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Landesmuseum
fürTee hnik und Arbeit
irr Mannheinr
Die Goldenen 20er in Bildern, Szenen
und Objekten
Normierung 2 K. Budde
Bilderwelten H. Steffens
lmpressum
O beim Herausgeber:
Landesmuseum für Technik und Arbeit
in Mannheim
Museumsstraße l, 68165 Mannlreim
Alle Rechte vorbehalten, Mannheim 1994
Gedruckt mit freundlicher Unterstützung des
Museumsvereins f ür Technik und Arbeit e.V
Eirl.itorg
Amateurfunk und Rundfunk haben eine ge-
meinsame Wurzel und - zumindest am Anfang-
Abb. l eine gemeinsame Geschichte. ln Deutschland
"lI a rc o i B' I F)pe ri nrc t t
tt
trennten sich erst Mitte der 2Oer Jahre die We-
t i e rgeröt e fi i / d ra b t bs e
2
Abb.2
Telefur*en Pinür- utttl
Se k u rt t I li re n ge r'flpe
n pfä
E 85c rtus dent Etslett
weltkiell
3
bezeichnen wir als Amateure diejenigen, die und "The Wireless Association of America"
die Beschäftigung mit der Funktechnik als Frer- (TWAA), und noch im gleichen Jahr wurden
zeitbeschäftigung und nicht aus kommerziel- von staatlichen Stellen über 500 Befähigungs-
len Gründen betrieben, so läßt sich eine ganze lizenzen für Funker vergeben, ohne daß dafür
Reihe der f rühen Funkpioniere zu ihnen rech- jedoch eine gesetzliche Grundlage vorhanden
nen. Marconi führte seine ersten Arbeiten als war. Diese Grundlage wurde in den Vereinigten
Student in seiner Freizeit durch; Lee de Forest, Staaten 1912 geschaffen. Nun durften Funk-
der Erfinder der Audionröhre, beqann seine amateure nur noch auf Wellenlängen unter-
Arbeiten ebenso als Amateur wie Edwin Ho- halb von 200 Metern senden, dre Sendelei-
ward Armstrong, der das Patent für seine
Rückkopplungsschaltung als Student erhielt,
und viele andere. Der erste Amateur, der Ama- Abb. -3
teur blieb und dessen Name uns überlrefert Ein lypßcbes Bßllergeröt
in der Zeit unt 1924 uar
ist, war der damals siebzehnjährige Engländer der "Zigatret*Lsletb
Claude Willcox, der 1898 eigene Versuche zur Detekt()r'"
4
Abb.4
ISdstlergeftit unt 1924.
Bis dttf Skah und Railrre
isl bier.iedcs Teil selbst
gefetTillt
stung wurde auf 1 kW begrenzt, und darüber einem Gesetz neu geregelt, und erstmals be-
hinaus mußte für die Berechtigung zum Sen- kam ihre Tätigkeit folgende Def inition: Ein
den eine Lizenz erworben werden. Damit war Amateur ist eine Person, die ohne Kosten oder
erstmals der Status des Iizensierten Amateurs Gewinn und nur für ihre persönlichen lnteres-
geschaffen worden. sen oder die einer Orqanisation mit denselben
lnteressen eine Station bedient.
Am 6. April 1914 schlossen sich auf Initiative
von Hiram Peray Maxim die wichtigsten ame- Bei der Entwicklung des Amateurfunks in Eu-
rikanischen Amateurfunkvereine zu einer lan- ropa kam am ehesten noch Großbritannien
desweiten Organisation zusammen, der "Ame- an die amerikanischen Leistungen heran. Ahn-
rican Radio Relay League" (ARRL). Von die- lich wie in den USA konnten die Amateure
ser Institution, deren erster Präsident Maxim hier relativ ungestört ihrer Tätigkeit nachge-
selbst wurde, sollten in diesen frühen Jahren hen. Ein Jahr nach der gesetziichen Regelung
des Amateurfunks entscheidende Pionierlei- in der "Wireless Telegraphy Act" (1904) gab
stungen ausgehen. Bei Kriegseintritt der Ver- das englische Postministerium die ersten Li-
einigten Staaten im Jahre 1917 hatte die ARRL zerzen für Experimentierzwecke aus, und ein
bereits 4.000 Mitglieder, von denen viele im Jahr vor Kriegsausbruch entstanden die er-
Ersten Weltkrieg in nachrichtentechnischen sten Amateurvereinigungen Großbritanniens.
Einheiten eingesetzt wurden. Aus naheliegen- Rund 1.000 Amateurfunker waren zu diesem
den Gründen wurde während des Krieges Zeitpunkt dort offiziell registriert. Auch die
eine Betätigung der Amateurfunker verboten. britischen Amateure mußten ihre Stationen
Aber auch nach dem Krieg gelang die Wieder- während des Krieges abbauen und erhielten -
freigabe des Amateurfunkbetriebes nur unter ähnlich wie ihre amerikanischen Kollegen -
größten Schwierigkeiten erst im September erst lange nach dessen Ende wieder die Funk-
1919. In diesem Jahrwurde auch die seit 1914 erla u bn is.
5
Abb.5
R^stlergerät um 1924.
Wie nan an du auf- .
vor dem Ersten Weltkrieg Amateurfunker tä- ter. Da Ausnahmen für Einzelpersonen nicht
tig. Für Deutschland jedoch läßt sich hier kei- vorgesehen waren und der Verstoß gegen
ne auch nur annähernd vergleichbare Entwick- dieses Gesetz mit Geld- oder Haftstrafen ge-
lung nachweisen. Noch in den 2Oer Jahren ahndet wurde, war damit ein Amateurfunk-
galt es als Entwicklungsland, was den Ama- betrieb in Deutschland aus gesetzlichen Grün-
teurfunk anbetraf. Dies ist um so bemerkens- den unmöglich. Das ständige Bemühen der
wertel als die deutsche Funkindustrie ein ähn- am Amateurfunk lnteressierten in Deutschland
liches, teilweise sogar höheres Niveau erreicht in den 20er Jahren galt daher der Revision
hatte als ihre europäische und amerikanische dieses Gesetzes oder der Schaffung einer an-
Konkurrenz. Der entscheidende Grund für die- deren gesetzlichen Grundlage für Funkama-
sen Rückstand ist im "Gesetz über das Tele- teure.
graphenwesen des Deutschen Reiches" vom
6. April 1892 zu suchen. Das Gesetz stellte Solange es diese gesetzliche Grundlage nicht
im ersten Paragraphen fest: Das Recht, Tele- gab. lag es im Ermessen der Reichspost, Ge-
graphenanlagen für die Vermittlung von Nach- nehmigungen zu erteilen. Dies wurde in der
richten zu errichten und zu betreiben, steht Regel recht restriktiv gehandhabt. Der erste
ausschließlich dem Reich zu. Unter Telegra- dokumentierte Fall ist der des Schülers Richard
phenanlagen sind die Fernsprechanlagen mit Dargatz aus Charlottenburg, der sich eine
begriffen. Obwohl sich dieses Gesetz ur- Empfangsanlage selbst gebaut hatte und 1919
sprünglich nur auf durch Leitungen verbun- beim "Kaiserlichen Telegraphen-Bauamt" um
dene Anlagen bezog, da zum Zeitpunkt des eine Genehmigung für deren Betrieb nach-
lnkrafttretens von drahtlosen Verbindungen suchte. Dies wurde umgehend abgelehnt.
noch gar nicht die Rede sein konnte (Marconi Dagartz wurde aufgefordert, die Anlage un-
führte, wie bereits eruyähnt, seine ersten Ver verzüglich zu beseitigen. Darüber hinaus wur-
suche erst zwei Jahre später durch), war der de eine Nachprüfung angekündigt.
erste Paragraph doch so allgemein gefaßt,
daß die später entstehende Funktechnik auto- Während sich die Situation im Hinblick auf die
matisch miteinbezogen wurde. Sogar eine Genehmigung von Empfangsanlagen nach
reine Empfangsanlage fiel automatisch darun- wenigen Jahren änderte, blieb die Genehmi-
Abb.6
Bastlergüät uf, 1925 mit
Rabmenantenne. Beson-
deß aufuendig gestaltet
lst dl6q 7-Röhm Über-
lagmngsmpfängü mit
a c b t D re b ko nde ns a t oren
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qt.
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Abb.7
I )ar ben:i hntlc Kur.zu'al
l(ilant/)f(ingü T.l),
(lar 193O t\nt TeQitttkett
enttr'il kelt 1t,uüL'
9
5ituation nichts wesentliches ändern, außer
daß die meisten Schwarzsender nun unter
der Regie des DASD liefen. lmmerhin wurde
ab 1931 der Betrieb von Funksendern zu
Versuchszwecken in Funkvereinen wieder of-
fiziell erlaubt. Mit der Machtübernahme durch
die Nationalsozialisten begannen dann die
Versuche, die organisierten Amateure gleich-
zuscha lten.
Ulrich Kern
10
Radlo - Wunder der Alltäglichkeit
, Abb.9
Reicbsprösident t0il
Hitulenburg bei einer
Ru r t tlft o t kn r t s1>ra c ls e
lch fürchte mich vor dem Radio. Als der Jour- 1930 in der Zeitschrift "Querschnitt" seine
nalist Anton Kuh, einer der scharfzüngigsten Sorge vor dem Rundfunk äußerte, hatte das
Kritiker im Wien der frühen 2Oer Jahre und Medium schon lange seinen Siegeszug ange-
später in Berlin wegen seiner arroganten und treten. Des Österreichers Klage: Die Mensch-
aggressiven Schreibe ebenfalls gefürchtet, heit hat den Weltraum zu ihrem Grammophon
erniedrigt, ragte wie ein Fossil in eine Zeit, in
der Schriftsteller wie Benn, Brecht, Bronnen
Abb.8
Drci Röhrcn ReJlex oder Döblin den Rundfunk schon als "Kom-
en pfdtUler Telefuilkon munikationsapparat" entdeckt hatten und Ar-
3t26 a
beiter wie Funkamateure mit der Losung Ra-
dio für a//e seine Verbreitunq förderten. Den
langjährigen Meinungsstreit um das Medrum,
das wie kaum ein anderes in die private Späre
der Menschen eindrang und immer auch ein
Politikum war, brachte Bertold Brecht 1932
rückblickend auf den Punkt: 5o konnte die
Technik zu einer Zeit so weit sein, den Rund-
funk herauszubringen, wo die Gesellschaft
nicht so weit war, ihn aufzunehmen.
11
rül
/
tit,
Rundfunkindustrie entstand. Zehn Jahre, in
denen das Radio entscheidend zur Verbreitung
von lnformation und Sensation, Kultur und
Kitsch, Unterhaltung und Belehrung beitrug,
kurz: Wahrnehmungen veränderte, Horizonte
erweiterte und Meinungen prägte. Zehn Jahre
aber auch, nach denen man sich doch wieder
vor dem Radio fürchten konnte: Denn als mit
einem Fackelzug Hitlers Machtübernahme Abb. 1 1
J(itryerk rnponetteil
r01d IJdstleftcile
i r En p-
Schaltertisch der Post blättern müssen. "Klub
der Zaungäste" nannte sich deshalb eine Ber-
liner 5chwarzhörervereinigung, die nicht nur
12
die Vox-Sendungen, sondern auch die Lon- ten wie beispielsweise die "Surag" (Süddeut-
doner BBC illegal abhörte. Den nationalen sche Rundfunk-A.G ) Stuttgart gegründet wur-
Pathos, mit dem der "deutsche" Rundfunk den. Nun waren die sendetechnischen Voraus-
seine Karriere startete, kommentierte sie in setzungen geschaffen; mehrmalige Gesetzes-
einem Leserbrief vom Dezember 1923 novellierungen, Gebührennachlässe und sogar
ironisch: Aber daß Sie zum Schluß dreimal eine Amnestie fur Schwarzhörer (1924) sorg-
hintereinander dte deutsche Nationalhymne ten dafür, daß der "Radio-Sport" sich bald zu
spielen, das ist ern bißchen viel, denn Sie einem Massensport entwickelte. Diese Ent-
könnten ruhig ein wenrg Rücksicht auf die
Leute nehmen, die sich die drei Verse entblöß- Abb.12
nu d it i( D tel le W e i lJ nac l.ltett
ten Hauptes aufrecht vor ihrem Lautsprecher ntil tterter Tetl:rtik: Die
stehend anhören mr,ssen. Na- Mediett anirnt das Iarul
turlich hatten die Politiker die
Bedeutung des Rundfunks er- i
"*.{
kannt und nutzten die Gunst
der 5tunde: Erstmals wurde
die Weihnachtsansprache
eines Reichskanzlers am 25.
Dezember 1923 ausgestrahlt.
t3
Abb. 13
I:in l;ilnt iiber Liabe tuill
Rtt t ulftr rtk it t Det ts( l)
hrtrl, 1927
$
land 1923 bis 1933
t4
Abb.14
Fonti Iiertt refl' atn Radio
Nicht nur im Film wurde das Radio zu einem Durch unbegrenzte Weltenräume /
Thema, auch die Buhne qriff den "Funkzau- Verpflanzt die Welle Tat und Träume.
ber" auf: Kurt Schwitters und Käthe Steinitz Wir funken bis zum tJntergang/
lassen den Radio-Ansager Schmidt in ihrer lns Weltall kilometerlang
grotesken Oper "Zusammenstoß" ausrufen: Noch bis zum Schluß die krummen Beini/
Des weltberühmten Onkel Heini.
Und wenn die Welten untergehn/
So bleibtdie Welle doch bestehn. lm Variete und Kabarett waren aktuelle Cou-
Das Radio erzählt euch allen/ plets und Lieder wie Otto Reutters "Radio-
Was immer Neues vorgefallen. funken", der angeblich neueste Weltsilmmy-
Und funk ich hier ins Mikrophon/ Schlager mit dem Titel "lm Radiotelefunken-
Hört man rm Weltall jeden Ton f immel"oder der Rundfunk-Step "Bubi - ich
habe eine Radiostation" die Renner der Saison
1924. Dem Wiener Ronacher-Theater war das
Medium sogar eine eigene Revue unter dem
üüü g güü&eül? ggügüür7üüü[l Titel "Alles per Radio" wert Die Radiomanje
der Kulturszene komplett machten zahlreiche
Radioromane, deren erster 1924von Otfried
von Hanstein unter dem Titel "Der Telefunken-
\ Teufel" erschien.
s\
mmel Rundfunkindustrie -
-.ieb'Dten Himmel! Gründerboom und Konzentration
'nell durch den At'
Herstellung und Vertrieb von Rundf unkgeräten
waren genehmigungspflichtig 17 Firmen be-
warben sich mit Einf ührung des Rundfunks um
ü
.. atrtaet die begehrte Erlaubnis der Reichstelegraphen-
verwaltung (RTV) Darunter befanden sich Fir-
men wie AEG, Siemens, Lorenz und Huth, die
r5
Abb. 15
Sit'Dtcils G Ilalske D-21ry",
192.1 (lirtki; L()eu'e OF.
.l.l.j, 192(;i27 (ntitk ;
I'it\aqerd Tek\ 1921
bereits seit langem Funkerfahrungen besaßen, den Durchbruch des Radios zu einem Massen-
aber auch eine Reihe kleinerer Gesellschaften, medium?
die erst nach dem Krieg entstanden waren.
Wenrge Monate später, im März 1924, zählle Alle Radiohersteller mußten auf Patente von
man schon etwa 200 Anbieter auf dem N/arkt. "Telefunken" zuruckgreifen und beim Mono-
Ein Grunderboom war ausgebrochen in der polisten Lizenzrechte erwerben. Die AEG und
Hoffnung auf die schnell verdiente Mark Die- auch Siemens & Halske nutzten natürlich vor
se Goldgräberstimmung wich jedoch bald der der Freigabe der Rundfunkpatentrechte ihre
Ernüchterung angesichts der rigorosen Markt- Position aus und stellten schon 1923 eine
politik der fuhrenden Firmen. Die Entwicklung hochwertige, aber auch teure Empfangsanla-
in der Rundfunkindustrie wurde zu einem ge vor. Der "D-Zug" bestand aus verschiede-
Paradebeispiel für Marktregulierung, Konzen- nen Elementen, die - wie die Waggons eines
tration und Verdrängungswettbewerb in der Eisenbahnzuges - aneinandergekoppelt wer-
Weimarer Republik: 1932/33 gehörten dem den mußten: Das Audion Rfe 1 enthielt die
Rundfunkkartell nr-rr noch 39 Firmen an. Eine wichtigste Röhrenempfangsschaltung, der
von ihnen, die "Telefunken", zählte gar zu den Hochf requenzverstärker Rfv 2 ermöglichte den
vier führenden Funkfirmen der Welt und war Empfang auch entfernterer Sender, und der
eine der Hauptlieferanten von Sendetechnik. Niederfrequenzverstärker Rfv 1 ließ eine grö-
Eigentlich war Telefunken eine Gesellschaft ßere Lautstärke erzielen und ermöglichte den
von Juristen, Forschern und Erfindern, deren Empfang mittels vieler Kopf hörer oder eines
Geräte bei ihren Stamm- und Eigentumerfir- Lautsprechers. Solche Anlagen waren zwar
men AEG und Siemens & Halske produziert Meilensteine in der Rundf unkentwicklung,
wurden; gleichwohl vertrieb sie Empfänger un- aber die "röhrenlosen" und deshalb wesent-
ter eigenem Namen. Diese Firmen, aber auch lich preisgünstigeren Detektoren waren als
deren Konkurrenten wre Loewe, Blaupunkt Einstiegsmodelle in das Rundf unkzeitalter weit
oder Saba sind heute noch bekannt. Wer aber mehr verbreitet. Der Stuttgarter Radio-Bauer
verbindet mit "Baduf", "Deutsche Milophon", A. E. Pinggera stellte 1924 ebenfalls einen
"fefag", "Amato", "Reico" oder "Pinggera" Röhrenempfänger nach Telef unken-Patenten
t6
Abb. I 6, 17 ttnd la
Bekdttiltc Kr:i ttsI Ier e nt,
tl'l rfe i t fi: i t' Rd d k )fi m rc t t
V'eiltescltikler ttnd
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Abb.17
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Verhaufssteilc hier
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Abb. 18
vor; aber dem "Telos" fehlte der begehrte RTV-
Zulassungsstempel, ohne den kein Gerät in
den Handel gehen konnte. Der "Telos" könnte
eines jener Geräte sein, vor denen Telefunken
in Zeitungsannoncen wegen der Verletzung
von Patentrechten warnte. Die Firma Loewe
hatte mjt solchen Streitigkeiten nichts zu tun:
lhr Ortsempfänger (OE) 333 läutete 1926 die
Ara der preiswerten Kompaktempfänger (aller-
dings noch ohne Lautsprecher) ein. Zum sen-
sationell niedrigen Preis von 39,50 Mark ein-
schließlich Röhre wurde er zum Erfolgsmodell
der Firma - und fast schon ein Vorläufer des
Volksempfängers. Das Geheimnis bildete die
unter Mitwirkunq von Manfred von Ardenne
entwickelte "Mehrfachröhre", die einen kom-
pletten Dreiröhrenverstärker in sich vereinigte.
t7
Abb.20
Telefi}tkut A ntit B7A
KoPflt(ireßüinder
eingebautem Netzteil, als Hochpreisgeräte. AEG und Siemens als Eigentumer von Tele-
Sechs Empfänger- und zwei Gleichrichterröh- funken bauten in den 20er Jahren zielstrebig
ren versprachen zwar verbesserten Empfang, ihre marktbeherrschende Stellung aus. Mit
kosteten ledoch einen stolzen Preis. "Osram" besaßen die Firmen einen der gros-
sen Röhrenhersteller; nach und nach beteilig-
ten sie sich an den Rundfunkfirmen "Sachsen-
werk", "Detewe" und Heliowatt mit der da-
mals bekannten Marke "Nora". AlsTelefunken
und Lorenz 1927 gemeinsam ihren ehemali-
gen Konkurrenten Huth übernahmen, war der
Markt unter den Großen aufgeteilt: Rund 80
Firmen boten 1929 noch Radioempfänger an,
nur vier von ihnen bestritten ledoch die Hälfte
des Gesamtabsatzes.
18
Abb.21 und 22
Reico I?.F. 266 mit Bddttf-
Latüsprecber, ca. 1927
(iltett)
Philips Trpe 2511 uott
1928 ttlil L(tttsprec ber
Type 211.3 (unten)
t9
Abb.23
Gr()ß-Grdnt ill(il)Pott
" L.y ra ftl i r Ta t t zd ie let 4
ttnt 1910
während der ganzen Vorführung das ganze ab 1929/30 auf den Markt, und als man die
Zimmer mit den Augen ab, um zu entdecken, Sender auf größeren, mit Namen beschrifteten
wo ein Grammophon oder etwas ähnliches Skalen einstellen konnte (ab 1933), schien fast
stehe. Mit der Gewöhnung an das neue Me- leder Komfortwunsch erfüllt. Der Radioem-
dium jedoch veränderte sich auch der Um- pfänger hatte seine bis heute gültige Form ge-
gang; Kopfhörer galten plötzlich als zu wenig funden. Doch die Trennschärfe bei der Sender-
komfortabel, sie druckten auf die Ohren und einstellung war immer noch ein Problem, das
schränkten die Bewegungsfreiheit ein. Der erst mit einer neuen Generation von Rund-
Lautsprecherempfang setzte sich nun schnell funkempfängern, den sogenannten "Super-
durch; zunächst besaßen die "lautsprechen- hets", ab 932 gelöst werden konnte; diese
'1
den Telefone" eine Trichterform, ab 1927/28 Geräte boten dann eine hohe Empfangslei-
wurden die neu entwickelten Konuslautspre- stung bei einfacherer "Einknopfbedienung".
cher in Holz- oder Bakelitgehäusen unterge-
bracht. Die lndustrie bot in schneller Folge im- Wie im Radiobau gelang es auch in der Wei-
mer komfortablere Empfangsgeräte an: Ab terentwicklung der Grammophone und der
1927 brauchte man für den Empfänger dann Plattenaufnahmen, den Komfort zu erhöhen,
keine Batterien und Akkumulatoren zur Strom- einen reineren Hörgenuß den Kunden anzu-
versorgung mehr, sondern konnte sein Radio bieten; die Grammophon- und Plattenindustrie
einfach an die Steckdose anschließen - f ur nahm teil am Aufschwung der Massenmedien:
Gleich- oder Wechselstrom gab es unterschied- Neue Musik, zum Teil aus Amerika kommend,
liche Empfänger. Radios mit eingebauten Laut- eroberte sich Marktanteile, neue elektroakusti-
sprechern kamen dann in größerer Stuckzahl sche Aufnahmeverfahren wurden entwickelt
20
Abb.25
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G I tit k
tl tui11 IIo lt I u,e itt :
lic b e l?e i se, t.l t rb-
S/ücQche
OlJittultttclz, 90 t 59t nt,
tttn 1925
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FIARIIONIITS
SIXGEX XURäFÜR ODEOX
Einer der ersten deutschen Hörspielautoren,
Otto Alfred Palitzsch, hatte diese klassenuber-
greifende Attraktivität des Mediums 1927
zt
den Rundfunkskeptikern geweissagt: Das Ra-
dio hat sich in aller Stille eingeschlichen. Heu-
te gehön es zum Wohnungsinventar wie Zier-
schrank und Topfpflanze. Anscheinend unbe-
teiligt, bedeckt mit Spulen, Drähten, Hartgum-
gummischeiben, stehen die magischen Kästen
in ihren Ecken. [...] Alle jene, die wie altgedien-
te Kavalleriepferde nur auf festgelegte Signale
hören, auf die Signale der überlieferten Kultur,
werden solche Experimente schlankweg ab-
Abb.26 lehnen. Aber der Rundfunk ist da, und er wird
Hirrcin in den Arbeiter-
Radio-Buttd sich in so rapidem Tempo entwickeln, daß
den unberufenen Hütern der Vergangenheit
schwind lig werden wi rd.
Horst Steffens
22
zitierte und weiterfühf ende Literatur
Eeide Autoren danken Herrn Günter Abele, Stuttgart, für Höckel, Alfons:
sachkundigen Rat. Die Deutsche Rundf unkindustrie
Diss. Heidelberg 1937.
Abele, Günter: Leipziq 1938.
Radio Nostalqie. Vom Detektor zum Transistor
Wien 1993. Kaes, Anton (Hg.):
Weimarer Republik. Manifeste und Dokumente zur
Börner, Herbert: deutschen Literartur 1918 - 33.
Unser Radio. Kleine Geschichte des Rundfunkempfängers. Stuttgart 1983.
Hrsg. vom Stadtmuseum Weimar.
Weimar'1983. KoerneL W.F.:
Geschichte des Amateurf unks.
Dahl, Peter: Seine Anfänge - Seine Entwicklung in Deutschland.
Arbeitersender und Volksempfänger. Proletarische Gerlingen o. j. (1963).
Radiobewegung und bürgerlicher Rundfunk bis 1945
Frankfurt a. M. 1978. Köster, Heinrich:
Der deutsche Markt für Rundfunkgeräte.
De Soto, Clinton: Diss. Hannover 1939.
200 meters & down. Dortmund'1940.
West Hartford 1936.
Lerg, Winfried B.:
Erb, Ernst: Rundfunkpolitik in der Weimarer Republik.
Radios von Gestern. (= Rundfunk in Deutschland, hrsg. von Hans Bausch, Bd.'1).
Luzern 1 989. Milnchen 1980
Titelbild
Familie hört mit Freunden Radio, 27. 12.1927
Deutsches Rundfunkarchiv, Frankfurt a. M.
Abb. 1, 2, 3,4,5,6,7
Leihgabe: Günter Abele, Stuttgart
Foto: Landesmuseum für Technik und Arbeit in Mannheim
Abb.8,19,20,21,22
Günter Abele, Stuttgart
Abb.9, 12,14
Deutsches Rundfunkarchiv Frankfurt a. M.
Abb.26
Friedrich-Ebert-Stiftung/Archiv f ür Soziale Demokratie, Bonn
Rückseite
Grammophon Concert Automatique
Landesmuseum für Technik und Arbeit in Mannheim