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Barocke Sinneslust

– das Trierer Schablonenbuch

Psalterium St. Patris Glitzernde Schriften


Benedicti Die Zierinitialen wurden aufwendig mit
Der Rekluse Jakob Marli und der farbigen Glassplittern bestreut und glitzern
Priestermönch Cyrill Doetsch schrieben 1751 wie moderne Glückwunschkarten.
verschiedene Psalterien für die Abtei St.
Matthias in Trier. Eines davon hat sich in der
Stadtbibliothek Trier erhalten.

Titelblatt des Psalteriums von 1751, Trier


Stadtbibliothek Hs. 21/1678 gr 2°. Die
Buchstaben sind einzeln mit Schablonen und mit
Schwarz- und Rottusche geschrieben worden.

Grelle Farben
Grellbunte Farbaufträge beweisen die Initiale J, Psalteriums von 1751, Trier Stadtbibliothek
überschwengliche barocke Sinneslust beim Hs. 21/1678 gr 2°.
Psalterium von 1751, Trier Stadtbibliothek
Hs. 21/1678 gr 2°
Gestalten und Benutzen der großen Der Buchstabe „J“ wurde mit Mehlkleister bestrichen
Singbücher. Als Farbpigmente konnten und mit Glassplitter bestreut.
Gummigutti, Kupfergrünpigment, Zinnober und
Das Psalterium der Stadtbibliothek wurde in
Schwarztusche nachgewiesen werden.
545x365mm große nach innen Der Glitzereffekt wurde einfach erreicht
abgeschrägte Holzdeckel auf 7 Bünde durch das Aufstreuen von meist rot
gebunden. Der Einband wurde mit gefärbten Glassplittern in ein Bett aus
weißgegerbtem Schweinsleder einge- dickem Mehlkleister.
schlagen und mit verschiedenen Ranken-
rollen blind mit vegetabilen Ornamenten
geprägt. Die vier Eckbeschläge und der Restaurierungskonzept
Mittelbeschlag sind aus Messing getrieben Die Flitter haften darin erstaunlich gut, doch
und mit Buckeln versehen. Der Buchblock einzelne Partikel können beim Blättern
besteht aus 252 paginierten Blättern der abplatzen und liegen im Falz. Noch lose
Größe 520x355mm. Der Textspiegel mit 27 Partikel müssen daher sorgfältig mit
Zeilen wurde mit dem Zirkel vorgestochen. Hausenblasenkleber befestigt werden.

Mit Schablonen geschrieben


Der Text des Psalteriums wurde mit
Schablonen geschrieben. Dazu richtete man
die Buchstabenschablonen an den
Einstichen des Textspiegels aus und malte
die Form der Buchstaben mit Schwarztusche
durch. So gelang es den Text in relativ
schneller Zeit zu „schreiben“. Die
Gesangbüchern, die „ad gradus“, d.h. auf
den Stufen des Altars zum Vorsingen
benutzt werden, müssen von einer Gruppe
von darumstehenden Sängern eingesehen
werden können und benötigen daher eine
Psalterium von 1751, Trier Stadtbibliothek Als Glitzermaterial wurden glasklare und rot gefärbte
große Schrift. Diese war offensichtlich mit Hs. 21/1678 gr 2°, f. 0v. Das Ziertitelblatt wurde mit Glassplitter (unten) in ein Bett aus dickem Mehl-
den einzelnen Schablonen schneller als frei grellem Gummigutti, Zinnober und schwarzer Tusche kleister eingestreut. An manchen Stellen fand sich
mit Hand zu schreiben. mit Zirkel und Schablonen gestaltet. auch noch Weizenspreu im Kleister (oben).

Prof. Dr. Robert Fuchs, Institut für Restaurierungswissenschaft, FH Köln, Ubierring 40, 50678 Köln, email: fuchs@re.fh-koeln.de

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