Sprachwissenschaft“ (V)
Syntax I:
Der einfache Satz
Gliederung
1 Er öffnet die Tür. - ... dass ich dem Kind einen Ballon schenkte
2 Ich schlafe. - Sie raucht. - ... während ich schlief.
3 Es regnet. - Es schneit.
4 Mach die Kaffeemaschine an! - Nimm das Glas!
5 Hört auf! - Trinkt! - Geh!
Unterschiede:
- in 1: Struktur Subjekt - finites Verb - Objekt (Er - öffnet - die Tür)
("prototypischer" Satz)
- in 2: Subjekt - finites Verb
- in 3: kein Subjekt, nur finites Verb + Platzhalter-es
- in 4: kein Subjekt, nur finites Verb im Imperativ + Objekt
- in 5: kein Subjekt, nur finites Verb im Imperativ
Gängigste Definition:
- finites Verb als Grundbedingung (Geh! = Satz, Stillgestanden! = kein
Satz)
- Subjekt + finites Verb als prototypischer Fall
- finites Verb und alle "Mitspieler" als voll ausgebauter Satz
Was ist ein Satz?
Beispiele:
(Ich will dir was sagen.) - Was?
(Hast du Hunger?) - Nö.
(Ich hab gekocht.) - Schön!
(Für welche Tiere muss man noch Steuern zahlen?) - Hunde.
(Ich habe Mäuse im Keller.) - Ich Ratten.
(Ich heiße Jane.) - Ich Tarzan.
Du Jane. - (Ja, Tarzan?)
Die junge Dame geht mit ihrer Mutter samstags mit großem Vergnügen
am Ostufer spazieren.
Mit ihrer Mutter geht die junge Dame samstags am Ostufer mit großem
Vergnügen spazieren.
Samstags geht die junge Dame am Ostufer mit großem Vergnügen mit
ihrer Mutter spazieren.
Spazieren geht die junge Dame mit großem Vergnügen samstags mit
ihrer Mutter am Ostufer. usw.
Der gute Nikolaus hat den lieben Kindern einen Ball geschenkt.
ART+ADJ + N V ART+ADJ + N ART + N V
NP NP NP
VP
VP = Verbalphrase
NP = Nominalphrase
Der gute Nikolaus hat den lieben Kindern einen Ball geschenkt.
Subjekt Prädikat Dativobjekt Akk.-Objekt Prädikat
Satzklammer
Satzklammer / Satzfelder
Satzklammer
Vor-
Vorfeld
Satzklammer
Satzklammer / Satzfelder
Andere Formen der Satzklammer
Satzklammer
Satzklammer / Satzfelder
Andere Formen der Satzklammer
Satzklammer
Satzglieder
Subjekt und Objekte:
Subjekt: Der gute Nikolaus ist da.
Akkusativobjekt: Ich sehe den guten Nikolaus.
Dativobjekt: Ich gebe dem guten Nikolaus die Hand.
Genitivobjekt: Ich entsinne mich des guten Nikolauses.
Präpositionalobjekt: Ich hoffe auf den guten Nikolaus.
Adverbiale Bestimmungen:
Ich warte jetzt auf den guten Nikolaus. (temporal)
zu Hause (lokal)
deshalb (kausal)
gerne (modal)
um mich beschenken zu lassen (final)
im Notfall (konditional)
trotz meiner Erkältung (konzessiv)
Prädikativum:
Er ist fleißig. - Er ist ein guter Schüler. - Er malte die Wand weiß.
Satzglieder
Die Frau schenkt dem Kind einen Ballon Subj. - V - Dat. - Akk.
Der Lehrer verteilt die Hefte an die Schüler Subj. - V - Akk. - Präp.
Ich hoffe auf Wetterbesserung. Subj. - V - Präp.
Sie gedenken der Verstorbenen. Subj. - V - Gen.
Er schläft. Subj. - V
Es regnet. V
Valenz (Wertigkeit):
- Eigenschaft von Wörtern, Leerstellen um sich zu eröffnen, deren
Füllung durch Ergänzungen den aktuellen Satz ergibt
- Umstand, dass in der Umgebung eines Wortes (bzw. einer Wortklasse)
nicht beliebige, sondern nur bestimmte syntaktische Einheiten (bzw.
Klassen von Einheiten) möglich sind
Satzglieder
Adjektivvalenz
gierig auf ..., hungrig auf ..., stolz auf ..., aufmerksam auf ...
einer Sache bedürftig
arm an ..., reich an ...
Substantivvalenz
Hoffnung auf ..., Verdacht auf ..., Gedanke an ..., Erinnerung an ...,
Erwartung dessen ...
Satzbaupläne
1. Subjekt + Prädikat
Er schläft.
2. Akkusativobjekt + Prädikat
Mich hungert. Ihn dürstet. (selten, i.d.R. ersetzt)
3. Dativobjekt + Prädikat
Mir schwindelt. (selten, zunehmend ersetzt)
Satzbaupläne
Sonntags joggt er bei schönem Wetter gerne aus gutem Grund im Wald.
1 V 2 3 4 5 6
Ergänzungen: Angaben:
- abhängig von der Valenz - unabhängig von der Valenz
- meist obligatorisch, seltener - fakultativ
fakultativ
Beispiele: Beispiele:
Er denkt an morgen. Er denkt am Morgen an die Uni.
Er hofft auf besseres Wetter. Er singt auf der Bühne.
Wir pfeifen auf den Gurkenkönig. Wir pfeifen auf der Straße.
Er verteilt Hefte an die Schüler. Er verteilt Hefte am Freitag.
Sie aß den ganzen Braten. Sie schlief den ganzen Tag.
Er entsann sich eines Tages im Er besann sich eines Tages,
Mai, an dem er ... dass er noch ...
Angaben:
augenscheinlich, mit federnden Schritten, suchend, schließlich, neben
einer älteren Dame, am Fenster, erschreckt
Attribute
der
gute
Ansätze zur Formalisierung syntaktischer Strukturen:
die dependenzielle Syntax
Dependenzstrukturen in Phrasen
PP - Beispiel: (die Suche) nach dem verschollenen Bild
- die NP dem verschollenen Bild ist abhängig von der PRÄP nach (die
Präposition gibt den Kasus vor)
- innerhalb der NP ist wiederum das ADJ abhängig vom ART, der ART
abhängig vom N
Ansätze zur Formalisierung syntaktischer Strukturen:
die dependenzielle Syntax
Dependenzstrukturen in Phrasen
PP - Beispiel: (die Suche) nach dem verschollenen Bild
- die NP dem verschollenen Bild ist abhängig von der PRÄP nach (die
Präposition gibt den Kasus vor)
- innerhalb der NP ist wiederum das ADJ abhängig vom ART, der ART
abhängig vom N
Darstellung: nach
Bild
dem
verschollenen
Ansätze zur Formalisierung syntaktischer Strukturen:
die dependenzielle Syntax
Beispiel für eine komplexere Struktur: die Sorge um die Bauern in Holstein
Sorge
die um
Bauern
die in
Holstein
Ansätze zur Formalisierung syntaktischer Strukturen:
die dependenzielle Syntax
Beispiel für eine komplexere Struktur: die Sorge um die Bauern in Holstein
Sorge
die um
Bauern
die in
PP
Holstein
Ansätze zur Formalisierung syntaktischer Strukturen:
die dependenzielle Syntax
Beispiel für eine komplexere Struktur: die Sorge um die Bauern in Holstein
Sorge
die um
Bauern
die in NP
Holstein
Ansätze zur Formalisierung syntaktischer Strukturen:
die dependenzielle Syntax
Beispiel für eine komplexere Struktur: die Sorge um die Bauern in Holstein
Sorge
die um
Bauern
PP
die in
Holstein
Ansätze zur Formalisierung syntaktischer Strukturen:
die dependenzielle Syntax
Beispiel für eine komplexere Struktur: die Sorge um die Bauern in Holstein
Sorge
die um
Bauern NP
die in
Holstein
Ansätze zur Formalisierung syntaktischer Strukturen:
die dependenzielle Syntax
Dependenzstrukturen im Satz
- Ausgangspunkt: das Verb (als strukturelles Zentrum des Satzes)
- Dependenzrelation: V bestimmt die Anzahl und Art seiner Mitspieler, der
Ergänzungen (Verbvalenz)
Ansätze zur Formalisierung syntaktischer Strukturen:
die dependenzielle Syntax
Dependenzstrukturen im Satz
- Ausgangspunkt: das Verb (als strukturelles Zentrum des Satzes)
- Dependenzrelation: V bestimmt die Anzahl und Art seiner Mitspieler, der
Ergänzungen (Verbvalenz)
Beispiel: der Vater legt dem Kind die Hand auf die Schulter
V
legt
V
legt
ARTakk
die
Ansätze zur Formalisierung syntaktischer Strukturen:
die dependenzielle Syntax
Komplexes Beispiel mit Ergänzungen und Angaben:
V
verteilt
V
verteilt
Hauptwerk:
Élements de syntaxe structurale. Paris 1959.
Auf deutsch:
Grundzüge der strukturalen Syntax. Herausgegeben und übersetzt von
Ulrich Engel. Stuttgart 1980.
Satzarten (Satztypen)
Wichtigste Unterscheidungskriterien:
- Stellung des Verbs (an erster, zweiter, dritter Position)
- Modus des Verbs (Indikativ, Konjunktiv, Imperativ)
- Intonationsstruktur des Satzes (fallend, steigend)
Satzarten (Satztypen)
Deklarativsatz (Aussagesatz)
Ich bin ein Berliner.
Diese Aufgabe könnte ich nicht lösen.
Interrogativsatz (Fragesatz)
Ist er ein Berliner? (Entscheidungsfrage)
Wirst du ihn treffen? (Entscheidungsfrage)
Imperativsatz (Aufforderungssatz)
Sei ein Berliner!
Hör doch auf!
Lasst uns anfangen!
Fangen wir an!
Desiderativsatz (Wunschsatz)
Wäre er doch ein Berliner! (Typ 1)
Wenn er doch ein Berliner wäre! (Typ 1)
Exklamativsatz (Ausrufesatz)
Ist dás aber ein Berliner!
Gérn wäre ich ein Berliner!
Was dás für ein Berliner ist!