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Skriptum Versuch

Lichtmikroskop
PC-Grundmodul WS 2009/2010

Christina Rosman, Inga Zins


Skriptum Versuch Lichtmikroskop

INHALT
Einleitung .............................................................................................................................4
Theorie Plasmonen ...............................................................................................................8
Oberflächenplasmonen ......................................................................................................8
SPR – Surface Plasmon resonance ..............................................................................10
SNOM –Scanning Nearfield Optical Microscopy ........................................................11
Partikelplasmonen ..........................................................................................................12
Extinktionsspektren von Nanopartikel-Ensemble .....................................................16
Streuspektren einzelner Gold-Nanopartikel ...............................................................18
Mirkoskopie .........................................................................................................................22
Grundlagen ......................................................................................................................22
Linsen...........................................................................................................................22
Einfache optische Geräte .............................................................................................23
Strahlengang Mikroskop .............................................................................................25
Vergrößerung und Auflösung ......................................................................................26
Objektive und Objektivklassen ...................................................................................29
Aberrationen ................................................................................................................30
Dunkelfeldmikroskopie ...................................................................................................33
Strahlengang................................................................................................................33
Dunkelfeld-Spektroskopie ...........................................................................................35
Gold-Nanopartikel ..............................................................................................................37
Eigenschaften ..................................................................................................................37
Synthese ..........................................................................................................................37
Synthese von Kugeln nach der Citrat-Methode ..........................................................38
Synthese von Stäbchen ................................................................................................39
Wachstumsmechanismus ............................................................................................40
Chemische Modifikationen ..........................................................................................46
Anwendungen ..................................................................................................................49
Stichpunktliste ....................................................................................................................51
Versuch ...............................................................................................................................52
Durchführung ..................................................................................................................52
Aufgabenstellung.............................................................................................................54
Literaturangaben ................................................................................................................55
Quellenangaben ..................................................................................................................56
Abbildungsverzeichnis ........................................................................................................57
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Skriptum Versuch Lichtmikroskop

Formelverzeichnis ...............................................................................................................58

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Skriptum Versuch Lichtmikroskop

EINLEITUNG

Wir Menschen brauchen Licht um etwas sehen zu können. Physikalisch betrachtet


besteht Licht aus elektromagnetischen Wellen, also einer Kopplung von elektrischen
und magnetischen Feldern. Hat die elektromagnetische Welle eine Wellenlänge
zwischen 400 und 700nm, so kann das menschliche Auge eine Farbe wahrnehmen
(sichtbarer Bereich). In diesem Bereich entspricht eine Wellenlänge von 450nm blauem
Licht und 700nm rotem Licht. Bei kürzeren Wellenlängen schließt sich der ultraviolette
(UV-) Bereich an und bei längeren Wellenlängen der infrarote (IR-) Bereich (Abbildung 1
Elektromagnetisches Spektrum).

Abbildung 1 Elektromagnetisches Spektrum

Alternativ zur Wellenlänge kann man auch die Frequenz einer Welle zu ihrer
Charakterisierung nutzen. Wellenlänge λ und Frequenz ν sind über die
Lichtgeschwindigkeit c miteinander verbunden:

Formel 1 Frequenz - Wellenlänge

c
ν= .
λ

Damit nun ein Objekt für das menschliche Auge sichtbar ist, muss es mit dem Licht in
Form der elektromagnetischen Welle wechselwirken. Diese Eigenschaft ist gegeben für
Objekte mit einer elektrischen Ladung oder einem magnetischen Moment. Bei der
Wechselwirkung wird Energie in definierten „Portionen“ ausgetauscht, so dass man sich
eine Übertragung von Teilchen vorstellen kann. Diese Quasi-Teilchen nennt man
Photonen und ihre Energie E kann mit Hilfe des Planckschen Wirkungsquantum h und
ν oder λ berechnet werden:

Formel 2 Energie-Frequenz-Wellenlänge

c
E = hν = h .
λ

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Weißes Licht entsteht durch die additive Mischung aller verschiedenen Wellenlängen
des sichtbaren Bereichs. Es kann auf verschiedene Arten mit Objekten wechselwirken,
so dass unser Auge eine Färbung des Objektes wahrnimmt:

Transmission

Abbildung 2 Transmission

Trifft weißes Licht auf ein Objekt und eine Wellenlänge wird absorbiert, so sieht das
Auge eine Mischung der durchgelassenen (transmittierten) Wellenlängen.

Reflexion

Abbildung 3 Reflexion

Trifft weißes Licht auf ein Objekt und nur eine Wellenlänge wird reflektiert, alle
anderen aber absorbiert, so sieht das Auge die reflektierte Wellenlänge.

Streuung

Abbildung 4 Streuung

Trifft weißes Licht auf ein Streuzentrum für eine Wellenlänge, so wird diese
Wellenlänge in alle Richtungen gestreut. Durch die Streuung wird die Intensität der
einfallenden Wellenlänge auf alle Raumwinkel aufgeteilt. Die übrigen Wellenlängen des
einfallenden Lichts werden transmittiert. Das Auge sieht also entgegengesetzt zur
Einfallsrichtung des Lichts eine Mischung der transmittierten Wellenlängen und in den

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anderen Richtungen die gestreute Wellenlänge. Der Wirkungsquerschnitt der Streuung


ist definiert als

Formel 3 Wirkungsquerschnitt Streuung


  
 

Mit ω Frequenz getreutes Licht

ω0 Eigenfrequenz

σTh Thomson Wirkungsquerschnitt

Vergleicht man nun die Wirkungsquerschnitte von blauem und rotem Licht, so ergibt
sich, dass blaues Licht ca. 16mal stärker gestreut wird als rotes.

Die vorgestellte Art der Streuung verläuft elastisch, d.h. es wird keine Energie an das
Objekt abgegeben. Ist das Objekt in der Größenordnung der Wellenlänge des Lichts,
spricht man von Mie-Streuung, ist es sehr viel kleiner, spricht man von Rayleigh-
Streuung. Streuung an Luftmolekülen und kleinen Staubteilchen ist dafür
verantwortlich, dass wir den Himmel gefärbt sehen. Am Tag steht die Sonne hoch über
der Erde und das Licht muss nur einen kurzen Weg durch die Atmosphäre zurücklegen,
um zu unseren Augen zu gelangen, weswegen wir den stark gestreuten blauen Teil des
Sonnenlichts wahrnehmen. Am Morgen und am Abend muss das Licht infolge des tiefen
Stands der Sonne einen weiteren Weg durch die Atmosphäre zurücklegen, so dass der
blaue Teil des Lichts durch Mehrfachstreuung „weggestreut“ wird und wir einen roten
Himmel sehen.

Die Art und Stärke der Wechselwirkung des Lichts mit einer Probe kann mit Hilfe der
Spektroskopie charakterisiert werden. Für die Charakterisierung der
Wechselwirkungsstärke wird Licht auf die Probe eingestrahlt und die Lichtintensität
nach Wechselwirkung mit der Probe bestimmt. Verwendet man weißes Licht und
bestimmt die resultierende Intensität über alle Wellenlängen, so erhält man ein
Spektrum. Dieses Spektrum enthält allerdings noch mögliches Licht aus der Umgebung,
welches ungewollt detektiert wurde, und das elektronische Rauschen des
Aufnahmechips, was zusammen den Background B ergibt. Beide müssen vom
gemessenen Signal Sgem abgezogen werden. Weiterhin ist im verwendeten weißem Licht
jede Wellenlänge mit einem unterschiedlichen Anteil vertreten und der Detektor nicht
gleich empfindlich für jede Wellenlänge, was mit Sverw bezeichnet wird. Daher muss das
Background-korrigierte Signal noch auf Sverw normiert werden, um Sreal zu erhalten.

Formel 4 Korrekturen eines Spektrums

S gem − B
S real = .
S verw

Ordnet man Lichtquelle, Probe und Detektor in einer Linie an, so erhält man ein
Extinktionsspektrum, das aus dem transmittierten Licht besteht (also das eingestrahlte
Licht abzüglich des weggestreuten und absorbierten Anteils). Ein Streuspektrum erhält
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man, indem man Lichtquelle und Probe in einer Linie aufstellt und den Detektor in
einem Winkel von z.B. 90° anbringt. Neben diesen beiden Beispielen die Art der
Wechselwirkung zu charakterisieren gibt es noch mehr Möglichkeiten Spektren zu
nehmen, auf die wir hier nicht weiter eingehen wollen.

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THEORIE PLASMONEN

In einem Metall breitet sich eine elektromagnetische Welle über das Fermigas
(Elektronengas) aus, das als Modellvorstellung für die frei beweglichen Elektronen im
Leitungsband dient. Trifft eine elektromagnetische Welle auf das Metall, werden die
Elektronen im Fermigas zu Schwingungen angeregt, wobei die negativ geladenen
Elektronen relativ zu den positiven Atomrümpfen schwingen. Dieses System ist
vergleichbar mit dem eines getriebenen harmonischen Oszillators. Die aus der Photon-
Phonon- Wechselwirkung entstehende Schwingung nennt man Plasmaschwingung.

Dieser Plasmaschwingung kann ein Quasiteilchen zugeordnet werden, das man als
Plasmon bezeichnet. Was das Photon für elektromagnetische Wellen darstellt, ist das
Plasmon für Schwingungen im Fermigas von Metallen.

Man kann sich mehrerer Begriffe bedienen, um zu beschreiben was Plasmonen sind:

Plasmonen sind Schwingungsquanten der bei kollektiven Anregungen von Elektronen in


Festkörper auftretenden Plasmawellen, man könnte sie auch als Dichteschwankungen
von Ladungsträgern betrachten.

Quantenmechanisch werden sie als Quasiteilchen behandelt. Ein Quasiteilchen ist eine
elementare Anregung, ein gebundener Zustand oder eine Kombination mehrerer
Teilchen in einem Festkörper, die mit effektiven Feldgrößen beschrieben werden
können. Es sind keine tatsächlichen Teilchen, es können aber typische
Teilcheneigenschaften darauf angewandt werden. Quasiteilchen sollen die Beschreibung
kollektiver Wechselwirkungen in einem Vielteilchensystem vereinfachen.

Die Anregung der Plasmonen kann durch Beschuss mit schnellen Elektronen oder durch
Einstrahlung von Photonen erfolgen. Da ihre Energie ziemlich hoch ist (in Metallen
beträgt sie mehrere eV), ist eine thermische Anregung nicht möglich.

OBERFLÄCHENPLASMONEN

Oberflächenplasmonen sind Oberflächenwellen (evaneszente Wellen), bei denen die


longitudinalen elektronischen Schwingungen parallel zur Oberfläche des Metalls
angeregt werden. Sie breiten sich entlang der Oberfläche aus, wobei ihre Intensität mit
der Ausbreitungslänge exponentiell abnimmt. Für die Dämpfung sind Leitungsverluste
im Metall verantwortlich. Die resultierende Feldstärke ist im Raum über der
metallischen Oberfläche verstärkt.

Beispiel: Bei einer Lichtwellenlänge von 633nm breiten sich Oberflächenplasmonen auf
Gold etwa 9µm, auf Silber etwa 60µm weit aus.

Unter bestimmten Bedingungen ist die Anregung mit Licht möglich. Die Anregung
erfolgt durch Kopplung des einfallenden Lichtimpulses k mit dem Impuls der

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entstehenden Plasmonen. Die parallel zur Einfallsebene liegende Komponente kx wird


auf das Oberflächenplasmon übertragen.

Bei der Anregung von Oberflächenplasmonen durch Licht muss die Dispersionsrelation
bedacht und Energie und Impuls müssen erhalten werden. Die Dispersionsrelation gibt
die Beziehung zwischen der Kreisfrequenz ω und der Wellenzahl k an und somit auch
gleichzeitig zwischen der Energie E und dem Impuls p. Trägt man die Kreisfrequenz
gegen die Wellenzahl auf, so erhält man im Vakuum eine Lichtgerade mit der Steigung
c. In jedem anderen Medium ergibt sich die Steigung c ε. Hierbei ist ε die
Dielektrizitätskonstante des Mediums.

Abbildung 5 Voraussetzung Entstehung Plasmonen

Der Wellenvektor k eines Photons besitzt in Luft eine zu kleine Wellenzahl


k = k = 2π λ für eine direkte Anregung. Die Wellenzahl kann erhöht werden über die
Einstrahlung durch ein optisch dichteres Medium (εPrisma > 1), da sich darin die
Wellenlänge verkleinert ( λneu = λ ε ). Aber erst durch Variation des Einfallswinkels
lässt sich der Lichtwellenvektor so drehen, dass es zu einer resonanten Anregung des
Oberflächenplasmons kommt.

Um die Steigung der Lichtkurve zu verkleinern, bedient man sich eines hochbrechenden
Mediums, in dem sich das Licht ausbreitet. Es gibt mehrere Möglichkeiten, z.B.
Prismenkopplung nach Otto bzw. Kretschmann, die Gitterkopplung sowie die Anregung
an lokalen Defekten der Metalloberfläche.

Hier soll nur näher auf die beiden Arten der Prismenkopplung eingegangen werden.

Bei der Otto- Anordnung wird das Licht an der Prismenbasis total reflektiert und das
dabei entstehende evaneszente Feld tritt durch das Dielektrikum hindurch. Dieses

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elektrische Feld trifft dann auf eine unendlich dicke Metalloberfläche und regt dort ein
Oberflächenplasmon an.

Abbildung 6 Otto-Anordnung

Die Otto- Anordnung hat den Nachteil, dass es schwer ist den Luftspalt genau
einzustellen.

Bei der Kretschmann- Anordnung wird das Licht ebenfalls an der Prismenbasis
reflektiert. Das evaneszente Feld tritt hier jedoch durch einen dünnen Metallfilm
(d=50nm) durch. Bei einem bestimmten Einfallswinkel kommt es dann zur resonanten
Anregung.

Abbildung 7 Kretschmann-Anordnung

SPR – SURFACE PLASMON RESONANCE

Durch die Oberflächenplasmonenresonanz-Spektroskopie (Surface Plasmon


Resonance, SPR) lassen sich Schichtdicken schnell und unkompliziert quantitativ
bestimmen. Daher finden Oberflächenplasmonen ihre wohl wichtigste Anwendung in der
Biosensorik. Die Oberflächenplasmonenresonanz-Spektroskopie erlaubt es,
Wechselwirkungen zwischen Biomolekülen in Echtzeit zu beobachten ohne diese mit z.B.
Fluoreszensfarbstoffen zu markieren, was zum einen Zeit spart, zum anderen auch die
natürliche Konformation der Biomoleküle erhält.

Das Prinzip liegt darin, dass die Wellenlänge der Oberflächenplasmonen stark auf eine
Brechzahländerung in der unmittelbaren Nähe der Metalloberfläche reagieren. Da (Bio-)
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Moleküle einen größeren Brechungsindex als Wasser besitzen, kann z.B. ein Anbinden
von Antikörpern an Antigene detektiert werden, die an eine Goldoberfläche gebunden
sind.

Abbildung 8 Aufbau SPR

SNOM –SCANNING NEARFIELD OPTICAL MICROSCOPY

Das von Oberflächenplasmonen erzeugte elektrische Feld fällt zu beiden Seiten der
Grenzfläche exponentiell ab (evaneszente Felder). Aus diesem Grund können sie nicht
mit optischen Methoden betrachtet werden, die im Vergleich zur Abklinglänge weit von
der Grenzfläche entfernt sein müssen, d.h. im Fernfeld operieren. Eine Möglichkeit zur
Detektion dieser Felder ist die optische Rasternahfeldmikroskopie.

Das Prinzip besteht darin, dass ein kleines lichtstreuendes Partikel in die Nähe der
Oberfläche gebracht wird (<100nm). Dieses wird durch die auf ihn wirkenden
evaneszenten Felder polarisiert und strahlt in erster Ordnung proportional zur Stärke
dieser Polarisation und somit proportional zur Feldstärke Licht ab. Diese Strahlung
kann im Fernfeld mit gewöhnlichen Optiken detektiert werden. Eine mögliche
Realisation ist in Abbildung 9 Prinzip SNOM dargestellt. Der untere Teil einer konisch
ausgezogenen Glasfaser, dessen Abmessungen weniger als 100nm beträgt, fungiert als
Streuzentrum, während der daran anschließende Teil das Streulicht sammelt und
weiterleitet. Das gesammelte Licht tritt am anderen Ende der Glasfaser aus und kann
direkt mit einem empfindlichen Detektor (Photomultiplier) gemessen werden.

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Abbildung 9 Prinzip SNOM

Die Sonde kann mit Hilfe einer Abstandsregelung („Tuning Fork“) in einer Höhe von 10
bis 50nm über der Probenoberfläche gehalten werden. Die Abstandsregelung basiert im
wesentlichen darauf, dass die oszillierenden Bewegungen der Sonde eine Dämpfung
erfahren, wenn sich die Spitze in der Nähe der Oberfläche befindet. Dieses
Regelungsprinzip findet auch in anderen Nahfeld-Methoden wie AFM Verwendung.
Wird die Sonde über die Probe gerastert, erhält man simultan ein Bild der Topographie
und der dazu gehörigen Intensität der evaneszenten Felder.

PARTIKELPLASMONEN

Als zweite Art der Plasmonen sind die Partikelplasmonen (auch lokalisierte
Oberflächenplasmonen, LSP) zu nennen. Es bestehen wichtige Unterschiede zwischen
Oberflächen- und Partikelplasmonen, z.B. sind bei Partikelplasmonen (auch Mie-
Plasmonen genannt) Lichtabsorption und Emission aufgrund der Erhaltung von Impuls
und Energie möglich, außerdem spielt die Dispersion hier keine Rolle.

Eine charakteristische Eigenschaft der Gold-Nanopartikel ist ihre Fähigkeit Plasmonen


auszubilden durch die Wechselwirkung mit elektromagnetischen Wellen wie Licht. Ein
einfaches Modell um die Wechselwirkung zwischen dem kleinen Partikel und der
elektromagnetischen Welle zu beschreiben ist das Drude Modell für Metalle, welches den
dreidimensionalen Kristall als Zusammensetzung aus positiv geladenen Ionen und
einem negativ geladenen delokalisierten Elektronengas ansieht. Betrachtet man den
Goldpartikel als eine Kugel deren Durchmesser deutlich kleiner ist als die Wellenlänge
der einfallenden Welle, so besitzt das elektromagnetische Feld eine räumlich konstante
Phase in der Umgebung des Partikels. Aus diesem Grund muss nur die Zeitabhängigkeit
des Feldes in dieser so genannten quasi-statischen Näherung (Quasi-Static
Approximation, QSA) berücksichtigt werden. Das externe elektromagnetische Feld
induziert eine Bewegung des Elektronengases, wobei aber die positiv geladenen Ionen an
ihrer Position bleiben.

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Abbildung 10 Partikelplasmon-Modell

Wenn sich das Elektronengas von den positiven Ionen wegbewegt entstehen
Polarisationsladungen auf der Oberfläche des Partikels. Die Coulomb-Anziehung
zwischen den Elektronen und den positiven Ionen wirkt dabei wie eine Rückstellkraft
und ruft eine Oszillation des Elektronengases hervor. Daher kann die Bewegung des
Elektronengases als getriebener harmonischer Oszillator beschrieben werden. Der
physikalische Term zur Beschreibung der Quantisierung der Plasmaoszillationen ist ein
Quasi-Teilchen mit dem Namen „Plasmon“, was ähnlich dem Quasi-Teilchen „Photon“
für elektromagnetische Oszillationen oder „Phonon“ für Gitterschwingungen (auch
Schallwellen) ist.

Das System aus ortsfesten Atomrümpfen und oszillierenden Elektronen entspricht


einem Hertz´schen Dipol. Daher wirken die Partikel als Zentren für Rayleigh Streuung,
falls die einfallende elektromagnetische Welle eine Wellenlänge vergleichbar mit ihrer
Resonanzwellenlänge besitzt. Diese Resonanzwellenlänge wird durch die
Elektronendichte, die Elektronenmasse, das Material und auch die Form und Größe des
Partikels beeinflusst. Gold besitzt eine Resonanzwellenlänge im sichtbaren Bereich des
Lichts, falls die beeinflussenden Faktoren entsprechend gewählt wurden, was man an
den prachtvollen Farben von Gold-Nanopartikel-Lösungen unter Beleuchtung erkennen
kann. Die Farben unterscheiden sich abhängig von Beleuchtungsrichtung bzw. dem
Beobachtungswinkel. In der Reflexionsposition erreicht nur gestreutes Licht das Auge,
welches dieselbe Wellenlänge wie die Resonanzwellenlänge des Plasmons bestitzt. In der
Transmissionsposition erreicht nur der Teil des Lichts das Auge, der die Lösung
durchdringen konnte. Daher besteht das transmittierte Licht aus dem einfallenden Licht
abzüglich der absorbierten und weggestreuten Wellenlänge.

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Abbildung 11 Gold-Nanopartikel in Reflexion und Transmission

Analog zu dem Modell eines klassischen harmonischen Oszillators tritt Dämpfung der
Plasmonenoszillation auf. Neben dem (erwünschten) strahlenden Zerfall des
Partikelplasmons gibt es eine Reihe weiterer Dämpfungsmechanismen, die zu einem
nichtstrahlenden Zerfall des Partikelplasmons führen. Man differenziert zwischen
Intraband Elektron-Loch-Paar Anregungen, die innerhalb des sp-Leitungsbands von
Gold stattfinden, und Interband-Anregungen von Elektronen aus energetisch tiefer
liegenden d-Bändern in das Leitungsband (Landaudämpfung). Weitere
Dämpfungsmechanismen umfassen die Streuung der oszillierenden Elektronen
untereinander, mit Verunreinigungen, mit Phononen und der Partikeloberfläche. Der
letztgenannte Prozeß wird erst für Nanopartikel mit einem sehr geringen Durchmesser
(bei Gold- Nanopartikeln ca. 10nm) relevant.

Abbildung 12 Zerfall von Plasmonen

Neben den qualitativen Erklärungen für das Auftreten von Plasmonenresonanzen in


Gold-Nanopartikeln existieren quantitative Erklärungen. 1908 entwickelte Mie die
grundlegende Theorie über die Wechselwirkung von elektromagnetischen Wellen und
kleinen sphärischen Partikeln. Dabei löste Mie die Maxwell Gleichungen in
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Kugelkoordinaten mit ihrem Ursprung im Kugelkern, der einen komplexen


Brechungsindex besitzt.

Brechungsindex n und Dielektrizitätskonstante ε sind für Dielektrika verknüpft über

Formel 5 Zusammenhang Brechungsindex - Dielektrizitätskonstante

Formel 6 Komplexer Brechungsindex

  

Dieser komplexe Brechungsindex setzt sich aus einem Realteil n′ und einem
Imaginärteil κ (auch als Absorptionsteil bezeichnet) zusammen. Bei durchsichtigen
Medien wie Wasser, Glas und Luft ist κ sehr klein, so dass n=n′ gilt. Deshalb arbeitet
man in der Optik, die zumeist Linsen und Prismen geringer Absorption verwendet, in
der Regel mit n′ statt n. Geht man jedoch zu Medien höherer Absorption über ist es
zwingend notwendig den vollständigen Brechungsindex zu verwenden. Demnach hat
auch die Dielektrizizätskonstante einen Real- und einen Imaginärteil. Zudem ist zu
beachten, dass diese eine Dispersion über die Wellenlänge zeigen (siehe Abbildung 13
Dielektrizitätskonstante von Gold).

Abbildung 13 Dielektrizitätskonstante von Gold

Diese Theorie erlaubt eine exakte Berechnung von Streu- und Absorptionsquerschnitt
eines homogenen, isotropen, optisch linearen, ungeladenen Materials, das von einer sich
unendlich ausbreitenden ebenen Welle getroffen wird. 1912 erweiterte Gans diese
Theorie durch Verwendung von Ellipsoiden anstatt von Kugeln im gleichen System. Da
die Dipolnäherung auch für kleine Ellipsoide zutrifft, spaltet die Oberflächenplasmonen
Mode in zwei unterschiedliche Moden auf, die eine direkte Folge der anisotropen
Elongation des Ellipsoids sind.

Die Theorie von Gans erzielt gute Ergebnisse für kleine Ellipsoide aber nicht für andere
Geometrien. Die Geometrie eines Gold-Nanostäbchen wird allerdings besser durch einen
Zylinder abgedeckt von zwei Halbkugeln anstatt durch einen Ellipsoiden beschrieben. In
der Literatur wurde gezeigt, dass die exakte Form der Stäbchenenden die
Resonanzwellenlänge immens beeinflusst. In der letzten Dekade verbesserte sich die
Rechenleistung von Computern deutlich, so dass numerische Verfahren zur Lösung der

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Skriptum Versuch Lichtmikroskop

Gleichungen entwickelt wurden wie z.B. Oberflächenintegraltechniken oder diskrete


Dipolnäherungen. Die Ergebnisse, die durch die theoretische Behandlung erzielt
werden, erlauben die Vorhersage und Beurteilung der Wechselwirkung zwischen
Lichtwellen und Nanopartikeln verschiedener Materialien, Geometrien und Größen.

EXTINKTIONSSPEKTREN VON NANOPARTIKEL-ENSEMBLE

Wenn man die Plasmonenresonanz einer Probe charakterisieren möchte, nimmt man
mit weißem Licht ein Extinktionsspektrum von einer Lösung vieler Gold-Nanopartikel
auf (Ensemble-Spektrum). Das Spektrum von Kugeln zeigt ein Maximum und das
Spektrum von Stäbchen zwei Maxima. Die Anzahl der Maxima kann den
Geometrieeigenschaften der beiden Partikelarten zugeschrieben werden. Da eine Kugel
eine isotrope Form ist, gibt es nur eine Resonanzwellenlänge und daher ein Maximum
bei etwa 520nm. Im Gegensatz dazu ist ein Stäbchen eine anisotrope Form. Daher gibt
es eine transversale Resonanz entlang der kurzen Achse bei etwa 520nm und eine
longitudinale Resonanz entlang der langen Achse, die im Bereich von 600-1100nm
variiert werden kann.

Abbildung 14Ensemble-Spektren Gold-Nanopartikel

Die Positionen der Maxima enthalten Informationen über die Maße der Nanopartikel.
Die Resonanzwellenlänge von Gold-Kugeln wird nicht stark beeinflusst durch deren
Durchmesser, aber die longitudinale Resonanzwellenlänge λmax von Gold-Stäbchen hängt
stark vom Aspektverhältnis R ab, welches das Größenverhältnis von langer Achse zu
kurzer Achse ist. In Fall von Stäbchen resultiert eine kleine Änderung von R in einer
großen Verschiebung der Resonanzwellenlänge, was durch eine empirische Formel
(Formel 7 Resonanzwellenlänge Gold-Nanostäbchen) beschrieben werden kann. Neben
der Größe beeinflusst auch die dielektrische Konstante des Umgebungsmediums der
Partikel εm die Position der Resonanzwellenlänge:
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Skriptum Versuch Lichtmikroskop

Formel 7 Resonanzwellenlänge Gold-Nanostäbchen

λmax
= (53.17 ⋅ R − 42.29 )ε m + 495.14.
nm

Da das Ensemble-Spektrum von vielen einzelnen Partikeln gebildet wird, gibt die
Halbwertsbreite (Full Width at Half Maximum, fwhm) des Resonanzpeaks einen
Hinweis auf die Polydispersität bezüglich der Abmessungen der Partikel. Falls der Peak
sehr schmal ist, besitzen alle Partikel ein sehr ähnliches Aspektverhältnis.

Neben der Bestimmung der Resonanzwellenlänge und der Polydispersität der Probe
kann man die Partikelkonzentration der Lösung aus einem Ensemble-Spektrum
berechnen. Dabei erhält man die Konzentration c aus der Extinktion E mit Hilfe des
Lambert-Beer´schen Gesetzes, wobei ε der molare dekadische Extinktionskoeffizient und
d die Weglänge des Lichts durch die Lösung ist:

Formel 8 Lambert-Beer'sches Gesetz

E = ε ⋅ c ⋅ d.

Bei Verwendung einer 1cm dicken Küvette ist die Konzentration der Nanopartikel
Lösung also das Verhältnis von Extinktion im Ensemble-Spektrum bei einer gewählten
Wellenlänge und dem Extinktionskoeffizient bei der gleichen Wellenlänge. Der molare
dekadische Extinktionskoeffizient kann berechnet werden, wenn man die Form und
Größe der Partikel kennt (erhält man durch TransmissionsElektronenMikroskopie,
TEM). Die Berechnung kann für komplizierte Formen durch numerische Methoden
erfolgen, die jedoch eine große Flut von Daten umfassen und daher aufwändig sind. Für
ellipsoide Formen eignet sich die QSA, die durch ihre Vereinfachung schnell ein
Ergebnis liefert. Für die Berechnung muss die Polarisierbarkeit α und der
Extinktionsquerschnitt Cext der Partikel ermittelt werden. Die Polarisierbarkeit einer
kleinen Metallkugel mit einer dielektrischen Konstante relativ zum umgebenden
Medium ε r = ε r ´+iε r = ε Metall ε Medium und einem Volumen V in einem elektromagnetischen
´´

Feld mit einer räumlich konstanten Phase um den Partikel ergibt sich durch die
Clausius-Mossotti Beziehung unter Verwendung der dielektrischen Konstante ε0:

Formel 9 Clausius-Mossotti-Beziehung

ε r −1
α = 3Vε 0 .
εr + 2

Ein länglicher Partikel mit einer elliptischen Form besitzt eine Länge a und eine Breite
b, weshalb die Polarisierbarkeit nicht in alle Richtungen gleich ist:

Formel 10 Polarisierbarkeit elliptischer Partikel

Vε 0 1− εr
αi = ,
Li  1 
 − 1 + ε r
 Li 

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Skriptum Versuch Lichtmikroskop

wobei i = a oder b und Li der zugehörige geometrischer Faktor ist. Unter Verwendung
der Polarisierbarkeit ergeben sich der Absorptionsquerschnitt Cabs und der
Streuquerschnitt Csca zu:

Formel 11 Absorptions- und Streuquerschnitt

2
k4 α α
C sca = , C abs = kℑ ,
6π ε 0 ε0

mit k = 2π λ und ℑ dem frequenzabhängigen Imaginärteil α des Metalls, der die


frequenzabhängige Leitfähigkeit beinhaltet.

Der Extinktionsquerschnitt Cext ist die Summe aus Absorptionsquerschnitt und


Streuquerschnitt:

Formel 12 Extinktionsquerschnitt

Cext = Cabs + Csca .

Mit Hilfe des Extinktionsquerschnitts und der Avogadrozahl NA ergibt sich der molare
dekadische Extinktionskoeffizient schließlich zu:

Formel 13 Molarer dekadischer Extinktionskoeffizient

ε 1 Cext N A
−1 −1
= .
lmol cm 10 ln 10 nm 2 mol −1
9

Trägt man die Werte des molaren dekadischen Extinktionskoeffizienten über einen
Wellenlängenbereich auf, erhält man das Extinktionsspektrum einer einmolaren
Nanopartikellösung.

Große Partikel streuen das Licht sehr effektiv, wohingegen die Farbe bei kleineren
Partikeln vorwiegend durch Absorption zustande kommt, was durch Absorptions- und
Streuquerschnitt klar wird.

Formel 14 Absorptions und Streuquerschnitt 2

 
  1 

 3   ~
6 2 
  


3

  3 ~
2 
  


STREUSPEKTREN EINZELNER GOLD-NANOPARTIKEL

Im Gegensatz zu einem Ensemble-Spektrum gibt ein Einzelpartikelspektrum weder


Auskunft über die Polydispersität noch über die Konzentration der Probe. Vielmehr

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Skriptum Versuch Lichtmikroskop

spiegelt es die Eigenschaften des einzelnen untersuchten Partikels wider. Dabei treten
drei charakteristische Größen auf:

λres Peakposition oder Resonanzwellenlänge

Ires Peakintensität

fwhm Halbwertsbreite

Jede einzelne dieser Größen hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab. Will man eine
konkrete Aussage über den untersuchten Partikel treffen sind (externe) Kalibrierungen
erforderlich.

λres

Die Lage des Resonanzmaximums kann Auskunft über Größe, Form oder Material des
Partikels geben. Zudem verschiebt sie sich bei Veränderung des Brechungsindexes des
umgebenden Mediums.

Für kugelförmige Goldpartikel gilt zum Beispiel

Formel 15 Einzelpartikelresonanzwellenlänge Kugel in Wasser

45 6
!" Kugel 514nm  13,2nm · . / , 012·3·nm

Benutzt man nun statt Goldkugeln stäbchenförmige Goldpartikel, lässt sich eine
Aussage über das Aspektverhältnis treffen, vorausgesetzt die „Dicke“ des Stäbchens ist
bekannt.

Formel 16 Einzelpartikelresonanzwellenlänge Stäbchen in Wasser

!" Stäbchen, Dicke 20nm 109nm · CD  1  512nm

Auch der Brechungsindex des umgebenden Mediums kann bestimmt werden.

Formel 17 Brechungsindexabhängigkeit resonanzwellenlänge Kugel

!" Kugel 221nm ·  214nm

Ires

Aus der Peakintensität lässt sich eine Aussage über den Streuquerschnitt treffen. Dieser
hängt von Größe, Form und Material des Partikels ab. Auch das umgebende Medium hat
einen Einfluss auf die gemessene Intensität. Da diese jedoch stärker als die Peakposition
von äußeren Einflüssen wie Umgebungslicht oder Streulicht benachbarter Partikel
abhängt, wird sie häufig nur als qualitative Größe betrachtet und nicht zur Berechnung
von Partikeleigenschaften herangezogen.

Fwhm

Die Halbwertsbreite steht in direktem Zusammenhang mit der Plasmonenlebensdauer τ.

19
Skriptum Versuch Lichtmikroskop

Formel 18 Plasmonenlebensdauer

F
E
fwhm

Da Frequenz (Wellenlänge, Energie) und Zeit über eine Fourier-Transformation in


direktem Zusammenhang stehen, spiegelt sich ein zeitliches Abklingen (der
Plasmonenschwingung) in einer spektralen Verbreiterung wider. Geht man von einem
oszillierenden elektrischen Feld E(t) mit der Eigenfrequenz ω0 aus, welches exponentiell
mit der Zeitkonstante T abklingt, erhält man über eine Fouriertransformation F ein
Lorentz-förmiges Spektrum im Frequenzraum.

Formel 19 Oszillierendes elektrisches Feld

O
IJ /I . KLMN O 6. K 

Formel 20 Fourier Transformation

1
I 2R
I  P/IJ6

√2  1
     S2R T

Ein Lorentz-Spektrum ist normalerweise charakterisiert durch sein Maximum, das bei
ω0 liegt, und seine Halbwertsbreite ∆ω. Die Halbwertsbreite ergibt sich, wenn man die
Frequenzen betrachtet, bei denen E′ den halben maximalen Wert erreicht. Das
Maximum wird bei ω gleich ω0 erreicht, hier wird der Nenner 1/2T. E′ hat seinen halb-
maximalen Wert, wenn der Nenner 2·(1/2T) ist, bzw. für (ω−ω0)=1/2T. Da sich über die
Planck-Beziehung E= ħω die Halbwertsbreite in Energie-Einheiten (fwhm) ergibt zu
fwhm=ħ∆ω, folgt

Formel 21 Plasmonenlebensdauer 2

fwhm 1 1 2
 U 2R · fwhm 2F
F 2R 2R 2R

Abbildung 15 Einzelpartikelspektren

20
Skriptum Versuch Lichtmikroskop

Die Streuspektren zeigen eine starke Abhängigkeit der Peakposition und –breite von der
Größe der Partikel. Zudem ist eine Verschiebung zu größeren Wellenlängen (kleineren
Energien) für das Maximum der Plasmonenresonanz bei Gold-Stäbchen im Gegensatz zu
Gold-Kugeln (Stäbchen: 1,9eV oder 650nm, runde Partikel: 2,4eV oder 520nm ) zu
beobachten.

Mit zunehmender Größe von Gold-Nanokugeln verschieben sich die Resonanzspektren


zu kleineren Energien (Rotverschiebung) und werden breiter. Die Verbreiterung der
Kurven kommt durch die Strahlungsdämpfung zustande.

Bemerkenswert ist zudem, dass der Peak des Resonanzmaximums der Stäbchen bei
weitem nicht so breit ist wie der der runden Partikel. Das liegt daran, dass die
Dämpfung bei den Stäbchen wesentlich kleiner ist. Daher ergibt sich eine hohe
Effektivität der Lichtstreuung, was die Nanostäbchen attraktiv macht für optische
Anwendungen.

21
Skriptum Versuch Lichtmikroskop

MIRKOSKOPIE

GRUNDLAGEN

Unter Mikroskopie versteht man eine Technik, die ein Linsensystem einsetzt um
Objekte vergrößert anzusehen, die unter der Auflösegrenze des menschlichen Auges
liegen.

Einen „Erfinder“ des Lichtmikroskops zu benennen gestaltet sich als schwierig. Schon
die Römer und Griechen berichten von Linsen die sie zur Vergrößerung einsetzten. Oft
werden Hans Martens und Zacharias Janssen als Pioniere im Feld der Mikroskopie
aufgeführt. Sie sollen 1590 das erste Mikroskop entwickelt haben. Dies wird heute
jedoch von vielen Historikern angezweifelt. 1665 veröffentlichte Robert Hooke (1635 -
1703) das Werk „Micrographia”, das zahlreiche detaillierte mikroskopische Abbildungen
enthält. Er war der erste, der eine wassergefüllte Glasblase zur Verbesserung der
Beleuchtung einsetzte. In den folgenden Jahren verbesserten und erweiterten zahlreiche
Forscher sowohl Beleuchtung, als auch Vergrößerungssysteme, Abberationen und
Stabilität der Mikroskopsysteme. 1878 führte Ernst Abbe (1840 - 1905) als erster ein
Ölimmersionsobjektiv ein, das heute zahlreiche Verwendung findet. Zudem prägte er
den Begriff „numerische Arpertur“. Nicht viel später (1893) entwickelte August Köhler
(1866 - 1948) die nach ihm benannte “Köhlersche Beleuchtung”. Bereits 1902 betrachtete
Richard Zsigmondy (1865 - 1929) Kolloidteilchen mit dem so genannten
“Ultramikroskop”, einer Variante des Dunkelfeldmikroskops. Er war der erste, der eine
Nobelpreis (Nobelpreis für Chemie, 1925) für seine Arbeiten mit einem Mikroskop
erhielt. Bis heute wurden zahlreiche Mikroskopiearten (Floureszens-, Zwei-Photonen-,
Interferenz-, TIRF- und andere) entwickelt und unterliegen ständigem Fortschritt.

LINSEN

Unter Linsen versteht man im allgemeinen Bauteile aus transparentem Glas oder
Plastik, die zwei abgerundete Oberflächen besitzen,die es ermöglichen Lichtstrahlen zu
sammeln oder zu zerstreuen. Der Strahlengang und die Bildgebung durch Linsen lässt
sich einfach durch die Strahlenoptik und durch die Gesetzte von Brechung und
Reflektion beschreiben. Dabei sind bestimmte Begrifflichkeiten zu verwenden.

22
Skriptum Versuch Lichtmikroskop

Abbildung 16 Strahlengang Sammellinse

Das Objekt (G, roter Pfeil links) dessen Bild erhalten werden soll, befindet sich in der
Objektebene. Den Abstand zwischen Objekt und Linse bezeichnet man als
Gegenstandsweite (a). Per Konvention wird das Objekt auf die linke Seite der Linse
positioniert. Senkrecht zu Objekt- und Bildebenen durch die Mitte der Linse verläuft die
optische Achse. Vom Objekt ausgehende Strahlen verlaufen durch die Linse und
erzeugen auf der rechten Seite der Linse ein reelles Bild in der Bildebene im Abstand b
(Bildweite). Gegenstands- und Bildweite sind mit der Brennweite f über folgende
Gleichung verbunden:

Formel 22 Abbildungsgleichung Sammellinse

1 1 1
= +
f a b

Die Vergrößerung ist definiert als Verhältnis zwischen Bild (B)- und
Gegenstandsgröße (G).

Formel 23 Definition Vergrößerung

B
v=
G

EINFACHE OPTISCHE GERÄTE

Zur Beschreibung der Strahlengänge in optischen Geräten wird zur Vereinfachung oft
davon ausgegangen, dass die verwendeten Linsen unendlich dünn sind. Die oben
gezeigte Brechung an Eintritts- und Austrittsoberfläche wird dabei zu einer „effektiven“
Brechung zusammengefasst, die von der Mitte der Linse ausgeht.

Auge
Das Auge ist das erste optische System, das ein reelles Bild auf einem Schirm
(Netzhaut) abbildet. Eine Vergrößerung des Bildes kann durch Annäherung an die Linse
erreicht werden. Dadurch wird der Sehwinkel vergrößert (größerer Sehwinkel 
größeres Bild). Da die Akkomodationsfähigkeit des Auges limitiert ist, wird für sehr
nahe Gegenstände das Bild unscharf, eine weitere Vergrößerung kann nur durch
optische Instrumente erreicht werden. Unter konventioneller Sehweite versteht man

23
Skriptum Versuch Lichtmikroskop

den Abstand eines Objekts, bei dem ein scharfes Bild bei entspanntem Auge auf der
Netzhaut abgebildet wird. Sie beträgt 25cm.

Abbildung 17 Strahlengang Auge

Lupe
Die Lupe ist eine Sammellinse mit kurzer Brennweite. Das Objekt wird zwischen Linse
und Brennweite gebracht. Es entsteht ein vergrößertes aufrecht stehendes virtuelles
Bild (als virtuell bezeichnet man Bilder, die auf der Objektseite entstehen). Die vom
virtuellen Bild ausgesandten Strahlen ergeben ein Bild auf der Netzhaut des Auges.

Abbildung 18 Strahlengang Lupe

Die Vergrößerung der Lupe errechnet sich durch den Vergleich der Größe des virtuellen
Bildes mit Lupe und ohne bei entspanntem Auge.

Formel 24 Vergrößerung Lupe

konventionelle Sehweite 250mm


vLupe = =
BrennweiteLupe f [mm]

24
Skriptum Versuch Lichtmikroskop

Eine weitere Vergrößerung kann durch eine kleinere Brennweite erreicht werden. Da
das Objekt aber immer noch zwischen Brennpunkt und Lupe passen muss, ist hier ein
Limit gesetzt. Will man höhere Vergrößerungen erzielen, muss man mit Linsensystemen
aus mehreren Linsen arbeiten.

STRAHLENGANG MIKROSKOP

Ein Mikroskop ist ein einfaches Linsensystem bestehend aus Objektiv (dem Objekt
zugewandt) und Okular (dem Auge zugewandt).

Das Objektiv erzeugt zunächst ein reelles Zwischenbild, das dann vom Okular
vergrößert wird. Dieses fungiert als Lupe und hat die Aufgaben, das reelle Zwischenbild
zu vergrößern und parallele Strahlen zu erzeugen. So kann das Auge ein Bild des
Gegenstands auf der Netzhaut erzeugen.

G
B

Abbildung 19 Strahlengang Mikroskop

Beleuchtungs- und Bildgebender Strahlengang


Unter Bildebenen versteht man allgemein alle Ebenen, in denen ein scharfes Bild eines
Objekts entsteht. Im Mikroskop gibt es zwei (bzw. drei, wenn man die Objektebene
mitzählt) konjungierte Bildebenen, in denen das gleiche Bild scharf abgebildet wird, die
des Objektivs und die des Okulars. Neben diesen konjungierten Ebenen, die für die
Abbildung des Objekts verantwortlich sind, gibt es noch weitere konjungierte Ebenen,
die den Beleuchtungsstrahlengang scharf abbilden, sich jedoch von den Bildebenen
unterscheiden (Abbildung 20 Beleuchtungs- und bildgebender Strahlengang).

Durch die Trennung von Bild- und Beleuchtungsebenen wird erreicht, dass das Präparat
gleichmäßig hell ausgeleuchtet wird, jedoch kein Bild der Glühwendel zu sehen ist.
Dieses Beleuchtungssystem wurde erstmals 1893 von August Köhler angewandt.
Zusätzlich zur gleichmäßigen Ausleuchtung des Präparats wird auch erreicht, dass es
nur in der benötigten Fläche beleuchtet wird. Außerdem sollen beim „Köhlern“ störende
Lichtreflexe (z.B. der Tubusinnenwände) weitestgehend beseitigt werden. Somit erhält
man ein Bild des Objekts, in dem keine (oder möglichst wenig) störende andere
Abbildungen enthalten sind.
25
Skriptum Versuch Lichtmikroskop

Abbildung 20 Beleuchtungs- und bildgebender Strahlengang

VERGRÖßERUNG UND AUFLÖSUNG

Um die Gesamtvergrößerung zu erhalten, die durch das Mikroskop erreicht wird, muss
man die Vergrößerungen von Objektiv und Okluar kombinieren.

Die Vergrößerung des Objektivs ergibt sich aus dem Vergleich der Gegenstandsgröße G
mit der Bildgröße B (siehe Abbildung 19 Strahlengang Mikroskop):

Formel 25 Vergrößerung Objektiv

B b
υ ob = =
G f ob

Da das Okular als Lupe fungiert, errechnet sich seine Vergrößerung über:

26
Skriptum Versuch Lichtmikroskop

Formel 26 Vergrößerung Okular

25YZ
VWX
[WX

Durch einen Vergleich von Sehwinkel und Bildgröße mit und ohne Mikroskop ergibt sich
die Gesamtvergrößerung zu :

Formel 27 Vergrößerung Mikroskop

\]^_ \`a · \`b

Unter dem Auflöservermögen µ versteht man den Kehrwert des minimalen Abstandes
d zwischen zwei parallelen Linien, die gerade noch als getrennt wahrgenommen werden
können.

Formel 28 Auflösevermögen

1
c
d

Tritt Licht durch einen Punkt eines Objekts und trifft danach auf einen Schirm um ein
Bild zu erzeugen, wird dort kein Punkt abgebildet, sondern ein kleines Muster, das auch
als „Airy-Muster“ bekannt ist. Das zentrale Maximum nennt man auch „Airy-Scheibe“.
Werden nun zwei eng beeinander liegende Punkte der Probe abgebildet, kann es zu einer
Überlappung der Airy-Muster kommen. Die beiden Punkte können nicht mehr als
getrennt wahrgenommen werden. Dieses Phänomen lässt sich mit der Beugung am
Doppelsplat vergleichen, die Airy-Muster können als Beugungsmuster verstanden
werden.

Abbildung 21 Airy-Muster

Der Abstand d, der „aufgelöst“ werden kann ergibt sich zu:

27
Skriptum Versuch Lichtmikroskop

Formel 29 Auflösung

λ
d=
sinα

wobei λ die Wellenlänge des benutzten Lichts und α der Öffnungswinkel des Objektivs
sind. Geht man nun zu einem Immersionsobjektiv über und verwendet ein
Immersionsmedium des Brechungsindexes n, erweitert sich die obige Gleichung zu

Formel 30 Auflösung mit Immersion

λ
d=
n ⋅ sin α

Den Nenner des Ausdrucks nennt man auch „NA = Numerische Apertur“: Sie ist ein
Qualitätsmerkmal des verwendeten Objektivs und auf diesem vermerkt. Um das
Auflösevermögen zu erhöhen (d zu verkleinern) kann man somit entweder zu kleineren
Wellenlängen (wie im Elektronenmikroskop) oder größeren numerischen Aperturen
übergehen.

α
α
α

α
α

Abbildung 22 Numerische Apertur

Es gibt verschiedene Möglichkeiten mit Immersionsmedien zu arbeiten. Üblich sind


Wasser- und Ölimmersionsobjektive. Zudem verwendet man auch oft einen
Ölimmersionskondensor. Der Vorteil von Immersionsöl ist, dass es den gleichen
Brechungsindex besitzt wie Glas. Damit verringert man die Anzahl von Grenzflächen,
an denen Lichtbrechung stattfindet. Auch zentrumsferne Strahlen werden noch im
Objektiv aufgefangen. Der Vorteil von Wasserimmersion liegt zudem darin, dass Proben
die nicht trocknen dürfen (z.B. lebende Zellen) direkt in passender Umgebung (z.B:
Puffer, Zellkultur-Medium) untersucht werden können.

28
Skriptum Versuch Lichtmikroskop

Luftimmersion

Ölimmersion

Abbildung 23 Immersion

OBJEKTIVE UND OBJEKTIVKLASSEN

Das Objektiv ist einer der wichtigsten Bestandteile des Mikroskops, da es als erstes ein
Bild erzeugt und somit den Grundstein aller weiteren Bilder legt. Nur aus einem „guten“
Bild des Objektivs lässt sich ein gutes Bild auf der Kamera erzeugen.

Man unterteilt Objektive in verschiedene Klassen, je nach dem welche Fehler sie
korrigieren. Durch Farbschema und Symbolik ist es möglich, ein Objetiv sehr genau zu
kennzeichnen. Neben Bezeichnung und Vergrößerung lässt sich auch ablesen, ob das
Objektiv geeignet für Immersion ist und wie groß seine numerische Apertur ist.

Abbildung 24 Objektivkennzeichnung

29
Skriptum Versuch Lichtmikroskop

Achromate sind die am wenigsten aufwendigen Objektive. Sie besitzen sowohl einen
Farbsaum (Linse fokussiert rotes und blaues Licht in einem Punkt, nicht aber grünes),
als auch eine Bildfeldwölbung die es unmöglich macht, das Zentrum und die Ränder
eines Bildes gleichzeitig scharf zu stellen.

Planachromate besitzen ebenfalls einen Farbsaum. Jedoch ist hier die Bildfeldwölbung
bereits korrigiert.

Apochromate haben keine Farbrand. Sie bringen rotes, blaues und grünes Licht in
einem Punkt zur Deckung. Allerdings ist immer noch eine Bildfeldwölbung vorhanden.

Planapochromate besitzen weder einen Farbsaum, noch eine Bildfeldwölbung und


sind somit entsprechend teuer.

Universalobjektive sind eine Mischung zwischen Planapochromaten und


Planachromaten. Sie sind nicht ganz so teuer wie Planapochromate bei immer noch sehr
scharfer und kontrastreicher Bilderzeugung.

ABERRATIONEN

Aberrationen sind ein Sammelbegriff für Abbildungsfehler oder Abweichungen vom


idealen optischen Bild. Sie treten auf, da ein Strahlenbündel, das von einem Punkt
ausgeht, nicht wieder in einem Punkt zu liegen kommt, wenn es durch eine Linse tritt.
Stattdessen kann man einen mehr oder weniger scharf eingegrenzten Bereich finden, in
dem die Strahlen sich wieder treffen. Aberrationen lassen sich im Allgemeinen durch
eine Kombination verschiedene Linsen und Spiegeln beheben. Diese Korrekturen sind
jedoch sehr aufwändig, da sich die Fehler gegenseitig beeinflussen und deshalb
gemeinsam optimiert werden müssen.

Chromatische Abberation
Diese Art von Abbildungsfehler tritt auf, da Licht verschiedener Wellenlängen von ein
und derselben Linse verschieden stark gebrochen wird (vergleiche auch Strahlengang in
einem Prisma oder Entstehung eines Regenbogens). Sie wird in der Regel dadurch
korrigiert, dass man eine zweite Linse verwendet, die eine Abbe-Zahl V besitzt, die sich
deutlich von der der ersten Linse unterscheidet. Die Abbe-Zahl ist eine Näherung der
Cauchy-Gleichung. Diese Gleichung beschreibt die Dispersion von dielektrischen
Materialien und Halbleitern über einen großen Spektralbereich. Im Sichtbaren reicht es
jedoch oft auch aus, nur mit der Abbe-Zahl zu arbeiten.

Formel 31 Abbe-Zahl

fg  h
e
fi  fj

nd, nF, nC: Frauenhofer Linien bei 587,6nm, 486,1nm und 656,3nm

30
Skriptum Versuch Lichtmikroskop

Abbildung 25 Chromatische Abberation

Sphärische Abberation
Unter sphärischer Aberration versteht man einen Schärfefehler der dadurch zustande
kommt, dass achsferne Strahlen anders gebrochen werden als achsnahe. Je weiter
entfernt sich die einfallenden Strahlen von der optischen Achse befinden, desto kürzer
ist ihre Brennweite.

Abbildung 26 Sphärische Abberation

Durch sphärische Aberration entstandene Bilder wirken weich, weshalb unkorrigierte


Objektive auch bewusst eingesetzt werden, um einen solchen Effekt hervorzurufen. Eine
Korrektur kann durch die Verwendung von asphärischen Linsen und Spiegeln erreicht
werden, wenn zusätzlich noch weiter Bedingungen erfüllt sind (z.B. senkrechtes
Auftreffen der Strahlen auf die spiegelnde/brechende Fläche). Die Herstellung
asphärischer Linsen ist jedoch aufwändig und teuer, so dass oft ein Kompromiss
zwischen Bildqualität und Preis getroffen werden muss.

Astigmatismus
Wird ein punktförmiges Objekt, das abseits von der optischen Achse liegt, nicht als
Punkt sondern als Oval (Verzerrung in einer Ebene) abgebildet, spricht man von
31
Skriptum Versuch Lichtmikroskop

Astigmatismus. Dieser tritt auf, da die Brechkraft der Linse in zwei zueinander
senkrechten Richtungen unterschiedlich ist. Trifft ein Strahlenbündel schräg auf die
Linse, liegen der Brennpunkt der Meridionalebene (rote Strahlen Abbildung 27
Astigmatismus) und der Sagittalebene (gelbe Strahlen Abbildung 27 Astigmatismus)
nicht zusammen. Dort wo in der Meridionaleben bereits der Fokus (Brennpunkt) erreicht
wurde, werden die Strahlen der Sagittalebene noch als Strich abgebildet (verlaufen als
Brennlinie). Durchschreitet man den Fokus der Meridionalebene und tritt in den
Brennpunkt der Sagittalebene ein, ist der umgekehrte Fall vorhanden. Zwischen den
beiden Brennpunkten gibt es eine Stelle in der ein punktförmiges Objekt als (unscharfer
aber symmetrischer) Kreis abgebildet werden kann. Diese nennt man den „Kreis
kleinster Verwirrung “ oder auch „kleinsten Zerstreuungskreis“. Je weiter das Objekt
von der optischen Achse entfernt liegt (das heißt je schräger die Strahlen auf die Linse
treffen), desto größer wird der auftretende Astigmatismus.

Abbildung 27 Astigmatismus

Im Gegensatz zum hier beschriebenen Astigmatismus an sphärischen Linsen beruht der


Astigmatismus des Auges auf einer Asymmetrie der Wölbung der Hornhaut. Dadurch
werden punktförmige Objekte als Striche auf der Netzhaut abgebildet.

Verzeichnung
Die beiden wichtigsten Arten der Verzeichnung bezeichnet man im allgemeinen als
tonnen- (oder negative) und kissenförmig (oder positive).

32
Skriptum Versuch Lichtmikroskop

Abbildung 28 Verzeichnung

Diese Art des Abbildungsfehlers wird hervorgerufen durch die Tatsache, dass die
Vergrößerung sich mit zunehmendem Abstand von der optischen Achse verändert. Ihre
Ursache liegt in den verschiedene Vergrößerungen und Fokuslängen innerhalb der
Linse. Je breiter die Linse, desto stärker treten Verzerrungen auf. Sie werden in der
Fotographie auch bewusst eingesetzt, z.B. bei Panorama-Aufnahmen.

DUNKELFELDMIKROSKOPIE

Im Gegensatz zur Hellfeldmikroskopie entsteht bei der Dunkelfeldmikroskopie das Bild


allein aus dem Licht, dass durch Streuung an der Probe in den Strahlengang des
Objektivs gelangt ist. Dieser Effekt (Streuung an (kolloiden) Teilchen) ist auch als
Tyndalleffekt bekannt.

STRAHLENGANG

Technisch unterscheiden sich Hell- und Dunkelfeldmikroskop einzig durch die Art ihrer
Beleuchtung. Während beim der Hellfeldmikroskopie ein durchscheinendes Objekt mit
einem Vollkegel aus Licht beleuchtet wird und das Bild durch Detektion des
transmittierten Lichts zustande kommt, muss bei der Dunkelfeldmikroskopie
sichergestellt werden, dass kein direktes Licht ins Objektiv trifft.

33
Skriptum Versuch Lichtmikroskop

Abbildung 29 Strahlengang Dunkelfeldmikroskop

Prinzipiell gibt es zwei verschiedene Verfahren, die Dunkelfeldbeleuchtung zu


realisieren:

Zentralblende oder Abbe-Dunkelfeldkondensor (Abbildung 30 Abbe-


Dunkelfeldkondensor)

Durch eine ringförmige Blende wird ein Lichthohlzylinder auf die Probe gelenkt. Durch
die Wahl eines geeigneten Objektivs kann so das direkte Licht ausgeblendet werden.

Reflektions-Dunkelfeldkondensor (Abbildung 31 Reflektions-Dunkelfeldkondensor)

Über ein System aus spiegelnden Flächen wird ein Lichthohlkegel erzeugt. Diese Art der
Kondensoren erlauben es einen komplett schwarzen Hintergrund zu erzeugen, der
Kontrast ist im Vergleich zu Ringblenden viel größer.

34
Skriptum Versuch Lichtmikroskop

Abbildung 30 Abbe-Dunkelfeldkondensor

Abbildung 31 Reflektions-Dunkelfeldkondensor

DUNKELFELD-SPEKTROSKOPIE

Da der Hintergrund der Probe im Idealfall kein Licht streut, kann ein hoher Kontrast
erreicht werden und es ist möglich, in einem Dunkelfeldmikroskop Spektren einzelner
Partikel aufzunehmen. Um ein Spektrum aufnehmen zu können, muss in den
Strahlengang des Mikroskops ein dispergierendes Element eingebaut werden (Prisma
oder Gitter). Dieses zerlegt das einfallende Licht in seine Bestandteile, verschiedene
Wellenlängen werden unterschiedlich stark gebrochen bzw. gebeugt und kommen
dadurch an verschiedenen Stellen eines nachgeschalteten CCDs zu liegen.

35
Skriptum Versuch Lichtmikroskop

Abbildung 32 Dunkelfeldspektroskopie

Führt man eine Kalibration mit monochromatischem Licht (z.B. Laserlicht) durch, kann
ein Spektrum (Intensität über Wellenlänge) erhalten werden. Dieses Spektrum besitzt
ein Signal zu Rausch-Verhältnis, welches sich aus dem Quotienten der Signalhöhe über
der Mitte des Untergrundes und der Schwankung im Untergrund ergibt (Abbildung 33
Signal zu Rausch-Verhältnis). Zum Rauschen tragen Streulicht (verursacht vom
Hintergrund), das Photonenrauschen, das Detektorrauschen und das elektronische
Rauschen bei. Das Photonenrauschen entsteht durch die Schwankung der Anzahl von
Photonen, die von einer Lichtquelle abgestrahlt werden. Das Detektorrauschen wird
dadurch hervorgerufen, dass auftreffende Photonen nur mit einer gewissen
Wahrscheinlichkeit ein Signal hervorrufen (Quantenausbeute). Das elektronische
Rauschen stammt von den Bauteilen, die sich im Detektor befinden.

Signal
Rauschen

Abbildung 33 Signal zu Rausch-Verhältnis

36
Skriptum Versuch Lichtmikroskop

GOLD-NANOPARTIKEL
EIGENSCHAFTEN

Ein Nanopartikel ist definiert als ein Objekt, das größer als 1nm und kleiner als 100nm
in zwei oder drei Dimensionen ist. Führt man sich vor Augen, dass eine Länge von 1nm
„nur“ 0.000 000 001m oder aber anders ausgedrückt 7 Goldatomen in einer Reihe
entspricht, wird die Winzigkeit dieser Objekte offensichtlich. Ein Beispiel aus dem
Alltag ist unser Haarwachstum, das ca. 5nm pro Sekunde beträgt. Nano-Objekte sind
damit sehr klein. Aus diesem Grund stand auch das griechische Wort nannos, was Zwerg
bedeutet, Pate für die Namensgebung. Ein Merkmal der Nanopartikel ist ihr großes
Oberfläche-zu-Volumen Verhältnis. Bei einer Gold-Kugel mit einem Durchmesser von
5nm befinden sich 30% aller Atome auf der Partikeloberfläche, wohingegen eine Gold-
Kugel mit einem Durchmesser von 5µm nur 0.03% aller ihrer Atome an der Oberfläche
trägt. Dieser Sachverhalt führt dazu, dass die übliche Näherung makroskopische
Festkörper als perfekte unendliche Kristalle anzusehen, in denen jedes Atom die gleiche
Umgebung erfährt, nicht länger zutreffend ist.

Eine andere Art, die „Winzigkeit“ dieser Objekt begreiflich zu machen ist, sich weitere
Parameter in uns bekannten Einheiten vor Augen zu führen. Als Beispiel soll eine Gold-
Kugel mit 5 nm Durchmesser dienen. Sie hat ein Volumen von ~65 nm3. Das entspricht
6,5·10-26 m3 oder 6,5·10-20 cm3. Nimmt man für Gold eine Dichte von 19,3g/cm3 an, ergibt
sich die Masse einer Goldkugel zu 1,25·10-18g oder 1,25ag (atto-Gramm). Gold besitzt
eine molare Masse von 196,97 g/mol. Damit enthält die Goldkugel 6,3·10-21mol
Goldatome oder 3800 Stück.

Als Nano-Objekt unterliegt die Goldkugel mit 5 nm Durchmesser der Brownschen


Bewegung. Über die Stokes-Einstein-Gleichung lässt sich in Wasser bei 20°C ein
Diffusionskoeffizient von 8,58·10-14m2/s berechnen. Die Brownsche Bewegung von
kolloidalem Gold lässt sich auch gut im Dunkelfeldmikroskop beobachten.

Betrachtet man die Oberfläche, die 10ml einer 1M Lösung dieser Partikel bereitstellt,
kommt man auf ~474000m2, was der Fläche von 63 Fußballfeldern entspricht.

SYNTHESE

Bei der Synthese von Goldnanopartikeln gibt es drei essentielle Bestandteile:

• Goldsalz: liefert die Goldionen

• Reduktionsmittel: reduziert die Goldionen zu elementarem Gold

• Stabilisator: verhindert die Aggregation der gebildeten Partikel

37
Skriptum Versuch Lichtmikroskop

Durch eine geschickte Wahl der oben genannten Bestandteile kann man Kontrolle über
Größe und Form der Partikel ausüben.

Die einfachste Form der Synthese ist die Herstellung von Goldnanokugeln. Hierbei wird
einfach das Goldsalz in wässriger Lösung erwärmt und mit dem Reduktionsmittel
umgesetzt, das gleichzeitig als Stabilisator dient. Ist nun eine anisotrope Form der
Partikel gewünscht, so gestaltet sich die Synthese komplexer. Für die
Stäbchenherstellung wird das Keim-vermittelte Wachstum verwendet, welches aus zwei
zeitlich und räumlich getrennten Prozessen besteht um die Ausbeute und die
Homogenität der Partikel zu optimieren. In einem ersten Schritt werden kleine Gold-
Cluster durch ein starkes Reduktionsmittel gebildet, die im zweiten Schritt als
Nukleationszentren oder Keime dienen. Der zweite Schritt ist das Partikelwachstum in
einer Wachstumslösung, die ein schwaches Reduktionsmittel und ein
wachstumsbeeinflussendes Silbersalz enthält. Bei dieser Zwei-Schritt-Methode wird eine
zusätzliche Keimbildung im Wachstumsprozess verhindert, weil ein starkes
Reduktionsmittel fehlt. Die Abwesenheit zusätzlicher Nukleationszentren steigert die
Ausbeute und die Homogenität der Probe. Zudem wird ein anderer Stabilisator als bei
der Kugelherstellung verwendet (siehe Synthese von Stäbchen).

SYNTHESE VON KUGELN NACH DER CITRAT-METHODE

Goldnanokugeln werden nach der Methode von Turkevich hergestellt. Hierbei wird eine
wässrige Lösung von Tetrachlorogoldsäure (HAuCl4) zum Sieden erhitzt und dann
schnell eine wässrige Lösung von Natriumcitrat (Na3C6H5O7) zugegeben. Bei dieser
Tempertaur besitzt das Citrat das Redoxpotential um die Goldionen zu elementarem
Gold zu reduzieren. Weiterhin ist das Citrat in der Lage die gebildeten Goldnanokugeln
zu stabilisieren und dadurch eine Aggregation zu verhindern. Die Bildung der Partikel
kann an der Farbe der Lösung verfolgt werden: Die Lösung der Goldsäure ist so
verdünnt, dass sie farblos erscheint, wobei die Zugabe von Natriumcitrat über eine grau-
blaue Färbung der Lösung hin zu einer leuchtend roten Farbe führt, die charakteristisch
für Goldnanokugeln ist. An dieser Stelle ist die Reaktion abgeschlossen und die Lösung
kann langsam auf Raumtemperatur abkühlen. Die Größe der Kugeln kann durch das
Verhältnis von Goldsäure zu Citrat beeinflusst werden.

38
Skriptum Versuch Lichtmikroskop

60

Frequency Count
50

40

30

20

10

50 nm 0
30 35 40 45 50 55
Size / nm
10 µm

Abbildung 34 Goldnanokugeln

SYNTHESE VON STÄBCHEN

Goldnanostäbchen werden nach der Methode von Nikoobakht hergestellt. In einem


ersten Schritt werden Goldkeime synthetisiert indem eine eiskalte wässrige Lösung von
Natriumborhydrid (NaBH4) zu einer wässrigen Lösung von Tetrachlorogoldsäure und
Cetryltrimethylammoniumbromid (CTAB) gegeben wird. Die Zugabe von CTAB zu einer
Lösung von Goldsäure verursacht eine Farbänderung von hellgelb zu orange, was eine
Folge der Bildung von Goldkomplexen ist. Durch die Reduktionskraft von
Natriumborhydrid werden kleine Goldkolloide mit einem Durchmesser von 2-4nm
gebildet, die der Lösung eine bräunliche Farbe geben. Nachdem die Lösung für 2h be
37°C gelagert wurde um überschüssiges Natriumborhydrid abzubauen, können die
Keime verwendet werden um Stäbchen herzustellen. Wenn die Keime für mehrere Tage
bei Raumtemperatur gelagert werden, ändert die Lösung nach und nach ihre Farbe zu
rot und kann nicht mehr für die Stäbchensynthese genutzt werden. Die rötliche Farbe
stammt von kugelartigen Goldkolloiden, die einen Durchmesser von wenigen
Nanometern besitzen.

Abbildung 35 Keimsynthese

In einem zweiten Schritt wird eine Lösung von Goldsäure mit einer Lösung von CTAB
gemischt, was wieder zu einer Farbänderung von hellgelb zu orange aufgrund der
Bildung von Goldkomplexen führt. Nach der Zugabe einer Lösung von Silbernitrat
(AgNO3) führt die Zugabe von Ascorbinsäure-Lösung zu einer Entfärbung der Lösung.
Diese Lösung wird Wachstumslösung genannt. Durch Zugabe von Goldkeimen zur
Wachstumslösung wird das Stäbchenwachstum gestartet. Nach etwa 15min ändert sich

39
Skriptum Versuch Lichtmikroskop

die Farbe der Lösung langsam von farblos zu z.B. blau, falls die Parameter so gewählt
wurden Stäbchen mit einer Resonanzwellenlänge von 650nm herzustellen. Die Reaktion
ist nach etwa 30min beendet.

Abbildung 36 Stäbchensynthese

Die ganze Reaktion wird bei 28°C durchgeführt. Bei geringeren Temperaturen fällt das
CTAB aus, bei höheren Temperaturen werden die gebildeten Stäbchen runder in ihrer
Form, was durch eine kleinere Resonanzwellenlänge angezeigt wird. Will man die
Stäbchen nach ihrer Herstellung längere Zeit aufbewahren, muss man sie aus ihrer
Wachstumslösung entfernen, da sie sonst über die Zeit ihre Form und somit ihre
Resonanzwellenlänge ändern.

70
Frequency Count

60
50
40
30
20
10

50 nm 0
10 15 20 25 30 35 40 45 50
Size / nm
10 µm

Abbildung 37 Gold-Nanostäbchen

WACHSTUMSMECHANISMUS

Der wichtigste Schritt im Wachstumsprozess ist die Reduktion von AuIII-Ionen zu


elementarem Gold im Beisein von CTAB und Ascorbinsäure. Diese Reduktion wird
durch die Zugabe von Keimen gestartet, welche in einem separaten Schritt hergestellt
werden, und resultiert in anisotrop geformten Nanostäbchen. Es ist noch nicht komplett
verstanden, wie die Anwesenheit von CTAB und Ascorbinsäure den Wachstumsprozess
beeinflussen, aber verschiedene mögliche Mechanismen werden in der Literatur
diskutiert. Zentrale Punkte sind die Elektronenquelle für die Reduktion der Goldionen
zu elementarem Gold und die Ursache für das anisotrope Wachstum der Keime zu
stäbchenförmigen Partikeln. Ein anderer interessanter Punkt ist die Qualität des
verwendeten CTABs, da nicht alle Chargen ein Stäbchenwachstum erzielen.

40
Skriptum Versuch Lichtmikroskop

Elektronenquelle
Da sich die Farbe der Lösung während der Nanostäbchensynthese dreimal ändert, kann
die Reaktion in drei separate Teile getrennt werden, welche die Bildung von AuIII-
Komplexen, die Reduktion von AuIII-Komplexen zu AuI-Komplexen und die Reduktion
von AuI zu Au0 sind. Im ersten Teil wird CTAB zur wässrigen Tetrachlorogoldsäure-
Lösung hinzugegeben, was zu einem Farbwechsel von hellgelb zu orange führt. Dies
kann erklärt werden durch die Bildung von ligandensubstituierten Goldkomplexen:
[AuCl3Br]-, [AuCl2Br2]-, [AuClBr3]-, [AuBr4]-.

Im zweiten Teil des Wachstumsprozesses verursacht die Zugabe von Ascorbinsäure eine
Entfärbung der Lösung aufgrund der Reduktion von AuIII zu AuI. Hierbei dient die
Oxidation der Ascorbinsäure zu Diketonen als Elektronenquelle. Dieser Mechanismus
wird bekräftigt durch den Verlust der Bande bei 395nm (Verlust von
Ladungsübertragung zum Lösungsmittel) und dem Auftreten einer neuen Bande bei
260nm im Extinktionsspektrum. Es gibt verschiedene Vorschläge für die gebildeten
Produkte: AuCl2--Mizellen, [AuCl2]--Komplexe oder [AuX2]-CTA+, wobei X entweder
Chlorid oder Bromid ist. Eine direkte Reduktion von AuIII zu Au0 durch Ascorbinsäure
ist aufgrund der Redoxpotentiale von Goldionen und Ascorbinsäure nicht möglich. In
diesem Schritt wird also kein kolloidales Gold geformt und keine Spektralbande, die
durch Goldnanopartikel hervrogerufen wird, wird beobachtet.

Der letzte Teil des Wachstumsprozesses wird mehr diskutiert als die anderen beiden
Teile. Die Bildung von Nanopartikeln nach der Zugabe von Keimen wird durch drei
verschiedene Ansätze erklärt. Eine Möglichkeit ist die Disproportionierung von AuI in
AuIII und Au0. Dieser Prozess wird unterstützt durch Bindung an Oberflächenregionen
der vorgeformten Nanokristalle, nämlich der Keime. Aufgrund der Disproportionierung
sollte man eine Ausbeute an elementarem Gold von einem drittel der eingesetzten
Konzentration erwarten. Im Gegensatz zu diesem Mechanismus zeigen Mulvaney et al.,
dass Goldkolloide in Gegenwart von Tetrachlorogoldsäure sogar oxidiert werden, was
einer Disproportionierung von AuI widerspricht. Sie führen eine zweite Erklärung für
die Bildung von Nanopartikeln ein. Sie argumentieren, dass verschiedene Arten von
Mizellen in der Gegenwart von CTAB gebildet werden und die negativ geladenen Keime
als Elektronenquelle für die Reduktion der Goldionen dienen. Wenn man jedoch den
erheblichen Größenunterschied der Keime und gewachsenen Nanostäbchen (5nm
Durchmesser vs. ~17nm Breite und 40nm Länge) bedenkt, erscheint es
unwahrscheinlich, dass die Keime als Elektronenquelle dienen, da sie nicht genug
Elektronen für die Reduktion aller Goldionen liefern können, die später die Partikel
formen. Die dritte Idee ist, dass die Ascorbinsäure als Elektronenquelle dient. Für sich
allein genommen ist Ascorbinsäure nicht in der Lage AuI zu Au0 zu reduzieren, aber die
Anwesenheit der Keime katalysiert die Reaktion. Deswegen ist eine Keim-vermittelte
Elektronenübertragung von der Ascorbinsäure zu den Goldionen möglich, was zu einer
selbstkatalysierten Reaktion an der Oberfläche der Keime führt. Dieser Reduktionsweg
wird unterstützt durch das Modell der wachsenden Mikroelektroden (Growing-
MicroElectrodes, GMEs), die ein größenabhängiges Redoxpotential aufweisen und an
Elektronenübertragungsreaktionen an Grenzflächen zwischen Partikeln und der Lösung
teilnehmen.

41
Skriptum Versuch Lichtmikroskop

Die Zugabe von Keimen ist essentiell für die Bildung von Kolloiden, da ohne sie kein
Nanostäbchenwachstum stattfindet. Die Ausbeute der Reaktion ist jedoch noch nicht
letztlich festgelegt, da Orendorff et al. berichten, dass 15% der anfänglichen Goldmenge
schließlich in Nanostäbchen umgesetzt werden, wohingegen Gou et al. 60% beobachten.

Abschließend lässt sich sagen, dass die Disproportionierung weniger wahrscheinlich


erscheint als die anderen beiden Erklärungen. Da CTAB stark an die Oberfläche der
Keime adsorbiert ist, könnten sie negativ geladen sein und als Elektronenquelle dienen.
Es erscheint jedoch zweifelhaft, ob sie genug Elektronen liefern können, die für das
Wachstum der Goldnanostäbchen benötigt werden. Die sinnvollste Erklärung ist, dass
die Ascorbinsäure als Reduktionsmittel an der Oberfläche der Keime wirkt. Betrachtet
man den wachsenden Partikel als GME, welche den Elektronentransfer von
Ascorbinsäure zu AuI fördert, kann man die Reduktion zu elementarem Gold plausibel
erklären, aber ein letzter Beweis für diesen Mechanismus fehlt.

Anisotropie
Berücksichtigt man die kristallographischen Eigenschaften der Keime, so sollten sie
nicht einfach in Stäbchenform wachsen, sondern eher in eine isotrope Form wie Kugeln
oder, auf Basis ihres kubischen Gitters, in Würfel oder Oktaheder. Goldnanostäbchen
können jedoch hergestellt werden mit einer Ausbeute von mehr als 90% verglichen mit
anderen Formen. Experimentelle Ergebnisse weisen auf zwei hauptsächliche Faktoren
hin, die die bevorzugte Bildung von Stäbchen anstelle von Kugeln bestimmen. Ein
Faktor ist die Art und Konzentration des kationischen Stabilisators, der andere ist die
Verwendung von Silberionen. Die Gegenwart von Silberionen erhöht die Ausbeute von
Stäbchen verglichen mit Kugeln beachtlich und trägt zur Kontrolle des
Aspektverhältnisses bei. Viele Erklärungen für das anisotrope Wachstum beruhen auf
der Morphologie der Goldnanostäbchen selbst. Daher wird eine kurze Übersicht über die
konstatierten Morphologien in Abbildung 38 Stäbchen-Morphologie gezeigt. Die meisten
der vorgeschlagenen Strukturen zeigen {100} und/oder {110}Facetten für die Ausbildung
der Seiten und {111}Facetten für die Spitzen des Stäbchens.

Abbildung 38 Stäbchen-Morphologie

42
Skriptum Versuch Lichtmikroskop

Es gibt keine einfache Erklärung für das anisotrope Wachstum der Goldnanostäbchen
und viele verschiedene Aspekte müssen berücksichtigt werden. Für ein besseres
Verständnis dieser Aspekte wird in einer ersten Näherung der Einfluss von Silberionen
vernachlässigt und später aufgenommen. Zwei fundamentale Erklärungen für die
Bildung von Stäbchen in Abwesenheit von Silberionen werden gezeigt, die in der
Literatur fest anerkannt sind. Johnson et al. führen aus, dass die selektive Adsorption
von CTAB an verschiedene Goldfacetten den größten Einfluss besitzt. Ihr
vorgeschlagener Mechanismus beruht auf den folgenden Aussagen:

• Das anfängliche Wachstum und die Aggregation der Keime führt zu


verzwillingten Partikeln mit dekahedrischer Morphologie.

• CTAB lagert sich leicht an die {100}Facetten an, die einen größeren
Goldgitterabstand besitzen als die anderen Facetten und deswegen am Besten
zur Kopfgruppengröße des Surfactants CTAB passen. Dies führt zu einer
Passivierung der Seitenfacetten.

• Die längliche Ausdehnung der Seitenfacetten ermöglicht die Anordnung einer


Surfactant-Doppelschicht, was den Partikel stabilisiert („zipping“).

Das Zipping entlang der langen Achse tritt auf durch die begünstigten van-der-Waals
Wechselwirkungen zwischen den Surfactant-Schwänzen. Dies führt zusätzlich zur
Passivierung zu einer Stabilisierung der Seitenfacetten verglichen mit den Spitzen und
leitet das Wachstum in die Richtung der Enden.

Abbildung 39 Zipping-Mechanismus

Perez-Juste et al. schlagen einen anderen Mechanismus vor. Sie zeigen auf, dass die
Kollisionsfrequenz zwischen den Stäbchenspitzen und den Goldionen, die im CTAB
eingeschlossen sind, der formgebende Schritt in der Stäbchenbildung ist. Dieser Effekt
wird hauptsächlich durch das elektrische Feld um das Stäbchen herum verursacht,
welches an den Spitzen schneller abklingt als an den Seiten wegen der größeren
Krümmung. Der vorgeschlagene Mechanismus besteht aus den folgenden Aussagen:

• Eine anfängliche Asymmetrie im elektrischen Feld der Keime entsteht durch die
Bildung von Zwillingsebenen oder Stapelfehlern.

• Partikel (erst Keime, später Stäbchen) und AuCl2--Ionen sind eingeschlossen in


CTAB-Mizellen.
43
Skriptum Versuch Lichtmikroskop

• Da das elektrische Feld um das Stäbchen schneller an den Spitzen als an den
Seiten abfällt, kann eine Mizelle einer die Spitzen als die Seiten erreichen, was
zu einem länglichen Wachstum des Partikels führt.

Beide vorgestellten Mechanismen nehmen eine autokatalytische Reaktion an, wenn sich
einmal das Stäbchen geformt hat, aber ihre Erklärung für die anfängliche Elongation
des Keims ist schwach.

Beachtet man die Anwesenheit von Silberionen in der Lösung treten zusätzliche
Einflüsse auf den Wachstumsprozess auf. Diese Einflüsse können in drei Ideen
angeführt werden. Nikoobakht et al. nehmen an, dass sich Ag+-Ionen in Form von AgBr
zwischen die Kopfgruppen von CTA+ lagern. Diese Einlagerung reduziert die Abstoßung
zwischen den CTA+-Kopfgruppen an der Goldoberfläche, was zu einer dichteren Packung
von CTAB im Vergleich zu ohne Silberionen führt. Die Bindung an {110}Facetten
verlangsamt hier wieder das Wachstum der Breite.

Im Gegensatz dazu schlagen Murphy et al. eine epitaktische Abscheidung einer AgBr-
Lage an den Seitenfacetten vor, was das Wachstum einschränkt. Zusätzlich bindet
CTAB bevorzugt an {100}Facetten wegen seiner Kopfgruppengröße, die zum
Goldgitterabstand passt, und bildet eine Doppelschicht aus (Abbildung 40 CTAB-
Adsorption). Beide Mechanismen enthalten die Annahme, dass die Keime bereits groß
genug sind um verschiedene Facetten aufzuweisen, wo eine Adsorption von CTAB mit
unterschiedlicher Affinität möglich ist.

Abbildung 40 CTAB-Adsorption

Eine andere Idee für den Einfluss von Silberionen wurde von Orendorff entwickelt, die
besagt, dass eine Unterpotential-Ablagerung (Under Potential Deposition, UPD) von
metallischen Silber in Einschichten oder weniger als Einschichten stattfindet. Nach dem
Ausbilden von verschiedenen Facetten durch den Keim werden die {110}Facetten
geblockt durch schnelle UPD von Silber, was eine Elongation des Partikels unterstützt.
Die Elongation wird schließlich gestoppt durch UPD von Silber an die {100}Facetten,
aber dieser Schritt ist langsam verglichen mit dem vorher genannten (Abbildung 41
Stäbchenwachstum UPD). Nach diesem Mechanismus bleibt eine große Menge an Silber-
und Goldionen in der Lösung nach Ende der Reaktion.
44
Skriptum Versuch Lichtmikroskop

Abbildung 41 Stäbchenwachstum UPD

Eine dritte Idee wurde von Jana gegeben, der erklärt, dass eine Stäbchenbildung nur
erfolgen kann falls stäbchenförmige CTAB-Mizellen in der Lösung vorhanden sind und
sowohl Keimbildung als auch Wachstumsrate für ein Stäbchenwachstum optimiert sind.
Nach ihm formen sich stäbchenförmige Mizellen bei CTAB-Konzentartionen über der
zweiten kritischen Mizellenkonzentration, welche definiert ist als die niedrigste
Konzentration für eine spontane Mizellenformation. Der wachsende Partikel ist mit der
Oberfläche dieser Mizelle verbunden, wobei die Bindung durch Silber-Surfactant-
Komplexe unterstützt wird. Für die Stäbchensynthese können nur Keime von hoher
Qualität und einer kleinen Größenverteilung genutzt werden, wobei sehr kleine Keime
in Stäbchen mit großem Aspektverhältnis wachsen (Abbildung 42 Stäbchenwachstum
Mizelle).

Abbildung 42 Stäbchenwachstum Mizelle

Die vorgeschlagenen Mechanismen haben alle gemeinsam, dass die Transformation des
isotropen Keims in einen anisotropen Partikel der umstrittendste Punkt ist. Auf der
anderen Seite werden in diesem Schritt die Eigenschaften entwickelt, die benötigt
werden um das Wachstum in ein Stäbchen anstatt in eine Kugel zu erklären. Nach
Beginn des anisotropen Wachstums sind die folgenden Schritte recht konsistent.
45
Skriptum Versuch Lichtmikroskop

Stäbchen können hergestellt werden ohne die Anwesenheit von Silberionen, zwar in
kleiner Ausbeute aber dennoch merklich. Daher erscheint die Annahme, dass eine
Silber- oder Silberbromid-Schicht der formgebende Faktor ist, fragwürdig.
Wahrscheinlicher erscheint die Idee einer Adsorption von CTAB an Facetten, die einen
Goldgitterabstand ähnlich der Kopfgruppengröße besitzen, und die Ausbildung einer
stabilisierenden Surfactant-Doppelschicht. Die Adsorption von CTAB an die
Goldoberfläche kann von Silberionen erleichtert werden durch Erniedrigung der
Abstoßung zwischen den positiv geladenen Kopfgruppen, was somit die Ausbeute an
Nanostäbchen erhöht.

CTAB
Da nicht jedes CTAB, was in der Synthese verwendet wird, zu einer hohen Ausbeute an
Goldnanostäbchen führt, untersuchten Smith und Korgel den Einfluss von CTAB zehn
verschiedener Lieferanten auf das Partikelwachstum. Obwohl sie die gleiche Vorschrift
anwendeten, erzielten drei CTAB-Chargen nur sphärische Partikel und keine
Nanostäbchen, wobei die anderen in einer Ausbeute von nahezu 100% Stäbchen
resultierten. Sie schlagen daher vor, dass eine Verunreinigung im CTAB entscheidend
ist für das anisotrope Partikelwachstum. Es konnten jedoch keine merklichen
Unterschiede zwischen den CTAB-Chargen ermittelt werden durch analytische
Methoden wie Größenausschlusschromatographie, Röntgendiffraktometrie, Kern-
resonanzspektroskopie oder Massenspektrometrie. Millstone et al. konnten die
Verunreinigung allerdings als Iodidionen identifizieren durch Röntgenelektronen-
spektroskopie. Sie erklären, dass bei leicht erhöhten Iodidkonzentrationen Iodid an die
{111}Facetten an den Enden des Stäbchens adsorbiert, was die {110} und {100}Facetten
offen lässt für die Adsorption einer dicht gepackten CTAB-Schicht. Diese dicht gepackte
CTAB-Schicht limitiert die Reduktion von Goldionen nur an den Seitenfacetten, was in
einer Elongation des Partikels resultiert.

Eine Verunreinigung im CTAB als (weiterer) formgebender Faktor erscheint möglich, da


nicht jede Charge für die Goldnanostäbchen-Synthese verwendet werden kann. Um die
Reproduzierbarkeit der Reaktion zu erhöhen, kann man das CTAB umkristallisieren
und eine bekannte Menge an Iodidionen hinzufügen. In der Tat bleibt die Frage offen,
wie der anfängliche Schritt von einem isotropen Keim zu einem anisotropen Partikel
abläuft.

CHEMISCHE MODIFIKATIONEN

Biofunktionalisierung
Nach der Synthese von Gold-Nanopartikeln sind diese entweder durch Citrat (im Falle
von Gold-Nanokugeln nach der Turkevich-Methode) oder CTAB (Gold-Nanostäbchen)
auf der Oberfläche stabilisiert. Die stabilisierende Wirkung kann durch elektrostatische
Abstoßung erklärt werden. Die elektrostatische Stabilisierung wird häufig durch das
Zeta-Potenzial (ζ) charakterisiert. Unter dem Zeta-Potenzial versteht man das Potenzial
an der Gleitebene zwischen elektrochemischer Doppelschicht und Lösungsmittel. Es
unterscheidet sich von Oberflächen- und Stern-Potenzial, wird aber durch diese
46
Skriptum Versuch Lichtmikroskop

maßgeblich beeinflusst. Systeme mit einem Zeta-Potential über +30mV oder unter -
30mV werden als stabil bezeichnet.

Abbildung 43 Zeta-Potential

Will man die Partikel in wässrigen Salzlösungen höherer Konzentrationen oder in


organischen Lösungsmittel untersuchen ist es erforderlich, die elektrostatische durch
eine sterische Stabilisierung zu ersetzen. Im Falle von Gold-Nanopartikeln eignet sich
die quasi-kovalente Bindung zwischen Gold und Schwefel als Ankergruppe für (Bio-)
Polymere. Mono- oder bifunktionalisierte Polyethylenglykole (SH-PEGn-X, X= OCH3,
COOH, Biotin…) verdrängen die elektrostatisch gebundenen Citrat- oder CTAB-
Moleküle und bilden eine biokompatible Hülle um die Partikel, die noch weiter
funktionalisiert werden kann oder spezifische Zielmoleküle bindet.

Abbildung 44 Strukturformel PEG

Will man die Oberfläche der Partikel mit Proteinen funktionalisieren, die keine oder
nicht genügend Cysteine beinhalten, können Thiol-Gruppen über DTSSP (3,3´-
Dithiobis(sulfosuccinimidylpropionat) eingeführt werden, die dann an die Goldoberfläche
binden. Diese Art der Gold-Thiol-Chemie wird oft auch für SPR-Aufbauten benutzt, um
z.B. Bindungskinetiken zwischen Antikörpern und Antigenen zu bestimmen.

47
Skriptum Versuch Lichtmikroskop

Abbildung 45 DTSSP

Erfolgreiche Funktionalisierungen lassen sich durch Gelelektrophorese oder


Stabilisationstests in Salzlösungen nachweisen.

Silber-Coating
Neben der Oberflächenfunktionalisierung durch (Bio-) Polymere kann man auch ein
weiteres Metall auf die Oberfläche bringen. Im Falle von Gold-Nanopartikeln eignet sich
Silber, das sich an der Goldoberfläche reduzieren lässt. Will man Gold-Nanopartikel mit
einer Silberschicht überziehen, müssen diese zunächst von ihrer ursprünglichen
Wachstumslösung (siehe Synthese von Stäbchen) befreit und in eine CTAB/PVP-Lösung
überführt werden. Um Silbernitrat an der Goldoberfläche durch Ascorbinsäure zu
reduzieren, muss der pH-Wert erhöht werden. Nur so ist Ascorbinsäure in der Lage, mit
Hilfe der Goldoberfläche ein elektrochemisches Potential aufzubauen, das ausreicht um
AgI zu Ag0 umzusetzen.

Der Erfolg dieser chemischen Modifikation lässt sich durch mehrere Verfahren
nachweisen. Am offensichtlichsten ist die Veränderung im Spektrum (sowohl Absorption
als auch Streuung) der Partikel. Da Silber und Gold fast die gleiche Gitterkonstante
besitzen und beide in einem fcc-Gitter kristallisieren, ist es dem Silber möglich,
epitaktisch (ohne Defekte an der Grenzfläche) auf das Gold aufzuwachsen. Das Plasmon
des Partikels kann ungehindert zwischen Gold- und Silberteil oszillieren. Da die beiden
Metalle jedoch verschiedene dielektrische Funktionen besitzen, wird die
Resonanzwellenlänge verschoben. Im vergleich zu reinen Gold-Nanostäbchen findet man
in Au@Ag-Partikeln Resonanzen bei kleineren Wellenlängen.

48
Skriptum Versuch Lichtmikroskop

Abbildung 46 Au@Ag-Nanopartikel

Zudem lässt sich die Silberhülle im Transmissionselektronenmikroskop abbilden (Silber


hat einen kleineren Elektroneneinfang-Querschnitt und erscheint somit heller). Zudem
kann ein energiedispersives Röntgenspektrum aufgenommen werden, das die
Elementzusammensetzung mit einigen nm Auflösung wiedergibt.

Abbildung 47 Elementzusammensetzung Au@Ag-Nanopartikel

ANWENDUNGEN

Nanopartikel werden mittlerweile in den verschiedensten Bereichen eingesetzt. So


findet man TiO2-Partikel in Sonnencremes, Ag-Partikel in Wischtüchern und Socken
oder in antibakteriellen Kühlschränken. Viele Anwendungen zielen darauf ab, das große
Oberflächen zu Volumen-Verhältnis auszunutzen. Gold-Nanopartikel werden zudem
eingesetzt in Bereichen, in denen ihre starke Färbung von Vorteil ist. Diese optischen
Eigenschaften sind zum teil schon seit Jahrhunderten bekannt. Beispiele aus der
Historie sind das Färben von Kirchenfenstern und der Lykurgus Kelch, der aus dem
vierten Jahrhundert AD stammt. Das Besondere an ihm ist seine Farbe: Wenn man ihn
in reflektierendem Licht, z.B. Tageslicht betrachtet, scheint er grün zu sein. Wenn
jedoch Licht durch das Glas hindurch scheint, hat er eine rote Farbe. Erste
physikalische Untersuchungen wurden jedoch erst von Michael Faraday (1791 -1867)
durchgeführt.

49
Skriptum Versuch Lichtmikroskop

Abbildung 48 Lykurgus Becher

Ein berühmtes Beispiel der heutigen Zeit sind Schwangerschaftstests. In ihnen werden
Gold-Nanopartikel verwendet, die mit einem Antikörper funktionalisiert sind, der ein
menschliches Schwangerschaftshormon (hcg) bindet. Befindet sich dieses auf dem
Teststreifen bilden sich Gold-Nanopartikel-Aggregate, die als roter oder blauer Streifen
wahrgenommen werden können. Mit dem gleichen Prinzip können auch Rauschgifte und
Drogen nachgewiesen werden.

50
Skriptum Versuch Lichtmikroskop

STICHPUNKTLISTE

• Elektromagnetisches Spektrum

• Umrechnung Wellenlänge- Frequenz- Energie; verschiedene Einheiten

• Transmission- Reflektion- Streuung

• Was ist ein Spektrum?, Korrekturen

• Begriff Plasmon

• Oberflächenplasmonen und Disperionsrelation

• Otto- und Kretschmannanordnung

• SPR und SNOM

• Partikelplasmonen und Dämpfung

• Brechungsindex und Dielektrizitätskonstante von Metallen

• Ensemblespektren+Lambert-Beersches gesetz

• Herleitung molarer dekadischer Extinktionskoeffizient

• Einzelpartikelspektren

• Herleitung Zusammenhang fwhm-Plasmonenlebensdauer

• Strahlengang Auge, Lupe, Mikroskop; incl. Vergrößerung und Auflösevermögen

• Linsenfehler und Objektive

• Strahlengang Dunkelfeldmikroskop und Dunkelfeldkondensor

• Eigenschaften von (Gold-)Nanopartikeln in verschiedenen Einheiten

• Synthese von Goldkugeln und -stäbchen

• Wachstumsmechanismus von Goldstäbchen

• Biofunktionalisierung mit PEG

• Silbercoating

51
Skriptum Versuch Lichtmikroskop

VERSUCH
DURCHFÜHRUNG

Synthese von bimetallischen Au-Ag core-shell Nanopartikeln

Die Synthese der bimetallischen Nanopartikel gliedert sich in zwei Schritte:

1 Synthese von Gold-Nanostäbchen

2 Synthese der Silber-Hülle um die vorhandenen Stäbchen

Aus Zeitgründen wurde Schritt 1 (Synthese von Gold-Nanostäbchen) bereits


durchgeführt und es wird mit schon vorgefertigten Stäbchen gearbeitet. Zur Information
ist dennoch der Syntheseweg beschrieben.

Synthese von Goldstäbchen:

Es werden folgende Lösungen benötigt:

(A) 0,1 mol/l HAuCl4 (37,83mg/ml)


(B) 0,0788 mol/l Ascorbinsäure (176,12 g/mol)
(C) 0,2 mol/l CTAB (3644,6 mg/50ml)
(D) 0,04 mol/l AgNO3 (169,9 g/mol)
(E) Keime (3,5nm Au Partikel)

In einem 15ml Reaktionsgefäß werden 5ml Wasser und 75 µl HAuCl4 vorgelegt und mit
5ml CTAB versetzt (leicht schwenken). Zu dieser Lösung gibt man erst 10µl AgNO3,
dann 105µl Ascorbinsäure. Nachdem sich die Lösung vollständig entfärbt hat (leicht
schwenken) gibt man 12 µl der Keime. Die Lösung sollte sich nach ein wenig Wartezeit
(5-20min) bei 30° intensiv färben.

Hinweis:

Die CTAB-Lösung fällt bei RT leicht aus und


kann mit Hilfe des Vortex-Mixers und des
Ultraschallbades oder durch Erwärmen wieder
in Lösung gebracht werden. Die Lösung muss
völlig klar sein!

AB HIER EIGENE ARBEIT ERFORDERLICH!!!!

52
Skriptum Versuch Lichtmikroskop

Bevor die Gold-Nanostäbchen weiter verarbeitet werden, müssen sie zunächst von ihrer
„Wachstumslösung“ befreit werden, die noch unumgesetzte Gold- und Silberionen sowie
Ascorbinsäure besitzt.

Genaue Angaben am Versuchstag. Bitte Zeiten, Mengen etc. protokollieren

Ensemble-Messung 1

Mit Hilfe des Faserspektrometers soll ein Ensemble-Spektrum der Probe aufgenommen
werden.

Zur Erinnerung:

In der Spektroskopie gilt immer: Signal = (Probe + Hintergrund) * Detektorresponse

Die Messung des Spektrums einer Probe erfordert daher 3 Messungen, oft auch Dunkel,
Hell und Probe genannt. Dieses gilt sowohl für Ensemblemessungen als auch für
einzelne Partikel!

Synthese der Core-Shell Partikel

Es werden folgende Lösungen benötigt:

(F) 1 wt% PVP (Polyvinylpyrrolidon)


(G) Gold-Nanostäbchen in 0,1 M CTAB (im ersten Schritt vorbereitet)
(H) 1 mM AgNO3
(I) 0,1 M Ascorbinsäure
(J) 0,1 M NaOH

Lösungen (A) und (E) sind bereits vorbereitet, (C) und (D) müssen durch auffüllen einer
bereits abgewogenen Menge (und evtl. verdünnen) mit Milli-Q Wasser hergestellt
werden.

Genaue Angaben am Versuchstag. Bitte Zeiten, Mengen etc. protokollieren

Ensemble-Messung 2

Mit Hilfe des Faserspektrometers kann nun erneut ein Ensemble-Spektrum der Probe
aufgenommen werden.

Einzelpartikel-Spektren

53
Skriptum Versuch Lichtmikroskop

Die oben hergestellten Partikel müssen für die Mikroskopie verdünnt werden, da sonst
zu viele Partikel in der Probe wären.

Genaue Angaben am Versuchstag. Bitte Zeiten, Mengen etc. protokollieren

AUFGABENSTELLUNG

Ein Versuchsprotokoll in den experimentellen Wissenschaften ist die Dokumentation der


durchgeführten Experimente und Auswertungen in einer Form, die die genaue
Reproduktion der Versuchsergebnisse für einen ausgebildeten Wissenschaftler
ermöglicht. Es muss daher vollständig alle Angaben und Beobachtungen enthalten, die
für die Versuchsdurchführung wesentlich oder nützlich sind. Das gilt ebenso für die
Auswerteschritte. Ein gutes Versuchsprotokoll zeichnet sich nicht durch viele Seiten
oder besonders kreatives Layout aus, sondern durch logische Vollständigkeit und
Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse.

Ein Protokoll enthält daher mindestens die folgenden Abschnitte (jeweils mindestens ein
Absatz, nicht mehr als jeweils eine Seite fließender Text und ggf. zusätzlich noch
Rechnungen oder Graphen).

1. Name, Versuch, Datum


2. Versuchsbeschreibung und Versuchsziel
3. Ggf. Theoretischer Hintergrund (für ein sehr gutes Protokoll)
4. Versuchsdurchführung
5. Messergebnisse
6. Auswertung
7. Ergebnis / Zusammenfassung

Auswertung
1.) Erklären Sie welche Messungen notwendig sind und wie diese durchgeführt werden,
um ein korrigiertes Spektrum I(λ) zu erhalten. Erstellen Sie die korrigierten
Einzelpartikelspektren und tragen Sie diese in ein oder mehrere Diagramme.

2.) Bestimmen Sie die Maxima λ max,ensemble und λ max,,partikel aus den Ensemble- und den
Einzelpartikelmessung und diskutieren Sie gg. die Ursache von Abweichungen.

3.) Bestimmen und vergleichen Sie die Linienbreiten Γensemble und Γpartikel aus der zweiten
Ensemble- und Einzelpartikelmessung (FWHM – Full-width-at-half-maximum)
diskutieren Sie die Ursache von Abweichungen.

54
Skriptum Versuch Lichtmikroskop

4.) Berechnen Sie aus den Linienbreiten der Einzelpartikelmessungen die Plasmonen-
Lebensdauer τ und den Qualitätsfaktor Q – dafür die Linienbreiten von nm in eV
umrechnen! ( τ = ћ / Γp ; Q = Eres / Γp ; Eres = h c / λmax ; Γp = E1-E2 = h c / λ1 - h c / λ2 )

5.) Bestimmen Sie die statistischen Abweichungen von Γ, λmax, Eres, τ und Q (in den
jeweiligen Einheiten und in Prozent, keine Fehlerfortpflanzung). Diskutieren Sie die
Ursache der Abweichungen.

6.) Vergleichen Sie die beiden Ensemble-Messungen und erklären Sie die ggf. die
Unterschiede.

7.) Bestimmen Sie das Aspektverhältnis R der ursprünglichen, ungecoateten


Goldstäbchen mithilfe der empirischen Formel:

(ε ist die Dielektrizitätskonstante des Lösungsmittels, es gilt der Zusammenhang


ε = n2 mit dem Brechungsindex n.)

8.) Vergleichen Sie das Ergebnis aus 7.) mit den Abmessungen der Partikel aus den
TEM-Aufnahmen (Versuch 2) unter Berücksichtigung der jeweiligen Messfehler.
Fügen Sie hierzu sowohl eine TEM-Aufnahme als auch das Histogramm hinzu.

9.) Nehmen Sie nun an, die ursprünglichen Goldstäbchen hatten eine durchschnittliche
Länge von 40,5 ± 10nm. Was können Sie über die Dicke der Silberschicht (gemittelte
Dicke, Breiten- und Längenzunahme, Änderung Aspektverhältnis) sagen?

LITERATURANGABEN

Diese Liste dient der zusätzlichen Information. Es wird nicht erwartet, dass alle
Literaturangaben vollständig gelesen werden. Jedoch können eventuell auftretende
Unklarheiten aus dem Skript mithilfe der hier genannten Literatur sicher beseitigt
werden. Zudem finden sich auf der homepage www.nano-bio-tech.de noch weitere
Literaturhinweise.

Zu empfehlen sind:

Atkins Physikalische Chemie: Auflage v. 4, Wiley-VCH

Allgemeine Physikbücher über Optik, z.B. Hecht Optik: Auflage 5, Oldenbourg Verlag;

55
Skriptum Versuch Lichtmikroskop

Wet chemical synthesis of high aspect ratio cylindrical gold nanorods


NR Jana, L Gearheart, CJ Murphy - J. Phys. Chem. B, 2001 - pubs.acs.org

Colloidal gold : principles, methods, and applications, ed. by M. A. Hayat. - San Diego
[u.a.] : Acad. Press, 1989 Band 1 (1989) ISBN 0-12-333927-8

Absorption and scattering of light by small particles, Craig F. Bohren, Donald R.


Huffman. - New York [u.a.] : Wiley, 1998 (Wiley science paperback series) ISBN 0-471-
29340-7

Optical properties of metal clusters, Uwe Kreibig ; Michael Vollmer. - Berlin [u.a.] :
Springer, 1995. ISBN 3-540-57836-6 und ISBN 0-387-57836-6

QUELLENANGABEN

Abbildungen aus:

http://www.olympusmicro.com

http://www.uni-
saarland.de/fak7/hartmann/files/docs/pdf/download/LichtInMetallen.pdf

Dissertation Gunnar Raschke

Plasmons in metal nanostructures by Carsten Sönnichsen, Cuvillier Verlag


Göttingen

Skript zum Fortgeschrittenenpraktikum Oberflächenplasmonen, Uni Konstanz

http://www.ifm.liu.se/applphys/sensor/spr.html

http://www.britishmuseum.org

http://www.chemie-im-alltag.de/articles/0107/EM_Spektrum.JPG

Zetasizer Nano Series User Manual, Malvern Company

J. Becker, O. Schubert, C. Sönnichsen . Gold Nanoparticle Growth Monitored in


situ Using a Novel Fast Optical Single-Particle Spectroscopy Method. Nanoletters
(7), 2007, 1664

K. L. Kelly, E. Coronado, L. L. Zhao, and G. C. Schatz. The optical properties of


metal nanoparticles: The influence of size, shape and dielectric environment.
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C. J. Johnson, E. Dujardin, S. A. Davis, C. J. Murphy, and S. Mann. Growth and


form of gold nanorods prepared by seed-mediated, surfactant-directed synthesis.

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Journal of Materials Chemistry, 12(6):1765–1770, 2002.

C. J. Murphy, T. K. San, A. M. Gole, C. J. Orendorff, J. X. Gao, L. Gou, S. E.


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Z. L. Wang, M. B. Mohamed, S. Link, and M. A. El-Sayed. Crystallographic facets


and shapes of gold nanorods of different aspect ratios. Surface Science, 440(1–
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N. R. Jana. Gram-scale synthesis of soluble, near-monodisperse gold nanorods


and other anisotropic nanoparticles. Small, 1(8–9):875–882, 2005.

ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abbildung 1 Elektromagnetisches Spektrum ......................................................................4
Abbildung 2 Transmission ....................................................................................................5
Abbildung 3 Reflexion ...........................................................................................................5
Abbildung 4 Streuung ...........................................................................................................5
Abbildung 5 Voraussetzung Entstehung Plasmonen...........................................................9
Abbildung 6 Otto-Anordnung .............................................................................................10
Abbildung 7 Kretschmann-Anordnung ..............................................................................10
Abbildung 8 Aufbau SPR ....................................................................................................11
Abbildung 9 Prinzip SNOM ................................................................................................12
Abbildung 10 Partikelplasmon-Modell ...............................................................................13
Abbildung 11 Gold-Nanopartikel in Reflexion und Transmission ....................................14
Abbildung 12 Zerfall von Plasmonen .................................................................................14
Abbildung 13 Dielektrizitätskonstante von Gold...............................................................15
Abbildung 14Ensemble-Spektren Gold-Nanopartikel .......................................................16
Abbildung 15 Einzelpartikelspektren ................................................................................20
Abbildung 16 Strahlengang Sammellinse ..........................................................................23
Abbildung 17 Strahlengang Auge.......................................................................................24
Abbildung 18 Strahlengang Lupe.......................................................................................24
Abbildung 19 Strahlengang Mikroskop..............................................................................25
Abbildung 20 Beleuchtungs- und bildgebender Strahlengang ..........................................26
Abbildung 21 Airy-Muster ..................................................................................................27
Abbildung 22 Numerische Apertur ....................................................................................28

57
Skriptum Versuch Lichtmikroskop

Abbildung 23 Immersion ....................................................................................................29


Abbildung 24 Objektivkennzeichnung ...............................................................................29
Abbildung 25 Chromatische Abberation ............................................................................31
Abbildung 26 Sphärische Abberation .................................................................................31
Abbildung 27 Astigmatismus .............................................................................................32
Abbildung 28 Verzeichnung................................................................................................33
Abbildung 29 Strahlengang Dunkelfeldmikroskop............................................................34
Abbildung 30 Abbe-Dunkelfeldkondensor ..........................................................................35
Abbildung 31 Reflektions-Dunkelfeldkondensor ...............................................................35
Abbildung 32 Dunkelfeldspektroskopie .............................................................................36
Abbildung 33 Signal zu Rausch-Verhältnis .......................................................................36
Abbildung 34 Goldnanokugeln ...........................................................................................39
Abbildung 35 Keimsynthese ...............................................................................................39
Abbildung 36 Stäbchensynthese.........................................................................................40
Abbildung 37 Gold-Nanostäbchen ......................................................................................40
Abbildung 38 Stäbchen-Morphologie..................................................................................42
Abbildung 39 Zipping-Mechanismus ..................................................................................43
Abbildung 40 CTAB-Adsorption .........................................................................................44
Abbildung 41 Stäbchenwachstum UPD .............................................................................45
Abbildung 42 Stäbchenwachstum Mizelle .........................................................................45
Abbildung 43 Zeta-Potential...............................................................................................47
Abbildung 44 Strukturformel PEG ....................................................................................47
Abbildung 45 DTSSP ..........................................................................................................48
Abbildung 46 Au@Ag-Nanopartikel ...................................................................................49
Abbildung 47 Elementzusammensetzung Au@Ag-Nanopartikel ......................................49
Abbildung 48 Lykurgus Becher ..........................................................................................50

FORMELVERZEICHNIS
Formel 1 Frequenz - Wellenlänge ........................................................................................4
Formel 2 Energie-Frequenz-Wellenlänge ............................................................................4
Formel 3 Wirkungsquerschnitt Streuung ............................................................................6
Formel 4 Korrekturen eines Spektrums ..............................................................................6
Formel 5 Zusammenhang Brechungsindex - Dielektrizitätskonstante.............................15
Formel 6 Komplexer Brechungsindex ................................................................................15
Formel 7 Resonanzwellenlänge Gold-Nanostäbchen .........................................................17
Formel 8 Lambert-Beer'sches Gesetz .................................................................................17
Formel 9 Clausius-Mossotti-Beziehung .............................................................................17
Formel 10 Polarisierbarkeit elliptischer Partikel ..............................................................17
Formel 11 Absorptions- und Streuquerschnitt ..................................................................18
Formel 12 Extinktionsquerschnitt .....................................................................................18
Formel 13 Molarer dekadischer Extinktionskoeffizient ....................................................18
Formel 14 Absorptions und Streuquerschnitt 2 .................................................................18
Formel 15 Einzelpartikelresonanzwellenlänge Kugel in Wasser ......................................19
Formel 16 Einzelpartikelresonanzwellenlänge Stäbchen in Wasser ................................19
58
Skriptum Versuch Lichtmikroskop

Formel 17 Brechungsindexabhängigkeit resonanzwellenlänge Kugel..............................19


Formel 18 Plasmonenlebensdauer .....................................................................................20
Formel 19 Oszillierendes elektrisches Feld .......................................................................20
Formel 20 Fourier Transformation ....................................................................................20
Formel 21 Plasmonenlebensdauer 2 ..................................................................................20
Formel 22 Abbildungsgleichung Sammellinse ...................................................................23
Formel 23 Definition Vergrößerung ...................................................................................23
Formel 24 Vergrößerung Lupe ...........................................................................................24
Formel 25 Vergrößerung Objektiv......................................................................................26
Formel 26 Vergrößerung Okular ........................................................................................27
Formel 27 Vergrößerung Mikroskop ..................................................................................27
Formel 28 Auflösevermögen ...............................................................................................27
Formel 29 Auflösung ...........................................................................................................28
Formel 30 Auflösung mit Immersion .................................................................................28
Formel 31 Abbe-Zahl...........................................................................................................30

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