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MENSCHEM MIT TRACHEALKANULE

Menschen mit Trachealkanüle pflegen


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DOI: 10.1055/s-0034-1372489
Pflegeintervention

Tracheostoma-Anlage und -Komplikationen


Methoden und Vorgehen

Frank Escherich, Stefan Bergner

Inhaltsverzeichnis
 Zusammenfassung

 Tracheotomieverfahren im Überblick*
o Definitionen
o Indikationen
o Kontraindikationen
o Zeitpunkt der Tracheotomie
 Komplikationen
 Anlage eines Tracheostomas in Ciagla-Blue-Rhino-Technik
 Komplikationen der Tracheotomie im Langzeitverlauf**
 Referenzen

Zusammenfassung
Eine steigende Zahl von Patienten wird langzeitbeatmet und erlebt oft auch die langwierige Entwöhnung vom
Beatmungsgerät. Damit rücken perkutane Tracheotomieverfahren in den Vordergrund, die alternativ zur
chirurgischen Tracheotomie eingesetzt werden können. Die Komplikationen lassen sich in beiden Fällen durch
sorgfältige Beobachtung und Pflege meist verhindern.
In der modernen Intensivmedizin steigt die Anzahl langzeitbeatmeter Patienten mit einem prolongierten
Weaning-Verlauf. Damit nahm in den letzten Jahren die Bedeutung der Tracheotomie deutlich zu, und sie ist
heute der häufigste operative Eingriff im intensivmedizinischen Bereich (Braune 2011). Hier hat sich die
perkutane Dilatationstracheotomie zu einem Standardverfahren entwickelt, das vom Intensivmediziner selbst
durchgeführt werden kann. Sie stellt somit eine weltweit anerkannte Alternative zur chirurgischen
(konventionellen) Tracheotomie dar (Braune 2011, Byhahn 1999). Die Anzahl der mit der chirurgischen
(konventionellen) Tracheotomie verbundenen Früh- und Spätkomplikationen konnte durch dieses Verfahren
gesenkt werden (Byhahn 1999). Auch in Deutschland hat sich die Ein-Schritt-Dilatationstechnik als häufigstes
Verfahren durchgesetzt (Braune 2011).
Tracheotomieverfahren im Überblick*
In diesem Beitrag werden exemplarisch die drei im Zentrum für Beatmungsmedizin der Asklepios Klink
Hamburg-Harburg am häufigsten angewandten perkutanen Tracheotomieverfahren vorgestellt. Zur
Vervollständigung der Übersicht wird zudem die chirurgische (konventionelle) Tracheotomie beschrieben. Sie
wird insbesondere dann eingesetzt, wenn ein alternativer Atemwegszugang, unabhängig von einer
Beatmungstherapie, langfristig notwendig ist, z. B. nach einer Laryngektomie.
Es handelt sich um die:
 perkutane Ein-Schritt-Dilatationstracheotomie (auch Ciagla-Blue-Rhino-Technik),
 Minitracheotomie,
 translaryngeale Durchzugstracheotomie nach Fantoni,
 chirurgische (konventionelle) Tracheotomie.
Definitionen
Perkutane Ein-Schritt-Dilatationstracheotomie (Ciagla-Blue-Rhino-Technik). Mit der Seldinger-Technik
wird ein konischer Dilatator perkutan durch die Tracheavorderwand zwischen den Trachealringen 2–4 in die
Trachea eingeführt. Durch das so aufdilatierte Stoma wird die Trachealkanüle mit einem Introducer eingelegt.
Minitracheotomie. Die Minitracheotomie (➙ [Abb. 1]) entspricht der Ein-Schritt-Dilatationstracheotomie mit
dem Unterschied, dass eine Absaugkanüle mit einem deutlich geringeren Durchmesser (4 mm) in die Trachea
eingeführt wird. Die Minitracheotomie dient dem Sekretmanagement bei spontan atmenden bzw. nicht invasiv
beatmeten Patienten. Als Ort für die Minitracheotomie wird die Membrana cricothyroidea (Membran zwischen
Ring- und Schildknorpel) empfohlen (Larsen 2013, Bartels 2010).

Abb. 1 Minitracheotomie
Quelle: Paetz B. Chirurgie für Pflegeberufe. 2009: 182, Abb. 12.6
Translaryngeale Durchzugstracheotomie nach Fantoni. Nach transkutaner Punktion der Tracheavorderwand
wird ein Führungsdraht nach retrograd am Tubus vorbei in die Mundhöhle vorgeschoben. Die mit einem
konischen Ende versehene Trachealkanüle wird auf diesen Draht aufgefädelt und fest verbunden. Anschließend
zieht man die Kanüle translaryngeal durch, sodass das konische Ende der Trachealkanüle die
Tracheavorderwand zwischen den Trachealringen 2–4 von innen nach außen dilatiert. Diese sehr schonende,
wenn auch etwas kompliziertere Methode wird insbesondere wegen der geringeren Gefahr der Verletzung der
Tracheahinterwand von uns bevorzugt.
Chirurgische (konventionelle) Tracheotomie. Die Präparation des Tracheostomakanals erfolgt durch
Hautinzision und Knorpelresektion chirurgisch. Im Gegensatz zu den Punktionsverfahren kann mit dem
plastischen Verfahren der Tracheostomakanal durch Lappenplastiken kutan gedeckt bzw. epithelialisiert werden
(➙ [Abb. 2]).

Abb. 2 a epithelisiertes Tracheostoma b konventionelles plastisches Tracheostoma


Quelle: Paetz B. Chirurgie für Pflegeberufe. 2009: 182, Abb. 12.4
Indikationen
Allgemeine Indikationen für die Tracheotomie:
 Langzeitbeatmung > 14 Tage (Braune 2011) bzw. schwieriges oder prolongiertes Weaning
 Vermeidung der lokalen Inflammation im Atemweg und Ausbildung einer Trachealstenose
durch endotracheale Langzeitintubation (Kunz 2012, Bartels 2010)
 im Vergleich zum Endotrachealtubus bessere Toleranz, daher nur geringe oder keine
Analgosedierung erforderlich (Braune 2011, 2012, Bartels 2010)
 bessere Pflege des Mund- und Rachenraumes möglich (Braune 2011, Bartels 2010)
 Das Sekretmanagement sowie die Sekretmobilisation werden sowohl durch das erleichterte
Absaugen (Larsen 2013, Bartels 2010) über einen vereinfachten Bronchoskopiezugang als
auch durch die geschaffenen guten Bedingungen für die Anwendung eines In- und
Exsufflators (siehe vierter Beitrag) sicherer und effektiver.
 Mit der sicher fixierten Trachealkanüle wird eine Dislokation sowohl nach innen (z. B.
einseitige Intubation) (Larsen 2013, Bartels 2010) als auch nach außen, insbesondere bei
Pflegemaßnahmen oder im Rahmen des Sekretmanagements, vermieden.
 Nach Stabilisierung des Tracheostomas ist ein einfacherer und schnellerer Kanülenwechsel
möglich (Byhahn 1999).
 Sprechkanülen ermöglichen die verbale Kommunikation.
 Bei Patienten mit einer Dysphagie kann mit einem Sprechaufsatz ein logopädisches Schluck-
und Sprechtraining als Voraussetzung für eine erfolgreiche Dekanülierung durchgeführt
werden.
 Bei erhöhtem Sekretaufkommen kann der Patient mit dem Sprechaufsatz selbst Sekret
abhusten, was eine Voraussetzung für eine erfolgreiche Dekanülierung ist.
 Im Vergleich zum endotrachealen Tubus werden durch die kürzere Trachealkanüle mit
größerem Lumen die Atemarbeit und der Totraum vermindert, wodurch sich die Weaning-
Dauer verkürzen lässt (Braune 2011, Braune 2012, Kunz 2012, Larsen 2013).
Spezielle Indikationen für die Minitracheotomie: Dies betrifft vor allem das Sekretmanagement insbesondere
bei Patienten mit einer Husteninsuffizienz (Byhahn 1999). In den meisten Fällen sind dies Patienten mit einer
neuromuskulären Erkrankung, die entweder spontan atmen oder intermittierend nicht invasiv beatmet werden.
Hier wird die Minitrachealkanüle als Ergänzung zum Sekretmanagement mit dem In-/Exsufflator eingesetzt.
Gelegentlich kann eine Minitrachealkanüle auch bei schwerer Sekretretention im Rahmen anderer Erkrankungen
(z. B. COPD, Bronchiektasen) hilfreich sein, insbesondere in der intensivmedizinischen Behandlung.
Spezielle Indikationen für die translaryngeale Durchzugsmethode nach Fantoni (Byhahn 1999):
 Vermeidung von Verletzungen der Tracheahinterwand während der Bougierung (Larsen
2013, Byhahn 1999)
 Verminderung von Infektionen des Tracheostomas
 Verminderung von Blutungskomplikationen
 Verminderung des Auftretens eines Pneumothorax
 Verminderung des Auftretens eines Hautemphysems
Spezielle Indikationen für die chirurgische (konventionelle) Tracheotomie:
 Diese sind hauptsächlich bei Vorliegen der Kontraindikationen für die Ein-Schritt-
Dilatationstracheotomie (Braune 2012).
 Des Weiteren ist die Notwendigkeit eines permanenten Tracheostomas eine relative
Kontraindikation für eine Ein-Schritt-Dilatationstracheotomie. Die Trachealkanüle kann
aufgrund der Stabilität eines chirurgischen (konventionellen) Tracheostomas leichter vom
Patienten bzw. von den Pflegepersonen gewechselt werden. Durch den engeren
Tracheostomakanal, der aus der Ein-Schritt-Dilatationstracheotomie resultiert, kann es beim
Wechsel der Trachealkanüle zu Blutungen, Läsionen und Ausbildung von
Granulationsgewebe mit der Gefahr einer Trachealstenose kommen (Braune 2011, 2012).
 Als dritte Indikation kann die Umwandlung einer Ein-Schritt-Dilatationstracheotomie in ein
chirurgisches Tracheostoma dann erforderlich sein, wenn rezidivierendes Granulationsgewebe
am Tracheostomarand auftritt. Dieses Gewebe erschwert zum einen den regelmäßigen
Wechsel der Trachealkanüle, zum anderen kann es durch stenosierendes Wachstum das
Tracheallumen verengen. Eine weitere Indikation zur Umwandlung einer Ein-Schritt-
Dilatationstracheotomie in ein chirurgisches Tracheostoma ist das Vorliegen einer
Trachealstenose (➙ [Abb. 5]), die durch eine chirurgische Revision des Tracheostomas
behoben werden kann.
Kontraindikationen
Allgemeine Kontraindikationen für die Ein-Schritt-Dilatationstracheotomie:
 unklare Anatomie mit nicht identifizierbarem Trachealverlauf, wie z. B. drittgradige Struma,
Adipositas per magna, extremer Kurzhals oder Voroperationen (Braune 2011, Kunz 2012,
Bartels 2010)
 Tumore und/oder Stenosen der oberen Luftwege (Larsen 2013)
 therapierefraktäre Gerinnungsstörungen (Braune 2011, Byhahn 1999, Bartels 2010)
 erschwerte oder unmögliche Intubationsverhältnisse (Braune 2011, 2012, Byhahn 1999,
Bartels 2010)
 instabile Halswirbelsäulenfraktur (Braune 2011, Bartels 2010)
 Trauma oder Infektion der Tracheotomieregion (Byhahn 1999)
 Atemwegsnotfall (Braune 2011, Bartels 2010)
 Bei Patienten, die jünger als 16–18 Jahre sind bzw. die keinen adulten Habitus aufweisen,
kann aufgrund des weicheren Trachealgewebes und des geringeren Trachealquerschnitts eine
Verletzung der Tracheahinterwand mit Gefahr der Ausbildung von tracheoösophagealen
Fisteln auftreten (Kunz 2012, Byhahn 1999).
 Tracheomalazie (Larsen 2013)
Spezielle Kontraindikationen für die Minitracheotomie: Als Ort für die Minitracheotomie wird die
Membrana cricothyroidea (Ligamentum cricothyreoideum, analog zu einer Koniotomie) empfohlen (Larsen
2013, Bartels 2010). Wegen der erhöhten Komplikationsrate (Lokalinfektionen, Nekrosen) ist dieser Ort für eine
längere Verweildauer einer Minitracheotomie nicht geeignet. Eigene Erfahrungen haben gezeigt, dass für eine
längerfristige Minitracheotomie je nach anatomischen Verhältnissen die Zwischenräume der Trachealringe 2–4
besser geeignet sind. Die Wahl der Membrana cricothyroidea als Punktionsort für die Minitracheotomie stellt
somit aus unserer Sicht bei der Planung einer längerfristigen Verweildauer eine relative Kontraindikation dar.
Auch bei einer vorübergehenden Anlage sollte die tiefere Punktionsstelle bevorzugt werden.
Spezielle Kontraindikationen für die chirurgische (konventionelle) Tracheotomie: Diese sind vor allem
therapierefraktäre Gerinnungsstörungen (Braune 2011, Bartels 2010) und schwerste kardiopulmonale Instabilität
(Bartels 2010) sowie andere Kriterien, die eine Inoperabilität des Patienten begründen, z. B. ASA 4 (American
Society of Anesthesiologists). ASA 4: Patient mit schwerer Allgemeinerkrankung, die eine ständige
Lebensbedrohung ist.
Zeitpunkt der Tracheotomie
Nach der aktuellen Studienlage kann festgehalten werden, dass die frühzeitige gegenüber der späten
Tracheotomie im Rahmen eines Intensivaufenthaltes keinen grundsätzlichen Vorteil erbringt (Young 2013).
Allgemein empfohlen werden kann eine Tracheotomie nach 14–21 Tagen invasiver Beatmungstherapie.
Komplikationen
Komplikationen der Ein-Schritt-Dilatationstracheotomie (Byhahn 2000):
 Fraktur von Trachealknorpelspangen
 Stenosierung des Tracheallumens durch Vorwölben von frakturierten
Trachealknorpelspangen
 Blutungen
 Aspiration
 Verletzung der Trachealhinterwand
 Schwierigkeiten bei der Einführung der Trachealkanüle
 Tracheostomainfektionen
 Verschlechterung der perioperativen Oxygenierung durch Kompression des Tracheallumens
von außen während der Dilatation
Spezielle Komplikationen der Minitracheotomie: Die Risiken sind ähnlich wie bei der Ein-Schritt-
Dilatationstechnik. Der Durchmesser der Minitracheotomie-Kanüle beträgt jedoch nur 4 mm, sodass eine
aufwendige Dilatation nicht erforderlich ist. Komplikationen treten insgesamt sehr selten auf.
Komplikationen der translaryngealen Durchzugsmethode nach Fantoni (Byhahn 1999):
 Blutungen
 Aspiration
 Abfall der Sauerstoffsättigung bis zum hypoxischen Kreislaufversagen
 Infektion
 Probleme beim retrograden Vorschieben des Führungsdrahtes
 Ruptur des Führungsdrahtes
 Dislokation der Trachealkanüle nach dem Durchzugsmanöver
Komplikationen der chirurgischen (konventionellen) Tracheotomie (Larsen 2013):
 Herzstillstand
 Kanülenobstruktion
 Dislokation der Kanüle
 Fehlplatzierung der Kanüle
 versehentliche Dekanülierung
 Blutungen
 Aspiration
 Pneumothorax und Pneumomediastinum
 subkutanes bzw. Hautemphysem
 Wundinfektion
 schwierige Dekanülierung
 tracheoösophageale Fistel
 Trachealstenose
Weitere Komplikationen im Langzeitverlauf werden im unteren Abschnitt beschrieben.
Anlage eines Tracheostomas in Ciagla-Blue-Rhino-Technik
Die Durchführung dieser aktuell wohl am häufigsten angewandten Methode soll an dieser Stelle beispielhaft
beschrieben werden (zum Zubehör siehe [Infobox]).
Zubehör (modifiziert nach Byhahn 2000):
 Bronchoskop und Videomonitor
 Ciagla-Blue-Rhino-Tracheotomie-Set (Punktionsnadel, Seldinger-Draht, 3 kleine Dilatatoren,
konischer Ciagla-Blue-Rhino-Dilatator, Skalpell, Kanülenhalteband)
 Lagerungsrolle
 Kochsalzlösung
 Mittel zur Hautdesinfektion, Abdecktücher, sterile Kompressen, sterile Kittel, Handschuhe,
Hauben, steriler Mundschutz
Beschreibung des Vorgehens. Der Eingriff sollte nur von zwei erfahrenen Ärzten vorgenommen werden. Er
erfolgt unter ständiger bronchoskopischer Sicht über einen Videomonitor, der von allen Beteiligten eingesehen
werden kann. Wichtig ist eine gute Vorbereitung des unter sterilen Bedingungen stattfindenden Eingriffs, dem
die fachgerechte Mund- und Hautreinigung und ggf. Rasur des Operationsbereiches vorausgeht. Unterstützt
durch eine Lagerungsrolle unter den Schulterblättern liegt der Patient mit überstrecktem Kopf flach auf dem
Rücken.
Die anatomischen Strukturen werden palpatorisch eindeutig identifiziert und der Punktionsort wird desinfiziert
und steril abgedeckt. Der Endotrachealtubus wird unter bronchoskopischer Sicht bis zur Glottis zurückgezogen.
Die Punktion der Trachea erfolgt in der Mittellinie zwischen den Trachealringen 2–4 und wird über das
geschützt im Endotrachealtubus liegende Bronchoskop überwacht. Nachdem ein Führungsdraht in Seldinger-
Technik vorgeschoben wurde und anschließend die Punktionskanüle entfernt worden ist, wird der
Punktionskanal mit dem kleinsten Dilatator des Sets vordilatiert (➙ [Abb. 3]).

Abb. 3 Punktionstracheotomie
Quelle: Paetz B. Chirurgie für Pflegeberufe. 2009: 182, Abb. 12.3
Der Ciagla-Blue-Rhino-Dilatator besteht aus einem flexiblen Hartgummimantel mit einer speziellen
hydrophilen Beschichtung und ist innen hohl. Er wird zunächst mit einigen ml Kochsalzlösung befeuchtet,
wodurch die Oberfläche an Gleitfähigkeit gewinnt. Über den Führungsdraht wird nun der Dilatator unter
endoskopischer Sicht in einem Arbeitsgang bis zur aufgedruckten Markierung „38 F“ eingeführt. Hier muss der
Arzt besonders aufpassen, dass er die Tracheahinterwand nicht verletzt.
Die folgende Einführung der Trachealkanüle wird erleichtert, wenn der Dilatator für ca. 5 min. in dieser Position
verbleibt. Das Set enthält 3 Hartgummiführungsstäbe unterschiedlichen Durchmessers, die an ihrer Spitze
konisch zulaufen und in die Trachealkanüle so eingeführt werden, dass ein fast stufenloser Übergang zwischen
dem aus der Trachealkanüle herausreichenden Führungsstab und dem distalen Ende der Trachealkanüle entsteht.
Über den Führungsdraht erfolgt nun die Einführung der auf dem Führungsstab aufsitzenden Trachealkanüle.
Sobald der Cuff (engl. für Manschette) der Kanüle das Hautniveau passiert hat, wird der Führungsstab bei
entgegengesetzt vorgeschobener Trachealkanüle zurückgezogen und die Trachealkanüle in die Trachea platziert.
Die regelrechte Kanülenlage wird bronchoskopisch überprüft. Abschließend erfolgt die Entfernung des
Endotrachealtubus, das Anschließen an das Beatmungsgerät und die Sicherung der Kanüle mit dem
Kanülenhalteband (modifiziert nach Byhahn 2000).
Komplikationen der Tracheotomie im Langzeitverlauf**
Auch bei liegender Trachealkanüle können Komplikationen auftreten. Diese sollten rechtzeitig erkannt und
dementsprechende Maßnahmen eingeleitet werden.
Blutungen aus dem Tracheostoma. Spät auftretende Blutungen sind immer ein Alarmzeichen; ein Arzt sollte
unverzüglich informiert werden. Besonders gefürchtet sind Arrosionsblutungen, die durch chronische
Tracheostoma-Infektionen und/oder chronische Druckschäden durch Zug an der Trachealkanüle hervorgerufen
werden. Diese können häufig auch letal enden.
Infektionen. Infektionen treten als lokale Wundinfektionen auf, ggf. mit konsekutiver Entwicklung einer
Tracheobronchitis oder Pneumonie. Die tägliche Tracheostomapflege inklusive Inspektion dient der
Vermeidung bzw. dem frühzeitigen Erkennen.
Verlegung der Trachealkanüle. Sekrete mit Verborkungen des Lumens der Trachealkanüle sind der häufigste
Grund für die Verlegung der Trachealkanüle. Durch Anfeuchten der Atemluft und bedarfsgerechtes Absaugen
können Verborkungen nahezu immer vermieden werden.
Verlegungen des Kanülenendes durch die Tracheahinterwand (Pars membranacea) kommen insbesondere durch
externen Zug auf die Trachealkanüle nach kaudal bei starrer Trachealkanüle oder bei anatomischen Anomalien
der Trachea vor. Mit sorgfältiger und zugfreier Positionierung sind Verlegungen in der Regel vermeidbar bzw.
behandelbar; selten ist ein Wechsel der Kanülengröße notwendig. Bei Trachealkanülen mit variabler
Einlagetiefe kann versucht werden, diese unter bronchoskopischer Sicht tiefer zu positionieren, um das Problem
zu beheben.
Weiterhin können Cuff-Hernien wegen eines massiv überblockten oder ungleichmäßig entfalteten Cuffs mit
daraus folgendem Umschlag vor die Kanüle auftreten. Die regelmäßige Cuff-Druck-Kontrolle mittels eines
Cuff-Manometers reduziert das Risiko.

Jede Trachealkanülenverlegung ist ein Notfall und ist umgehend zu beheben! Im Zweifelsfall muss die
Trachealkanüle sofort gewechselt werden oder, falls es sich um eine Kanüle mit Innenkanüle handelt,
muss diese umgehend entfernt bzw. ausgewechselt werden.
Kennzeichen einer Verlegung sind eine akute oder langsam progrediente Zunahme der Atemarbeit, eine
Abnahme des Atemzugvolumens und der Abfall des Sauerstoffpartialdrucks. Klinische Zeichen sind – je nach
Vigilanz des Patienten – Dyspnoe, Unruhe, Anstieg der Atem- und Herzfrequenz und des Blutdrucks sowie
vegetative Zeichen.
Akzidentelle Dekanülierung. Eine versehentliche Dekanülierung führt bei maschinell beatmeten Patienten
ohne Spontanatemkapazität zu einer akut lebensbedrohlichen Situation. Bei perkutan angelegter
Dilatationstracheotomie besteht in den ersten Tagen die Gefahr des sofortigen Verschlusses des Tracheostomas.
Dieses Risiko kann durch das Annähen der Halteplatte der ersten Kanüle verringert werden.
Für jeden Patienten sollte ein Notfallset bestehend aus 2 Trachealkanülen (aktuelle Größe und eine
Nummer kleiner), Trachealspreizer, Blockerspritze und einem Kanülenhalteband am Bett vorrätig
gehalten werden.
Tracheaverletzungen. Die chronische Druckbelastung der Knorpelspangen durch den Cuff-Druck kann zu
einer Tracheomalazie führen (➙ [Abb. 4]), bei der die Knorpelspangen aufgeweicht sind. Daraus folgt, dass die
Trachea bei Exspiration kollabiert. Wird eine Cuff-Überblockung vermieden, reduziert sich das Risiko deutlich.

Abb. 4 Tracheomalazie
Quelle: Asklepios Klinikum Hamburg-Harburg
Durch die Bildung von Granulationsgewebe oder Narben können höhergradige Trachealstenosen (➙ [Abb. 5])
entstehen. Während dabei die Atemarbeit deutlich ansteigt, nimmt das Atemzugvolumen ab, was zu einer
respiratorischen Insuffizienz führen kann. Ursächlich sind häufige Entzündungen und/oder Verletzungen der
Trachea durch Druckschäden (Cuff), mechanische Trachealäsionen (Absaugkatheter) oder die Folge
intraoperativer Komplikationen (Knorpelspangendislokation). Das Risiko eines solchen Schadens kann durch
regelmäßige Cuff-Druck-Messung, schonende Absaugung und ggf. Positionswechsel der Trachealkanüle
reduziert werden.
Abb. 5 Trachealstenose
Quelle: Asklepios Klinikum Hamburg-Harburg
Die Behandlung sowohl der Tracheomalazie als auch der Trachealstenose hängt davon ab, ob der Patient
dekanüliert werden soll oder nicht. Die Tracheomalazie kann nur symptomatisch behandelt werden. Kann der
Patient nicht dekanüliert werden, wird eine längere Kanüle eingesetzt. Ist die Dekanülierung möglich, muss ggf.
ein Stent gesetzt werden. Die Behandlung der Trachealstenose kann bei Patienten, die nicht dekanüliert werden
können, im Idealfall ebenfalls rein symptomatisch mit einer längeren Kanüle und somit der Überbrückung des
Stenosebereichs erfolgen. Die Behandlung von Patienten, bei denen diese Möglichkeit nicht in Betracht kommt,
bzw. von Patienten, die dekanüliert werden können, ist vielfältig und erfordert ein sehr differenziertes,
interdisziplinäres Vorgehen (HNO-Konsil, Thoraxchirurg, interventioneller Pneumologe).
Vita
Dr. med. Frank Escherich, Oberarzt Beatmungszentrum im Thoraxzentrum, Asklepios Klinik Hamburg-
Harburg
 
Stefan Bergner, Oberarzt Beatmungszentrum im Thoraxzentrum, Asklepios Klinik Hamburg-Harburg

Literatur
1 Braune S,Kluge S.Update Tracheotomie.Med Klin Intensivmed Notfallmed2012; 107: 543-547
2 Bartels H,Bogdanski R.Tracheotomie, Tracheostomie.Allgemein- und Viszeralchirurgie up2date2010; 5: 297-
312
3 Braune S,Kluge S.Die perkutane Dilatationstracheotomie.Dtsch Med Wochenschr2011; 136: 1265-1269
4 Byhahn C,Lischke V,Halbig S.et al. Ciagla Blue Rhino: Ein weiterentwickeltes Verfahren der perkutanen
Dilatationstracheotomie.Anaesthesist2000; 49: 202-206
5 Byhahn C,Lischke V,Westphal K.Perkutane Tracheotomie in der Intensivmedizin.Praktikabilität und
Frühkomplikationen der translaryngealen Technik nach Fantoni Anaesthesist1999; 48: 310-316
6 Kunz T,Strametz R,Gründling M.et al. Punktionstracheotomie in der Intensivmedizin – Update
2012.Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther2012; 47: 598-604
7 Larsen R,Ziegenfuß T,Tracheotomie.In: Beatmung: Grundlagen und PraxisLarsen R,Ziegenfuß T.4.
Aufl. Berlin, Heidelberg: Springer2009; 131-145
8 Young D,Harrison DA,Cuthbertson BH.et al. Effect of early vs. late tracheostomy placement on survival in
patients receiving mechanical ventilation: the TracMan randomized trial.JAMA2013; 309: 2121-2129

DOI: 10.1055/s-0034-1372490
Pflegeintervention

Pflege des Patienten mit Tracheostoma


Individuell angepasst

Meike Heins, Katharina Pokorny, Sylvia Stepputtis

Inhaltsverzeichnis
 Zusammenfassung
 Trachealkanülen – Unterschiede und Verwendung*
o Trachealkanülenarten
o Zubehör für Trachealkanülen
 Tracheostoma- und Kanülenpflege**
 Referenzen

Zusammenfassung
Es gibt verschiedene Arten von Trachealkanülen. Ihre Auswahl richtet sich nicht nur nach der Größe, sondern
auch nach der Indikation, der Therapie und den anatomischen Besonderheiten des Patienten. Es sollte
regelmäßig reflektiert werden, ob ihr Einsatz noch adäquat ist.
Trachealkanülen – Unterschiede und Verwendung*
Es gibt zahlreiche verschiedene Kanülenarten; grundsätzlich bestehen sie aus folgenden Bauteilen:
 Außenkanüle
 ggf. Innenkanüle (sogenannte „Seele“)
 Fixierschraube
 verstellbare Halteplatte mit Öffnung zur Befestigung des Haltebändchens
(Trachealkanülenschild)
 Normkonnektor zum Anschluss an den Respirator
 Cuff (Manschette)
 Cuff-Ventil
Wichtig ist, dass genau die richtige Kanüle in Größe, Länge, Material und Funktion für den Patienten
ausgewählt wird. Die Auswahl der Trachealkanüle sollte sorgfältig vorgenommen und täglich evaluiert werden.
Hierfür ist ein festes Überprüfungsschema zu hinterlegen, z. B. im Rahmen der täglichen interdisziplinären
Visite.
Mithilfe der Fixierschraube wird die Kanüle in der richtigen Position fixiert („Tiefe der Einlage“). Die genaue
Lage wird anhand der Maßangabe auf der Kanüle festgestellt; sie ist beim Anlegen zu dokumentieren und
regelmäßig zu überprüfen. Wenn der Patient endotracheal abgesaugt wird, sollte vorher die genaue maximale
Absaugtiefe anhand der Kanülenlänge festgestellt werden.
Merke: Der Absaugkatheter darf nicht weiter als bis in das untere Drittel der Kanüle zum Absaugen
vorgeschoben werden, sonst besteht die Gefahr von Absaugläsionen an der Trachealwand.
Der Cuff. Der Cuff ist eine Manschette im unteren Drittel der Kanüle, der mittels einer Spritze mit Luft gefüllt
wird und so die Trachea abdichtet. Es sind verschiedene Cuff-Formen verfügbar, die je nach verwendeter
Kanülenart variieren: beispielsweise konischer Cuff, besonders flexible Cuffs aus anschmiegsamen Material
(Silikon), kommunizierende Zwei-Ballon-Cuffs.
Durch die Abdichtung der Trachea fließt die Atemluft in die Lungen und entweicht nicht über die oberen
Atemwege. Sie umgeht somit den Kehlkopf, sodass die Phonation nicht möglich ist. Durch den geblockten Cuff
besteht zumindest für den Speichel des Patienten ein kleiner Aspirationsschutz (Winklmaier 2005). Andererseits
erschwert die Blockung in einigen Fällen ein adäquates Schlucken. Die Höhe des Cuff-Drucks ist individuell
vom Patienten abhängig, sie wird mindestens dreimal täglich mit dem Cuff-Druck-Manometer kontrolliert und
dokumentiert. Neben der manuellen Messung des Cuff-Drucks gibt es auch Geräte, die die Messung
kontinuierlich vornehmen.
Faustregel: Der Cuff-Druck sollte so gering wie möglich gehalten werden, um Schäden an der
Trachealwand (z. B. Trachealschleimhautulzerationen) zu vermeiden, jedoch muss er ausreichend sein, um
die Beatmung leckagefrei sicherzustellen (ca. 20–30 cm H2O).
Trachealkanülenarten
In Bezug auf Funktionalität, Einsatz und Aufbau von Trachealkanülen ist folgende Unterscheidung sinnvoll:
Kunststoff- und Silberkanülen ohne Cuff. Funktionalität: Sie entsprechen einer „Schienung“ der Trachea bei
erhaltener Spontanatmung.
Einsatz: Verwendung finden sie bei Patienten, die dauerhaft tracheotomiert bleiben müssen (z. B. nach
Laryngektomie), jedoch keine Beatmungsindikation haben.
Aufbau: Es handelt sich um Trachealkanülen, die keinen Cuff haben, wohl aber eine Außen- und eine
Innenkanüle. Früher wurden häufig Silberkanülen wegen ihrer antibakteriellen Materialeigenschaften und guten
Gleitfähigkeit eingesetzt. Da Silberkanülen aber nicht mehr den Anforderungen des Medizinproduktegesetzes
entsprechen, werden sie nicht mehr eingesetzt. Heute gebräuchliche Kunststoffkanülen haben neben den guten
Materialeigenschaften (z. B. flexibles, jedoch formstabiles Material) den Vorteil, durchsichtig zu sein, sodass
Position und Sekrete deutlich besser beurteilbar sind.
Beatmungskanülen mit blockbarem Cuff (➙ [Abb. 1]). Funktionalität: Zugang für die maschinelle
Beatmung; die verbale Kommunikation ist nur bedingt möglich.

Abb. 1 Ultra TracheoFlex, Firma Rüsch


Einsatz: Die Kanülen sind für Patienten geeignet, bei denen die Beatmungsindikation möglicherweise
kombiniert mit bestehender Dysphagie im Vordergrund steht. Es sind verschiedene Systeme und Modelle
diverser Hersteller auf dem Markt. Ihnen ist gemeinsam, dass sie in erster Linie dazu dienen, die maschinelle
Beatmung zu sichern. Um mit dieser Kanülenart das Sprechen zu ermöglichen, müssen die Kanülen entblockt
und mit einem Sprechaufsatz (Sprechventil) versehen werden. Die Inspiration erfolgt über die Trachealkanüle.
Die Exspiration muss über die oberen Luftwege erfolgen, sodass die Luft den Kehlkopf passiert und der Patient
sprechen kann. Dies funktioniert jedoch nur, wenn der Patient spontan atmet. Zu beachten ist hierbei, dass das
Beatmungsgerät speziell für diese Situation eingestellt werden muss und es einige Übung und Geduld kostet, die
Patienten auf dieses Manöver zu trainieren bzw. einzustellen. Die Indikation muss entsprechend sorgfältig
gestellt werden und bleibt Patienten vorbehalten, die keine Dysphagie mit Aspirationsneigung haben.
Merke: Nach dem Entblocken des Cuffs muss unbedingt sofort das Sekret abgesaugt werden, das sich
oberhalb des Cuffs gesammelt hat.
Sprech- oder Multifunktionskanülen mit blockbarem Cuff und Fensterung (sog.
„Sprechlöcher“). Funktionalität: Zugang für die maschinelle Beatmung; verbale Kommunikation ist mittels
Sprechinnenkanüle und Sprechaufsatz bei entblockter Kanüle möglich.
Einsatz: Diese Kanülen werden bei Patienten eingesetzt, die keine persistierende Schluckstörung und weiterhin
eine intermittierende Beatmungsindikation (in der Regel nachts) haben.

Massive und zähe Sekrete können die Fensterung verlegen und sind daher eine relative Kontraindikation für
den Einsatz.
Aufbau: Die Multifunktionskanülen bestehen aus drei Teilen: eine Außenkanüle, die in der Trachea des
Patienten verbleibt, und in der Regel 2 Innenkanülen, sog. „Seelen“. Die Außenkanüle weist oberhalb des Cuffs
eine Fensterung auf. Die Innenkanülen sind im Durchmesser etwas kleiner als die Außenkanüle, in die sie
eingeführt und befestigt werden. Eine der Innenkanülen hat eine Fensterung, die mit den Sprechlöchern der
Außenkanüle übereinstimmt und dem Sprechen dient. Dabei sollte die Außenkanüle nicht gleichzeitig geblockt
sein. Die Luft kann dann neben der Kanüle und durch die Löcher der Fensterung zum Kehlkopf gelangen, um
eine Sprachbildung zu ermöglichen. Die andere Innenkanüle besitzt selbst keine Fensterung und verschließt
somit die Fensterung der Außenkanüle. Sie ermöglicht bei geblockter Außenkanüle eine Beatmung, ohne dass
es zu Leckagen kommt.
Aufgrund der Verwendung mehrerer „Seelen“ sind die Multifunktionskanülen nach Angaben des Herstellers
keimarm und materialschonend aufzubewahren und zu reinigen.
Kanülen mit subglottischer Absaugung (➙ [Abb. 2]). Funktionalität: Zugang für die maschinelle Beatmung
mit der Besonderheit, Sekrete oberhalb des Cuffs absaugen zu können.

Abb. 2 Evac Tracheostomy Tube Cuffed, Firma Covidien (ShileyTM) mit Ansatzstück (weiß) für die
subglottische Absaugung
Einsatz: Diese Kanülen sind für Patienten geeignet, die bei einer bestehenden Schluckstörung Sekrete des
Oropharynx aspirieren. Durch ihre Knorpelspangen weist die Trachea kleine Ausbuchtungen auf, die der Cuff
nicht vollständig abdichtet, sodass es zu „Cuff-Straßen“ kommen kann. Sekrete mit pathogenen Mikroben
können so den Cuff passieren. Zur Vermeidung von Mikroaspirationen kann das Sekret abgesaugt werden. Das
Aspirat gilt als ein Auslöser der gefürchteten ventilatorassoziierten Pneumonie (VAP). Im innerklinischen
Setting ist der gleichzeitige Einsatz einer kontinuierlichen subglottischen Absaugung über eine Pumpe sinnvoll
und effektiver.
Aufbau: Mittels eines kleinen Durchlasses oberhalb des Cuffs gelangt das aspirierte Sekret in eine separate
Röhre der Trachealkanüle, die nach außen in einem separaten Schlauch mündet. Aus diesem kann dann manuell
durch eine herkömmliche Spritze oder durch eine spezielle Saugpumpe abgesaugt werden.
Trachealkanüle ohne Cuff mit sehr kleinem Lumen, sog. Minitrachealkanüle (➙ [Abb. 3]). Funktionalität:
Diese Kanülen dienen nicht der Beatmung, sondern erleichtern die Bronchialtoilette.

Abb. 3 Portex® Mini-Trach, Firma Smiths Medical


Einsatz: Sie sind für Patienten vorgesehen, die viel Tracheobronchialsekret und eine Husteninsuffizienz haben,
die es ihnen nicht ermöglicht, das Sekret über die zentralen Atemwege hinaus ausreichend zu mobilisieren. Zur
Einlage wird das Ligamentum cricothyreoideum (Band zwischen Ring- und Schildknorpel) analog zu einer
Koniotomie gespalten und eine sehr dünne Trachealkanüle aus weichem Kunststoff eingeführt. Die Kanüle wird
nur zum Absaugen (Absaugkatheter CH 10) und zur Sauerstoffapplikation geöffnet, wobei sie die Trachea nicht
abdichtet, sodass Sprechen und Schlucken möglich ist. Verbleibt die Minitrachealkanüle über einen längeren
Zeitraum, sollte nach den Erfahrungen in unserem Zentrum als Zugang nicht das Ligamentum
cricothyreoideum, sondern die Zwischenräume der 2–4 Trachealringe gewählt werden.
Aufbau: Im Vergleich zu den vorher genannten Kanülen beträgt der Durchmesser der Minitrachealkanüle nur 4
mm und ist deutlich geringer.
Platzhalter (➙ [Abb. 4]). In den meisten Fällen hat es sich bewährt, nach der Entfernung der Trachealkanüle
für 1–2 Tage oder auch länger einen Platzhalter einzusetzen. Dieser dient dazu, den Patienten bei Bedarf
jederzeit wieder mit einer Trachealkanüle versorgen zu können, da ein spontanes Verschließen des
Tracheostomas verhindert wird. Diese Gefahr besteht insbesondere bei dilatativ angelegten Tracheostomata. Der
Patient kann so die Atmung ohne Trachealkanüle trainieren und bei Bedarf weiter über den Platzhalter
abgesaugt oder auch bronchoskopiert werden. Der Platzhalter ist verschließbar und kann bei Bedarf mit einer
Sauerstoffleitung verbunden werden.

Abb. 4 Prima-Safe, Firma Heimomed


Es gibt eine Vielzahl von verschiedenen Modellen, die sich in ihrer Form und Materialbeschaffenheit
unterscheiden. Der Einsatz sollte sich nach der vorher verwendeten Trachealkanüle richten und wird in
Abhängigkeit von der Größe und Beschaffenheit des Tracheostomas ausgewählt.
Zubehör für Trachealkanülen
Haltebändchen. Um die Trachealkanüle bei Halsbewegungen des Patienten, wie z. B. bei einem Hustenstoß
oder während des Absaugens, in der richtigen Position zu halten, werden Haltebänder am Trachealkanülenschild
fixiert. Das Trachealkanülenschild sollte an der Haut des Patienten gerade anliegen und mit einer sterilen
Schlitzkompresse gepolstert werden. Das Bändchen sollte individuell an den Halsumfang des Patienten
angepasst und gut gepolstert werden. Besonders nach Entfernung der Fäden beim dilatativ angelegten
Tracheostoma hat es eine überlebenswichtige Bedeutung, da die Atemwege über die Trachealkanüle gesichert
sind und diese unbedingt in der korrekten Position verbleiben muss.
Sprechaufsätze (➙ [Abb. 5]). Ein Sprechaufsatz wird zum Abdichten der Trachea während der Exspiration
verwendet, sodass die Luft wieder durch den Kehlkopf strömt und eine Phonation möglich wird. Es handelt sich
um eine Ventilfunktion, bei der die Luft über den Sprechaufsatz ein-, jedoch nicht ausströmen kann. Es ist also
zwingend notwendig, dass eine entblockte und ggf. gefensterte Kanüle mit dem Sprechaufsatz in Kombination
verwendet wird. Das so ermöglichte Sprechen erfordert Übung.
Abb. 5 Spiro-Sprechventil, Firma Teleflex
Sprechaufsätze bedeuten unter Umständen mehr Atemarbeit für den Patienten, da es aufgrund einer
eingeschränkten Exspirationsmöglichkeit zu einer Überblähung der Lungen kommen kann. Das ist vor allem der
Fall, wenn ein ungünstiges Verhältnis von Tracheadurchmesser zum Trachealkanülendurchmesser oder ein
Sekretverhalt auf dem Exspirationsweg vorliegt. Akut eintretende Luftnot und schnell einsetzende
respiratorische Erschöpfung können die Folge sein.
Aus diesem Grund ist die Patientenbeobachtung (Zeichen der Überanstrengung, O2-Sättigungsabfall) durch
geschultes Fachpersonal neben der Überwachung der Vitalparameter bei der Umstellung auf einen
Sprechaufsatz entscheidend.
In der Praxis haben sich Modelle bewährt, die ein ausreichendes Lumen für die Inspiration aufweisen und
zusätzlich über ein Klimatisierungsmedium, [Abb. 6]) verfügen. Außerdem sollte die Sauerstoffinsufflation
möglich sein.

Abb. 6 Künstliche Nase, Firma Dahlhausen


Künstliche Nasen (Heat and Moisture Exchanger, HME) (➙ [Abb. 6]). Da mit einer Trachealkanüle der
normale Weg der Atemluft über Mund und Nase mit den Funktionen Erwärmung und Befeuchtung umgangen
wird, muss die Trachealkanüle während der Spontanatmung mit einer „künstlichen Nase“ versehen werden.
Diese dient außerdem dem Verschluss der Trachea nach außen. Auch hier sollte die Möglichkeit zur
Sauerstoffinsufflation bestehen. Während der maschinellen Beatmung wird das Atemgas ebenso mit einem
HME-Filter befeuchtet und erwärmt. Der HME-Filter muss täglich ausgewechselt werden sowie bei
Sekretverlegung.
Tracheostoma- und Kanülenpflege**
Grundsätzlich sind bei der Pflege einer Trachealkanüle und eines Tracheostomas die Hygienestandards
einzuhalten und es ist auf steriles Arbeiten zu achten.
Tracheostoma. Der Rand des Tracheostomas und der peristomale Bereich sollten möglichst trocken gehalten
werden, um Hautreizungen und entzündliche Veränderungen zu vermeiden, da ein feuchtwarmes Klima
günstige Lebensbedingungen für Keime bietet. Besonders in der Anfangsphase mit stärkerer Sekretbildung
(Wundsekrete, Blut) sollten saugfähigere, sterile Schlitzkompressen verwendet werden. Zu einem späteren
Zeitpunkt sollten die Mullkompresse durch Schlitzkompressen (z. B. Metalline ®-Drain-Kompressen) ersetzt
werden, die nicht an der Wunde haften und trotzdem saugfähig sind sowie zusätzlich bakterizid wirken. Bei
persistierender starker Sekretion stehen auch saugfähige Schlitzkompressen speziell für Tracheostoma (z. B.
Allevyn-Kompressen®) zur Verfügung. Diese haben den Vorteil, dass sie weniger verkleben und eine weiche
Polsterung bieten. Die Haut bedarf einer stetigen Beobachtung mit entsprechender Anpassung der Pflege. Sie
sollte mindestens 2-mal täglich mit NaCl 0,9 %iger Lösung und bei Hautrötung oder Feuchtigkeit mit einer
Wunddesinfektionslösung (z. B. Octenisept®) gereinigt werden. Sekrete, Verborkungen oder andere
Verschmutzungen sollten vollständig entfernt werden. Auf keinen Fall dürfen Cremes, Salben (außer ggf. bei
entzündetem Wundgebiet) oder lose Watte verwendet werden! Das Kanülenhalteband sollte regelmäßig
getauscht und nicht zu fest gezogen werden (1 Finger breit „Luft“). In diesem Zusammenhang ist auf den Sitz
der Kanüle möglichst zentral im Stoma zu achten. Ein zu starker Zug, z. B. durch das Schlauchsystem, oder
starker Druck können zu Druckstellen, Hautnekrosen und Blutungen am Stomarand sowie zu einer Ausweitung
des Stomas mit schlechterem Kanülensitz führen.
Trachealkanüle. Die Pflege der Trachealkanüle selbst ist von der Kanülenart abhängig. Bei Kanülen mit einer
„Seele“ muss diese regelmäßig (mind. 2 x/Tag) gereinigt werden. Hierzu gibt es jeweils genaue
Herstellerangaben und ggf. entsprechendes Zubehör. Wird eine Kanüle ohne „Seele“ verwendet, so muss
kontinuierlich auf Sekretverlegungen bzw. Verborkungen geachtet werden. Im Bedarfsfall muss die Kanüle
komplett, auch außerhalb des Wechselintervalls, gewechselt werden. Die regelmäßigen Wechselintervalle sind
je nach Indikation, Art der Tracheostomaanlage und klinischer Situation verschieden. Im Falle eines chirurgisch
angelegten Stomas findet innerhalb der ersten 24–48 Stunden der erste Wechsel, in der Regel durch den
Operateur, statt. Bei einem perkutan angelegten Tracheostoma sollte die Kanüle nicht vor dem 10.–14. Tag
gewechselt werden, da bis zu diesem Zeitpunkt noch kein stabiler Stomarand vorliegen kann und erhebliche
Komplikationen bei der Rekanülierung entstehen können. Sollte es bei beatmungspflichtigen Patienten bereits
früher zu einer akzidentellen Dekanülierung kommen, müsste eine orale Intubation und spätere Neuanlage des
Tracheostomas erfolgen. In der Klinik wird in der Langzeitbetreuung die Kanüle alle 7 Tage gewechselt, im
außerklinischen Setting alle 14–28 Tage. Handelt es sich lediglich um Platzhalterkanülen, so werden diese
mindestens 2-mal pro Tag herausgenommen, gereinigt, ausgetauscht und wieder eingesetzt. In diesem Fall ist es
sinnvoll, 2 Kanülen mit unterschiedlicher Länge und Krümmung zu verwenden, um Druckstellen zu vermeiden.
Praxistipp: Es gibt eine Vielzahl von Trachealkanülen, die während ihres Einsatzes in der Trachea des
Patienten kaum voneinander zu unterscheiden sind. Auf unserer Station haben wir eine Schautafel erstellt,
die die speziellen Besonderheiten der unterschiedlichen Kanülen zeigt (➙ [Abb. 7]). Jeder Mitarbeiter des
Behandlungsteams kann sich so über die passende Kanüle informieren. Um den aktuellen Stand
darzustellen, sollte die Schautafel regelmäßig aktualisiert werden.

Abb. 7 Ausschnitt der Trachealkanülen-Schautafel


Vita
Meike Heins, Fachkrankenschwester für Anästhesie und Intensivpflege, Pflegerische Leitung Beatmung,
Beatmungszentrum im Thoraxzentrum, Asklepios Klinik Hamburg-Harburg
 
Katharina Pokorny, Fachkrankenschwester für Anästhesie und Intensivpflege, stellvertretende Pflegerische
Leitung Beatmungszentrum im Thoraxzentrum, Asklepios Klinik Hamburg-Harburg
 
Sylvia Stepputtis, Fachkrankenschwester für Anästhesie und Intensivpflege, Beatmungszentrum im
Thoraxzentrum, Asklepios Klinik Hamburg-Harburg

Literatur
1 Winklmaier U,Wüst K,Wallner F.Evaluation des Aspirationsschutzes blockbarer
Trachealkanülen.HNO2005; 53: 1057-1062

Menschen mit Trachealkanüle pflegen


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DOI: 10.1055/s-0034-1372491
Pflegeintervention

Mehr Lebensqualität erreichen


Ressourcen erkennen, schützen und fördern

Nicole Zöllner, Franziska Eltfeld, Meike Heins, Daniela Wagner

Inhaltsverzeichnis
 Zusammenfassung
 Dysphagie*
o Diagnostisches und therapeutisches Vorgehen
 Kommunizieren mit Trachealkanüle**
 Referenzen

Zusammenfassung
Trachealkanülenträger sind vor allem in der Sprache und beim Schlucken stark behindert. Aufgabe von
Pflegenden und Therapeuten ist es, die Defizite zu erkennen und gezielte Maßnahmen zum Training anzubieten.
Dysphagie*
Der Begriff Dysphagie bezeichnet die Störung des Schluckakts. Sie kann in der präoralen, oralen, pharyngealen
und ösophagealen Phase sowie als Mischform auftreten. Die Funktionalität des Schluckens wird durch die
Sensibilität und Motorik im orofazialen und pharyngealen Bereich beeinflusst. Dysphagien können nach
Schlaganfall, im Zuge von muskulärem Abbau, internistischen oder HNO-Erkrankungen sowie mit
zunehmendem Alter (Presbyphagie) auftreten. Hier wird auf die häufig im Rahmen der Langzeitbeatmung
auftretende Dysphagie eingegangen.
Diagnostisches und therapeutisches Vorgehen
Beim ersten Patientenkontakt werden zunächst Vigilanz und Ansprechbarkeit, die myofunktionellen Leistungen
sowie die orofaziale Sensibilität getestet. Zusätzlich wird geprüft, inwiefern ein Speichelschlucken möglich ist
und ob die Schutzreflexe, die laryngealen Eigenschaften sowie die Schluckfrequenz regelgerecht sind. Im
Anschluss erfolgt bei Trachealkanülenträgern an geblockter Kanüle mit feuchter Nase
ein Speichelaspirationstest mit blauer Lebensmittelfarbe. Durch anschließendes Entblocken lässt sich
feststellen, ob dieser Test positiv (Speichel wurde aspiriert) oder negativ (Speichel wurde nicht aspiriert) war.
Bei guter Toleranz des Patienten wird an dieser Stelle häufig auch zum ersten Mal der Sprechaufsatz probiert.
Ist im Verlauf von 24 Stunden der Speichelaspirationstest negativ, wird eine Blauschluck-Reihe in Anlehnung
an den MEBDT (Modified Evan’s Blue Dye Test) begonnen. Dabei erhält der Patient an drei
aufeinanderfolgenden Tagen mit blauer Lebensmittelfarbe gemischt pürierte Kost (vorzugsweise Apfelmus). Es
wird ebenfalls zwischen einem positiven und negativen Ergebnis unterschieden. Auch wenn der
Speichelaspirationstest und die Blauschluck-Reihe keine hundertprozentige Sicherheit bieten, da
Mikroaspirationen unter Umständen nicht bemerkt werden (Swigert 2003, Matthews 2010), haben diese Tests
nach unserer Erfahrung den Vorteil, dass sie schnelle und meist sehr zuverlässige Ergebnisse liefern.
Kostaufbau. Bleiben die Ergebnisse der Blauschluck-Reihe negativ, wird mit dem Kostaufbau begonnen.
Hierbei sollte mit pürierter Kost (z. B. Fruchtmus) angefangen werden, welche im Therapieverlauf zu weicher
Kost (z. B. Weißbrot ohne Rinde) gesteigert werden kann. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass keine
Mischkonsistenzen, wie z. B. Joghurt mit Fruchtstückchen, verwendet werden. Sollte der Patient bei diesen
beiden Koststufen keine Auffälligkeiten zeigen, kann zu festerer weicher Kost (z. B. weiches Gemüse und
Fleisch, keine Mischkonsistenzen) übergegangen werden. Im Anschluss ist eine weitere Steigerung möglich,
welche lediglich Körner und krümelige Nahrung ausschließt. Werden alle diese Koststufen gut bewältigt, darf
der Patient Vollkost essen. Zusätzlich zur Nahrungskonsistenz ist darauf zu achten, ob der Patient Flüssigkeiten
gut schlucken kann oder ob Getränke angedickt werden müssen.
Einhergehend mit der Blauschluck-Reihe können je nach Spontanatemkapazität die Entblockungs- und
Sprechaufsatzzeiten ausgedehnt werden. Dies unterstützt die Dysphagietherapie, indem die Sensibilität und
Schutzreflexe gefördert werden. Unserer Erfahrung nach hat sich ein strukturiertes Vorgehen sowohl im
Nahrungsaufbau als auch in der Ausdehnung der Sprechaufsatzzeiten mit strengen Vorgaben bewährt.
Bei positiven Aspirationstests wird ein intensives Schlucktraining aufgenommen. Bei positiven oder
wechselhaft ausfallenden Tests oder bei Zweifeln an der Schluckleistung trotz durchgeführtem MEBDT sollte
eine endoskopische Schluckuntersuchung (FEES, Flexible Endoscopic Evaluation of Swallowing) folgen. Auch
im Hinblick auf eine eventuelle Dekanülierung, aber speziell um einen möglichst realitätsnahen Schluckakt
beobachten zu können, ist es empfehlenswert, die endoskopische Untersuchung ohne Trachealkanüle und
bestenfalls auch ohne nasogastrale Sonde durchzuführen. Mit der peristomalen sowie transnasalen
Untersuchung lassen sich die genauen Symptome, welche zur Penetration und/oder Aspiration führen, besser
unterscheiden.
Symptome. Es wird zwischen verschiedenen Leitsymptomen differenziert:
 Leaking ist das unkontrollierte Entgleiten der Nahrung entweder anterior (aus dem Mund)
oder posterior (in den Rachenraum).
 Retentionen und Residuen werden häufig synonym verwendet und bezeichnen das Verbleiben
von Bolusresten nach Abschluss des Schluckaktes im oropharyngealen Raum.
 Penetration ist der Eintritt von Boli oder Speichel in den Kehlkopfeingang.
 Aspiration bedeutet, dass ein Bolus oder Speichel die Glottis passiert. Die Aspiration wird
weiter unterteilt nach prä- (vor Schluckreflexauslösung), intra- (während des Schluckaktes)
und postdeglutitive (nach Abschluss des Schluckvorgangs) Aspiration. Besonderes
Augenmerk muss auf die stille Aspiration gelegt werden, bei welcher der Bolus ohne
Auslösung von Schutzreflexen in die Trachea gelangt.
Therapieansätze. Je nach Störungsschwerpunkt werden therapeutisch sowohl sensorische als auch motorische
Defizite behandelt. Grundsätzlich ist auf eine optimale Sitzposition zu achten. Es werden Übungen zur
Verbesserung der myofunktionellen Fähigkeiten und Schutzreflexe sowie zur Kräftigung der pharyngealen
Strukturen (z. B. Shaker) gemacht. Die Sensorik wird sowohl intra- als auch extraoral mit thermischen und
taktilen Reizen gefördert. Bezüglich der spezifischen Dysphagietherapie gibt es verschiedene Therapieansätze
(zur detaillierten Information siehe Prosiegel 2010, Bartholome 2010), dazu zählen:
 basale intraorale Stimulation
 F. O.T. T.® (Fazio-Orale Trakt-Therapie)
 PNF (Propriozeptive Neuromuskuläre Fazilitation)
 funktionelle Dysphagietherapie
 Übungen zur Verbesserung des Glottisschluckes, wie supraglottisches Schlucken und super-
supraglottisches Schlucken
 Übungen zur Verbesserung der Kehlkopfhebung, wie Mendelsohn-Manöver und Masako-
Manöver
Grundsätzlich ist die Behandlung am Sprechaufsatz einer Therapie an dem HME (Heat and Moisture
Exchanger) oder an der Beatmung vorzuziehen, da somit sowohl die orale als auch laryngeale Sensibilität
gefördert wird und der Patient nur am Sprechaufsatz effektiv seine Schutzreflexe nutzen und fördern kann.
Idealerweise wird die Schlucktherapie durch Physiotherapie und Atemtherapie begleitet und unterstützt.

Leider passiert es häufig, dass Patienten mit manifester Schluckstörung mit geblocktem Cuff essen
dürfen. Dies geschieht in dem Glauben, dass die Blockung der Trachealkanüle vor Aspiration schützt.
Das ist falsch, da der Cuff weder Speichel- noch Nahrungsaspiration verhindern kann!
Als Ziel gilt die schnellstmögliche Trachealkanülenentwöhnung und Dekanülierung. Denn mit zunehmender
Einsatzzeit der Trachealkanülen steigt die Wahrscheinlichkeit von Deprivation der Schutzreflexe, bleibender
Reduktion der Schluckfrequenz sowie von Komplikationen, wie Fisteln, Stenosen, Malazien.
Essen unter Beatmung. Durch die Zunahme an langzeitbeatmeten Patienten kommt es immer häufiger zu
Situationen, in denen Patienten keine Spontanatemkapazität haben und somit eine Testung der Schluckfunktion
nach vorgegebenem Schema nicht möglich ist. In diesen Fällen sollte zunächst überprüft werden, inwiefern der
Schluckakt an der Beatmung beim Trockenschluck klinisch physiologisch ist. Bei ausreichender Funktion sollte
eine Testreihe mit Speichelaspirationstest und anschließender Blauschluck-Reihe durchgeführt werden. Hierbei
„hilft“ die Tatsache, dass ein geblockter Cuff keinen hundertprozentigen Aspirationsschutz bietet und somit
dennoch im Falle einer Aspiration Blaufärbung absaugbar ist. Die Mitarbeit des Patienten, seine Vigilanz sowie
die Testergebnisse der Blauschluck-Reihe sind ausschlaggebend für die Entscheidung für oder gegen den
Kostaufbau. Da die Nutzung der Schutzreflexe unter der Beatmung nicht mehr suffizient möglich ist, sollten
hier auch nur Patienten orale Nahrung bekommen, bei denen es sichergestellt ist, dass keine Dysphagie vorliegt.
Kommunizieren mit Trachealkanüle**
Die Kommunikation als wichtigste Form sozialer Interaktion lässt sich in fünf Teilbereiche gliedern (Häcker
2004): Schrift, Sprache, Blickkontakt, Mimik und Gestik. Sie ist für jeden Menschen von großer Bedeutung.
Wir tauschen Informationen jeglicher Art aus, Bedürfnisse, Gefühle, Meinungen und vieles mehr.
Kommunikation bildet so die Grundlage für das menschliche Miteinander. Jede Einschränkung in einem der
fünf Teilbereiche hat zwei Folgen:
1. Zum einen werden die verbleibenden möglichen Formen verstärkt eingesetzt, um den
defizitären Kommunikationsbereich zu ersetzen.
2. Zum anderen ist die Kommunikationsbotschaft aus Sicht des Patienten als Versender häufig
lückenhaft.
Sprache ist die wichtigste Kommunikationsform des Menschen, deren Verlust, z. B. durch den Einsatz einer
geblockten Trachealkanüle ohne Sprechaufsatz, für den Patienten einen großen Einschnitt in seine
Lebenssituation bedeutet. Das Gefühl der Machtlosigkeit und des Verlustes der Integrität sind zwei stark
angstauslösende Faktoren. Eine empathische und ressourcenfördernde Betreuung seitens aller Mitglieder des
Behandlungsteams ist von immenser Bedeutung.
Ressourcenförderung im Bereich „Sprache“. Die Sprechaufsatzzeiten sollten nach einem festen Schema
individuell festgelegt werden. Es ist darauf zu achten, dass die Möglichkeit, verbal zu kommunizieren,
unbedingt mit dem Besuch von Angehörigen verbunden wird. Denn: Für den Patienten ist es wichtiger, z. B. ein
belastendes Problem mit seinem Partner zu klären, als mit den Pflegenden über Alltägliches zu sprechen. Sollte
das Sprechen für eine unabsehbare Zeit, vielleicht sogar für immer, nicht möglich sein, besteht die Option, einen
Sprachcomputer einzusetzen. Es ist möglich, die Eingaben auf verschiedene Weise vorzunehmen und als
Lautsprache oder Schriftsprache wiederzugeben. Denkbar ist eine Datenerfassung über eine Tastatur,
Touchscreen, Fußmaus, Kopfzeiger bis hin zu einer Steuerung über die Augenbewegungen des Patienten.
Ressourcenförderung im Bereich „Schrift“. Sofern der Patient einen Stift halten kann, sollte er jederzeit in
die Lage versetzt werden, zeitnah seine Anliegen schriftlich zu übermitteln. Pflegende haben die Aufgabe, die
hierfür erforderlichen Hilfsmittel bereitzustellen. Es hat sich bewährt, eine flexible Schreibunterlage und einen
dicken Stift stets griffbereit zu halten. Sollte die Kraft oder Koordinationsfähigkeit des Patienten so stark
eingeschränkt sein, dass er nicht schreiben kann, ist es sinnvoll, eine Kommunikationstafel einzusetzen. Ein
großes Alphabet auf der Vorderseite der Tafel wird auf der Rückseite um häufig benötigte, vorformulierte Sätze
der Kommunikation zwischen Patient und Pflegekraft ergänzt. Für Patienten mit geringen Deutschkenntnissen
ist es sinnvoll, diese Tafel in häufig benötigte Sprachen, wie z. B. Englisch, Türkisch oder Polnisch, zu
übersetzen.
Ressourcenförderung im Bereich „Gestik, Mimik, Blickkontakt“. Um diese Ressourcen optimal nutzen zu
können, bedarf es:
1. Wissen um die Wichtigkeit der genauen Krankenbeobachtung unter dem Aspekt der
eingeschränkten Kommunikationsfähigkeit
2. Erfahrung und pflegerische Intuition
Mimik, Gestik und Blickkontakt sind Hilfsmittel, die der Patient einsetzt, um seine Bedürfnisse auszudrücken.
Genaue Krankenbeobachtung unter diesem Aspekt ist Aufgabe von Pflegeexperten, d. h. von Pflegenden mit
mindestens fünf Jahren Berufserfahrung in diesem Aufgabenbereich. Unerfahrene Kollegen müssen angeleitet
und unterstützt werden.
In der Pflege wird dem Faktor Intuition große Bedeutung beigemessen und als sofortiges Erfassen einer
klinischen Situation beschrieben. Diese Fähigkeit ist wesentlicher Bestandteil des Expertenhandelns. Das
sofortige Erkennen und Verstehen von Patientenanliegen ist von zentraler Bedeutung, da der Patient sich nur
dann verstanden fühlt (Friesacher 2003).
Trotz Berücksichtigung aller genannten Punkte besteht die Möglichkeit der einseitigen Kommunikation. Wenn
alle Wege und Hilfsmittel ausgeschöpft wurden, aber der Patient sein Anliegen nicht vermitteln kann, ist es
manchmal unumgänglich, die Trachealkanüle zu entblocken und einen Sprechaufsatz zu verwenden, obwohl
dies kontraindiziert ist. Dies muss unbedingt eine gemeinsame Entscheidung des Patienten, des Arztes und der
Pflegenden sein. Das Risiko der Aspiration ist in dem Fall gegen die drohende Deprivation des Patienten
abzuwägen.
Vita
Franziska Eltfeld, Klinische Linguistin MSc, Beatmungszentrum im Thoraxzentrum, Asklepios Klinik
Hamburg-Harburg
 
Meike Heins, Fachkrankenschwester für Anästhesie und Intensivpflege, Pflegerische Leitung Beatmung,
Beatmungszentrum im Thoraxzentrum, Asklepios Klinik Hamburg-Harburg
 
Daniela Wagner, Gesundheits- und Krankenschwester, Beatmungszentrum im Thoraxzentrum, Asklepios
Klinik Hamburg-Harburg
 
Nicole Zöllner, Patholinguistin BSc, Sprachwissenschaftlerin Dr. phil., Beatmungszentrum im Thoraxzentrum,
Asklepios Klinik Hamburg-Harburg

Literatur
1 Bartholome G,Schröter-Morasch H.Hrsg. Schluckstörungen: Diagnostik und Rehabilitation.4.
Aufl..München: Urban & Fischer in Elsevier2010;
2 Friesacher H.Können Ahnung und Intuition pflegerische Qualität sichern?.intensiv2003; 11: 183-192
3 Häcker H,Stapf KH.Hrsg. Dorsch: Psychologisches Wörterbuch.14. Aufl..Bern: Huber2004;
4 Matthews CT,Coyle JL.Reducing Pneumonia Risk Factors in Patients with Dysphagia Who Have A
Tracheotomy: What Role Can SLPs Play?.Online Exclusive The ASHA
Leader082010; http://www.asha.org/Publications/leader/2010/100518/Reducing-Pneumonia-Risk-
Factors.htmZugriff: 22.1.2014
5 Prosiegel M,Weber S,Thiel MM.et al. (Hrsg.) Dysphagie: Diagnostik und Therapie.Ein Wegweiser für
kompetentes Handeln.Berlin, Heidelberg: Springer2010;
6 Swigert NB.Blue Dye in the Evaluation of Dysphagia: Is It Safe?.The ASHA Leader182003; online
unter: http://www.asha.org/Publications/leader/2003/030318/030318c.htmZugriff: 22.1.2014

DOI: 10.1055/s-0034-1372492
Pflegeintervention

Entfernung der Trachealkanüle


Zum richtigen Zeitpunkt

Martin Bachmann

Inhaltsverzeichnis
 Zusammenfassung

 Ventilationsinsuffizienz und schlafbezogene Atmungsstörungen
 Dysphagie
 Husteninsuffizienz
 Tracheale Komplikationen im Hinblick auf eine Dekanülierung

Zusammenfassung
Unter welchen Bedingungen kann die Trachealkanüle entfernt werden? Was ist diagnostisch nötig und
therapeutisch möglich? Dieser Beitrag bietet einen Überblick über wichtige Problemsituationen und mögliche
Lösungswege.
Bevor eine Trachealkanüle entfernt werden kann, müssen mehrere Fragen geklärt werden:
 Besteht eine Ventilationsinsuffizienz oder eine schlafbezogene Atmungsstörung, die eine
Beatmung oder nächtliche CPAP-Therapie notwendig macht?
 Besteht eine Dysphagie?
 Besteht eine Husteninsuffizienz mit relevanter Sekretproblematik?
 Besteht eine tracheale Komplikation (z. B. Trachealstenose, Tracheomalazie), die eine
Spontanatmung ohne Trachealkanüle unmöglich macht?
Von der Beantwortung dieser Fragen sind das weitere Vorgehen und der Umgang mit dem Tracheostoma nach
der Dekanülierung abhängig, d. h. auch, ob ein Platzhalter eingesetzt wird und ob ein chirurgischer Verschluss
oder ein Spontanverschluss angestrebt wird.
Ventilationsinsuffizienz und schlafbezogene Atmungsstörungen
Hat sich eine manifeste Ventilationsinsuffizienz oder eine schlafbezogene Atmungsstörung (SAS) entwickelt,
muss nach Entfernung der Trachealkanüle übergangslos eine Therapie über eine Maske durchgeführt werden.
Insofern ist vorsorglich eine entsprechende differenzialdiagnostische Abklärung notwendig. Die
Ventilationsinsuffizienz ergibt sich aus einer persistierenden Hyperkapnie (CO2-Partialdruck > 45 mmHg),
insbesondere einer progredienten Hyperkapnie (CO2-Retention) unter Spontanatmung sowie aus Symptomen
einer Ventilationsinsuffizienz, wie z. B. Müdigkeit, Kopfschmerzen oder Luftnot.
Zur Diagnostik gehören:
 klinisch-anamnestisch zugrunde liegende Erkrankungen, die eine Ventilationsinsuffizienz
bedingen können (➙ [Infobox])
 mehrfache Blutgasanalysen v. a. am Anfang, während und am Ende der
Spontanatmungsphasen kombiniert mit kontinuierlicher Messung des tc CO2 (transkutan) und
der Sauerstoffsättigung
Infobox
Erkrankungen, die zu einer Ventilationsinsuffizienz führen können:
 COPD
 thorakal-restriktive Erkrankungen, z. B. Kyphoskoliose, Post-Tbc-Syndrom
 neuromuskuläre Erkrankungen, z. B. Muskeldystrophie Duchenne, Amyotrophe
Lateralsklerose
 Obesitas (Fettleibigkeit)
 Querschnittlähmung
 Zwerchfellparese verschiedener Ursachen (einseitig oder beidseits)
Die Diagnostik der schlafbezogenen Atmungsstörungen gestaltet sich schwieriger, da sie erst nach Entfernung
der Kanüle und Verschluss des Tracheostomas möglich ist. Alleine die klinische Untersuchung und die
anamnestischen Angaben ergeben einen Verdacht auf das Vorliegen einer schlafbezogenen Atmungsstörung.
Aus diesem Grund sollte in jedem Fall zunächst ein Platzhalter eingesetzt werden, um anschließend die
Diagnostik mittels kardiorespiratorischer Polygrafie (Messung des Atemflusses, Thorax- und
Abdomenbewegungen, Schnarchgeräusche, Herzfrequenz, Sauerstoffsättigung, Körperlage) und damit eine
entsprechende Therapie (z. B. CPAP, Bilevel-PAP, adaptive Servo-Ventilation) über eine Maske in die Wege zu
leiten.
In jedem Fall sollten Patienten mit einem Verdacht auf das Vorliegen einer der genannten Störungen generell
mit einem Platzhalter versorgt und zuvor entweder auf eine Beatmungstherapie eingestellt werden oder im Falle
einer SAS über eine eventuell notwendige Maskentherapie aufgeklärt und daran gewöhnt werden (➙ [Abb. 1a,
b]).

Abb. 1 a Nichtinvasive Beatmung (NIV) mit Sprechkanüle, b NIV mit Platzhalter


Fotos: Martin Bachmann
Dysphagie
Eine relevante Dysphagie muss vor einer Dekanülierung ausgeschlossen werden. Bei Patienten mit einem
grenzwertigen Befund kann eine weiterführende Untersuchung mittels Schluckendoskopie durchgeführt werden.
Davon abhängig kann dann ein abweichendes Vorgehen gewählt werden. Besteht beispielsweise keine direkte
(intradeglutitive) Aspiration, keine Penetration auf Stimmritzenebene, ein suffizienter reflektorischer Hustenstoß
und können die Residuen durch Nachschlucken und Räuspern entfernt werden, dann kann nach unserer
Erfahrung eine Dekanülierung nach Anlage einer perkutanen endoskopischen Gastrostomie (PEG) in Erwägung
gezogen werden. Der Patient bleibt anschließend nüchtern, und ein Nahrungsaufbau geschieht kontrolliert unter
intensiver Logopädie, ggf. nach erneuter Schluckendoskopie.
Husteninsuffizienz
Eine Dekanülierung sollte erst vorgenommen werden, wenn die Sekretsituation über nichtinvasive Methoden
beherrscht werden kann, d. h., dass der invasive Zugang über die Trachealkanüle zum Sekretmanagement nicht
mehr erforderlich ist.
Zunächst muss die Ursache einer bestehenden Husteninsuffizienz differenziert werden. Diesbezüglich
unterscheidet man zwei wesentliche Problematiken:
 Muskuläre Schwäche der In- und Exspirationsmuskulatur, z. B. bei neuromuskulären
Erkrankungen, die die Durchführung des Hustenstoßes mit tiefer Inspiration und
anschließender forcierter Exspiration beeinträchtigt. In diesem Zusammenhang spielt eine
Schwäche der Zwerchfellmuskulatur die entscheidende Rolle.
 Instabiles, kollaptisches Tracheobronchialsystem, bei dem zwar die muskuläre Funktion
vorhanden ist, das Sekret aber aufgrund eines Totalkollapses nicht nach kranial transportiert
werden kann.
Zwischen den beiden genannten Problematiken muss sorgfältig differenziert werden, um eine passende
Behandlungsstrategie zu entwickeln. Im Falle einer muskulären Schwäche kann mit manueller und maschineller
Hilfe der Hustenstoß unterstützt bzw. nachgebildet werden. Die Hauptrolle spielt dabei der sogenannte
In-/Exsufflator (z. B. Cough Assist®, Clearway®) (➙ [Abb. 2]).

Abb. 2 In-/Exsufflator (Cough Assist®)


Foto: Martin Bachmann
Mit dieser „Hustenmaschine“ wird durch die Applikation eines positiven Drucks die Inspiration und durch
Applikation eines negativen Drucks (Sog) die Exspiration maximal unterstützt. Die Anwendung kann
nichtinvasiv über eine Maske erfolgen oder invasiv über Tubus oder Trachealkanüle. Bei gegebener Indikation
sollte die Therapie schon über den invasiven Zugang vor einer Dekanülierung erfolgen. Die Anwendung ist nur
bei einem stabilen Tracheobronchialsystem sinnvoll und an Kontraindikationen gebunden, wie z. B. strukturelle
Lungenerkrankungen, die zuvor ausgeschlossen werden müssen. Liegt ein instabiles Tracheobronchialsystem
vor, bleiben nur die Möglichkeiten, über medikamentöse und mechanische Hilfen das Sekret in der Tiefe zu
lösen, die Viskosität positiv zu beeinflussen und einen besseren Transport bis hin zur Elimination zu
gewährleisten. Hierfür stehen uns die differenzierte Inhalationstherapie, Hilfen zur Aufrechterhaltung eines
positiven endexspiratorischen Drucks zur Verhinderung des Atemwegskollapses (z. B. RC-Cornet®, VRP1
Flutter®, PEP-Ventil, Acapella®) und maschinelle Unterstützung durch eine sogenannte Hochfrequenz-
Brustwand-Oszillationstherapie (z. B. The Vest®) zur Verfügung (➙ [Abb. 3]).

Abb. 3 The Vest® im Einsatz


Foto: Mit freundlicher Genehmigung der Firma Heinen und Löwenstein GmbH
Die Indikation zum Einsatz der genannten Techniken und Hilfen sollte vor der Entfernung einer Trachealkanüle
geklärt und die Anwendung schon, soweit möglich, unter invasivem Zugang mit dem Patienten geübt werden.
Falls alle genannten Methoden nicht zu einer ausreichenden Sekretentfernung führen und es weiterhin zu
Sekretverlegungen in den zentralen Atemwegen kommt, kann die Einlage einer Minitrachealkanüle (Mini-
Trach®) über das vorhandene Tracheostoma vorübergehend oder dauerhaft in Erwägung gezogen werden.
Tracheale Komplikationen im Hinblick auf eine Dekanülierung
Nach Anlage eines Tracheostomas und in der Langzeitanwendung einer Trachealkanüle können eine Reihe
akuter und chronischer Komplikationen auftreten. Ein Teil dieser Komplikationen kann eine unproblematische
Entfernung der Trachealkanüle unmöglich machen. In diesem Zusammenhang sind insbesondere Stenosen im
Bereich der Glottis (z. B. Recurrensparese, Stimmbandverwachsungen) oder der Trachea (z. B. Trachealstenose,
Tracheostoma-Instabilität) zu nennen. Das Vorliegen solcher Komplikationen ist im Rahmen der
Trachealkanülenwechsel, spätestens aber vor dem endgültigen Entfernen zu überprüfen. Neben der klinischen
Beurteilung nach Entfernung der Trachealkanüle unter verschlossenem Stoma können Art und Ausmaß einer
vorhandenen Komplikation durch transorale und transstomale endoskopische Beurteilung sowie bildgebende
Verfahren (CT, MRT) eingeschätzt werden. Nach diesen Untersuchungen muss dann interdisziplinär das weitere
Vorgehen (endoskopische oder chirurgische Therapie) besprochen werden. In den meisten Fällen ist ein HNO-
chirurgischer Eingriff (z. B. Tracheaquerresektion, Tracheostoma-Revision, passagere Glottiserweiterung)
indiziert, durch den die dauerhafte Entfernung des Tracheostomas ermöglicht werden kann.
Mehr zum Thema
Invasive Pflege erfordert spezielles Fachwissen und sicheres Handeln bei technikintensiven Pflegeabläufen.
Die Lerneinheit Fürsorgliche invasive Pflege informiert Sie umfassend über die Handhabung von
zentralvenösen Kathetern und Tracheostomata sowie erläutert Aspekte zum endotrachealen Absaugen.
Vita
Dr. med. Martin Bachmann, Leiter der Sektion Pneumologische Intensiv- und Beatmungsmedizin,
Beatmungszentrum im Thoraxzentrum, Asklepios Klinik Hamburg-Harburg. Er ist Facharzt für Innere Medizin,
Pneumologie, internistische Intensivmedizin und Schlafmedizin. Dr. Bachmann ist Mitglied im Vorstand der
Deutschen Interdisziplinären Gesellschaft für Außerklinische Beatmung (DIGAB).

DOI: 10.1055/s-0034-1372489
Pflegeintervention

Tracheostoma-Anlage und
-Komplikationen
Methoden und Vorgehen

Frank Escherich, Stefan Bergner

Inhaltsverzeichnis
 Zusammenfassung

 Tracheotomieverfahren im Überblick*
o Definitionen
o Indikationen
o Kontraindikationen
o Zeitpunkt der Tracheotomie
 Komplikationen
 Anlage eines Tracheostomas in Ciagla-Blue-Rhino-Technik
 Komplikationen der Tracheotomie im Langzeitverlauf**
 Referenzen

Zusammenfassung
Eine steigende Zahl von Patienten wird langzeitbeatmet und erlebt oft auch die langwierige Entwöhnung vom
Beatmungsgerät. Damit rücken perkutane Tracheotomieverfahren in den Vordergrund, die alternativ zur
chirurgischen Tracheotomie eingesetzt werden können. Die Komplikationen lassen sich in beiden Fällen durch
sorgfältige Beobachtung und Pflege meist verhindern.
In der modernen Intensivmedizin steigt die Anzahl langzeitbeatmeter Patienten mit einem prolongierten
Weaning-Verlauf. Damit nahm in den letzten Jahren die Bedeutung der Tracheotomie deutlich zu, und sie ist
heute der häufigste operative Eingriff im intensivmedizinischen Bereich (Braune 2011). Hier hat sich die
perkutane Dilatationstracheotomie zu einem Standardverfahren entwickelt, das vom Intensivmediziner selbst
durchgeführt werden kann. Sie stellt somit eine weltweit anerkannte Alternative zur chirurgischen
(konventionellen) Tracheotomie dar (Braune 2011, Byhahn 1999). Die Anzahl der mit der chirurgischen
(konventionellen) Tracheotomie verbundenen Früh- und Spätkomplikationen konnte durch dieses Verfahren
gesenkt werden (Byhahn 1999). Auch in Deutschland hat sich die Ein-Schritt-Dilatationstechnik als häufigstes
Verfahren durchgesetzt (Braune 2011).
Tracheotomieverfahren im Überblick*
In diesem Beitrag werden exemplarisch die drei im Zentrum für Beatmungsmedizin der Asklepios Klink
Hamburg-Harburg am häufigsten angewandten perkutanen Tracheotomieverfahren vorgestellt. Zur
Vervollständigung der Übersicht wird zudem die chirurgische (konventionelle) Tracheotomie beschrieben. Sie
wird insbesondere dann eingesetzt, wenn ein alternativer Atemwegszugang, unabhängig von einer
Beatmungstherapie, langfristig notwendig ist, z. B. nach einer Laryngektomie.
Es handelt sich um die:
 perkutane Ein-Schritt-Dilatationstracheotomie (auch Ciagla-Blue-Rhino-Technik),
 Minitracheotomie,
 translaryngeale Durchzugstracheotomie nach Fantoni,
 chirurgische (konventionelle) Tracheotomie.
Definitionen
Perkutane Ein-Schritt-Dilatationstracheotomie (Ciagla-Blue-Rhino-Technik). Mit der Seldinger-Technik
wird ein konischer Dilatator perkutan durch die Tracheavorderwand zwischen den Trachealringen 2–4 in die
Trachea eingeführt. Durch das so aufdilatierte Stoma wird die Trachealkanüle mit einem Introducer eingelegt.
Minitracheotomie. Die Minitracheotomie (➙ [Abb. 1]) entspricht der Ein-Schritt-Dilatationstracheotomie mit
dem Unterschied, dass eine Absaugkanüle mit einem deutlich geringeren Durchmesser (4 mm) in die Trachea
eingeführt wird. Die Minitracheotomie dient dem Sekretmanagement bei spontan atmenden bzw. nicht invasiv
beatmeten Patienten. Als Ort für die Minitracheotomie wird die Membrana cricothyroidea (Membran zwischen
Ring- und Schildknorpel) empfohlen (Larsen 2013, Bartels 2010).

Abb. 1 Minitracheotomie
Quelle: Paetz B. Chirurgie für Pflegeberufe. 2009: 182, Abb. 12.6
Translaryngeale Durchzugstracheotomie nach Fantoni. Nach transkutaner Punktion der Tracheavorderwand
wird ein Führungsdraht nach retrograd am Tubus vorbei in die Mundhöhle vorgeschoben. Die mit einem
konischen Ende versehene Trachealkanüle wird auf diesen Draht aufgefädelt und fest verbunden. Anschließend
zieht man die Kanüle translaryngeal durch, sodass das konische Ende der Trachealkanüle die
Tracheavorderwand zwischen den Trachealringen 2–4 von innen nach außen dilatiert. Diese sehr schonende,
wenn auch etwas kompliziertere Methode wird insbesondere wegen der geringeren Gefahr der Verletzung der
Tracheahinterwand von uns bevorzugt.
Chirurgische (konventionelle) Tracheotomie. Die Präparation des Tracheostomakanals erfolgt durch
Hautinzision und Knorpelresektion chirurgisch. Im Gegensatz zu den Punktionsverfahren kann mit dem
plastischen Verfahren der Tracheostomakanal durch Lappenplastiken kutan gedeckt bzw. epithelialisiert werden
(➙ [Abb. 2]).

Abb. 2 a epithelisiertes Tracheostoma b konventionelles plastisches Tracheostoma


Quelle: Paetz B. Chirurgie für Pflegeberufe. 2009: 182, Abb. 12.4
Indikationen
Allgemeine Indikationen für die Tracheotomie:
 Langzeitbeatmung > 14 Tage (Braune 2011) bzw. schwieriges oder prolongiertes Weaning
 Vermeidung der lokalen Inflammation im Atemweg und Ausbildung einer Trachealstenose
durch endotracheale Langzeitintubation (Kunz 2012, Bartels 2010)
 im Vergleich zum Endotrachealtubus bessere Toleranz, daher nur geringe oder keine
Analgosedierung erforderlich (Braune 2011, 2012, Bartels 2010)
 bessere Pflege des Mund- und Rachenraumes möglich (Braune 2011, Bartels 2010)
 Das Sekretmanagement sowie die Sekretmobilisation werden sowohl durch das erleichterte
Absaugen (Larsen 2013, Bartels 2010) über einen vereinfachten Bronchoskopiezugang als
auch durch die geschaffenen guten Bedingungen für die Anwendung eines In- und
Exsufflators (siehe vierter Beitrag) sicherer und effektiver.
 Mit der sicher fixierten Trachealkanüle wird eine Dislokation sowohl nach innen (z. B.
einseitige Intubation) (Larsen 2013, Bartels 2010) als auch nach außen, insbesondere bei
Pflegemaßnahmen oder im Rahmen des Sekretmanagements, vermieden.
 Nach Stabilisierung des Tracheostomas ist ein einfacherer und schnellerer Kanülenwechsel
möglich (Byhahn 1999).
 Sprechkanülen ermöglichen die verbale Kommunikation.
 Bei Patienten mit einer Dysphagie kann mit einem Sprechaufsatz ein logopädisches Schluck-
und Sprechtraining als Voraussetzung für eine erfolgreiche Dekanülierung durchgeführt
werden.
 Bei erhöhtem Sekretaufkommen kann der Patient mit dem Sprechaufsatz selbst Sekret
abhusten, was eine Voraussetzung für eine erfolgreiche Dekanülierung ist.
 Im Vergleich zum endotrachealen Tubus werden durch die kürzere Trachealkanüle mit
größerem Lumen die Atemarbeit und der Totraum vermindert, wodurch sich die Weaning-
Dauer verkürzen lässt (Braune 2011, Braune 2012, Kunz 2012, Larsen 2013).
Spezielle Indikationen für die Minitracheotomie: Dies betrifft vor allem das Sekretmanagement insbesondere
bei Patienten mit einer Husteninsuffizienz (Byhahn 1999). In den meisten Fällen sind dies Patienten mit einer
neuromuskulären Erkrankung, die entweder spontan atmen oder intermittierend nicht invasiv beatmet werden.
Hier wird die Minitrachealkanüle als Ergänzung zum Sekretmanagement mit dem In-/Exsufflator eingesetzt.
Gelegentlich kann eine Minitrachealkanüle auch bei schwerer Sekretretention im Rahmen anderer Erkrankungen
(z. B. COPD, Bronchiektasen) hilfreich sein, insbesondere in der intensivmedizinischen Behandlung.
Spezielle Indikationen für die translaryngeale Durchzugsmethode nach Fantoni (Byhahn 1999):
 Vermeidung von Verletzungen der Tracheahinterwand während der Bougierung (Larsen
2013, Byhahn 1999)
 Verminderung von Infektionen des Tracheostomas
 Verminderung von Blutungskomplikationen
 Verminderung des Auftretens eines Pneumothorax
 Verminderung des Auftretens eines Hautemphysems
Spezielle Indikationen für die chirurgische (konventionelle) Tracheotomie:
 Diese sind hauptsächlich bei Vorliegen der Kontraindikationen für die Ein-Schritt-
Dilatationstracheotomie (Braune 2012).
 Des Weiteren ist die Notwendigkeit eines permanenten Tracheostomas eine relative
Kontraindikation für eine Ein-Schritt-Dilatationstracheotomie. Die Trachealkanüle kann
aufgrund der Stabilität eines chirurgischen (konventionellen) Tracheostomas leichter vom
Patienten bzw. von den Pflegepersonen gewechselt werden. Durch den engeren
Tracheostomakanal, der aus der Ein-Schritt-Dilatationstracheotomie resultiert, kann es beim
Wechsel der Trachealkanüle zu Blutungen, Läsionen und Ausbildung von
Granulationsgewebe mit der Gefahr einer Trachealstenose kommen (Braune 2011, 2012).
 Als dritte Indikation kann die Umwandlung einer Ein-Schritt-Dilatationstracheotomie in ein
chirurgisches Tracheostoma dann erforderlich sein, wenn rezidivierendes Granulationsgewebe
am Tracheostomarand auftritt. Dieses Gewebe erschwert zum einen den regelmäßigen
Wechsel der Trachealkanüle, zum anderen kann es durch stenosierendes Wachstum das
Tracheallumen verengen. Eine weitere Indikation zur Umwandlung einer Ein-Schritt-
Dilatationstracheotomie in ein chirurgisches Tracheostoma ist das Vorliegen einer
Trachealstenose (➙ [Abb. 5]), die durch eine chirurgische Revision des Tracheostomas
behoben werden kann.
Kontraindikationen
Allgemeine Kontraindikationen für die Ein-Schritt-Dilatationstracheotomie:
 unklare Anatomie mit nicht identifizierbarem Trachealverlauf, wie z. B. drittgradige Struma,
Adipositas per magna, extremer Kurzhals oder Voroperationen (Braune 2011, Kunz 2012,
Bartels 2010)
 Tumore und/oder Stenosen der oberen Luftwege (Larsen 2013)
 therapierefraktäre Gerinnungsstörungen (Braune 2011, Byhahn 1999, Bartels 2010)
 erschwerte oder unmögliche Intubationsverhältnisse (Braune 2011, 2012, Byhahn 1999,
Bartels 2010)
 instabile Halswirbelsäulenfraktur (Braune 2011, Bartels 2010)
 Trauma oder Infektion der Tracheotomieregion (Byhahn 1999)
 Atemwegsnotfall (Braune 2011, Bartels 2010)
 Bei Patienten, die jünger als 16–18 Jahre sind bzw. die keinen adulten Habitus aufweisen,
kann aufgrund des weicheren Trachealgewebes und des geringeren Trachealquerschnitts eine
Verletzung der Tracheahinterwand mit Gefahr der Ausbildung von tracheoösophagealen
Fisteln auftreten (Kunz 2012, Byhahn 1999).
 Tracheomalazie (Larsen 2013)
Spezielle Kontraindikationen für die Minitracheotomie: Als Ort für die Minitracheotomie wird die
Membrana cricothyroidea (Ligamentum cricothyreoideum, analog zu einer Koniotomie) empfohlen (Larsen
2013, Bartels 2010). Wegen der erhöhten Komplikationsrate (Lokalinfektionen, Nekrosen) ist dieser Ort für eine
längere Verweildauer einer Minitracheotomie nicht geeignet. Eigene Erfahrungen haben gezeigt, dass für eine
längerfristige Minitracheotomie je nach anatomischen Verhältnissen die Zwischenräume der Trachealringe 2–4
besser geeignet sind. Die Wahl der Membrana cricothyroidea als Punktionsort für die Minitracheotomie stellt
somit aus unserer Sicht bei der Planung einer längerfristigen Verweildauer eine relative Kontraindikation dar.
Auch bei einer vorübergehenden Anlage sollte die tiefere Punktionsstelle bevorzugt werden.
Spezielle Kontraindikationen für die chirurgische (konventionelle) Tracheotomie: Diese sind vor allem
therapierefraktäre Gerinnungsstörungen (Braune 2011, Bartels 2010) und schwerste kardiopulmonale Instabilität
(Bartels 2010) sowie andere Kriterien, die eine Inoperabilität des Patienten begründen, z. B. ASA 4 (American
Society of Anesthesiologists). ASA 4: Patient mit schwerer Allgemeinerkrankung, die eine ständige
Lebensbedrohung ist.
Zeitpunkt der Tracheotomie
Nach der aktuellen Studienlage kann festgehalten werden, dass die frühzeitige gegenüber der späten
Tracheotomie im Rahmen eines Intensivaufenthaltes keinen grundsätzlichen Vorteil erbringt (Young 2013).
Allgemein empfohlen werden kann eine Tracheotomie nach 14–21 Tagen invasiver Beatmungstherapie.
Komplikationen
Komplikationen der Ein-Schritt-Dilatationstracheotomie (Byhahn 2000):
 Fraktur von Trachealknorpelspangen
 Stenosierung des Tracheallumens durch Vorwölben von frakturierten
Trachealknorpelspangen
 Blutungen
 Aspiration
 Verletzung der Trachealhinterwand
 Schwierigkeiten bei der Einführung der Trachealkanüle
 Tracheostomainfektionen
 Verschlechterung der perioperativen Oxygenierung durch Kompression des Tracheallumens
von außen während der Dilatation
Spezielle Komplikationen der Minitracheotomie: Die Risiken sind ähnlich wie bei der Ein-Schritt-
Dilatationstechnik. Der Durchmesser der Minitracheotomie-Kanüle beträgt jedoch nur 4 mm, sodass eine
aufwendige Dilatation nicht erforderlich ist. Komplikationen treten insgesamt sehr selten auf.
Komplikationen der translaryngealen Durchzugsmethode nach Fantoni (Byhahn 1999):
 Blutungen
 Aspiration
 Abfall der Sauerstoffsättigung bis zum hypoxischen Kreislaufversagen
 Infektion
 Probleme beim retrograden Vorschieben des Führungsdrahtes
 Ruptur des Führungsdrahtes
 Dislokation der Trachealkanüle nach dem Durchzugsmanöver
Komplikationen der chirurgischen (konventionellen) Tracheotomie (Larsen 2013):
 Herzstillstand
 Kanülenobstruktion
 Dislokation der Kanüle
 Fehlplatzierung der Kanüle
 versehentliche Dekanülierung
 Blutungen
 Aspiration
 Pneumothorax und Pneumomediastinum
 subkutanes bzw. Hautemphysem
 Wundinfektion
 schwierige Dekanülierung
 tracheoösophageale Fistel
 Trachealstenose
Weitere Komplikationen im Langzeitverlauf werden im unteren Abschnitt beschrieben.
Anlage eines Tracheostomas in Ciagla-Blue-Rhino-Technik
Die Durchführung dieser aktuell wohl am häufigsten angewandten Methode soll an dieser Stelle beispielhaft
beschrieben werden (zum Zubehör siehe [Infobox]).
Zubehör (modifiziert nach Byhahn 2000):
 Bronchoskop und Videomonitor
 Ciagla-Blue-Rhino-Tracheotomie-Set (Punktionsnadel, Seldinger-Draht, 3 kleine Dilatatoren,
konischer Ciagla-Blue-Rhino-Dilatator, Skalpell, Kanülenhalteband)
 Lagerungsrolle
 Kochsalzlösung
 Mittel zur Hautdesinfektion, Abdecktücher, sterile Kompressen, sterile Kittel, Handschuhe,
Hauben, steriler Mundschutz
Beschreibung des Vorgehens. Der Eingriff sollte nur von zwei erfahrenen Ärzten vorgenommen werden. Er
erfolgt unter ständiger bronchoskopischer Sicht über einen Videomonitor, der von allen Beteiligten eingesehen
werden kann. Wichtig ist eine gute Vorbereitung des unter sterilen Bedingungen stattfindenden Eingriffs, dem
die fachgerechte Mund- und Hautreinigung und ggf. Rasur des Operationsbereiches vorausgeht. Unterstützt
durch eine Lagerungsrolle unter den Schulterblättern liegt der Patient mit überstrecktem Kopf flach auf dem
Rücken.
Die anatomischen Strukturen werden palpatorisch eindeutig identifiziert und der Punktionsort wird desinfiziert
und steril abgedeckt. Der Endotrachealtubus wird unter bronchoskopischer Sicht bis zur Glottis zurückgezogen.
Die Punktion der Trachea erfolgt in der Mittellinie zwischen den Trachealringen 2–4 und wird über das
geschützt im Endotrachealtubus liegende Bronchoskop überwacht. Nachdem ein Führungsdraht in Seldinger-
Technik vorgeschoben wurde und anschließend die Punktionskanüle entfernt worden ist, wird der
Punktionskanal mit dem kleinsten Dilatator des Sets vordilatiert (➙ [Abb. 3]).

Abb. 3 Punktionstracheotomie
Quelle: Paetz B. Chirurgie für Pflegeberufe. 2009: 182, Abb. 12.3
Der Ciagla-Blue-Rhino-Dilatator besteht aus einem flexiblen Hartgummimantel mit einer speziellen
hydrophilen Beschichtung und ist innen hohl. Er wird zunächst mit einigen ml Kochsalzlösung befeuchtet,
wodurch die Oberfläche an Gleitfähigkeit gewinnt. Über den Führungsdraht wird nun der Dilatator unter
endoskopischer Sicht in einem Arbeitsgang bis zur aufgedruckten Markierung „38 F“ eingeführt. Hier muss der
Arzt besonders aufpassen, dass er die Tracheahinterwand nicht verletzt.
Die folgende Einführung der Trachealkanüle wird erleichtert, wenn der Dilatator für ca. 5 min. in dieser Position
verbleibt. Das Set enthält 3 Hartgummiführungsstäbe unterschiedlichen Durchmessers, die an ihrer Spitze
konisch zulaufen und in die Trachealkanüle so eingeführt werden, dass ein fast stufenloser Übergang zwischen
dem aus der Trachealkanüle herausreichenden Führungsstab und dem distalen Ende der Trachealkanüle entsteht.
Über den Führungsdraht erfolgt nun die Einführung der auf dem Führungsstab aufsitzenden Trachealkanüle.
Sobald der Cuff (engl. für Manschette) der Kanüle das Hautniveau passiert hat, wird der Führungsstab bei
entgegengesetzt vorgeschobener Trachealkanüle zurückgezogen und die Trachealkanüle in die Trachea platziert.
Die regelrechte Kanülenlage wird bronchoskopisch überprüft. Abschließend erfolgt die Entfernung des
Endotrachealtubus, das Anschließen an das Beatmungsgerät und die Sicherung der Kanüle mit dem
Kanülenhalteband (modifiziert nach Byhahn 2000).
Komplikationen der Tracheotomie im Langzeitverlauf**
Auch bei liegender Trachealkanüle können Komplikationen auftreten. Diese sollten rechtzeitig erkannt und
dementsprechende Maßnahmen eingeleitet werden.
Blutungen aus dem Tracheostoma. Spät auftretende Blutungen sind immer ein Alarmzeichen; ein Arzt sollte
unverzüglich informiert werden. Besonders gefürchtet sind Arrosionsblutungen, die durch chronische
Tracheostoma-Infektionen und/oder chronische Druckschäden durch Zug an der Trachealkanüle hervorgerufen
werden. Diese können häufig auch letal enden.
Infektionen. Infektionen treten als lokale Wundinfektionen auf, ggf. mit konsekutiver Entwicklung einer
Tracheobronchitis oder Pneumonie. Die tägliche Tracheostomapflege inklusive Inspektion dient der
Vermeidung bzw. dem frühzeitigen Erkennen.
Verlegung der Trachealkanüle. Sekrete mit Verborkungen des Lumens der Trachealkanüle sind der häufigste
Grund für die Verlegung der Trachealkanüle. Durch Anfeuchten der Atemluft und bedarfsgerechtes Absaugen
können Verborkungen nahezu immer vermieden werden.
Verlegungen des Kanülenendes durch die Tracheahinterwand (Pars membranacea) kommen insbesondere durch
externen Zug auf die Trachealkanüle nach kaudal bei starrer Trachealkanüle oder bei anatomischen Anomalien
der Trachea vor. Mit sorgfältiger und zugfreier Positionierung sind Verlegungen in der Regel vermeidbar bzw.
behandelbar; selten ist ein Wechsel der Kanülengröße notwendig. Bei Trachealkanülen mit variabler
Einlagetiefe kann versucht werden, diese unter bronchoskopischer Sicht tiefer zu positionieren, um das Problem
zu beheben.
Weiterhin können Cuff-Hernien wegen eines massiv überblockten oder ungleichmäßig entfalteten Cuffs mit
daraus folgendem Umschlag vor die Kanüle auftreten. Die regelmäßige Cuff-Druck-Kontrolle mittels eines
Cuff-Manometers reduziert das Risiko.

Jede Trachealkanülenverlegung ist ein Notfall und ist umgehend zu beheben! Im Zweifelsfall muss die
Trachealkanüle sofort gewechselt werden oder, falls es sich um eine Kanüle mit Innenkanüle handelt, muss
diese umgehend entfernt bzw. ausgewechselt werden.
Kennzeichen einer Verlegung sind eine akute oder langsam progrediente Zunahme der Atemarbeit, eine
Abnahme des Atemzugvolumens und der Abfall des Sauerstoffpartialdrucks. Klinische Zeichen sind – je nach
Vigilanz des Patienten – Dyspnoe, Unruhe, Anstieg der Atem- und Herzfrequenz und des Blutdrucks sowie
vegetative Zeichen.
Akzidentelle Dekanülierung. Eine versehentliche Dekanülierung führt bei maschinell beatmeten Patienten
ohne Spontanatemkapazität zu einer akut lebensbedrohlichen Situation. Bei perkutan angelegter
Dilatationstracheotomie besteht in den ersten Tagen die Gefahr des sofortigen Verschlusses des Tracheostomas.
Dieses Risiko kann durch das Annähen der Halteplatte der ersten Kanüle verringert werden.
Für jeden Patienten sollte ein Notfallset bestehend aus 2 Trachealkanülen (aktuelle Größe und eine Nummer
kleiner), Trachealspreizer, Blockerspritze und einem Kanülenhalteband am Bett vorrätig gehalten werden.
Tracheaverletzungen. Die chronische Druckbelastung der Knorpelspangen durch den Cuff-Druck kann zu
einer Tracheomalazie führen (➙ [Abb. 4]), bei der die Knorpelspangen aufgeweicht sind. Daraus folgt, dass die
Trachea bei Exspiration kollabiert. Wird eine Cuff-Überblockung vermieden, reduziert sich das Risiko deutlich.
Abb. 4 Tracheomalazie
Quelle: Asklepios Klinikum Hamburg-Harburg
Durch die Bildung von Granulationsgewebe oder Narben können höhergradige Trachealstenosen (➙ [Abb. 5])
entstehen. Während dabei die Atemarbeit deutlich ansteigt, nimmt das Atemzugvolumen ab, was zu einer
respiratorischen Insuffizienz führen kann. Ursächlich sind häufige Entzündungen und/oder Verletzungen der
Trachea durch Druckschäden (Cuff), mechanische Trachealäsionen (Absaugkatheter) oder die Folge
intraoperativer Komplikationen (Knorpelspangendislokation). Das Risiko eines solchen Schadens kann durch
regelmäßige Cuff-Druck-Messung, schonende Absaugung und ggf. Positionswechsel der Trachealkanüle
reduziert werden.

Abb. 5 Trachealstenose
Quelle: Asklepios Klinikum Hamburg-Harburg
Die Behandlung sowohl der Tracheomalazie als auch der Trachealstenose hängt davon ab, ob der Patient
dekanüliert werden soll oder nicht. Die Tracheomalazie kann nur symptomatisch behandelt werden. Kann der
Patient nicht dekanüliert werden, wird eine längere Kanüle eingesetzt. Ist die Dekanülierung möglich, muss ggf.
ein Stent gesetzt werden. Die Behandlung der Trachealstenose kann bei Patienten, die nicht dekanüliert werden
können, im Idealfall ebenfalls rein symptomatisch mit einer längeren Kanüle und somit der Überbrückung des
Stenosebereichs erfolgen. Die Behandlung von Patienten, bei denen diese Möglichkeit nicht in Betracht kommt,
bzw. von Patienten, die dekanüliert werden können, ist vielfältig und erfordert ein sehr differenziertes,
interdisziplinäres Vorgehen (HNO-Konsil, Thoraxchirurg, interventioneller Pneumologe).
Vita
Dr. med. Frank Escherich, Oberarzt Beatmungszentrum im Thoraxzentrum, Asklepios Klinik Hamburg-
Harburg
 
Stefan Bergner, Oberarzt Beatmungszentrum im Thoraxzentrum, Asklepios Klinik Hamburg-Harburg

Literatur
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2 Bartels H,Bogdanski R.Tracheotomie, Tracheostomie.Allgemein- und Viszeralchirurgie up2date2010; 5: 297-
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3 Braune S,Kluge S.Die perkutane Dilatationstracheotomie.Dtsch Med Wochenschr2011; 136: 1265-1269
4 Byhahn C,Lischke V,Halbig S.et al. Ciagla Blue Rhino: Ein weiterentwickeltes Verfahren der perkutanen
Dilatationstracheotomie.Anaesthesist2000; 49: 202-206
5 Byhahn C,Lischke V,Westphal K.Perkutane Tracheotomie in der Intensivmedizin.Praktikabilität und
Frühkomplikationen der translaryngealen Technik nach Fantoni Anaesthesist1999; 48: 310-316
6 Kunz T,Strametz R,Gründling M.et al. Punktionstracheotomie in der Intensivmedizin – Update
2012.Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther2012; 47: 598-604
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8 Young D,Harrison DA,Cuthbertson BH.et al. Effect of early vs. late tracheostomy placement on survival in
patients receiving mechanical ventilation: the TracMan randomized trial.JAMA2013; 309: 2121-2129

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