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Knackpunkt Zielformulierung:

Wer nicht sagt, was er will, bekommt nicht, was er möchte

Angesichts des investierten Kapitals und der strategischen Bedeutung vieler Projekte
täten viele Unternehmen gut daran, mehr Wert auf eine präzise Definition der
Projektziele zu legen – vage Vorgaben führen nicht zum Erfolg

von Hauke Thun

Können Sie sich vorstellen, dass ein Skipper, der gänzlich ohne Vorbereitung von heute auf
morgen zu einer Weltumsegelung aufbricht, jemals wieder seinen Heimathafen erreichen
wird? Wohl kaum. Dass nur im Vagen dümpelt, wer nicht genügend Vorarbeit leistet – diese
Einsicht lässt sich 1:1 auch auf die Wirtschaftswelt im Allgemeinen und das
Projektmanagement im Besonderen übertragen. Unternehmen, die sich nicht die Mühe
machen, die Ziele ihrer Projekte mit aller Sorgfalt zu formulieren, können trotz noch so
großer Investitionen und Anstrengungen nicht mit dem gewünschten Erfolg rechnen.

Eigentlich selbstverständlich – doch wie die Praxis zeigt, wird dem zu wenig Beachtung
geschenkt. Ein Grund hierfür ist der Druck, schnell mit dem Projekt zu beginnen, um
möglichst rasch zu vorzeigbaren Ergebnissen zu kommen. Hier müssen Geschäftsführer und
Projektsponsoren lernen, ihrer Verantwortung gerecht zu werden: Da in Projekten oft
reichlich Kapital auf dem Spiel steht und mit ihnen nicht selten wichtige Wettbewerbsvorteile
verbunden werden, können sich Versäumnisse in der Startphase am Ende als
außerordentlich kostspielig und folgenschwer erweisen.

Eine professionelle Projektvorbereitung definiert und fixiert daher die Ziele in allen relevanten
inhaltlichen Dimensionen und auf allen Projektebenen. Unterschieden werden dabei:

Strategische Ziele
basieren auf der Vision und Mission des Unternehmens und werden von der
Geschäftsführung festgelegt. Hier kommt es in der Praxis sehr darauf an, sauber zwischen
den strategischen Zielen des Unternehmens und den vermeindlichen strategischen Zielen,
wie sie von den Fachbereichen eingebracht werden, zu unterscheiden.

Fachliche Ziele
werden von den beteiligten Fachabteilungen definiert

Operative Ziele
beinhalten die Erwartungen der eingebundenen Teams und beschreiben den kompletten
Ablauf des Projekts

Nicht-Ziele
sind Ziele, die (obwohl vielleicht wünschenswert) nicht Bestandteil des Projekts sein sollen
und aus dem Leistungsumfang bewusst ausgeschlossen werden

Ziele dienen vor allem dazu, Menschen zu motivieren und sie mit ihrer Arbeitskraft
gemeinsam auf einen Punkt hin zu fokussieren. Probleme entwickeln sich immer dort, wo
Ziele eines Projekts den Zielen, die in den unterschiedlichsten Gliederungen eines
Unternehmens verfolgt werden, entgegenstehen. Um zu verhindern, dass im Projektverlauf
Widersprüche zur Gesamtstrategie des Unternehmens entstehen, sollten Projekte

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grundsätzlich aus der Unternehmensstrategie heraus abgeleitet werden – und nicht etwa
umgekehrt. Zu diesem Zweck ermittelt ein Workshop die Projektziele sämtlicher Stakeholder
auf Basis der strategischen Ziele und definiert im nächsten Schritt die konkreten
Anforderungen und Erwartungen.

Eine besonders hohe Bedeutung kommt diesem Abgleich in Unternehmen zu, die mehrere
Projekte parallel voran treiben. In diesem Fall dient ein zentrales Multiprojekt-Management
dazu, Ressourcenprobleme zu verhindern. Es sorgt außerdem dafür, dass die einzelnen
Projekte auf das strategische Ziel des Gesamtunternehmens einzahlen.

Auch im Hinblick auf die persönlichen Ziele, die jeder einzelner Mitarbeiter im Auge hat, gilt
es, voneinander abweichende Vorstellungen zu erkennen und aufzulösen. So muss vor dem
Start unbedingt geprüft werden, ob sich einzelne Projektziele möglicherweise mit den
Zielvereinbarungen von Mitarbeitern überschneiden. Ein einfaches Beispiel dafür wären etwa
provisionsabhängig bezahlte Vertriebskräfte, die ihre Umsatzvorgaben nicht mehr erreichen,
wenn sie ganz oder teilweise in ein Projekt abberufen werden. Ohne einen
hundertprozentigen Ausgleich für die eventuell entstehenden Einkommenslücken wird sich
keiner dieser Kollegen motiviert in die Projektarbeit stürzen.

Neben der Entschärfung solcher Konfliktdimensionen übt vor allem eine Formulierung, die
keine Interpretationsspielräume lässt, großen Einfluss auf den Erfolg von Projekten aus. Hier
hat sich die SMART-Methode international etabliert. Sie definiert Meilensteine und
Ergebnisse so, dass sie konkret, umsetzbar und überprüfbar sind. Deshalb sollen sie stets

Spezifisch, Messbar, Ausführbar (aktivierend), Relevant (und realistisch) und Terminiert

dargestellt werden. Lediglich im Bereich der strategischen Ziele stößt diese Systematik an
ihre Grenzen. Sie werden in erster Linie qualitativ definiert.

Als weitere sinnvolle Regel hat es sich zugunsten größtmöglicher sprachlicher Präzision
bewährt, den Projektmanagementplan in der sogenannten „Zielsprache“ abzufassen. Sie
formuliert die einzelnen Etappenziele stets im Perfekt – also „Die Marktführerschaft ist
erreicht“ (anstatt „soll erreicht werden“) oder „Das Webdesign ist vollständig auf dem
neuesten Stand gebracht“ (anstatt „soll komplett überarbeitet werden“).

Aber wer ist eigentlich für die Formulierung der Projektziele und die Koordination der
Teilziele der Abteilungen und Unternehmensbereiche verantwortlich? Zunächst einmal ist
dies die Aufgabe des Projektleiters oder –sponsors, der dafür die volle Rückendeckung
seiner Geschäftsführung braucht. Er organisiert die fachlich einwandfreie Zielformulierung in
allen Projektebenen. Die Definition der Teilziele und Teilprojekte übernehmen die Mitarbeiter
der betreffenden Gliederung selbst. Der Projektleiter führt diese Planungen anschließend
zusammen und legt die Gesamtplanung anschließend dem Projektsponsor und dem
Lenkungsausschuss zur finalen Abnahme vor.

Fazit
Geschäftsführer und Projektsponsoren sind gut beraten, ihren Projektmanagern
uneingeschränkten Rückhalt und vor allem ausreichend Zeit für die Zielformulierung ihrer
Projekte zu gewähren. Übertriebener Zeitdruck oder eine Verkürzung des Verfahrens führen
unweigerlich dazu, dass die Ergebnisse eines Projekts mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht
den Erwartungen entsprechen – oder dass es schon vorher scheitert und abgebrochen

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werden muss. Die international etablierten Standards haben sich bei der Zielformulierung
außerordentlich bewährt und helfen, Zielkonflikte ebenso zu entschärfen wie die nötige
Klarheit und Verbindlichkeit herzustellen.

Hamburg, 18. Februar 2010

Der Autor
Hauke Thun ist Gründer und Inhaber von PM Firefighters (www.pm-firefighters.eu). Vor
der Gründung seines Unternehmens im Jahr 2003 war der Dipl.-Ing. der Technischen
Informatik 18 Jahre in unterschiedlichen Funktionen in den Bereichen Software-
Entwicklung, Projektmanagement und Unternehmensführung tätig. Zu seinen
Stationen gehören die IDM Inc., G+J EMS GmbH, HTC Babelsberg GmbH, e-dict
GmbH (Geschäftsführer), 7d AG (Vorstand), divine GmbH (Director Quality
Management). Thun verfügt über Zertifizierungen nach GPM / IPMA Level D und PMI /
PMP. Er engagiert sich außerdem international, so etwa als Assessor für den
International Project Excellence Award (IPMA).

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