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Beschreibung:
Eine Stadt – ein Lokalblatt, so ist es in vielen kleineren Orten. Doch jetzt bekommen die Meinungs-Monopolisten Konkurrenz vom eigenen Publikum. Wie in Bruchsal. von Philipp Wurm
Eine Stadt – ein Lokalblatt, so ist es in vielen kleineren Orten. Doch jetzt bekommen die Meinungs-Monopolisten Konkurrenz vom eigenen Publikum. Wie in Bruchsal. von Philipp Wurm
Eine Stadt – ein Lokalblatt, so ist es in vielen kleineren Orten. Doch jetzt bekommen die Meinungs-Monopolisten Konkurrenz vom eigenen Publikum. Wie in Bruchsal. von Philipp Wurm
Eine Stadt – ein Lokalblatt, so ist es in vielen kleineren
Orten. Doch jetzt bekommen die Meinungs-Monopolisten Konkurrenz vom eigenen Publikum. Wie in Bruchsal
Von S.32 Philipp Wurm
Bruchsal ist eine Kleinstadt, wie es sie Passage aus einer Rede identisch war mit Sät- der Hochschule Darmstadt und Vorsitzender überall in Deutschland gibt: 43 000 Einwoh- zen, die ein anderer Bürgermeisterkandidat eines Vereins, der das Trierer Lokalblog 16 vor ner, ein Barockschloss, eine Fußgängerzone, der Union mehr als zwei Jahre früher in einer fördert. Blogs wie dieses werden von Journalis- eine Lokalzeitung. Die Oberbürgermeister Ansprache verwendet hatte. ten aufbereitet, die den Lokalzeitungen vor- kamen jahrzehntelang aus derselben Partei, Die Spur führte zum Wahlkampfmana- werfen, sie gäben sich mit »Bratwurstjourna- der CDU. Wenn nicht eines Tages einige un- ger Ulrich Heckmann, der in der baden- lismus« zufrieden – zu viele Berichte über zufriedene Bürger mit dem Bloggen angefan- württembergischen Provinz schon reihen- Sparkassenbilanzen oder Schützenfeste, zu we- gen hätten, wäre das vielleicht auch so geblie- weise Bürgermeisterkandidaten beraten hat. nige über lokalpolitische Verstrickungen. ben. Es war im Sommer 2009, als diese Leute Er war auch in Bruchsal im Einsatz – was zu Auf bruchsal.org schreiben allerdings fast etwas Unerhörtes taten: Sie kritisierten im In- diesem Zeitpunkt kaum jemand wusste. Für nur Laien, vom Studenten bis zum Rentner. ternet während des Wahlkampfs um das Amt Hartmanns Rede hatte er auf ein altes Ma- Sie finden, dass ihre Meinung über Jahrzehnte des Oberbürgermeisters jenen CDU-Kan- nuskript zurückgegriffen. hinweg unterdrückt worden sei. »Wenn man didaten, der unter mehreren Anwärtern der Die Blogger warfen ihm vor, Hartmann nicht der CDU angehörte, musste man früher Union die größten Aussichten hatte. Er verlor wie »Handelsware« zu inszenieren. Bis zu doch dauernd gegen die Presse arbeiten«, schließlich, erstmals seit 1946 war das Amt dieser Wahl hatten die Bruchsaler immer schimpft etwa Jürgen Schmitt, 65, einer der nicht mehr christdemokratisch besetzt, eine gesagt: »Selbst wenn ein schwarzer Besen Blogger. Er ist seit 1984 SPD-Gemeinderat. Parteilose wurde Oberbürgermeisterin. aufgestellt würde, würde der gewählt.« Das Vielleicht sind die Blogger deshalb so auf- Nach den Wahlen haben sich die ver- galt jetzt nicht mehr. Die Kampagne der rührerisch, weil sie als Außenseiter auf nie- schiedenen Blogger zu der Plattform bruchsal. Blogger sei wahlentscheidend gewesen, glau- manden Rücksicht nehmen müssen. org zusammengeschlossen. Sie schreiben über ben einige. »Die Blogger waren die Bürger- Die Bruchsaler Rundschau dagegen ist Affären im Gemeinderat, über den Kosten- meistermacher«, sagt zum Beispiel der Fern- »das große Mainstream-Medium der Stadt«, streit beim Bau der Stadtbahn, über die jü- sehjournalist Rainer Kaufmann, der in wie Streib sagt. Täglich werden etwa 24 000 dische Vergangenheit der Stadt. Dabei zeigen Bruchsal lebt und auch als Kabarettist auf- Exemplare gedruckt. Der Lokalchef bestrei- sie eine Bissigkeit, die sich die einzige Lokal- tritt. Dann wären die Blogs für Bruchsal, was tet, dass seine Zeitung die CDU bevorzugt, zeitung, die Bruchsaler Rundschau, ein Able- WikiLeaks für die Welt und GuttenPlag für ein Mythos aus der Vergangenheit sei das. ger der Badischen Neuesten Nachrichten (BNN) Deutschland war: eine Internetplattform, Die Umstände der Kandidatur von Hart- in Karlsruhe, nicht immer erlaubt. Über- die politische Verhältnisse verändert. mann, die den Bloggern so skandalös er- nimmt der Blog Aufgaben der Lokalpresse, Die übermächtige Bruchsaler Rundschau schienen, habe er als »Randaspekt« betrach- die diese nicht mehr zu leisten scheint, wo- hatte deren Einfluss unterschätzt. Über die tet. Die Lokalblogger nennt er einen »kleinen
»Wir kanalisieren den Volkszorn«,
erklärt einer der Lokalblogger ihren Erfolg möglich weil sie den Mächtigen zu nahe ist? Arbeitsweise des Wahlkampfmanagers Heck- Angreifer«, der eine »positive Stimulanz« sei. Und können Blogger Journalisten ersetzen? mann berichtete die Zeitung nicht - jedenfalls Streib räumt ein, dass seine Redaktion, seit Das Lokalblog hat zuletzt immerhin nicht vor der Wahl. Obwohl erst kurz vorher es das Lokalblog gebe, früher und aggressiver 120 000 Seitenaufrufe im Monat verzeichnet. der Lokalchef Daniel Streib, 37, seinen Dienst recherchiere. Manches sieht er aber kritisch. Christian Kretz, 49, sagt: »Wir kanalisieren angetreten hatte. Streib hatte zuvor schon in Das Lokalblog prüfe Informationen oft nicht den Volkszorn.« Kretz sitzt spätabends an sei- Berlin für Bild gearbeitet, aber auch in Leut- nach, es sei subjektiv. Dann blättert er alte nem Schreibtisch und produziert Lesestoff kirch für die Schwäbische Zeitung. Er will Lokalseiten der Bruchsaler Rundschau durch. für den Wutbürger. Tagsüber betreibt er eine »relevanten Journalismus« machen und be- Streib will zeigen, dass er einen guten Lokal- PR-Agentur, die mittelständische Indus- weisen, dass die Bruchsaler Rundschau nicht teil macht, engagiert, auch kritisch. Er deutet trieunternehmen berät, und arbeitet als Eng- das konservative Rathausorgan ist, als das sie auf Artikel über einen CDU-Gemeinderat, lischlehrer in Teilzeit. früher einmal gegolten hat. der in einen Wahlbetrug verwickelt war. Während des Wahlkampfs sei er so er- 1993 machte das Mutterblatt BNN we- »Nachrichtenführer« sei man da gewesen. bost gewesen über die »Politphrasen« des gen seiner Obrigkeitshörigkeit weit übers Ba- Vielleicht liegt ein Vorteil des Blogs ja CDU-Kandidaten Florian Hartmann, dass er dische hinaus Schlagzeilen: Ein Musikkritiker auch darin, dass die Bruchsaler Rundschau im gedacht habe, dieser Mann müsse unbedingt hatte es gewagt, ein von der Stadt Bruchsal Internet kaum präsent ist. Das Mutterblatt verhindert werden. Er traf auf einen Gleich- organisiertes Konzert des Dirigenten Justus BNN und damit auch die Bruchsaler Rund- gesinnten, den Juristen Jochen Wolf, 45, An- Frantz zu verreißen – worüber sich der dama- schau betreiben zwar eine Website, dort fin- gestellter bei SAP, früher Mitglied der Jungen lige CDU-Oberbürgermeister Bernd Doll den sich aber nur Kurzmeldungen, verknüpft Union. Zusammen starteten sie ein Blog. Zu- beim Verleger beschwerte. Die Zusammen- mit einem Verweis auf die kostenpflichtige fällig waren sie nicht die Einzigen: Der Be- arbeit mit dem Musikkritiker wurde beendet. E-Paper-Ausgabe. Der BNN-Verleger Hans triebswirt Rolf Schmitt, 59, tat das Gleiche. Das gute Verhältnis zwischen dem Lokalchef Wilhelm Baur sagt: »Umsonstleistungen sind Was sie einte, war die Befürchtung, die Bruch- und dem Rathausfürsten zog in den neunziger für uns nicht interessant.« Baur ist 84 Jahre saler Rundschau werde Hartmanns Schwächen Jahren einigen Spott auf sich: »Wir zwei re- alt, 1973 hat er seinen Onkel Wilhelm als nicht thematisieren. Kretz sagt unumwunden, gieren diese Stadt und redigieren das Zei- Verleger beerbt, einen Onkel, der nicht nur es sei ihnen nicht um Journalismus gegangen, tungsblatt«, kalauerte der Journalist Kauf- Unternehmer war, sondern auch CDU-Poli- sie hätten eine Kampagne gefahren. mann damals in seinem Kabarett. tiker – 25 Jahre lang war er Fraktionsmitglied Auf beiden Blogs prangerten sie den ih- Dass erfolgreiche Lokalblogs dort an- im Karlsruher Stadtrat. rer Meinung nach verlogenen Wahlkampf sässig sind, wo Lokalzeitungen ein Monopol Lokalchef Streib hat vor Kurzem selbst Hartmanns an, eines 33-jährigen Juristen aus haben, ist ein typisches Phänomen. »Wenn es ein Blog gestartet, streibschreibt heißt er. Dort Düsseldorf. Der Vorwurf, sein Lebenslauf kaum Konkurrenz gibt, ist das Bedürfnis nach will er Gegenbeweise liefern, wenn bruchsal. enthalte Lücken, stellte sich als unbegründet einer kritischen Gegenstimme groß«, sagt org der Bruchsaler Rundschau vorwirft, nicht heraus. Die Blogger entdeckten aber, dass eine Peter Schumacher, Medienwissenschaftler an korrekt zu berichten. .