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Wird es über sicherer sex in Poland gesprochen

In der Modewelt ist sie ein Star. Jetzt veröffentlicht die Polin Anja Rubik ein Buch
über Sexualerziehung. Sie fordert ein Umdenken in dem erzkatholischen Land.
„Ein Frauenarzt ist kein Zahnarzt, du musst nicht regelmäßig hingehen.“ - „Das beste
Mittel für die Verhütung ist dein Kalender.“ - „Wenn du einen Minirock anziehst, ist
es deine Schuld, wenn du belästigt wirst.“ Sätze wie diese lesen polnische Schüler in
ihren Schulbüchern, wenn Sexualerziehung auf dem Lehrplan steht. Dabei ist
Sexualerziehung eigentlich der falsche Begriff. Das Fach heißt stattdessen
„Vorbereitung auf das Familienleben“. Oft unterrichten Priester oder Nonnen. Nun
bekommen sie Konkurrenz: Das Topmodel Anja Rubik will mit ihrem neuen Buch
die Aufklärung in Polen revolutionieren. Ihr Ziel ist, Sex als Thema in der streng
katholischen Gesellschaft zu enttabuisieren.
Dass die Informationen aus den polnischen Schulbüchern problematisch sind,
bestätigt auch eine Studie der Wissenschaftlerin Maria Wozniak, die an der
Universität Warschau zum Thema Sexualerziehung promoviert hat. Die Schulbücher,
die das polnische Bildungsministerium den Lehrern empfiehlt, sind wissenschaftlich
nicht auf dem aktuellen Stand, schreibt Wozniak. Außerdem würden vor allem
natürliche Verhütungsmethoden vorgestellt. Gesundheitsvorsorge sei nur ein
marginalisiertes Randthema.
Rubik beschließt, etwas zu tun. Ihr hören die Menschen in Polen zu, vor allem junge
Frauen. Ende 2017 startet sie eine kleine Kampagne und veröffentlicht Videos, in
denen Freunde von ihr eine Minute lang über Sex reden. „So wollte ich Sex
überhaupt einmal in der Gesellschaft thematisieren“, sagt sie. Die Videos werden ein
Erfolg und erreichen mehr als zehn Millionen Klicks.
Viele Jugendliche melden sich bei Rubik: „Ich bekam Briefe von Menschen aus allen
Altersstufen, vor allem von Teenagern, die mir sagten, wie diese Kampagne ihr
Leben beeinflusst hat, dass sie mit ihren Eltern vor dem Bildschirm saßen, die Videos
geguckt haben und nun über Sex sprechen können.“ Angetrieben von den positiven
Rückmeldungen und dem Ärger über die Bildungspolitik der Regierung macht das
Model weiter. Sie will eine Alternative zu den polnischen Schulbüchern. Ihre Idee:
Ein eigenes Aufklärungsbuch.

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