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Die lieblichen Orte Steinebrunn und Falkenstein waren in der Nacht des 6. Dezember 1539
Schauplatz einer erschütternden Begebenheit.

Die   ±ein vielschichtiges Phänomen der Reformationszeit ± erfasste gerade Europa
wie ein Flächenbrand. Das heutige Österreich und besonders das Weinviertel spielte dabei eine
bedeutende Rolle! Die Täufer vollzogen die Taufe nur an wiedergeborenen Christen als Zeichen der
Bereitschaft zur konsequenten Jesus-Nachfolge. Weil sie aber bereits als Kinder getauft worden
waren, verspottete man sie als 
    Auch als !"
  bezeichnet, waren sie in
der Betonung der Freiheit in der Glaubenswahl Vorreiter der Glaubens- und Gewissensfreiheit.
Grausame Verfolgung ließen in ganz Europa die Scheiterhaufen lodern.
Ein wichtiger Zweig der österreichischen Täuferbewegung waren die # , die für fast 100 Jahre
in Südmähren und im nördlichen Weinviertel gelebt haben. Viele von ihnen stammten aus Tirol. Aus
dieser Täuferbewegung des 16. Jahrhunderts leiten sich die meisten Freikirchender Gegenwart ab,
die heute weltweit ein Drittel der gesamten Christenheit ausmachen. Es erscheint daher nicht
verwunderlich, dass in unzähligen, vor allem englischsprachigen Büchern noch heute auf das
Glaubenszeugnis jener protestantischen Märtyrer von Falkenstein zurückgeblickt wird!

Doch zurück zu den dramatischen Ereignissen von 1539:

Königliche Soldaten überfielen in Steinebrunn einen der vielen ÄBruderhöfe³ der Täufer und führten
etwa 150 Täufer auf die Burg Falkenstein gefangen. Frauen und Kinder wurden freigelassen, die
Brüder aber, 90 an der Zahl, blieben in Haft.

Nach acht Tagen erschien der Marschall des Königs Ferdinand I. mit einem Geistlichen und dem
Henker. Er verlangte Auskunft über den Glauben der Täufer und darüber, wo sich ihre Schätze
befänden. (In kürzester Zeit brachten es die Hutterer nämlich zu wirtschaftlicher Blüte und kollektivem
Reichtum.)

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(R.Wolkan, Das große Geschichtsbuch d. Hutterischen Brüder)

Aus Briefen, die die Gefangenen aus der Burg schmuggelten, geht hervor, dass diese fest damit
rechneten, nach zu erleidender Marter und Pein hingerichtet zu werden.

Fünf Wochen später kam erneut der Marschall aus Wien, diesmal mit Reitern. Er forderte die Täufer
auf, ihren Glauben zu widerrufen. Wer an seinem Glauben festhielte, sollte dem kaiserlichen Admiral
Andrea Doria übergeben werden. Sein weiteres Leben lang müsste er dann als Galeerensklave auf
den Kriegsschiffen im Kampf gegen die Türken rudern.

Der Abschied der Brüder von ihren Lieben war eine äußerst erschütternde Begebenheit. Der
holländische ÄMärtyrerspiegel" berichtet darüber folgendermaßen:

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In einem der berühmten Kupferstiche des ÄMärtyrerspiegels³ wird sogar die Verabschiedungs-Szene
der ÄFalkensteiner-Märtyrer³ abgebildet. Den Original-Druckplatten dieser Kupferstiche ist heute in
Kansas/USA ein eigenes Museum gewidmet!

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Der ÄMärtyrerspiegel³, ein schweres, ledergebundenes Buch, gehört heute zu den Hauptquellen der
Täufergeschichte. Herausgegeben wurde er von dem Holländer Tieleman Jansz van Braghts im Jahre
1660. Holländische Glaubensgenossen sollten offensichtlich vor 350 Jahren durch die Ereignisse rund
um Falkenstein ermutigt werden.
Jan Luiken steuerte für die 2. Auflage 1685 seine mittlerweile weltberühmten Kupferstiche bei, die
dieser Chronik eine besondere Ausstrahlung verleihen. 1748±1750 erschien in einem Kloster in
Pennsylvania/USA die erste deutsche Ausgabe.

Neunzig Männer, meist Familienväter, wurden je zwei und zwei an Ketten gefesselt. Über Wien und
den Semmering wurden sie nach Triest geführt. Ihrem Zuge folgten mehrere Glaubensgenossen, um
regelmäßig über das Schicksal der Brüder nach Hause zu berichten.

Nach der Ankunft in Triest gelang in der sechsten Nacht 69 Brüdern die Flucht. An ihren eigenen
Stricken konnten sie sich über die Stadtmauer herablassen. Zwölf von ihnen jedoch wurden am
nächsten Tag wieder gefangen. Man hörte nie wieder etwas von ihnen.

 
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Die Täufer haben in jenen Tagen nicht selten ihr Schicksal in Liedern verarbeitet. Solche Lieder rund
um die Falkensteiner Ereignisse werden noch heute in den Prärien Nordamerikas gesungen!

Unglaublich, aber es hat sich vor unseren Augen und Ohren abgespielt:

Da kommen vor einigen Jahren Hutterer aus Nordamerika, besuchen die Burg Falkenstein im
Weinviertel und beginnen spontan Lieder anzustimmen. Auswendig! In uraltem Deutsch!

Besungen werden Ereignisse, die ihre Vorväter vor fast einem halben Jahrtausend gerade hier, auf
dieser Burg, durchlebt haben. Unter den Hutterischen Brüdern hat sich bis heute eine ganze
Sammlung dieser sogenannten ÄFalkensteiner Lieder³ erhalten, und zwar über

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In einem weiteren Lied von Roth: ÄAch Gott im höchsten Reiche³ heißt es:

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Dieses Lied wurde unter dem Titel: ÄO König Jesu Christe³ auch in das lutherische Liedgut
aufgenommen. Es fand sich 1960 noch im Liederbuch der österreichisch-lutherischen Kirche.

Beide Liederdichter lagen in der Burg Falkenstein gefangen.

weitere Literaturhinweise:

Mais Adolf, Der Überfall von Steinebrunn im Jahre 1539, in Jahrbuch f. Landeskunde von Niederösterreich,
Jg.36,1964
Walter Elias, Die Lieder der Hutterischen Brüder, Scottdale 1914, S. 89-91
Wolkan Rudolf, Die Lieder der Wiedertäufer, Berlin 1903, S.173

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