Das beispiellose Tempo digitaler Innovationen erfordert weit mehr als nur eine kontinuierliche
Anpassung. Um für die Herausforderungen gerüstet zu sein, stehen Unternehmen aktuell vor
tiefgreifenden Transformationsprozessen in nahezu allen Branchen und Unternehmensbereichen.
Der anhaltende Kostendruck erfordert eine ständige Effizienzsteigerung, volatile Märkte machen ein
grundlegend verbessertes Kundenverständnis nötig. Zusätzlich verschärfen neue Marktteilnehmer
den Wettbewerb weitergehend. Wer auch künftig am Markt bestehen will, wer Mitarbeiter,
Produkte und Abläufe zukunftsfest verbessern möchte, muss den Gestaltungsmöglichkeiten der
digitalen Transformation höchste Priorität einräumen. Mutige strategische Entscheidungen und
deren präzise Umsetzung sind hier wichtiger denn je. Dabei zeigen die Erfahrungen der letzten fast
30 Jahre und alle Projekte, dass es nicht um Technologie per se geht, welche die digitale
Transformation antreibt, sondern die richtige Strategie bei ihrem Einsatz: von der Neuausrichtung
der Unternehmensprozesse und Geschäftsmodelle bis hin zu einer gewandelten
Unternehmenskultur. Das Ziel ist keine singuläre Verbesserung in einzelnen Funktionen, sondern
vielmehr die Orchestrierung crossfunktionaler Teams. Der Erfolg einer Digitalen Transformation wird
im besten Drucker’schen Sinne durch die eigene Organisation vorherbestimmt: »Culture eats
Strategy for Breakfast.« Eine nicht ausreichende crossfunktionale Zusammenarbeit zwischen
Fachbereichen und IT, ungenaue Vorstellungen über die angestrebten Anwendungsszenarien,
konkurrierende Projekte oder auch das Festhalten an altbekannten (und bislang sehr erfolgreichen)
Entscheidungs- und Verhaltensmustern verhindern den Erfolg von Anfang an. Das Scheitern vieler
Projekte ist bereits im Projektorganigramm vorherbestimmt: Wichtige Know-how-Träger sind nicht
oder nur zu einem zu geringen Anteil involviert, fundiertes Fachwissen liegt nicht vor, statt Inhalten
werden Powerpoints produziert und mit gesundem Halbwissen auf dem Fundamt von Buzzwords
Potemkinsche Dörfer aufgebaut. Der Schlüssel zur erfolgreichen Digitalen Transformation liegt in
aller Regel in der eigenen Organisation verborgen. Das Wissen um Changemanagement ist hier der
Schlüssel, gepaart mit Analysen zu den Motiven und Denkmustern der beteiligten Akteure (etwa
entlang des Myers-Briggs-Type-Indikators). In der Organisation ist nachhaltig zu verankern, dass
dieser Change nicht einmalig sein wird, sondern eher als kontinuierlicher Prozess aufzufassen ist, der
immer wieder neue Änderungen und Anwendungsszenarien generieren wird. Die hauptsächliche
Herausforderung: Stehen in den Projekten Budgetkürzungen an, werden die Budgets zum
Changemanagement meistens als erste herausgestrichen, da diese wenigstens (haptisch) greifbar
sind. Mit anderen Worten: Es wird versucht, den Herausforderungen der Zukunft mit der Logik der
Vergangenheit zu begegnen. Erfolgreiche Digitalisierungen denken Produkte und Prozesse strikt vom
Kunden her. Im Mittelpunkt steht damit die Customer Centricity – abgleitet aus
Kundenanforderungen sind interne und externe Prozesse und Anwendungsszenarien zu gestalten.
Lediglich ca. 14 % der deutschen Marken werden durch ihre eigenen Kunden in Bezug auf »bislang
gemachte Erfahrungen« mit »gut« bewertet. Ein konsequenter Kundenfokus sieht dementsprechend
anders aus. Die Grundlage bietet kontextbezogenes Wissen über Kunden, Produkte, Services und
Geschäftsfelder. Quantitative Daten, beispielsweise gewonnen aus Analytics, Session-Recording-
Tools oder AB-Tests, geben Einblicke in das Verhalten, allerdings nicht in die Beweggründe. Teilweise
helfen hier Voice-of-Customer-Lösungen (VoC, wie Usabilla), um wahre »Pain Points« aus
Kundensicht zu identifizieren, Zielgruppen zu befragen und die Datensätze mit dem »Warum«
anzureichern. So entstehen die kontextbezogenen Erkenntnisse, die es braucht, um
kundenorientierte Innovation zu fördern. Voraussetzung eines digitalen Kulturwandels ist eine
abgestimmte Agenda zur Digitalisierung. Ein Unternehmen bedarf einer Strategie zur Digitalisierung,
die den Bezugsrahmen über alle Geschäftsbereiche definiert. Die Zielsetzungen müssen klar und gut
kommuniziert werden und kongruent sein. Customer Centricity ist als oberstes Ziel im Leitbild mit zu
verankern. Nur wenn Unternehmensvision und -mission vom Topmanagement definiert wurden,
kann sich eine Kultur der Transformation entwickeln. Dabei ist die Forderung nach einer digitalen
Unternehmensvision alles andere als trivial. Nur flache Hierarchien erlauben ein agiles Arbeiten und
schnelle Entscheidungen. Kritisch ist die Rolle eines Chief Digital Officers (CDO) zu betrachten, wenn
dieser nur als »Overlay« über die bestehenden Funktionsbereiche etabliert wird und in der Folge
dafür sorgt, dass es eher zu noch mehr Abstimmungsorgien zwischen den Fachbereichen, der IT und
dem dann neu etablierten CDO-Bereich kommt. Zum Experimentieren mit digitalen Geschäftsideen
können Spin-offs, Inkubatoren und auch der Erwerb von Anteilen an Start-ups dienen. Die
Fähigkeiten von Führungskräften und Mitarbeitern müssen um spezielle Kenntnisse erweitert
werden, insbesondere in den Bereichen IT und im Projektmanagement. Der Wandel hin zu einer
»digitalen Kultur« basiert auf dem »Versuch und Irrtum«-Prinzip und setzt auf eine erhöhte
Risikobereitschaft von Führungskräften und Mitarbeitern. Adaptives Ausprobieren und Lernen sind
erwünscht. Hierzu muss eine Fehlerkultur etabliert werden, die Fehler als Teil eines iterativen, agilen
Handelns begreift. Damit liegt es in der Hand der Organisation selbst, die Konzepte, die in der
Betriebswirtschaftslehre und Informatik bereits seit Jahrzehnten weitreichend analysiert und
beschrieben wurden, in der Praxis digital mit Leben zu erfüllen.