sich ernsthaft mit ihr auseinanderzuset- Vorstellungsgespräch. Tobias Hock ist Stärke zu nennen, sollte eine tatsächliche
zen. Nach einer Befragung des Instituts Personalvermittler bei einem großen Schwäche in Verbindung mit Wörtern wie
für Hochschulforschung des Hochschul- Dienstleistungsunternehmen und führt ‚manchmal‘, ‚ab und zu‘, ‚es kommt vor‘,
informationssystems (HIS) beginnen bis als solcher seit über fünf Jahren Bewer- ‚früher‘ dem Gesprächspartner näher ge-
zu 80 Prozent der Bachelor-Absolventen bungsgespräche für andere Firmen durch. bracht werden.“ Mit drei Stärken und ei-
an Deutschlands Unis innerhalb von neun Für ihn zählt im Gespräch vor allem eine ner Schwäche ist man also zu drei Vierteln
Monaten ein weiteres Studium, meistens ehrliche und selbstbewusste Darstellung ein guter Mensch, aber ob diese Rechnung
in Richtung Master-Abschluss. Jeweils der eigenen Person. im Gespräch aufgeht? Und ob es sinnvoll
ungefähr zehn Prozent beginnen in die- Trotzdem sind viele auf der Suche nach ist, zu behaupten, die Schwäche sei „frü-
sem Zeitraum zu jobben oder fangen ein einem Masterplan für die Bewerbung und her ab und zu“ vorgekommen? Tobias
Praktikum an, während nicht mal jeder so gibt es online vom „personal trainer“ für Hock hält dagegen: Schwächen sind ihm
Zwanzigste einer regulären Erwerbstätig- das Bewerbungsgespräch bis zur fertigen zufolge menschlich und können, mit dem
keit nachgeht. Zu den Hauptproblemen Bewerbungsmappe zum (kostenpflichti- nötigen Humor rübergebracht, sogar sym-
für Studierende, die frisch von der Uni ins gen) Download und selber ausfüllen alles pathisch sein. Die Ehrlichkeit testet er am
Arbeitsleben einsteigen wollen, zählen bei zum Thema. Wenn Hock die Bewerber besten sofort: „Wenn jemand mit seinen
jedem zweiten, dass entweder mehr Be- zum Gespräch bittet, landet das Gespräch fließenden Englischkenntnissen prahlt,
rufserfahrung gewünscht wird, oder dass meist früher oder später bei den persönli- spreche ich einfach auf Englisch weiter
die neuen Bachelor-Abschlüsse den Ar- chen Stärken und Schwächen – ein Klas- und erwarte auch englische Antworten.“

10|11
04|05
Beim Gedanken an Bewerbungsgespräche bricht bei vielen der kalte Schweiß aus. Die Vorbereitung dafür, sich
einem unbekannten Personalchef möglichst positiv zu präsentieren, ist nur in begrenztem Maße möglich und einen
Königsweg gibt es nicht. Trotzdem finden sich massenweise Online-Ratgeber - doch deren Nutzen ist oft zweifelhaft.

von Nikolas Linck

Auch das Bundesministerium für Wirt- mehr schiefgehen kann, sollte nach Tobi- nützt, denn wer die Auskunft verweigert,
schaft und Technologie hält auf seiner as Hock das äußere Erscheinungsbild der wirft kein gutes Licht auf sich. Und wenn
Homepage nützliche Tipps parat: Positiv Stelle angemessen sein, für die man sich man die Frage nach einer Schwanger-
komme rüber, wer die ganze Zeit „freund- bewirbt. Eine Führungskraft in spe sollte schaft nicht beantworten möchte, wird
lich lächelt“ und sich „bequem hinsetzt“, wohl im Anzug erscheinen, ansonsten gilt wohl jeder die entsprechenden Schlüsse
negativ dagegen sei eine „doppelte Porti- man damit als eher overdressed. daraus ziehen.
on Gel im Haar“. Ob ein permanentes Lä- Ein weiterer wichtiger Punkt für Hock Auch wenn gegen solcherlei Diskrimi-
cheln vielleicht etwas debil rüber kommt ist das Alter des Bewerbers: Während für nierung noch viel getan werden muss,
ist wahrscheinlich, genau wie die Frage, ihn mit 22 Jahren die Gefahr besteht, dass sollte man dem eigenen Bewerbungsge-
was genau eine bequeme Sitzposition ist, der Bewerber noch zu unreif ist, ist er ab spräch entspannt entgegenblicken. Hock
eine Ermessenssache. Vielleicht mit den 50 Jahren definitiv aus dem Rennen. Das zufolge gehören zu den wichtigsten Eigen-
Füße auf dem Schreibtisch des Chefs? Interessante hierbei ist, dass laut dem All- schaften Sprachkenntnisse und Praxiser-
Präziser wird die optimale Sitzposition gemeinen Gleichstellungsgesetz (AGG), fahrung, diese sollte man hervorheben. In
auf www.personal-wissen.de beschrieben: das seit August 2006 in Kraft ist, über das manchen Bereichen sei das Diplom zwar
„Setzen Sie sich im Vorstellungsgespräch Alter gar keine Auskunft gegeben werden immer noch dem Bachelor voraus, doch
gerade hin. Die Beine stehen leicht geöff- muss. Um Diskriminierungen aufgrund das Ungleichgewicht verschwinde all-
net parallel am Boden. Die Arme sollten von Alter, Geschlecht, Ethnie oder sexuel- mählich. Das Zwischenmenschliche sei oft
nicht verschränkt werden. Wenn Sie mit ler Orientierung entgegenzuwirken, gelten bedeutender als die Noten und der erste
einem Stift oder ähnlichem spielen, be- Fragen nach diesen Belangen als unzuläs- Eindruck entscheide viel. Deshalb: Locker
ruhigt Sie das zwar vielleicht, es lässt Sie sig und müssen nicht beantwortet werden. bleiben und ausnahmsweise mal pünkt-
aber auch nervös wirken. Setzen Sie sich Auch ein Foto in der Bewerbungsmappe lich sein!
((

nicht breitbeinig hin.“ Auch wenn mit pa- ist keine Pflicht. Es ist jedoch fraglich, ob
ralleler Beinstellung anscheinend nichts das Gesetz den Bewerbern in der Realität
Non oeconomicae, sed vitae
von Hendrik Schüler

B
achelorabsolventen enttäuschen werden Diplom Ingenieursstudiengänge, gestanden und das ist ja schließlich unser

EINUN
die Wirtschaft - so ist der Titel ei- die meist weit über zehn Semester in An- aller Seelenheil. Folge davon sind extrem
nes Artikels in dem Handelsblatt spruch genommen haben, auf sechs ver- hohe NC’s für die Masterstudiengänge, die
vom 18. Januar 2011. Neben fehlendem kürzt, um den „23-jährigen Akademiker“ den Erfolgsdruck ebenfalls dramatisch
Berufsbezug fordern die Wirtschaftsver- zu bekommen, um dann zu merken, dass erhöht. Mehr Erfolg in weniger Zeit -
treter weiter die Verlängerung der Bache- dies irgendwie nicht zu klappen scheint. das hört sich gut an und klingt wie ein
lorstudienzeit auf sieben oder acht Semes- Um an der Uni Erfurt Grundlagen und Wirtschaftsunternehmen.
ter. In einem Interview in der gleichen Einführungen zu bekommen, schreibt Dass die Überzeugungen, Unis müss-
Zeitung vom 28. Dezember 2010 beklagt man im Studiengang Staatswissenschaf- ten wirtschaftlich arbeiten (siehe LUBOM
sich die Bundesbildungsministerin Scha- ten in den ersten beiden Semestern an die in Thüringen) und die Studenten sollten
van „Die Wirtschaft hat jahrelang den 20 Klausuren. Ob dies noch irgendwas mit perfekt für den Arbeitsmarkt ausgebildet
23-jährigen Akademiker gefordert. Nun dem Humboldtsche Bildungsideal zu tun werden, schon längst Einzug gehalten ha-
muss sie das Versprechen, das sie den jun- hat, darf in Frage gestellt werden. Gott sei ben, wird wohl niemand mehr bezweifeln.
gen Leuten gegeben hat, auch einlösen“. Dank hat die Politik für uns mitgedacht Was mir Sorge bereitet, ist die offensicht-
Die Zeiten in denen Bildung und die In- und die Masterstudiengänge so gestaltet, liche Übergehung und damit Verhöhnung
teressen der Studierenden im Mittelpunkt dass nur circa 30 Prozent der Bachelorab- der Studenten. Die Wirtschaft, und nicht
stehen, scheinen vorbei zu sein. Jede Re- solventen einen Masterplatz kriegen. Wir das Wohl der Studenten ist maßgebend
form orientiert sich an den Interessen „der hätten ja sonst unverantwortlich der Wirt- für die Bildung in Deutschland.

((
Wirtschaft“. Völlig an der Realität vorbei schaft zwei Jahre weniger zur Verfügung

Club Mate Lifestyle - Das grüne Gold der Indios


von Linda Rustemeier

C
lub Mate ist kein Getränk, was ger- und Durstgefühle stillt, wird Mate als unpolitisch sowie unkritisch, kapita-
auf den ersten Schluck richtig gut dort angepriesen aber eher kaum in einer listisch, pseudo-alternativ verschrienene
schmeckt. Um genauer zu sein, ist Retro-Glasflasche serviert. Stattdessen Generation? Wohl kaum, denn Club Mate
es ein Gesöff, was gewöhnungsbedürftig trinkt man es traditionell aus einem Kür- ist auch nur ein beliebiges Statussymbol,
ist. Erst einmal daran gewöhnt, entwi- bis, denn Mate heißt übersetzt Kürbis. mit denen Individualität und Interesse
ckelt sich ein Geschmack, der schluss- Die Geschichte der Kürbisbrause in am Besonderen signalisiert werden soll.
endlich süchtig macht. Auch ich und viele Deutschland startet erst 1994, als die Doch am Ende treffen sich alle wieder
meiner Kommilitonen lieben mittlerweile Brauerei Loscher aus Münchsteinach im am gleichen Punkt. Vor lauter Individua-
dieses außergewöhnliche Sprudelwasser bayrischen Steigerwald die Lizenz zur lität sind sie plötzlich ganz konform. Da-
und geben sich des Öfteren dieser durch- Herstellung eines Getränk kaufte, welches bei ist die Idee nicht schlecht, wenn statt
aus kaffeeersetzenden Erfrischungsquel- bereits 1924 entwickelt wurde und frü- einer braunen Brause aus Atlanta fast
le hin. Club Mate ist zum Kaffee-Ersatz her den liebevollen Namen „Sekt-Bronte“ ungesüßte Limonade aus Münchsteinach
aber auch, lass es mich nicht leugnen, trug. Spätestens als aus „Sekt-Bronte“ getrunken wird. Doch führt dies zu et-
zum Szenegetränk geworden. Ein splee- Club Mate wird, steigt der Umsatz (und was oder ist es nur die Erfüllung der ge-
niges Erfrischungsgetränk adaptiert der Preis) jener Frankenfirma stetig. sellschaftlichen Mindestnorm? Ich sehe
von den avantgardistischen Yuppies Besonders in Kombination mit Vodka viele Worte und am Ende doch zu wenige
von morgen und von mir. Club Mate ist und Rum wird es nun in hippen Clubs ser- nachhaltige Taten. Sicher, auch Club Mate
schon längst nicht mehr nur Durstlö- viert und ist Pflicht in vielen Bars, die etwas ist Verantwortung, doch wie sinnvoll ist
scher sondern vielmehr ein stilbildendes auf sich halten. Berlin ist längst erobertes es, wenn wir unser Verantwortungsbe-
Accessoire in Form eines Lebensmittels. Club Mate Areal und ein gängiges Acces- wusstsein als Schmuck in der Jute-Ta-
Gewonnen wird der Rohstoff für Club soire auf den Straßen der Kieze. Wenn ich sche mitschleppen können? Lieber mehr
Mate aus dem Yerbastrauch, dessen Blät- das alles mit ansehen muss, stellt sich mir Charakter im Herz als in der Flasche.
ter in der indianischen Medizin sogar ge- die Frage: Sind wir schon Generation Club Mehr Offenheit und weniger Selbstinsze-
gen Gicht, Fieber und Gelbsucht benutzt Mate geworden? Ist dieses Getränk als nierung. Nicht nur den Indios zuliebe.
werden. Auch als idealer Schlankmacher, neue green-gewashte Ikone im negativs-
((

der auf natürliche Weise quälende Hun- ten Sinne mitverantwoertlich für unsere

12|13
A
chtung, jetzt wird’s spießig! Es folgt ein Plädoyer für die Stille. Für die Ruhe vor SMS-Gepiepse und nervigem Getu-
schel in der Bibliothek. Es ist ganz einfach: Zum Kicken geht man auf den Bolzplatz, zum Tratschen ins Café und zum
Feiern in den Club. Für fast jede Tätigkeit gibt es sozusagen einen prädestinierten Ort. Und der „Place to be“ zum
Lernen, Lesen und Recherchieren, das ist die Bibliothek. Wie am Fußballfeld und in der Disko gibt es auch hier ein paar
Regeln. Niemand würde auf die Idee kommen, den pöbelnden Fan anzumotzen, weil er gerade seine Hasstirade auf den
Schiri über den Platz brüllt. Keiner findet es scheiße, wenn jemand im Café telefoniert. Dagegen kommt es nicht so
gut, im Club die Bässe runter zu drehen. Oder den Fußballern ihr Bier zu verbieten. In der Bibliothek ist das Regel-
EINUN
werk besonders einfach: Ruhe! Stille! Also keine Handys, keine Plaudereien und keine dröhnenden Kopfhörer.
Klar ist auch, warum diese Regeln einen Sinn ergeben. Viele Menschen können sich eben nur richtig kon-
zentrieren, wenn es ruhig ist. Dass es manchen Leuten nichts ausmacht, wenn neben ihnen jemand zum
Plausch ausholt, ändert daran nichts. Rücksichtnahme heißt hier das Stichwort – klingt uncool, ist aber
manchmal ziemlich nett. Und außerdem: zum Tratschen ist das Hilgenfeld sowieso viel gemütlicher
und Lerngruppen dürfen in den Gruppenräumen sogar auf ihr Pseudo-Geflüster verzichten.
Zuletzt der wissenschaftliche Beleg: Ende 2008 untersuchten Forscher der Cardiff Univer-
sität, wie sich Unterbrechungen auf die Konzentration auswirken. Das überraschende Er-
gebnis: negativ. Schon kleinste Ablenkungen wie Pop-Up-Fenster verlängerten demnach
die Arbeitszeiten um Längen. Nach Angaben einer anderen Studie schnitten bekiffte
Sti

Probanten beim Lösen mittelschwerer Aufgaben sogar besser ab als ihre Kollegen,
die unter dem Einfluss einer E-Mail-Flut standen.
lle

Würde sich also jeder an die wenigen Regeln der Bibliothek halten, könnten
entweder alle Benutzer mit Joints durch die Bücherhallen schweben, oder
ihre Hausarbeiten schneller beenden und sich dann den wirklich schönen
in d

Dingen des Lebens widmen.

((
er

Contra Pro
Bib
o

von Jan Steinhauer von Thomas Schmelzer

I
n der Ruhe liegt die Kraft sagt der Klein-
geist und ich könnte schreien! Denn welche
Sache entwächst bitteschön vollkommener
Stille? Beim Straßenbau rüttelt es, die Straßenbahn
piept wie verrückt und auch des Studenten Espresso
kommt nur mit einem Kreischen aus der Maschine.
Ich arbeite auch gerade recht kraftvoll an meiner Hausar-
beit, genauso wie meine anderen Leidgenossen um mich herum
im ersten Stock der Bibliothek. Das große Fenster eröffnet mir den
Blick auf die Stadt, der ich mich gerade entziehe, die Bücher schützen
mich von hinten. Alle ackern und arbeiten auch daran dies möglichst
leise zu tun. Es ist schon etwas später und bei einigen steigt die Spannung.
Doch noch schaut keiner auf. Der Typ vor mir schnauft jedoch schon seit
einer halben Stunde über seinem armdicken Buch wie ein undichter Luftbal-
lon. Seine Nachbarin rettet sich dagegen schon länger in profanen Voyeurismus in
fremden sozialen Netzwerken. 18:51 Uhr im größten Büro Erfurts.
Viele die hier um mich rum sitzen sind sicher froh, dass sie nicht irgendwelche Dinge
mit kreischenden Werkzeugen bearbeiten müssen; dass keine Handwaschpaste auf der
Toilette stehen muss. Dennoch nennen wir das, was hier geschieht Arbeit, denn wir den-
ken Arbeit als Überwindung von Widerständen. Der Luftballonkopf schnauft dazu wissend.
Vor meinem inneren Auge sehe ich die gewaltigen intellektuellen Schläge seines Hirns gegen die
Primärliteratur vor ihm. Das wirkt anstrengend ist aber akustisch einwandfrei. Ich frage mich, ob er
nicht vielleicht aufstehen und seinen Tischnachbarn um Rat zu bitten möchte. Dieser jedoch hat den
Kopf, seinerseits forschungsethisch einwandfrei, huldvoll gesenkt.
Luftballonkopf schaut sich um. Auch seine vermeintlichen Kommilitonen sind gedanklich versenkt oder
tauchen verschämt ab. Er schaut nun vergeblich eine Weile umher, denn Kommunikation gehört zwar zum
Standartwerkzeug in der Forschung jedoch nicht zum Verhalten in der Bibliothek. Das ist natürlich auf der einen
Seite sehr sinnvoll, denn Menschen (und gerade Studenten) sind ja in allem was erlaubt ist maßlos. Für unseren
Jungen mit dem Fragezeichen über dem Kopf ist es nicht zuträglich, dass Fragen oft erst an den Spinden oder im
Hilgenfeld geklärt werden. Auch ich bin schon wieder abgetaucht und nach wenigen Minuten höre ich erst ein Rascheln,
dann Scharren von Metall über den kratzigen Teppichboden und schließlich schlurft er an mir vorbei, mit vollgeladenem
Bücherkorb und einer Menge offener Fragen.
((
TANZBAR
Z

No such think as danceable


Leaning on the bar you get chatted up
‘bout: how’re things?
Not too bad, you say
Fancy a drink?
Cider or beer? ‘bit of Rum?
Don’t care, you think
Music sucks
Wanna dance?
Uhm, cheers, not now

Ye don’t like that song? It’s the hottest shit
You think: this is just not tanzbar
But there’s no right word for it
Careful not to sound foreign
Well, catch ye later?
Enjoy, you say
This crappy dancing music

von Mirjam Triebe

14|15
Es ist Leichtigkeit.
Du gibst dir nen Ruck.
Du nimmst noch nen Schluck.
auf tanzbare Heiterkeit.
In der Tanzbar Als ich 17 war, ging ich in eine Tanz-Bar,
ich war jung und naiv und tanzend, na klar,

ich orderte meinen ersten Drink und gab dem Kellner gleich
tanzend Bares,
Es ist ein Spiel. der meinte „Tighter Tanz“ und da sprach er Wahres,
Du liegst gut im Rennen.
Du spürst das Brennen, so ließ ich ihn zurück, den armen Bar-Hans,
ohne Stress, ohne Ziel. und bahnte meinen Weg durch den ganzen Bar-Tanz,

Es ist Nichtigkeit. ich traf eine Lady, die war sehr tanzbar,
Du musst nichts verstehen. mit ihr wurde ich auch schnell ganz tanznah,
Du kannst alleine nach Hause gehen.
Arschfahle Beliebigkeit. bald näherte sich mir ein wütender Er, in wahrem Tanz-Wahn,
der sagte „Bei dem Tanz kann‘scht gleich mit‘m Sanka nach
Es ist ein schönes Land. Hause fahr‘n“,
Du vermisst es zu häufig.
Du genießt es beiläufig. ich mimte noch den unschuldigen Tanzbär,
Dir kommt es hoch. doch bleiben konnte ich, also tanzend, nimmermehr,

Rauschende Melodie; am nächsten Abend entschied ich mich für eine Steh-Disco.
Sie reicht dir ihre Hand.
von David Summe
von Julian Kasten

heftcampus
„Willst Du ficken oder tanzen?“

„Tanzen kann ich nicht“


Relativer
Rhythmus
Selbst in einer Tanzbar
Ist nicht alles tanzbar.
Ist etwas nicht tanzbar,
Dann ist auch kein Tanz da.
An der Bar der Tanzbar
Drängen sich dann Tänzer,
Um sich da mit Wodka
Einen Rhythmus einzupegeln.

von Ngoc-An Phan Tran

Un - Tanzbar ?
Wenn der typische Student, in Erfurt besser, die Studentin, ausgeht,
hat sie vergleichsweise wenig Auswahlmöglichkeiten. Warum ist das
eigentlich der Fall? Als Zugezogener probiere ich eine Analyse der
Umstände und merke es geht dabei um Zeitmanagement, Workload
und all die anderen perversen Ausdrücke, die uns dabei beraten wollen
unsere Zeit effizient zu nutzen, ganz als ob Zeit eine Ressource sei, die
man nutzbar machen könnte. Diese Struktur schafft natürlich auch den
Rahmen zum Feiern und deren Achse des Bösen bilden die Schweißburg
und der Presseklub. Hier darf man sich gelegentlich zu festen Zeiten
miteinander amüsieren.
Aber Vorsicht, morgen kommt wieder der fest einstudierte und
bei den meisten Studentinnen mittlerweile obligatorisch kommen-
de Spruch. „Nee du ich hab Vorlesung/Seminar/Lerngruppe“.
Die studentische Freiheit ist Geschichte und deren Resultat ist
Homogenität. Im schlimmsten Fall wird dies dann auch noch
auf die Tanzfläche projiziert. Wir sehen Frauengrüppchen weit
und breit. Daneben stehen die Gruppen männlicher Rudel-
tiere, die mehr schlecht als Recht von einem Bein aufs Andere
wackelnd weder Rhythmusgefühl, geschweige denn Erfolg bei
den Weibchen haben. Nach ungezählten alkoholischen Beila-
gen verliert dann auch der/die Verkrampfteste an Steifheit oder
Illustration: Bernhard Meier

gewinnt sie wieder zugleich. Und an den tanzenden Verhältnissen


ändert sich seither wenig, was eigentlich traurig ist. Wo bleibt da
noch die Ekstase, das Scheitern? Sinngemäß wurde schon Emma
Goldmann zugeschrieben „Wenn ich nicht tanzen kann ist es
nicht meine Revolution!“ Abgang.

von Marvin Lindenberg

16|17
heftcampus

Bleitänzer
Zwischen Ulm und Regensburg traf ich meinen Tänzer. Irgendein Wald
kroch an dem RE4256 vorbei, irgendeine Stadt leuchtete auf der Anzei-
getafel.

Er saß nur da.

Über seinen spitzen Wangenknochen straffte sich frisch rasierte Haut,


seine Augen grün-grau. Die Haare trug er unauffällig und kurz. Auf der
Uniform steckten bunte Abzeichen.

Ich blickte weg.

„Ey!“ Ob ich nicht mal helfen könne! Wo ich denn meine Augen hätte?
Ich dachte an meinen Rucksack mit dem großen Peace-Aufnäher, daran,
dass ich mit dieser ganze Sache doch gar nichts zu tun haben und viel
lieber feiern wollte. Für irgendeinen Weltfrieden, für was auch immer.

Er erzählte von seinem Tanz.


Heiß sei es in dieser Hölle „da unten“ gewesen, und gedrückt hätten die
endlosen Explosionen wie die Bassschläge hier in den Clubs.

„Und wir haben getanzt.“

Leichtfüßig sei so ein Tanz nicht, denn auch im Staub und in der Glut
ziehe einen die kiloschwere Rüstung auf den Boden. „Wie doppelte
Schwerkraft, wie Blei.“

An jenem Freitagabend, da habe er sich ganz besonders auf seinen Tanz


gefreut. Feuerwerk krachte in den Himmel und im Staccato feuerte „der
Feind“ weiße und gelbe Linien in die Nacht. Alles sei so gewesen wie
immer.

„Diese geile Angst, dieses blinde Vertrauen auf deine Jungs.“

Nach dem Filmriss sei er erst in Deutschland wieder aufgewacht. In


weißen Sälen, allein - seine Jungs weit weg.

„Diese Scheisse hier, diese verdammte Angst.“Und nein, ich könne das
nicht verstehen. Niemand könne das verstehen, der nicht da gewesen sei.

Endlich fuhr mein Zug ein, Moosburg stand auf den blauen Bahnhofs-
schildern. Ich wollte nicht mehr feiern. Und den Weltfrieden ausrufen,
das wollte ich auch nicht mehr.

Beschämt ging ich zu meinem Tänzer ohne Beine und schob seinen Roll-
stuhl aus dem Zug.

von Thomas Schmelzer


Frank bleibt lieber unerkannt.

18|19
Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an...
...möchte man meinen, wenn die Seniorenstudenten wieder fleißig mitschreibend dem Dozenten in die geistig
abenteuerlichen Höhen folgen. Doch nicht alle älteren Studenten sind Rentner. Eine bemerkenswerte Lebensge-
schichte über den 50-jährigen Frank.

von Konstanze Zechendorf

M
it einer schwarzen Aktentasche zukommen. Aber er habe es geschafft, Doch sie seien schnell verflogen und in-
betritt Frank den Hörsaal und sagt er mit leuchtenden Augen. zwischen fühle er sich ausgesprochen
sieht eher wie ein Dozent aus, Nach der Schule begann er eine Lehre wohl: „Ich bin aufgenommen, merke den
der jetzt die Vorlesung halten wird. Still zum Autoschlosser und -elektriker, ar- Altersunterschied nicht und das ist viel
setzt er sich nicht in die letzte, aber auch beitete zwanzig Jahre in diesem Beruf bis wert.“ Er sei heute ehrgeiziger als früher,
nicht in die erste Reihe. Er bleibt im obe- er 1997 aus gesundheitlichen Gründen jetzt nehme er das Studium ernster als die
ren Drittel, am Rand. Mit einem Klacken ausschied. Kleinere Jobs im Rahmen der Schule und Lehre damals. Wenn er nach
öffnet er den Koffer, holt den Schnellhef- von der Arbeitsagentur bezuschussten den Veranstaltungen nach Hause kommt,
ter hervor, schlägt ihn auf der letzten Seite Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen folgten, bereitet er die Sitzungen nach, schreibt
mit den fein säuberlich gemachten Noti- doch das konnte in seinen Augen nicht al- Hausarbeiten, feilt an Referaten. So wie
zen der letzten Sitzung auf. Weil er Lehrer les gewesen sein. Er wollte den Schritt wa- ein ganz normaler Student.
werden will, studiert er seit zwei Jahren gen und entschloss sich zum Studium. Mit Im Hintergrund verkünden die typi-
Geschichte, anfangs im Neben-, jetzt im dem festen Ziel eines Neuanfangs auf dem schen Microsoft-Töne, dass nun sowohl
Hauptfach. „Und das auf dem zweiten Be- zweiten Berufsweg holte er als 43-Jähri- der Dozent als auch der PC für den 90-mi-
rufsweg“, erklärt er stolz. ger 2003 das Abitur in Erfurt nach und nütigen Wissens-Input bereit sind. Doch
Viele Hürden musste er auf dem Weg schrieb sich anschließend an der Universi- Frank plaudert weiter. In der Familie
zur Universität nehmen und dabei jede tät in den Studiengang Erziehungswissen- und im Bekanntenkreis sei die Meinung
Menge Nerven investieren. Gerade der schaften ein. Nach vier Jahren wechselte zu seiner Berufswahl geteilt. Viele zollen
Papierkrieg mit dem Rentenversiche- er zu Geschichte und Evangelische Religi- ihm Anerkennung und unterstützen ihn
rungsträger war anstrengend, bemerkt er on und studiert nun auf Lehramt. Die Idee auf ganzer Linie, während andere eher
knapp. Doch die Perspektive, die ihm die Lehrer zu werden, sei ihm nach dem Aus- ablehnend fragen, wozu er sich den Stress
Lehrerausbildung biete, ist mehr als nur scheiden aus dem Beruf gekommen, als eigentlich noch antue. Doch davon lasse
ein Geschenk und allein dafür habe sich er sich verstärkt in der Kirche engagierte er sich nicht beirren, er habe ein Ziel und
die Anstrengung gelohnt. Eher beiläufig und an verschiedenen sozialen Projekten arbeite darauf hin. „Man muss sich einset-
merkt er an, dass die Chancen auf dem Ar- mitwirkte. Wieso es also nicht einmal ver- zen, um etwas zu erreichen“, sagt er, nach-
beitsmarkt für Leute in seinem Alter be- suchen? dem der Dozent die PowerPoint-Präsenta-
kanntlich nicht die besten seien. Er habe Er könne sich noch sehr gut an den tion an die Wand wirft und ins allgemeine
selbst gespürt, wie schnell das Arbeitsamt ersten Universitätstag erinnern, erzählt Gemurmel hinein um Aufmerksamkeit
Arbeitssuchende in eine Schublade steckt Frank weiter. Als er den Hörsaal betrat, bittet.
und wie schwer es sei, da wieder heraus- habe er „unglaubliche Bedenken“ gehabt. Frank weiß, wovon er spricht.
((

Photo: Anne Bert / Jan Steinhauer


Das wachsende Schloss

A
Seit 2005 wohnen 18 Kilometer von n einem Nieselregennebeltag sam- sitiven Menschenbild ausgeht. Konflikte
Erfurt entfernt rund 60 Menschen melt mich Lea Hinze am Erfurter zwischen den Menschen sind demnach
auf Schloss Tonndorf in einer Lebens- Hauptbahnhof ein. Ich steige ein nur Folgen eins gestörten Kommunikati-
gemeinschaft. Max Heigermoser hat in ihren roten Dacia, ein Händedruck und onsflusses. „Trotzdem sind Konsensent-
Mitgründerin Lea Hinze getroffen ein Augenblick genügen manchmal. Sie ist scheidungen bei 60 Menschen natürlich
und sich von ihr und dem Schloss ver- 31 Jahre alt, hat Zimmerin gelernt, danach eine Herausforderung“, sagt Lea. Ein-
zaubern lassen. Europa bereist, bevor ihr Weg sie nach mal in der Woche trifft sich die Gemein-
Schloss Tonndorf führte. Jahrzehnte lang schaft zum Plenum, um zu diskutieren,
stand das Schloss leer, bevor 2005 die ers- wo es hingehen, was realisiert werden
ten sieben Menschen der Gemeinschaft soll, um Entscheidungen zu treffen. Das
gemeinsam ihren ersten, saukalten Win- kann langwierig, ermüdend, frustrierend
ter vor den Holzöfen verbrachten. Mittler- sein. Doch die intensive Beschäftigung
weile sind aus den sieben BewohnerInnen mit einzigartigen, vielfältigen Menschen
60 geworden. Etwas mehr Erwachsene als ist für Lea ein Geschenk, eine wertvolle
Kinder wohnen auf dem Schlossgelände, Chance, ihre Fähigkeiten im Umgang mit
Menschen aller Altersgruppen. Menschen wachsen zu lassen, auch wenn
Wir fliegen durchs Tauwetter über oft genug alles festgefahren scheint. Um
Landstraßen Tonndorf und dem Schloss zwischenmenschliche Spannungen zu
entgegen. Lea erzählt mir vom Schlossle- erkennen und zu lösen, „leisten wir uns
ben: Es hätte Vor- und Nachteile, wobei schon von Anfang an professionelle Hilfe“,
sie die Nachteile im Grunde auch als Vor- erzählt Lea.
teile sieht. Die Gemeinschaft arbeitet mit Für sie überwiegen die Vorteile: „In gu-
Rosenbergs gewaltfreier Kommunikation, ten Erntejahren leben wir mit unserem
einem Konzept, welches von einem po- Gemüse zu 80 Prozent selbstversorgt.

22|23
20|21
Auf dem Schloss gibt es eine Imkerei, Lea führt mich übers Schlossgelände. oder was Konsens sei? Er hat tiefblaue
Werkstätten, einen biologischen Catering- Hier leben Schafe, sie sehen unfassbar Augen, trägt ein dunkelgrünes Holzfäl-
Service.“ Auch schätzt Lea, dass ihr Sohn gesund aus und mähen mir fröhlich ins lerhemd. Jemand, den man nicht unter-
Jonas eine Vielzahl von Bezugspersonen Gesicht. Auch Hühner und Haustiere der bricht, wenn er spricht.
um sich hat. Anderswo suchen Paare Leih- Kinder haben auf dem Gelände ein Zu- Eine Kommune im Sinne der 68er ist
Omas für ihr Kind. hause. die Schlossgemeinschaft nicht, das ist
Der rote Dacia fährt durch Dunstschwa- Ein Bewohner sammelt alte Motorrä- klar. Damals ging es um Aufgabe von indi-
den die gewundene Auffahrt zum Schloss der. Rostig warten sie auf Instandsetzung viduellem Besitz und Macht, Paarbildung
empor. Es liegt noch etwas Schnee. Wir und Weiterverkauf. Auf einer Wiese sehe war verpönt, man war radikal unpolitisch,
steigen aus und überqueren die alte Stein- ich eine rote Kinderrutsche aus Plastik erzählt er. Alles nicht der Fall in Tonn-
brücke, passieren das Schlosstor. Einen und die Überreste eines Schneewesens. dorf, wo jeder Mensch, oder zumindest
Mann mit Werkzeugkasten der unseren Lea zeigt mir einen Garten, der noch vor jede Familie mindestens ein eigenes Zim-
Weg kreuzt, grüßt Lea kurz. Kurzem völlig verwildert war und in dem mer bezieht. Der Mann mit dem Vollbart
Wer sich schon mal gefragt hat, wie vie- jetzt Kräuter angebaut werden sollen. hat viel über den Begriff Gemeinschaft
le Menschen mit einer einzigen Wasch- „Man könnte die Gemeinschaft mit einem nachgedacht und kommt zu seinen eige-
maschine auskommen können, findet Baum vergleichen, der immer etwas weiter nen Schlüssen.
eine Antwort: 20! Im Schloss gibt es drei wächst“, sagt sie und erwähnt eine Turm- Dass ein Schloss nicht nur schöne Tür-
davon. Im Foyer steht ein Kickertisch, beleuchtung, die zur Freude der Tonn- me, Festsäle und breite Holztreppen hat,
ein guter! Einen Gitarrenverstärker steht dorfbewohnerInnen installiert wurde und sondern auch dunkel-feuchte Kellerge-
auf einem Treppenabsatz und auch einen die vielen Werkstätten, die nach und nach wölbe in denen man sich weniger gern
Raum mit Tischtennisplatte entdecke ich. entstanden sind. „Ich fände eine Bühne im aufhält, vergisst man leicht mal. Wenn ich
Lea und ich betreten die Gemeinschafts- Garten schön, auf der im Sommer zum Bei- dem Schloss in die Augen sehe, spüre ich
küche. In hölzernen Schränken und spiel mal ein Streichquartett spielen könn- etwas. Irgendetwas wissen diese Augen.
Regalen sind ordentlich jede Menge bun- te.“ Lea wünscht sich, dass sich das Schloss Die Menschen, die ich dort kennengelernt
ter Tassen, Gefäße und Töpfe jeglicher Art zu einem kulturellen, offenen Ort, zu ei- habe, sind besonders. Aber nicht abson-
und Größe einsortiert, darunter wartet ein ner Insel im Ozean der Schnelllebigkeit derlich. Es sind keine verlorenen Träu-
großer Gasherd. Eine Handvoll Pflanzen
stehen auf der breiten Fensterbank. Es
hängen ein paar Trockentücher im Kron-
leuchter, hier und da klebt ein handge-
schriebener Hinweiszettel.
Auf dem Tisch in der Mitte der Küche
stehen einige Riesentöpfe und -pfannen.
Lea fragt mich, ob ich etwas essen möch-
te. „Einmal im Monat kocht jeder von
uns für alle. So gibt es viel mehr Abwechs-
lung, als wenn ich nur für mich selbst
kochen würde.“
Es gibt Reis mit Blumenkohl, Tofu und
Käsesoße. Gut schmeckt das, wenig gesal-
zen. Im Esszimmer nebenan sitzen vier
Schlossbewohner an einem Tisch, sie be-
grüßen mich und wenden sich wieder ih-
rem Gespräch zu. Ein Mann sitzt in der
Ecke und liest Zeitung, die taz. Die Decke
ist mit Stuck verziert, ein Ofen wärmt,
ein leerer Bilderrahmen stellt ein Loch
im Putz der Wand aus. Ich setze mich zu
einer Frau und ihrem kleinen Sohn. Me-
dizin hat sie studiert. Sie lädt mich ein zu
einer „Nein zu Gentechnik“-Demo nach
Berlin. Ihr Sohn schmeißt seinen Löffel entwickelt. Doch das wiederum geht an- mer, keine verbrämten Idealisten, keine
auf den Boden. deren Schlossbewohnern zu schnell. Leas Ökonazis, eher Menschen, die nie gähnen.
Ich treffe hier auch Leas fünfjährigen Traum von einem Schlosscafé wird erst- Menschen, die mit einem Blick Gold zum
Sohn Jonas. Er begleitet uns nach dem Es- mal nicht in Erfüllung gehen. schmelzen bringen und dir dann auch
sen in-Pfützen-springend auf den Schlos- Später sitze ich im Esszimmer vorm noch eine Kette daraus schmieden könn-
sturm. Ich genieße den weiten Rundblick Ofen, lasse meine Jacke trocknen und no- ten. Naja, im Ernst: Zaubern können sie
auf das 15 Hektar große Gelände mit sei- tiere Gedanken. Die Tür öffnet sich und nicht und die Antwort auf die drängende
nen Wäldern, Bauwagen und Obstbäu- ein Mann mit grauem Vollbart betritt den Frage unserer Zeit haben sie auch noch
men, auf das kleine Tonndorf, winzige Raum. Er fragt mich nach der taz vom nicht gefunden. Aber ich finde, sie sind
vorbeischleichende Autos, Thüringens Tag. Als ich ihm von meinem Vorhaben auf einem gutem Weg. Wahrscheinlich auf
wolkiges Hinterland. Im Jahre 1749 hat berichte, einen Artikel über die Schloss- einem besseren als die meisten von uns.
hier oben jemand seine Initialen in den gemeinschaft zu schreiben, fragt er mich
((

Stein geritzt. was eine Gemeinschaft überhaupt ist

Photo: Max Heigermo


Wer zuerst kommt, malt zuerst
Julian Assange schaut mir ernst in die Augen. Sein Konterfei befindet sich auf
einer Wand irgendwo in Erfurt und ist zwischen den riesigen Buchstabenkürzeln
VCR und CWR eingeklemmt. Dieses Graffiti ist erst vor kurzem entstanden und
der Blick Assanges wirkt wütend und stolz. Möglicherweise spiegelt das den
Gemütszustand einiger heimischer Sprayer wieder, denn die Stadt macht es
ihnen in letzter Zeit nicht gerade einfach.

Eine Geschichte über die Erfurter Sprayerszene und wie die Stadt versucht, diese zu
kontrollieren von Sebastian Bähr.

Illustrationen: Julian Wagner


22|23
ein geschätzter Sachschaden von 400.000 seit September 2010 existierenden Wall of
Euro entstand, ist es fragwürdig, ob ein Fame in der Hohenwindenstraße gibt es
Mitführverbot von frei zugänglichen Wa- noch die Straßenbahnbrücke hinter dem
ren die angemessene Reaktion darstellt. Ilversgehofener Platz, sowie die Wand am
Deutlich wird, dass die Stadtoberen und Roten Berg Höhe Karl Reimann-Ring.
die Sprayer in zwei völlig unterschiedli- Dass es noch Potenzial gibt, steht außer
chen Welten leben, die sich oftmals nur Frage. Die Sprayer selber würden sich für
durch einen Polizeieinsatz überschneiden. die Zukunft legale Flächen vor allem in
Hier versuchen die Grünen mit der Grün- der Stadtmitte, und nicht nur am Rand
dung einer Graffiti-AG eine Alternative wünschen. Beispielsweise gibt es noch
aufzuzeigen. Diese Art Verein soll zwi- drei Eisenbahnbrücken in der Löber-,
schen der Stadt und der Sprayerszene eine Puschkin- und Schillerstraße, welche man
Kommunikation aufbauen und so neben freigeben könnte. Auch Brandwände oder
einer allgemeinen Lobbyarbeit beispiels- Holzzäune an Baustellen wären mögliche
weise legale Aufträge vermitteln. Bishe- Objekte, welche durch ein wenig Farbe
rige legale Aufträge werden meist nur an auch nicht schlechter aussehen würden,
den Verein Stadt-Bild-Graffiti e.V. erteilt, als sie es bereits tun. Direkte Unterstüt-
dem vom der Szene der Vorwurf der Krea- zung von der Stadt gibt es bis jetzt nicht.

D
tivlosigkeit und der Klüngelwirtschaft um So hat zwar das partizipatorische Stadt-
ie erst auf den zweiten Blick er-
die Ohren weht. teilprojekt Ladebalken in Norderfurt die
kennbare Graffitiszene Erfurts ist
Auch hat sich 2010 bei einer öffentli- Wall of Fame mit organisiert, wird dabei
dabei für eine Stadt dieser Größe
chen Ausschutzsitzung zu diesem Thema jedoch lediglich vom Bund finanziert. Im
recht aktiv und verfügt überregional über
gezeigt, dass es dringend notwendig wäre, Oktober 2010 wurde ebenfalls mit Hil-
einen guten Ruf, vor allem noch zu Zeiten
zuerst einmal eine allgemeine Grundsatz- fe des Ladebalken das Comic& Streetart
des besetzten Hauses. Die Räumung 2009
diskussion in Erfurt (und dem Rest der Festival Interzone veranstaltet, wobei man
hatte die gesamte Sprayerszene schwer
Welt) zum Thema Graffiti zu initiieren, auf das dort legal geschaffene Wandbild
getroffen, war doch das soziokulturelle
um einige grundlegende Fragen zu klären. gegenüber den Stadtwerken in der Sze-
Zentrum unter anderem ein Treffpunkt
Was bedeutet Graffiti? Wer bestimmt, was ne besonders stolz ist. Ebenso vorzeigbar
für regionale und nationale Graffitimee-
„gute“ und „schlechte“ Graffitis sind? Und im legalen Bereich ist die bemalte Ruine
tings gewesen. Es wurde dabei auch auf
wer, an welchen Orten man diese anbrin- in der Kürschnergasse, welche 2010 zur
halblegale Weise selbst immer wieder
gen darf? Solche Fragen könnte beispiels- langen Nacht der Museen entstand. Einen
neu gestaltet sowie von Malern aus ganz
weise eine Graffiti-AG für alle Stadtbe- hohen künstlerischen Wert haben für die
Deutschland besucht. Nichtsdestotrotz
wohner transparent machen und damit Sprayer jedoch genauso die Werke auf der
konnte sich Erfurt seinen Ruf bewahren
auch ein Bewusstsein sowie Anerkennung inoffiziellen Wall of Fame im Südpark so-
und Sprayergruppen – Crews genannt -
bei der Bevölkerung schaffen. Dabei soll- wie die Werke am Schmidtstedter Knoten
wie beispielsweise TRC 25, KONTOR,
te auch niemals vergessen werden, und und an der alten Feuerwache.
MBH 135 oder VCR bestimmen noch im-
das wissen wir spätestens seit Banksy, Während die Stadträte, Experten und
mer das klandestine Stadtbild. Der harte,
dass Graffiti und Streetart nicht nur eine Abgeordneten also wieder in endlosen
aktive Kern besteht dabei aus ungefähr
zeitgenössische Kunstform sind, sondern Debatten versinken, werden von den
zehn bis 30 Künstlern, die Sympathisan-
auch immer Protest und Wut artikulie- Sprayern ganz pragmatisch, der Gefahr
ten und Amateure sind mindestens zehn-
ren. Einige Sprayer sehen als möglichen zum Trotz, bunte und grelle Tatsachen ge-
mal so viele. Das Alter der Kunstrebellen
Lösungsansatz die weitere Freigebung schaffen. Julian Assange rot-weiß gemal-
und Schmierfinken bewegt sich zwischen
von legalen Flächen sowie ein stärkeres tes Gesicht könnte so auch noch etwas an-
15 und 30, die meisten sind männlich.
Engagement der Stadt. Bis jetzt gibt es deres bedeuten: Ihr kriegt uns nicht klein.
Nun gibt es einen neuen Anlauf der Er-
drei legale Stellen in Erfurt. Neben der Wir machen einfach weiter.
((

furter Freien Wähler und der FDP, um die


„Graffitiproblematik“ in den Griff zu be-
kommen. So soll der Stadtrat über einen
Antrag abstimmen, der unter anderem
die Erstellung einer Online-Graffitidaten-
bank beinhaltet, auf die Ordnungsamt,
Polizei und Stadtverwaltung gemeinsam
zugreifen können. Weiterhin enthält das
Kataster restriktive Maßnahmen wie das
Mitführverbot von Graffiti-Utensilien
zwischen 21 und 6 Uhr. Das Mitführver-
bot umfasst das Tragen von Spraydosen,
Sprühköpfen, jeglichen Arten von Farb-
behältnissen, Markierungsstiften und
„sonstigen Utensilien die zum Farbauftrag
geeignet sind.“ Sollte gegen die Auflage
verstoßen werden, wird die Zahlung von
500 Euro fällig. Auch wenn es in Erfurt
2009 über 1500 angezeigte Objekte gab,
darunter auch einige Straßenbahnen, und
„Wem das nicht passt, kann ja gehen!“
Es ist was los in Thüringen! Biathlon-Weltcup in Oberhof! Also wenn schon „Thüringen erleben“, wo, wenn nicht
da? Deshalb machte sich Carolin Müller auf den Weg zu dem Ort, an dem sich regelmäßig die Elite des Wintersports
trifft - der höchst gelegenen Stadt Thüringens, dem „St. Moritz Deutschlands“.

24|25 Photos: Carolin Müller


N
ur eine gute Dreiviertelstun-
de braucht der Zug aus Erfurt.
Der Himmel ist blau, die Son-
ne scheint, ein fantastischer Regenbo-
gen erstreckt sich über den grünen Hü-
geln. Plötzlich wird es schattig. Düstere
Tannen sind das Einzige was der Blick
aus dem Fenster noch hergibt. Herz-
lich Willkommen im Thüringer Wald!
Dann wird es richtig dunkel. Wir fahren
durch einen Berg. Am Ende erwartet mich
dichter, grauer Nebel und ich erreiche den
Oberhofer Bahnhof auf dem einzige funkti-
onstüchtigen Gleis. Von den Dächern tropft
es, Tauwetter.
Obwohl heute der Biathlon erst gegen
Abend beginnt steigen schon um 12 Uhr
mittags an die hundert mit Fähnchen
und Schnaps ausgestatteten Menschen
aus dem Zug. Die wollen dann auch alle
auf einmal in den Bus, der nach einer
Viertelstunde auftaucht und ins fünf
Kilometer entfernte Oberhof fährt. Drin-
nen habe ich ein Grüppchen angetrun-
kener Männer fast auf dem Schoß, die
allmählich die ersten Fangesänge an-
stimmen. Die Frage: „Auch‘n Schnaps,
Häschen?“ verneine ich lieber. Geschenkartikel-Läden für die dekorati- zwei Gruppen erkennen. Die einen halten
Als ich aussteige, werde ich von stim- onswütige Frau ab 60. sich vor allem in den Restaurants auf und
mungsvoller Musik empfangen. „Sie liebt 2009 kamen 132.000 Besucher in die rund stürmen die Kuchentheken der Bäckerei-
den DJ“ meets Vuvuzela-Lärm. In Ober- 1700 Einwohner große Stadt. Mit 426.129 en. Zwischendurch geht es Blumengeste-
hof ist noch mehr Nebel als am Bahnhof. Übernachtungen war sie damit nach cke shoppen oder mit den Kindern ins
Gut, dass die meisten Häuser so leucht- Erfurt und Jena auf Platz drei der meistbe- Exotarium, Fische, Echsen, Insekten und
ende, fast schon neonfarbene Fassaden suchten Städte Thüringens. Spinnen begucken.
haben. Darin befinden sich in erster Linie Schilder an Hotels und den Ortseingängen Die anderen halten sich in erster Linie
Hotels, Restaurants und Cafés. Dazu weisen darauf hin, dass Gäste herzlich in der Nähe des „Walk of Fame“ auf. Hier
Fachgeschäfte für Wintersport und willkommen sind. In der Tourismus- sind besondere Oberhofer Persönlichkei-
Information wird das Wandern im Sommer ten auf dem Boden verewigt. Das wird al-
auf dem Rennsteig gepriesen, dem 170 lerdings von den Wenigsten beachtet. Die
Kilometer langen und ältesten, sowie Aufmerksamkeit richtet sich eher auf den
beliebtesten Wanderweg Deutschlands. Ramazzotti-Stand („Sie liebt den DJ“ ver-
Außerdem wird natürlich ordentlich zaubert mich zum zweiten Mal) und eine
Werbung für Stadt und Umgebung als Bratwurstbude namens „Hans Wurst“.
Sportparadies im Winter gemacht, Außerdem wird mir endlich klar, wo die
sowohl für selbst aktive, als auch für ganzen Weihnachtsmarkthütten nach
diejenigen, die Sport lieber aus sicherer Neujahr hin verschwinden.
Entfernung genießen. Die Stimmung der schwarz-rot-gold
Die Abhängigkeit von den daraus Geschmückten wird immer heiterer, die
entstehenden Einnahmen macht mir „Gugge-Musiker“, ein Spielmannszug
besonders ein Oberhofer klar. Er sagt, aus Apolda, scheinen die Wirkung des
dass bereits das Wegfallen eines Win- Schnapses noch zu verstärken. Immer
tersportevents einzelne Bewohner wieder wird mein Eindruck bestätigt, dass
in den wirtschaftlichen Ruin treiben es an diesem Tag nicht allen ausschließ-
könnte. Dementsprechend gelassen sehen lich um die sportlichen Höchstleistungen
diese einen Tag wie heute. „Nach Biath- geht.
lon kommt Rodeln. Das ist wie Weih- Noch bevor der erste Startschuss fällt,
nachten und Silvester. Wem das nicht begebe ich mich wieder in den Bus Rich-
passt, kann ja gehen“, ist scheinbar die tung Bahnhof. Oberhof verabschiedet sich
herrschende Meinung. mit „Sie liebt den DJ“, die Dritte. Tatsäch-
Aber was machen nun die ganzen Zu- lich treten mit mir auch ein paar gut ge-
schauer mehrere Stunden lang bis das launte Fans die Rückfahrt an. Vielleicht
eigentliche Event beginnt? Sie sorgen sehen sie sich ja den Wettkampf später
dafür, dass die Haupteinnahmequelle der im Fernsehen an.
((

Oberhofer nicht versiegt. Es lassen sich

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Korrektur!
Das wars! Wir hören auf. Wegen un- campus:echo bedauert
überbrückbarer Differenzen innerhalb ein Missverständn
is:
der Redaktion erscheint diese beliebte
Seite zum letzten Mal. Die können sich Es betrifft das neue
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mal alle sonstwohin. Ich für meinen Teil für Leserinnen zw
ischen 8 und 13.
schnapp mir das letzte Bier und hau ab. Beim Diktat des Tit
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Bescheidenst, unser französische
r Praktikant
Euer Andy G. Wehre. bedauerlicherweise
Echauffier statt
echo:fee Der Fehldruck
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Auszug aus

NEU
Die Hochschulgruppe
Hirschhornsalz:
Offen für Alles, brauchbar
für Nichts. Unter dem Motto
„Emanzipation des Mannes“
folgen hoffentlich Aktionen!

Ehemaliger C
hefredakteur
Thomas Sch
melzer
2009*
BEWERBUNG
- 2010 †
Ich will ja nicht
Aber ich habs sagen: „Ich habs
Sehr geehrte Mafia in Erfurt, dir ja gesagt: „E dir ja gesagt!“
ine Serie über
Ich bin Student der Staats-und Kommunikationswissenschaften vielleicht keine die Karibikbar
so gute Idee.“ ist
und möchte mich auf die Praktikumsstelle als PR-Berater be-
werben. Da ich über keinerlei Moral verfüge und von Natur aus
Ich werde dich
ein manipulierender Charakter bin, denke ich, dass ich gut in vermissen.
das von Ihnen beschriebene Geschäftsfeld hinein passe. Praxi- Deine Redaktio
n
serfahrungen in diesem Bereich konnte ich bereits erfolgreich
bei BP Deutschland, der Bundesregierung sowie bei dem Bera-
tungsteam des ehemaligen tunesischen Präsidenten Ben Ali sam-
meln. Ich bin nicht nur hochflexibel einsetzbar, sondern verfüge
auch über ein gut ausgebautes Netzwerk von Grafikdesignern,
bewaffneten Schlägern und korrupten Politikern. Als weitere
Qualifikation wäre zu erwähnen, dass ich alle Staffeln der Sopra-
nos geschaut habe, sowie die DVDs von Scarface und Godfellas.
Ebenfalls bin Ich bereit, mir einen italienischen Akzent zuzulegen
und überflüssigen Goldschmuck zu tragen, sollte dies ihrerseits ge-
wünscht sein. Auf einen Gehaltsanspruch verzichte ich natürlich.
Mit freundlichen Grüßen,
Paul Pusteblume
P.S. Eine Auflistung meiner Vorstrafen finden Sie im Anhang.

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Jeden Freitag Schlagerdisko !


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Gesprächspartner ohne Termindruck !
Bunte Girlanden !
Rauchen!

Treue wird belohnt.


Liebe Leserinnen und Leser der Schlagseite.
Wunderbare Jahre waren es gewesen. Wir ha-
ben gelacht, gefeiert und gegurgelt. Als Danke-
schön bekommt ihr Treuen: Einen Kakao
mit Schlagsahne.

Gutschein
Für einen großen Kakao mit Sahne.
Im Campus Hilgenfeld.
„In dieser Stadt“
Lieblingssound im Februar

Bald beginnt die vorlesungsfreie Zeit: noch ein paar Klausuren, ein Prakti-
kum und endlich eine Reise, um den Prüfungsstress zu vergessen! Wem letz-
teres verwehrt bleibt, darf sich vom campus:echo eine Tube Mitleid abholen,
denn wir offenbaren stets Barmherzigkeit für unsere Leser. Kommt also mit
uns auf eine musikalische Weltreise und lasst euch trösten.

von Ngoc-An Phan Tran

D
ie ersten Schritte reichen nicht ihre aktuelle Single „City“ zum Download und begeben uns dennoch in die verruch-
weit – mit einem Zwölfer- frei (www.themedics.nl). Darin skandiert te Gegend. Hier herrscht graue Tristesse,
pack Vanilleduftkerzen, einem Sänger Daniel Langeveld: „Never skip a wie sie in schönster melodisch-melancho-
Buch der besten Geschichten von Baron beat!“ Diesem Aufruf leisten wir gern Fol- lischer Form von The Arcade Fire in „The
Münchhausen und einer Bibi Blocksberg ge bis die Tanzfläche förmlich in Flammen Suburbs“ (www.thefader.com) festgehal-
Kassette gewappnet, verkriechen wir uns steht. Kaum ist der Stimmungsgipfel er- ten wird.
im Zimmer. Kerzen und Kassette ange- reicht, holt uns dort der Helikopter nach Da wir uns ohnehin schon in die Pro-
schmissen, Buch aufgeschlagen und der Frankreich zum munteren Partyhopping blembereiche der Stadt gewagt haben
Wahnsinn beginnt: Die diabolische Kom- ab. Glaubt man Ladyhawke, dann brennt und trotz aller Unkenrufe noch immer
bination aus Bibis Zaubersprüchen an ih- es auch in der Stadt der Liebe. Nach ei- am Leben sind, machen wir einen direk-
rem fliegenden Besen Kartoffelbrei, einer gens durchgeführter, akkurater Text- ten Abstecher ins Ghetto auf der anderen
knalligen Münchhausen-auf-Kanonen- analyse zu ihrem Lied „Paris Is Burning“ Seite des Atlantiks: „Ghetto Pop Life“
kugel-Illustration und einem benebelnd- (www.betterpropaganda.com) liegt dies (www.betterpropaganda.com) heißt der
synthetischen Vanillearoma erfasst un- allerdings an der glühenden Leidenschaft Albumtiteltrack; feinster Independent
sere Sinne. Wir verfallen in den Zustand zwischen den Geschlechtern, die in der Hip-Hop aus Brooklyn von Rapper Je-
absurder Trance... Pariser Luft keucht und fleucht, und nicht mini und Danger Mouse, der gemeinsam
Auf einem riesigen, nach Vanille duf- an den brennenden Autos und mit Cee-Lo Green das Musikpro-
tenden Kartoffelkloß fliegen wir zu unse- Mülltonnen aus den Vorstädten. jekt Gnarls Barkley bildet. Und
ren fußballweltmeisterschaftstitellosen In suburbanen Regionen ist es wie wir so in ihrem sanften Beat
niederländischen Nachbarn – über die also nicht allzu gut um unsere durch New York City wandern,
Landesgrenze, nicht in den Coffee Shop. persönliche Sicherheit bestellt, auf der sehnsüchtigen Suche nach
Wir sind schon komplett vanillebreit. In besagt zumindest ein gängiges einem guten, deutschen Schwarz-
Utrecht finden wir unsere Lieblingsdro- Klischee, und deshalb raten brot, fällt uns ungefragt das ulti-
ge – gute Musik. Passenderweise heißt die uns die Herren von The Dance mative deutschsprachige
Band The Medics. Inc.: „Don‘t Run To The
Sie gibt unter anderem Suburbs“ (www.
rcrdlbl.com).
Aber wir lieben
das Risiko

28|29
Stadtlied ein: „Stadt“ von Cassandra Steen Wie in Zeiten der East India Company, Libanesischen Hauptstadt zu musizieren.
feat. Adel Tawil. Die Phase der Dauerro- entern wir ein Schiff und schippern nach Ihre gelungene Mischung aus Balkan-
tation dieses Nervenzerfetzers ist inzwi- Shanghai. Der ehemalige britische Ver- und US-amerikanischem Indiefolk strahlt
schen zum Glück überstanden. Bleiben tragshafen war ein wichtiger Umschlags- nicht zuletzt durch die Stimme Zach Con-
wir lieber auf den Pfaden des Hip-Hop platz für den Opiumhandel im British dons eine wohlige Wärme aus. Mit der
und nehmen einen Interkontinentalflug Empire. Auch heute ist diese Stadt eine Kombination zahlreicher Instrumente,
zurück vom US-amerikanischen Ghetto der bedeutendsten Handelszentren Asi- u.a. Trompete, Ukulele und Akkorde-
auf britische Straßen zu Mike Skinner, ens, was vor allem auf die ausgezeichne- on bereiten uns Beirut ein erfrischendes
besser bekannt als The Streets. Wie er te Verkehrsinfrastruktur zurückzuführen Klangerlebnis abseits des Einheitsbreis.
in „When You Wasn‘t Famous“ und „Fit ist. Davon wollen wir uns überzeugen und Bekanntlich bekommt uns einheitlicher
But You Know It“ (www.betterpropagan- gönnen uns eine rasante Fahrt mit dem Brei ohnehin nicht gut. Stattdessen pa-
da.com) im perfekten Tea-Time-English Transrapid im Stadtteil Pudong. Die Köl- cken wir lieber einen beachtlichen Provi-
zum besten gibt, macht er sich nicht nur ner Band MIT vertont diesen aufstreben- ant an Falafelbällchen in unseren Seesack
an berühmte Kolleginnen, sondern auch den High-Tech-Bezirk in ebenso benann- und verlassen kulinarisch monoton, doch
an Mädels ran, die an Imbissbuden wei- ten Werk „Pudong“ (www.soundcloud. bestens ausgestattet das Paris des Nahen
len, während er für Fish ‚n‘ Chips ansteht. com) und webt mit ordentlich Synthesi- Ostens.
Dieses inoffizielle Nationalgericht der Bri- zern einen unglaublich dichten Klangtep- Unser Segelschiff nimmt Abschied von
ten geht noch klar, doch um präventiv der pich, auf dem wir mit einem letzten Blick der libanesischen Küste und Kurs auf das
berüchtigten und nicht zu tolerierenden auf die Wolkenkratzer Shanghais weiter nächste Ziel: Über Ägais und Marmara-
Minzsoße zur Lammkeule zu entkommen, in den Orient fliegen. Der Band Beirut meer nähern wir uns dem ukrainischen
verlassen wir schleunigst die ewig reg- Hafen von Odessa, der weißen Perle am
nerische Insel. gelingt es mit dem Song „Elephant Gun“ Schwarzen Meer. Wir werden unmittel-
(www.tonspion.de) ihre Hörer in das me- bar von der Potem-
diterrane Klima der namensgebenden kinschen Treppe
Illustratio
n: Anne B
ert

in Empfang genommen. Jene Treppe, einen Leitgedanken: Schwarzbrot! Bä- lange unterwegs. Uns wird ganz wirr. Es
die mit der Kinderwagenszene aus Sergei cker, so stille er unser primäres Bedürf- riecht seltsam.
Eisensteins Stummfilm „Panzerkreuzer nis! Doch dann giert es uns weiter: Döner! Alles synthetisch, Vanille, nicht echt.
Potemkin“ weltweit bekannt wurde. Wir Begleitet von der australischen Band Ca- Die Kerzen sind niedergebrannt, Bibis
schreiten die 192 Stufen in die Innen- meras und ihrem düsteren „Kreuzberg“ Kassette ist am Ende, das Buch liegt zer-
stadt hinauf und flanieren über die Bou- (www.abc.net.au) geht‘s auf den prospe- knittert neben uns. Da hilft nur Stoß-
levards durch den historischen Stadtkern. rierenden Kiez mit hoher Dönerdichte. Im lüftung, Sauerstoff für das Hirn. Taten-
In einem Café ordern wir einen Schwung Viktoriapark lassen wir uns nieder, um in drang! Die Welt will erkundet werden, wir
leckere Blinys, doch mit jedem Happen aller Ruhe dem Kebapkonsum zu frönen. tun den Fuß vor die Tür. Die Musik wird
wird uns wieder klar, dass uns ein beherz- Aus der Ferne dringt Musik in unsere uns begleiten, aber losgehen müssen wir
ter Biss ins Schwarzbrot fehlt. So kann Ohren: „Memorize the City“ (www.ton- schon selbst.
das nicht weitergehen! Das Ticket für den spion.de) geben die Kanadier von The Or- In diesem Sinne: Genießt Eure freie
nächsten Direktzug nach Deutschland gan zum Besten. „Wie sieht die Stadt nur Zeit und schaut mal über den Tellerrand
wird gezogen. Ganze 35 Stunden dauert heute aus? In dieser Stadt war ich mal zu des Studiums hinaus. Das campus:echo
die Fahrt bis nach Berlin. Genug Zeit um Haus“, ertönt es aus einer anderen Ecke macht sich jetzt einen Lenz! Und wer zu
mit Caribous sehr treibendem „Odessa“ des Parks. Es ist die traurige Melodie und faul ist, sich die Lieder zusammenzusu-
im Ohr (www.tonspion.de) die vorbeizie- der Refrain von Hildegard Knefs „In die- chen, findet eine Liste mit direkten Links
hende Landschaft zu bewundern. ser Stadt“ mit neuen Strophen der Berli- auf http://gnocchboxx.wordpress.com
Und endlich: Wir steigen in der heimi- ner Band Kissogram (www.kissogram.de/
((

schen Hauptstadt aus. Es gibt nur noch zeug.html). Wehmut, wir waren schon so

Bildquellen
S. 10/11 Flickr User weirdo513 / corey heft:campus: S. 29 Reinhold Namenek / heise.de
anns photography / robertjosiah / madi-
lyn peiper / omnicam S. 14 Flickr User: icanteachyouhowtodoit S. 30 Flickr User Nancy~in AZ

S. 15 Flickr User: ryumu S. 31 Flickr User bloqseven

Impressum
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