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Alpingeschichte kurz und bündiG

Das Lesachtal
Walter Mair

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BUND EUROPÄISCHER
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Europäischer Landwirtschaftsfonds
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Alpingeschichte kurz und bündig
Das Lesachtal

Walter Mair

Oesterreichischer Alpenverein
Innsbruck, 2011

Die Initiative „Bergsteigerdörfer” ist ein Projekt des Oesterreichischen Alpenvereins


und wird aus Mitteln des österreichischen Bundesministeriums für Land- und Forst-
wirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft (Lebensministerium) und des Europäi-
schen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums gefördert.
Inhalt

Vorwort 6
Daten und Fakten 9
Siedlungs- und Wirtschaftsgeschichte 13
Die Lesachtaler Straße – eine Lebensader 21
Eine Gemeinde, vier Dörfer 27
Ploutschn, Gölz und Gose – Mundart im Lesachtal 49
Die frühen Jahre im Tourismus 53
Lesachtaler Bergführer 69
Krieg am Karnischen Kamm 77
Ein bewegtes Jahrhundert 81
Wandern, Bergsteigen, Schitouren 87
Urlaub am Bauernhof 101

Danksagung 113
Verwendete Literatur 114
Adressen 116
Alpenvereinshütten 116
Bergsteigerdörfer – Bestelladresse
und weiterführende Literatur 117
Bildnachweis 121
Impressum 122
6 7

Vorwort
die Umsetzung der Alpenkonventi- zur vertieften Einsicht in die alpinis-
Der Oesterreichische Alpenverein ist licher Dienstleistungen und Grund- on und auch für dieses Projekt mit tische Entwicklung der Gemeinden
traditionell dem ländlichen Raum daseinsfunktionen betroffen. Ohne ausgewählten österreichischen Al- bei BesucherInnen und Gästen bei
des Berggebietes verbunden, wo der Zweifel gehören diesen Regionen pendörfern. Die Deklaration weist in und bietet auch der einheimischen
Schwerpunkt seiner alpinen Infra- auch die Sympathien und die Wert- zwei Artikeln ausdrücklich auf die in Bevölkerung bessere Einblicke in die
strukturen liegt, die Arbeitsgebiete der schätzung zahlreicher FreundInnen. der Grundkonzeption des Bergsteiger- Alpinhistorie. Beides soll den Stellen-
Sektionen zu betreuen sind und sich Das macht stolz, trägt aber wenig zur dorfprojektes verankerten Ziele hin: wert des Alpinismus in der Gemeinde
die alpine Heimat für Tausende von Sicherung der wirtschaftlichen Exis- - Anerkennung der Bedeutung der erhöhen und festigen. Denn Alpinis-
BergsteigerInnen, BergwanderInnen tenz bei. Es gilt also, die offensichtliche alpinen ländlichen Räume als viel- mus und naturnaher Alpintourismus
und FreundInnen der Alpen auftut. Wertschätzung in mehr Wertschöp- fältige, heterogene, eigenständige – wie ihn die Alpenkonvention als Teil
Der OeAV hat sich auch verpflichtet, fung münden zu lassen. Wirtschafts-, Natur- und Kultur- der Nachhaltigkeitsstrategie für den
das von den acht Alpenstaaten und Die Alpenkonvention spricht sich in standorte und Förderung integrierter Alpenraum versteht – brauchen eine
der Europäischen Gemeinschaft ge- mehreren Durchführungsprotokol- Strategien, die an ihre jeweiligen Po- geistige Verankerung. Zugleich geht
meinsam entwickelte und getragene len für die Stärkung des ländlichen tenziale angepasst sind; es darum, dem Alpinismus und da-
Vertragswerk der Alpenkonvention zu Raumes aus. Etwa im Tourismuspro- - Erforschung, Erhaltung und Ent- mit der Möglichkeit zu Individualität,
fördern und umzusetzen. Die Alpen- tokoll, wo sich die Vertragsparteien wicklung des vorhandenen materi- Spontanität und persönlicher Entfal-
konvention ist d a s Instrument zur verpflichten, die Wettbewerbsfähig- ellen und immateriellen Kulturerbes tung genügend Raum zu geben, nach-
nachhaltigen Entwicklung des Alpen- keit des naturnahen Alpentourismus sowie der überlieferten Kenntnisse. dem die verschiedenen Interessen und
raumes. Daraus leiten sich gemein- zu stärken. Für den OeAV sind der Alpinismus so- Widmungen am Gebirgsraum stetig
same Interessen ab, die sich im OeAV- Das Projekt „Bergsteigerdörfer“ des wie die Tätigkeit der alpinen Vereine steigen.
Projekt zur Stärkung österreichischer OeAV weist nicht nur eine Nähe zu den von der Pionierzeit bis herauf zu den Der Oesterreichische Alpenverein be-
Bergsteigerdörfer im Rahmen des Durchführungsprotokollen „Touris- von der einheimischen Bevölkerung dankt sich beim Autor dieses Bandes
Programms „Ländliche Entwicklung mus“ und „Raumplanung und nach- mitgetragenen Ausprägungen ein zur Alpingeschichte Lesachtal sowie
2007−2013” des österreichischen Le- haltige Entwicklung“ auf, sondern ganz wesentlicher Bestandteil des bei allen, die mit ihrem Wissen und/
bensministeriums treffen. insbesondere zur Deklaration „Bevöl- dörflichen und regionalen Kulturerbes oder ihrer Mitarbeit einen Beitrag
Der naturnahe Alpintourismus ist ein kerung und Kultur“. Diese Deklaration und der Identität der Menschen. dazu geleistet haben.
wichtiges Standbein für die wirtschaft- wurde 2006 auf der IX. Alpenkonferenz Neben der Darstellung des alpintou-
liche Existenz vieler Bergregionen, vor der Umweltminister in Alpbach/Tirol ristischen Angebots stellt deshalb die
allem in entwicklungsschwachen beschlossen und ist eine Klammer der Aufarbeitung der Alpingeschichte die- Peter Haßlacher
und entlegeneren Alpentälern. Meist Konvention zu den in den Alpen leben- ser Orte in kurzer und bündiger Form Leiter der Fachabteilung
sind diese Gebiete von Bevölkerungs- den und wirtschaftenden Menschen. einen Meilenstein im Gesamtmosaik Raumplanung/Naturschutz
schwund sowie dem Verlust öffent- Sie ist ein tragfähiges Fundament für des Projektes dar. Das Ergebnis trägt des Oesterreichischen Alpenvereins
9
Eich- und Vermessungswesen in Wien, T2010/71027)
Kartenausschnitt ÖK, Originalmaßstab 1:200.000 (© BEV 2010, Vervielfältigung mit Genehmigung des BEV − Bundesamt für

Daten und Fakten

Die heutige Gemeinde Lesachtal lern Frohn, Wiesen, Xaveriberg, Tuff-


(190,62 km²), politischer Bezirk Her- bad;
magor, besteht seit dem Jahr 1973 Liesing, 1.043 m, mit den Siedlun-
und umfasst die vier ehemaligen gen und Weilern Obergail, Nieder-
Gemeinden: gail, Stabenthein, Klebas, Tscheltsch,
Maria Luggau, 1.179 m, mit den Ladstatt, Pallas, Assing, Oberring,
Siedlungen und Weilern Raut, Scha- Durnthal;
de, Moos, Sterzen, Guggenberg, Sa- Birnbaum, 966 m, mit den Siedlun-
lach, Promeggen, Oberluggau; gen und Weilern Mattling, Nostra,
St. Lorenzen, 1.128 m, mit den Wei- Egg, Kornat, Wodmaier.

Belegbar ist die Bevölkerungsentwicklung von 1869–2010. In diesen 140


Jahren ist die Bevölkerungszahl um ein Drittel gesunken.

Wohnbevölkerung: 1869 1900 1961 2001 2010


2165 2149 1915 1560 1479

Nächtigungszahlen:
Die Gemeinde Lesachtal verzeich- Das Wappen der Gemeinde Lesach-
net seit dem Beginn der 1960er-Jah- tal versinnbildlicht mit vier Bäumen
re einen deutlichen Nächtigungs- in Grün und Weiß auf gegenglei-
zuwachs. Im Jahr 2000 wurden an chem Farbgrund die vier ursprüng-
die 100.000 Nächtigungen, 2009 lich selbständigen Dörfer. Die Bäu-
117.000 Nächtigungen gezählt. me beziehen sich auf die slawische
20% entfallen auf den Winter, 80% Bezeichnung Lessawe = Wald, bei
auf den Sommer. Bei rund 1.000 den Waldleuten.
Gästebetten bedeutet dies eine Durch die Topographie bedingt,
Jahresauslastung von 100 Vollbe- kleben die Ortschaften auf alten,
legstagen. eiszeitlichen Talböden hoch über
10 11

dem schluchtartig vertieften Gail- tel, 1.526 m, beherrscht das Lesach-


fluss oder noch höher auf schmalen tal mit beachtlichen Gefällestufen
Hangleisten. bis auf 700 m Seehöhe. Dann beru-
Überwiegend befinden sich Sied- higt sich der insgesamt 85 Kilome-
lungen an der Sonnseite. Mit Salach ter lange Gailfluss, ist aber immer
(1.426 m) liegt Kärntens höchstge- noch ein freier, rasch fließender
legener Weiler im Lesachtal. Gebirgsbach bis ins Villacher Feld,
Sitz der Gemeinde Lesachtal ist mit der Mündung am „Gailspitz“ bei
Liesing. Orte und Weiler sind durch Villach.
die tiefe Gailschlucht getrennt und Das Gebiet der Gemeinde Lesachtal
durch Gräben untereinander. Dies umfasst eine Länge von 13 Kilome-
ist eine enorme Herausforderung tern. Höchster Punkt auf dem Ge-
für die Verkehrswege. 72 Gräben meindegebiet ist die Hohe Warte,
und Schluchten zwischen Maria 2.780 m, am Karnischen Kamm. Der
Luggau und Kötschach erzwangen tiefste Punkt liegt auf 790 m, bei der
kostspielige Brücken, allen voran Gail südöstlich vom Wodmaier.
die „kleine Europabrücke“, die Rade- Die stürmische, ungebändigte Zeit
gundbrücke bei Wiesen, westlich der Gail begann mit dem allmäh-
von St. Lorenzen. lichen Abschmelzen der Gletscher
Die nahezu schnurgerade, von West in der Würmeis-Epoche (20.000–
nach Ost verlaufende Längstalfur- 10.000 v. Chr.). Die Gail wühlte sich
che der Gail – die längste der Ostal- bis 200 m unterhalb des glazialen
pen – erscheint als einheitliches Tal, Talbodens V-förmig zur schmal ge-
wenngleich einzelne Abschnitte kerbten Gailschlucht ein.
bedeutende Unterschiede aufwei-
sen. Im Süden wird das Tal vom Kar-
nischen Kamm, im Norden von den
Gailtaler Alpen begrenzt.
Die Große Gail, mit der in Moos und
Erde gebetteten Quellstube auf der
Zu Füßen der hochgelegenen Ortschaft Nostra grub die Gail eine tiefe Schlucht. Tannwiese auf dem Kartitscher Sat-
12 13

Siedlungs- und
Wirtschaftsgeschichte

Im Katastralschätzungsoperate des schlechter auf. Die Grafen von Görz,


Stabilen Katasters von 1827 steht: die sich bis 1060 zurückverfolgen
„Das ganze dieses Hochlandes stellt lassen, in Lienz Sitz und Residenz
als Merkmal dar, dass der Nothstand hatten und in Oberkärnten große
unter den Völkern der Vorzeit äußerst Besitzungen erwarben. Als zweites
groß seyen musste, als die ersten An- deutsches Adelsgeschlecht treten
siedler sich entschlossen haben, in im 12. Jahrhundert im Obergailer
dieser Wildnis ihr Heil und ihre Subsis- Tal die Herren von Reiffenberg als
tenz zu suchen.“ Grundherren auf.
Recht spät tritt das Lesachtal aus Um 1375 zeigt das Lesachtal bereits
dem geschichtlichen Dunkel. Wer ein abgeschlossenes Siedlungsbild
die ersten Siedler wirklich waren, und weist ebenso eine geschlosse-
lässt sich nicht mehr genau fest- ne Verwaltungseinheit mit dem Ge-
stellen. Um die Mitte des 8. Jahr- richt „Lessach“ (1318–1422) auf.
hunderts gründete der Bajuwaren- Die Volksüberlieferung weiß von ei-
Herzog Tassilo das Benediktinerstift ner alten Burg auf der „Pichlrüben“
Innichen und vermachte dem Klos- oberhalb der Ortschaft Durnthal zu
ter kurz vor seinem Tode mehrere erzählen, wo einst ein Graf gehaust
Almen. Dazu zählten jene in Ualdo- haben soll. Später wurde das Ge-
monega (in Untertilliach, Frontal, richt nach Pittersberg (Laas) verlegt.
Valferina, heute Niedergailer Tal). Nach dem Aussterben der Reiffen-
Zwei Jahrhunderte war das west- berger um 1372 fielen ihre Güter an
liche Lesachtal dem Stift Innichen die Grafen von Görz. Im Frieden von
untertan. Pusarnitz (1460) kam das Tal unter
Im Zusammenhang mit der Ent- die Hoheit der Habsburger mit Kai-
wicklung des Lehenwesens tauch- ser Friedrich III. 1502 verpfändete
ten im 11. und 12. Jahrhundert im Kaiser Maximilian das Tal seinem
Oberluggau, der älteste Teil von Maria Luggau Lesachtal zwei deutsche Adelsge- Buchhalter Jakob Villinger. 1524
14 15

fiel das Tal an Gabriel Salamanca. Durch die Grundentlastungsgeset- den finden sich nur an den sonnsei- deland benützt haben.
1640–1662 waren die Grafen Wid- ze von 1848 wurden die Siedlungen tigen Terrassen zwischen St. Jakob Das älteste Fundstück des Tales,
man von Ortenburg Grundherren. und Höfe den darauf ansässigen und St. Lorenzen. Der Auftrieb der eine spätantike Lanze, stammt von
Diese verkauften die bäuerlichen Bauern als freies Eigentum zuer- Tiere erfolgte vom Drautal entlang der Tscheltscher Alpe. Univ.-Prof.
Güter schließlich an den römischen kannt. des Pirkachgrabens über den Mil- Dr. Eric Szameit vom Institut für
Reichsfürsten Ferdinand von Porcia. nazensattel in die Almgebiete von Ur- und Frühgeschichte der Uni-
Liesing und St. Lorenzen und über versität Wien datierte die Lanze in
die Pirkachscharte in den Bereich die zweite Hälfte des 5. bis in das
Slawische Wurzeln des Grifitzbühels und auf die Rau- 6. Jahrhundert. Es handelt sich mit
teralm. Als erste Almgebiete schei- größter Wahrscheinlichkeit um eine
Der Name Lesachtal lässt sich nach nen im Görzer Urbar von 1375 die römische Speerspitze. Das Fund-
Matthias Lexer aus dem slawischen „Traperch“ bzw. die „Kornater Alpe“ stück führt in eine Zeit zurück, in
„Lessawe“ herleiten und heißt so- auf. Ähnlich den Slawen dürften der das Lesachtal noch nicht besie-
viel wie „bei den Waldleuten“. In auch die Romanen südlich der delt war, kann aber in Zusammen-
einer „Morgengabenweisung“ an Karnischen Hauptkette einzelne hang mit der Osttiroler Römerstadt
seine Mutter, mit der Ulrich von Talhänge des Lesachtales als Wei- Aguntum gebracht werden.
Reiffenberg auf Einkünfte aus sei-
nen „Lesawer“ Gütern verweist,
wird der Name des Tales 1299 erst- Bergbau, Vieh- und Forstwirtschaft
mals urkundlich erwähnt.
Doch lange vorher dürften Slawen Der Bergbau soll im Lesachtal be- ten auf diese Zeit zurückzuführen
sich im Tal sesshaft gemacht haben. reits vor der ersten Jahrtausend- sein.
Der Name des Tales, der Gailfluss, wende voll geblüht haben. Nach Der Haupterwerbszweig der
viele Ortsnamen wie Gentschach, Überlieferungen durchwanderten Lesachtaler Wirtschaft war die
Strajach, Podlanig, Liesing u. a. er- Bergknappen aus Württemberg das Viehzucht und die damit verbun-
innern an die ersten Bewohner. Tal auf der Suche nach Erzen und dene Milchwirtschaft und Käseer-
Die Lage des Tales, seine Unweg- Edelmetallen. Im Radegundtal und zeugung. „In keinem Teil des Lan-
samkeit, besonders aber seine am Fuße des Lumkofels sollen sie des“, schreibt Heinrich Hermann in
strengen Winter, führten zur An- fündig geworden sein. Flurnamen der Zeitschrift Carinthia 1836, „wird
Spätantike Lanzenspitze, gefunden nahme, dass das Tal anfangs nur als wie Knappengrube, Schmelzgrube die Viehzucht mit solcher Vorlie-
auf der Tscheltscher Alpe Sommerweide diente. Diese Wei- oder der Ortsname Ladstatt könn- be betrieben wie im Lesachthale.“
16 17

lich die Wälder in Hofnähe wurden vertrauten Männern bewerkstelligt


für Brenn- und Bauholz sowie zur werden. Begünstigt wurde das ge-
Streugewinnung genutzt. fährliche Triften vom Wasserhoch-
Um 1820 ließen die Grundherren stand der Gail während der Schnee-
ihre Wälder durch italienische Fir- schmelze. Erdbraun zeigte sich die
men stark lichten. Das Holz wur- Gail, wenn, durch Hagelschlag in
de im Winter über die Karnischen seitlichen Bergtälern geschürt, die
Grenzpässe, durch das Frohn- und
Niedergailer Tal weiter nach Veneti-
en geliefert.
Überliefert ist, dass mangels ge-
eigneter Verkehrswege auf der Gail
jährlich 10.000 bis 30.000 Festmeter
Holz talaus befördert wurden. Das
so genannte Triften, das lose Trei-
ben einzelner Holzstämme, konnte
Nach der Mahd auf Heimgutflächen ging es für mehrere Wochen auf die Almen. nur von kräftigen, mit dieser Arbeit Gefährliches Holzziehen, um 1950

Im Frühjahr zogen die Lesachtaler schnittlich 600 Ochsen und 1.500


Bauern selbst auf die entlegensten Mastschafe verkauft. Sehr früh wer-
Viehmärkte und kauften dort Rin- den auch heimische Viehmärkte
der und Schafe zur Sommerung genannt. So sind 1763 der Barthl-
auf ihren ausgedehnten Almen, um mä- und der Lukasmarkt in Maria
sie im Herbst weiterzuverkaufen. Luggau und in Liesing der Peters-
Dabei zogen sie mit ihren Viehher- und Kleinfrauenmarkt urkundlich
den teilweise bis nach Paris. Neben festgehalten. Natürlich kam diesen
Frankreich bildeten die Schweiz, Märkten früher eine ganz andere
Venetien und Südtirol die besten wirtschaftliche Bedeutung als heu-
Absatzgebiete. So wurden noch te zu.
im 19. Jahrhundert allein nach Ve- Bis 1800 war die Forstwirtschaft
nedig und Südtirol jährlich durch- vollkommen bedeutungslos. Ledig- Holzarbeitertrupp im Lesachtal, Anfang des 20. Jahrhunderts
18 19

Flut hoch durch die Schluchtenge in der Landwirtschaft sind Vieh- Post- und Verkehrswesen
tobte. Gelegentlich ließ Starkre- zucht und Milchwirtschaft. Viele
gen im Spätherbst die Gail wieder Almen bieten dafür die Grundlage. Bis ins 16. Jahrhundert war ein aus- die Verbesserung der Straße in den
anschwellen, sodass weitere „Holz- Durch das Zubrot aus dem Tou- getretener Saumweg die einzige 1880er-Jahren war die Einführung
fuhren“ auf schnellen Wellen das Tal rismus können viele Familien von Verbindung ins benachbarte Gail- einer regelmäßig fahrenden Post-
hinabtrifteten. der Landwirtschaft als Vollerwerbs- tal und nach Tirol. Mit dem Bau der kutsche möglich. Um vier Uhr früh
Die Landwirtschaft war als Wirt- bauern bestehen. Die Symbiose Luggauer Wallfahrtskirche lag es war Abfahrt in Maria Luggau, 10
schaftszweig bis in die Mitte des 20. Landwirtschaft und Tourismus hält im Interesse der Grundherren von Uhr Ankunft in Kötschach, 13 Uhr
Jahrhunderts Brotgeber für etwa die Zahl der Auspendler gering. Ortenburg und der ansässigen Pat- Abfahrt in Kötschach, 19 Uhr An-
die Hälfte der Bevölkerung, zur Zeit Kleingewerbebetriebe wie Tischler, res, eine ständig passierbare Straße kunft in Maria Luggau. Ab 1927,
sind es an die zehn Prozent der Tal- Maurer und Elektriker haben sich durch das Tal zu errichten (siehe nach dem neuerlichen Ausbau der
bewohnerInnen. Haupteinnahmen im Lesachtal gut etabliert. nächstes Kapitel). Straße, übernahm der Autobus den
1866 erhielt Maria Luggau das ers- Postverkehr durch das Lesachtal.
Paarhöfe aus Holz te Postamt, das zweite Lesachtaler
Postamt wurde ab 1890 in Birn- Im Herbst 1908 wurde von Sillian
Lange dominierte im Lesachtal fen, Zuhäusl und Mühle liegen ihrer baum vom Gastwirt Johann Huber über Kartitsch, Luggau und Liesing
die Holzblockbauweise. Massives Bestimmung gemäß über das zu- betrieben. 1895 wurde in Liesing nach Birnbaum die erste Telefonlei-
Mauerwerk beschränkte sich auf gehörige Feldland verstreut. ein ständiges Postamt eingerichtet tung gelegt und das erste Gespräch
den Keller, allenfalls auf das Erd- Durch ein breites Vorhaus, die und erst 1913 in St. Lorenzen. Durch am 17. Jänner 1909 geführt.
geschoß. Die Steinbauweise fand „Labe“, wird das Bauernhaus in zwei
lediglich bei Kapellen und Kirchen Hälften geteilt: Küche und Speis
Anwendung. In bäuerlichen Sied- (Garnle) auf der einen Seite, Stube
lungsgebieten wurde der Getrei- und Kammer, durch getrennte Ein-
despeicher mit Steinen zum Schutz gänge geteilt, auf der anderen. Die
vor Feuer errichtet. Speis ist meistens nur durch die Kü-
Im Lesachtal sind vorwiegend Paar- che erreichbar.
höfe zu finden – das Wohnhaus und Neben dem Paarhof ist auch der
das Wirtschaftsgebäude stehen ge- Typ des Einheitshauses, in dem
trennt nebeneinander. In unmittel- Wohn- und Wirtschaftsgebäude
barer Nähe befindet sich noch ein unter einem Dach untergebracht
feuersicherer Kornkasten. Schup- sind, im Tal vertreten.
20 21

Die Lesachtaler Strasse –


eine Lebensader

Das Luggauer Klosterarchiv enthält dieser Zustand vollauf.


in 16 Urkunden und einem Urbari- Als 1640 nach dem Aussterben des
um Daten aus dem 16., 17. und 18. Salamankischen Geschlechtes die
Jahrhundert über die Lesachtaler Grafschaft Ortenburg an das vene-
Straße. Als im Jahre 1513 in einem zianische Adelsgeschlecht der Wid-
Weizenacker der „Windaue“ zu ei- mann überging, ließ Graf Martin
nem in einer hölzernen Kapelle Widmann von Ortenburg 1651 die
aufgestellten Muttergottesbild ein Lesachtalstraße neu anlegen, die
großer Zulauf entstand und in den durch Sprengungen und umfang-
folgenden Jahren an derselben Stel- reiche Grabungen weit oberhalb
le Johann von Manndorf, der Pfle- des der Gail folgenden alten Saum-
ger (= Verwalter) von Pittersberg, weges entstand. Nach den Berich-
die herrliche gotische Kirche „Maria ten des Ortenburger Urbariums war
Schnee“ zu Luggau erbauen ließ, „disse Außgeworffne Landstraße
war der Hauptzugang zu diesem mit Waagen Zu Fahren, dem Gatl zu
Wallfahrtsort von Kötschach nach reithen, als Auch zu Fueß zu gehen“.
Luggau nicht mehr als ein elender Der Graf verpflichtete die Lesachta-
Saumweg. ler Untertanen zur Instandhaltung
Nur während des Luggauer Kir- der Straße von der Tiroler Grenze
chenbaues wurde der in vielen bis Kötschach. Laut einer Verord-
Windungen zwischen Gailschlucht nung des Pflegeamtes von Pitters-
und hochliegenden Einschichthö- berg vom 15. Oktober 1653 wurden
fen führende Weg etwas verbessert. allen straßennahen Dörfern und an-
Im übrigen blieb es ein Karrenweg geschlossenen kleinen Ortschaften
für Saumesel und mit Ochsen be- bis zu den höchstgelegenen Höfen
spannte zweirädrige Leiterwagen. straßenerhaltende Verpflichtungen
Den Bedürfnissen der Talbewohne- auferlegt. Nur im Winter oder bei
Blick vom Xaveriberg auf St. Lorenzen und Liesing rInnen der damaligen Zeit genügte geringfügigen Schäden waren die
22 23

BewohnerInnen der hochgelege- brechliche Menschen von der Stra-


nen Weiler von den Frohndiensten ßenpflege befreit. Ein besonderes
befreit. In jeder Ortschaft beaufsich- Augenmerk galt den zahlreichen
tigte ein Bauer die Robotschichten, „Pruggen“, deren Tragbäume aus
und diese scheuten sich auch nicht, Lärchen von den nächstgelegenen
ungehorsame und widerspensti- Bauern an Ort und Stelle zu liefern
ge Untertanen beim Pflegegericht waren.
Pittersberg anzuzeigen. Die Be- Ab dem 23. April 1661 stellte das
strafung erfolgte mit 10 Dukaten Pflegeamt Pittersberg „Wegmais-
Gold, bei Zahlungsunfähigkeit ter“ an, die mit entsprechenden
drohten acht Tage lang „Keiche (= Vollmachten und Pflichten ausge-
Verwahrung) bei wasser und brott“. stattet waren. Sie hatten zweimal
Ausdrücklich waren Kinder und ge- in der Woche und außerdem nach

Maria Luggau um 1930, Blick ins Ebnertal

jedem Platzregen und Schneefall briefe des Pflegeamtes Pittersberg


die jeweils ihnen zugewiesene Stre- bewegten die leidgeprüften Bau-
cke abzugehen und bei größeren ern zu Robottagesschichten, die
Schäden die zuständigen Bauern zu einschließlich Mittagspause auf 13
unentgeltlicher Arbeit einzuteilen. Stunden, von 6 Uhr früh bis 7 Uhr
Später wurden Wegbaukundige abends, festgelegt waren.
rekrutiert, die besonders nach Ele- Als 1848 dem Fürsten Alphons von
mentarereignissen zum Einsatz ge- Porcia, Graf von Ortenburg, die
langten. Trotzdem wies die Lesach- Gerichtsbarkeit und die Dienstbar-
taler Straße bisweilen arge Mängel keitsrechte über seine Untertanen
auf oder war wie im Sommer 1747 durch den Staat entzogen wurden,
nach Unwettern gänzlich unpas- hatten die erzwungenen Arbeits-
Der erste regelmäßige Postkraftwagenverkehr im Lesachtal um 1928 sierbar. Erst geharnischte Droh- leistungen nach 200 Jahren ein
24 25

Kriegsgefangene, woran eine Ge- tete französische General, zog 1809 erneut an. Parallel dazu erfolgte
denktafel erinnert. von Kötschach nach Luggau. Wäh- auch der kontinuierliche Ausbau
Ein geregelter Kraftwagenverkehr rend des Ersten Weltkrieges war die der Lesachtaler Straße, der heuti-
scheiterte bis 1928 am schlechten Lesachtaler Straße fast ausschließ- gen Bundesstraße, mit großartigen
Bauzustand der 61 Kilometer lan- lich Militärstraße. Einer der weni- Brückenbauten und entsprechen-
gen Strecke von Kötschach-Mau- gen friedlichen Wanderer war der den Sanierungen, ohne jedoch
then bis Sillian. Auch traute man Lesachtaler Postbote, der dreimal in eine die Talbevölkerung belastende
vielen Brücken nicht. Erst als der der Woche den Weg von Kötschach Durchzugsstraße entstehen zu las-
Unternehmer Ortner in Mauthen nach Luggau und zurück ging. sen. Seit knapp 50 Jahren hat das
1927 auf eigene Faust einen Som- Den allmählichen Aufschwung des Lesachtal nun eine solide Bundes-
merverkehr durchführte, schloss Fremdenverkehrs in den folgenden straße, die zur Lebensader des Tales
sich ihm die Kärntner Postverwal- Jahren beendete der Zweite Welt- geworden ist.
tung 1928 mit einem regelmäßigen krieg. Danach wuchs der Tourismus
Kraftwagenverkehr an. In Richtung
Eduard-Pichl-Hütte wurden auf der
Plöckenstraße zwei Haltestellen
Der Gasthof Bäckwirt ist neben der Wall- eingerichtet.
fahrtskirche eines der ältesten Gebäude in Der größte Teil der Fremden, die
Maria Luggau. vom 16. bis ins 19. Jahrhundert
durch das Lesachtal zogen, waren
Ende. Nun waren die Talgemeinden Wallfahrer in Richtung Maria Lug-
zuständig. In den 1880er-Jahren gau. Auch Soldaten zogen immer
wurden unter Graf Martin Widmann wieder die Lesachtaler Straße ent-
und Freiherr von Schmied-Zabie- lang. Tiroler Schützenbataillone von
row bedeutende Verbesserungen Taufers, Sillian und Windisch-Matrei
entlang der Straße vorgenommen. zogen durch das Tal und über den
Im Ersten Weltkrieg ließ das Militär- Plöcken in das Friaulische, den Fran-
kommando unter Oberst Fasser die zosen entgegen. Der Lesachtaler
Straße mit Kriegsgefangenen pro- Landsturm marschierte auf seiner
visorisch erweitern. Bei den Straja- Heimatstraße nach Kötschach.
cher Kehren machten dies russische Auch General Ruska, der gefürch- Haltestelle für den Postkraftwagen bei St. Lorenzen, um 1935
26 27

Eine Gemeinde, vier Dörfer

Maria Luggau, 1.179 m, ist das 1591 übernahmen die Franziskaner


religiöse Zentrum und ein viel be- die seelsorgliche Betreuung der
suchter, weit über die Grenzen hi- Wallfahrt.
naus bekannter Wallfahrtsort. Zu 1635 wurde dem Servitenorden die
den großen Marienfesten im Herbst Wallfahrt anvertraut, ehe fünf Jahre
pilgern auf Grund von alten Gelöb- später ein Brand das Kloster zerstör-
nissen alljährlich viele Menschen te.
auch aus den fernen Nachbarorten 1733 entstand das Kloster in seiner
Sappada (54 km), Forni Avoltri oder heutigen Form, und 1913 beging
Oberdrauburg im Drautal nach Ma- man das 400-jährige Jubiläum der
ria Luggau. Marienerscheinung.
2004 jährte sich die Wallfahrt von 1986 erhob Papst Johannes Paul
Sappada über den Passo Sesis und II. die Wallfahrtskirche zur „Basilica
das Bladnerjoch, 2.127 m, am Karni- minor“.
schen Kamm zum 200sten Mal. 1994 feierte die Pfarrgemeinde Ma-
Untrennbar mit Maria Luggau ver- ria Luggau 400-jährigen Bestand.
bunden ist die geschichtsträchtige
Kirche Maria Schnee. 1513
hatte die Bäuerin Helena
Unterluggauerin eine Marie-
nerscheinung. Deshalb wur-
de ein kleiner Bildstock und
bald eine Kapelle erbaut.
1515 erfolgte die Grundstein-
legung für die Wallfahrtskir-
che, die nach fast 20-jähriger
Bauzeit vom Weihbischof des
Patriarchen von Aquileia auf
den Namen „Maria Schnee“ Eine alte Bäuerin, die Striedermutter, in
Blick vom Weiler Raut auf das tiefer gelegene Maria Luggau geweiht wurde. Stoffanell, Maria Luggau 1934
28 29

Die Mühlen im Lesachtal den wildromantischen Gräben und denen das angebaute
Das wald- und wasserreiche Lesach- Seitentälern. Dies bezeugt eine ge- Getreide – Roggen, Wei-
tal beginnt an der Landesgrenze naue Aufzeichnung des Mühlma- zen, Hafer und Gerste –,
zwischen Osttirol und Kärnten. Dort chers Franz Salcher aus Liesing. Um ja sogar Fichtennadeln
grüßt die Wachterbachmühle, im 1940 gab es im Kärntner Teil des Le- (zu „Schwarzem Leck“)
Tal der hundert Mühlen. Als eines sachtales, von Maria Luggau bis St. gemahlen wurden. Da
der schönsten Bergtäler im Alpen- Jakob, 195 Mühlen. die Vegetationszeit auf
raum wurde es als umweltfreund- 72 Bäche von Norden und zehn gro- 1.000 m Seehöhe rela-
lichstes und naturbelassenstes Tal ße Bachläufe von den Karnischen tiv kurz ist und das Ge-
Europas ausgezeichnet. Hier klap- Alpen im Süden ermöglichten den treide spät reift, wollten
perten einst zahlreiche Mühlen in Bau vieler kleiner Bauernmühlen, in alle im Frühling und
Herbst zur gleichen Zeit Die alten Rauter Mühlen im Ebnertal
mahlen. Also baute sich
fast jeder Bauer nahe an seinem Hof noch vereinzelt entdeckt man heu-
eine eigene Mühle. In Maria Luggau te Spuren der einstigen Mühlen,
mit rund 70 Bauernhöfen standen wobei Maria Luggau eine rühmliche
55 Mühlen an den Seitenbächen Ausnahme macht.
der schäumenden Gail. Als der Um 1970 sammelten sich einige
elektrische Strom ins Tal kam, die Idealisten, um die noch bestehen-
Straße ausgebaut wurde und große den, jahrhundertealten Mühlen
Lastwägen von der landwirtschaftli- ihrer ursprünglichen Aufgabe, dem
chen Genossenschaft billiges Futter Kornmahlen zuzuführen. Es ent-
und Brotgetreide liefern konnten, stand ein lehrreicher kleiner Ausflug
reduzierte sich der Kornanbau zu zwischen Einst und Jetzt, eine Wan-
Gunsten des Grünlandes. Viele Bau- derung am Luggauer Mühlenweg.
ern rissen ihre kleinen Wassermüh- Er führt vom Lesachtaler Bauernla-
len ab und stellten ein mit Elektro- den den Trattenbach hinauf und am
motor betriebenes Mahlwerk in ihr alten Bäckwirt vorbei zum Zimmra-
„Futterhaus“. Viele der noch intak- haus mit der originalen Lüftlmalerei
Wasserradmühlen in Maria Luggau, im Hintergrund die Ortsteile Schade ten Mühlen zerstörte die großen „renofiert 1826“ zu „Paul Guggen-
(unten) und hangaufwärts Raut Hochwasser der Jahre 1965/66. Nur bergers Handlung“, einem ehema-
30 31

die Kirchengründerin Helena Unter- Themenwanderweg, vier Kilome-


luggauerin lebte. Schließlich führt ter vom Mühlenweg Maria Luggau
der Weg zum Kloster der Serviten entfernt, ist der Natur- und Kultur-
und abschließend zum Lesachtaler lehrpfad „Kraftquelle Radegund“.
Bauernladen, in dem 50 Familien Der Ausgangspunkt befindet sich
des Tales ihre Produkte in Direktver- beim großen Mühlrad am Rastplatz
marktung anbieten. Das jahrhun- an der Radegundbrücke westlich
dertealte Bauernhaus wurde von von St. Lorenzen. Der Erlebnisweg
der Familie Lugger 1990 von der für Kinder und Erwachsene führt
„Schattseit‘n“ auf die „Sunnseit‘n“ zu einer historischen Dorfschmie-
originalgetreu übertragen und ist de, die sich noch im Urzustand be-
ein richtiges Schmuckstück von Ma- findet. Dabei kommt man auch am
ria Luggau. Kirchlein St. Radegund vorbei, dem
ältesten Bauwerk und sakralen Hei-
Ein weiterer sehr empfehlenswerter ligtum des Lesachtales.
Das einst ungestüme Trattenbachl in Maria Luggau, um 1950

ligen dörflichen „Supermarkt“, wei- ist auch ein Teil des Pilgerweges
ter zur Hansilermühle, mit einem über den Kofel, vom Pustertal nach
kleinen Museum „Des Bauern Sach Maria Luggau. In der Ronahütte
und Zeug“. Dann folgen kurz hin- kann der Wanderer im Film „Das Tal
tereinander noch vier Mühlen, in der hundert Mühlen“ die Zeit Re-
denen heute noch mit Wasserkraft vue passieren lassen. Dieses wert-
das Korn gemahlen wird: Vorbeter-, volle zeitgeschichtliche Dokument
Großn-, Richter-Freiberger- und wurde im Jahre 1952 gedreht und
Mattlamühle. Auf dem Weg steht zeigt viele der alten Wassermühlen
auch eine uralte Brechlstube zur in Maria Luggau, St. Lorenzen und
Flachs- und Hanfverarbeitung. An Liesing.
der Brücke über den Trattenbach Der Rundgang führt zurück durch
lädt der Wallfahrerbrunnen zur Er- den Weiler Oberluggau mit bemal-
frischung ein, denn der Mühlenweg ten Bauernhäusern, wo um 1500 Der jetzige Lesachtaler Bauernladen stand ursprünglich als Lechnerhof im Ortsteil Moos.
32 33

Weitere beeindruckende Stationen zahlreiche Archive und publizier- der Siedlung thront die schöne
am idyllischen Lehrpfad sind eine te sein Wissen in verschiedenen gotische Kirche St. Laurentius.
funktionstüchtige Wassermühle, Osttiroler und Kärntner Medien. Er Ein Meilenstein in der Lesachtaler
ein neues und altes Wasserkraft- verfasste u. a. auch die Luggauer Schulgeschichte wurde mit der
werk und ein kleines Bildmuseum. Gemeindechronik und das Luggau- Hauptschule am Westrand des Or-
Bäuerliche Gebäude aus vergange- er Wallfahrtsspiel „Das Bildstöckl im tes gesetzt. Die großartige Rade-
nen Tagen runden das Bild ab. Lesachtal“. Seit 1988 trägt die Volks- gundbrücke überquert seit 1964 ei-
schule im Heimatort seinen Namen. nen der tiefsten der 72 Gräben des
Thomas Tiefenbacher (1892–1970) Lesachtales. Sie beeindruckt neben
ist als Heimatforscher, Historiker, St. Lorenzen, 1.127 m, das ziem- anderen mächtigen Brückenbau-
Volkskundler und Schriftsteller be- lich große Pfarrdorf mit relativ ten wie der Hacklgrabenbrücke
kannt. Er wurde 1952 als einfacher geschlossenem Ortsbild, liegt auf östlich von St. Lorenzen oder jener
Bergbauer Ehrenbürger von Ma- einer breiten Ebene. Am Nordrand über den Podlaniggraben und der
ria Luggau. Thomas Tiefenbacher
Thomas Tiefenbacher zählt zu den zeichnete sich durch seine Liebe
angesehensten Persönlichkeiten in zur Geschichte des Landes aus.
Maria Luggau. Er sammelte Urkunden, besuchte

Der Tomlahof, das Geburtshaus von Thomas Tiefenbacher St. Lorenzen im Lesachtal, Anfang des 20. Jahrhunderts
34 35

2003 errichteten Stampfgraben- Das Tuffbad – ein Gesundbrun- Klosterarchiv erzählen die Ge-
brücke, westlich von St. Jakob. nen, rund drei Kilometer oder schichte des Almbades. Im Zuge
Das Kirchlein St. Radegund im Ra- eine Gehstunde nordwestlich von der Beschaffung von Medikamen-
degundgraben steht an der Kreu- St. Radegund liegt auf einer sanft ten für die Lesachtaler Apotheke,
zung uralter Saumwege. Die Weihe ansteigenden Bergwiese, am Zu- die von den Luggauer Serviten im
erfolgte 1058. Bezeichnungen wie sammenfluss des Tuffbaches mit 18. Jahrhundert für die Bewohner
Römerstein, Frohn, Gosta lassen ei- dem Wildsenderbach, das Tuffbad von Kötschach bis Sillian geführt
nen römischen Einfluss vermuten. auf 1.260 m Seehöhe. Ehemals ein wurde, stiegen botanisch geschulte
Ein Saumpfad führte zur Römerzeit altes Bauernbad, ist das Tuffbad Ordensbrüder und Patres Sommer
von Aguntum bei Lienz über den heute mit seiner Umgebung ein für Sommer in den Dolomiten und
Das Radegundkirchl, ältestes sakrales Zochenpass nach Radegund und kleines Paradies in bekannt schöner Karnischen Bergen umher. Sie sam-
Kleinod im Lesachtal, westlich von durch das Frohntal in das heutige Bergnatur. melten Heilkräuter und Alpenpflan-
St. Lorenzen Italien. Vergilbte Urkunden im Luggauer zen, trockneten diese, stampften

Die sehenswerte gotische Pfarrkirche in St. Lorenzen Das Tuffbad um die Mitte des 20. Jahrhunderts
36 37

sie im Winter zu Pulver und koch- so häufig fließenden Wasser im Ra-


ten daraus Mixturen und heilende degundtale auf dem Tupfboden“
Tränklein. die Errichtung einer Badehütte zum
Bei diesen Wanderungen entdeck- Eigengebrauch des Klosterkon-
ten die „Kräuterbrüder“ die mi- vents und zur Erholung kränklicher
neralischen Quellen am Fuße der Patres.
Wildsendergruppe. Auf Ansuchen Die zuerst erbaute Anlage hatte
des Luggauer Konvents bewilligte den Umfang einer Almhütte, darin
der Grundherr des Lesachtales, Al- ein Kupferkessel und zwei hölzerne
phons Gabriel Fürst von Porcia, Graf Badewannen. Über 50 Jahre dien-
von Ortenburg, den Patres im Jahre te dieses Bad für das Kloster Maria
1765 bei dem „von Gottes Gnaden Luggau, ehe um 1820 die Badehüt-

Der Arbeitertrupp nach Fertigstellung des Tuffbades, um 1933

te in Verfall geriet. die Badeanlage zu entnehmen. Das


Über Auftrag der fürstlich porcia- notwendige Brennmaterial muss in
schen Hauptmannschaft in Spittal den bestockten Nachbarschaftswei-
vom 20. Juni 1831 wurde die Nach- den geschlägert werden.
barschaft Wiesen-Xaveriberg in St. II) Die Nachbarschaft hat der Grund-
Lorenzen als Nutznießerin der Tuf- herrschaft eine jährliche Dominikal-
falm angewiesen, die Badeanlage abgabe von 12 Kreuzern zu zahlen,
wiederaufzubauen. Ein Vertrag vom weiters ein Ehrungsgeld von 2 Gul-
17. September 1832 regelte die hier den zu entrichten.
zusammengefassten Rechte und III) Falls sich der Ertrag des Badebe-
Pflichten: triebes in späteren Jahren steigern
I) Der Nachbarschaft ist es nicht sollte, ist die jährliche Abgabe in
gestattet, aus den nahen herr- dem entsprechenden Verhältnis zu
Das Tuffbad ist zum bekannten Wellnesshotel ausgebaut worden. schaftlichen Waldungen Holz für erhöhen.
38 39

Unter weiteren Pflichten wurde ein Almwellnesshotel und Ferien-


auch ein Wassernutzungsrecht auf häuser verfügt, über das Land hin-
die Dauer von 15 Jahren verliehen. ausgetragen.
Der Vertrag ist vom Vizedomamt Um das Tuffbad spinnen sich auch
der Grafschaft Ortenburg in Spittal alte Sagen und historische Berich-
am 7. Oktober 1832 ratifiziert wor- te. So bestand bereits im Mittelal-
den. Diese Vereinbarung wurde im ter über diese Höhenregionen ein
Zuge der Grundentlastungsgesetze Saumpfad vom Lienzer Becken über
1848/49 gegenstandslos, seitdem den Zochenpass zur Tuffalm, weiter
ist die Nachbarschaft Xaveriberg durch den Radegundgraben ins
(Gemeinschaft lokaler Bauern) un- Frohntal und über den Karnischen
beschränkte Grundeigentümerin Kamm ins Quellgebiet des Taglia-
und Besitzerin. 1833/34 entstand mento und der Piave nach Udine
ein einstöckiger Bau mit Badeka- und Belluno. Kleine Karawanen
binen und 1840 eine Kapelle mit brachten Waren auf Tragtieren über
Messlizenz, dem hl. Hadrian ge- diese Abkürzungslinie der Gailberg-
weiht. Plöckenstraße von Lienz nach Friaul
Nach neuesten Untersuchungen und zurück. Damals waren diese
durch das Forschungsinstitut Gas- Talbereiche Hoheitsgebiet der Gra-
tein handelt es sich beim Tuffbad fen von Görz, die auf Schloss Bruck
um eine laue Calcium-Magnesium- in Lienz residierten und deren Han-
Sulfat-Quelle, die sich bei verschie- delsbestrebungen diese Passüber-
denen rheumatischen Erkrankun- gänge dienten.
gen, leichten bis mittelschweren
Diabetesfällen, Gicht, entzündli- Liesing, 1.044 m, ist ein kulturelles
chen Prozessen im Magen-Darm- Zentrum, wurde 1287 erstmals ur-
Kanal, Steinbildung in den Nieren- kundlich erwähnt und war bis 1973
wegen u. a. bewährt. eine selbständige Gemeinde. Eini-
Die schöne Lage und eine fast ge der Orts- und Weilernamen um
200-jährige Tradition haben den Liesing bezeugen die Bergbauver-
Ruf des Tuffbades, das heute über gangenheit mit noch ersichtlichen Liesing mit Pfarre St. Nikolaus und den nordseitigen Bergsiedlungen
40 41

Stollen des Kupferabbaues im Be- Jahr. Hier treffen sich MusikerInnen Univ.-Prof. Dr. Matthias von Lexer
reich des 2.287 m hohen Lumkofels. aus dem gesamten Alpenraum und (1830–1892) ist als Germanist und
Auch verschiedene Flurnamen wie bereichern so das Kulturangebot im Lexikograph bekannt geworden.
Ladstatt, Schmelzgrube, Knappen- Tal. Liesing hat auch großen Anteil 1862 erschien sein „Kärntisch Wör-
grube u. a. weisen darauf hin. an Kärntens Sagenliteratur. terbuch“ und darauf folgend das
Die Bevölkerung von Liesing ist Ein Treffpunkt ist auch das Dorf- und dreibändige „Mittelhochdeutsche
kulturell besonders aktiv. Die Brotfest jeweils am ersten Samstag Handwörterbuch“, ein bis heute viel
Trachtenkapelle seit 1828 und der im September, mit Feldmesse und gerühmtes Standardwerk, das als
Gemischte Chor Liesing seit 1954 Darbietungen der Trachtenkapelle. Taschenwörterbuch 37 Auflagen
haben eine lange Tradition. Eine al- Der Krämermarkt oder Kleine Frau- erfuhr, wofür Lexer hohe Auszeich-
penländische Volksmusikakademie enmarkt findet am 9. September nungen verliehen worden sind. An
besteht seit 2006 mit Kursen und statt. Erwähnenswert ist auch das den begabten Sprachforscher erin-
Veranstaltungen über das ganze Klebakirchl westlich von Liesing. nert man sich in Liesing mit einer
Gedenktafel und mit der nach ihm
benannten Volksschule. Lexers El-
ternhaus stand im Liesinggraben Matthias von Lexer, Germanist und
und ist 1872 einem Hochwasser Lexikograph aus Liesing
zum Opfer gefallen.
tarren her und bewies sein Können
Johann Lexer, der Geigenbauer mit erstaunlichem Erfolg bei Violen,
von Liesing (1904–1980), hat sich Celli und dem an die zwei Meter
durch zahlreiche Kompositionen, großen Kontrabass.
im Besonderen durch den Marsch
„Hoch Lesachtal“ einen Namen ge- Birnbaum, 960 m, liegt in der Mit-
macht. Der ehemalige Kapellmeis- te des bis Kötschach/Mauthen
ter der Trachtenkapelle Liesing be- reichenden Kärntner Lesachtales.
herrschte meisterlich das Handwerk Unter den vier Dörfern der Ge-
des Geigenbauers. Die Instrumente meinde Lesachtal ist Birnbaum das
erzeugte er sehr zahlreich und in al- östlichste. Halb auf einer Terrasse,
len Größen und Varianten. Ebenso halb auf dem Hang, bietet das Dorf
Der alte Dorfbrunnen um 1930 in der Ortsmitte von Liesing stellte er mehrere Harfen und Gi- Birnbaum einen malerischen Blick
42 43

auf die gegenüber der Gail hoch- von Birnbaum und ein Gedenkstein verstorbenen k.u.k. Soldaten. taliana brunuliflora). Nach Süden
ragenden Gipfel am Karnischen erinnern an die vielen, hoch im Wo- Einen freundlichen Akzent verlei- reihen sich kulissenhaft Berge um
Kamm. Ein Kriegerdenkmal östlich layertal durch Lawinen und Kälte hen der Landschaft die hölzernen, die Hohe Warte, 2.780 m, die Köni-
wettergegerbten Harpfen, so ge- gin am Karnischen Kamm. In ihrem
nannte Kösn für Getreidegarben. Schoß ruht der Wolayer See, ein Na-
Hangaufwärts schließt sich die klei- turjuwel und landschaftlicher Stolz
ne Siedlung Kornat, 1.032 m, mit des Lesachtales.
der Pfarrkirche St. Johann Baptist, Für Kontakte zwischen Einhei-
eng an Birnbaum an. mischen und Gästen sorgt die
Majestätisch thront die Plenge, 1952 gegründete Bauernkapelle
2.373 m, als imposanter Hausberg Birnbaum. Auch der Kärntner Lie-
im Süden mit einmaligem Flora- derfürst Thomas Koschat machte
schatz – u. a. mit der für Österreich seinerzeit bei den Sängern und Mu-
neu entdeckten Goldprimel (Bi- sikern in Birnbaum gerne Rast.

Birnbaum, die Dorfmitte, um 1930 Kornat bei Birnbaum mit Volksschule (links), Pfarrhof und Kirche
44 45

Die Nachbarn aus dem Comelico – Sappada (Bladen, ca.


das Gelübde von 1804 1.250 m, Provinz Belluno)
am Oberlauf der Piave
und ihrer Zuläufe, be-
In längst vergangene Jahrhunder- Auswanderer in der Hoffnung auf steht aus 14 Ortschaften
te führt diese Geschichte zurück, ein besseres Leben in den südlich bzw. Weilern, die – wie
in eine Zeit bitterer Not. Sie zwang des Karnischen Kammes gelegenen auch die ringsum auf-
viele Menschen, ganze Familien Comelico, in das nach sprachwis- ragenden Berge – deut-
ihre Heimat, vorwiegend im Pus- senschaftlichen Untersuchungen sche Namen tragen. Bis
ter- und Villgratental zu verlassen. Eberhard Kranzmayers im 13. Jahr- heute hat sich dort eine
In mehreren Wellen und noch Ende hundert gegründete Bladen. deutsche Sprachinsel
des 16. Jahrhunderts zogen die Die kleine Subregion Comelico und erhalten. In Sappada/
„Plodn“ sprechen rund
die Hälfte der 1.400 Ein-
wohnerInnen einen ei-
gentümlich klingenden
Tiroler Dialekt, das „Plod-
nerische“, während im
Comelico die ladinische
Sprache vorherrscht.
Mehrfach war das Gebiet
von Naturkatastrophen
betroffen. Das Korn ver- Calvihütte (Rifugio Calvi), 2.164 m, und Passo Sesis
brannte unter der Son-
nenglut oder erfror in
kalten Juninächten. Als noch eine und durch den vollen Tag führende
Viehseuche die Herden lichtete, ge- Gelöbnisgang jährte sich im Jahr
lobten die Leidgeprüften 1804, mit 2004 zum 200sten Mal. Jeweils am
einer Wallfahrt nach Maria Luggau dritten Samstag im September
die „Gespenster“ bannen zu wollen. brechen Hundertschaften bei der
Sappada Der um Mitternacht beginnende St.-Oswald-Kirche in Cima Sappa-
46 47

Im Dunkel der losen Gruppen, schweigend oder


Nacht geht es hi- halblaut betend, erreichen die Wall-
nauf zum Rifugio fahrer auf schmalem Pfad das Hoch-
Sorgente di Piave, weißsteinhaus, 1.868 m.
im Bereich der Pi- Danach gilt es eine Talstufe hinab
avequellen. Dann zur Ingridhütte auf der Frohnalm,
verengt sich der 1.651 m, zu überwinden. Wenn
Weg zum Steig, die Wallfahrer dort das Almgatter
und im Morgen- durchschreiten, werden sie gezählt.
grauen machen 711 Personen nahmen bei der Ju-
die Wallfahrer bei biläumswallfahrt 2004 teil, nicht
der Calvihütte, selten sind es 1.000 und mehr. Über
2.164 m, kurz Rast. die kleine Bergsiedlung Oberfrohn
Bei gutem Wet- erreichen die Pilger schließlich ihr
ter werden die Ziel, wo sie mit dem Marsch „Hoch
Wallfahrer mit Lesachtal“ von der Maria Luggauer Nach einer Tageswanderung passieren
einem herrlichen Musikkapelle vor den Toren der Ba- die Wallfahrer aus Cima Sappada die
Sonnenaufgang silika empfangen werden. Kapelle auf Oberfrohn.
am Passo Sesis,
2.280 m, auf der
Scheitelstelle am
Karnischen Kamm,
belohnt.
Den Pass bewacht
Am Passo Sesis (2.280 m) überschreiten die eine in Bronze ge-
Wallfahrer den Karnischen Kamm. fertigte kleine Ma-
donna. Sie schaut
da (Oberbladen), 1.290 m, drei Ki- mit den Menschen auf die grenz-
lometer östlich von Sappada, auf nahen, taubenetzten Bergmatten Der Kirchenchor
und verlassen die Ortschaft auf in Richtung Mittersattel (Bladner in Maria Luggau,
dem Weg in das Val Sesis (Zötztal). Joch, Staatsgrenze). Einzeln oder in um 1890
48 49

Ploutschn, Gölz und Gose

Die Mundart des Kärntner Lesachta- Zweisprachigkeit Kärntens und jen-


les ist wohl eine der eigentümlichs- seits der Staatsgrenze zu Italien ver-
ten und gleichzeitig am wenigsten mutet kaum jemand ein slawisches
erforschten. Sie wird in der Fachli- respektive romanisches Substrat-
teratur den Tiroler Mundarten zu- oder Lehnwort in dieser Mundart.
gerechnet, während das Lesachtal Umso bemerkenswerter ist es, dass
geografisch eindeutig in Kärnten Fragmente davon noch heute in
liegt. Dieser Umstand mag einer der Flurnamen und Alltagssprache ver-
Hauptgründe dafür sein, dass sich wendet werden.
die Lesachtaler Mundart lange Zeit Die südlich angrenzenden Landstri-
eher im Abseits der wissenschaftli- che, die Carnia und das Cadore, sind
chen Interessen befand und weder dem romanischen Kulturkreis zu-
von Tiroler noch von Kärntner Seite zurechnen. Durch die Almnutzung
erforscht wurde. Zwei sprachwis- in den karnischen Nebentälern des
senschaftlich wie kulturgeschicht- Lesachtales kam es zu wirtschaftli-
lich herausragende Pionierwerke chen Verbindungen mit den südlich
zum Lesachtal seien an dieser Stelle angrenzenden Gebieten. Urkund-
Wolle spinnen an langen Winterabenden in St. Lorenzen, um 1935 aber erwähnt: das „Kärntische Wör- liche Belege bestätigen, dass die
terbuch“ von Matthias von Lexer Almen im Hintergrund des Luggau-
und die „Dialektgeographie des
Lesachtales“ von Wilfried Schabus
(Dissertation, 1971).
Das Gebirgstal stellt sich bei ein-
gehender Betrachtung als sprach-
wissenschaftlich ausgesprochen
reicher und mannigfaltiger Lebens-
raum dar, handelt es sich doch um
ein deutsch-slawisch-romanisches
Berührungsfeld. Fernab von der
Lesachtaler Bauer, um 1900
50 51

er-, Frohn- und Niedergailertales im romanische Lehnwörter. Viele von Ein großer Teil der slowenischen so auch ins Lesachtal. Bei den Flur-
Mittelalter von jenseits des Gebir- ihnen sind auch in den angrenzen- Lehnwörter fand unter den Bedin- namen dürfte es sich dagegen um
ges, also von der Carnia aus, genutzt den Gebieten wie z. B. Osttirol bzw. gungen der Zweisprachigkeit Ein- echte Relikte aus der Zeit slawischer
wurden. Für das ähnlich situierte in anderen Bundesländern Öster- gang in die Kärntner Mundarten, Besiedelung handeln.
Wolayer Tal ist diese Überjochnut- reichs geläufig. Eine ausführliche
zung aufgrund seines romanischen Zusammenstellung romanischer
Namens ebenfalls wahrscheinlich, und slawischer Lehnwörter in den Pograt ‚Bretterbett, Lagerstätte’: slow. pograd ‚Pritsche’
allerdings nicht urkundlich belegt. Kärntner Mundarten bietet Heinz Geröfl ‚Geröll, Steinhaufen’: slow. groblja, -lje ‚Steinhaufen‘
Die folgende Liste enthält einige für Dieter Pohl in seiner Monographie Klitsch ‚abgesonderter, kleiner Stall’: slow. mundartlich kletič ‚Käfig’ (zu klet
die Lesachtaler Mundart typische „Kleine Kärntner Mundartkunde“. ‚Keller’)
Rakl ‚Holzstange, Trockengerüst für Heu’: zu slow. rakla ‚Pfahl‘
alåwante ‚schnell, schleunigst’: ital. all’avanti Tschoje ‚Eichelhäher’: slow. šoja ‚Eichelhäher‘
Ploutschn ‚großes Pflanzenblatt’: ladinisch pleča ‚großes Blatt’ Les ‚Holz, Nutzholz, Wald’: slow. les; in Zusammenhang mit diesem Ap-
Tåm(b)er ‚Pferch, verlegbarer Schafpferch’: alpines Substratwort tamar, z.B. fur- pellativ sei kurz auf den Namen Lesachtal selbst eingegangen; eine
lanisch tàmar ‚Pferch’; ist auch Bestandteil von zahlreichen Flurnamen Erwähnung aus dem Jahre 1366 lautet in Lessach. Für das Jahr 1467
im Lesachtal, z.B. Gāßetumå ist die Erwähnung in Lessawe belegt. Kranzmayer leitet den Talnamen
von sl. *Lêšah ‚bei den Waldleuten’ ab. Er geht davon aus, dass einem
Troje ‚ausgetretener Viehweg, beidseitig eingezäunter Almweg’: alpines Gailtaler, der vom Lesachtal durch einen Wald getrennt ist, der Lesa-
Substratwort, rom. *trogio-, lad. troi, furl. tròi cher als Waldbewohner erscheinen muss.
Frate ‚Waldlichtung, Holzschlag’: furl. fràte ‚entwaldete Stelle’, lad. fratta- Politze Im Kontext der Flurnamenkunde legt Heinz-Dieter Pohl das Appellativ
da ‚Lawinenholz’ (ital. fratta ‚Hecke, Gestrüpp’, lad. frata ‚Gestrüpp, polica mit ‚Terrasse, Geländestufe, ebene Fläche’ fest
Schlucht’)
Nifitze Zu slow. njivica ‚Äckerlein‘, kleiner Acker
Lōwasn ‚Sauerampfer’: lat. lapathum, lappaceum, furl. lavàz, lad. lavazzas,
lavač Gölz Zu slow. gol ‚kahl, nackt‘ […] Pohl leitet Golz/Golec von slaw. *golьcь,
Lāne ‚Lawine’, Lāner ‚Lawinengang’ (auch häufiger Bestandteil von Flurna- später *golica ‚Kahlenberg’ ab
men z.B. Langlaner, Marchlaner etc.): zu lat. labina ‚Erdsturz’
Marende ‚Nachmittagsjause’: ital. merenda ‚Vesperbrot, Jause’, furl. ma-, mirìnda’
Gose Zu rom. casa, lat. casa ‚Häuschen, Hütte’; in der Toponymie ‚Almhütte,
auf der gesennt (also die Milch verarbeitet) wird’
52 53

Die frühen Jahre im Tourismus

Mit der Gründung der Section seehütte am herrlich gelegenen


Obergailthal am 6. Mai 1894 in Köt- gleichnamigen See eröffnet. Ing.
schach, die mit 55 Mitgliedern die Eduard Pichl forcierte den Weg- und
210. Sektion des DuOeAV bildete, Steigbau und setzte die touristische
traten die Karnischen Berge aus ih- Erschließung mit zahlreichen Neu-
rer Anonymität. Schon in den Jah- touren am Karnischen Kamm fort.
ren zuvor hatten Pioniere aus der Triebkräfte des Fremdenverkehrs
Gründergeneration des Alpenver- waren die Gastwirte, die als Erste
eins einige Gipfel am Karnischen den wirtschaftlichen Vorteil erkann-
Kamm bestiegen. ten und sich um entsprechende
Noch im ausgehenden 19. Jahr- Modernisierung ihrer Häuser für die
hundert entdeckten immer mehr steigende Zahl an Gästebeherber-
Touristen und Bergsteiger das Le- gungen bemühten.
sachtal. 1897 wurde die Wolayer-

Auf den Hochweissstein im Jahre 1864


Unverkennbar und eindrucksvoll Wilderer auf sich genommen.
ragt der Hochweißstein (Mon- Um die Mitte des 19. Jahrhunderts
te Peralba), 2.694 m, ein kantiger tauchten schließlich auswärtige
Felsklotz, frei und allseitig schön, Bergsteiger auf, geführt von orts-
etwas südlich des Karnischen kundigen, einheimischen „Bergfüh-
Hauptkammes auf. rern“. So waren am Ende des 19.
Erst verhältnismäßig spät hat die Jahrhunderts fast alle Gipfel der
touristische Erschließung in den Karnischen Region erstiegen, der
Karnischen Alpen eingesetzt. Zuvor Hochweißstein erstmals 1854.
hatten das Wagnis einer Erstbege- Von einer zehn Jahre späteren Er-
hung meist Einheimische, Hirten, steigung schreibt Edmund v. Moj-
Die Raudenspitze, 2.507 m, ein Bergziel nahe dem Hochweißsteinhaus Bauern, Jäger, nicht selten auch sisovics im ÖAV-Jahrbuch 1865:
54 55

ten dem Anführer, der mit zwischen die Ingridhütte und ein ten Edelweiß pflücken und bereits
einer Laterne den Weg hin- geräumiger Stall stehen und wohin eine herrliche Aussicht auf die fernen
ab in die tiefe Gailschlucht man heute auf ruppigem Weg rela- Tauern und die nahen Dolomiten-
spärlich ausleuchtet. Schmal tiv bequem mit dem Pkw gelangt. burgen genießen. Der imposante
ist der Holzsteg über dem Nur ein Viehsteig windet sich hinauf Anblick auf die Wände des Hochweiß-
brausenden Bach und nicht zur Johanniseben, wo bereits da- steins machte auf drei meiner Beglei-
minder steil die bewaldete mals, die zum Hochweißstein stre- ter einen derartigen Eindruck, dass
Stufe hinauf in den Weiler bende Gruppe einen „Unterstand sie offen ihre Scheu aussprachen und
Frohn. Gedämpft fällt das für nötig hielt“ und wo 1926/27 das erklärten, die Tour abzubrechen.
Licht aus den kleinen Fens- Hochweißsteinhaus erbaut wurde. Desto rascher konnten wir übrigen
tern wegnaher Ställe und als „Hinauf zur Passhöhe (7.281 Fuß) – ein treu gebliebener Herr aus Köt-
dunkle Schatten umgrenzen kann man sich Körbe voll der schöns- schach, ich und der junge, verwege-
die hochragenden Berge das
Frohntal. Das Ziel der Gruppe
ist der „Hochweißstein (8.500
Fuß), dessen prachtvolle Aus-
sicht auch der vielgewan-
derte Herr Dr. v. Ruthner für
vollkommen hält“. Schon aus
dem Frohntal bewundern
Der Hochweißstein, 2.694 m, über dem sie respektvoll das „zart von
Hochalpljoch erster Sonne erhellte hoch-
wandige Felsenamphithea-
„Bevor noch der Morgen graute, tref- ter“ des Hochweißsteins und halten
fen sich einige liebe Freunde aus dem nach gut drei Stunden Rast „in der
Gailthale, denen auch einmal die Lust Sennhütte und bei den Enzianbren-
gekommen war, die Welt von oben nern am Boden im bergumstellten
anzuschauen.“ Talschluß.“
Noch in der mondlosen Nacht ver- Was Mojsisovics „am Boden“ be-
lässt die Gruppe die Vierzehn-Not- nennt, ist die ausgedehnte Berg-
helfer-Kapelle in Wiesen und folg- mahd auf der Frohnalm, wo in- Wolayerseewarte, 2.595 m, links die Kellerspitzen
56 57

ne Führer Lugger aus Frohn bei St. ten ich und Lugger allein zum Gipfel, stellt. Richtig betriebsbereit
Lorenzen – unserem stolzen Ziele den wir in den späten Vormittagstun- war die Hütte 1928. Adam
zustreben. Wir kletterten die steilen, den erreichten.“ Salcher, der Postwirt aus St.
aber gefahrlosen Wände hinauf, an Mojsisovics wurde nicht müde, die Lorenzen, wird als erster Hüt-
einigen mit Eis gefüllten alten Gru- fantastische Aussicht zu preisen tenwirt geführt. Die gesamte
benlöchern vorbei, dann über Geröll- und die Tour für halbwegs geübte Verpflegung für Wanderer
streifen und schließlich durch einen Bergsteiger zu loben. musste von St. Lorenzen bis
kaminartigen Einschnitt auf die Höhe „Es lohnt sich gewiß für andere Parti- zum Hochweißsteinhaus ge-
der Wände. en des herrlichen Lessachthales ihre tragen werden, nicht selten
Wir waren bei der östlichsten Gratspit- Schritte diesem Berg zuzuwenden dreimal am Tag. Die Hütte
ze und weiter zur höheren westlichen und dieser so wenig erforschten Grup- wurde in den Nachkriegs-
Erhebung blieb auch mein letzter pe der Karnischen Alpen eine nicht ge- jahren völlig geplündert und
Gailthaler Freund zurück. So kletter- ringe Aufmerksamkeit zu schenken.“ weitgehend zerstört. Ein Wie-
deraufbau erfolgte 1949, eine
kleine Materialseilbahn er-
Geschichte des Hochweisssteinhauses, 1.868 m leichterte den Hüttenbetrieb
ab 1963. Anfang 1970 wurde
Das Frohntal war schon zur römi- Im Juni 1922 beabsichtigte die AV- von den Dolomitenfreunden
schen Zeit von strategischer Bedeu- Sektion Lienz im Gebiet des Hoch- und dem Alpenverein unter
tung und lange später als Übergang weißsteins eine Hütte zu errichten. Prof. Walther Schaumann der Das 2009 renovierte Hochweißsteinhaus,
für den Warenverkehr nach Italien Auch die Sektion Austria hatte Karnische Höhenweg nahezu 1.868 m, mit Torkarspitze, 2.513 m
nützlich. Unmengen an Holz aus reges Interesse an einem solchen lückenlos ausgebaut. Dies
dem Lesachtal gelangten über die Vorhaben. Unterstützung fand sie erhöhte die Zahl der Hüttenbesu- 2009/10 mit der Eröffnungsfeier
Pässe hinunter in die Piave und von durch Baron Klinger, der den dafür cherInnen einerseits von der Porze, am 31. Juli 2010. Das nun mit Elek-
dort bis nach Venedig. Wo heute das notwendigen Grund auf der Johan- zum anderen von der Wolayersee- trizität ausgestattete, mit erneuer-
Hochweißsteinhaus steht, kreuzten niseben der Austria unentgeltlich hütte kommend. Auch als Tagesaus- ten Schlafplätzen erweiterte und
sich zwei wichtige Saumpfade: ei- überließ und auch Holz billig bereit- flug ist die Hütte ein beliebtes Ziel. zeitgemäßem Sanitärbereich kom-
ner führte nach Forni Avoltri (Öfen), stellte. Dank der Zufahrt bis zur Frohnalm fortabler gewordene Hochweiß-
wo einst Metalle verhüttet wurden, Die Arbeiten begannen im Sommer kann die Tagestour auch auf den steinhaus erstrahlt im neuen Glanz,
der andere zur deutschen Sprachin- 1926, und Ende September war das Hochweißstein verlängert werden. ohne den Charme des alten Hauses
sel nach Sappada. Schutzhaus im Rohbau fertigge- Eine Generalsanierung erfolgte eingebüßt zu haben.
58 59

Geschichte der Wolayerseehütte, 1.960 m


Zwei Jahre nach ihrer Gründung be- wurde der Sektion vom Eigentü-
gann die Section Obergailthal 1896 mer Anton Rizzi geschenkt und dies
mit dem Bau der Wolayerseehütte grundbücherlich vermerkt.
inmitten der großartigen Bergwelt Während des Ersten Weltkrieges
am Wolayersee, knapp an der italie- war das ganze Hüttengebiet ab-
nischen Grenze. Elf Jahre später bot gesperrt, und nach dem verlust-
die nur 60 Mitglieder zählende Sek- reichen, unmenschlichen Krieg
tion die Hütte dem Zweig Austria bot sich dem Wanderer ein völlig
kostenlos an. Dieser war von dem unerfreuliches Bild. Von der Hütte
Angebot vorerst wenig begeistert, standen nur noch zwei, von Grana-
entschied aber schließlich am 13. ten durchlöcherte Mauern und das
Mai 1909, die Wolayerseehütte zu Terrain rundherum war von Gräben
übernehmen. Der Hüttengrund und Kavernen durchzogen. Die

Die Wolayerseehütte, 1.960 m, und das Kriegerdenkmal am Frauenhügel

Kriegsfront verlief von 1915–1917 räumarbeiten durch. Entlang der


südlich des Wolayersees zum unein- noch unverheilten Front wurden
nehmbar verbauten Wolayerpass alle noch brauchbaren Bau- und Ba-
unter Einbeziehung der herrlichen rackenreste eingesammelt, und auf
Berge. 1921 veranlasste Ing. Eduard der Höhe des Frauenhügels wurde
Pichl (1872–1955), ein Kenner der damit das behelfsmäßige Akademi-
Karnischen Berge und bedeutender kerhüttl erbaut. Dieses behauptete
Bergsteiger, als Obmann der Sekti- sich nur wenige Jahre. In das Jahr
on Austria den Wiederaufbau der 1921 datiert auch der Bau der Rifu-
Schutzhütte. Gemeinsam mit Mit- gio Marinelli der CAI-Sektion Udine
gliedern der Akademischen Sektion auf einer südlich abfallenden Fels-
Wien und der Austria Jungmann- terrasse von Hoher Warte und Kel-
Die Wolayerseehütte wurde 1923 als Eduard-Pichl-Hütte wiedereröffnet. schaft führte er umfangreiche Auf- lerwand. Bereits am 5. August 1923
60 61

bung der Karnischen Alpen. Vergessene Hütten am Karnischen Kamm


Ein Kriegerdenkmal am Wolayersee
wurde am 15. August 1932 einge- Robert W. Peters von der OeAV-Sek- Dieser länderverbindende Gipfel
weiht. tion Obergailtal-Lesachtal hat das belohnt mit einem großartigen Pa-
Noch einmal erlitt das Schutzhaus Büchlein „Karnisch nostalgisches norama, das sich nach allen Seiten
in den Kriegsjahren 1939–1945 Bilderbuch Nr. XVI – Vergessene hin offen zeigt. Dagegen verbirgt
enorme Schäden, die erst 1949/50 Hütten in den Karnischen Alpen“ sich ein Teil der Geschichte am
mit dem Wiederaufbau der Hütte verfasst, das an den Beginn des 20. Karnischen Kamm mit kaum noch
behoben werden konnten. 1985/86 Jahrhunderts führt. erkennbaren Spuren ehemaliger
erfolgte zuletzt ein Zu- und Um- Auf der Steinkarspitze treffen Kärn- kleiner Schutzhütten.
bau in ein umweltfreundliches und ten, Osttirol und Italien aufeinander. Fast am Gipfel der Steinkarspitze
sanitär einwandfreies Schutzhaus
am Karnischen Kamm, am Weg des
Friedens und der Via Alpina.
Bereits 1921 hatte der Antisemit
Blick vom Rauchkofel, 2.460 m, zur Hohen Eduard Pichl in der Sektion Austria
Warte, 2.780 m die Einführung des „Arier-Paragra-
phen“ durchgesetzt. Demzufolge
konnte am Nordufer des Wolayer- wurden Juden, damals ein Drittel
sees die neue Schutzhütte, fortan der Sektionsmitglieder, aus dem
als Eduard Pichl-Hütte, unter reger Verein ausgeschlossen. Dem un-
Beteiligung eröffnet werden. rühmlichen Beispiel folgten nach
Nach einer Erweiterung 1924 wurde und nach andere Sektionen und die
1928/29 eine gründliche Umgestal- Organisation des DuOeAV.
tung notwendig. Die Neueröffnung Bis 2002 hieß die Hütte am Wolayer-
erfolgte am 6. Juli 1930, gleichzei- see Eduard-Pichl-Hütte. Spät, aber
tig mit dem neuen Steig auf den doch erfolgte dann die Rückbenen-
Rauchkofel, einer bevorzugten Aus- nung zu ihrem ursprünglichen Na-
sichtswarte im Angesicht der mäch- men Wolayerseehütte.
tigen Felsriesen, angeführt von der Auch die Steinkarhütte wurde aus Barackenteilen ehemaliger Stellungen
Hohen Warte, der höchsten Erhe- des Ersten Weltkrieges erbaut.
62 63

wurde am 9. Juli 1928 die kleine aufgebrochen und ausgeraubt, ehe


Steinkarhütte, 2.520m, eröffnet sich die OeAV-Sektion Austria ge-
und eingeweiht. Das Grundmate- nötigt sah, die Hütte unversperrt
rial, Reste einer vom Ersten Welt- und leer zu lassen. Längst sind alle
krieg verbliebenen Kriegsbaracke, Spuren dieses Bergsteigerheims
wurde von Zimmerleuten im Jahre verweht.
1927 zur bescheidenen Schutzhüt- Auch der Bau der Reiterkarhüt-
te des DuOeAV zusammengebaut te, 2.220 m, erfolgte auf Initiative
und mit einer Kochstelle behelfs- Eduard Pichls und der Sektion Aus-
mäßig eingerichtet. Das Wasser tria. Die Eröffnung erfolgte am 9.
musste von den Luggauer Böden Juli 1928, die Wartung der einsam
heraufgebracht werden. Die un- gelegenen Herberge oblag eben-
ter einem Pultdach sich duckende falls dem „Wacht“-Gastwirt Josef
Steinkarhütte bot zwölf Schlafplät- Reisenzein aus dem drei Stunden
ze mit einer Ablage für Schuhe und fernen Untertilliach. Diese erste
Rucksäcke. Der Hüttengrund wur- Hütte auf der Nordseite des Wink-
de von der Nachbarschaft Luggau lerjoches wurde ebenfalls aus
unentgeltlich bereitgestellt. Von noch verwendbaren Teilen einer
Maria Luggau ist die Steinkarspit- Kriegsbaracke erbaut und 1928
ze in 3–3½ Stunden erreichbar. Zur fertiggestellt. Die Hütte verfügte
westlich gelegenen Reiterkarspit- über zwölf Schlafplätze, genügend
ze, 2.422 m, verläuft der Höhenweg Wolldecken, acht Keilpölster und ir-
auf ehemaligen Frontsteigen, teil- denes Geschirr, vielleicht ein Grund
weise auf italienischer Kammseite. mehr, dass Diebstahl nicht aus-
Im Jahre 1930 verzeichnete das blieb. Da waren auch Finanzwache
Hüttenbuch 40 Besucher auf der und Gendarmerie machtlos, und
Steinkarhütte, deren Aufsicht dem die Präfektur in Bozen war taten-
Gastwirt der „Wacht“, Josef Rei- los. Dadurch entmutigt, wurde das
senzein, übertragen worden war. Hütteninventar gegen Strohsäcke,
Die Reiterkarhütte in Kammnähe der Reiterkarspitze in einer Darstellung Leider wurde die Steinkarhütte einfache Decken und Blechgeschirr
im DuOeAV-Jahrbuch von 1932 jährlich von italienscher Seite her getauscht sowie die Hütte unver-
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den Soldhäusern aus- Seite ohne Schwierigkeiten erreich- ließ bald nach dem Zweiten Welt-
mündet. bar. Auch sie wurde wiederholt krieg keinerlei Spuren.
Die Lage der Torkar- geplündert, so dass sich auch hier Die Raudenschartenhütte, 2.298m,
hütte, 2.467 m, 4½ die Sektion Austria entschloss, die wurde von der Sektion Austria mit
Stunden von St. Loren- Hütte offen und vollständig kahl zu fachmännischer Unterstützung
zen, hoch im Frohntal belassen, wenngleich sie dadurch von Zimmermeister Andreas Wald
gelegen, hat Julius als Nächtigungsort untauglich und aus Mauthen erbaut und am 16.
Galian zu poetischen lediglich als Unterstand benützbar August 1925 feierlich eröffnet.
Äußerungen bewegt, war. Auch die Torkarhütte hinter- Diesen Tag verschönerten auch
wenn er das Panorama
im „Abendgold bis hin
zu den eisglänzenden
Hohen Tauern“ regel-
recht verklärte.
Gleich einem Schwal-
bennest klebte die
Torkarhütte knapp un-
ter dem Grenzkamm
der Torkarspitze. 1930
zählte man 50 Besu-
cher auf diesem ein-
samen Stützpunkt. Die
Hütte wurde ebenfalls
Die Torkarhütte stand einst in exponierter Lage. aus verwertbaren Bau-
teilen einer ehemali-
sperrt gelassen. gen Kriegsbaracke errichtet, mit 16
Die heutige Reiterkarhütte mit et- Matratzenlagern, Herd, Holz und
was mehr Distanz zum Winklerjoch Geschirr ausgestattet. 20 Minuten
ist vorwiegend dem Hirten vorbe- entfernt sprudelte Quellwasser. Die
halten, der von dort aus das Vieh am 17. August 1925 eröffnete Tor-
im Winklertal beaufsichtigt, das bei karhütte war auch von italienischer Auch die Raudenschartenhütte (gegen Edigon) hinterließ keine Spuren.
66 67

Heute lässt sich ihr ehemaliger versuchte jeglichen Anreiz, die Hüt-
Standort kaum noch ahnen. te auszurauben, zu unterbinden.
Die Akademikerhütte am Wolayer- Die Hütte wird letztmalig im „Berg-
see, 1.978 m, wurde ebenfalls aus steiger“ 1936/37 erwähnt.
Resten der um den See verteilten
und auch am nahen Kamm
geborgenen Kriegsbara-
cken zusammengebaut
und diente ab 1921 als
Notunterkunft bei Platz-
mangel in der Eduard-
Pichl-Hütte. Die Akade-
mikerhütte war auch das
Domizil der damaligen
Jungmannschaft der Sekti-
on Austria.
Mitglieder der „Akade-
mischen Sektion Wien“
Die „Akademikerhütte“ am Wolayersee um 1926 erbauten an der Ostseite
des Frauenhügels die Aka-
Musikanten und viele Besucher Mit AV-Schloss versperrbar, wurde demikerhütte und erneu-
aus Liesing. Von dort ist die Hütte das Bergsteigerheim 1930 von 30 erten sie nach Einbrüchen
durch das Obergailtal in 4½ Stun- Wanderern besucht, die den Kom- und argen Beschädigun-
den erreichbar und von der Wolay- fort der Hütte überaus lobten – 20 gen 1925.
erseehütte 7–8 Stunden entfernt. Matratzenlager, der unentbehr- Ein mit Felsbrocken be-
Pichl veranlasste den Hüttenbau liche Eisenofen, das notwendige schwertes Wellblechdach,
mit Balken und Brettern ehemaliger Geschirr. Auch die Raudenschar- vergitterte Fenster und
Kriegsbaracken. Der luftige Stand- tenhütte wurde vom Schicksal der eine solide, gut versperr-
ort zwischen Raudenspitze und Edi- Plünderungen nicht verschont und bare Tür sollten fortan das
gon am Karnischen Kamm betonte verblieb ebenso als blanker Unter- Ärgste verhindern. Eine Denkmal am Frauenhügel für die im Gebirgskrieg
die einsame Lage noch deutlicher. stand noch etliche Jahre bestehen. bewusst karge Einrichtung 1914–1918 gefallenen Soldaten
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Lesachtaler Bergführer

Abenteuerlust, Naturromantik, auch Der Bauer Hans Kofler aus Sitt-


wissenschaftliche Neugier lockten moos, der „Jast“ genannt wurde,
seit der Mitte des 19. Jahrhunderts kannte Mooskofel, Hohe Warte oder
junge, leistungsstarke Städter ins Kellerwand aus den Tagen der Ers-
Gebirge, in eine für sie großteils tersteigung. Koflers universales Ta-
fremde Welt. lent und seine Intelligenz bewies er
Sie waren auf einheimische, ortskun- bei Trassenvorschlägen für die Le-
dige Bergbewohner angewiesen, sachtaler Straße und im Stellungs-
auf ihren Rat und ihre Begleitung. krieg an der Karnischen Front.
Die ersten Führer waren Bergbau-
ern, Gämsjäger, Hirten, Knechte, Zu den ältesten noch bekannten
denen die Berge und die Bergnatur Bergführern des oberen Gailtales
nicht immer nur Bewunderung und zählt Johann Festin, als „Walden-
Schönheit abzuringen vermochten, hans“ aus Reisach bekannt. Er lebte
sondern vielmehr einen Teil im jahr- von 1829 bis 16. Februar 1918 mit
hundertealten dörflichen Selbstver- väterlichen Wurzeln in San Pietro
sorgerleben darstellten. Das Führen di Comelico. Festin bezwang den
von Fremden bedeutete etwas Zu- Reißkofel 1848 als Erster und be-
satzarbeit und brachte etwas Geld, gleitete auch den berühmten Paul
wenngleich sich durch die Entle- Grohmann 1855 auf den Haupt-
genheit des Lesachtales und wohl und Westgipfel des Reißkofels, den
auch der Mentalität der Menschen er mehrere hundert Mal bestieg.
dort, der alpine Tourismus langsa- Noch nahe dem 80. Lebensjahr
mer und bedächtiger entwickelte „kletterte er wie eine Katze“, bekun-
als im zentralen Teil der Ostalpen. deten nicht ohne Respekt zahlrei-
che von ihm geführte Touristen. Er
Die folgenden Kurzberichte über starb hoch betagt, völlig verarmt,
Bergführer aus dem Lesachtal ver- doch mit unerschütterlicher See-
Franz Salcher (1865–1933) mit seiner Frau Carolina Paulina suchen etwas aus dem Leben dieser lenruhe.
vom Gasthof Wirt in Liesing Menschen festzuhalten:
70 71

Dolomiten verbuchte er Touristen als jeder


um 1868 zahlreiche Erst- andere auf den als
begehungen. Salcher schwierig gelten-
stürzte am 17. Februar den Kollinkofel. Le-
1881 unweit von Stoff- gendär war der Aus-
anell auf einem hartge- spruch des allseits
frorenen Hang zur Gail Bedächtigen: „Der-
ab, wo ein Marterle an weil man den einen
den kühnen Kletterer Fuß hebt, muß der
und Gämsjäger erinnert. andere rasten.“

Am Ruhm der ersten Adam Riebler der


Besteigung der Kel- Jüngere, 1844–
lerwand hat auch der 1914, ebenfalls
Bergführer Josef Moser Schlosser, übertraf
(1838−1904) aus Köt- als Bergführer sei-
schach verdienstvollen nen Vater an Kühn-
Anteil. Der eher kleine, heit und Gewandt-
aber sehr stämmige heit. Er galt als der
Mann galt als hervorra- weitum gefragteste
gender Gämsjäger und Kellerwandführer. Gastwirtsehepaar Adam und Marie Salcher
Gastwirtsehepaar Anton und Philomena ausgezeichneter Kenner Der ungewöhnlich in St. Lorenzen, 1910
Mitterberger in St. Lorenzen, 1860 des Grünen Mooskofels, groß gewachsene
des Kollinkofels und Riebler d. J. machte die schönsten Wolayertales vertraut. Er war der
Größtes Ansehen genoss der ver- der bedeutenden Anstiege auf die Gipfel der Karnischen Alpen einer erste Hüttenwirt, der im Jahre 1897
wegene Felskletterer Peter Sal- Hohe Warte. In Kötschach übte Mo- beträchtlichen Anzahl von Touris- eröffneten Wolayerseehütte.
cher, vulgo Sterzen Peter, geboren ser den Beruf eines Hafnermeisters ten zugänglich.
am 17. März 1830 im Luggauer aus. Stefan Obernosterer, geb. 1866,
Ortsteil Sterzen. Er begleitete Paul Gabriel Stabentheiner (1854– ein Bauer in Nostra, erwarb seine
Grohmann auf Dreischusterspitze, Adam Riebler der Ältere, Schlos- 1911), vulgo Hofer in Wodmaier, Bergführerurkunde zugleich mit
Große Zinne, Langkofel u.a. In den sermeister in Mauthen, führte mehr waren insbesondere die Berge des Stabentheiner 1896 in Graz. Ab
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dem Jahre 1898 war er 15 Jahre hin- der Berge um den Wolayersee und
durch Pächter der Wolayerseehütte, der Karnischen Alpen im Allgemei-
zur vollen Zufriedenheit der Sekti- nen, hatte der um 1865 in Collina
on Obergailtal, später der Sektion geborene Pietro Samassa. Dass der
Austria. So nahe der Reichsgrenze, durch zahlreiche Erstbesteigungen
wurde er als italienischer Späher auch im Lesachtal sehr bekannte
verleumdet und mehrere Jahre in- Samassa eine gefürchteter Gämsjä-
haftiert. Der heimattreue und über- ger war, bewiesen bündelweise ver-
aus ehrliche Stefan Obernosterer packte Gämshäute, die er alljährlich
konnte jedoch, wenn auch spät, sei- im Herbst den Gerbern in Mauthen
ne Unschuld beweisen und diente anbot. Der bedeutende Bergpio-
als Militärbergführer während der nier Dr. Julius Kugy, der viel und mit
restlichen Dauer des Kriegs. Das den besten Führern gegangen ist,
Bergsteigerblut hat er an seine Söh- nannte Samassa den Kühnsten und
ne weiter gegeben. Wildesten, dem er je begegnet sei.
Leider verstarb der unverwüstlich
Simon Ainetter, 1867 in Aigen ge- scheinende Peter Samassa, kaum
boren, absolvierte den Lehrkurs für vierzigjährig, tief und aufrichtig von
Bergführer 1903 in Villach. Ainetter, vielen Bergfreunden betrauert, an
ein begabter, furchtloser Kletterer, einem tückischen Fieber, vermut-
war in jungen Jahren ein leiden- lich Typhus, schreibt Dr. Heinrich
schaftlicher Wilderer und nicht Koban, ein ausgezeichneter Kenner
selten im Visier der Gesetzeshüter. der Karnischen Region.
Doch dem flinken „Simele“ gelang
stets eine halsbrecherische Flucht. Peter Kratter und J. Oberthaler
Im Krieg gegen Italien hat er sich aus Bladen, beide am Beginn des
auf Grund seiner Ortskenntnisse als 19. Jahrhunderts geboren, durch-
Bergführer im Plöckengebiet sehr kämmten die Karnischen Berge und
bewährt. führten zahlreiche Begehungen auf
den Avanza aus, einen Gipfel der
Die alte Kuchl im Gasthof St. Lorenzen, um 1913 Großen Anteil an der Erschließung später im Stellungskrieg eine gro-
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ße Rolle spielen sollte. Durch einen bekannt zu machen. Wiederum reg- Bergführerberuf. Vielseitig ausge- haltiges Programm an Aktivitäten:
verheerenden Brand im Oktober te er den Bau einer Schutzhütte am bildet und auch mit den Gefahren Wandern, Klettern, Schitourenge-
1828 in Bladen verlor Kratter sein Oregonesattel an, welche schließ- der Berge vertraut, gelingt es die hen, Schluchting, Schnuppertage
ganzes Hab und Gut, dabei gingen lich zeitverzögert im Verein mit der Bergbegeisterung auch auf Gäste und Kulturführungen, sowohl für
auch seine alten Führerbücher ver- Sektion Austria auf der Johannise- zu übertragen. Die Vielseitigkeit Anfänger als auch für fortgeschrit-
loren. Was blieb ist eine dürftige In- ben im Frohntal gebaut wurde und dieses Berufes illustriert ein reich- tene Bergsteiger.
formation von Dr. C. Diener in einer als Hochweißsteinhaus bekannt
Zeitschrift aus dem Jahr 1890. ist. Adam Salcher war auch erster
Bewirtschafter dieser Schutzhütte
Adam Salcher, geboren am 24. und starb im November 1928. Einer
Dezember 1867 in Liesing, war ur- seiner Söhne, Hermann Salcher, war
sprünglich Uhrmacher. Als leiden- ebenfalls Bergführer.
schaftlicher Berggänger war ihm
die Erschließung des Hochweiß- In weiterer Folge verlegte sich das
steins und seiner Umgebung ein spärlich dokumentierte Bergfüh-
Anliegen. Salcher suchte den Kon- rerwesen auf den Kötschacher
takt mit der AV-Sektion Klagenfurt, Raum und die Berge rund um den
später mit der Sektion Austria, be- Wolayersee. Aus dem Zweig der Fa-
absichtigte er doch ein Schutzhaus milie Salcher in St. Lorenzen gingen
in diesem Gebiet zu errichten. Die Persönlichkeiten hervor, sie sich um
Pläne durchkreuzte vorerst der Ers- die Betreuung des Hochweißstein-
te Weltkrieg, wo Salcher trotz hef- hauses verdient gemacht haben.
tiger Gegenwehr den Monte Chi- Erwähnt seien Leo Salcher, 1905–
adenis am 12. Juli 1915 mit sechs 1961, und dessen Sohn, Leo Salcher,
Mann erobern und bis zum Winter 5. März 1938 bis 31. August 2001,
halten konnte. Dafür erhielt er die der auch Mitbegründer des Bergret-
silberne Tapferkeitsmedaille. Nach tungsdienstes Lesachtal war.
Kriegsende bemühte Salcher sich
wieder den Hochweißstein den vor- Erst in den vergangenen 25 Jahren
erst zögerlich, dann vermehrt ins begeisterten sich junge Bergsteiger
Lesachtal einkehrenden Touristen aus dem Lesachtal wieder für den Der Geierbichl, 2.165 m, im Bereich des Milnazensattels am Gailtaler Höhenweg
76 77

Krieg am Karnischen Kamm

Nachdem das Königreich Italien am mit Waffen, Munition und allem


23. 5. 1915 Österreich-Ungarn den zum Überleben Notwendigen zu
Krieg erklärte, wurde erstmals in der versorgen übertraf an Logistik alles
Geschichte die alpine Hochregion bis dahin Bekannte.
zum Schauplatz lang anhaltender Reste ehemaliger k.u.k. Kriegsseil-
schwerer Kämpfe. Zwischen Ortler bahnen gibt es im Ebnertal. Zahlrei-
und den Julischen Alpen war auch che Unterkunftsbaracken, Magazine
der Karnische Kamm das Zentrum und Kavernen befanden sich unweit
eines unvorstellbaren, verlustrei- der Bödenhütte. Die Torkarspitze,
chen Krieges. 2.513 m, war im Winter nur über
Zahlreiche Straßen und Saumwe- eine 80 Meter lange Strickleiter er-
ge entstanden in der damals un-
erschlossenen, weglosen Region
sowie ein ganzes Netz von Seilbah-
nen, als enorme Herausforderung
für Menschen und Technik. Trotz-
dem blieben für zahlreiche hochal-
pin gelegene Stellungen die Träger-
kolonnen die einzige Verbindung
zum Karnischen Kamm und den
winterlich abweisenden Felsgipfeln.
Vom Ersten Weltkrieg, der von
1915–17 auch das Lesachtal unmit-
telbar betraf, sind zahlreiche Relikte
und Spuren unauslöschbar geblie-
ben.
Das Lesachtal war Aufmarschge-
biet und die Bergtäler der Zugang
Mittels Strickleiter auf die Torkarspitze, 2.513 m, während des zu den Kammgipfeln, entlang derer Die Hubertuskapelle, 1.114 m,
Ersten Weltkriegs 1915–1917 am Karnischen Kamm die Frontlinie verlief. Die Truppen im Wolayertal
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reichbar. Der Gipfel birgt noch Reste unter der österreich-ungarischen März 1916 90 Soldaten im Wolay-
der österreich-ungarischen Feldwa- Gipfelpatrouille forderte und das ertal zum Opfer. Die Unglücksstelle
che. einsame Sterben des Alpinikom- befand sich beim Hilden-Wasserfall,
Im Frohntal befand sich ein Solda- mandanten Maresciallo Berardengo wo damals auf der großen Steilstufe
tenfriedhof, dessen Fundamente nach sich zog. zur Oberen Wolayeralm die Bara-
in Bachnähe noch erkennbar sind. Das überaus schwierige alpine Ge- ckensiedlung des Feldjägerbatail-
Als technische Meisterleistung gel- lände überforderte nicht selten die lons 30 bestand.
ten die Kriegsseilbahnen von der kaum berggewohnten k.u.k. Solda- Am östlichen Dorfrand von Birn-
Frohnalm in Richtung des heutigen ten aus den Ebenen Galiziens und baum steht ein Gedenkstein. Die
Hochweißsteinhauses und hinauf der Puszta, während unter den Alpi- getöteten Soldaten ruhen in einem
zum Hochalpl, 2.384 m. Eine weitere ni auf der Gegenseite die Menschen Massengrab am örtlichen Friedhof.
Linie führte auf den Hochweißstein aus dem italienischen Süden und Birnbaum beherbergte im Ersten
(Mt. Peralba), 2.694 m, der als strate- Sizilien ebenso bergunerfahren wa- Weltkrieg die Kaiserschützen-Kaser-
gisch bedeutender Gipfel heiß um- ren. Bei Kräfte raubenden Patrouil- ne.
kämpft war. Bei Nahkämpfen haben lengängen waren auf beiden Seiten Natürlich blieben auch das Ober-
zahlreiche Soldaten beider Seiten besonders in Sturmnächten und gailer und Niedergailer Tal vom
den Tod gefunden. Tragisch endete im Tiefwinter Ortskundige gefragt: Kampfgeschehen nicht verschont.
ein nächtliches Handgranatenge- ausdauernde Hirten, Bauern, Jäger, Unvorstellbar waren die Kämpfe Im Wolayertal erinnert vieles an das
fecht am 7. 8. 1915, das viele Tote Schmuggler u. a. unter schwierigsten Bedingungen Kampfgeschehen am Karnischen Kamm.
In den Wintern star- auf den Felsriesen der Hohen Warte
ben viele Solda- oder der Kellerwand mit den expo- Stellungen mehrfach zwischen den
ten unter Lawinen, nierten Stellungen im Eiskar. Kriegsparteien, und es gab die größ-
ebenso an Erfrierun- Der Plöckenpass, 1.360 m, der wich- ten Opferzahlen am Karnischen
gen und Erschöp- tigste Übergang über die Karni- Kamm.
fung. Mit besonderer sche Hauptkette, war von Anfang Mit dem Rückzug der Italiener im
Härte traf der Winter an Schauplatz erbitterter Kämpfe. Oktober 1917 endete der für bei-
1916 die Karnische Westlich vom Plöckenpass erhebt de Seiten überaus blutige Krieg. Es
Front. So fielen dem sich der in Bergsteigerkreisen be- dauerte Jahrzehnte bis das Miss-
katastrophalen La- kannte Cellon, 2.238 m, und östlich trauen der Nachbarn am Karnischen
winenunglück in der gegenüber der Kleine und Große Kamm langsam verschwand.
Kriegerfriedhof auf den Luggauer Böden Nacht auf den 12. Pal. Hier wechselten exponierte
80 81

Ein bewegtes Jahrhundert

Der Karnische Kamm blieb noch Alpen waren davon Tilliacher Joch,
lange Jahre nach dem Ende des Hochalpljoch, Öfnerjoch, Wolayer-
Ersten Weltkrieges ein umstrittenes pass, Plöckenpass und Nassfeld be-
Gebiet. Erst am 12. 9. 1933 veröf- troffen. Nach dem Übereinkommen
fentlichte das italienische Amtsblatt wurde eine gemischte Kommission
ein königliches Dekret, wonach gebildet, die bis zum 12. November
19 hochalpine Übergänge an der jeden Jahres die Begrenzung der
österreichisch-italienischen Gren- Übergangsgebiete festlegen und
ze freigegeben werden und somit auch bestimmen sollte, welchen al-
ein beschränktes, vielfach unter- pinen und touristischen Vereinen in
schiedlich aufgefasstes Hin und Her beiden Staaten die Erlaubnisauswei-
möglich wurde. In den Karnischen se zustehen. Das Abkommen galt

Majestätisch überragt die Plenge die kleine Ortschaft Nostra. Die straßennahe Kapelle in Oberring mit Niedergail am gegenüberliegenden Berghang
82 83

anderer Alpen- Perspektive. Dem Jubel nach dem Die an den Zweiten Weltkrieg an-
vereinssektionen 1938 erfolgten Anschluss Öster- schließende Zeit wird auch als
schloss die Sek- reichs an das Deutsche Reich folg- das „goldene halbe Jahrhundert“
tion Austria mit te alsbald große Ernüchterung. Mit bezeichnet. Sieht man von Natur-
mehreren Talwir- der Zeit des NS-Regimes unter dem gewalten ab, beispielsweise die
ten Verträge. Sie skrupellosen Kriegstreiber Adolf Hit- massiven Schneefälle 1950/51, die
sollten Alpenver- ler und dem am 1. September 1939 Hochwasser der Jahre 1965/66 –
einsmitgliedern von den Nazis ausgeösten Zweiten beides lähmte die Aktivitäten im
gute und billige Weltkrieg verbinden die heute 70- Lesachtal, darüber hinaus in Teilen
Unterkünfte si- bis 80-Jährigen und Ältere noch Tirols und Kärntens wochenlang
chern. Wirte, die schmerzliche Erinnerungen. Nach –, war es eine Zeit spürbarer Ent-
sich verpflichte- diesen unheilvollen Jahren kehrten wicklung. Mit dem Fleiß der Talbe-
ten, Nachtlager viele Väter und Söhne nicht mehr in
um einen Schil- ihre Heimat zurück und hinterließen
Rast am Milnazensattel, nahe den Lienzer Dolomiten ling anzubieten, Frauen und Mütter vielfach allein
waren u.a. im Plö- am Hof und auf der kargen Flur. Die
für die Zeit vom 1. Juli bis 30. Sep- ckenhaus oder auf der Unteren Va- Zahl der Halbwaisen war beträcht-
tember jeden Jahres. Mit solcherart lentinalpe. Hans Kofler in Sittmoos, lich.
stets wackeligen Erleichterungen, Adam Kofler in St. Jakob im Lesach- Es dauerte, bis das alltägliche Leben
kleinen Lichtblicken, konnte das tal, Johann Huber in Birnbaum, Frau wieder gleichförmig verlief und die
große Aufräumen beginnen bzw. Seirer „Zum Edelweiß in Nostra“, der Berge wieder ins Blickfeld rücken
fortgesetzt werden. Schutzhütten Mitterberger in Liesing, Josef Rei- konnten.
wurden wieder auf- und ausgebaut, senzein im Gasthof „Wacht“, Josef
Unterstände am Karnischen Kamm Weiler in Obertilliach und Strassers Der langsam aufkeimende Tou-
erneuert (siehe: „Vergessene Hütten Gasthaus „Waldruhe“ waren eben- rismus zeigte sich an den Nächti-
am Karnischen Kamm“). falls sehr um den aufstrebenden gungszahlen, die ab 1955 nur im
Trotz dieser schwierigen Situation Tourismus bemüht. Dorf Liesing, ab 1964 in allen Ge-
spielte der Tourismus im Lesachtal meinden des Lesachtals aufgezeich-
schon bald nach 1918 wieder eine Von der Not der Zwischenkriegszeit net wurden und die mit Beginn der
wichtige Rolle. Aus Fürsorge für die blieb kaum jemand verschont. Das 60er-Jahre sprunghaft anstiegen
Mitglieder der eigenen und auch Geld ohne Wert, die Zukunft ohne (siehe „Daten und Fakten“). Heudristen am Riebenkofel; ca. Mitte 1930
84 85

fen Biegungen ist auch ein Dorado Durchschnitt der Ostalpen. Sehr
für Wildwasserpaddler, während an konstant ist infolge mediterraner
vielen stillen Ufern Sonnenhungri- Klimaeinflüsse der Schneereich-
ge und Ruhesuchende erholsame tum, ist doch der Karnische Kamm
Stunden finden. Günstig ist auch das mit Schneehöhen von 150 bis 250
Klima mit mediterranen Werten in Zentimetern ein Schnee-Eldorado
höheren Lagen, sind es doch kaum der Alpen. Dass auf Grund großer
100 Kilometer Luftlinie bis zur Adria. Schneemengen Ortschaften und
Das Talklima mit heißen Sommern entlegene Weiler gelegentlich meh-
und kalten Wintern wird als konti- rere Tage von der Außenwelt abge-
nental bezeichnet. Die Sommermo- schnitten sein können, bezeugen
nate sind relativ niederschlagsarm, gut 150 Jahre zurückreichende Auf-
und die Sonnenscheindauer liegt zeichnungen.
Ochsengespanne bringen das Bergheu ins Tal, um 1930. fünf bis zehn Prozent über dem

wohnerInnen war es möglich zu Die Lesachtaler Landesstraße wurde


investieren. In Bauernhäusern ent- saniert, und staunenswerte Brücken
standen freundliche Gästezimmer überspannen die breitesten Hang-
mit Frühstücksstuben. Gastronomie schluchten entlang der heutigen
und Beherbergungsbetriebe pass- Bundesstraße.
ten sich den Bedürfnissen der Gäs- Ein gut beschildertes und markier-
te und der neuen Zeit gut an. Die tes Netz von Wander- und Höhen-
Landwirtschaft setzte auf Maschi- wegen erschließt die Karnischen
nen und zeitgemäße Arbeitsweise. Berge und die Gailtaler Alpen, Berg-
Der Kornanbau auf Heimgutflächen und Wanderführer sind mit Rat und
verlor mit Beginn der 60er-Jahre an Tat zur Stelle. Als besonderes Mar-
Bedeutung, die Bergmahd ebenso. kenzeichen des Lesachtales gilt der
Wo man früher das gefährliche Heu- Urlaub am Bauernhof, worüber das
ziehen auf steilen Wiesen kannte, abschließende Kapitel in diesem
erschließen heute Wald- und Güter- Büchlein erzählt.
wege die Almen und Hochweiden. Die Gail mit ihren Stufen und schar- Ein prachtvoller Wintertag im Lesachtal
86 87

Wandern, Bergsteigen, Schitouren

Der Karnische Höhenweg


Die Karnischen Alpen wurden ab mit Sitz in Wien. Der Verein wurde
der Mitte des 19. Jahrhunderts tou- 1973 vom Offizier und Historiker
ristisch erschlossen, der Karnische Walther Schaumann gegründet, um
Höhenweg aber verdankt seine die Geschehnisse des Ersten Welt-
Existenz dem Ersten Weltkrieg. Für krieges unvergessen zu machen
diesen Krieg wurden beiderseits und mit der Instandsetzung von
der Staatsgrenze Versorgungswege Wegen und Pfaden eine Infrastruk-
angelegt, an denen Geschützstel- tur zu schaffen. Dieser gemeinnüt-
lungen, Stollen, Unterkünfte und zigen Tätigkeit schlossen sich Mit-
später auch Friedhöfe errichtet wur- glieder und freiwillige Helfer aus 20
den. Ländern an. Seit 1983 sind die Do-
Bedingt durch den Zweiten Welt- lomitenfreunde im Gebiet um den
krieg, wurden die Infrastruktur der Plöckenpass zwischen Österreich
Region und Teile des Wegsystems und Italien tätig. Nach Schaumanns
schwer beschädigt bzw. zerstört. Idee sollte der ehemals schwer um-
Im Laufe der Jahrzehnte verfielen kämpfte Kriegsschauplatz zu einem
weite Teile der Verbindungswege, Ort der Begegnung und Besinnung
ehe 1970 Dr. Ernst Steinwender und werden. Der Schwerpunkt der Akti-
Dr. Richard Grumm vom OeAV die vitäten liegt auf der Dokumentation
Wiedererrichtung des Wegsystems unserer Zeitgeschichte durch den
veranlassten, um den Tourismus in Ausbau musealer Einrichtungen.
dieser Gegend zu fördern. Entstanden sind das Kriegsmuse-
1975/77 wurden die „Dolomiten- um 1915–18 im Rathaus von Köt-
freunde“ zum ersten Mal in Öster- schach/Mauthen, eröffnet am 11.
reich tätig. „Dolomitenfreunde“ ist Juli 1992, und das Freilichtmuseum
die gebräuchliche Kurzbezeichnung am Kleinen Pal.
für den Verein „Dolomitenfreunde – Walther Schaumann wurde am 2.
Blick vom Valentintörl, 2.138 m, in die Nordwand der Hohen Warte, 2.780 m Friedenswege / Le vie della pace“ September 1923 in Wien geboren
88 89

und am 13. Oktober 2004 am Fried- Ursprünglich verzweigte sich der Nach einstündiger Kammwan- Von dort sind es drei Stunden bis
hof in Mauthen, direkt neben dem Karnische Höhenweg in eine öster- derung wird die Sillianer Hütte, zur Filmoor-Standschützenhütte,
Soldatenfriedhof aus dem Ersten reichische Route mit spürbaren Hö- 2.447 m, erreicht, die 1982–86 un- 2.350 m, zu Füßen der formvollen-
Weltkrieg, begraben. henunterschieden und in eine itali- ter dem Obmann Andreas Ortner, deten Felsburgen von Königswand
enische Route, die überwiegend auf OeAV-Sektion Sillian, erbaut wurde. und Großer Kinigat. Die Hütte
Der Karnische Höhenweg – Via Al- der Höhe des Karnischen Kammes Bemerkenswert ist dort der Pano- wurde 1976/77 von Soldaten des
pina – „Friedensweg/Via della Pace“ verläuft. Diese heute bevorzugte ramablick über die Felsburgen der Lienzer Jägerbataillons 24 mit vie-
ist der mit 403 und 03 bezeichnete Route führt großteils entlang der Sextener Dolomiten bis zu den mit len freiwilligen Helfern erbaut. Das
Wanderweg in den Karnischen Al- Staatsgrenze zwischen Italien (Re- Eis und Schnee bedeckten Hohen Tourenangebot bereichert ein Klet-
pen und zugleich ein Abschnitt des gionen Veneto und Friuli-Venezia- Tauern im Norden. Nach dem Neu- tersteig über die Filmoorhöhe so-
Roten Weges auf der „Via Alpina“. Giulia) und Österreich (Osttirol und bau der Sillianer Hütte wurde die wie die zum Teil versicherte Route
Er folgt weitgehend ehemaligen Kärnten). 1936 eingeweihte Viktor-Hinter- zum Friedenskreuz auf der Großen
Front- und Versorgungswegen, so- berger-Hütte auf dem etwas tiefer Kinigat.
mit alten Kriegswegen und Kriegs- Der ohne bemerkenswerte Schwie- gelegenen Füllhornsattel, 2.390 m, Die anschließende vierstündige
pfaden des Ersten Weltkrieges. rigkeiten für Wanderer aller Alters- abgetragen. Strecke bis zur Porzehütte, 1.942 m,
stufen begehba- schließt den Besuch des Oberen
re, gut markierte Der Kammwanderer wird am wei- Stuckensees mit ein, ehe die Route
und ausreichend terführenden Teilstück des viel über die Heretriegel aus dem Lei-
beschilderte Kar- begangenen Höhenweges am tental in das Dorfer- oder Tilliacher
nische Höhen- Hochgräntensee, 2.429 m, bei Mit- Tal wechselt. Die Porzehütte wurde
weg beginnt teleuropas höchstgelegenem Krie- unter reger Teilnahme der Ober-
am westlichsten gerfriedhof kurz innehalten. Nach tilliacher Bevölkerung am 10. Juli
Punkt beim Helm- insgesamt 3½ Stunden gelangt 1928 eröffnet. Der schneereiche
haus, 2.434 m, das man zur 1930 eröffneten und 2005 Winter 1950/51 fügte der damals
derzeit zur Ruine großzügig erweiterten Obstanser- kleinen Hütte großen Schaden zu,
verfällt. Allerdings See-Hütte, 2.304 m. Ein Stück berg- sodass sie vorerst notdürftig, dann
verspürt man Be- seitig über dem Obstanser See 1975 von der OeAV-Sektion Aus-
mühungen, das befindet sich ein Kriegerfriedhof, tria kompakter erneuert wurde.
historische Ge- während der Karnische Höhenweg Schließlich erfolgte 1992 der groß-
Im Angesicht der mächtigen Kellerspitzen überschreitet der bäude zu retten in einer knappen Stunde zum Fami- zügige Ausbau und 2002 ein Zubau.
Karnische Höhenweg das Valentintörl. sind im Gange. lienkreuz auf der Pfannspitze führt. Seither ist Platz für 60 Personen im
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Aufenthalts- und Schlafbereich. der Kärntner Boden im Wolayertal im Sommer stark besucht, was zu Das geologisch wie geschichtlich
Über diesen, das Tiroler Gailtal betreten wird. Bis zur Wolayersee- Engpässen bei Übernachtungen in interessante Gebirge gehört geo-
und Tilliacher Tal betreffenden Ab- hütte, 1.960 m (Hüttengeschichte den Schutzhütten führen kann. Eine grafisch den Südlichen Kalkalpen
schnitt des Karnischen Höhenwe- siehe S. 58), benötigt man vom Voranmeldung ist vorteilhaft. an, mit vielfältiger Gesteinszusam-
ges berichtet Ludwig Wiedemayr Hochweißsteinhaus sechs bis sie- Die Wanderer und Bergsteiger aus mensetzung auf engstem Raum.
in seiner ebenfalls in dieser Reihe ben Stunden. dem Lesachtal wählen unter den Noch nachvollziehbar sind Spuren
erschienen Alpingeschichte „Das Der zum Plöckenpass ausklingen- fünf Hauptzugängen zum Karni- vom einstigen Meer, das vor Jahr-
Tiroler Gailtal“ ausführlich. de Abschnitt des Karnischen Hö- schen Kamm: das Ebnertal von millionen das Gebiet der heutigen
In weiterer Folge führt der Kar- henweges passiert auf italienischer Maria Luggau, das Frohntal von St. Alpen überdeckte.
nische Höhenweg gipfelnah zur Seite das Rifugio Lamgertenghi, Lorenzen, das Obergailer und Nie-
allseitig ebenmäßig gerundeten 1.955 m, und später das Rifugio dergailer Tal von Liesing sowie das
Steinkarspitze, 2.524 m, eine Drei- Marinelli, 2.120 m, mit vier- bis fünf- Wolayertal von Birnbaum.
länderspitze. Hier beginnt der Le- stündiger Gehzeit bis zum Plöcken-
sachtaler Abschnitt des Weges. pass. Die österreichische Variante
Nach insgesamt acht Gehstunden übersteigt, von der Hütte am Wolay-
gelangt man zum 2010 erneuerten ersee ausgehend, das Valentintörl,
Hochweißsteinhaus, 1.868 m, auf 2.138 m, und führt hinunter zur
der Johanniseben und zu Füßen Unteren Valentinalm, 1.220 m, wo
des Hochweißstein/Monte Peralba, entweder die Plöckenstraße beim
2.694 m (Hüttengeschichte siehe S. Kriegerfriedhof Kreuztratte oder
56). über die Theresienhöhe, 1.316 m,
Ein direkter Zugang zum Hochweiß- der Plöckenpass in 3½–4 Stunden
steinhaus führt von Wiesen bei St. erreicht wird.
Lorenzen durch das Frohntal. Auch Der insgesamt neun Schutzhütten
aus dem südlichen Comelico über berührende Karnische Höhenweg
das Bladner Joch kommen viele Be- misst vom Helm bis zum Plöcken-
sucher. pass ca. 54 Kilometer (Die Gesamt-
Über das Öfnerjoch, 2.011 m, be- länge des Karnischen Kammes be-
vorzugt der Karnische Höhenweg trägt vom Helm bis Thörl/Maglern
italienisches Staatsgebiet, ehe über rund 100 Kilometer). Der überaus
den Giramondopass, 1.971 m, wie- beliebte Karnische Höhenweg ist An die Hohe Warte, 2.780 m, reihen sich die schönsten Gipfel am Karnischen Kamm.
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Geo-Trail, ein geologischer Lehrpfad kierung bis zum Gailbergsat-


tel forcierte Hansl Seiwald
Bergsteiger und Wanderer am Bei gut einem Dutzend Haltepunk- aus Maria Luggau, ehe, un-
Karnischen Kamm, die heute von ten und vielen Gesteinsschautafeln terstützt von der Gemeinde
den Gipfeln beglückt in die Runde wird dem Interessierten Einblick in Lesachtal und schließlich mit
schauen und das herrliche Berg- das Geschehen von fast 500 Millio- freundlicher Zustimmung der
panorama auf sich wirken lassen, nen Jahren geboten. Gemeinden im Kärntner Gail-
werden sich kaum der Ereignisse An besonders geeigneten Stellen, tal, um 2005 der Gailtaler Hö-
bewusst sein, die tief im Schoß der so genannten Geopunkten, bei- henweg bis zur Windischen
Gesteine an Geheimnissen verbor- spielsweise zwischen Wolayersee Höhe verlängert wurde.
gen sind. Unter der wissenschaft- und Valentintörl oder Rauchkofel, Die Gailtaler Alpen begren-
lichen Leitung von Univ.-Prof. Dr. erläutern Tafeln den geologischen zen das Tiroler Gailtal und
Hans Peter Schönlaub wurde nach Aufbau, die Gesteinswelt und be- das Lesachtal im Norden. Das
jahrelangen Vorarbeiten im Jahr stimmte Fossilien. Großflächige Pa- gesamte Berggebiet durch-
1986 das Projekt Geo-Trail ins Le- noramatafeln bieten Orientierungs- zieht eindrucksvoll über Hö-
ben gerufen. Wie in einem riesigen hilfen an. hen und Jöcher der Gailtaler
Freilichtmuseum werden die wich- In den Hütten des AV weisen Info- Höhenweg. Der ca. 20 Kilo-
tigsten und interessantesten Ergeb- tafeln auf das „geologische Bilder- meter lange, das Lesachtal
nisse der geowissenschaftlichen buch“ hin, das neben den Bergstei- begrenzende Anteil reicht
Forschung in den Karnischen Alpen gern Fachleute aus aller Welt in die vom Eggenbach (Grenze Ost- Gegenüber dem Lumkofel, 2286 m, begrenzt der
zwischen Gartnerkofel und Wola- Karnischen Alpen lockt. tirol zu Kärnten) bis zum Gail- Karnische Kamm das Lesachtal.
yersee auch dem Laien aufgezeigt. bergsattel. An Gehzeit benö-
tigt man dafür insgesamt 15 bis 16 Höhe noch einige Unterkünfte und
Stunden. Der Weg ist gut markiert Schutzhütten.
Einsamkeit am Gailtaler Höhenweg und bei guten Bedingungen un- Im Lesachtaler Anteil der Gailtaler
schwierig. Alpen gibt es von West nach Ost
1985 entstand entlang alter Hirten- gen/Untertilliach. Darüber wurde Im Gegensatz zum gut erschlos- die kleine Selbstversorgerhütte
und Viehsteige der mit 229 bezeich- 1998 eine kleine, wegbegleitende senen Karnischen Kamm fehlen in auf der Lotteralm, 1.471 m, mit vier
nete Gailtaler Höhenweg von St. Broschüre erstellt, die Einblick auch den Gailtaler Alpen auf ihrer Ge- Schlafplätzen, doch ohne Kochstel-
Oswald, 1.366 m, in der Gemeinde in Fauna und Flora vermittelt. samtlänge von rund 95 Kilometern le. Dafür entschädigt das Tuffbad,
Kartitsch bis zur Lotteralm in Eg- Den weiteren Ausbau und die Mar- von Kartitsch bis zur Windischen 1.262 m, drei Kilometer nördlich
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Die Nutzung der leer- Wiesen bei St. Lorenzen ausklingt. pen eine bedeutende Vielfalt an Na-
stehenden Hütte auf Eine Familienwanderung führt zur turschönheiten, einsamen Gipfeln
der Schartenalm, Lakenalm, 1.610 m, und hinauf zu und abwechslungsreichen Land-
1.523 m, als Selbstver- den Mahdwiesen des Riebenkofels, schaften. Stein- und Schneehuhn,
sorgerhütte gilt es noch wo die Bauern aus St. Lorenzen der Birkhahn und das Murmeltier
abzuklären. Östlichster noch großflächig mähen und Gäste bewohnen weitläufige Gebiete.
Stützpunkt ist der Gast- mit Kindern manchmal eine Nacht Zum Hochwild des Gebiets zählen
hof auf der Gailberghö- im Heu und geschützt in einer Gämse und Rothirsch, Dohlen, Fal-
he, 971 m, geöffnet von Schupfe verbringen. ken, Bussard und Steinadler.
Anfang Mai bis Ende Als eine der schönsten sonnseiti- Der Gailtaler Höhenweg berührt
Oktober. gen Almwanderungen muss man Gesteinszonen, die aus Ablagerun-
Die unterschiedlich den Modersteig nennen, der von gen des Tethys-Ozeans vor etwa
langen Abschnitte des der Lakenalm zum Milnazensattel, 200 Millionen Jahren hervorgegan-
Gailtaler Höhenweges 1.947 m, führt (zwei Stunden), und gen sind.
bleiben wohl nur gut weiter zur Tscheltscher Alpe (eine Die Gailtaler Alpen stehen in einer
ausgerüsteten, leis- Stunde), wo sich neben der erwähn- engen Beziehung zu den Tälern. So
tungsstarken Bergstei- ten Selbstversorgerhütte auch eine haben Bergbaugebiete mit Schürf-
gerInnen vorbehalten. vom Hirten bewohnte Almhütte stellen nach Gold, Silber, Galmei
Für Familien finden sich befindet. (Zinkoxyd), Blei oder Eisen haben
Teilabschnitte, die sehr Eine ebenso eindrucksvolle Tour Spuren bis in die Gegenwart hinter-
lohnende und in ange- führt von Liesing über die hoch- lassen.
messener Zeit erreich- gelegene Bergsiedlung Assing zur
Das Samalmkreuz, 1.992 m, ein vorzüglicher bare Ziele beinhalten. Oberraster Alm und weiter auf den
Aussichtspunkt am Gailtaler Höhenweg Zu den dankbarsten Lumkofel, 2.256 m, einem hervor-
Tourenzielen im An- ragenden Aussichtsberg zwischen
von St. Lorenzen, Ortsteil Wiesen gesicht der schroffen Lienzer Do- den Lienzer Dolomiten im Norden
(siehe S. 35). lomiten zählt das Samalmkreuz, und dem Karnischen Kamm im
Ebenfalls eine Selbstversorgerhütte 1.992 m, mit Rast auf aussichtsrei- Süden. Gegen Osten ist das Som-
für sechs bis acht Personen befindet cher Bank. Über die Wieseralm lädt merwanderparadies der Mussen zu
sich am Tscheltscher Joch, 2.113 m, im Abstieg das Tuffbad ein, ehe die sehen.
nordwestlich des Lumkofels. Wanderung am Xaveriberg oder in Insgesamt bieten die Gailtaler Al-
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Der Weg in das Blumenparadies der Mussen ber, u. a. Teufelskralle, Dreiblättriges radieslilie, eine schöne Vertreterin
Windröschen, Duftende Waldhya- Südeuropas mit großen, weißen
sicht über die sanfte Hügel- und zinthe, Gelbe Blatterbse, Bergbald- Trichterblüten. Sie hat in der Berg-
Kammlandschaft der weitum be- rian oder Grüne Stendelwurz. wiesenlandschaft ein edles Gefolge,
kannten Mussen. Mit dem Wiesenbereich, der über u. a. Weißwurz, mehrere Orchideen-
Ein direkter Zugang besteht von St. 1.500 m beginnt, betritt man das arten, Gespornte Händlwurz und
Jakob, 948 m, wo beim Gasthof Lö- etwa vier Quadratkilometer große Brandorchis. In einer Höhenlage um
wen gegen ein geringes Entgeld die Naturschutzgebiet Mussen. Seit 1.700 m bildet der Goldschwingel,
Auffahrt bis zur oberen Waldgrenze alters her werden die fast strauch- ein hohes Gras, mit seinen Beglei-
möglich und das Blumenparadies und baumfreien Wiesen im zwei- tern eine eigene Gesellschaft. Der
Mussen deutlich bequemer erreich- jährigen Rhythmus gemäht. Die bunte Blumenteppich unter sei-
bar ist. erforderlichen Schutzmaßnahmen nen schweren Rispen gehört zum
1978 wurde die Mussen zum Na- werden seit mehreren Jahren durch Schönsten, was alpine Flora zu bie-
turschutzgebiet erklärt und zum Förderungen abgegolten. ten hat.
„Natura-2000-Gebiet“ gekürt. Das Prachtstück der Flora ist die Pa-
Die endlos und einheitlich erschei-
nenden Wiesenflächen auf der Mus-
Die Paradieslilie, der Stolz im Blumenreich sen erweisen sich bei näherer Be- Winterschitouren und Schneeschuhwanderungen
der Mussen trachtung als kleinräumiges Mosaik
verschiedener Pflanzen- und Tierge- Der Schneereichtum am Karnischen Kamm und in den Gailtaler Alpen
Von Birnbaum über Kornat, 1.032 sellschaften: begünstigt durch den Kamm erfordert im freien Gelände präsentieren sich als rassige Früh-
m, führt der Weg in den Podlanig- geologischen Untergrund, die un- alpine Erfahrung und überlegte jahrstouren.
graben und dann in Kehren hinauf terschiedliche Wasserversorgung, Routenwahl. Ein gelegentlich un- Unter der Vielzahl der Möglichkei-
zur Mukulinalm, 1.410 m. Im Wald die Exposition der Wiesen, das Kli- günstiger Schneedeckenaufbau ten führt unschwierig und lohnend
und am Hang aufwärts wird der ma und nicht zuletzt durch die ge- erzwingt besondere Vorsichtsmaß- die Spur von Xaveriberg hinauf zum
Mukulinsattel, 1.940 m, erreicht, wo staltende Hand des Menschen. nahmen bis hin zum STOP vor frag- Samalmkreuz, 1.992 m. Ortskun-
der den Schatzbühel südlich umge- Schon beim Zugang zur Mussen würdigen Hängen. Wettervorschau dige SchitourengeherInnen lieben
hende, zur Silberscharte führende sollte man sich für blühende Weg- und Lawinenlagebericht sind zu be- die Pulverabfahrt zur Wieseralm
Rasensteig richtungsweisend ist. begleiter Zeit nehmen. Im Fichten-, achten, entsprechende Ausrüstung und in weiterer Folge zum Tuffbad
Dann noch ein kurzer Anstieg zur Buchen-, Lärchen- und Mischwald sollte selbstverständlich sein. im Radegundtal. Eine ebenso ange-
Mussenhöhe, mit herrlicher Über- blühen viele Halbschatten-Liebha- Viele der Schitouren am Karnischen nehme und auch von Schneeschuh-
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erkerartig vorstehenden Felsabsät- dete Kammhügel prägen die Route


zen und steilem Gipfelhang. Diese zu diesem, dem Karnischen Kamm
Route bleibt geübten Schitouren- nahegelegenen Ziel.
geherInnen vorbehalten. Für erfahrene Schibergsteiger sei
Anspruchsvoller sind auch Schitou- noch die Raudenscharte, 2.298 m,
ren von Liesing bzw. vom hochgele- erwähnt oder das Hochalpl, 2.384
genen Weiler Assing zur Oberraster m, mit dem Zugang im Frohntal
Alm, ehe nach etwa 3½-stündigem und in die Vorherrschaft des Hoch-
Aufstieg der Lumkofel, 2.286 m, zu weißsteins.
den nicht alltäglichen Touren zählt. Neben dieser hier getroffene Aus-
Das Runseck, 2.144 m, lädt von wahl bieten sich noch zahlreiche
Nostra ein. Hochstämmiger Lär- andere Möglichkeiten an, sichere
chenwald, kupiertes Gelände und Schneelage vorausgesetzt.
schließlich nur noch dünn bewal-

Tiefwinterliche Spuren zum Schwalbenkofel, 2.159 m Arbeitsgebiete


gehern bevorzugte Route führt auf Der Schwalbenkofel, 2.159 m, ist Das weitläufige Arbeitsgebiet den Zeitangaben fehlt. Hier wird
den Grifitzbühel, 1.861 m, mit Aus- von Maria Luggau über den Weiler am Karnischen Kamm und in den noch nachgerüstet werden müssen.
gangspunkt in Birnbaum und höher Raut auch im Tiefwinter ein belieb- Gailtaler Alpen wird von der OeAV- Wege und Steige werden auch von
gelegen von Kornat. Eine Spur, die tes Tourenziel. Da bietet sich auch Sektion Austria bzw. seit dem Jahr der Sektion Obergailtal-Lesachtal
im Waldschatten und über sonnige die Rast auf den Rauter Gosn an, mit 2000 von deren Ortsgruppe „Die betreut. Diese ist bis 1994 als Orts-
Lichtungen auf den aussichtsrei- einem Stadel- und Schupfenensem- Karnischen“ betreut. Dies betrifft gruppe der Sektion Austria geführt
chen und teils noch baumumstell- ble, den Gosnställen, mit Wildfütte- das reich verästelte Wege- und worden.
ten Gipfel führt. Ein prächtiges Pa- rung zur Winterszeit. Der bis dort- Steignetz und die Aufrechterhal- Wesentlichen Anteil an der Instand-
norama belohnt den Ausflug, mit hin ausgebaute Forstweg bietet bei tung von Hütten und Notunter- setzung der Wege am Karnischen
den im Winter kalt beschatteten ungünstigen Schneeverhältnissen künften. Gut bewährt hat sich das Kamm hatten auch die Dolomi-
Nordfluchten der Karnischen Berge eine Abfahrtsvariante. Den sanft neue Markierungssystem mit den tenfreunde unter Oberst Walther
und den Lienzer Dolomiten, ange- gewölbten Schwalbenkofel über- weithin sichtbaren gelben Wegta- Schaumann.
führt vom Hochstadel. ragt die Schulterhöhe, 2.424 m, mit feln, auf denen es gelegentlich an
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Urlaub am Bauernhof

In den vier Wander- und Bergstei- vorausschauende Denkweise lässt


gerdörfern der Gemeinde Lesachtal viele hoffnungsvoll in die Zukunft
werben rund 100 bäuerliche Be- schauen, die Menschen zufrieden
triebe mit „Urlaub am Bauernhof“, und dankbar sein, hier zu leben.
davon sind 30 intensiver geführt, Viele Gründe zum Wohlfühlen – das
mit 20 bis 30 Gästebetten, und 70 spüren auch die Gäste beim Urlaub
etwas kleiner strukturiert. Qualität am Bauernhof, ganz nah an Land
ist das hohe Ziel, Häuser und Zim- und Leuten.
mer sind zeitgemäß ausgestattet Folgen wir den Gästen zu einigen
und mit dem Prädikat von einer bis dieser Urlaubsplätze im Lesachtal
zu vier Blumen eingestuft und kata- und beginnen die abenteuerliche
logisiert. Reise am Pass „Hocheben“, auf der
Den rund 1.500 EinwohnerInnen Anhöhe der Wacht, 1.768 m, an der
der Gemeinde stehen 1.300 Gäste-
betten gegenüber – ein wohlaus-
gewogenes Verhältnis. So bleibt der
Die Lakenalm, beliebt bei Gästen wie Einheimischen Bauer immer noch Herr im eigenen
Tal, und der Gast ist nicht – wie viel-
fach anderswo – unter Gästen im
Tal unterwegs. 40 Prozent der Gäste
bevorzugen den Urlaub am Bauern-
hof.
Siedlung und Flur zeigen bildhaft,
wie Mensch und Natur miteinander
harmonieren. Das spiegelt die Ent-
schlossenheit wider, fragwürdigen
Erschließungen zu entsagen und
damit Fremdkapital und schließ-
lich Fremdherrschaft zu vermei- Auch der Eggelerhof in Obergail bietet
den. Diese Unabhängigkeit und Urlaub am Bauernhof.
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Landschaft einfügen. Bemerkens- gelegentlich auch Gäste einge- höhe sich tummeln. Ein Erlebnis der
wert ist vor allem im Bereich der bunden sind. Beim Heuen auf den frühen Morgenstunde führt Gäste
Basilika im Dorfzentrum, wie sehr steilen Wiesen, beim Binden der im Mai in die Hochwälder zur Hah-
sich die Dorfgemeinschaft bemüht, Heuballen, die im Winter u. a. oben nenbalz, dabei von ihren Vermie-
Altes und kulturell Bedeutendes bei den „Rauter Gosn“ der Wildfüt- tern begleitet und fachlich beraten.
der Gegenwart anzuvertrauen, dies terung dienen. Naturverbundene
am Beispiel des Ortsteiles „Ober- Gäste nützen ihre Zeit für Wildtier- Urlaub am Bauernhof – Schilder di-
luggau“. Vorrang gilt den bemalten beobachtungen, wenn Edelhirsch rekt am Straßenrand weisen in die
Bauernhäusern mit Fensterrahmun- und Rehwild in den Rauter Wäldern kleinen Ortschaften Moos und Ster-
gen und Eckmalereien. 14 „Kösn“ wechseln oder Gämsen auf den fels- zen am Kammfuß der Karnischen
(Harpfen) und 40 „Zuhäuseln“, die durchsetzten Flanken der Schulter- Alpen. Voll erblüht, in der Farbe der
das bergbäuerliche Landschaftsbild
prägen, werden mit Verpflichtungs-
erklärungen durch die Besitzer
langfristig im derzeitigen Zustand
erhalten.
Der erste Blick ins Lesachtal: die Basilika Schön und anschaulich zeigen sich
von Maria Luggau die Wallfahrtskirche und das Klos-
ter von den schattseitig gelegenen
„Grenze“ zwischen dem Osttiroler Ortschaften Schade und Raut, 1.257
Gailtal und dem Kärntner Lesach- m. Wie eine Festung wirkt die im-
tal. Von einer Straßenkehre fällt posante Anlage auf den tiefer lie-
der Blick auf Maria Luggau im Ver- genden, sattgrünen Hangwiesen
band mit den kleinen Ortschaften Maria Luggaus. Westlich von Maria
und Weilern Raut, Schade, Moos, Luggau überschreiten wir die Gail
Sterzen, Guggenberg, Salach, Pro- hinauf nach Raut, am nördlich aus-
meggen. Unübersehbar ist bereits klingenden Rücken des Schwalben-
in Maria Luggau, wie sehr im Tal kofels, einem kleinen Bruder der
auf gediegene Baukultur geachtet Bergriesen am Karnischen Kamm.
wird, mit derzeit 700 Objekten, die Auf Raut behaupten sich vier Voll-
sich ausnahmslos harmonisch in die erwerbsbauern, in deren Tagwerk Xaveriberg oberhalb der mächtigen Radegundbrücke
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Sonne, wogt der Löwen- Promeggen, fünf spitze Wegkehren Gemeinschaft auch in abgeschiede-
zahn auf den mähbereiten, unterhalb der Bundesstraße, ste- nen, kleinen Ortschaften.
hofnahen Wiesen rund hen die Türen zweier Bauernhöfe Ein Höhepunkt des Sommers sind
um die kleine Antoniuska- freundschaftlich offen. Almfeste. Dazu laden VermieterIn-
pelle in Sterzen. Dagegen Wir folgen der gut ausgebauten, nen und Wegberechtigte ihre Gäs-
liegt noch Schnee auf den an die sonnige Berglehne gedrück- tefamilien herzlich ein. Mit einer
Almen im Halbstock der te Straße in Talrichtung nach St. Traktorfahrt geht es etwa hinauf zur
Karnischen Berge oder am Lorenzen. Dem Dorf gehören die sanfthügeligen Lakenalm, 1.610 m.
Lumkofel, dem Tal gegen- Ortschaften und Weiler Frohn, Wie- Hoch auf einem der Morgensonne
über. sen, Xaveriberg und Tuffbad an. Der zugewandten Berghang grüßen
St. Lorenzen, 1910 Auch in der Einschicht schlanke, gotische Kirchturm fängt windgeschützt die Häuser am Xa-
den ersten Blick im Wander- und veriberg, 1.257 m. Zu den ältesten
Bergsteigerdorf St. Lorenzen auf. zählt das von einem mächtigen
Wohl proportioniert mischen sich
neue Wohnhäuser unter jahrhun-
dertealte Bausubstanz oder stehen
erdverankert hoch auf schmalen
Hangleisten. Mehrheitlich in solider
Holzbauweise auf massivem Mau-
erwerk erbaut, meist zwei Balkone
übereinander und individuell, mit
farbverliebter Blumenpracht im
Sommer. Vor dem Haus ein Stück
Grünland, eine Bank für Gespräche
mit den in die bäuerliche Familie gut
eingebundenen Gästen. Das fördert
das gegenseitige Kennenlernen und
Verstehen. Die Lesachtaler gelten
allgemein als sparsam, häuslich, mit
viel Familiensinn ausgestattet,und
Sommer in Obergail: der Sonnstein, 2.289 m, lädt zur Gipfeltour ein. spürbar ist die intakte bäuerliche Brotbackofen beim Stabentheiner Hof
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Wirtschaftsgebäude flankierte Rau- in das Frohntal zu den kleinen Berg- worden sind“, sagt der junge
terhaus, seit 1718 von elf Generatio- siedlungen gelangen. drahtige Bergbauer.
nen bewohnt. Liesing, umgeben von den Ort- Bei der sich am Hang an-
Auf einer Anhöhe der südlichen schaften und Weilern Klebas, Ober- schmiegenden Hacklgraben-
Lesachtaler Begrenzung verrät die gail, Niedergail, Pallas, Assing, brücke machen Wegschilder
hübsche Kapelle zur Hl. Dreifaltig- Stabenthein, Tscheltsch, Ladstatt, auf die Bergsiedlung Obergail,
keit die Bergsiedlung Oberfrohn, Oberring und Durnthal, ist das kul- 1.095 m, aufmerksam. Mit
1.324 m, mit überwältigendem turelle Zentrum der Gemeinde Le- dem Blick auf die Steinwand
Talblick auf St. Lorenzen und den sachtal. Ein Schmuckstück ist der senkt sich die Straße kurven-
Xaveriberg gegenüber. Ausgangs- Dorfbrunnen neben der Pfarrkirche reich hinab zur Gail und am
punkt sowohl nach Unter- als und dem Haus der Volksmusikaka- Gegenhang empor in die
auch nach Oberfrohn ist die Vier- demie. Streusiedlung um die 1832 er-
zehn-Nothelfer-Kapelle in Wiesen, Direkt aus dem Liesinger Dorfkern baute Annakapelle.
1.035 m, ehe wir nach drei Kilome- führt ein schmales Asphaltband Der Lahnahof, ein viel und
tern und einer ergiebigen Schleife sonnseitig empor zu den höchstge- gern besuchtes Restaurant,
legenen kleinen blickt weit ostwärts ins Tal,
Bergsiedlungen und der seit Generationen be-
Pallas, 1.325 m, wohnte Eggelerhof steht auf
und Assing, einer ebenmäßig zugespitz-
1.427 m, auf be- ten Hangkanzel. Der Wind- Liesing schmiegt sich an die sonnseitigen Wälder.
sonnten, von bichler bzw. Eggelerbauer
Wald gerahmten vertritt als Obmann die Institution ßen ein Brückenschlag zur heutigen
Hangwiesen. „Zu „Urlaub am Bauernhof“ mit Herz Zeit und zu den kulinarischen Qua-
uns kommen Gäs- und langjähriger Erfahrung. „Aus litätsprodukten im Tal.“
te nicht in Legi- Gästen werden Bekannte, werden Dazu trägt auch eine Kräuterwerk-
onsstärke, es sind Freunde“, erzählt er, „und sind sie stätte beim Mühlenstüberl im Ober-
Stammgäste, die ein drittes Mal hier, kennt sie jeder gailer Tal bei.
wir seit Langem im Dorf und im Tal. Da bleibt auch Beim straßennahen „Klebakirchl“,
beherbergen und Zeit für gemeinsame Aktivitäten. eine Dreifaltigkeitskapelle, schraubt
Obergail, 1.095 m, mit den Weilern Lette (links) und Plasegge, deren Kinder mit Gäste gewinnen Einblicke in bäu- sich die Straße zwei Kilometer durch
1.241 m (rechts) unseren groß ge- erliche Arbeitswelten – gleicherma- Fichten- und Buchengehänge hin-
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Auch dorthin ist die Zufahrt nur in seine Landwirtschaft integrier- Außenwand bezieht sich auf den
durch die Gailschlucht möglich. te Vermietung entbindet dort den Klosterbau 1514 in Maria Luggau.
Der Hinweis „Farmersgolf“ macht Vollerwerbsbauer vom Auspendeln An Birnbaum, das vierte und öst-
neugierig auf eine etwas rustika- zu einem kilometerweit entfernten lichste Dorf der Gemeinde Lesach-
lere Art dieser Spielform, auf fla- Arbeitsplatz. „Therapie für Ruhebe- tal, sind die unterschiedlich großen
chen bis mittelsteilen Bergwiesen, dürftige, ein Platz zum Wohlfüh- Ortschaften Kornat, Mattling, Nost-
wo zwischen erstem und zweitem len, ein Ort der Stille. Unser
Grasschnitt entsprechende Bah- Schwerpunkt ist die natur-
nen für einen 10-Loch-Spielbetrieb nahe Kost, mit herzhaftem
ausgemäht werden. Abseits davon Genuss ohne Reue“, sagt
erliegen Gäste ihrer Sammelleiden- die Jungbäuerin nicht ohne
schaft, indem sie die Wälder nach Stolz. Sie kennt alle Kräuter
Beeren und Pilzen durchkämmen. im Feld und Wald. Ein zau-
In Niedergail wohnt der Landwirt berhafter Mittelpunkt ist
Franz Unterguggenberger, der 1987 der steingemauerte, von
von der Landwirtschaftskammer einem Holunderbaum be-
Kärnten beauftragt wurde, eine Or- wachte Brotbackofen.
ganisation für die bäuerlichen Ver- Eine Kunsthandwerk schaf-
Vom Bergdörfl Kornat bei Birnbaum mieter zu schaffen. Unterguggen- fende Familie bewohnt
führen Weg und Steige hinauf zur Mussen. berger betont: „Muss der Landwirt den Einzelhof in Oberring,
in den Nebenerwerb, ist es nur eine an der östlichen Liesin-
auf nach Tscheltsch, 1.339 m, und Frage der Zeit, bis der Bauernhof ger Gebietsgrenze. Haus
noch höher nach Ladstatt. Ansehn- stillgelegt wird.“ und Werkstätte neben der
lich große und saubere Bauernhöfe Im Lesachtal abwärts lässt eine küh- Straße und doch der Natur
trotzen der ungewöhnlichen Steile. ne Brücke den einst umständlichen so nahe, dass Rehe ohne
Wo hoch im Niedergailer Tal in den Umweg durch den breiten Staben- besondere Scheu sich bis
Karnischen Bergen der romantische theingraben vergessen, ehe einen zur Haustür wagen. In der
Giramondopass eingebettet liegt, Kilometer unterhalb der Bundes- scharfen Straßenkehre
Die Annakapelle in Obergail. Auf der gegenüber-
besuchen wir im Vorfeld dieser straße auf halber Höhe zwischen steht die von der Legende liegenden Talseite befinden sich Unter- und Obert-
Gipfelschönheiten die lockere Häu- Berg und Gail der Stabentheiner Hof umrankte Gedächtniska- scheltsch (links), Pallas und Assing (rechts). Darüber
sergruppe auf Niedergail, 1.108 m. den Urlaubsgästen bekannt ist. Die pelle. Eine Inschrift an der ragt der Lumkofel auf.
110 111

ra, Egg und Wodmaier angegliedert. Gäste mit einer Vorliebe für den Kar- siedlung beim Hildenwas-
Eine kleine feste Welt im strengen nischen Kamm und seine wechsel- serfall ausgelöscht hat.
Dunkelgrün der Bergwiesen erwar- volle Geschichte. Akribisch folgen Das Gemeindegebiet en-
tet uns in Nostra, 1.038 m, wo die sie den Spuren und noch schlecht det in der Ortschaft Wod-
Häuser in lockerer Anordnung auf verheilten Wunden dese Ersten maier mit der vier Kilome-
offenen, gegen Osten gerichteten Weltkriegs. Sie kennen die grün ter langen Zufahrt hinab
Hangfluren stehen. Auch in Nostra überwucherten Narben im Wola- zur Gail, dem mit 790 m
machen Gäste Urlaub am Bauern- yertal, den ehemaligen Soldaten- tiefsten Punkt der Lesach-
hof, genießen die sorglosen Tage friedhof, den der Wolayerbach mit taler Gemeinde. Dort ent-
und die herrliche Landschaft. Sand und Steinen grob zugedeckt blößt die Gail ein Stück
„Zu uns kommen die Kammgeher“, hat, ahnen, wo die todbringende freilaufende Strecke mit
hört man allgemein. Gemeint sind Lawine alles Leben in der Baracken- breiter, schottergepolster-
ter Biegung, ehe wieder
dunkel durchschattete
Schluchten zwischen Fich-
ten und dicht beasteten
Büschen anschließen. Die
Straße führt hinauf auf
eine ausladende, leicht
kupierte Terrassenland-
schaft, die Gäste anlockt,
welche bewusst vom hek- Wodmaier wird von der Plenge überragt, im Vorder-
tischen Alltag eine Zeit grund die Kirche St. Johann Baptist in Kornat.
lang Abschied nehmen.
Drei Höfe zählt die Ort-
schaft und den Alpengasthof. „Wer Tal und die einzigartige Landschaft
den Weg zu uns findet“, erklärt Gab- mit allen Sinnen zu erleben – hier,
riel Stabentheiner, vulgo Hofer vom fern von Straßen und Großstadtge-
Alpenhof, „hat sich der Einsamkeit triebe, dafür sehr nahe dem Natur-
mit all ihren Vorzügen verschrieben, juwel Wolayersee am Karnischen
Birnbaum an der Mündung des Wolayertales, rechts im Hintergrund Nostra. ist bereit und aufnahmefähig, das Kamm.“
112 113

Danksagung
Mit Freude darf ich festhalten, dass ich liebenswerte Menschen in sauberen
Bergsteigerdörfern in einem wunderschönen Bergtal kennengelernt habe.
In zweijähriger Recherche verbrachte ich ca. 30 Tage im Lesachtal, entlang
der Gail und den Höhenwegen der herrlichen Berge. In viele Häuser und
Bauernhöfe durfte ich einkehren, wo mir in zahlreichen Gesprächen Infor-
mationen, Mithilfe und Rat bereitwillig angeboten und historische Bilder
und Urkunden zur Verfügung gestellt wurden.
Es ist nun an der Zeit, für die wertvolle Unterstützung zu danken, mit der
das vorliegende Werk zustande kommen konnte.
Dank und Anerkennung gebühren unter anderen:

Hans Guggenberger, Liesing (Siedlungs- und Wirtschaftsgeschichte sowie


historische Bilder)
Ingeborg Guggenberger, Liesing (Geschichte Hochweißsteinhaus)
Alois Heinricher, Lienz (Blumenparadies Mussen)
Iris Kurz, St. Lorenzen (Geschichte und historische Bilder)
Brigitte und Leopold Lugger, Maria Luggau (Mühlen in Maria Luggau und
Auf den Monte Chiadensis, 2.490 m, führt ein Klettersteig. historische Bilder)
Mario Lugger, Maria Luggau (Bergführerwesen im Lesachtal)
Christoph Oberluggauer, Liesing (Gemeindearchiv)
Helmut Ortner, St. Lorenzen (Wolayerseehütte)
Robert W. Peters, OeAV-Sektion Kötschach („Vergessene Hütten am Kar-
nischen Kamm“)
Arnold Ronacher, Hermagor („Die Gail entlang, Karnische Täler und Berge“)
Gabriel Stabentheiner, Liesing
Regina Maria Unterguggenberger, Iselsberg („Mundart im Lesachtal“)
Ludwig Wiedemayr, Kartitsch („Alpingeschichte Tiroler Gailtal“)
Johann Windbichler, Obergail (Touristik)

Walter Mair
114 115

Verwendete Literatur und Quellen


Lexer, Matthias von: Kärntisches Wörterbuch; Verlag S. Hirzel, Leipzig 1862 Tiefenbacher, Thomas: 900 Jahre St. Radegund im Lesachtale; Carinthia, Klagenfurt
Mair, Walter: Osttiroler Wanderbuch; Tyrolia Verlag, 7. Auflage, Innsbruck 2005 1958
Mair, Walter: Naturkundlicher Führer Via Alpina – Karnischer Kamm; Oesterreichi- Tiefenbacher, Thomas: Die Besiedelung des Lesachtales; Klagenfurt 1960
scher Alpenverein, Innsbruck 2005 Tiefenbacher, Thomas: Die Kärntner Landsmannschaft; Klagenfurt 1960
Mair, Walter: Osttirol Süd, Wanderführer; Bergverlag Rother, 3. Auflage, München Wiedemayr, Ludwig: Das Tiroler Gailtal – Kartitsch, Obertilliach, Untertilliach; Reihe
2010 „Alpingeschichte kurz und bündig“, Oesterreichischer Alpenverein, Innsbruck
Mair, Walter: Der Gailtaler Höhenweg; Gemeindeverband Karnische Region, Herma- 2010
gor 2007
Michelitsch, Gerhard: Das Kärntner Lesachtal – eine länderkundliche Betrachtung
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Neumann, Dieter: Das Kärntner Lesachtal. Werden und Wandlungen einer bergbäu-
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1997
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gisches Bilderbuch Nr. XVI; Bergrettung Kötschach-Mauthen, Kötschach-Mau-
then 2004
Peters, Robert W.: Damals in den Karnischen – Eine Zusammenfassung von Aufsät-
zen und Notizen aus alten Büchern und Zeitschriften von 1894 bis 1994, an-
lässlich des 100-jährigen Bestehens der OeAV-Sektion Obergailtal-Lesachtal,
Kötschach-Mauthen 1994
Pohl, Heinz-Dieter: Kleine Kärntner Mundartkunde; Verlag Johannes Heyn, Klagen-
furt 1989
Ronacher, Arnold: Die Gail entlang, Karnische Täler, Karnische Berge; Verlag Johannes
Heyn, Klagenfurt 1992
Salcher, Joseph: Beiträge zur Besiedlungsgeschichte des kärntnerischen Lesachtales;
Dissertation, Innsbruck 1939
Schabus, Wilfried: Dialektgeographie des Lesachtales; Dissertation, Wien 1971
Schaumann, Walther und Gabriele, Unterwegs vom Pustertal zum Plöckenpass; Ver-
lag Hermagoras/Mohorjeva zalozba, Klagenfurt/Celovec 2003
116 117

Adressen Alpenvereinshütten Bergsteigerdörfer – www.bergsteigerdoerfer.at


Gemeinde Lesachtal Hochweißsteinhaus, 1.868 m Das Projekt „Bergsteigerdörfer“ ist eine Initiative des Oesterreichischen Al-
9653 Liesing 29 OeAV-Sektion Austria penvereins. Es handelt sich dabei um kleine Gemeinden, die nach einem
Tel.: +43/(0)4716/242 Schlafplätze: 14 Betten, 40 Lager strengen Kriterienkatalog ausgewählt werden und für ein reichhaltiges
Fax: +43/(0)4716/242-20 Bewirtschaftungszeit: Alpinangebot in unverbrauchter Naturlandschaft stehen. „Bewegung aus
lesachtal@ktn.gde.at Mitte Juni bis Ende September eigener Kraft“ lautet das Motto der Bergsteigerdörfer. Damit sind Aktivi-
www.lesachtal.gv.at Tel.: +43/(0)676/7462 886 oder täten wie Wandern, Bergsteigen, Klettern, Schneeschuhwandern, Schitou-
+43/(0)4716/551 rengehen und Langlaufen gemeint. Die Initiative steht unter der Schirm-
Tourismusinformation Lesachtal www.hochweißsteinhaus.at herrschaft der Alpenkonvention, und es ist Aufgabe der Bergsteigerdörfer,
9653 Liesing 29 nicht nur selbst nachhaltig zu wirtschaften, sondern auch eine starke Vor-
Tel.: +43/(0)4716/242-12 Wolayerseehütte, 1.960 m bildfunktion für andere Gemeinden auszuüben.
Fax: +43/(0)4716/242-20 OeAV-Sektion Austria Folgende Gemeinden bzw. Talschaften zählen zu den Bergsteigerdörfern:
info@lesachtal.com Bewirtschaftungszeit: Das Große Walsertal, Ginzling im Zillertal, Vent im Ötztal, Kals am Groß-
www.lesachtal.com Mitte Juni bis Ende September glockner, das Villgratental, das Tiroler Gailtal, die Gemeinde Lesachtal, Mall-
Tel. Tal: +43/(0)664/2011 555 nitz, Malta, Weißbach bei Lofer, Hüttschlag im Großarltal, Johnsbach im
Oesterreichischer Alpenverein Tel. Hütte: +43/(0)720/346 141 Gesäuse, die Steirische Krakau, Steinbach am Attersee, Grünau im Almtal,
Sektion Austria www.wolayerseehuette.at Lunz am See und Reichenau an der Rax.
Vorsitzender: Friedrich Macher
Rotenturmstraße 14
1010 Wien
Tel.: +43/(0)1/413 10 03 Projektteam:
austria@sektion.alpenverein.at Oesterreichischer Alpenverein
www.alpenverein-austria.at Peter Haßlacher, Christina Schwann, Roland Kals, Regina Stampfl
Olympiastraße 37
Bergrettung Lesachtal 6020 Innsbruck
Tel: +43/(0)4716/209 Tel.: +43/(0)512/59547-31
Fax: +43/(0)512/59547-40
christina.schwann@alpenverein.at
www.bergsteigerdoerfer.at
118 119

Serie Alpingeschichte kurz und bündig: Oesterreichischer Alpenverein (Hrsg.): Bergsteigerdörfer Kartitsch, Obertilliach, Untertilliach
Oesterreichischer Alpenverein (Hrsg.): Alpingeschichte kurz und bündig – Das Große Walsertal; – Drei Gemeinden im Tiroler Gailtal; 42 Seiten; Innsbruck 2010
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Oesterreichischer Alpenverein (Hrsg.): Alpingeschichte kurz und bündig – Ginzling im Zillertal; renpark; 46 Seiten; Innsbruck 2010
Gudrun Steger; 114 Seiten; Innsbruck 2010 Oesterreichischer Alpenverein (Hrsg.): Das Lesachtal – Ausgezeichnet naturbelassen; 58 Seiten;
Oesterreichischer Alpenverein (Hrsg.): Alpingeschichte kurz und bündig – Das Tiroler Gailtal − Innsbruck 2010
Kartitsch, Obertilliach, Untertilliach; Ludwig Wiedemayr; 106 Seiten; Innsbruck 2010 Oesterreichischer Alpenverein (Hrsg.): Grünau im Almtal – Grüne Auen und grünes Wasser; 42
Oesterreichischer Alpenverein (Hrsg.): Alpingeschichte kurz und bündig – Steinbach am Atter- Seiten; Innsbruck 2010
see; Gudrun und Herta Wallentin; 110 Seiten; Innsbruck 2010 Oesterreichischer Alpenverein (Hrsg.): Das Villgratental – Herz-Ass in Inner- und Außervillgraten;
Oesterreichischer Alpenverein (Hrsg.): Alpingeschichte kurz und bündig – Grünau im Almtal; Fer- 50 Seiten; Innsbruck 2010
dinand Trautwein; 110 Seiten; Innsbruck 2010 Oesterreichischer Alpenverein (Hrsg.): Reichenau an der Rax – Wo Künstler und Therapeuten in
Oesterreichischer Alpenverein (Hrsg.): Alpingeschichte kurz und bündig – Johnsbach im Gesäu- die Berge gehen; 46 Seiten; Innsbruck 2010
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2010
Broschüren: Oesterreichischer Alpenverein (Hrsg.): Steinbach am Attersee – Kultur und Bergnatur am Alpen-
Oesterreichischer Alpenverein (Hrsg.): Kleine und feine Bergsteigerdörfer zum Genießen und strand; 42 Seiten; Innsbruck 2010
Verweilen; 126 Seiten, 3. Auflage; Innsbruck 2009
Oesterreichischer Alpenverein (Hrsg.): Bergsteigerdorf Johnsbach im Gesäuse – Ein alpines Arka- Serie Ideen – Taten – Fakten:
dien; 38 Seiten; Innsbruck 2009 Oesterreichischer Alpenverein (Hrsg.): Startkonferenz Bergsteigerdörfer im Bergsteigerdorf Ginz-
Oesterreichischer Alpenverein (Hrsg.): Bergsteigerdorf Hüttschlag – Almen und Bergmähder im ling, 10.–11. Juli 2008, Tagungsband; Serie Ideen – Taten – Fakten Nr. 1; 34 Seiten; Innsbruck
Großarltal; 46 Seiten; Innsbruck 2009 2008
Oesterreichischer Alpenverein (Hrsg.): Bergsteigerdorf Lunz am See – Wo die Ois zur Ybbs mu- Oesterreichischer Alpenverein (Hrsg.): Bergsteigerdörfer – Ein Modell für die Umsetzung der Al-
tiert; 46 Seiten; Innsbruck 2009 penkonvention, Tagung Mallnitz/Kärnten, 26.–27. November 2008; Serie Ideen – Taten – Fakten
Oesterreichischer Alpenverein (Hrsg.): Bergsteigerdorf Steirische Krakau – Fernsehen mit Seeau- Nr. 2; 54 Seiten; Innsbruck 2009
gen; 42 Seiten; Innsbruck 2009 Oesterreichischer Alpenverein (Hrsg.): Jahrestagung Bergsteigerdörfer – Öffentlicher Verkehr in
Oesterreichischer Alpenverein (Hrsg.): Bergsteigerdorf Vent im Ötztal – Ein Klassiker unter den peripheren Räumen; Serie Ideen – Taten – Fakten Nr. 3; 70 Seiten; Innsbruck 2009
Bergsteigerdörfern; 48 Seiten; Innsbruck 2009
Oesterreichischer Alpenverein (Hrsg.): Bergsteigerdorf Ginzling – Am Anfang war das Bergstei- Weiterführende Literatur Bergsteigerdörfer:
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Oesterreichischen Alpenvereins – Serie: Alpine Raumordnung Nr. 28); Innsbruck 2006; S. 50–63 Schwann, Christina: Bergsteigerdörfer – Ein Idealfall der Alpenkonvention; in: Die Alpenkonvention:
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2/2009; Innsbruck 2009; S. 62–64 Archiv Hans GUGGENBERGER: Titel, S. 14, 16, 17, 32, 33, 40, 41, 44, 49, 58, 78, 81, 82, 83, 84, 104
Oesterreichischer Alpenverein (Hrsg.): Verborgenes Paradies – Das Bergsteigerdorf Hüttschlag im (o.), 110
Großarltal; Schwann, Christina, in: Bergauf – Mitteilungsheft des OeAV, Nr. 3/2009; Innsbruck 2009;
S. 76–79 Archiv Iris KURZ: S. 22, 25, 48, 67, 68, 70, 71, 72
Oesterreichischer Alpenverein (Hrsg.): Wurzeln und Fundament – Die Alpingeschichte der Bergstei-
gerdörfer; Haßlacher, Peter, in: Bergauf – Mitteilungsheft des OeAV, Nr. 4/2009; Innsbruck 2009; Archiv Brigitte LUGGER: S. 12, 23, 27, 28 (r.), 29, 30, 31, 35, 37, 42, 43, 47 (u.)
S. 18–20
Oesterreichischer Alpenverein (Hrsg.): Die Farbe Grün – Bergsteigen in der Steirischen Krakau; Kals, Archiv Robert W. PETERS: S: 61, 62, 64, 65, 66
Roland, in: Bergauf – Mitteilungsheft des OeAV, Nr. 4/2009, Innsbruck 2009; S. 74–76
Oesterreichischer Alpenverein (Hrsg.): Drei Bergsteigerdörfer im Tiroler Gailtal; Goller, Anton und Wie- Archiv Walther SCHAUMANN: S. 76
demayr, Ludwig; in: Bergauf – Mitteilungsheft des OeAV, Nr. 5/2009; Innsbruck 2009; S. 70–72
Oesterreichischer Alpenverein (Hrsg.): Lunz am See – Vom Reiz des Unspektakulären; Kals, Roland, in: Walter MAIR: S. 10, 20, 24, 26, 28 (l.), 34, 36, 39, 45, 46, 47 (o.), 52, 54, 55, 57, 59, 60, 75, 77, 79, 80,
Bergauf – Mitteilungsheft des OeAV, Nr. 1/2010; Innsbruck 2010; S. 50–53 85, 86, 88, 91, 93, 94, 98, 100, 101, 102, 103, 104 (u.), 105, 106, 107, 108, 109, 111, 112, Rückseite
Oesterreichischer Alpenverein (Hrsg.): Großes Walsertal – Ein von Tobeln durchtobeltes Tal; Bischof,
Monika und Schwann, Christina, in: Bergauf – Mitteilungsheft des OeAV, Nr. 2/2010; Innsbruck 2010; Arnold RONACHER: S. 96
S. 82–84
Oesterreichischer Alpenverein (Hrsg.): Grünau im Almtal – Nordwände, Kolkraben und Seenidyll; Kals,
Roland, in: Bergauf – Mitteilungsheft des OeAV, Nr. 3/2010; Innsbruck 2010; S. 94–97
Oesterreichischer Alpenverein (Hrsg.): Dreitausenderjagd – Bergsteigerdorf Malta; Kals, Roland, in:
Bergauf – Mitteilungsheft des OeAV, Nr. 4/2010; Innsbruck 2010; S. 62–64
Oesterreichischer Alpenverein (Hrsg.): Vent – Einzigartigkeit inmitten der Ötztaler Alpen; Schlosser,
Hannes, in: Bergauf – Mitteilungsheft des OeAV, Nr. 5/2010; Innsbruck 2010; S. 62–63
122

Impressum

Herausgeber: Oesterreichischer Alpenverein, Olympiastr. 37, 6020 Innsbruck Walter Mair, 1939 in Lienz geboren, besuchte
Redaktion: Hannes Schlosser und Christina Schwann dort die Volks- und Hauptschule. Auf den
Grafik: SuessDesign.de Spuren seiner Eltern entschied er sich für den
Layout: Christina Schwann Gärtner-Beruf, mit Gesellenprüfung 1958 in
Druck: Sterndruck, Fügen Klagenfurt, und Meisterprüfung 1964 in Lan-
genlois.
Seit 1970 verheiratet mit Bärbl, mit der er eine
Gärtnerei und ein Blumengeschäft führte.
1981 kam die Tochter Christine zur Welt.
Walter Mairs Liebe zur Natur und den Bergen
erwachte bereits im 15. Lebensjahr und ist im-
mer noch ein besonderer Teil in seinem Leben. Er war als Jugendführer und
als Obmann im Lienzer Alpenverein über viele Jahrzehnte tätig.
Mair hat mehrere Touren- und Wanderführer über die Bergwelt Osttirols
sowie Bildbände über die Naturschönheiten seiner Heimat verfasst. Einige
dieser Publikationen schließen auch Oberkärnten mit ein.

Titelbild: Das Dorf Liesing um 1930; im Hintergrund die Plenge, 2.372 m


Foto Rückseite: Karnischer Höhenweg am Hochalpljoch, 2.280 m, dahinter
Kavernen am Hochalpl, 2.384 m
www.bergsteigerdoerfer.at

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