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Eltern zuhören, Sichtweisen gezielt erfragen und als gültig anerkennen, auch wenn sie sich von den Sichtweisen der
Fachkraft unterscheiden
Grundlage = dialogische Haltung
2. Ressourcenorientierung = ermöglicht, primär die Stärken des Gegenübers, nicht die Defizite, wahrzunehmen
die Bereitschaft von Eltern, zuzuhören, sich einzubringen, Freundlichkeit
3. Expertenstatus der Eltern anerkennen
u. a. Experten für ihre Familie, Biografie des Kindes, Bedürfnisse des Kindes, familiären Lebensbedingungen
4. Eigenen Vorurteile bewusst sein + versuchen, Eltern nicht zu be- oder verurteilen.
eigene Biografie vergegenwärtigen + eigene Ideale reflektieren (um sie nicht höher zu bewerten als die der
Eltern) Grundlage: Bereitschaft zur Selbstreflexion
5. Sensibilität für ethnische und soziale Kulturen
Bewusstsein der Vielfalt an Erziehungskulturen, sich achtsam und anerkennend gegenüber unterschiedlichen
Familienkulturen verhalten
Hilfreich: gegenseitiger Verstehensprozess erleichtert es Eigenarten nachzuvollziehen
Um Haltung umsetzen zu können, müssen Fachkräfte sich ihrer erworbenen Haltung (durch ihre Geschichte) bewusst
werden
Reflexion der eigenen Biografie und erworbenen Werte = wichtige Grundlage
Themen zu reflektieren sind u.a.:
Elternideale, also wie Eltern sein sollen und wie nicht, z. B. jung oder alt, ruhig oder aufgedreht
Erziehungsideale, also wie Eltern ihre Kinder erziehen sollen, z. B. mit Geduld oder mit klaren Grenzen
Geschlechtsrollenbilder
das Verhältnis der Geschlechter
Einstellungen zur Fremdbetreuung von Kindern
Ziel: eigene Haltung + Entstehungsgeschichte bewusst wahrnehmen, um Eltern als Gegenüber bewusst wahrnehmen zu
können + eigene Erfahrungen nicht zum Maßstab zu machen
wird möglich eigene Meinung zu aüßern, ohne das Gegenüber verurteilen zu müssen
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- weitere Grundlage, wenn auch nicht rechtlich bindend: Bildungspläne der Länder nutzen alle den Begriff der
Bildungs- und Erziehungspartnerschaft + enthalten alle Hinweise zu deren Gestaltung
Sie konkretisieren u. a.:
die Bedeutung der Eltern und der Familie für die Kinder
die Zusammenarbeit mit Eltern im Rahmen von Übergängen, z. B. der Eingewöhnung
den regelmäßigen Austausch mit den Eltern, z. B. im Rahmen von Entwicklungsgesprächen
die Beteiligung der Eltern
Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe = rechtlichen Rahmen im SGB VIII
Schulbereich = Eltern nicht die originären Auftraggeber
- Schule = eigenständigen Erziehungsauftrag Art. 7 des GG, schränkt elterliche Erziehungsrecht ein
andere rechtliche Grundlagen für die Zusammenarbeit mit den Eltern Regelungen in Schulgesetzen der
Länder (normieren Regelungen zur Elternvertretung im Vergleich zur Kinder- und Jugendhilfe deutlich stärker)
Zentrales Ziel = Realisierung der elterlichen Mitsprache im Schulsystem auf struktureller Ebene = weniger um
individuelle Zusammenarbeit im Hinblick auf das einzelne Kind
Teamarbeit im Hintergrund
Kern der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft = Beziehung zwischen Eltern und einer Fachkraft Team der Fachkräfte
trotzdem: wesentlicher Bedeutung für Gelingen der Bildungs- und Erziehungspartnerschaften
Team = verschiedene Persönlichkeiten, mit unterschiedliche Kompetenzen
ermöglicht es, Fachkräfte spezifischen Kindern bzw. deren Eltern zuzuweisen, z. B. wenn die Behinderung eines Kindes
besondere Kompetenzen aufseiten der Fachkraft notwendig macht
Team = für jede einzelne Fachkraft im Idealfall eine wichtige Ressource:
1. können sich im Hinblick auf Gestaltung der Bildungs- und Erziehungspartnerschaften gegenseitig anregen
2. können sich in schwierigen Fragen/bei Problemen in der Arbeit mit den Eltern unterstützen
3. Gespräche mit anderen Fachkräften ermöglichen es eigene Emotionen oder Ideale zu reflektieren
4. Fkönnen sich in einer positiven Feedbackkultur stärken, aber auch gegenseitig produktiv korrigieren
5. Austausch im Team ermöglicht es, vor Entwicklungsgesprächen verschiedene Wahrnehmungen und Perspektiven in
Bezug auf ein Kind einzuholen und so ein umfassendes Bild zu erarbeiten
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6. In schwierigen, z. B. konflikthaften Gesprächen = gegenseitig unterstützen
7. Gemeinsam können grundlegende Elemente der Gestaltung der Elternarbeit entwickelt werden
Das Aufnahmegespräch
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gelingende Bildungs- und Erziehungspartnerschaft beginnt vor Aufnahme der Kinder
Erste wichtige Meilenstein: Aufnahmegespräch
- Zentrales Ziel: Eltern für zukünftige Zusammenarbeit zu motivieren tragfähige Beziehung aufbauen und
Bedeutung der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft nähergebringen
Weitere Ziele und Inhalte des Aufnahmegesprächs sind:
persönliches Kennenlernen,
Kennenlernen der Einrichtung,
fachliche Informationen zum kindheitspädagogischen Bildungs- und Erziehungsverständnis in der Einrichtung,
Erläuterung des Konzepts der Einrichtung,
Austausch gegenseitiger Erwartungen,
Planung der nächsten Schritte sowie vielfältige Informationen zum Kind
Von Beginn an: Individualität des Kindes + Individualität der Eltern berücksichtigt Eltern sollten Erfahrung machen, dass
ihre Erwartungen, Wünsche und Sorgen im Austausch mit der Fachkraft einen festen Raum haben
Ideal: einen im Team der Fachkräfte erarbeiteten Leitfaden nutzen, der Thematisierung aller wichtigen Aspekte sicherstellt
einheitlicher Qualitätsstandard der Aufnahme ABER nur notwendigen Inhalte vorgeben, nicht Struktur oder andere
Inhalte ausschließen ermöglichen den Relevanzen der Eltern zu folgen
wichtige Aspekte schriftlich fixieren
Anderes potenzielles Element eines Aufnahmegesprächs: Erziehungsinterview Erziehungsideen der Eltern systematisch
abgefragen ermöglicht bzw. forciert den Austausch über erziehungs- und bildungstheoretische Fragen. Vorgehensweisen
der Einrichtung und Zuhause können abgeglichen werden
Mögliche Themengebiete sind u. a.:
häusliche Regeln,
Erziehungswerte, wie z. B. Selbstständigkeit, Gehorsam etc.,
Bedürfnisse des Kindes,
häufige Konflikte und diesbezügliche Umgangsweisen,
Fähigkeiten des Kindes,
weitere Erziehungsbeteiligte und Geschwisterkinder
Die Eingewöhnung
Zweites zentrales Element der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft: Eingewöhnungsphase
Ziel: Kinder entwickeln ein ausreichendes Sicherheitsgefühl, auch wenn Eltern nicht mehr anwesend
Gelingt Kooperation von Fachkräften und Eltern, erleichtert dies den Ankommensprozess der Kinder und die Bildungs- und
Erziehungspartnerschaft selbst kann sich maßgeblich vertiefen
Für gelingen elementar: Erwartungen der Eltern und Vorerfahrungen der Kinder einzubeziehen
einige Eltern = intensiven Austausch brauchen + Kinder eine intensive Eingewöhnungsphase benötigen
anderenFamilien = Übergang ohne große Mühe + reibungslos
Gründe sind z. B. Bindungserfahrungen der Kinder, einerseits mit den Eltern und andererseits mit anderen Bezugspersonen
In Eingewöhnung = alle Beteiligten intensiv gefordert
- Kinder müssen neue Umgebung aneignen + neue Beziehungen eingehen
- Fachkräfte müssen emotionalen Bedürfnisse des Kindes wahrnehmen + Beziehungsangebote machen und gestalten
+ die emotionalen Herausforderungen der Eltern begleiten.
- Eltern müssen z. B. ihre Kinder loslassen, den Fachkräften vertrauen und eigene Ängste oder Schuldgefühle
überwinden
Um Herausforderungen zu meistern, ist meist ein intensiver und täglicher Austausch nötig, der auf der bisher
entwickelten Bildungs- und Erziehungspartnerschaft aufbaut + sie vertieft
Konkrete Gestaltung = verschiedenen Eingewöhnungskonzepten
Entwicklungsgespräche
in allen Bildungsplänen der Länder thematisiert und z. T. durch Ländergesetze konkretisiert
knüpfen im Idealfall an enge Zusammenarbeit während der Eingewöhnung an
deutlich ausführlicher als Tür-und-Angel-Gespräche + im Voraus geplant
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können unterschiedliche Inhalte haben, z. B.:
eine Rückschau auf den Zeitraum seit dem jüngsten Entwicklungsgespräch,
einen themenbezogenen Rückblick, z. B. zu Stärken, Problemen etc.,
einen Ausblick auf die kommende Zeit,
Zielformulierungen
Bewährt haben sich Entwicklungsgespräche auf Grundlage systematischer Beobachtungen bzw. von Material aus dem Alltag
der Einrichtung z. B.: Portfolios, Kunstwerke der Kinder, Sprechende Wände, Bildungs- und Lerngeschichten,..
Gemeinsame Blick auf Entwicklungen der Kinder lässt die für die Bildungs- und Erziehungspartnerschaft wichtige
gemeinsame Perspektive entstehen oder intensiviert sie
Großer Bedeutung = konsequent ressourcenorientierte Perspektive Eltern nicht in Situation kommen, sich selbst oder ihre
Kinder verteidigen zu müssen
Größeres Interesse der Eltern, wenn es nicht um eine defizitorientierte Bewertung ihrer Kinder geht
Ziel: gegenseitigen Austausch zu evozieren, Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Wahrnehmung austauschen
geht um Etablierung eines dialogischen Verhältnisses - Mittelpunkt = gemeinsame Überlegen zur weiteren Entwicklung
und Förderung des Kindes
Regelmäßige Entwicklungsgespräche = stabilisieren Vertrauen, lassen vertieften Austausch entstehen und machen
Veränderungen sichtbar
- produktive Ergänzung = strukturierte Beobachtungsbögen – Eltern können ebenfalls systematisch ihre Kinder
beobachten sollte ressourcenorientiert gestaltet sein.
Wichtig: Vorbereitung von Entwicklungsgesprächen folgenden Aspekte im Vordergrund:
Reflexion und Sammlung eigener Wahrnehmungen,
Einholen von Wahrnehmungen aus dem Team,
Reflexion der Teilnehmer und ihrer Erwartungen,
Bereitlegen des Dokumentationsmaterials und
Vorbereitung ressourcenorientierter Rückmeldungsinhalte.
Tür-und-Angel-Gespräche
insbesondere zu Bring- und Abholzeiten = Alltag vieler kindheitspädagogischer Institutionen
Trotz scheinbarer Beiläufigkeit erfüllen sie wichtiger Funktionen:
1. positives Übergangsritual: helfen insbesondere kleinen Kindern beim Ankommen
2. Eltern können wichtigen Informationen mitteilen, z. B. zur Situation zu Hause, zu gesundheitlichen Aspekten…
3. Fachkräfte können wichtige Informationen zu den Erlebnissen der Kinder in der Kita vermitteln
4. Längere und intensivere Gespräche können angebahnt bzw. geplant werden.
5. können kurze Rückmeldungen zu in Entwicklungsgesprächen vertieften Themen gegeben werden
Elternbefragungen
- Schriftliche Elternbefragungen ermöglichen, Rückmeldungen zur Einrichtung und geleisteten Arbeit einzuholen
- Mögliche Themen sind das Gebäude, Öffnungszeiten oder einzelne Elemente der Zusammenarbeit
- Befragungen haben drei Funktionen:
1. Sie signalisieren den Eltern, dass ihre Meinung wichtig ist.
2. Sie bieten unmittelbare Anregungen zur Optimierung der Einrichtungsgestaltung.
3. Regen einen Austausch unter den Eltern, unter den Fachkräften und auch zwischen Fachkräften und Eltern an.
Wichtige Voraussetzungen für Gelingen: Durchführung transparent und auf Anmerkungen erfolgt eine Reaktion
Allgemeine Elternabende
= in vielen Einrichtungen fest etablierte und regelmäßige Veranstaltungen
- greifen kein tieferes inhaltliches Thema auf dienen nicht der Elternbildung
- können stattdessen u. a. die folgenden Funktionen haben:
1. informieren die Eltern über das anstehende oder vergangene Jahr.
2. ermöglichen den Eltern ein gegenseitiges Kennenlernen.
3. bieten den Eltern Raum, um eigene Themen einzubringen.
4. bieten die Möglichkeit, Elternbeiräte zu wählen.
Themenbezogene Elternabende
= richten sich in der Regel an alle an einem Thema interessierten Eltern
- können eine Fülle an Themen aufgreifen, die für die Eltern sowie die Einrichtung relevant sind
- Beispiele sind:
Fragen der Erziehung, kindliche Entwicklung, Umgang mit Aggressionen, Ängste von Kindern, kindliche
Sexualität, sexueller Missbrauch, Trennung und Scheidung, Ernährung, Umwelterziehung.
Planung: für Auswahl des Themas bzw. der Themen sollten Eltern zuvor befragt werden
Gestaltung: große Vielfalt an Möglichkeiten, z. B.:
Vorträge, Diskussionsmethoden, Filme, Gruppenarbeiten, Rollenspiele, Brainstormings und Erarbeitung
gemeinsamer Lösungsvorschläge für Probleme.
Häufig Einladung von Experten = sinnvoll
- Eltern aktiv beteiligen und ihre Erwartungen und Wünsche sowie unterschiedliche kognitive und sprachliche
Niveaus berücksichtigen sonst: Motivation gering
- Ziele und Ablauf = transparent
- zu bedenken: Passung des Raumes, die Sitzordnung sowie eine ansprechende Gestaltung der Einladung
Elternkurse
= intensive Möglichkeit der Elternbildung
großen Aufwandes + benötigten Know-hows empfiehlt es sich, mit anderen Einrichtungen zusammenzuarbeiten
Thema der meisten Elternkurse sind im weitesten Sinne die Erziehungskompetenzen der Eltern richten sich an sehr
unterschiedliche Elterngruppen im Voraus prüfen, ob das jeweilige Programm zur eigenen Elternschaft passt.
Verbreitete Programme sind u.a.
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FUN (Familie und Nachbarschaft), HIPPY, Liebevoll und kompetent, Ostapje, Eltern-AG, Starke Eltern – starke
Kinder, STEP und Triple P.
Projektorientierte Mitarbeit
z.B. der Bau eines Spielgerätes, kulturelle Feste, das Anlegen eines Gartens oder ein Ausflug = nicht nur für Kinder
interessante Bildungsgelegenheiten, sondern auch für die Zusammenarbeit mit Eltern wichtig. Gelingt es, Eltern für
Mitarbeit zu gewinnen = Fachkräfte entlastet und bestehende Bildungs- und Erziehungspartnerschaften können sich vertiefen
Elternbeiräte
= in größeren Einrichtungen gesetzlich verankerten Elternbeiräte
= wichtige Schnittstelle zwischen den Fachkräften und der Elternschaft gute Kooperation an dieser Stelle trägt
maßgeblich zu einer konstruktiven Atmosphäre zwischen Eltern und Fachkräften bei
Elternbeiräte erfüllen u. a. die folgenden Funktionen:
1. bringen Wünsche/Sichtweisen der Elternschaft in die Weiterentwicklung der Einrichtungen ein.
2. leisten einen wichtigen Beitrag zur Qualitätssicherung.
3. können maßgeblich zum Erfolg von Angeboten der Elternarbeit beitragen, z. B. indem sie Feste mitausrichten,...
4. können in Konfliktfällen vermitteln
Wahlverfahren, Zusammensetzung, Arbeitsweisen, Ziele und Kompetenzen der Elternbeiräte = allen Eltern transparent
Lektion 2: Gesprächsführung
2.1 Grundlagen der Gesprächsführung
- professionelles und bewusstes Führen von Gesprächen = Kernaufgaben von kindheitspädagogischen Fachkräften
täglich mit Kindern, Eltern, Kollegen, dem Einrichtungsträger oder anderen professionellen Akteuren kommunizieren
Jede Zielgruppe = unterschiedliche Anlässe, Ziele und Formen der Gespräche
- informelle und vorbereitete Gespräche
- Informelle Gespräche:
Alltagsgespräche mit Kindern,
Tür-und-Angel-Gespräche mit Eltern und
kurze Absprachen oder Unterhaltungen mit Kollegen.
- Vorbereitete Gespräche mit Kindern:
Morgenkreise,
Kinderkonferenzen und
Kinderinterviews.
- Vorbereitete Gespräche mit Eltern:
Elterninformationsgespräche,
Entwicklungsgespräche,
Eingewöhnungsgespräche und
Übergangsgespräche.
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- Vorbereitete Gespräche mit Kollegen und anderen professionellen Akteuren:
Fallbesprechungen,
Teamsitzungen,
kollegiale Beratung,
Personalgespräche und
Kooperationsgespräche, z. B. mit Schulen
Theoretischen Grundlagen für Verständnis von Gesprächen + normativen Implikationen dieser Modelle = auf alle
Zielgruppen übertragbar
„Faktoren, die Gespräche zwischen Erwachsenen erfolgreich machen, lassen sich auf Gespräche mit Kindern grundsätzlich
übertragen“
Wertschätzung des Gegenübers/der Versuch, das Gegenüber zu verstehen = in jedem Gespräch hilfreich
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- hilfreich, um Gespräche vorzubereiten, den Verlauf eines Gesprächs zu verstehen und Gespräche nachzubereiten
- Insbesondere Missverständnisse können vermieden und/oder aufgeklärt werden
- zentrale Aussage des Sender-Empfänger-Modells: Botschaften werden auf vier unterschiedlichen Ebenen gesendet
und empfangen werden
- Ebenen sind in jedem Gespräch enthalten, auch wenn es
vordergründig um sachliche Aspekte geht.
Ein Beispiel:
Ein Mann sagt zu seiner Frau, die am Steuer eines Autos sitzt: „Du, da vorne ist grün!“ Sie antwortet: „Fährst du oder fahre
ich!?“
Diese Situation lässt sich wie folgt interpretieren:
1. Sachebene: Mann informiert die Frau darüber, dass die Ampel grün ist.
2. Selbstoffenbarungsebene: u. a. interpretiert werden, dass der Mann es eilig hat.
3. Beziehungsebene: lässt sich die Aussage des Mannes interpretieren, dass „er seiner Frau nicht recht zutraut, ohne
seine Hilfe den Wagen optimal zu fahren“.
4. Appellebene: Mann gibt der Frau zu verstehen, dass sie schneller fahren soll.
Antwort der Frau zeigt, dass für sie die Sachebene in diesem Fall nicht zentral ist reagiert nicht auf Sachebene
reagiert eher auf die Beziehungs- und Appellebene gibt Mann zu verstehen, dass sie sehr wohl in der Lage ist, das
Auto zu fahren Appel an ihn: Sie in Ruhe fahren zu lassen.
Das Beispiel zeigt: Aussagen können sehr unterschiedliche und komplexe Botschaften enthalten, welche vom Empfänger
sehr unterschiedlich wahrgenommen und interpretiert werden können.
Kindheitspädagogischen Gesprächen: hilfreich eigenen Botschaften vorbereitend zu reflektieren und zu überlegen, wie die
Aussagen beim Gegenüber ankommen könnten
Trotzdem Konflikt: Gespräch im Nachhinein zu analysieren, um das nächste Gespräch besser vorbereiten zu können
Gesprächsvorbereitung
- wichtige Grundlage für Führung von Gesprächen: gute Gesprächsvorbereitung
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- Widulle entwickelt in Anlehnung an Benien (2003): fünfstufiges Modell, integriert das Kommunikationsmodell
1. erster Schritt: Klärung des Kontextes, der Vorgeschichte und des Anlasses des jeweiligen Gesprächs u. a.
die Bedeutung des Gesprächs, der Auftrag, den die Fachkraft durch die Institution hat, die Funktion des
Gesprächs und die übergeordneten Ziele der Fachkraft
2. zweiter Schritt: Selbstklärung (orientiert sich am Modell von Schulz von Thun) die beabsichtigen
sachlichen Inhalte, die beabsichtigten Appelle, die Selbstoffenbarungsebene und die Beziehungsebene sind zu
klären
3. dritter Schritt: Perspektivwechsel Vermutungen zum jeweiligen Gesprächspartner, u. a. die Sichtweisen,
Bedürfnisse, Motive, Ängste, Erwartungen etc. des Gegenübers
4. vierter Schritt: Wahl der Gesprächsform + Ablauf planen wie ist der Gesprächspartner miteinzubeziehen,
welche Struktur soll das Gespräch haben, wo können Schwierigkeiten auftreten und welche Instrumente steht,
wie zum Beispiel Leitfäden, zur Nutzung zur Verfügung
5. letzter Schritt: Klärung des Rahmens organisatorische Fragen und um die Einladung, u. a. der geeignete
Zeitpunkt für das Gespräch, der benötigte Zeitaufwand, die Auswahl eines geeigneten Raums, potenzielle
Störquellen sowie die geeignete Einladungsform
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8. Wenn kein gemeinsamer Blick entsteht und die Eltern ausschließlich feindlich oder mit Rückzug reagieren, sollte
die eigene Position noch einmal klargemacht werden und um weitere Gespräche zu einem späteren Zeitpunkt
gebeten werden. Auf diese Weise bekommen die Eltern Zeit, die Situation zu überdenken.
9. Der Gesprächsverlauf sollte zuletzt resümiert werden und Handlungsvereinbarungen, Ziele, aber auch Konflikte
schriftlich festgehalten werden.
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1. mit Erziehungsberechtigten und Tagespflegepersonen zum Wohl der Kinder und zur Sicherung der Kontinuität des
Erziehungsprozesses,
2. mit anderen kinder- und familienbezogenen Institutionen und Initiativen im Gemeinwesen, insbesondere solchen
der Familienbildung und -beratung,
3. mit den Schulen, um den Kindern einen guten Übergang in die Schule zu sichern und um die Arbeit mit
Schulkindern in Horten und altersgemischten Gruppen zu unterstützen."
gesetzlicher Auftrag, der Fachkräfte in kindheitspädagogischen Einrichtungen dazu anhält, Kooperationen zu entwickeln
und zu pflegen
Potenzielle Netzwerkpartner sind zum Beispiel
Schulen,
Vereine,
Tageseltern und andere Institutionen der Kindertagespflege,
Geschäfte und Betriebe,
Beratungsinstitutionen, zum Beispiel Erziehungs- und Familienberatungsstellen, Schuldnerberatung,
weitere soziale Dienste und Ämter, wie zum Beispiel: Jugendamt, Gesundheitsamt, Agentur für Arbeit,
Migrationsdienste und Alteneinrichtungen,
Ärzte,
Institutionen der Familienbildung, z. B. Familienbildungsstätten und Volkshochschulen.
müssen gezielt entwickelt und gepflegt werden
Ein hilfreicher Ansatz: Netzwerkarbeit
Netzwerkarbeit
= methodischer Ansatz der Sozialen Arbeit konkretisiert den seit den 1970er-Jahren entstandenen Trend, Menschen in
sozialen Bezügen wahrzunehmen
- Nimmt Perspektive des Individuums ein
- fragt z.B. nach Personen, Institutionen oder Orten, die helfen können, Probleme zu verhindern oder zu bearbeiten
Grundidee: Menschen sind in soziale Beziehungen unterschiedlicher Qualität eingebunden lässt sich auf Institutionen
übertragen
Verbindungen lassen sich bildhaft darstellen: Personen und Institutionen = Knotenpunkte, zwischen ihnen verlaufen
Verbindungslinien = Gleisanlagen. Auf diesen Gleisanlagen finden unterschiedlichste Austauschprozesse statt
Drei Typen von Netzwerken (=Beziehungsgeflecht und die eigebundenen Akteure) werden unterschieden:
1. primäre/mikrosoziale Netzwerke: Familie, Verwandtschaft, Freunde oder Nachbarschaft,
2. sekundäre/makrosoziale Netzwerke: Institutionen: Schulen/Beratungsstellen, Arbeitsplatz ,Freizeiteinrichtungen
3. tertiäre/mesosoziale Netzwerke: zwischen privatem und öffentlichem Sektor verortet, Selbsthilfegruppen, NGOs
und Vereine
Austauschprozesse auf den Gleisen können auf unterschiedlichen Ebenen analysiert werden. Gefragt werden kann nach
den Interaktionsinhalten, zum Beispiel emotionale Unterstützung oder Informationen;
den Interaktionskriterien, zum Beispiel wie oft oder mittels welchen Mediums;
der Qualität der Interaktion, also zum Beispiel der Intensität oder der Verlässlichkeit.
zentralen Techniken der Netzwerkarbeit = Netzwerkanalyse mittels einer Netzwerkkarte
Beispielsweise aus Sicht einer kindheitspädagogischen Institution: alle relevanten Knotenpunkte und Verbindungslinien
werden eingezeichnet und im Hinblick auf die genannten Merkmale näher erläutert. Im Ergebnis wird deutlich, in welchen
für die Einrichtung oder die Klienten wichtigen Bereichen oder zu welchen Themen noch keine Kooperationspartner zur
Verfügung stehen. Zum Beispiel kann deutlich werden, dass noch kein Kontakt zu einer Sexualberatungsstelle besteht, die
für Fragen der Sexualerziehung von Bedeutung ist, weil es in diesem Bereich häufig Auseinandersetzungen zwischen
Fachkräften und Eltern gibt
In Folge kann ein Soll-Zustand formuliert und Strategien für die Optimierung des Netzwerkes entwickelt werden
Ausbau eines institutionellen Netzwerkes kann mittels folgender Maßnahmen umgesetzt werden:
Besuche anderer Institutionen mit gegenseitiger Vorstellung,
Mitarbeit in Arbeitskreisen, zum Beispiel zum Kinderschutz,
Einladung anderer Institutionen, zum Beispiel zu Jubiläen oder zu Vernetzungstreffen,
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Abschluss von Kooperationsverträgen,
Öffentlichkeitsarbeit, zum Beispiel Verteilen von Flyern in anderen Einrichtungen,
Öffnung der Institution in den Sozialraum, zum Beispiel durch Feste oder einen „Tag der offenen Tür“.
Schließen von Kooperationsverträgen = besondere Bedeutung stellen sicher, dass Kooperationen längerfristig bestehen
bleiben und nicht mit dem Ausscheiden von Personen enden
Transitionsforschung
- bewusster und fachlich gestalteter Übergang von der Familie in die Kindertageseinrichtung = wichtige
Voraussetzung für Gelingen von außerfamiliärer Bildung, Erziehung und Betreuung Transitionsforschung
entwickelt, die verschiedene Disziplinen – insbesondere die Soziologie und die Psychologie – verbindet
- Die früheren Stufenmodelle der Entwicklungspsychologie nutzend und erweiternd, betrachtet sie die Übergänge
zwischen den festeren Phasen
„Unter Transition versteht man krisenhafte Phasen in der Biografie von Familien, die durch erst- oder einmalige markante
Ereignisse ausgelöst werden“
- Bedeutsame Transitionen im Lebenslauf: Geburt eines Kindes, der Übergang in eine Kindertageseinrichtung oder
die Schule
- Kennzeichnend für die Phasen des Übergangs: Ablösung von Routinen und die Notwendigkeit, sich neue
Fähigkeiten, Räume, Beziehungen etc. anzueignen heftige und widersprüchliche Emotionen können entstehen
Eintritt in Kindertageseinrichtung, aber auch in die Schule = für Kinder, Eltern und auch andere Beteiligten eine große
Herausforderung
- Transitionsforschung beschäftigt sich mit allen Beteiligten als Akteuren eines sozialen Systems
- Transitionsmodell von Griebel und Niesel (2017): zeigt Komplexität von Übergängen Übergang keinesfalls nur
eine Aufgabe für das Kind und hängt daher auch nicht nur von dessen Kompetenzen ab Herausforderung für das
gesamte soziale System zu sprechen Kinder und Eltern müssen den Übergang aktiv bewältigen, Fachkräfte
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moderieren den Übergang, Eltern = Doppelrolle, selbst Bewältigungsleistungen erbringen müssen + ihre Kinder
unterstützen
notwendige Zeitbedarf: individuell, da Kinder unterschiedlich viel Zeit benötigen, um sich sicher zu fühlen
abgeschlossen, wenn das Kind sich wohlfühlt und die Bildungsangebote
Kinder und Eltern sind jeweils auf drei Ebenen herausgefordert:
1. müssen sich auf individueller Ebene entwickeln, z.B. mit neuen Emotionen umgehen + neue Kompetenzen
entwickeln
2. müssen sich auf der Beziehungsebene entwickeln sind gezwungen, neue Beziehungen zu knüpfen, und
gleichzeitig verlieren alte Beziehungen an Bedeutung
3. müssen sich den neuen Kontext aneignen, der sie zum Beispiel mit neuen Zeitstrukturen und Regeln konfrontiert.
Die Eingewöhnung
Ziel: Herstellung einer vertrauensvollen Beziehung als sichere Basis für die Kinder.
- elternbegleitete, bezugspersonenorientierte und abschiedsbewusste Eingewöhnung = Qualitätsstandard setzt
Erkenntnisse der Bindungsforschung um
- Elternbegleitet: Eltern nehmen zunächst am Alltag der Kindertagesstätte teil, um den Kindern als sichere Basis zur
Verfügung stehen, von der aus sie die Kita, aber vor allem auch die neuen Menschen kennenlernen können
- Bezugspersonenorientiert: eine Erzieherin widmet sich dem Kind intensiv, um eine vertrauensvolle Beziehung
aufzubauen und um auf diese Weise zu einer sicheren Basis für das Kind zu werden
- Abschiedsbewusst: klar und transparent kommunizierter Abschied, zu dem das verinnerlichte Vertrauen gehört,
dass die Mutter wiederkommt
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Empirische Forschungen: Eingewöhnung ohne die Eltern = extreme Belastung für die Kinder, auch wenn sie zum Teil
weniger protestieren
Erfolg der Eingewöhnung lässt daran erkennen, dass das Kind bei der Erzieherin Trost und Hilfe sucht die Erzieherin =
sichere Basis für das Kind
Erzieher übernehmen eine der Mutter partiell ähnliche Funktion für die Kinder von Erzieher-Kind-Bindung gesprochen
Fünf Merkmale einer gelingenden Erzieher-Kind-Beziehung:
Zuwendung, z. B. in Form von emotionaler und warmer Kommunikation,
Sicherheit, z. B. in Form von Verfügbarkeit in Problemsituationen,
Stressreduktion, z. B. in Form von Trost und Unterstützung in misslichen Lagen,
Explorationsunterstützung, z. B. in Form von Ermutigung und Unterstützung,
Assistenz, z. B. in der Bearbeitung von negativen Emotionen.
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Das Münchener Eingewöhnungsmodell
= basiert auf zwei theoretischen Hintergründen - Erkenntnisse der Transitionsforschung und die grundlegende Idee des
kompetenten Säuglings (Kerngedanke: Kinder von Geburt an als kompetent und reich an Möglichkeiten) = nicht als
passive Empfänger von Hilfe durch die Erwachsenen verstanden. Bereits Säuglinge äußern ihre Bedürfnisse, erforschen ihre
Umwelt und gehen von Anfang an Beziehungen zu ihren Bezugspersonen ein Äußerungen der kleinen Kinder für den
Verlauf der Eingewöhnung im Rahmen des Münchener Modells von großer Bedeutung.
Handlungskonzept
Ziele werden für die Gestaltung des Eingewöhnungsprozesses formuliert:
1. Alle Beteiligten gestalten die Zeit aktiv mit und unterstützen sich gegenseitig.
2. Erst wenn die Kindertagesstätte für das Kind keine fremde Situation mehr darstellt, verabschieden sich die Eltern.
3. Eingewöhnende Kind entscheidet aktiv über Ablauf der Eingewöhnung Bedürfnisse sind maßgeblich für Tempo
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Bedeutung einer professionellen Gestaltung des Übergangs
= ist in den vergangenen Jahren aufgrund vielfältiger gesellschaftlicher Entwicklungen gestiegen:
1. veränderte Bedingungen des Aufwachsens = Kinder bringen zunehmend körperliche, seelische und soziale
Überforderungen mit. Werden diese sehr heterogenen Lernvoraussetzungen nicht berücksichtigt, kommt es zu
vielfältigen negativen Rückmeldungen und einem Ausschluss der Kinder.
2. Abnahme primärer Bezugspersonen = nimmt Bedeutung sekundärer Bezugspersonen zu steigt Verantwortung
von Fachkräften, die nötigen Unterstützungsleistungen zu erbringen
3. sozialen und gesellschaftlichen Selektionsmechanismen steigt die Anzahl an Übergangsverlierern und
Risikokindern, die den Anschluss im Bildungssystem frühzeitig verlieren. Auslöser: z.B. Armut, die frühe Weichen
der Selektion darstellen.
4. In vergangenen Jahren wurde große Bedeutung der Sprache für die kindliche Entwicklung und den Schulerfolg von
Kindern ersichtlich. Sprachförderung = wichtigen Überschneidungsbereich von Kindergarten und Grundschule
Sprachstandserhebungen und Sprachförderung dürfen daher nicht erst in der Grundschule beginnen
5. Diskontinuitäten in Bildungsbiografien nehmen zu und müssen zusätzlich zu den Übergängen von Kindern und
Eltern bewältigt werden
Ausschlaggebend für Übergangsgestaltung: Schulsystem selbst
In Abhängigkeit vom Schulsystem stellt sich die Frage nach dem Übergang in sehr unterschiedlicher Form: Länder mit einer
längeren gemeinsamen ersten Schulphase – wie zum Beispiel Schweden mit einer neunjährigen Grundschule – lösen einen
deutlich verringerten Selektionsdruck aus Übergang verliert deutlich an Bedeutung, weil ausreichend Zeit für das
Ankommen und die Lernentwicklung der Kinder gegeben ist
Nichtsdestotrotz hat sich auch international die Erkenntnis durchgesetzt: guter Start wichtig für die gesamte Grundschulzeit
Niederschlag in Gesetzen
Angesichts der Bedeutung des Übergangs: gesetzliche Vorgaben entwickelt, welche Grundschulen und Kindergärten dazu
auffordern und zum Teil verpflichten, entsprechende Kooperationen und individuelle Fördermaßnahmen zu entwickeln
Ziel: Anschlussfähigkeit von Kindergärten und Schulen zu verbessern Forderungen und Empfehlungen in den
spezifischen Schulgesetzen der Bundesländer, in den Bildungs- und Erziehungsplänen sowie in den jeweiligen
Ländergesetzen
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Einen weiteren Beitrag zum Wohlfühlen: soziale Integration der Kinder. In Abhängigkeit von der sozialen Einbindung, der
Entwicklung von neuen Beziehungen, entwickelt sich die Motivation der Kinder, zur Schule zu gehen aufseiten der
Kinder sind zunächst soziale Kompetenzen wichtiger als kognitive Kompetenzen
Übergang gilt auch als Chance neuen Anforderungen = intensive Entwicklungsanreize, die Ressourcen der Kinder
freisetzen können und immense Leistungen der Kinder provozieren „verdichteten Entwicklungsanforderungen“, auf
die die Kinder mit verstärkter Lernbereitschaft reagieren
Sind Kinder in der Grundschule angekommen Ziel: neuen Anforderungen zu kalibrieren, dass sie den individuellen
Kapazitäten der Kinder entsprechen und dementsprechend Über- oder Unterforderungen vermieden werden
ersten beiden Schuljahren über sogenannten Anfangsunterricht gelingen unterschiedliche Entwicklungsstand
berücksichtigen, keine Noten vergeben und der Aufstieg in das zweite Jahr findet ohne Versetzungsentscheidung
Vordergrund: Lernen mit allen Sinnen, Selbstständigkeit, Selbstbestimmung, entdeckendes Lernen und eine große
Fehlertoleranz
Eine andere Möglichkeit: jahrgangsgemischte Schuleingangsphase = gemeinsamer Unterricht für die Klassen 1 und 2,
Patensysteme, eine flexible Verweildauer und kein Sitzenbleiben und hierüber frühe Stigmatisierungen
Kinderrechte heute
Kinder = von Geburt Träger eigener Rechte müssen sich diese nicht erarbeiten oder erwerben, sind vielmehr Ausdruck
der jedem Kind innewohnenden und unveräußerlichen Würde.
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Menschenwürde und Kinderrechte = untrennbar: Um die Würde des Menschen zu achten und zu schützen, bedarf es der
Menschen- und Kinderrechte
Menschenwürde achten, bedeutet respektieren, dass jeder Mensch um seiner selbst willen, als Zweck an sich, existiert und
nicht zum Objekt herabgewürdigt werden darf
Kinder als Rechtssubjekte zu respektieren und zu behandeln sowie ihre Würde zu achten = heute allgemeine
gesellschaftliche Aufgabe
Umsetzung: durch eine kinderrechtsbasierte Einrichtungs- und Praxisreflexion sowie ihre Umgestaltung
Kindheitspädagogische Fachkräfte müssen mit Kinderrechten vertraut sein und sie in ihrer Bedeutung für die Gestaltung des
Alltags mit Kindern verstehen und umsetzen können
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Kinder als Träger eigener Rechte ausgewiesen, so zum Beispiel in § 1 Absatz 1, welcher das Recht jedes jungen
Menschen auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen
Persönlichkeit festschreibt. § 8 Absatz 1 formuliert grundsätzliche Beteiligungsrechte, ähnlich denen in der
Kinderrechtskonvention. Die Inanspruchnahme der Hilfen zur Erziehung bleiben jedoch ausschließlich Elternrecht. § 45
Absatz 3 SGB VIII verpflichtet Einrichtungen der Jugendhilfe, geeignete Verfahren zur Sicherung der Rechte von Kindern
und Jugendlichen sowie Verfahren der Beteiligung und Beschwerdemöglichkeiten vorzuhalten und anzuwenden.
Im Rahmen der Kindschaftsrechtsreform von 1998: Gleichstellung ehelicher und unehelicher Kinder und Kinder erhielten
das Recht, mit beiden Eltern Umgang zu haben
Weiterer Meilenstein: Gesetz zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung im Jahr 2000. Mit § 1631 Absatz 2 (BGB) wurde
Kindern ein Recht auf gewaltfreie Erziehung eingeräumt
Entwicklungen waren wichtige Schritte, trotzdem gelten die Kinderrechte in Deutschland als noch immer nicht umfassend
verwirklicht
Weder findet sich der Vorrang des Kindeswohls im SGB VIII, noch sind Kinder als Träger eigener Rechte im Grundgesetz
vorgesehen. Sie tauchen dort lediglich als Anhang ihrer Eltern auf.
Der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes hat vier besonders
wichtige Rechte als allgemeine Prinzipien herausgestellt:
Artikel 2: umfassendes Diskriminierungsverbot verbietet
Benachteiligungen von Kindern aufgrund von individuellen
Merkmalen, wie zum Beispiel Geschlecht, Herkunft oder
Behinderungen.
Artikel 3: räumt bei allen Kinder betreffenden Maßnahmen der
Berücksichtigung des Kindeswohls einen Vorrang ein.
Artikel 6: schreibt jedem Kind das Recht auf Leben und bestmögliche
Entwicklung zu.
Artikel 12: sichert den Kindern das Recht auf Beteiligung in allen sie
betreffenden Angelegenheiten zu.
Des Weiteren lassen sich Schutz-, Förder-, und Beteiligungsrechte
unterscheiden.
Schutzrechte (Protection)
orientiert sich an traditionellen Kindheitsbildern und Kindheitsverständnissen, gehen von gefährdeten und schutzbedürftigen
Kindern aus
Die Schutzrechte greifen das Leitbild gewaltfreier Erziehung auf und finden ihre Umsetzung in umfassenden und vielfältigen
Präventions-, Hilfs-, und Beratungsangeboten
In einer Dialektik (innerer Widerstand in Dingen) stehen sie den eigenständigen Rechtsansprüchen der Kinder auf
Beteiligung gegenüber können Entscheidungsmöglichkeiten und die Wünsche der Kinder in der Praxis massiv
einschränken
Gefahr: kindlichen Erfahrungsräume und Freiheiten werden den Schutzmaßnahmen unterworfen
Die Schutzrechte finden sich in den Artikeln 2, 8, 9, 16, 17, 19, 22, 30, 32, 33 und 38 der Kinderrechtskonvention. Beispiele
sind das Recht auf Schutz der Privatsphäre (16) sowie das Recht auf Schutz vor körperlicher oder geistiger
Gewaltanwendung, Misshandlung oder Vernachlässigung (19).
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Förderrechte oder Versorgungsrechte (Provision)
fokussiert primär infrastrukturelle Aspekte im jeweiligen Land, zum Beispiel die Bereitstellung von Gesundheitsversorgung
und von sozialer Sicherheit
Gleichzeitig wird auf internationale Problemlagen, wie zum Beispiel Hungersnöte, fehlende Bildungsinfrastrukturen oder die
Unterdrückung religiöser Gruppen verwiesen
Die Förderrechte bzw. Versorgungsrechte finden sich in den Artikeln 6, 10, 15, 17, 18, 23, 24, 27, 28, 30, 31 und 39.
Beispiele sind das Recht auf Leben und bestmögliche Entwicklung (6), das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und
Religionsfreiheit (14), das Recht auf Zugang zu Medien (17), das Recht auf Bildung von Geburt an (28) und das Recht auf
Spiel (31).
In kindheitspädagogischen Institutionen in Deutschland sind insbesondere die folgenden Kinderrechte von Bedeutung:
1. Das Diskriminierungsverbot (Artikel 2 KRK): Kinder dürfen aufgrund von spezifischen Merkmalen, wie zum
Beispiel dem Geschlecht oder der Herkunft, nicht benachteiligt werden.
kindheitspädagogische Einrichtungen müssen allen Kindern gleichermaßen leicht zugänglich sein müssen.
2. Das Recht auf Vorrang des Kindeswohls (Artikel 3 KRK): Das bedeutet, dass in allen das Kind betreffenden
Entscheidungssituationen das Wohl des Kindes vorrangig berücksichtigt werden muss. Es geht darum, was dem
Kind guttut (Bedürfnisse und Rechte) und was es selbst will (Kindeswille). Das Konzept Kindeswohl und somit
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auch die fraglichen Entscheidungen sollen sich also neben dem Kindeswillen an den Grundrechten und an den
Grundbedürfnissen der Kinder orientieren.
3. Das Recht auf Berücksichtigung des Kindeswillens (Artikel 12 KRK): Der Wille der Kinder soll entsprechend
ihrem Entwicklungsstand in allen sie betreffenden Entscheidungen berücksichtigt werden
4. Die vorrangige Verantwortung der Eltern für das Kindeswohl und ihr Anspruch auf Unterstützung zur
Nutzung von Betreuungseinrichtungen im Falle von Berufstätigkeit (Artikel 18 KRK): Die vorrangige
Verantwortung der Eltern umzusetzen, bedeutet zum Beispiel, sie in alle Belange, die ihr Kind in der Einrichtung
betreffen, intensiv miteinzubeziehen.
5. Das Recht auf Schutz vor jeder Form körperlicher oder geistiger Gewaltanwendung, Misshandlung oder
Vernachlässigung, einschließlich des sexuellen Missbrauchs (Artikel 19 KRK): Dies bedeutet z. B., dass
kindheitspädagogische Einrichtungen Schutzkonzepte entwickeln und umsetzen müssen.
6. Das Recht auf besondere Förderung von Kindern mit Behinderung (Artikel 23 KRK): Dieses Recht
umzusetzen, bedeutet zum Beispiel, alle Prozesse und Strukturen in einer Einrichtung so zu gestalten, dass auch
Kinder mit Behinderung teilnehmen können.
7. Das Recht auf Bildung von Anfang an (Artikel 28 KRK): Dieses Recht umzusetzen bedeutet u. a., auch kleinere
Kinder in Einrichtungen nicht „nur“ zu betreuen, sondern ihnen vielfältige Bildungsmöglichkeiten zur Verfügung
zu stellen.
8. Die Orientierung an Bildungszielen, die darauf gerichtet sein müssen, die Persönlichkeit, die Begabung und
die geistigen und körperlichen Fähigkeiten des Kindes voll zur Entfaltung zu bringen (Artikel 29 KRK):
Dieses Recht umzusetzen bedeutet, Bildungsziele in kindheitspädagogischen Institutionen nicht an politischen oder
ökonomischen Interessen, sondern an der Entfaltung der Kinder auszurichten.
9. Das Recht auf Spiel, Freizeit, Ruhe und Erholung (Artikel 31 KRK): Das bedeutet zum Beispiel, dass Kinder in
kindheitspädagogischen Einrichtungen auch Räume und Zeiten für Ruhe und Erholung vorfinden müssen.
Maywald identifiziert die folgenden alltäglichen Situationen, Prozesse und Strukturen, die entsprechend den Kinderrechten
reflektiert und gestaltet werden sollten:
die erste Begegnung,
die Eingewöhnung,
Begrüßung und Ankommen am Morgen,
das freie Spiel,
Angebote und Projekte,
Gestaltung der Mahlzeiten,
Körperpflege und kindliche Sexualität,
Rückzugsmöglichkeiten,
die Verabschiedung am Nachmittag und
der Übergang in die Schule.
Ergänzend zur konkreten Umsetzung der Kinderrechte im Alltag ist die Kinderrechtsbildung eine wichtige Aufgabe Ziel:
Kinder über ihre Rechte altersangemessen zu informieren und sie darin zu unterstützen, ihre Rechte wahrzunehmen
Sie ist auf drei Ebenen umzusetzen:
1. Fachkräfte sollten Vorbild in Sachen Kinderrechte sein und die Kinder in ihren Rechten achten. An diesem Vorbild
können die Kinder die Kinderrechte modellhaft nachvollziehen.
2. Die Kinderrechte sollten in altersgerechten Bildungsangeboten konkret vermittelt werden, zum Beispiel über Bilder,
Filme, Erzählungen und Gespräche.
3. Die Kinder sollten Gelegenheit erhalten, rechtebasierte und demokratische Verhaltensweisen auszuprobieren und
einzuüben. Partizipation z. B. können die Kinder am besten nachvollziehen, wenn sie selbst an einer Entscheidung
beteiligt werden.
26
Die Deutsche Liga für das Kind hat die Kinderrechte in Qualitätsrichtlinien für die Gestaltung von Kindertageseinrichtungen
übersetzt wurden fachliche Mindestanforderungen formuliert, die sicherstellen, dass Kinderrechte umgesetzt werden
können und die zugleich konkrete Anregungen für die Gestaltung von Einrichtungen geben.
Orientierungsqualität
1. Leitbild + schriftliche Konzeption sollen vorhanden sein (u. a. Artikel 18 KRK).
2. Das Leitbild soll an den Kinderrechten, am Vorrang des Kindeswohls und an den Grundbedürfnissen von Kindern
orientiert sein (u. a. Artikel 2, 3 und 12 KRK).
3. Die Konzeption soll den Bildungsplan des jeweiligen Bundeslandes konkretisieren und die unterschiedliche soziale,
kulturelle und sprachliche Herkunft von Familien sowie die Situation im Sozialraum berücksichtigen. Zudem soll
die Konzeption den Anforderungen an die Inklusion von Kindern mit einer Behinderung gerecht werden (u. a.
Artikel 23, 28, 29 KRK).
4. Das Leitbild und die Konzeption sollen allen Akteuren zur Verfügung stehen. Insbesondere die Eltern sollen
informiert werden (u. a. Artikel 18 KRK).
5. Das Leitbild und die Konzeption sollen permanent weiterentwickelt werden (u. a. Artikel 3 KRK).
6. Fachkräfte sollen regelmäßige Fort- und Weiterbildungen absolvieren (u. a. Artikel 3 KRK).
7. Die Fachkräfte sollen über ein reflektiertes Verständnis ihrer eigenen Rolle und ihres Verhaltens verfügen (u. a.
Artikel 3 und 12 KRK).
Strukturqualität
1. Eine den wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechende Fachkraft-Kind-Relation soll regelmäßig gegeben sein.
Diese ist abhängig vom Alter der Kinder, vom jeweiligen Förderbedarf und der Gruppenzusammensetzung (u. a.
Artikel 2, 3, 23, 29 KRK).
2. Die Gruppengröße soll in Abhängigkeit von Alter und Alterszusammensetzung der Kinder festgelegt werden und
sich hierbei an wissenschaftlichen Erkenntnissen orientieren. Je jünger die Kinder sind, desto kleiner sollte die
Gruppe sein (u. a. Artikel 3 und 7 KRK).
3. Die Gruppenzusammensetzung soll derart gestaltet sein, dass für jedes Kind genügend gleichaltrige Spielpartner
gegeben sind (u. a. Artikel 3 und 31 KRK).
4. Bildung, Erziehung und Betreuung der Kinder sollen durch ausgebildete Fachkräfte durchgeführt werden (u. a.
Artikel 3 und 28 KRK).
5. Die Fachkräfte sollen die für die jeweilige Arbeit notwendigen spezifischen Kenntnisse und Kompetenzen besitzen.
Zum Beispiel müssen für die Arbeit in einer Krippe spezifische entwicklungspsychologische, rechtliche,
pädagogische und pflegerische Kenntnisse zur Arbeit mit kleinen Kindern vorliegen (u. a. Artikel 3, 28, 29 KRK).
6. Die Leitung der Einrichtung soll wissenschaftlich ausgebildet sein und z. B. Kenntnisse in den Bereichen der
kindlichen Entwicklung, der kindlichen Bildung, der Arbeit mit Eltern, der Familienberatung, des Rechts und des
Sozialmanagements haben (u. a. Artikel 3 KRK).
7. Mindestens 16,5 Prozent der Arbeitszeit der Fachkräfte soll für mittelbare Tätigkeiten vorbehalten sein. Gemeint
sind Tätigkeiten, die nicht die unmittelbare Betreuung der Kinder betreffen (u. a. Artikel 3 KRK).
8. Die Leitung soll ausreichend Zeitkontingente für Leitungsaufgaben zur Verfügung haben (u. a. Artikel 3 KRK).
9. Jede Gruppe einer Kindertagesstätte verfügt mindestens über einen Gruppen- und einen Nebenraum mit mindestens
fünf bis sechs Quadratmetern pro Kind. Des Weiteren sollen Schlaf- und Sanitärräume sowie Spielflächen im
Innen- und Außenbereich zur Verfügung stehen (u. a. Artikel 3, 28, 31 KRK).
10. Die Raumausstattung soll vielfältige Sinneserfahrungen, Spiele, Erholung, Ruhe sowie Bewegung ermöglichen. Die
gegebene Ausstattung soll altersangemessen und entwicklungsfördernd sein (u. a. Artikel 31 KRK).
Prozessqualität
1. Die Eingewöhnung soll nach anerkannten Standards und unter Einbezug der Eltern durchgeführt werden (u. a.
Artikel 3 und 18 KRK).
2. Während der Eingewöhnung steht eine Fachkraft für den Beziehungsaufbau und als zentrale Bezugsperson zur
Verfügung. Eine vertraute und verlässliche Beziehung soll erreicht werden. Die Fachkraft soll zugleich
Ansprechpartnerin für die Eltern sein.
3. Eine beziehungsvolle Pflege und wertschätzender Dialog sollen Grundlage des pädagogischen Handelns sein. Die
Fachkräfte sollen feinfühlig, responsiv und wertschätzend agieren.
27
4. Die Fachkräfte sollen einen autoritativen und gewaltfreien Erziehungsstil pflegen. Grenzen sollen situations- und
altersangemessen gesetzt werden, aber nicht aus rein disziplinarischen Gründen (u. a. Artikel 3, 12, 19 und 29
KRK).
5. Der Tagesablauf soll ein ausgewogenes Verhältnis von Struktur und Flexibilität bieten (Artikel 3 und 31 KRK).
6. Bildungsangebote sollen in allen Bildungsbereichen gegeben sein und eine individuelle Förderung jedes Kindes
unabhängig von seiner Herkunft oder Behinderungen ermöglichen (u. a. Artikel 2, 28 und 7 KRK).
7. Den Kindern soll eine gesunde Ernährung zur Verfügung gestellt werden (u. a. Artikel 3 KRK).
8. Die Fachkräfte sollen in Erster Hilfe ausgebildet sein (Artikel 3 KRK).
9. Hinweise auf Gefahren und Gewalt sollen ernst genommen werden. Die Einrichtungen sollen über ein
Schutzkonzept verfügen und der Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung soll erfüllt werden (u. a. Artikel 3 und
19 KRK).
10. Freundschaften zwischen den Kindern sollen unterstützt und gefördert werden (u. a. Artikel 3 und 31 KRK).
11. Kinder sollen altersgerecht an allen sie betreffenden Entscheidungen beteiligt werden (u. a. Artikel 3 und 12 KRK).
12. Beobachtung und Dokumentation sollen fester Bestandteil der pädagogischen Arbeit sein. Sie sollen u. a. den
Dialog mit Eltern und Kindern unterstützen (u. a. Artikel 12 und 18 KRK).
13. Die Familien der Kinder sollen einbezogen werden. Sie sollen sich willkommen fühlen und Raum und Zeit für
Gespräche soll zur Verfügung stehen (u. a. Artikel 2, 3 und 18 KRK).
14. Die Elternarbeit soll in Form von Erziehungs- und Bildungspartnerschaften durchgeführt werden, die sich durch
eine regelmäßige und kooperative Planung von Eltern und Fachkräften auszeichnen. Gemeinsam soll die für die
Kinder bestmögliche Unterstützung und Förderung geplant werden (u. a. Artikel 3, 18 und 29 KRK).
15. Die Eltern sollen umfangreich an der Gestaltung der Einrichtung beteiligt werden, zum Beispiel über eine
Elternvertretung und ein Beschwerdemanagement (u. a. Artikel 18 KRK).
16. Die Einrichtung soll in das Gemeinwesen hinein geöffnet werden und für Anregungen von außen offen sein. Die
Ressourcen des Sozialraums sollen für die Kinder und deren Familien genutzt werden (u. a. Artikel 2, 18 und 19
KRK).
17. Die Einrichtungen sollen sich im Sozialraum vernetzen und mit anderen Einrichtungen und Diensten
zusammenarbeiten (u. a. Artikel 3, 19 und 23 KRK).
18. Geeignete Verfahren der Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung sollen Anwendung finden.
28
- fachliche und politische Diskurs reagiert auf gesellschaftliche Entwicklungen, wie zum Beispiel den in Europa
zunehmenden Rechtspopulismus
- Ziel: Stärkung der Demokratie um Ziel zu erreichen, wird eine frühzeitige Demokratieförderung angestrebt
- Ein Beispiel ist der Programmbereich „Demokratie und Vielfalt in der Kindertagesbetreuung“ im Rahmen des
Bundesprogramms „Demokratie leben!“, der durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend (BMFSFJ) gefördert wird und das Ziel verfolgt, Kindertagesstätten als erste Orte der Demokratie zu stärken
- Partizipationserfahrungen sollen Normen und Werte der Demokratie erfahrbar machen
- Grundannahme derartiger Projekte: Verständnis für das Zusammenleben von Menschen entwickelt schon im
Kindesalter Idealfall: demokratisch
- Zentraler theoretischer Bezugspunkt: Demokratiepädagogik Ziel: Demokratie praktisch erfahrbar zu machen,
anstatt sie zu lehren
- Gedankengang geht auf den Pädagogen, Philosophen und Demokratietheoretiker John Dewey zurück, der bereits
Anfang des 20. Jahrhunderts einforderte, dass Demokratie als Regierungsform auch die Erfahrung von Demokratie
als Lebensform beinhalten muss heute: davon ausgegangen, dass Demokratie Gelegenheit und Orte braucht, an
denen Menschen demokratisches Handeln, Strukturen und Prozesse altersgerecht erproben können
- liegt nahe, in kindheitspädagogischen Institutionen Demokratie erfahrbar zu machen, da Kindertagesstätten für viele
Kinder der erste Ort sind, an dem sie die Organisation einer Gemeinschaft erleben, die nicht verwandtschaftlich
geprägt ist
- Konsequenz: Demokratiebildung = elementare Aufgabe von Kitas verstehen nicht, Demokratie zu unterrichten,
sondern Demokratie über gelebte Beteiligungsprozesse erfahrbar zu machen
- Partizipation gilt also als ein „Schlüssel zur Demokratie“
Definition Partizipation
29
Partizipation kann unterschiedlich umgesetzt und verstanden werden
verschiedenen Verständnisse unterscheiden sich insbesondere bezüglich des Umfangs und der Reichweite der angestrebten
Partizipation Umstritten ist z. B., über welche Angelegenheiten Kinder mitbestimmen dürfen, etwa, ob sie nur bei
Entscheidungen mitbestimmen dürfen, die ihre eigene Person betreffen, oder ob sie auch in Entscheidungen einbezogen
werden, welche die gesamte Organisation betreffen, wie zum Beispiel die Personalauswahl
Das Wort Partizipation = Lateinisch „participare“ = „teilnehmen, Anteil haben“
Heutige fachlichen Auslegungen: Teilnahme noch keine Partizipation geht um mehr als nur Teilnahme oder ein
Engagement für eine Sache und auch um mehr als die Übernahme einer Aufgabe
Partizipation thematisiert die Möglichkeiten des Einzelnen, auf seine Umwelt Einfluss zu
„Partizipation heißt, Entscheidungen, die das eigene Leben und das Leben der Gemeinschaft betreffen, zu teilen und
gemeinsam Lösungen für Probleme zu finden“.
„Partizipation meint das Recht aller Beteiligten – nicht von Mächtigen gewährte,Gnade‘ – die eigenen Interessen und
Positionen öffentlich […] auszudrücken, sie in gemeinsame Diskussions- und Entscheidungsprozesse einzubringen,
Lösungsvorschläge zu prüfen und zu diskutieren, um letztlich zu Entscheidungen zu kommen, die von allen oder möglichst
vielen Beteiligten mitgetragen werden“.
Definitionen zeigen grundsätzliche Kennzeichen von Partizipation auf:
1. Partizipation setzt ein Verständnis von Kindern als Subjekten voraus, also als Menschen mit eigenen Interessen, die
sich einmischen können und wollen
2. Partizipation wird als ein Recht von Kindern gesehen.
3. Partizipation stellt eine „Möglichkeit“ dar und ist dementsprechend freiwillig.
4. Partizipation setzt je eigene Interessen bei allen Beteiligten voraus.
5. Partizipation thematisiert und regelt Einflussmöglichkeiten bzw. Machtverhältnisse.
6. Partizipation findet in sozialen Interaktionen statt.
30
Kinder sollten ausreichend über die Prozesse und Strukturen der Partizipation informiert werden müssen z.B. wissen, wie
und wo Entscheidungen getroffen werden und wann sie auf welche Weise mitentscheiden können
Strukturen und Prozesse müssen also für alle Beteiligten nachvollziehbar sein und dürfen nicht zu komplex sein hilfreich
gelten wiederkehrende Gremien, Orte, Verfahren und Zeiten, weil sie den Kindern ausreichend Sicherheit geben
ermöglicht die Zuwendung zu den Sachfragen
Das Prinzip der Freiwilligkeit
Kindern überlassen bleiben, ob, wann und an welchen Verfahren der Beteiligung sie teilnehmen. Das Recht auf Partizipation
schließt auch das Recht ein, keine Meinung zu haben oder sie nicht zu äußern
Das Prinzip der Verlässlichkeit
bezieht sich auf unterschiedliche Aspekte der Partizipation
Zum Ersten: Sicherheit, dass sie in Partizipationsprozessen nicht alleingelassen werden, ihnen Partizipation aber zugetraut
wird. Notwendig: maßvolle Begleitung.
Zum Zweiten: Sicherheit einer verbindlichen Zusammenarbeit mit Fachkräften Gremiensitzungen müssen wie geplant
stattfinden und Beteiligungsrechte und -verfahren dürfen nicht willkürlich übergangen werden, weil Fachkräften eine
Entscheidung nicht passt
Das Prinzip der individuellen Begleitung
Kinder sollten entsprechend ihren Fähigkeiten und den zu bewältigenden Herausforderungen individuell unterstützt werden.
Z.B. müssen die Fachkräfte wahrnehmen, welche Infos die Kinder benötigen, welche Verfahren sie bewältigen können,…
31
3. Vollversammlung: alle Kinder einer Einrichtung, um gemeinsame Entscheidungen zu treffen oder um von
gewählten Vertretern aus anderen Gremien informiert zu werden.
4. Kinderparlament: gewähltes Gremium, das sich in einem regelmäßig trifft. Zum Beispiel können jeweils zwei
Kinder unterschiedlicher Gruppen in das Parlament entsandt werden, um die Interessen der jeweiligen Gruppen
zu vertreten.
5. Kinderrat: gewähltes Gremium, in das Delegierte entsandt werden kann regelmäßig tagen, aber auch bei
Bedarf einberufen werden.
Projektorientierte Formen der Partizipation
- zeitlich und auf spezifische Themen begrenzt
- Ziel: gemeinsame Erarbeitung eines Produktes, wie zum Beispiel die Gestaltung eines Raumes oder eines
Spielplatzes kann sich um komplexe Projekte handeln, an denen mehrere Gruppen über einen langen Zeitraum
beteiligt sind, wie zum Beispiel das Anlegen eines Gemüsegartens, oder um einfache Projekte, die mit einem
geringeren Zeitaufwand von wenigen Kindern bearbeitet werden können, wie zum Beispiel die Planung eines
Geburtstagsfestes.
Hansen/Knauer/Sturzenhecker identifizieren sechs Phasen eines Beteiligungsprojekts:
1. „Themenfindung: Um welches Thema geht es in dem Projekt?
2. Zielformulierung: Welches Ziel oder welche Ziele verfolgt das Projekt?
3. Zerlegen komplexer Fragestellungen: Welche Projektschritte sind zum Erreichen der Ziele erforderlich?
4. Klärung der Entscheidungsbefugnisse: Worüber sollen die Kinder (mit)entscheiden? Worüber nicht?
5. Meinungsbildungsprozess: Was brauchen die Kinder, um den jeweiligen Projektschritt gehen/die jeweilige
Entscheidung fällen zu können? Wie wird ihnen das vermittelt?
6. Entscheidungsprozess: Wer muss jeweils beteiligt werden/welche Entscheidungsgremien sind erforderlich? Welche
Entscheidungsverfahren sollen angewendet werden?“.
32
- Ziel: Partizipation im Alltag von kindheitspädagogischen Institutionen zu verankern
- ursprüngliche Intention dieses Projekts Kindern Demokratie erfahrbar zu machen hat sich jedoch im Prozess des
Projektes erweitert, wurde deutlich, dass Partizipation viel mehr bewirken kann, als „nur“ Demokratie erfahrbar zu machen:
Bildungsprozesse werden ermöglicht und in den Einrichtungen werden umfassende Entwicklungsprozesse angestoßen
33
Begleitend: Coaching, welches die Fachkräfte bei der Bewältigung von auftretenden Schwierigkeiten unterstützt
Dritte Phase: gesammelten Erfahrungen werden reflektiert und der Transfer in den Alltag wird vorbereitet
Das bislang in einem geschützten Rahmen erdachte und mit viel Zeit geplante Partizipationsvorhaben wird auf seine
Alltagstauglichkeit geprüft und weitere konkrete Schritte für die Umsetzung von Partizipation werden geplant
Die Kita-Verfassung
= zentrales Instrument
- Dreh- und Angelpunkt der Umsetzung institutionalisierter Beteiligungsformen, legt konkrete Beteiligungsthemen
und -formen fest
- Prozess der Entwicklung der Verfassung: Rechte der Kinder werden auf Selbst- und Mitbestimmung sowie deren
Grenzen definiert
- Fachkräfte legen fest, wo sie ihre Macht mit den Kindern teilen
- erster Schritt: bestimmen, über welche Aspekte die Kinder entscheiden können und welche Aspekte nicht dem
Einfluss der Kinder unterliegen sollen Prinzip, dass Kindern nur solche Rechte zugestanden werden, mit denen
alle Fachkräfte einverstanden sind
- zweiter Schritt: die Formen der Beteiligung festzulegen Ausgehend von den Rechtekatalogen
34
- individuelle Wahrnehmung und Umgang mit Vielfalt = immer mit subjektiv oder kollektiv konstruierten Normen
verbunden den entsprechend werden Gruppen „konstruiert“. Zum Beispiel führt ein spezifisches Verhalten oder
eine körperliche Konfiguration zur Wahrnehmung und Behandlung eines Menschen als behindert. Folge:
beispielsweise verschiedene Zugänge verschlossen und dies wiederum hat Auswirkungen auf seine Entwicklungs-
und Bildungschancen.
- gesellschaftliche Normvorstellungen sind im Zuweisungsprozess zu und innerhalb der kindheitspädagogischen
Einrichtungen relevant und wirksam entscheiden, wo und wie ein Kind institutionell gebildet, erzogen und
betreut wird. Beispielsweise wird ein Kind aufgrund einer Behinderung einer Fördereinrichtung zugewiesen.
Kategorien und Gruppen bergen dementsprechend die Gefahr, zu generalisieren, und führen zur Segregation von
Menschen
führt zu erheblichen Nachteilen für Menschen mit spezifischen Merkmalen
- Nachteile, die aus Zugehörigkeit zu gesellschaftlich konstruierten Gruppe entstehen, können dabei zusätzlich mit
Nachteilen aus anderen Zugehörigkeiten kumulieren oder gegenseitig beeinflussen. z.B. sind Kinder, die in Armut
aufwachsen und eine körperliche Einschränkung aufweisen, besonders benachteiligt
Verwobenheit von Benachteiligungen und Auswirkungen auf einzelne Menschen = Intersektionalität
35
- Migrationserfahrungen und Milieuzugehörigkeiten wirken gleichermaßen auf Nachfrageorientierung
- weitere Merkmale, z.B. Arbeitslosigkeit, können sich auswirken zeigt Verwobenheit der Wirkung von
Vielfaltsmerkmalen können sich gegenseitig verstärken oder reduzieren
In diesem Beispiel: soziale Ungleichheit schon bei (Nicht-)Eintritt in Kindertageseinrichtung verstärkt
Um ungleichen Startbedingungen auszugleichen = interkulturelle Öffnung von Kindertageseinrichtungen = adäquate
Strategie u. a. Zugangsbarrieren für Menschen mit Migrationshintergrund erforschen und in der Praxis gezielt reduzieren,
z.B. werden mehrsprachige Internetseiten entwickelt oder Feste aus anderen Religionen und Kulturen in den Alltag der
Kindertagesstätte integriert.
Inklusive Bildung
bezieht Inklusionsgedanken auf Bildungskontexte
- erstmals im Jahr 1994 auf der UNESCO-Weltkonferenz von Salamanca formuliert
- inzwischen auch national von großer Bedeutung
- wichtiger Bestandteil der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (BRK), im Jahr 2009
von Deutschland ratifiziert
- Artikel 24 formuliert die UN-Konvention das Recht auf inklusive Bildung
- Alle Länder, welche die Konvention ratifiziert haben, verpflichten sich, Bildung für alle Menschen und ohne
Prozesse und Strukturen der Ausgrenzung umzusetzen
- Ziel: Leitidee in regionale Strukturen und in pädagogischen Einrichtungen übertragen auch
kindheitspädagogische Einrichtungen aufgefordert, Bildung inklusiv umzusetzen
Platte formuliert sechs Charakteristika inklusiver Bildung:
1. Inklusive Bildung = globale Aufgabe und entwickelt sich in internationaler Vernetzung. Beispiel: internationale
UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung
2. Inklusive Bildung ist Bildung im Sinne der Menschenrechte, jeder Menschen hat das Recht auf Bildung
3. Inklusive Bildung ist Aufgabe jeder Bildungseinrichtung und bedarf der Qualitätsentwicklung. Instrument: Index
für Inklusion
4. Inklusive Bildung benötigt Partizipation, individuell passende Förderung und Bildung ist nur unter Beteiligung des
Kindes und dessen Familie realisierbar
5. Inklusive Bildung basiert auf Werteorientierung. Zentrale Werte: Ablehnung von Diskriminierung +
Chancengleichheit.
6. Inklusive Bildung kann durch didaktische Fundierung im pädagogischen Alltag realisiert werden
Inklusion in Kindertagesstätten
= häufig eine besondere Bedeutung, weil im Elementarbereich die Basis für alle weiteren öffentlich verantworteten
Bildungsprozesse gelegt wird
„Kinder – und auch deren Eltern –, denen ein gemeinsames Spielen und Lernen selbstverständlich werden konnte, die
Partizipation praktizieren und ein Bewusstsein für Barrieren entwickeln konnten, werden auf dieser Grundlage ihren
weiteren Bildungsweg gestalten und mitbestimmen können“
Hoffnung verbunden, dass sich ein inklusives Verständnis von Bildung und Gesellschaft in andere Institutionen und
Strukturen fortträgt
Hoffnung, dass frühzeitige und qualitativ hochwertige institutionelle Förderung herkunftsbedingte Benachteiligungen
eher auffangen kann als beispielsweise eine Förderung im höheren Alter der Kinder
Hoffnung verbunden, dass bei allen Kindern eine Einstellung erzeugt werden kann, die Vielfalt anerkennt, sodass
Inklusion einen wichtigen Beitrag zu einer demokratischen Gesellschaft leisten würde
Umsetzung: allen Kindern ein gemeinsames Aufwachsen zu ermöglichen, indem eine Trennung in Regelkindergärten,
Integrationskindergärten oder Förderkindergärten aufgehoben wird
bedeutet nicht, alle Kinder gleich behandelen oder in Unterschiedenen nicht mehr wahrgenommen werden, ABER sie
alle haben die gleichen Rechte
Platte leitet sechs Merkmale für inklusive Bildung in kindheitspädagogischen Settings ab:
1. Jedes Kind und jede Familie werden von Beginn an entsprechend ihren Bedürfnissen ideal unterstützt.
2. individuelle Entwicklung der Kinder wird jenseits von Normerwartungen beobachtet und anerkannt.
3. Bildungsqualität wird vor allem als Bildungsgerechtigkeit verstanden.
4. Bildung wird für jedes Kind ermöglicht.
5. Alle Kinder spielen, lernen und leben von Anfang an gemeinsam.
6. Im kindheitspädagogischen Kontext wird das Zusammenspiel von Gemeinschaft und Individualität ersichtlich.
37
Kosten und Nutzen inklusiver Bildung in Kindertagesstätten
Inklusion = finanzielle Herausforderung für Träger, weil Anpassung einer Einrichtung an alle Kinder sehr aufwendig
Umfangreiche Ressourcen müssen zur Verfügung stehen, um im Bedarfsfall jedes Kind aufnehmen zu betrifft
Personalstärke, Gruppengrößen, räumlichen Voraussetzungen, Ausstattung mit Hilfsmitteln und Material + ausgebildetes
Fachpersonal in kleineren Einrichtungen ist dies schwierig umzusetzbar.
- hohen Aufwand steht ein hoher Gewinn gegenüber keinesfalls „nur“ auf ausgegrenzten Kinder bezieht
- Inklusion zielt auf individuelle Betrachtung und Förderung ab und ist nicht auf einzelne Kinder, etwa mit einem
ausgewiesenen Förderbedarf, begrenzt alle Kinder profitieren
- Jedes Kind erhält Unterstützungsleistungen, die es braucht betrifft auch Kinder, die im heutigen System einen
Regelkindergarten besucht hätten, aber eigentlich ein Mehr an Förderung benötigen würden
- Konsequenz: gesamtgesellschaftlich weniger Bildungsverlierer produziert werden + Bildungsgerechtigkeit nimmt
zu
- weiterer Gewinn: durch die Vielfalt entstehenden Anreicherung der Bildungspotenziale innerhalb der Einrichtung
- Kinder können Kompetenzen und Werte entwickeln, die aus dem Zusammenleben sehr unterschiedlicher Kinder
entstehen, etwa prosoziale Verhaltensweisen und die Fähigkeit, den anderen in seiner Einzigartigkeit anzuerkennen
Voraussetzung: politische Einsicht Elementarbereich = Bildungsort und politische Wille, diesen entsprechend
auszustatten
38
Zur Durchführung Individueller Entwicklungspläne gehört es, dass Eltern und Fachkräfte bei Aufnahme in die
Kindertagesstätte zunächst in einen intensiven Dialog treten, um alle wichtigen Informationen zu dem Kind auszutauschen.
Von Beginn: auf Beteiligung des Kindes und der Eltern achten, da Partizipation als sehr wichtig für den Erfolg mit
Individuellen Entwicklungsplänen im Speziellen, aber auch für Fördermaßnahmen im Allgemeinen gilt.
Für Fall, dass Kinder nur begrenzt Interessen äußern können, ist das Verfahren der Persönlichen Zukunftsplanung mit
Unterstützerkreisen hilfreich Unterstützer übernehmen die Aufgabe, die Bedürfnisse des Kindes zu deuten und zu
formulieren
Albers formuliert fünf Schritte eines partizipativen Förderprozesses:
1. Stärken, Interessen und das Umfeld des Kindes analysiert und die
Familie wird über individuelle Förder- und Entwicklungsplanung
informiert
2. Ziele und Planungsschritte aus der Perspektive des Kindes erheben
Ziel: aus Sicht des Kindes ein positives Zukunftsbild zu skizzieren
und die notwendigen Schritte, Zwischenziele und Ressourcen zu
benennen. Zudem wird IEP-Treffen geplant, z. B. die Teilnehmer
oder die Schwerpunkte des Treffens
3. Planungsschritte werden skizziert bzw. konkretisiert, geht von
Ressourcen des Kindes aus – Stärken werden benannt
Anschluss: Bedürfnisse des Kindes und konkrete Vorhaben werden
benannt
Vorbereitung: Planungsschritte zu Hause vertiefend mit den Eltern
diskutieren
4. IEP-Treffen: Beisein aller Fachkräfte und der Familie werden die Inhalte der Individuellen Entwicklungsplanung
erarbeitet und festgehalten
Inhalte sind:
o Ausgangssituation bzw. die aktuellen Stärken, Ressourcen und Leistungsniveaus des Kindes,
o Ziele der Förderung,
o notwendigen Hilfen für das Erreichen der Ziele,
o Sichtweisen der unterschiedlichen Beteiligten,
o Rahmendaten der Förderung und
o Kriterien und Bewertungsmaßstäbe für die Erreichung der Ziele.
5. die im IEP erarbeiteten Inhalte werden aus Sicht des Kindes zusammengefasst, um einen resümierenden Überblick
zu erhalten Ergebnisse können mit weiteren Unterstützern, Freunden etc. besprochen werden
39
Die Ebene des Teams bzw. der interdisziplinären Teamkooperation
- betrachtet die Teamentwicklung und Zusammenarbeit der unterschiedlichen Fachkräfte in Erarbeitung
angemessener individueller Unterstützungsangebote für Kinder
- Reflektiert werden: Erarbeitung einer gemeinsamen Haltung und das Vorhandensein/die Gestaltung gemeinsamer
Fallbesprechungen
- Ausgangspunkt: diskursive Auseinandersetzung mit dem Begriff Vielfalt und mit eigenen Normen sein
- ertragreich und wichtig, da Voraussetzung für Inklusion: Bereitschaft der Fachkräfte, sich wiederholt auf neue
Kinder und neue Prozesse einzulassen
- Jedes Kind bringt unterschiedliche Bedürfnisse und Gegebenheiten mit, die berücksichtigt werden müssen. Daher
müssen Teams von Fachkräften zunächst zu einer Akzeptanz von Vielfalt und einer Akzeptanz der Aufgabe
Inklusion gelangen
Ausgehend von dieser Haltung, geht es um stete Erweiterung und Entwicklung des Teams, keine Einrichtung kann sofort
mit allen Kindern arbeiten bzw. hat unmittelbar jegliches Know-how vor Ort Gegeben sein muss die Bereitschaft, es zu
versuchen und sich neue Fertigkeiten und neues Wissen anzueignen, um allen Kindern gerecht werden zu können
- Einzelne muss bereit sein, sich weiterzuentwickeln
- hohe Flexibilität und Offenheit = wichtige Grundlagen + eigenen Werte, Vorstellungen und Normen müssen
wiederholt überdacht werden und je nach Kind müssen neue Kompetenzen erworben werden
- für Inklusion notwendige Zusammenarbeit in einem multiprofessionellen = große, aber zugleich ertragreiche
Herausforderung erfordert u. a. regelmäßige Absprachen, gegenseitige Transparenz der Arbeit, eine strukturierte
Aufgabenteilung und die Bereitschaft, voneinander zu lernen Gelingt sie = Erweiterung der Kompetenzen auf
beiden Seiten
- ertragreicher Ausgangspunkt der Teamarbeit: Diskussion von Praxisfällen + Erarbeitung gemeinsamer Strategien
der Förderung
- weiterer Zugang für die Teamarbeit: Diskussion bzw. die Orientierung an Leitfragen, beispielsweise im Index für
Inklusion gegeben ist
Die Ebene der Einrichtungskonzeption
betrachtet die Berücksichtigung von Inklusion in der Konzeption der jeweiligen Einrichtung sollte an Leitbegriffen von
Anerkennung, Chancengleichheit, Teilhabe und Inklusion orientiert sein
Die Ebene der externen Unterstützungssysteme
reflektiert die Öffnung der Kindertageseinrichtung nach außen im Hinblick auf Kooperation und Einbindung von externen
Angeboten, die für Förderung aller Kinder als notwendig gelten, z.B. die Angebote der Frühen Hilfen oder der Elternbildung
Die Ebene der Elternarbeit
Familie = Ort bzw. der soziale Zusammenhang, der für das Aufwachsen der Kinder am wichtigsten ist und auch größten
Einfluss hat
Wesentliche Lernerfahrungen sind hier zu verorten oder werden vorbereitet und Benachteiligungen werden hier verringert
oder abgebaut, aber auch verfestigt
Eltern haben großen Einfluss auf Arbeit in der Kindertagesstätte, je nachdem, ob und wie sie die Arbeit der Fachkräfte
unterstützen bzw. wie gut die im Idealfall kooperative Zusammenarbeit funktioniert Eltern sind ein wichtiger
Ansatzpunkt für die inklusive Bildungsarbeit
Sinnvoll: Familien als Ganzes durch vielfältige Angebote unterstützen
Hilfreich: Bildungs- und Informationsangebote für Eltern, aber auch für werdende Mütter und Väter
Methoden der Elternarbeit: alle Methoden, die generell in der kindheitspädagogischen Arbeit genutzt werden
Beispiel: Durchführung thematischer Elternabende Elternabend kann nicht nur wichtige Informationen vermitteln,
sondern auch Ängste nehmen, einen Austausch ermöglichen und gegenseitige Unterstützungsprozesse anregen
Kern der Elternarbeit: regelmäßige Eltern- bzw. Entwicklungsgespräche.
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Kern des Index: Fragenkataloge, deren Beantwortung wichtige Hinweise zum Ist-Zustand der Umsetzung von Inklusion
geben Fragen bieten Anregungen für die konkrete Umsetzung von Inklusion
Der Arbeitsprozess mit dem Index gliedert sich in fünf Phasen:
1. mit dem Index beginnen,
2. Beleuchtung der Einrichtungssituation,
3. Entwurf eines Plans,
4. Umsetzung des Plans und
5. Prozessevaluation.
Inhaltlich unterscheidet der Index drei Dimensionen, anhand derer die Einrichtung weiterentwickelt werden:
1. Dimension A „Inklusive Kulturen entfalten“ = Ziel: Entwicklung einer akzeptierende, kooperative und sichere
Gemeinschaftsatmosphäre beruht auf geteilten inklusiven Werten
Prinzipien + Werte =für alle Entscheidungen leitend, werden allen neuen Eltern, Kindern und Fachkräften
vermittelt.
2. Dimension B „Inklusive Leitlinien etablieren“: Ziel = alle Konzeptionen und Pläne der Einrichtung an Inklusion
auszurichten entstehenden Leitlinien sollen die Partizipation der Kinder unterstützen und klare Strategien für die
Umsetzung von Inklusion enthalten
3. Dimension C „Inklusive Praxis entwickeln“: Ziel: Aktivitäten entwickeln und gestalten, die Inklusion im Alltag
sichtbar werden lassen, die Vielfalt der Kinder berücksichtigen Kinder sollen ermutigt werden, sich mit ihrem
Wissen und ihren Erfahrungen einzubringen und auch die Ressourcen aller anderen Beteiligten – inklusive des
sozialräumlichen Umfelds – sollen genutzt werden
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