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Das Abonnement kann mit jedem Monat begonnen werden, läuft aber mindeſtens bis zum
Ende jenes Vierteljahres, innerhalb deſſen die Zeitſchrift abbeſtellt wird
Muſik im Haus
Geleitet von Dr. Joſef Zuth
7. Tahr 3. Folge
Für die in ihrer Art einzig da- 1909 erſchienenen Buche „Die deut-
ſtehende Kunſt Hans Pfißners hat ſ<e Muſik der Gegenwart“: „Unter
Wien nod) immer nicht das getan, all den vielen und ſtarken Talenten,
was einem jchöpferifchen Genie von deren unſere Kuſt ſich rühmen darf,
jeiner Größe gebührt, wenngleich die jheint er (Pfißner) mir die ein-
Erkenntnis ſeiner Größe in weite zige Begabung zu fein, die alle Kenn-
Kreiſe der ausübenden Künſtler, wie zeihen des Genialen trägt. Was
des muſikliebenden Publikums ge- mit dieſer Behauptung geſagt fein
drungen iſt. Aber ſelbſt bei ernſten ſoll, iſt unſchwer zu begreifen.. . Zu-
Beurteilern des modernen Muſikbe- nächſt ſoll damit natürlich eine quan-
ſihſtandes drängt ſich immer noch der titative Schäßung gemeint ſein: daß
Vergleic) mit anderen auf, wo gar ich unter den lebenden Komponiſten
nichts zu vergleichen iſt. Denn ſeine Pfigner für die ftärffte Begabung
Kunſt iſt ein an ſich Unvergleich- halte. Aber niht nur das allein, ſon-
liches. dern vor allem aud no< ein Weite-
Ic<h habe es ſeit mehr als zwei res: daß mir die Art der produkti-
Dezennien immer wieder ausgeſpro- ven Begabung Pfißners von der
<en und halte heute mehr denn je ſeiner komponierenden Zeitgenoſſen
daran feſt, daß Hans Pfißner unter — die größten nicht ausgeſchloſſen --
den Lebenden die einzige wahrhaft weſentlih und fundamental verſchie-
große, den verſtorbenen Großmeiſtern den zu ſein ſcheint. Denn ich bin
der deutſ<hen Tonkunſt anzureihende nicht der Anſicht, . .. daß das Genie
Schöpferkraft iſt und ſeine Werke nur graduell vom Talent verſchieden
vor allen anderen auf das Attribut ſei, ... vielmehr liegt hier... ein
des „Genialen“ Anſpruch machen Artunterſdcied vor... Und eben
können. darum will ich nicht ſowohl etwas be-
I< ſtehe mit dieſer, in der Kennt- ſonders Superlativiſches, ſondern
nis ſeines geſamten Gchaffens ge- etwas beſonders Kennzeichnendes
feſtigten Überzeugung nicht allein, fagen, wenn ich) Pfißner das einzige
kann mich vielmehr auf gewichtige echte und wahrhafte Genie unter den
kritiſche Stimmen berufen, die das ſchaffenden Tonkünſtlern der Gegen-
alles Überragende an dieſer zeitge- wart nenne.“ Die gleiche Ausnahms-
nöſſiſchen Künftlererfheinung noch ſtellung räumt ihm Karl Stor>, einer
viel entſchiedener betont haben. Ru- der beſten Kenner der deutſchen
dolf Louis ſ<rieb in ſeinem zuerſt Geiſtesgeſchichte, in ſeiner auf tiefer
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Victor Junk
dabei nit auch, und zwar mit be- feines Schaffens mädtig Fundtuende
fonderer Hervorhebung, des Mannes Nebeneinander von Mufifdrama und
gedenfen, der jo recht als der getreue Kammermuſik, die bis dahin, wie wir
Edart der Wiener Gejangskünitler, an Wagner, Schumann, Brahms
gleihfam als ihr mufifalifches Ge- ſahen, ſich gegenſeitig auszuſchließen
wiſſen, gelten muß: Ferdinand Foll, ſchienen!
des unvergleichlichen Klavierbegleiters. Wie ſteht es nun in Wien mit den
Das Klavierkonzert hörten wir zu- Muſikdramen?
erſt 1923 in einer von Pfißkner Die „Roſe vom Liebesgarten“ hatte
ſelbſt geleiteten Aufführung von Frau 1905 der ſchöne Eifer und die werk-
Frieda Kwaſt-Hodapp, dann tätige Treue Bruno Walters für
bald darauf auch von Gieſeking. Wien gewonnen. Walter hat auch
Seither niht mehr. Das BViolinkon- den anfangs widerſtrebenden M a h-
zert ſpielte zuerſt Rosthal, dann ler dafür gewonnen, der ſich dann
unſere heimiſ<e BZauberkünſtlerin mit dem ganzen Gewicht ſeiner ener-
auf der Geige, Chriſta Richter, gifhen Perſönlichkeit und ſeiner
und zwar in dem jüngſten, 1928 vom Madtitelung dafür einfegte. (Es war
Komponiſten geleiteten Radiokonzert. „Liebe in ihm“.) Nac< wenigen Jah-
Andere Orceſterſtüke brachte Pfißner ren aber verſchwand die „Roſe“ und
1923 ſelbſt, ſo die Muſik zum „Feſt erſt 1926 erſtand ſie wieder, unter
auf Solhaug“ und die zum „Kätchen Pfigners eigener Regie und Stab-
von Heilbronn“, die leztere: wurde im führung. Shmedes und die Mil-
genannten Radiokonzert wiederholt. denburg, die Unvergeßlihen aus
Einen mächtigen Impuls zugunſten der Zeit der erſten Aufführungen,
der Wiener -Pfiznerbewegung gab hatten fih in Richard Shubert
die denkwürdige zweitägige Erſtauf- und Claire Born aufs herrlichſte
führung der romantiſchen Kantate verjüngt. Seither aber ſind zwei
„Von Deutſcher Seele“ unter Furt- Jahre dahingegangen und die „Roſe“,
waengler. Aber das iſt einige wiewohl manc<hmal geplant und im
Jahre her und das Werk wäre längſt Februar dieſes Jahres zu Pfißners
wieder „fällig“. Anweſenheit in Wien ſogar angeſeßt,
Bei Hans Pfißner gibt es keine kam nicht wieder heraus.
ſ<wächeren Werke, und ſo ſehr ge- Der „Paleſtrina“ ſteht im Reper-
rade er uns das ſeltene Bild eines toire, erlebt aber jährlih kaum mehr
edlen, fi) zu immer größeren Zielen als eine Aufführung und ſelbſt für
emporhebenden Schöpfergeiftes gibt, dieſe wird nicht ſo vorgeſorgt, wie es
ſo ſind doh feine erſten Werke feines- einem ſolhen Ausnahmswerk ge-
wegs etwas Unreifes, Werdendes. ziemte. Wichtige Neubefegungen müß-
Hiefür iſt die Celloſonate, op. 1 (1890), ten erfolgen, vor allem die der Titel-
ebenſo wie ſein erſtes Muſikdrama, tolle. Ein gelegentliches Gaſtſpiel von
„Der arme Heinrich“ (1891-1893) das Erb und Frau Jvogün vor
beredtejte Zeugnis. Nicht minder be- wenigen Jahren ließ uns ahnen,
zeichnend aber aucd für die bis dahin was darſtelleriſche Kunſt den Geſtal-
unerhörte Univerſalität Pfißners iſt ten des Paleſtrina und Ighino noch
dieſes ſich ſchon im erſten Anfange abgewinnen kann!
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Alois Beran
Der „Arme Heinrich“, mit dem es ſonſt, als Weihnadtsmärden für die
andere große deutſche Operntheater Kinder des öfteren im Jahre gege:
bezeichnenderweiſe immer wieder ab ben. Bon dem hohen Reiz des Wer-
und zu verſuchen, weil ſie ſich der kes, deſſen reine unbekümmerte Nai-
Ehrenſ<huld der deutſchen Bühne vität auf der deutſchen Bühne ſeit
gegenüber dieſer ernſteſten und tief- dem „Hannele“ nicht mehr da war,
ſten nach-Wagneriſchen Verlebendi- gab eine konzertante Privatauffüh-
gung deutfhen mittelalterlihen Dich- rung, die ich ſelbſt vor zwei Jahren
tergeiftes bewußt bleiben, ift bei uns im Kleinen Muſikvereinsſaale veran-
im Jahre 1915 herausgefommen, ſtaltete, eine Andeutung: wir hofften
mitten im Krieg und no< dazu an alle, nun würde die Oper zugreifen.
jenem Tag, an dem uns Praemysl Sie tat es nicht, troß energiſchen Zu-
verloren ging: die allgemeine Deprej- redens: das „Chriſtelflein“ mußte
ſion raffte das Werk ſpurlos mit ſich. hinter „Peterchens Mondfahrt“ zu-
Und doch warten wir darauf und rücſtehen. Auch meine Bemühungen
hoffen, daß die Wiener Oper, die bei der Volksoper, denen Rainer
neueſtens für Experimente von Hin- Simons ſympathiſ<; gegenüber-
demith, Strawinsky uſw. ſo viel ent- ſtand, ſcheiterten an politiſchen Ge-
gegenfommende Nachgiebigkeit zeigt, genſtrömungen von ſeiten ſeines Mit-
fi) vielleicht doch aud) eines Tages direktors.
des armen Heinrichs erinnert. Auf Es gibt zu unſerem Troſte nod
volle Häuſer wird freilich nicht zu Stätten, wo kritiſcher Haltloſigkeit
rechnen fein. Aber wie viele waren und Politik nicht ſo viel Einfluß auf
denn mit den genannten modernen den Gpielplan eingeräumt wird. In
Komponijten zu erzielen? Münden zum Beiſpiel ſtehen ſämt-
Und nod ein dramatifches Werk liche Werke Pfißners auf dem Spiel-
Pfigners ſc<eint für die Wiener plan, vom „Paleſtrina“ bis zum
Operndirektion nicht vorhanden zu „Chriſtelflein“, dafür hat man dort den
ſein: das „Chriſtelflein“. Dieſes koſt= „Jonny“ abgelehnt -- faſt ein Ana-
bare deutſche Märchenſtü> voll zarte- <hronismus in unſerer Zeit, aber —
ſter, reiner Muſik iſt an vielen deut- ein ſchöner. In Wien iſt's gerade
{hen Bühnen, fogar in Berlin, Ne- umgekehrt!
pertoireftüd, und wird dort, wie aud)
das Inſtrument nur mit einer leer- dern aus dem Grunde, daß ſich mit
ſ<wingenden Baßſaite verſehen. Beim der Geſtalt des Schallkörpers auch der
Anſchlag ſtreichen entweder der Zeige- Ton und Charakter und mithin auch
finger oder auch im „Tremolo“ alle die Gpielweiſe änderte. Aus der
Finger der Hand quer zur Lage der Domra war ein neues Inſtrument
Saiten hin und zurück und erſetzen ge- entſtanden. Gegenüber dem ſanften,
wiſſermaßen den Streichbogen, deſſen vollen und dunklen Ton der Domra
fih übrigens viele Aſiaten bei ganz klingt die Balalaika heller, ſchärfer
ähnlihen Inſtrumenten bedienen. und aufdringlicher. Die Urſache hie-
Jeder Violinſpieler wird wiſſen, daß von liegt dort in der Wölbung, hier
es ſehr umſtändlich wäre, auf drei in der Plattheit des Scallkörpers,
Saiten fortgeſeßt harmoniſch zu ſpie- ähnlich wie im Verhältnis von Laute
len. Hierin liegt die Urſache der zur Gitarre. Die Domra erforderte
bloßen Zweifaitigfeit jener primitiven- demnad den Anſc<lag durch ein
Inſtrumente. Plektrum zur Hervorhebung ſtärkerer
Akzente, bei der Balalaika genügt der
Der ruſſiſche Muſikforſ<her Al. S.
Fingeranſc<lag in oberwähnter Weiſe.
Faminzzyn iſt der Anſicht, daß ſich die
Dadurd änderte ſich auch die Spiel-
Balalaika aus der Domra entwicelt
habe. Er ſtüßt ſich hiebei auf die Be- weiſe. Das Plektrum eignet ſich mehr
für melodiöſes Spiel, immer nur eine
richte verſchiedener ruſſiſcher und aus-
Saite bevorzugend, während ſich die
ländiſcher Schriftſteller des 18. Jahr-
frei aus dem Handgelenk hin und
hunderts, welche die damaligen Mu-
her ſ<wingenden Finger bald eine
fifinftrumente des ruſſiſchen Volkes
mehr harmoniſche Spielweiſe zu eigen
oft in ſehr eingehender Weiſe beſchrie-
machten. Aus dieſem Grunde wurde
ben haben. Sie melden von lauten-
die Saitenanzahl auf der Balalaika
artigen Inſtrumenten, die Balalaiken
. in der Folge um eine weitere (ſeltener
genannt werden und deren anfäng-
liH rundliche Form des Schallförpers um zwei) vermehrt, wobei troß der
verſchiedenen Art der Stimmung
ſich allmählich verflacht. Georgi findet
immer an dem Prinzip der leer mit-
nod hie und da Typen, welche ſich
ſ<hwingenden Baßſaite feſtgehalten
das Volk aus naturgebogenem Holz
wurde. ;
hergeſtellt hat. Dort, wo fich folches
nicht fand, baute man eben das Kor- Die Balalaika gelangte gegen die
pus flach. Anderſeits ſpricht für die Mitte des 18. Jahrhunderts zu
urſprünglihe Identität beider In- immer größerer Verbreitung und Be-
ſtrumente der Umſtand, daß die Ta- liebtheit im ruſſiſchen Volke. Sie er-
taren von Kaſansk und Orenburg bis oberte ſich auch die Schäßung intelli-
in die Siebzigerjahre des 19. Jahr- genter Kreiſe und gelangte nicht ſel-
hunderts die ruſſiſche Balalaika noch ten, aud als Konzertinſtrument, zu
— Tumra genannt haben. Als das hohen Ehren. Das 20.. Jahrhundert,
Inſtrument no< gewölbt war, ſpielte die Ära des Virtuoſentums, brachte
man es mit einem Gtäbdhen an, als auc< auf unſerem Inſtrumente einige
es flah) geworden war, mit den hervorragende und berühmte Künſtler
bloßen Fingern. Dies geſchah nicht hervor. Es waren dies unter anderen
vielleiht aus Laune oder Zufall, ſon- in Moskau Radiwilow in den Fünfzi-
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Laute und Gitarre in der modernen Enzyklopädie
WERK
- DER ARCHITEKTUR
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