russischen Judenpolitik
Author(s): REINHART MAURACH
Source: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft / Journal of Institutional and
Theoretical Economics, Bd. 99, H. 4. (1939), pp. 676-693
Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KG
Stable URL: https://www.jstor.org/stable/40746992
Accessed: 26-09-2021 04:15 UTC
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Die jüdische Sonderbesteuerung in Rußland 677
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Die jüdische Sonderbesteuerung in Rußland 679
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Die jüdische Sonderbesteuerung in Rußland 68 1
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682 Reinhart Maurach
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Die jüdische Sonderbesteuerung in Rußland 683
gering zu halten, daß die Steuereingänge stets weit hinter den An-
schlägen zurückblieben. So wurden in den Jahren 1816/1817 in
der Gegend von Minsk und Wüna »Seelenverheimlichungen« auf-
gedeckt, die sogar nach jüdischem Zugeständnis in die Zehntau-
sende gingen und den Staat um Millionen von Rubeln brachten.
Der Steuerukas wurde nachträglich auch auf die Landesteile
ausgedehnt, die infolge der letzten Teilung Polens erst nach seinem
Erlaß unter russische Oberhoheit traten, so im Jahre 1795 auf
Restpolen (anders aber lagen und blieben bis 1915 die Verhält-
nisse bezüglich des erst 1815 zu Rußland gekommenen »Zartums
Polen«, des ehemaligen Herzogtums Warschau, welches unter
Sonderrecht verblieb) und im Jahre 1799 auf Kurland. Hier wurde
jedoch bestimmt (VGS. Bd. XXV Nr. 18 889), daß die Auswande-
rungslustigen, die zur Entrichtung der doppelten Abgabe auf drei
Jahre im voraus nicht in der Lage wären, »unter Befreiung von
dieser Abgabe ins Ausland zu senden wären«; das im nächsten
Jahre bezüglich der (besonders unerwünschten) Juden in Kurland
ergehende Gesetz, welches diese Vergünstigung widerrief und für
die ohne Entrichtung der doppelten Steuer für drei Jahre im vor-
aus Fortziehenden Zwangsarbeit vorsah (Ukas vom 1. Mai 1800,
VGS. Bd. XXVI Nr. 19 409), ist praktisch wohl kaum zur An-
wendung gelangt, zeigt aber doch, daß die Doppelabgabe bestimmt
nicht zur Förderung der jüdischen Auswanderung dienen sollte.
Ein klareres Gesicht gewinnt die Judensteuer in der 1804 unter
der Ägide zuerst Dershawins, dann Speranskis erlassenen ersten
Judenordnung des Reiches. Dieses Gesetz läßt bereits die Grund-
züge der Politik erkennen, die in den folgenden fünfzig Jahren,
unter Alexander 7. und Nikolai /., durchgeführt werden sollte.
Das Gesetz ging etwa vom folgenden Standpunkt aus. Der Jude
in seiner überwältigenden Mehrheit war sozial unproduktiv; er
entzog sich nach Möglichkeit seinen staatsbürgerlichen Pflichten,
lag ungreifbaren und unkontrollierbaren Gewerben ob, hielt sich
in feindlicher Abschließung von der Stammbevölkerung fern,
durchsetzte diese aber wirtschaftlich in unerträglicher Weise; ins-
besondere das sog. Landjudentum fristete ein parasitäres, uner-
wünschtes Dasein. Demgemäß stellte das Gesetz auf die Besserung
des jüdischen Charakters ab. Dies sollte durch Förderung der jü-
dischen Schulbildung und durch die Erziehung der Juden zu ge-
regelten, sozial wertvollen Berufen angestrebt werden. Der länd-
liche Schnapshandel wurde den Juden untersagt, desgleichen hat-
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Die jüdische Sonderbesteuerung in Rußland 685
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Die jüdische Sonderbesteuerung in Rußland 687
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688 Reinhart Maurach
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Die jüdische Sonderbesteuerung in Rußland 689
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69O Reinhart Maurach
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Die jüdische Sonderbesteuerung in Rußland 69I
ziert werden ; zum anderen mußte die Erhebung der Steuer selbst
neuen Organen übertragen werden, die an Stelle der Kahale tra-
ten. Diese Reform wurde durch das Gesetz vom 19. Dezember
1844 (VGS. Bd. XIX Nr. 18 545) durchgeführt, dessen Urheber
der Staatssekretär im Finanzministerium Wrontschenko war.
Diese Reform, die für den einzelnen Juden eine Verschlechte-
rung seiner steuerlichen Behandlung brachte, lag durchaus im
Zuge der nach 1840 angebahnten Entwicklung, die den Kulmi-
nationspunkt der folgerichtigen repressiven Gesetzgebung dar-
stellte. Ihre leitenden Gesichtspunkte lassen sich kurz wie folgt
zusammenfassen. Schuldner der allgemeinstaatlichen, für die jüdi-
schen wie christlichen Stände gleichen Steuern sind nicht mehr
die Standesgesellschaften oder Gemeinden (Kahale), sondern die
einzelnen Steuerzahler; die Korobka wird zu einer unmittelbar
staatlichen Steuer und neben den übrigen Staatssteuern von den
Juden erhoben. Sie wird zwar im wesentlichen nach den bisherigen
Grundsätzen eingezogen, aber ausschließlich von den staatlichen
Behörden (Renteien) verwaltet. Nach dem neuen Gesetz war die
Korobka zu einer obligatorischen, genau normierten Abgabe ge-
worden, bei der Besteuerungskreis und Taxen der Entscheidungs-
gewalt der jüdischen Gemeinden entzogen waren. Der Kreis der
steuerpflichtigen Gegenstände und Handlungen war gegenüber
der früheren Regelung im großen und ganzen unverändert, mit
Ausnahme der Steuer auf Sabbathlichte (der sog. »Lichtsteuer«),
die jetzt eine besondere Ausgestaltung erfuhr. Das Charakteri-
stische dieser Sonderart der Korobka bestand darin, daß die Er-
trägnisse der Lichtsteuer ausschließlich zur Erhaltung der jüdischen
Schulen dienen sollten, während die übrigen Posten der Korobka
(Schlachtsteuern, Umsatzsteuern usw.) zur Erhaltung von Kran-
kenhäusern, Altersheimen u. a. (sog. »örtliche Ausgaben«) und zur
Deckung der Defizite unvermögender jüdischer Gemeinden (sog.
»Gouvernementsausgaben«) bestimmt waren. Besonderer Erwäh-
nung bedarf eine Form der Korobka, die als Kleidersteuer, nämlich
für das Tragen der spezifisch jüdischen Kleidung (der pelz verbräm-
ten Röcke und Mützen) in Erscheinung trat. Zweck dieser Vorschrift
waren weniger fiskalische Erwägungen als das Bestreben, die Ein-
fügung des jüdischen Elementes durch Erschwerung seiner äußer-
lichen Absonderung durch eigene Trachten zu fördern. Im Jahre
1850 erfolgte dann das endgültige Verbot jüdischer Kleidung.
Proteste und Widerstand rief diese Maßnahme übrigens nur im
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692 Reinhart Maurach
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Die jüdische Sonderbesteuerung in Rußland 693
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