Ein Scheibenwelt-Roman
Ins Deutsche übertragen von Gerald Jung
[Ursprünglich die
»Forschungsgesellschaft«, bis Lord
Vetinari partout darauf beharrte, dass die
meisten der von den Mitgliedern der
Gesellschaft »erforschten« Orte bereits
von irgendwelchen Bewohnern bevölkert
gewesen waren, die bei der Ankunft der
Forscher schon versuchten, Schlangen an
die Neuankömmlinge zu verkaufen.]
Nein, von der Liebe sing ich nicht, ist sie doch
blind,
der Güte Muse preise ich anstatt...
Gloing! Gloing!
Der neue Ball war die reinste Magie,
einwandfrei. Er sprang in Trevs wartende Hand
zurück, als wollte er es selbst so. Um ein Haar
hätte Trev es riskiert, dagegenzutreten, aber er
und Nutt und der Ball zogen auch so schon mehr
als genug neugierige Gassenlümmel hinter sich
her, sodass er sicher sein konnte, den Ball in
diesem Fall nie wiederzusehen.
»Weißt du wirklich, wie das Ding
funktioniert?«, fragte er Nutt.
»Aber ja, Meister Trev. Es ist viel einfacher, als
es aussieht, obwohl die Polyeder bestimmt nicht
ganz leicht herzustellen sind, aber alles in
allem...«
Eine Hand landete auf Trevs Schulter. »Sieh
mal einer an. Trev Likely«, sagte Andy. »Und
sein kleiner Schützling. Schwerer auszurotten als
'ne Kakerlake, was man so hört. Da is was im
Busch, hä, Trev? Und du sagst mir jetzt gleich,
was. Was hast'n da in der Hand?«
»Nicht heute, Andy«, erwiderte Trev und wich
zurück. »Du hast Glück gehabt, dass du nicht im
Knast gelandet bist und Herr >Ein Fall< bei dir
für einen neuen Kragen Maß genommen hat.«
»Ich?«, sagte Andy unschuldig. »Ich hab doch
nichts gemacht! Kannst mir ja nich in die
Schuhe schieben, was so'n beknackter Stollop
gemacht hat, aber irgendwas ist mit dem
Fußballspielen los, hab ich recht? Vetinari will
da was dran drehen.«
»Lass einfach gut sein, Andy«, sagte Trev.
Hinter Andy hielt sich mehr als die übliche
Truppe auf. Die Stollop-Brüder verschonten die
Straße seit einiger Zeit klugerweise mit ihrer
Anwesenheit, aber Leute wie Andy fanden im-
mer Mitläufer. Wie gesagt, es war besser, hinter
Andy zu stehen als ihm gegenüber. Und bei
Andy konnte man nie wissen, wann er...
Schon war das Buschmesser draußen. Typisch
Andy. Was auch immer die urzeitliche Wut in
einem zurückhielt, konnte bei Andy von einem
Augenblick auf den anderen erlöschen. Da kam
sie, die Klinge, auf der Trevs Zukunft in sehr
knappen Worten geschrieben stand. Sie blieb
mitten in der Luft stehen, und Nutts Stimme
sagte: »Ich glaube, ich könnte mit genügend
Kraft zudrücken, Andy, um Ihre Knochen zu
Matsch zu zerquetschen. In der menschlichen
Hand befinden sich siebenundzwanzig Knochen.
Ich glaube fest daran, dass ich jeden einzelnen
davon mit einem bisschen zusätzlichen Druck so
beschädigen kann, dass er nicht mehr zu
gebrauchen ist. Trotzdem möchte ich Ihnen die
Möglichkeit einräumen, Ihre derzeitigen
Absichten noch einmal zu überdenken.«
Andys Gesicht wies eine wilde Farbmischung
auf: ein Weiß, das fast blau war, und ein beinahe
purpurfarbenes Zornesrot. Er versuchte sich
loszureißen, aber Nutt stand einfach ganz ruhig
und völlig unbeweglich da. »Schnappt ihn
euch!«, zischte Andy der Welt im Allgemeinen
zu.
»Bedauerlicherweise muss ich die Herren
daran erinnern, dass ich noch eine zweite Hand
zur Verfügung habe«, sagte Nutt.
Er musste fester zugedrückt haben, denn Andy
japste laut auf, als seine Hand gegen den Griff
der Waffe gequetscht wurde.
Trev wusste nur zu gut, dass Andy keine
Freunde, sondern nur Mitläufer hatte. Sie
betrachteten ihren angeschlagenen Anführer,
und dann betrachteten sie Nutt, und sie sahen
sehr deutlich, dass Nutt nicht nur eine zweite
Hand hatte, sondern auch, wozu er damit fähig
war. Sie rührten sich nicht von der Stelle.
»Also gut«, sagte Nutt. »Vielleicht war das alles
ja nur ein unglückliches Missverständnis. Ich
lockere meinen Griff jetzt so weit, Andy, dass Sie
das Messer fallen lassen können, wenn's recht
ist.«
Andy holte pfeifend Luft, als das Buschmesser
auf die Steine fiel.
»Wenn Sie uns jetzt entschuldigen würden,
Meister Trev und ich müssen noch ein Stück
weiter.«
»Nimm das verdammte Messer! Lass das
Messer nicht da liegen«, sagte Trev.
»Ich bin sicher, dass uns Herr Andy nicht
verfolgen wird«, sagte Nutt.
»Bist du völlig bescheuert?« Trev langte nach
unten, hob das Buschmesser auf und sagte:
»Lass ihn los, dann verziehen wir uns.«
»In Ordnung«, erwiderte Nutt. Er musste noch
ein bisschen fester zugedrückt haben, denn Andy
ging zitternd in die Knie.
Trev zog Nutt weiter und ging mit ihm durch
das Menschengewühl der Innenstadt. »Das war
ja mal wieder Andy, wie man ihn kennt!«,
schnaubte er. »Logik darf man bei dem nicht er-
warten. Man darf nicht einmal damit rechnen,
dass er >aus seinen Fehlern lernt<. Wenn Andy
hinter dir her ist, darfst du nicht auf Vernunft
setzen. Kapiert? Du darfst nicht mal mit ihm re-
den, als wäre er ein menschliches Wesen. Aber
jetzt sieh zu, dass du mich nicht verlierst.«
KUCKUCK!