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34 Epidemiologisches
2021 Bulletin
26. August 2021
Inhalt
Aus Gründen der klareren Zuordnung wird die STIKO beginnend mit 2022 ihre Empfehlungen jeweils am
Anfang eines Jahres veröffentlichen. Die hier vorliegenden STIKO-Impfempfehlungen sollen wie in den letz-
ten Jahren als „Ausgabe 2021“ im Heft 34 des Epidemiologischen Bulletins den Übergang zu diesem neuen
Veröffentlichungszyklus herstellen.
Impressum
Herausgeber Allgemeine Hinweise/Nachdruck
Robert Koch-Institut Die Ausgaben ab 1996 stehen im Internet zur Verfügung:
Nordufer 20, 13353 Berlin www.rki.de/epidbull
Telefon 030 18754 – 0
Inhalte externer Beiträge spiegeln nicht notwendigerweise
Redaktion die Meinung des Robert Koch-Instituts wider.
Dr. med. Jamela Seedat
Dr. med. Maren Winkler (Vertretung) Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons
Telefon: 030 18754 – 23 24 Namensnennung 4.0 International Lizenz.
E-Mail: SeedatJ@rki.de
Das Robert Koch-Institut ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit.
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Inhaltsverzeichnis
▶▶ Erheben der Anamnese und der Impfanamnese tion von Impfstoffen sind die Fachinformationen
einschließlich der Befragung über das Vorliegen der jeweiligen Impfstoffe zu beachten. Für einen
möglicher Kontraindikationen lang dauernden Impfschutz ist es von besonderer
▶▶ Feststellen des aktuellen Gesundheitszustands Bedeutung, dass bei der Grundimmunisierung der
zum Ausschluss akuter Erkrankungen empfohlene Mindestabstand zwischen vorletzter
▶▶ Empfehlungen über Verhaltensmaßnahmen im und letzter Impfung nicht unterschritten wird.
Anschluss an die Impfung
▶▶ Aufklärung über Beginn und Dauer der Für die Impfprophylaxe genutzt werden sollen ins-
Schutzwirkung besondere die Früherkennungsuntersuchungen für
▶▶ Hinweise zu Auffrischimpfungen Säuglinge und Kinder (U1 – U9 sowie evtl. U10 und
▶▶ Dokumentation der Impfungen im Impfausweis U11), die Schuleingangsuntersuchung, Schulunter-
bzw. Ausstellen einer Impfbescheinigung suchungen, die Jugendgesundheitsuntersuchungen
(J1 und evtl. J2), die Untersuchungen nach dem
Jugendarbeitsschutzgesetz und die Vorsorgeunter-
2. Impfkalender suchungen im Erwachsenenalter, sowie die Routine
Der Impfkalender für Säuglinge, Kinder, Jugendliche untersuchungen von Müttern innerhalb der ersten
und Erwachsene (s. Tab. 1, S. 6) umfasst Impfungen 6 – 8 Wochen nach der Entbindung. Die im Impf
zum Schutz vor Tetanus (T), Diphtherie (D/d), kalender empfohlenen Standardimpfungen sollten
Pertussis (aP/ap), Haemophilus influenzae Typ b (Hib), auch alle Personen mit chronischen Krankheiten
Poliomyelitis (IPV), Hepatitis B (HB), Herpes zoster erhalten, sofern keine spezifischen Kontraindika
(HZ), Pneumokokken, Rotaviren (RV), Meningo tionen vorliegen.
kokken C (MenC), Masern, Mumps, Röteln (MMR),
Varizellen (V) sowie gegen humane Papillomviren Wegen der besonderen Gefährdung in der frühen
(HPV) und Influenza. Kindheit ist es notwendig, empfohlene Impfungen
für Säuglinge möglichst frühzeitig durchzuführen
Das empfohlene Impfalter wird in Wochen, Mona- und spätestens bis zum Alter von 15 Monaten die
ten und Jahren angegeben. Beispiel: Impfung im Al- Grundimmunisierungen zu vollenden. Erfahrun-
ter von 5 – 6 Jahren: d. h. vom 5. Geburtstag bis zum gen zeigen, dass Impfungen, die später als empfoh-
Tag vor dem 7. Geburtstag. Die Impfungen s ollten len begonnen wurden, häufig nicht zeitgerecht fort-
zum frühestmöglichen Zeitpunkt erfolgen. Soweit gesetzt werden. Bis zur Feststellung und Schlie-
Kombinationsimpfstoffe verfügbar sind und Emp- ßung von Impflücken, z. B. bei der Schuleingangs-
fehlungen der STIKO dem nicht entgegenstehen, untersuchung, verfügen unzureichend geimpfte
sollten Kombinationsimpfstoffe verwendet werden, Kinder nur über einen mangelhaften Impfschutz.
um die Zahl der Injektionen möglichst gering zu Vor dem Eintritt in eine Gemeinschaftseinrichtung,
halten. Die Überprüfung und ggf. Vervollständi- spätestens aber vor dem Schuleintritt, ist für einen
gung des Impfstatus ist in jedem Lebensalter sinn- altersentsprechenden vollständigen Impfschutz
voll. Fehlende Impfungen sollten sofort nachgeholt Sorge zu tragen.
werden, entsprechend den Empfehlungen für das
jeweilige Lebensalter. Es ist zu beachten, dass be-
stimmte Impfungen nur in einem bestimmten Zeit-
fenster möglich bzw. empfohlen sind. Die RV-Imp-
fung muss bis zum Alter von 24 bzw. 32 Lebens
wochen abgeschlossen sein. Die Kinderimpfung
gegen Pneumokokken wird nur bis zum 2. Geburts-
tag und die Hib-Impfung nur bis zum 5. Geburtstag
nachgeholt.
Impfung Alter in
Alter in Monaten Alter in Jahren
Wochen
Rotaviren G1 a
G2 (G3)
Tetanusb G1 G2 G3c A1 A2 Ae
Diphtherieb G1 G2 G3c A1 A2 Ae
34 | 2021
Pertussisb G1 G2 G3c A1 A2 A3e
Poliomyelitisb G1 G2 G3c A1
Hepatitis Bb G1 G2 G3c
Meningokokken C G1
Masern G1 G2 Sf
Mumps, Röteln G1 G2
Varizellen G1 G2
Influenza S (jährlich)
Empfohlener Impfzeitpunkt a Erste Impfstoffdosis bereits ab dem Alter von 6 Wochen, je nach verwendetem Impfstoff 2 bzw. 3 Impfstoffdosen im Abstand von mind. 4 Wochen
b Frühgeborene: zusätzliche Impfstoffdosis im Alter von 3 Monaten, d. h. insgesamt 4 Impfstoffdosen
c Mindestabstand zur vorangegangenen Impfstoffdosis: 6 Monate
Nachholimpfzeitraum für Grund- bzw. Erstim- d Zwei Impfstoffdosen im Abstand von mind. 5 Monaten, bei Nachholimpfung beginnend im Alter ≥ 15 Jahren oder bei einem Impfabstand von
munisierung aller noch nicht Geimpften bzw. für < 5 Monaten z wischen 1. und 2. Dosis ist eine 3. Dosis erforderlich
Komplettierung einer unvollständigen Impfserie e Td-Auffrischimpfung alle 10 Jahre. Nächste fällige Td-Impfung einmalig als Tdap- bzw. bei entsprechender Indikation als Tdap-IPV-Kombinations-
impfung
f Einmalige Impfung mit einem MMR-Impfstoff für alle nach 1970 geborenen Personen ≥ 18 Jahre mit unklarem Impfstatus, ohne Impfung oder
Erläuterungen mit nur einer Impfung in der Kindheit
G Grundimmunisierung (in bis zu 3 Teilimpfungen G1 – G3) g Impfung mit dem 23-valenten Polysaccharid-Impfstoff
6
A Auffrischimpfung h Zweimalige Impfung mit dem adjuvantierten Herpes-zoster-Totimpfstoff im Abstand von mindestens 2 bis maximal 6 Monaten
S Standardimpfung * Impfungen können auf mehrere Impftermine verteilt werden. MMR und V können am selben Termin oder in 4-wöchigem Abstand gegeben werden
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Neben den Standardimpfungen (S) können auch In- Die in Tabelle 2 (S. 8 ff.) genannten Impfungen un-
dikationsimpfungen (I) bei besonderer epidemio terscheiden sich sowohl hinsichtlich ihrer epide-
logischer Situation oder Gefährdung für Kinder, Ju- miologischen Bedeutung als auch hinsichtlich ihrer
gendliche und Erwachsene indiziert sein. Bei den Kostenübernahme (s. Hinweise zur Kostenübernah-
Impfungen der Kategorien B (Impfungen aufgrund me von Schutzimpfungen, S. 38); sie werden in fol-
eines beruflichen bzw. arbeitsbedingten Risikos) gende Kategorien eingeteilt:
und R (Reiseimpfungen) handelt es sich um Son-
derfälle einer Indikationsimpfung. Reiseimpfungen S
Standardimpfungen mit allgemeiner Anwen-
können aufgrund der internationalen Gesundheits- dung (s. a. Impfkalender, Tab. 1, S. 6)
vorschriften (z. B. Gelbfieber-Impfung) erforderlich
sein oder werden zum individuellen Schutz emp- A Auffrischimpfungen
fohlen.
I
Indikationsimpfungen für Risikogruppen bei in-
Die Empfehlung über Art und zeitliche Reihenfolge dividuell (nicht arbeitsbedingt) erhöhtem Expo-
der Impfungen gehört zu den ärztlichen Aufgaben sitions-, Erkrankungs- oder Komplikationsrisiko
und ist im Einzelfall unter Abwägung der Indika sowie zum Schutz Dritter
tion und gegebenenfalls bestehender Kontraindika-
tionen zu treffen. B Impfungen aufgrund eines erhöhten beruflichen
bzw. arbeitsbedingten Risikos, z. B. nach Gefähr-
dungsbeurteilung gemäß Arbeitsschutzgesetz
(ArbSchG)/Bios toffverordnung (BioStoffV)/
Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge
(ArbMedVV) und/oder zum Schutz Dritter im
Rahmen der beruflichen Tätigkeit
Neben den von der STIKO empfohlenen Imp-
fungen sind auf der Basis der existierenden R Impfungen aufgrund von Reisen
Impfstoff-Zulassungen weitere „Impfindika
tionen“ möglich, auf die nachfolgend nicht einge
gangen wird, die aber für einzelne Personen,
ihrer individuellen (gesundheitlichen) S
ituation
entsprechend, sinnvoll sein können. Es liegt in
der ärztlichen Verantwortung, PatientInnen auf
diese weiteren Schutzmöglichkeiten hinzuweisen.
Insofern ist eine fehlende STIKO-Empfehlung
kein Hindernis für eine begründete Impfung.
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(Fortsetzung Tabelle 2)
(Fortsetzung Tabelle 2)
Die Impfung mit dem Herpes-zoster-Lebendimpfstoff s. a. Kapitel 3.2 (s. S. 14)
wird nicht als Standardimpfung empfohlen.
Humane s. S. 18
Papillom-
viren (HPV)
Influenza S Personen ≥ 60 Jahre Jährliche Impfung im Herbst mit einem inaktivierten
quadrivalenten Hochdosis-Impfstoff mit aktueller von
der WHO empfohlener Antigenkombination.
I Alle Schwangeren ab 2. Trimenon, bei erhöhter Impfung mit einem inaktivierten quadrivalenten
gesundheitlicher Gefährdung infolge einer Grund Impfstoff mit aktueller von der WHO empfohlener
erkrankung ab 1. Trimenon. Antigenkombination.
Personen ≥ 6 Monate mit erhöhter gesundheitlicher Jährliche Impfung im Herbst mit einem inaktivierten
Gefährdung infolge eines Grunderkrankung, wie z. B.: quadrivalenten Impfstoff mit aktueller von der WHO
▶▶ chronische Erkrankung der Atmungsorgane empfohlener Antigenkombination.
(inklusive Asthma bronchiale und COPD) Kinder und Jugendliche im Alter von 2 – 17 Jahren
▶▶ chronische Herz-Kreislauf-, Leber- und Nieren
können alternativ mit einem attenuierten Influenza-
erkrankung Lebendimpfstoff (LAIV) geimpft werden, sofern keine
▶▶ Diabetes mellitus und andere Stoffwechselerkrankung
Kontraindikation besteht (s. Fachinformation). Bei
▶▶ chronische neurologische Erkrankungen,
Hindernissen für eine Injektion (z. B. Spritzenphobie,
z. B. Multiple Sklerose mit durch Infektionen Gerinnungsstörungen) sollte präferenziell LAIV
getriggerten Schüben verwendet werden.
▶▶ Personen mit angeborener oder erworbener
Immundefizienz Für Personen ≥ 60 Jahren werden inaktivierte
▶▶ HIV-Infektion quadrivalente Hochdosis-Impfstoffe empfohlen.
Wenn eine schwere Epidemie aufgrund von Erfahrungen Entsprechend den Empfehlungen der Gesundheitsbehör-
in anderen Ländern oder nach deutlichem Antigendrift den (Pandemiepläne der Bundesländer: www.rki.de/
bzw. einem Antigenshift zu erwarten ist und der Impf- pandemieplanung > Pandemiepläne der Bundesländer.
stoff die neue Variante enthält.
B Personen mit erhöhter Gefährdung, z. B. medizinisches Jährliche Impfung im Herbst mit einem inaktivierten
Personal, Personen in Einrichtungen mit umfangreichem quadrivalenten Impfstoff mit aktueller von der WHO
Publikumsverkehr sowie Personen, die als mögliche empfohlener Antigenkombination.
Infektionsquelle für von ihnen betreute Risikopersonen Für Personen ≥ 60 Jahren werden inaktivierte
fungieren können. quadrivalente Hochdosis-Impfstoffe empfohlen.
Personen mit erhöhter Gefährdung durch direkten Kontakt
zu Geflügel und Wildvögeln.*
* Eine Impfung mit saisonalen humanen Influenza-Impfstoffen erfolgt nicht primär zum Schutz vor Infektionen durch den Erreger der
aviären Influenza, sie kann jedoch Doppelinfektionen mit den aktuell zirkulierenden Influenzaviren verhindern
(s. a. TRBA 608 des ABAS unter https://www.baua.de/DE/Angebote/Rechtstexte-und-Technische-Regeln/Regelwerk/TRBA/TRBA.html).
R/I Für Reisende ab 60 Jahren und die unter I (Indikations- Impfung mit einem quadrivalenten Impfstoff mit aktueller
impfung) genannten Personengruppen, die nicht über von der WHO empfohlener, Antigenkombination.
einen aktuellen Impfschutz verfügen, ist die Impfung
generell empfehlenswert. Für Personen ≥ 60 Jahren werden inaktivierte
Weitere Informationen s. Reiseimpfempfehlungen der quadrivalente Hochdosis-Impfstoffe empfohlen.
STIKO.
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(Fortsetzung Tabelle 2)
(Fortsetzung Tabelle 2)
Meningo- R Vor Pilgerreise nach Mekka (Hadj, Umrah). Weitere Impfung mit Meningokokken-ACWY-Konjugat-Impfstoff
kokken- Informationen s. Reiseimpfempfehlungen der STIKO. (s. S. 21; Einreisebestimmungen beachten).
Infektionen
(Fortsetzung) SchülerInnen/Studierende vor Langzeitaufenthalten in Entsprechend den Empfehlungen der Zielländer.
Ländern mit empfohlener allgemeiner Impfung für
Jugendliche oder selektiver Impfung für SchülerInnen/
Studierende. Weitere Informationen s. Reiseimpfempfeh-
lungen der STIKO.
Pertussis S/A Erwachsene sollen die nächste fällige Td-Impfung Tdap-Kombinationsimpfstoff, bei entsprechender
einmalig als Tdap-Kombinationsimpfung erhalten. Indikation Tdap-IPV-Kombinationsimpfstoff
(zu verfügbaren Impfstoffen s. a. Tab. 11, S. 54 f.).
* Ist die in der Schwangerschaft empfohlene Impfung nicht erfolgt, sollte die Mutter bevorzugt in den ersten Tagen nach der Geburt
geimpft werden.
(Fortsetzung Tabelle 2)
Pneumo- I 2. Sonstige chronische Krankheiten, 2. Personen ab dem Alter ≥ 16 Jahren erhalten eine
kokken- wie z. B.: Impfung mit PPSV23. Personen im Alter ≥ 2 – 15
Krank- ▶▶ chronische Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Erkran- Jahren erhalten eine sequenzielle Impfung mit PCV13,
heiten kungen der Atmungsorgane, z. B. Asthma bronchiale , gefolgt von PPSV23 nach 6 – 12 Monaten.* *
(Fortsetzung) Lungenemphysem, COPD
▶▶ Stoffwechselkrankheiten, z. B. mit oralen Medikamen-
ten oder Insulin-behandeltem Diabetes mellitus
▶▶ neurologische Krankheiten, z. B. Zerebralparesen oder
Anfallsleiden
3. Anatomische und fremdkörperassoziierte Risiken 3. Sequenzielle Impfung mit PCV13, gefolgt von PPSV23
für Pneumokokken-Meningitis, nach 6 – 12 Monaten, wobei PPSV23 erst ab dem Alter
wie z. B.: ≥ 2 Jahren gegeben werden soll.* *
▶▶ Liquorfistel
▶▶ Cochlea-Implantat*
B Berufliche Tätigkeiten wie Schweißen und Trennen von Impfung mit PPSV23 und Wiederholungsimpfung mit
Metallen, die zu einer Exposition gegenüber Metall- PPSV23 mit einem Mindestabstand von 6 Jahren,
rauchen einschließlich metalloxidischen Schweiß- solange die Exposition andauert.
rauchen führen.
Polio- S/A Alle Personen bei fehlender oder unvollständiger Als vollständig geimpft gelten Personen, die eine
myelitis Grundimmunisierung. komplette Grundimmunisierung und eine einmalige
Alle Personen ohne einmalige Auffrischimpfung. Auffrischimpfung erhalten haben.
Ausstehende oder nicht dokumentierte Impfungen sollen
entsprechend den Angaben in den Fachinformationen
mit IPV nachgeholt werden.
Darüber hinaus wird eine weitere routinemäßige
Auffrischimpfung für Erwachsene in Deutschland
nicht empfohlen.
I Für folgende Personengruppen ist eine Impfung indiziert: Personen ohne Nachweis einer Grundimmunisierung
▶▶ Reisende in Regionen mit Infektionsrisiko durch sollten vor Reisebeginn wenigstens 2 IPV-Impfstoff-
Wild-Poliomyelitis-Virusstämme (WPV) oder durch dosen in 4-wöchigem Abstand erhalten.
einen mutierten Impfvirusstamm (circulating vaccine- Ausstehende oder nicht dokumentierte Impfstoffdosen,
derived poliomyelitisvirus [cVDPV]) (die aktuelle epide- die für einen vollständigen Schutz empfohlen sind,
mische Situation ist zu beachten, insbesondere die sollen mit IPV nachgeholt werden.
Meldungen der WHO)
▶▶ AussiedlerInnen, Flüchtlinge und Asylsuchende, die in Für bestimmte Länder hat die WHO bei einem
Gemeinschaftsunterkünften leben, bei der Einreise aus Aufenthalt > 4 Wochen verschärfte Empfehlungen
Gebieten mit Infektionsrisiko s. Kapitel 4.11 (S. 35 ff.) ausgesprochen, z. T. mit Nachweispflicht, s. auch
www.who.int/ihr/ihr_ec_2014/en
Weitere Information s. Reiseimpfempfehlungen der
STIKO. Bei einem Aufenthalt < 4 Wochen in Afghanistan oder
Pakistan wird eine Poliomyelitis-Auffrischimpfung
empfohlen, wenn die letzte Impfstoffdosis vor mehr als
10 Jahren verabreicht worden ist.
B ▶▶ Personal der oben genannten Einrichtungen Ausstehende oder nicht dokumentierte Impfungen der
▶▶ medizinisches Personal, das engen Kontakt zu Grundimmunisierung sollen mit IPV nachgeholt werden.
Erkrankten haben kann Bei Personen mit weiter bestehendem Expositionsrisiko
▶▶ Personal in Laboren mit Infektionsrisiko sollten Auffrischimpfungen alle 10 Jahre erfolgen.
Röteln I Ungeimpfte Frauen oder Frauen mit unklarem Impfstatus Zweimalige Impfung mit einem MMR-Impfstoff.
im gebärfähigen Alter.43
Einmal geimpfte Frauen im gebärfähigen Alter.43 Einmalige Impfung mit einem MMR-Impfstoff.
Tetanus S/A Alle Personen bei fehlender oder unvollständiger Erwachsene erhalten eine Td-Kombinationsimpfung, ggf.
Grundimmunisierung, wenn die letzte Impfstoffdosis der bei entsprechender Indikation einmalig als Tdap- oder als
Grundimmunisierung oder die letzte Auffrischimpfung Tdap-IPV-Kombinationsimpfung.
länger als 10 Jahre zurückliegt. Eine begonnene Grundimmunisierung wird vervoll-
ständigt, Auffrischimpfungen in 10-jährigem Intervall.
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(Fortsetzung Tabelle 2)
Typhus R Bei Reisen in Endemiegebiete mit Aufenthalt unter Nach Angaben in den Fachinformationen.
schlechten hygienischen Bedingungen.
Weitere Informationen s. Reiseimpfempfehlungen der
STIKO.
* „Empfängliche Personen“ bedeutet: keine Impfung und anamnestisch keine Varizellen oder bei serologischer Testung kein Nachweis
spezifischer Antikörper.
verfügbaren Evidenz festgelegt, dass in den meisten ten nicht unterschritten werden. Wird eine Hib-Imp-
Fällen nach einmaliger Gelbfieber-Impfung von ei- fung im Alter von 1 – 4 Jahren nachgeholt, reicht eine
nem lebenslangen Schutz auszugehen ist (Strategic einmalige Impfung. Ab einem Alter ≥ 5 Jahren ist
Advisory Group of Experts on immunization
eine Hib-Impfung nur in Ausnahmefällen indiziert
[SAGE]: Working Group. Background Paper on Yel- (s. Tab. 2, S. 8, bei funktioneller oder anatomischer
low Fever Vaccine, 19 March 2013). Die Gültigkeit ei- Asplenie). Monovalente Hib-Impfstoffe (Act-Hib,
nes internationalen Zertifikates für eine Gelbfieber- Hiberix) werden aktuell in Deutschland nicht ver-
Impfung wurde von 10 Jahren auf lebenslang geän- marktet, sind jedoch über Apotheken aus dem Aus-
dert. Dies betrifft sowohl bereits ausgestellte als land bestellbar.
auch neue Gelbfieber-Impfzertifikate.
Hepatitis A
Eine Liste der Länder mit der Gefahr einer Zugelassen zur Impfung gegen Hepatitis A sind in
Gelbfieberübertragung und der Länder, die bei Ein- Deutschland monovalente Impfstoffe (Havrix 720
reise den Nachweis einer Gelbfieber-Impfung ver- Kinder bzw. Havrix 1440, VAQTA Kinder, VAQTA,
langen, stellt die WHO zur Verfügung: HAVpur) und Kombinationsimpfstoffe (VIATIM
(www.who.int > Health Topic’s > yellow fever; mit Typhus und Twinrix Kinder/Erwachsene mit
www.who.int/ith/ITH_Annex_I.pdf?ua=1). Hepatitis B). Twinrix Kinder ist für das Alter ≥ 1 bis
< 15 Jahren zugelassen. Bei beiden Formulierungen
Folgenden Personengruppen wird bei Reiseindi des Twinrix-Impfstoffs ist zu beachten, dass eine
kation eine Auffrischimpfung empfohlen, da bei ih- einzelne Dosis noch keinen ausreichenden Schutz
nen die Immunantwort abgeschwächt sein kann (z. B. vor einer Reise) gewährleistet, da nur halb so
und deshalb nach einmaliger Impfung möglicher- viel Hepatitis-A-Antigen wie in den monovalenten
weise kein lebenslanger Schutz besteht: (1) Kinder, Hepatitis-A-Impfstoffen enthalten ist. Erst nach der
die im Alter von < 2 Jahren erstmals geimpft wur- 2. Dosis des Kombinationsimpfstoffs kann von
den, insbesondere solche, die gleichzeitig zur Gelb- einem ca. 1 Jahr andauernden Schutz für Hepatitis A
fieber-Impfung eine MMR-Impfung erhalten hatten, ausgegangen werden. Die 3. Impfstoffdosis nach
(2)
Frauen, die während der Schwangerschaft 6 (– 12) Monaten verleiht einen anhaltenden
geimpft wurden, (3) HIV-Infizierte, siehe auch die Hepatitis-A-Schutz. Bei Erwachsenen kann für die
ausführliche wissenschaftliche Begründung zur Än- Twinrix-Kombinationsimpfung bei nicht ausrei-
derung der Gelbfieber-Impfempfehlung im Epid chender Zeit für eine reguläre Erstimmunisierung
Bull 35/2015. 3 Weitere Informationen s. Reiseimpf vor einer Reise ein verkürztes Schema (0, 7, 21 d)
empfehlungen der STIKO. angewendet werden. Dabei ist zu beachten, dass
eine 4. Impfstoffdosis nach 12 Monaten notwendig
Haemophilus influenzae Typ b (Hib) ist, um die Impfserie abzuschließen. Bei Verwen-
Für die Grundimmunisierung von Reifgeborenen dung eines monovalenten Hepatitis-A-Impfstoffs
sind im Säuglingsalter drei Impfstoffdosen im Alter oder des Kombinationsimpfstoffs mit Typhus (Zu-
von 2, 4 und 11 Monaten empfohlen (s. Epid Bull lassung bei Letztgenanntem ab ≥ 16 Jahren) besteht
26/2020). Es ist sinnvoll diese Impfungen mit bereits nach der 1. Dosis ein vollumfänglicher
einem Kombinationsimpfstoff (z. B. DTaP-IPV- Schutz für ca. ein Jahr. Hier ist zur Vervollständi-
Hib-HepB) durchzuführen, der gleichzeitig gegen gung der Grundimmunisierung bzw. für einen lang
Tetanus, Diphtherie, Keuchhusten, Kinderlähmung, anhaltenden Schutz eine 2. Impfstoffdosis nach
Haemophilus influenzae Typ b und Hepatitis B einem Mindestabstand von 6 – 12 Monaten notwen-
schützt. Für Frühgeborene (Geburt vor der vollende- dig. Für die postexpositionelle Prophylaxe sollte nur
ten 37. Schwangerschaftswoche) sind 4 Impfstoff der monovalente Impfstoff verwendet werden. Bei ei-
dosen im chronologischen Alter von 2, 3, 4 und ner Exposition von Personen, für die eine Hepatitis A
11 Monaten empfohlen. ein besonderes Risiko darstellt, kann zeitgleich mit
der ersten Impfstoffdosis ein Immunglobulinpräpa-
Zwischen der letzten und vorletzten Dosis des jewei- rat gegeben werden.
ligen Impfschemas sollte ein Abstand von 6 Mona-
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Die Impfung gegen HPV sollte auch als Gelegen- gruppe können die inaktivierten Impfstoffe oder
heit genutzt werden, andere für Jugendliche emp- die Lebendvakzine verwendet werden. Bei Hinder-
fohlene Impfungen zu vervollständigen. Zur gleich- nissen für eine Injektion (z. B. Spritzenphobie, Ge-
zeitigen Gabe mit anderen Impfstoffen verweist die rinnungsstörungen) sollte präferenziell LAIV4 ver-
STIKO auf die jeweiligen Fachinformationen. wendet werden. Die jährliche Impfung wird auch
dann empfohlen, wenn die Antigenzusammenset-
Personen ≥ 18 Jahre ohne bisherige HPV-Impfung, zung des Impfstoffs gegenüber der vorhergehen-
können ebenfalls von einer Impfung gegen HPV den S
aison unverändert ist.
profitieren, jedoch ist die Wirksamkeit der Impfung
bei nicht HPV-naiven Personen reduziert. Es liegt in Japanische Enzephalitis
der ärztlichen Verantwortung, nach individueller Derzeit ist in Deutschland nur der inaktivierte adju-
Prüfung der Impfindikation PatientInnen auf der vantierte Totimpfstoff IXIARO zugelassen. Eine
Basis der Impfstoffzulassung darauf hinzuweisen. Impfung gegen das Japanische Enzephalitis Virus
Die Kostenübernahme muss individuell geklärt (JEV) ist vor Aufenthalten in Endemiegebieten wäh-
werden. rend der Übertragungszeit empfohlen, insbesonde-
re wenn die in Tabelle 2 (S. 11) unter R genannten
Geimpfte Personen sind darauf hinzuweisen, dass Bedingungen vorliegen.
die Impfung mit den aktuell verfügbaren Impfstof-
fen nicht gegen alle potenziell onkogenen HPV- Die Grundimmunisierung besteht bei Erwachsenen
Typen schützt. Frauen sollen deshalb die Früherken- aus 2 Dosen à 0,5 ml im Abstand von 4 Wochen oder
nungsuntersuchungen zum Gebärmutterhalskrebs im Abstand von 1 Woche (Schnellschema: Tag 0 und
weiterhin in Anspruch nehmen. Die wissenschaft Tag 7, zugelassen für die Anwendung ≥ 18 bis ≤ 65
liche Begründung zur Empfehlung der HPV- Jahren). Bei Kindern im Alter von ≥ 2 Monaten bis
Impfung für Jungen ist – ergänzend zu den Begrün- < 3 Jahren werden 2 Dosen à 0,25 ml im Abstand
dungen zur Änderung des Impfalters (Epid Bull von 4 Wochen verabreicht. Ab einem Alter von
35/2014)10 zur Begründung der HPV-Impfung für ≥ 3 Jahren werden volle Impfstoffdosen à 0,5 ml
Mädchen (Epid Bull 12/2007)12 und der Bewertung gegeben.
der Impfung (Epid Bull 32/2009)11 – im Epid Bull
26/2018 9 veröffentlicht. Bei einem fortgesetzten Expositionsrisiko wird
die 1. Auffrischimpfung 12 – 24 Monate nach der
Influenza Grundimmunisierung verabreicht und eine 2. Auf
Die jährliche Impfung im Herbst ist als Standard frischimpfung bei weiterhin bestehender Indika
impfung für alle Personen ≥ 60 Jahre sowie als In- tion 10 Jahre nach der 1. Auffrischung (s. Epid Bull
dikationsimpfung bei bestimmten Personengrup- 18/2020) 20 empfohlen.
pen (s. Tab. 2, S. 10) empfohlen. Verwendet werden
soll ein quadrivalenter Impfstoff mit aktueller von Masern
der WHO empfohlener Antigenkombination (Epid Ein monovalenter Masern-Impfstoff ist in Deutsch
Bull 2/2018).14 Aufgrund einer geringfügigen, aber land nicht mehr erhältlich. Für die Grundimmuni-
signifikanten Überlegenheit der Impfeffektivität sierung gegen Masern werden 2 Impfstoffdosen ei-
bei älteren Menschen wird für alle Personen ≥ 60 nes Kombinationsimpfstoffs (MMR-Impfstoff) im
Jahre ein quadrivalenter Hochdosis-Impfstoff mit Alter von 11 und 15 Monaten verabreicht. Hierbei ist
aktueller von der WHO empfohlener Antigenkom- ein Mindestabstand von 4 Wochen zwischen den
bination empfohlen (Epid Bull 1/2021).13 Neben den beiden Impfstoffdosen einzuhalten.
quadrivalenten inaktivierten Vakzinen (IIV4) zur
Injektion, die je nach Impfstoffhersteller für ver- In folgenden Situationen kann die 1. MMR-Impfung
schiedene Altersgruppen zugelassen sind, ist für unter Berücksichtigung der gegebenen epidemiolo-
die Altersgruppe 2 – 17 Jahre auch eine quadri- gischen Situation bereits ab einem Alter von ≥ 9 Mo-
valente attenuierte Lebendvakzine (LAIV4) zur nate erfolgen:
nasalen A
pplikation zugelassen. In dieser Alters-
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2021 26. August 2021 20
mit angeborener oder erworbener Immundefizienz) Konjugatimpfstoffe sind in Deutschland ab dem Al-
zusätzlich zu einer Impfung gegen Meningokokken ter von ≥ 6 Wochen (Nimenrix) bzw. ab dem Alter
der Serogruppen A, C, W und Y auch eine MenB- von ≥ 12 Monaten (MenQuadfi) bzw. ab dem Alter
Impfung (s. Tab. 2, S. 11). Es liegen keine Daten zur von ≥ 2 Jahren (Menveo) zugelassen.
Wirksamkeit der MenB-Impfung bei diesen Perso-
nen vor; in einer kleineren Studie war die Immuno- Mumps
genität jedoch bei Kindern und Jugendlichen mit Ein monovalenter Mumps-Impfstoff ist in Deutsch-
Komplementdefekten geringer als bei gesunden land nicht mehr erhältlich. Für die Grundimmuni-
oder asplenischen Probanden. Zudem ist das Risi- sierung gegen Masern werden 2 Impfstoffdosen ei-
ko, an einer invasiven Meningokokken-Infektion zu nes Kombinationsimpfstoffs (MMR-Impfstoff) im
erkranken je nach Grundkrankheit unterschiedlich Alter von 11 und 15 Monaten verabreicht. Hierbei ist
hoch, wie in der „Wissenschaftlichen Begründung ein Mindestabstand von 4 Wochen zwischen den
für die Aktualisierung der Meningokokken-Impf beiden Impfstoffdosen einzuhalten. Eine bereits be-
empfehlung“ detailliert ausgeführt wird (s. Epid stehende Immunität gegen einen oder zwei der ent-
Bull 37/2015). 24 haltenen Erreger des Impfstoffs stellt keine Kon-
traindikation für die Impfung dar.
Somit sollte die Entscheidung für eine MenB-Imp-
fung nach individueller Risikoabschätzung getrof- Zusätzlich ist die zweimalige MMR-Impfung für
fen werden. nach 1970 geborene Personen in besonderen beruf-
lichen Tätigkeitsbereichen indiziert. Hierzu zählt
Meningokokken C (MenC) das Personal in medizinischen Einrichtungen, Ein-
Empfohlen ist die Impfung gegen Meningokokken richtungen der Pflege, Gemeinschaftseinrich
der Serogruppe C mit einer Impfstoffdosis eines tungen, Einrichtungen zur gemeinschaftlichen
konjugierten Meningokokken-C-Impfstoffs für alle Unterbringung von AsylbewerberInnen, Ausreise-
Kinder im Alter von ≥ 12 Monaten, da unter Klein- pflichtigen, Flüchtlingen und Spätaussiedlern,
kindern die meisten Erkrankungen auftreten. sowie in Fach-, Berufs- und Hochschulen (s. Epid
Verfügbare MenC-Konjugatimpfstoffe sind ab dem Bull 2/2020) .23
Alter von ≥ 2 Monaten zugelassen.
Pertussis
Ein zweiter niedrigerer Inzidenzgipfel der Erkran- Säuglingsimpfung: In Anbetracht der epidemiolo-
kung besteht in Deutschland bei Jugendlichen. Eine gischen Pertussis-Situation in Deutschland und der
ausführliche Begründung der Impfempfehlung fin- Schwere des klinischen Verlaufs einer Pertussis-
det sich im Epid Bull 31/2006.28 Eine fehlende Imp- Erkrankung im Säuglingsalter ist es dringend gebo-
fung soll bis zum 18. Geburtstag nachgeholt werden. ten, mit der Grundimmunisierung der Säuglinge
Eine Auffrischimpfung wird derzeit nicht von der und Kleinkinder zum frühestmöglichen Zeitpunkt,
STIKO empfohlen. Zusätzlich zu diesen Hinweisen d. h. unmittelbar nach Vollendung des 2. Lebens
sind die Empfehlungen zur Impfung von Risiko monats, zu beginnen und sie zeitgerecht fortzufüh-
personen (s. Tab. 2, S. 1111) zu beachten. ren. Für die Grundimmunisierung von Reifgebore-
nen im Säuglingsalter sind drei Impfungen im Al-
Meningokokken ACWY (MenACWY) ter von 2, 4 und 11 Monaten empfohlen (s. Epid Bull
Bei bestimmten Indikationen, z. B. bei Personen 26/2020). 2 Es ist sinnvoll diese Impfungen mit ei-
mit angeborener oder erworbener Immundefizienz nem Kombinationsimpfstoff durchzuführen, der
oder bei Reisenden (s. Tab. 2, S. 1111 und Tab. 6, S. 41), gleichzeitig gegen Tetanus, Diphtherie, Keuchhus-
ist eine Meningokokken-Impfung gegen die Sero- ten, Kinderlähmung, Haemophilus influenzae Typ b
gruppen ACWY empfohlen. Für Kinder und Ju- und Hepatitis B schützt. Für Frühgeborene (Geburt
gendliche, die bisher noch keine MenC-Impfung be- vor der vollendeten 37. Schwangerschaftswoche)
kommen haben und aufgrund einer Indikation sind 4 Impfstoffdosen im chronologischen Alter
(z. B. Reise) eine ACWY-Impfung erhalten, ist keine von 2, 3, 4 und 11 Monaten empfohlen.
weitere MenC-Impfung erforderlich. Die ACWY-
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2021 26. August 2021 22
Zwischen der letzten und vorletzten Dosis des je- des sollte überprüft werden, ob ein adäquater Im-
weiligen Impfschemas zur Grundimmunisierung munschutz (Impfung innerhalb der vergangenen
sollte ein Abstand von 6 Monaten nicht unterschrit- 10 Jahre) gegen Pertussis für enge Haushaltskon-
ten werden. taktpersonen und Betreuende des Neugeborenen
Auffrischimpfungen sind mit 5 – 6 Jahren und (s. Tab. 2, S. 12) besteht.
9 – 16 Jahren empfohlen. Ab dem Alter von ≥ 5 – 6
Jahren werden sowohl zur Auffrischimpfung als Pneumokokken
auch für eine ggf. nachzuholende Grundimmuni- Säuglingsimpfung: Für die Grundimmunisierung
sierung Impfstoffe mit reduziertem Pertussis-Anti- von reifgeborenen Säuglingen bis zum Alter von
gengehalt (ap statt aP) verwendet (zu verfügbaren < 12 Monaten werden ab dem Alter von ≥ 2 Monaten
Impfstoffen s. a. Tab. 11, S. 54 f.). 2 Impfstoffdosen Pneumokokken-Konjugatimpf-
stoff im Abstand von 8 Wochen verabreicht. Früh
Standardimpfung für Erwachsene: Für alle Erwach- geborene (Geburt vor der vollendeten 37. Schwan-
senen ist empfohlen, die nächste fällige Td-Impfung gerschaftswoche) erhalten ab dem chronologischen
einmalig als Tdap-Kombinationsimpfung zu verab- Alter von ≥ 2 Monaten 3 Impfstoffdosen im Abstand
reichen (s. dazu Epid Bull 15/2019, S. 125 – 127), bei von jeweils 4 Wochen. Die Grundimmunisierung
entsprechender Indikation als Tdap-IPV-Kombina wird mit einer weiteren Dosis im Alter von
tionsimpfung. Da ein monovalenter Pertussis- 11 Monaten und mit einem Mindestabstand von
Impfstoff nicht mehr zur Verfügung steht, muss ei- 6 Monaten zur vorausgegangenen Impfung abge-
ner der genannten Kombinationsimpfstoffe ver- schlossen. Die abweichende Empfehlung für Früh-
wendet werden. Bei bestehender Indikation zur geborene ist dadurch begründet, dass in der Zulas-
Pertussis-Impfung kann auch kurz nach einer er- sung der Pneumokokken-Konjugatimpfstoffe die
folgten Td-Impfung eine Impfung mit Tdap-Impf- Anwendung des 2+1-Impfschemas bisher (Stand:
stoff durchgeführt werden. Für einen der Tdap- August 2018) auf Reifgeborene beschränkt ist. Eine
Impfstoffe konnte in einer Placebo-kontrollierten ausführliche Begründung der Impfempfehlung fin-
Studie gezeigt werden, dass dieser bereits 1 Monat det sich im Epid Bull 36/2015.37 Bisher noch nicht
nach der letzten Td-Impfung verabreicht werden gegen Pneumokokken geimpfte Säuglinge im Alter
kann, ohne dass es zu vermehrten Nebenwirkungen ≥ 12 Monaten (bis 24 Monate) erhalten als Nachhol
kommt (s. Epid Bull 33/2009,31 S. 340 – 341). impfung nur 2 Impfstoffdosen im Abstand von
mindestens 8 Wochen.
Indikationsimpfung für Schwangere: Eine Impfung
mit einem Tdap-Kombinationsimpfstoff ist zu Primäres Ziel der generellen Impfung aller Kinder
Beginn des 3. Trimenons empfohlen. Bei erhöhter bis zum Alter von 24 Monaten mit einem Pneumo-
Wahrscheinlichkeit für eine Frühgeburt sollte die kokken-Konjugatimpfstoff ist es, die Morbidität in-
Impfung ins 2. Trimenon vorgezogen werden. Die vasiver Pneumokokken-Erkrankungen (IPD) und
Impfung soll unabhängig vom Abstand zu vorher die daraus entstehenden Folgen wie Hospitalisie-
verabreichten Pertussis-Impfungen und in jeder rung, Behinderung und Tod zu reduzieren.
Schwangerschaft erfolgen. Das Ziel der Pertussis-
Impfung in der Schwangerschaft ist die Reduzie- Standardimpfung für SeniorInnen: Für Personen
rung von Erkrankungen bei Neugeborenen und jun- ≥ 60 Jahre, die keiner der in Tab. 2 (S. 12 f.) u
nter „I“
gen Säuglingen (s. Epid Bull 13/2020). 30 oder „B“ genannten Risikogruppen angehören, wird
als Standardimpfung die einmalige Impfung mit
Vorgehen bei Pertussis-Häufungen: Im Zusam- dem 23-valenten Polysaccharid-Impfstoff (PPSV23)
menhang mit Pertussis-Häufungen kann auch bei (Pneumovax 23) empfohlen (Kategorie „S“).
vollständig geimpften Kindern und Jugendlichen
mit engem Kontakt zu Erkrankten im Haushalt oder Indikationsimpfung: Für Personen mit bestimm-
in Gemeinschaftseinrichtungen eine Impfung er- ten Risikofaktoren für schwere Pneumokokken-
wogen werden, wenn die letzte Impfung länger als Erkrankungen (Kategorien „I“ und „B“) wird die
5 Jahre zurückliegt. Speziell vor Geburt eines Kin- Impfung gegen Pneumokokken unabhängig vom
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2021 26. August 2021 23
Tabelle 3 | Umsetzung der sequenziellen Pneumokokken-Indikationsimpfung ab dem Alter von ≥ 2 Jahren unter
Berücksichtigung des aktuellen Impfstatus
PPSV23 im Abstand
PCV13 von 6 – 12 Monaten
entfällt Ja
PPSV23 im Abstand
PCV7 oder PCV10 PCV13
von 6 – 12 Monaten*
Ja
PPSV23 im Abstand
PPSV23 vor ≥ 6 Jahren PCV13
von 6 – 12 Monaten*
Ja
* PPSV23 (23-valenter Polysaccharid-Impfstoff) kann frühestens 2 Monate nach der PVC13-Impfung (13-valenter Konjugatimpfstoff) gegeben
werden (z. B. bei Impfung vor geplanter immunsuppressiver Therapie); ein längerer Abstand von 6 – 12 Monaten ist immunologisch günstiger.
Alter empfohlen. Für Personen mit Immundefizienz fungen „bei Personen mit erhöhtem Risiko für
(Gruppe 1) sowie für Personen mit anatomischen schwere Pneumokokken-Erkrankungen in Erwä-
und Fremdkörper-assoziierten Risikofaktoren (z. B. gung gezogen werden“. Auf Personen der Kategori-
Cochlea-Implantat) und damit einem erhöhten Ri- en „I“ und „B“ trifft dies regelmäßig zu. Bei
siko für eine Pneumokokken-Meningitis (Gruppe 3) SeniorInnen, die keiner dieser beiden Kategorien
wird die sequenzielle Impfung mit dem 13-valenten angehören, ist die Indikation individuell zu prüfen.
Konjugatimpfstoff PCV13 (Prevenar 13), gefolgt von Die PatientInnen sind auf die stärkere Reaktogenität
PPSV23 (Pneumovax 23) in einem Abstand von der Wiederholungsimpfung im Vergleich zur Erst
6 – 12 Monaten, empfohlen. PPSV23 ist ab dem impfung, aber auch auf den möglichen Verlust des
Alter ≥ 2 Jahre zugelassen (s. Tab. 3 auf dieser Seite). Impfschutzes nach unterbleibender Wiederholungs
Davor kann nur PCV13 geimpft werden. Für Perso- impfung hinzuweisen.
nen mit chronischen Krankheiten, die nicht mit Ausführliche wissenschaftliche Begründungen
einer Immunsuppression einhergehen (Gruppe 2) zu diesen Empfehlungen finden sich im Epid Bull
oder mit arbeitsbedingter Indikation wird die allei- 36/2016 und 37/2016.35,36
nige Impfung mit PPSV23 empfohlen. Ausnahme:
In der Altersgruppe 2 – 15 Jahren soll auch in Poliomyelitis
Gruppe 2 eine sequenzielle Impfung erfolgen. Typ 2 und 3 des Wildpoliovirus sind weltweit ausge-
rottet. Es besteht weiterhin das Risiko der Infektion
Wiederholungsimpfungen: Aufgrund der begrenz- durch das Wildpoliovirus Typ 1 sowie durch mutierte
ten Dauer des Impfschutzes hält die STIKO Wieder- zirkulierende Impfviren (circulating vaccine-derived
holungsimpfungen mit PPSV23 in einem Mindest- polioviruses – cVDPV) aller 3 Typen bei Reisen in
abstand von 6 Jahren aus medizinisch-epidemiolo- Regionen mit Infektionsrisiko. Der Polio-Lebend
gischer Sicht für alle in Tab. 2 (S. 12 f.) genannten impfstoff, die orale Polio-Vakzine (OPV), wird wegen
Gruppen grundsätzlich für sinnvoll. Laut Fachinfor- des – wenn auch sehr geringen – Risikos einer Vak-
mation von PPSV23 sollten jedoch „gesunde Er- zine-assoziierten paralytischen Poliomyelitis (VAPP)
wachsene nicht routinemäßig erneut geimpft seit 1998 nicht mehr empfohlen. Zum Schutz vor
werden“. Hingegen können Wiederholungsimp Poliomyelitis sollte ein zu injizierender Impfstoff, in-
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26/2020). 2 Es ist sinnvoll diese Impfungen mit ei- (Typhim Vi, Typherix) werden einmalig i. m. spä-
nem Kombinationsimpfstoff durchzuführen, der testens 2 Wochen vor Einreise in das Endemie
gleichzeitig gegen Tetanus, Diphtherie, Keuchhus- gebiet gegeben. Bei einer zusätzlichen Indikation
ten, Kinderlähmung, Haemophilus influenzae Typ b für Hepatitis A kann der kombinierte Typhus-
und Hepatitis B schützt. Für Frühgeborene (Geburt Hepatitis-A-Totimpfstoff (Viatim) verwendet werden.
vor der vollendeten 37. Schwangerschaftswoche)
sind 4 Impfstoffdosen im chronologischen Alter Varizellen
von 2, 3, 4 und 11 Monaten empfohlen. Für die Grundimmunisierung im Säuglings- bzw.
Zwischen der letzten und vorletzten Dosis des Kleinkindalter werden 2 Impfstoffdosen im Alter von
jeweiligen Impfschemas sollte ein Abstand von 6 11 und 15 Monaten verabreicht. Der Mindestabstand
Monaten nicht unterschritten werden. Auffri- von 4 Wochen sollte eingehalten werden. Die 1. Do-
schimpfungen sind in Alter von 5 – 6 Jahren und im sis der Impfung gegen Varizellen (V) wird in der Re-
Alter von 9 – 16 Jahren empfohlen. Alle weiteren gel entweder simultan mit der 1. MMR-Impfung ver-
Auffrischimpfungen sollten in 10-jährigem Ab- abreicht oder frühestens 4 Wochen nach dieser. Die-
stand zur vorangegangenen Impfung erfolgen. Jede se Abstände sind einzuhalten, da es sich um Lebend
Auffrischimpfung mit Td (auch im Verletzungsfall) impfstoffe handelt. Für die 1. Impfung gegen Vari-
sollte Anlass sein, die Indikation für eine Pertussis- zellen und Masern, Mumps, Röteln bei Kindern
Impfung zu überprüfen und gegebenenfalls einen < 5 Jahren sollte die simultane Gabe von Varizellen-
Kombinationsimpfstoff (Tdap) einzusetzen, bei ent- Impfstoff und MMR-Impfstoff an verschiedenen Kör-
sprechender Indikation Tdap-IPV. perstellen bevorzugt werden. Grund für diese Emp-
fehlung ist das leicht erhöhte Risiko von Fieberkrämp-
Tollwut fen 5 – 12 Tage nach der Gabe des kombinierten
Deutschland gilt nach den Kriterien der WHO seit MMRV-Impfstoffs im Vergleich zur simultanen Imp-
2008 als frei von terrestrischer Tollwut. Lediglich fung mit Varizellen- und MMR-Impfstoff. Dies wur-
durch den illegalen Import von Haustieren (z. B. de nur bei der Erstimpfung beobachtet. Die 2. Imp-
Hunden und Katzen) aus nicht tollwutfreien Regio- fung gegen Varizellen sollte im Alter von 15 Mona-
nen besteht weiterhin ein Risiko für terrestrische ten verabreicht werden und kann mit einem
Tollwut. Deutschland zählt in Europa zu den Län- MMRV-Kombinationsimpfstoff erfolgen (s. a. Mit-
dern mit den häufigsten Fledermaus-Tollwutfällen, teilung der STIKO zur „Kombinationsimpfung ge-
die durch Fledermaus-Lyssaviren verursacht wer- gen Masern, Mumps, Röteln und Varizellen (MMRV)“
den. Diese können auch auf den Menschen übertra- im Epid Bull 38/2011).
gen werden. Die präexpositionelle Grundimmuni- Bei allen ungeimpften Kindern und Jugendli-
sierung erfolgt mit Tollwut-Impfstoff (HDC) oder chen ohne Varizellen-Anamnese sollte die
Rabipur durch eine dreimalige intramuskuläre Imp- Varizellen-Impfung mit 2 Impfstoffdosen nachge-
fung nach dem Schema 0, 7, 21 oder 28 Tage. Bei holt werden. Der Mindestabstand zwischen den Va-
fortgesetzter Exposition sind Auffrischimpfungen rizellen- bzw. MMRV-Impfungen beträgt 4 – 6 Wo-
für den Tollwut-Impfstoff (HDC) 1 Jahr nach der chen (je nach Hersteller, Fachinformation beach-
Grundimmunisierung und dann alle 5 Jahre emp- ten). Kinder und Jugendliche, die bisher nur eine
fohlen und für Rabipur alle 2 – 5 Jahre. Zur postex- Varizellen-Impfung erhalten haben, sollen eine 2.
positionellen Prophylaxe s. Kapitel 5.5 (S. 45). Impfung bekommen.
men eines Off-label-Gebrauchs die vorherige umfas- 4.4 Impfmanagement in der Arztpraxis
sende Aufklärung und Beratung von P atientInnen Ein gut etabliertes Impfmanagement in Arztpraxen
bzw. Sorgeberechtigten über Nutzen und Risiken und anderen medizinischen Einrichtungen leistet
der jeweiligen Impfung und darüber, dass der einen wichtigen Beitrag, die Inanspruchnahme von
Impfstoff im Off-label-use angewendet wird. Die Impfungen zu fördern und Impfziele zu erreichen.
ärztliche Behandlung und die ärztliche Aufklärung Durch das Managementsystem werden die Arbeits-
müssen in der PatientInnenakte umfassend doku- abläufe koordiniert und die Zuständigkeiten fest
mentiert werden. gelegt.
Bei dringenden Indikationsimpfungen, wie bei- Weder klinische Beobachtungen noch theoreti-
spielsweise der postexpositionellen Tollwutprophy- sche Erwägungen geben Anlass zu der Befürch-
laxe oder der postnatalen Immunprophylaxe der tung, dass Impfungen und operative Eingriffe in-
Hepatitis B des Neugeborenen, ist das empfohlene kompatibel sind. Um aber mögliche Impfreaktio-
Impfschema strikt einzuhalten. nen von Komplikationen der Operation unterschei-
Für einen lang dauernden Impfschutz ist es von den zu können, wird empfohlen, die genannten
besonderer Bedeutung, dass bei der Grundimmuni- Mindestabstände einzuhalten.
sierung der empfohlene Mindestabstand zwischen Nach operativen Eingriffen sind keine bestimm-
vorletzter und letzter Impfung (in der Regel 6 Mo- ten Zeitabstände einzuhalten; Impfungen können
nate) nicht unterschritten wird. erfolgen, sobald der Allgemeinzustand stabil ist.
Andererseits gilt grundsätzlich, dass es keine un- Impfungen aus vitaler Indikation (z. B. Tetanus-,
zulässig großen Abstände zwischen den Impfungen Tollwut-, Hepatitis-B-Impfung) können jederzeit ge-
gibt. Jede Impfung zählt! Auch eine für viele Jahre geben werden. Nach Operationen, die mit einer im-
unterbrochene Grundimmunisierung oder nicht munsuppressiven Behandlung verbunden sind, z. B.
zeitgerecht durchgeführte Auffrischimpfung, z. B. Transplantationen, sind Impfungen in Zusammen-
gegen Diphtherie, Tetanus, Poliomyelitis, Hepa arbeit mit den behandelnden ÄrztInnen zu planen.
titis B, FSME (s. dazu www.rki.de > Infektions-
schutz > Impfen > Impfungen A – Z), muss nicht 4.6 Hinweise zur Schmerz- und
neu begonnen werden, sondern wird mit den feh- Stressreduktion beim Impfen
lenden Impfstoffdosen komplettiert. Dies gilt auch Hintergrund
im Säuglings- und Kleinkindalter. Im Interesse ei- Es ist nicht ungewöhnlich, dass bei der Injektion
nes frühestmöglichen Impfschutzes sollten Über- von Impfstoffen Schmerzen und Stressreaktionen
schreitungen der empfohlenen Impfabstände be- auftreten. Die Angst oder Sorge vor möglichen
sonders beim jungen Kind vermieden werden. Schmerzen kann die Einstellung gegenüber dem
Für Abstände zwischen unterschiedlichen Impfun- Arztbesuch, dem Impfen und die Akzeptanz von
gen gilt: Lebendimpfstoffe (attenuierte, vermeh- Impfungen ein Leben lang negativ beeinträchtigen,
rungsfähige Viren) können simultan verabreicht wer- sowohl bei Kindern als auch ihren Eltern.
den. Werden sie nicht simultan verabreicht, ist in der Es gibt inzwischen mehrere evidenzbasierte Emp-
Regel ein Mindestabstand von 4 Wochen einzuhalten. fehlungen für schmerz- und stressreduziertes Imp-
Bei Schutzimpfungen mit Totimpfstoffen (inak- fen. Dort sind bestimmte Injektionstechniken,
tivierte Krankheitserreger, deren Antigenbestand altersabhängige Ablenkungsmethoden und andere
teile, Toxoide) ist die Einhaltung von Mindestabstän- Verhaltensweisen aufgeführt, durch die Schmerzen
den zu anderen Impfungen, auch zu solchen mit bei der Impfung gemildert werden können. An die-
Lebendimpfstoffen, nicht erforderlich. Impfreaktio- ser Stelle sollen diese Empfehlungen kurz zusam-
nen vorausgegangener Impfungen sollten vor er- mengefasst werden. Die STIKO möchte die Ärzte-
neuter Impfung vollständig abgeklungen sein. Zu schaft ermuntern, diese Hinweise zum schmerzredu
den zeitlichen Mindestabständen zwischen zwei zierten Impfen im Praxisalltag zu berücksichtigen
Impfstoffdosen sowie zur Möglichkeit der Koadmi- und so die Impfakzeptanz in der Bevölkerung zu för-
nistration von Impfstoffdosen sind die Fachinfor- dern. Weiterführende Hinweise finden sich in den
mationen des jeweiligen Impfstoffs zu beachten. zitierten Veröffentlichungen (s. S. 56).B–H
griff jederzeit durchgeführt werden, auch wenn eine hige Ausstrahlung haben, kooperativ und sach-
Impfung vorangegangen ist. Bei Wahleingriffen kundig sein. Wenn der zu impfenden Person das
sollte nach Gabe von Totimpfstoffen ein Mindestab- Impfprozedere beschrieben wird, ist es wichtig,
stand von 3 Tagen und nach Verabreichung von Le- auf einen neutralen Sprachgebrauch zu achten
bendimpfstoffen ein Mindestabstand von 14 Tagen und Worte sorgfältig zu wählen, damit Angst
eingehalten werden. nicht eventuell verstärkt oder Misstrauen geför-
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2021 26. August 2021 31
dert wird. Unbedingt vermeiden sollte man fälsch- ▶▶ Im jungen Säuglingsalter wirkt auch das Nuckeln
lich beruhigende oder unehrliche Phrasen wie an einem Schnuller schmerzreduzierend.
„Das tut überhaupt nicht weh!“. ▶▶ Säuglinge können, solange sie noch gestillt wer-
dung von Methämoglobin fördern. Auch bei Ju- stillt werden, können ein bis zwei Minuten vor der
gendlichen und Erwachsenen mit ausgeprägter Impfung 2 ml einer 25 %-igen Glukoselösung
Angst vor der Injektion kann ein Schmerzpflaster oder eine andere süße Flüssigkeit bekommen. Da
hilfreich sein. Die empfohlene Mindesteinwirkzeit Rotavirus-Impfstoffe Saccharose enthalten, sollte
von 30 – 60 min muss bei der Planung berück- bei der Durchführung mehrerer Impfungen an
sichtigt werden. einem Termin die RV-Impfung, sofern geplant,
▶▶ Zur Schmerzreduktion kann auch Eisspray ver- als erste verabreicht werden.
wendet werden. Die Aufsprühzeit beträgt 2 – 8 s.
Im Anschluss kann nach Hautdesinfektion sofort Empfehlungen zur Körperposition
geimpft werden. ▶▶ Kleinkinder im Alter von < 3 Jahren sollten
während der Impfung am besten auf dem Arm
Sonstige unterstützende Verfahren oder auf dem Schoß gehalten und nach der Imp-
▶▶ Bereits vor dem ersten Impftermin ihrer Kinder fung leicht geschaukelt und liebkost werden.
(≥ 2 Monate) sollten Eltern über die anstehenden ▶▶ Kinder im Alter von ≥ 3 Jahren sowie Jugendliche
Impfungen und damit verbundenen Schmerzen und Erwachsene sollten bei der Impfung mög-
sowie Möglichkeiten der Schmerzreduktion auf- lichst aufrecht sitzen. Kinder können auf dem
geklärt werden. Das heißt, bereits bei der U3 Schoß der Eltern sitzen, weil die Eltern so das
könnte mit einer entsprechenden Aufklärung be- Stillhalten der Gliedmaßen unterstützen können.
gonnen werden, um den Einsatz schmerzreduzie- ▶▶ Personen, die beim Impfen oder anderen
render Strategien beim Impftermin zu fördern. medizinischen Interventionen schon einmal ohn-
▶▶ Eltern von Kindern im Alter von < 10 Jahren s
ollten mächtig geworden sind, sollten im Liegen geimpft
bei der Impfung ihrer Kinder anwesend sein. werden.
▶▶ Kinder im Alter von ≥ 3 Jahren sowie Jugendliche
sieren wird und wie sie mögliche Schmerzen oder < 2 Monaten 15 mm betragen, bei älteren Säuglin-
Angst am besten bewältigen können, z. B. durch gen und Kleinkindern 25 mm und bei Jugendli-
Drücken der Hand von M utter oder Vater. Kinder chen und Erwachsenen 25 – 50 mm.
im Alter von ≤ 6 Jahren sollten mittels geeigneter ▶▶ Die intramuskuläre Injektion soll altersunabhän-
Ablenkungsmanöver (z. B. durch Aufblasen eines gig ohne Aspiration erfolgen. Die Aspiration ist
Ballons, Windrädchen, Seifenblasen, Spielzeuge, überflüssig, da an den Körperstellen, an denen die
Videos, Gespräche oder Musik) direkt vor und Injektion erfolgt, keine großen Blutgefäße existie-
nach der Injektion von den Schmerzen abgelenkt ren (M. vastus lateralis oder M. deltoideus).
werden. Erwachsene können zur Ablenkung zu ▶▶ Werden mehrere Impfungen am selben Termin
leichten Hustenstößen oder zum Luftanhalten gegeben, soll die schmerzhafteste Impfung
aufgefordert werden. zuletzt injiziert werden. Besonders schmerzhaft
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2021 26. August 2021 32
können die Injektionen der Pneumokokken- und Schwangerschaft nur bei eindeutiger Indikation
der MMR-Impfung sein. und nur nach sorgfältiger Risiko-Nutzen-Abwägung
▶▶ Durch eine zügige Injektion können Schmerzen verabreicht werden. Die Impfung gegen Gelbfieber
bei der intramuskulären Injektion reduziert darf bei stillenden Frauen nicht erfolgen. Es sind
werden. weltweit vereinzelte Fälle beschrieben, in denen ge-
stillte Säuglinge nach Impfung der Mutter gegen
Maßnahmen, die nicht zur Schmerzreduktion Gelbfieber an einer Enzephalitis erkrankt sind.
empfohlen sind
▶▶ Erwärmung des Impfstoffs Falsche Kontraindikationen
▶▶ Manuelle Stimulation der Injektionsstelle Häufig unterbleiben indizierte Impfungen, weil be-
z. B. durch Reiben oder Kneifen stimmte Umstände irrtümlicherweise als Kontra
▶▶ Orale Analgetika-Gabe vor oder während der indikationen angesehen werden. Dazu gehören
Impfung zum Beispiel:
▶▶ banale Infekte, auch wenn sie mit subfebrilen
schweren Erkrankungen sollten erst nach Gene- ▶▶ Fieberkrämpfe in der Anamnese des zu impfen-
in Abhängigkeit von der Ausprägung keine absolute ▶▶ Behandlungen mit niedrigen Dosen von Kortiko
Kontraindikation gegen eine nochmalige Impfung steroiden oder lokal angewendeten steroid
mit dem gleichen Impfstoff sein. Kontraindikatio- haltigen Präparaten
nen können Allergien gegen Bestandteile des Impf- ▶▶ Schwangerschaft der Mutter des zu impfenden
stoffs sein. In Betracht kommen vor allem Neomy- Kindes (Varizellen-Impfung nach Risiko ab
cin und Streptomycin sowie in seltenen Fällen wägung*)
Hühnereiweiß. Personen, die nach oraler Aufnah- ▶▶ angeborene oder erworbene Immundefekte bei
impfstoff die den Immundefekt behandelnden Ärzt gen erhalten außer einer Impfung gegen Gelb
Innen konsultiert werden. Die serologische Kontrol- fieber (s. o. unter Kontraindikationen).
le des Impferfolgs ist in bestimmten Konstellationen ▶▶ gestillte Säuglinge: Voll- und teilgestillte Säuglin-
bei PatientInnen mit Immundefizienz angezeigt. Er- ge können genauso nach den Empfehlungen der
läuterungen dazu s. Papiere bei Immundefizienz. STIKO geimpft werden wie Säuglinge, die Mutter
milchersatzprodukte oder andere Babynahrung
Nicht empfohlene oder nicht dringend indizierte erhalten.
Impfungen sollten während einer Schwangerschaft
nicht durchgeführt werden. Für die Lebendimpf- * Bei der derzeitigen Varizellen-Impfquote ist das Risiko für ein
konnatales Varizellensyndrom bei einer seronegativen Schwan
stoffe gegen Masern, Mumps, Röteln und Varizellen geren mit Kontakt zu ihrem ungeimpften und damit ansteckungs-
gefährdeten Kind höher als das Risiko einer Komplikation durch
stellt eine Schwangerschaft eine Kontraindikation die Impfung des Kindes und dessen Übertragung von Impfvari
dar. Eine Impfung gegen Gelbfieber darf in der zellen auf die Schwangere.
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Indizierte Impfungen sollen auch bei Personen mit PatientInnen mit Immundefizienz mit dem Ziel er-
chronischen Krankheiten – einschließlich neurolo- arbeitet, die impfende Ärzteschaft bei den o. g.
gischer Krankheiten – durchgeführt werden, da die- Punkten zu unterstützen und eine Entscheidungs-
se Personen durch schwere Verläufe und Komplika- hilfe zu geben. Die Anwendungshinweise wurden
tionen impfpräventabler Krankheiten besonders ge- in vier thematisch getrennten Dokumenten publi-
fährdet sind. Personen mit chronischen Krankhei- ziert und sind online verfügbar (www.rki.de/im-
ten sollen über den Nutzen der Impfung im mundefizienz): Das Grundlagenpapier (Papier I),
Vergleich zum Risiko der Krankheit aufgeklärt wer- die Anwendungshinweise zum Impfen bei primä-
den. Es liegen keine gesicherten Erkenntnisse dar- ren Immundefekterkrankungen (inkl. autoinflam-
über vor, dass eventuell zeitgleich mit der Impfung matorischer Erkrankungen) und bei HIV-Infektion
auftretende Krankheitsschübe ursächlich durch (Papier II), die Anwendungshinweise zum Impfen
eine Impfung bedingt sein können. bei hämatologischen und onkologischen Erkran-
kungen (antineoplastische Therapie, Stammzell
4.8 Impfen bei Immundefizienz transplantation), Organtransplantation und Asple-
PatientInnen mit Immundefizienz leiden häufig an nie (Papier III) sowie die Anwendungshinweise
Infektionskrankheiten, die bei diesen Personen mit zum Impfen bei Autoimmunkrankheiten, bei an
schwereren Verläufen einhergehen als bei Immun- deren chronisch-entzündlichen Erkrankungen und
gesunden. Daher sollten Menschen mit Immunde- unter immunmodulatorischer Therapie (Papier IV).
fizienz grundsätzlich einen möglichst weitreichen-
den Schutz durch Impfungen erhalten. Daneben 4.9 Impfkomplikationen und deren Meldung
spielt ein solider Impfschutz von Haushaltskon Kriterien zur Abgrenzung einer üblichen Impfreak-
taktpersonen entsprechend der STIKO-Empfeh - tion von dem Verdacht auf eine mögliche Impf
lungen sowie anderer Personen aus dem direkten komplikation
Umfeld der PatientInnen (z. B. in Gesundheitsdienst, Gemäß dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) (§ 6
Kita oder Schule) eine zentrale Rolle für die Infek Abs. 1, Nr. 3) ist der Verdacht einer Impfkomplika
tionsprävention. tion dem zuständigen Gesundheitsamt zu melden.
In Tabelle 2 (S. 8 ff.) der STIKO-Empfehlungen Diese Meldung gehört zu den ärztlichen Aufgaben.
sind bereits einige Gruppen mit angeborener oder Unter einer Impfkomplikation wird eine über das
erworbener Immundefizienz aufgeführt. Bei der übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehende
Planung und Durchführung von Impfungen bei gesundheitliche Schädigung verstanden. Um eine
diesem speziellen Personenkreis sind einige Beson- Impfkomplikation von einer üblichen Impfreak
derheiten zu beachten, wie z. B.: tion, die nicht meldepflichtig ist, abzugrenzen, hat
▶▶ das Erkennen und Abschätzen der Schwere des die STIKO, wie nach IfSG (§ 20 Abs. 2) gefordert,
Immundefekts Merkmale für übliche Impfreaktionen definiert.
▶▶ das Erfassen der Indikationen und Kontraindika-
tionen für spezifische Impfungen bzw. Impfstoff- Übliche und damit nicht meldepflichtige Impfreak-
typen, je nach Art und Schwere der Grundkrank- tionen sind das übliche Ausmaß nicht überschrei-
heit ggf. der immunsupprimierenden Medikati- tende, vorübergehende Lokal- und Allgemeinreak
on und der daraus resultierenden Immuninkom- tionen, die als Ausdruck der Auseinandersetzung
petenz des Organismus mit dem Impfstoff anzusehen
▶▶ Bestimmung des Zeitpunkts der Impfung (z. B. sind. Die STIKO hat die folgenden Kriterien für
rechtzeitig vor geplanter iatrogener Immun übliche Impfreaktionen entwickelt:
suppression) ▶▶ für die Dauer von 1 – 3 Tagen (gelegentlich länger)
▶▶ die spezifische Aufklärung der Personen, anhaltende Rötung, Schwellung oder Schmerz-
insbesondere wenn eine Off-label-Anwendung un- haftigkeit an der Injektionsstelle;
umgänglich ist ▶▶ für die Dauer von 1 – 3 Tagen Fieber < 39,5° C (bei
▶▶ im Sinne einer „Impfkrankheit“ zu deutende Darüber hinaus sind ÄrztInnen nach § 6 der Berufs-
Symptome 1 – 3 Wochen nach der Verabreichung ordnung verpflichtet, die ihnen aus ihrer ärztlichen
von attentuierten Lebendimpfstoffen: z. B. eine Behandlungstätigkeit bekannt werdenden uner-
leichte Parotisschwellung, kurzzeitige Arthralgien wünschten Arzneimittelwirkungen der Arzneimit-
oder ein flüchtiges Exanthem nach der Masern-, telkommission der deutschen Ärzteschaft mitzutei-
Mumps-, Röteln- oder Varizellen-Impfung oder len (im Internet unter www.akdae.de > Arzneimittel
milde gastrointestinale Beschwerden, z. B. nach sicherheit > Unerwünschte Arzneimittelwirkung
der oralen Rotavirus- oder Typhus-Impfung; melden). Ebenso kann der Hersteller informiert
▶▶ Ausgenommen von der Meldepflicht sind auch werden.
Krankheitserscheinungen, denen offensichtlich
eine andere Ursache als die Impfung zugrunde Impfschaden und Anerkennung eines
liegt. Alle anderen Impfreaktionen sollen ge Impfschadens im Sinne des IfSG
meldet werden. Nach § 2 Nr. 11 (IfSG) ist ein Impfschaden definiert
als gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer
Meldung des Verdachts auf eine Impfkomplikation über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hin-
Gemäß dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) (§ 6 ausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch
Abs. 1, Nr. 3) ist der Verdacht einer über das übliche die Schutzimpfung. Ein Impfschaden liegt auch vor,
Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden ge- wenn mit vermehrungsfähigen Erregern geimpft
sundheitlichen Schädigung (Verdacht auf eine (Lebendimpfstoffe) und nach Übertragung des Impf
Impfkomplikation) namentlich an das Gesundheit- virus eine andere als die geimpfte Person geschädigt
samt zu melden. Die Meldung der ÄrztInnen muss wurde. Erleidet eine Person aufgrund einer öffent-
vom Gesundheitsamt gemäß § 11 Abs. 2 (IfSG) un- lich von dem Bundesland, in dem sie ansässig ist,
verzüglich der zuständigen Landesbehörde und empfohlenen Impfung einen Impfschaden, so stehen
nach § 77 Arzneimittelgesetz der zuständigen Bun- ihr aufgrund der gesundheitlichen und wirtschaft
desoberbehörde (PEI) mitgeteilt werden. Die Melde- lichen Auswirkungen Versorgungsleistungen nach
verpflichtung wurde gesetzlich festgeschrieben, um dem Bundesversorgungsgesetz i. V. m § 60 IfSG zu.
die zur Klärung einer unerwünschten Arzneimittel- Der Antrag auf Versorgung ist beim zuständigen Ver-
wirkung relevanten immunologischen (z. B. zum sorgungsamt durch die/den Betroffene/n oder die
Ausschluss eines Immundefektes) oder mikrobiolo- Eltern bzw. Sorgeberechtigten zu stellen. Die Bewer-
gischen (z. B. zum differenzialdiagnostischen Aus- tung erfolgt durch das Versorgungsamt auf Landes-
schluss einer interkurrenten Infektion) Untersu- ebene nach den Versorgungsmedizinischen Grund-
chung unverzüglich einzuleiten und dafür notwen- sätzen (Anlage zu § 2 Versorgungsmedizinverordnung –
dige Untersuchungsmaterialien, wie z. B. Serum VersMedV). Der Nachweis eines wahrscheinlichen
oder Stuhlproben, zu asservieren. kausalen Zusammenhangs mit der Impfung reicht
dabei für die Bewilligung der Leistung aus, setzt aber
Die Meldepflicht besteht unabhängig davon, ob die eine nicht nur vorübergehende und damit über einen
betroffene Schutzimpfung öffentlich empfohlen ist. Zeitraum von mehr als 6 Monaten sich erstreckende
Für die bundesweit einheitliche Meldung eines Ver- Gesundheitsstörung voraus.
dachtsfalls ist vom PEI in Absprache mit der STIKO Das Verfahren zur Anerkennung eines Impf-
und dem BMG ein Berichtsformblatt „Bericht über schadens ist somit anders und getrennt zu sehen
Verdachtsfälle einer über das übliche Ausmaß einer von der Meldung eines Verdachtsfalls einer Impf-
Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen komplikation (s. vorhergehender Abschnitt). Be-
Schädigung“ entwickelt worden, das online verfüg- troffene Personen oder die Eltern bzw. Sorgebe-
bar ist: www.pei.de/SharedDocs/Downloads/DE/ rechtigten sollten von dem Gesundheitsamt oder
arzneimittelsicherheit/pharmakovigilanz/ifsg-mel- den behandelnden Ä rztInnen auf die gesetzlichen
debogen-verdacht-impfkomplikation.pdf oder vom Bestimmungen zur Entschädigung (§§ 60 – 64
Gesundheitsamt angefordert werden kann. Die Mel- IfSG) und das Verfahren informiert sowie auf das
dungen tragen dazu bei, die Datenlage über Impf- zuständige Versorgungsamt hingewiesen werden.
komplikationen zu verbessern. Informationen hierzu können auch von den regio-
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2021 26. August 2021 35
nal zuständigen Versorgungsämtern selbst einge- ternetseiten des PEI maßgeblich; ergänzend hierzu
holt werden. informiert die STIKO auf ihren Internetseiten (www.
stiko.de > Lieferengpässe. Die alternative Empfeh-
4.10 Lieferengpässe von Impfstoffen lung verliert ihre Gültigkeit, sobald das PEI die Fest-
Seit Oktober 2015 informiert das PEI auf seinen In- stellung des Lieferengpasses auf seiner o. g. Internet-
ternetseiten über Lieferengpässe von Impfstoffen seite wieder aufhebt. Ergänzend nimmt auch die
sowie die voraussichtliche Dauer der Nicht-Verfüg- STIKO den Hinweis der Anwendbarkeit der alterna-
barkeit (www.pei.de/lieferengpaesse). Diese Infor- tiven Empfehlung von ihrer Internetseite. Weitere
mationen beruhen auf Mitteilungen der pharma- Informationen siehe Epid Bull 23/2021.21
zeutischen Unternehmen, die einen Lieferengpass
melden, sobald die Lieferkette für die Auslieferung 4.11 Impfempfehlungen für MigrantInnen und
eines Impfstoffes für einen Zeitraum von mindes- Asylsuchende nach Ankunft in Deutschland
tens 2 Wochen unterbrochen ist. Sollten statt des In Deutschland lebende MigrantInnen und Asyl
vom Lieferengpass betroffenen Impfstoffes einer suchende sollen entsprechend den STIKO-Empfeh-
oder mehrere andere Impfstoffe mit vergleichbarer lungen altersgerecht geimpft sein. Asylsuchende
Zusammensetzung verfügbar sein, werden diese stammen oftmals aus Ländern oder gehören zu Be-
vom PEI entsprechend auf der Internetseite gelistet. völkerungsgruppen mit eingeschränktem Zugang
zu medizinischer Versorgung und Impfungen. Eine
Ist kein für die jeweilige Indikation und das Alter Übersicht über die in einzelnen Ländern empfohle-
zugelassener Impfstoff mit vergleichbarer Antigen- nen Impfungen ist auf den Internetseiten des ECDC
zusammensetzung verfügbar, gibt die STIKO Emp- (https://vaccine-schedule.ecdc.europa.eu/) oder der
fehlungen, wie alternativ – unter Verwendung ande- WHO (https://apps.who.int/immunization_moni-
rer verfügbarer Impfstoffe – ein Impfschutz sicher- toring/globalsummary/schedules) zu finden.
gestellt werden kann (s. u.). Auch wenn es keine un-
zulässig großen Impfabstände gibt und jede Imp- Vorliegende Impfdokumente sollten berücksichtigt
fung zählt, ist aus Sicht der STIKO die zeitgerechte werden, um den individuellen Impfstatus zu über-
Immunisierung entsprechend den Empfehlungen – prüfen und fehlende Impfungen nachzuholen (s.
gerade im Säuglings- und Kleinkindalter – zu bevor- Kapitel 6.). Häufig kann der Impfstatus aufgrund
zugen. Dies gilt auch für die Grippeimpfung, bei fehlender Dokumente nicht überprüft werden. Aus
der ein Impfschutz idealerweise vor Beginn der Sai- pragmatischen Gründen gelten Impfungen, die
son erreicht werden sollte. Auffrischimpfungen nicht dokumentiert sind, als nicht gegeben. Diese
können ggf. bei vollständiger Grundimmunisierung Impfungen sollen entsprechend den STIKO-Emp-
verschoben werden, da die von der STIKO empfoh- fehlungen nachgeholt werden. Nur in Ausnahme-
lenen Zeitintervalle für Auffrischimpfungen eine fällen sollten glaubwürdige mündliche Angaben zu
gewisse Flexibilität erlauben. früher erfolgten Impfungen berücksichtigt werden.
▶▶ Kinder und Jugendliche, die ungeimpft sind bzw.
In Tabelle 4 (s. S. 36) sind Empfehlungen für die deren Impfstatus unklar ist, sollten Impfungen
häufigsten bzw. relevantesten Lieferengpässe aufge- gegen Diphtherie, Tetanus und Pertussis sowie
führt, in denen kein alternativer Impfstoff mit ver- gegen Poliomyelitis, Masern, Mumps, Röteln, Va-
gleichbarer Zusammensetzung zur Verfügung steht. rizellen, Hepatitis B, Meningokokken C erhalten.
Die alternative Empfehlung soll zur Anwendung Ab ≥ 9 Jahren sollen Kinder und Jugendliche ge-
kommen, sobald auf den o. g. Internetseiten des PEI gen HPV geimpft werden. Säuglinge sollten zu-
über einen Lieferengpass der ursprünglich empfoh- sätzlich gegen Rotaviren immunisiert werden:
lenen Impfung informiert wird. Eine Abfrage in Abschluss der Impfserie bis zum Alter von
mehreren regionalen Lieferapotheken kann dabei 24 Wochen (Rotarix) bzw. 32 Wochen (RotaTeq).
klären, ob trotz des vom PEI deklarierten Liefereng- Säuglinge und Kleinkinder sollten gegen Pneu-
passes ggf. regional noch Restbestände dieses Impf- mokokken (bis zum Alter von 24 Monaten) und
stoffes verfügbar sind. Für die Anwendung der alter- Haemophilus influenzae Typ b (bis < 5 Jahren)
nativen Empfehlung ist die Information auf den In- geimpft werden. Kinder, bei denen eine Grund
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2021 26. August 2021 36
a entsprechend des Impfkalenders (Standardimpfungen) für Säuglinge, Kinder, Jugendliche und Erwachsene in Tab. 1 (S. 6), Empfehlungen
zu Standardimpfungen des Erwachsenenalters sowie zu Indikations- und Auffrischimpfungen für alle Altersgruppen in Tab. 2 (S. 8 ff.),
Postexpositionelle Impfungen in Tab. 5 (S. 40 ff.), bzw. Altersabhängige Empfehlungen zur Durchführung von Nachholimpfungen in
Tab. 10 A – E (S. 49 ff.)
b unter Beachtung von Zulassungsbeschränkungen gemäß Fachinformationen
c gilt nicht für Kinder < 5 Jahre, hier kann als Alternative DTap-IPV-Hib oder DTap-IPV-Hib-HepB verwendet werden
d zu beachten ist das bei Kindern < 5 Jahre leicht erhöhte Risiko von Fieberkrämpfen 5 – 12 Tage nach der erstmaligen Gabe des kombinierten
MMR-V-Impfstoffs (s. Epid Bull 30/2012); die STIKO schätzt dieses leicht erhöhte Risiko bei einem Lieferengpass gegenüber einer zeitgerech-
ten MMR-Immunisierung jedoch als nachgeordnet ein
e Wegen der breiteren Abdeckung von Pneumokokken-Serotypen ist es nicht sinnvoll, den 23-valenten Polysaccharidimpfstoff durch einen
anderen, niedrigervalenten Pneumokokkenimpfstoff zu ersetzen; bei eingeschränkter Verfügbarkeit sollten noch vorhandene Impfstoffdosen
prioritär für folgende Personengruppen verwendet werden: PatientInnen mit Immundefizienz (zur Komplettierung der sequenziellen
Impfung); Senioren ≥ 70 Jahre; PatientInnen mit chronischen Erkrankungen des Herzens und der Atmungsorgane
Abkürzungen: Diphtherie: D bzw. d (je nach Antigengehalt); Haemophilus influenzae Typ b: Hib; Hepatitis A: HepA; Hepatitis B: HepB; Masern-
Mumps-Röteln: MMR; Pertussis: aP bzw. ap (je nach Antigengehalt); Poliomyelitis: IPV; Tetanus: T; Varizellen: V
immunisierung gegen Tetanus, Diphtherie, Per- teln (MMR) und seronegative Frauen mit Kinder-
tussis und Poliomyelitis dokumentiert ist, benö- wunsch zweimal gegen Varizellen geimpft wer-
tigen eine einmalige Auffrischimpfung im Ab- den. Ab dem Alter ≥ 60 Jahren ist zusätzlich eine
stand von 5 Jahren zur Grundimmunisierung. Pneumokokken-Impfung (Einzelheiten s. Kapitel
▶▶ Ungeimpfte Erwachsene bzw. Erwachsene mit 3.2, S. 22) und jährlich im Herbst eine Influenza-
unklarem Impfstatus sollten Erstimmunisierun- Impfung empfohlen.
gen gegen Diphtherie, Tetanus, Pertussis und
Poliomyelitis erhalten. Erwachsene, die bereits Für die Aufklärung der zu impfenden Person über
eine Grundimmunisierung gegen Tetanus, Diph die zu verhütende Krankheit und die geplante Imp-
therie, Pertussis und Poliomyelitis aufweisen, fung stellt das RKI Informationsmaterialien ein-
sollen in 10-jährigem Abstand zur vorangegange- schließlich Einwilligungserklärungen zu verschie-
nen Impfung eine Tdap-IPV-Auffrischimpfung denen Impfungen (COVID-19, Hepatitis A, Hepa
bekommen. Nach 1970 Geborene sollten einma- titis B, Herpes zoster (Totimpstoff), HPV, Influenza,
lig gegen Masern (MMR) geimpft werden. Frauen MMR, Meningokokken C, Varizellen, Pneumokok-
im gebärfähigen Alter sollten zweimal gegen Rö- ken, Rotavirus, Tdap-IPV, 6-fach-Impfung [DTaP-
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2021 26. August 2021 37
IPV-Hib-HepB]) in mehreren (aktuell 19) Sprachen richtungen, in denen die Umsetzung der S TIKO-
im Internet zur Verfügung: www.rki.de > Infek Empfehlungen durch kurze Verweildauern er-
tionsschutz > Impfen > Informationsmaterialien schwert ist, da ggf. nur ein Impftermin möglich ist,
zum Impfen. sollte eine Priorisierung der Impfungen erfolgen.
Die Kostenübernahme für öffentlich empfohlene Tabelle 5 (S. 38) führt die Impfungen auf, die prioritär
Schutzimpfungen ist bei Asylsuchenden durch das und frühzeitig (möglichst in den ersten Tagen) nach
Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG § 4 Abs. 3) Ankunft und Aufnahme in die Einrichtung begon-
geregelt. Bei allen anderen MigrantInnen werden nen werden sollten. Nach dem Verlassen der Unter-
Impfungen in der Regel von der jeweiligen Kran- künfte soll die Vervollständigung der Grund
kenversicherung übernommen. immunisierung bzw. der Beginn neuer Impfungen
altersentsprechend auf Basis der Nachholimpfemp-
Empfehlungen zu Impfungen in Erstaufnahme- fehlungen (s. Kapitel 6.10) durch die niedergelasse-
einrichtungen für Asylsuchende und in anderen nen ÄrztInnen oder durch den ÖGD am späteren
Gemeinschaftsunterkünften mit beengten Aufenthaltsort erfolgen.
Wohnbedingungen
Das Zusammenleben über einen längeren Zeit- Die allgemeinen Hinweise der STIKO zur Durch-
raum unter beengten Wohnbedingungen (z. B. in führung von Schutzimpfungen sollen berücksich-
Erstaufnahmeeinrichtungen für AsylbewerberIn- tigt werden (s. Kapitel 4.1). Falls in der Einrichtung
nen) erhöht die Wahrscheinlichkeit für Ausbrüche Impfstoffe nicht in ausreichender Menge zur Verfü-
von Infektionskrankheiten. Durch eine wachsende gung stehen, sollten Kinder bevorzugt geimpft wer-
Zahl unzureichend geimpfter Personen kann sich den. Riegelungsimpfungen zur Eindämmung von
eine epidemiologisch relevante, ungeschützte Ausbrüchen impfpräventabler Erkrankungen soll-
Bevölkerungsgruppe entwickeln, bei der sich die ten prioritär verabreicht und eventuell mit anderen
Schließung von Impflücken aufgrund des dezen notwendigen Impfungen kombiniert werden.
tralen Gesundheitssystems und der notwendigen
Eigenverantwortung in Deutschland schwierig ge- Aufgrund des engen Zusammenlebens in Erstauf-
stalten kann. In den Erstaufnahmeeinrichtungen nahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunter-
und Gemeinschaftsunterkünften besteht hingegen künften besteht ein erhöhtes Risiko für Influenza-
ein guter Zugang durch den öffentlichen Gesund- Ausbrüche. Es kann daher durch die lokalen Ge-
heitsdienst (ÖGD) oder durch vom ÖGD beauftrag- sundheitsbehörden erwogen werden, über die
te ÄrztInnen zur gezielten Schließung von Impf STIKO-Empfehlung hinausgehend in den Herbst-
lücken. Durch frühzeitige Impfungen nach An- und Wintermonaten nicht nur den Risikogruppen,
kunft in Deutschland können folgende Ziele er- sondern allen BewohnerInnen eine Impfung gegen
reicht werden: die saisonale Influenza anzubieten.
▶▶ individueller Impfschutz durch Schließen von
Tabelle 5 | Priorisierung des Impfangebotes für ungeimpfte Asylsuchende und Asylsuchende mit unklarem Impfstatus am
ersten Impftermin frühzeitig nach Ankunft
DTaP-IPV-Hib-HBV1
≥ 9 Monate bis 5 Jahre
MMR-V2
Tdap-IPV
≥ 5 Jahre bis < 18 Jahre
MMR-V
Tdap-IPV3
Erwachsene, die nach 1970 geboren sind
MMR4
getrennt zu verabreichen.
3 Schwangerschaft stellt keine Kontraindikation dar.
4 Nicht in der Schwangerschaft.
5 Bei unklarer Anamnese großzügige Indikationsstellung zur Impfung.
gativen empfohlen (s. Epid Bull 2/2020) .23 Bei an- tungen für Schutzimpfungen im Sinne des
gestellten MitarbeiterInnen ist die ArbMedVV zu § 2 Nr. 9 des IfSG. Die Einzelheiten zur Leistungs-
beachten. pflicht für Schutzimpfungen (Voraussetzungen, Art
und Umfang) hat der Gemeinsame Bundesaus-
Ferner empfiehlt die STIKO die folgenden beruf schuss (G-BA) auf der Basis der Empfehlungen der
lichen bzw. arbeitsbedingten Indikationsimpfungen STIKO in einer Schutzimpfungs-Richtlinie festzu-
für MitarbeiterInnen mit erhöhtem Expositionsrisi- legen (www.g-ba.de). Dabei soll die besondere Be-
ko in den Einrichtungen; die Impfindikation ist auf deutung der Schutzimpfungen für die öffentliche
Grundlage einer Einschätzung des tatsächlichen Gesundheit berücksichtigt werden. Gemäß § 20i
Expositionsrisikos zu stellen: Abs. 1 Satz 2 SGB V gilt Satz 1 für Schutzimpfungen,
▶▶ Hepatitis A die wegen eines erhöhten Gesundheitsrisikos durch
▶▶ Hepatitis B einen Auslandsaufenthalt indiziert sind, nur dann,
▶▶ Auffrischimpfung gegen Poliomyelitis, falls wenn der Auslandsaufenthalt beruflich oder durch
letzte Impfung vor mehr als 10 Jahren eine Ausbildung bedingt ist oder wenn zum Schutz
▶▶ Influenza (in der Saison) der öffentlichen Gesundheit ein besonderes Interes-
se daran besteht, der Einschleppung einer übertrag-
4.12 Hinweise zur Kostenübernahme baren Krankheit in die Bundesrepublik Deutsch-
von Schutzimpfungen land vorzubeugen. Nach § 20i Absatz 1 Satz 3 und 4
Für die Kostenübernahme von Schutzimpfungen SGB V bestimmt der G-BA in Richtlinien nach § 92
kommen verschiedene Träger in Frage. Welche SGB V Einzelheiten zu Voraussetzungen, Art und
Impfungen als Pflichtleistung von allen gesetzli- Umfang der Leistungen auf der Grundlage der
chen Krankenkassen übernommen werden, ist im STIKO-Empfehlungen gemäß § 20 Abs. 2 IfSG un-
Jahr 2007 neu geregelt worden. Nach § 20i Abs. 1 ter besonderer Berücksichtigung der Bedeutung der
Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Leis- Schutzimpfungen für die öffentliche Gesundheit.
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2021 26. August 2021 39
Die in den STIKO-Empfehlungen mit „B“ gekenn- man 3 oder mehr Erkrankungen der gleichen
zeichneten Impfungen umfassen auch solche für Serogruppe binnen 3 Monaten:
Berufsgruppen, die den genannten Verordnungen • in einem begrenzten Alterssegment der Be-
nicht unterliegen. Ebenso werden in dieser Katego- völkerung (z. B. Jugendliche) eines Ortes oder
rie auch Impfungen aufgeführt, die vorrangig zum • in einer Region mit einer resultierenden
Schutz Dritter indiziert sind. Selbst wenn die ge- Inzidenz von ≥ 10/100.000 der jeweiligen
nannten Verordnungen in diesen Fällen nicht grei- Bevölkerung.
fen, sollten betroffene Arbeitgeber diese Impfungen
in ihrem eigenen Interesse anbieten, da hierdurch In Ergänzung zur Antibiotikaprophylaxe für enge
eventuellen Regressansprüchen entgegengewirkt Kontaktpersonen (s. Tab. 6, S. 40, sowie Empfehlun-
werden kann bzw. Kosten für Ausfallzeiten von Be- gen der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische
schäftigten entfallen. Inwieweit die mit „B“ gekenn- Infektiologie – DGPI – oder des Nationalen Refe-
zeichneten Empfehlungen eine Pflichtleistung der renzzentrums für Meningokokken sowie im RKI-
GKV sind, wird in der Schutzimpfungs-Richtlinie Ratgeber „Meningokokken“) können die zuständi-
des G-BA festgelegt. gen Gesundheitsbehörden zusätzlich eine Impf
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2021 26. August 2021 40
Bei Epidemien oder regional erhöhter Morbidität. Impfung entsprechend den Empfehlungen der Gesundheits-
behörden.
Hepatitis A Kontakt zu Hepatitis-A-Kranken (vor allem in Gemeinschafts- Postexpositionelle Impfung mit monovalentem HAV-Impf-
(HA) einrichtungen). stoff innerhalb von 14 Tagen nach Exposition:
Nach einer Exposition von Personen, für die eine Hepatitis A
eine besonders große Gefahr darstellt (z. B. chronisch HBV-
oder HCV-Infizierte), sollte simultan mit der 1. Impfung ein
Immunglobulin-Präparat gegeben werden. (s. a. RKI-Ratgeber
„Hepatitis A“, www.rki.de/ratgeber > Hepatitis A)
Neugeborene HBsAg-positiver Mütter oder von Müttern s. Anmerkungen zu einzelnen Impfungen (Kapitel 3.2, S. 14)
mit unbekanntem HBsAg-Status (unabhängig vom Geburts-
gewicht).
Masern Personen mit unklarem Impfstatus, ohne Impfung oder Impfung mit einem MMR(V)*-Impfstoff möglichst innerhalb
mit nur einer Impfung in der Kindheit nach Kontakt zu von 3 Tagen nach Exposition; zur Anzahl der Impfstoffdosen
Masernkranken: und den Zeitpunkten der Verabreichung sind folgende alters-
spezifischen Hinweise zu beachten.
▶▶ im Alter von 6 – 8 Monaten: ausnahmsweise nach ▶▶ Impfung; die 2. und 3. Impfstoffdosis soll im Alter von
individueller Risiko-Nutzen-Abwägung (Off-label-use) 11 und 15 Monaten gegeben werden.
▶▶ im Alter von 9 – 10 Monaten ▶▶ 1. Impfung; die 2. Impfung soll zu Beginn des zweiten
Lebensjahres erfolgen.
▶▶ im Alter von 11 Monaten – 17 Jahren ▶▶ Ungeimpfte bzw. Personen mit unklarem Impfstatus erhal-
ten eine zweimalige Impfung im Abstand > 4 Wochen;
bisher einmal Geimpfte erhalten eine Impfung.
▶▶ im Alter von ≥ 18 Jahren, nach 1970 Geborene. ▶▶ Ungeimpfte bzw. Personen mit unklarem Impfstatus oder
mit nur einer Impfung in der Kindheit erhalten eine
einmalige Impfung.
* MMR(V) = MMR-Impfung mit oder ohne Ko-Administration von VZV-Impfung.
(Fortsetzung Tabelle 6)
Die Chemoprophylaxe ist indiziert, falls enge Kontakte mit ggf. Ceftriaxon:
dem Indexfall in den letzten 7 Tagen vor dessen Erkrankungs- von 2 – 11 Jahren (< 50 kg): 1 x 125 mg i. m.
beginn stattgefunden haben. Sie sollte möglichst bald nach ≥ 12 Jahren (≥ 50 kg): 1 x 250 mg i. m.
der Diagnosestellung beim Indexfall erfolgen, ist aber bis zu Eradikationsrate: 97 %
10 Tage nach letzter Exposition sinnvoll. ggf. Azithromycin:
Eine postexpositionelle Impfung wird zusätzlich zur ≥18 Jahren (vor allem für exponierte Schwangere):
Chemoprophylaxe ungeimpften Haushaltskontakten oder 1 x 500 mg p. o.
engen Kontakten mit haushaltsähnlichem Charakter Eradikationsrate: 93 %
empfohlen, wenn die Infektion des Indexfalls durch die Da bei Schwangeren die Gabe von Rifampicin und
Serogruppen A, C, W, Y oder B verursacht wurde. Die Gyrasehemmern kontraindiziert ist, kommt bei ihnen zur
Impfung sollte sobald wie möglich nach Serogruppenbestim- Prophylaxe ggf. Ceftriaxon (1 x 250 mg i. m. oder i.v.) sowie
mung des Erregers beim Indexfall durchgeführt werden. Azithromycin (einmalig 500 mg p. o.) in Frage.
Ein Indexfall mit einer invasiven Meningokokken-Infektion
sollte nach Abschluss der Therapie ebenfalls Rifampicin
erhalten, sofern er nicht intravenös mit einem Cephalosporin
der 3. Generation behandelt wurde.
Postexpositionelle Impfung:
▶▶ Bei Serogruppe C:
Impfung mit einem Konjugat-Impfstoff ab dem Alter
≥ 2 Monaten nach den Angaben in den Fachinformationen
(s. S. 21)
▶▶ Bei Serogruppe A, W oder Y:
Impfung mit Meningokokken-ACWY-Konjugat-Impfstoff,
sofern für Altersgruppe zugelassen (s. S. 21)
▶▶ Bei Serogruppe B:
Impfung mit einem Meningokokken-B-Impfstoff nach den
Angaben der Fachinformation, sofern für Altersgruppe zu-
gelassen (s. S. 20 f.)
(s. a. Neuerungen Epid Bull 33/2010 und Epid Bull 31/2012).
Mumps ▶▶ Ungeimpfte bzw. in der Kindheit nur einmal geimpfte Einmalige Impfung mit MMR-Impfstoff (möglichst innerhalb
Personen oder Personen mit unklarem Impfstatus mit von 3 Tagen nach Exposition).
Kontakt zu Mumpskranken
Pertussis ▶▶ Ungeimpfte Personen mit engen Kontakten zu einer er- Chemoprophylaxe mit einem Makrolid empfohlen
krankten Person in Familie, Wohngemeinschaft oder einer (s. a. RKI-Ratgeber „Pertussis“ unter www.rki.de/ratgeber >
Gemeinschaftseinrichtung Pertussis).
▶▶ Geimpfte Personen mit engen Kontakten zu einer erkrank-
ten Person, wenn sich in ihrer Umgebung gefährdete
Personen (wie z. B. ungeimpfte oder nicht vollständig
geimpfte Säuglinge, Kinder mit kardialen oder pulmonalen
Grundleiden oder Schwangere im letzten Trimenon)
befinden
Poliomyelitis Alle Kontaktpersonen von Poliomyelitis-Erkrankten unab- Postexpositionelle Impfung mit IPV ohne Zeitverzug.
hängig von ihrem Impfstatus. Sofortige umfassende Ermittlung und Festlegung von
Maßnahmen durch die Gesundheitsbehörde.
Ein Sekundärfall ist Anlass für Riegelungsimpfungen. Riegelungsimpfung mit IPV und Festlegung weiterer Maßnah-
men durch Anordnung der Gesundheitsbehörden.
Tetanus s. Tabelle 7, S. 42
Varizellen 1. Bei ungeimpften Personen mit negativer Varizellen- Postexpositionelle Impfung innerhalb von 5 Tagen nach
Anamnese und Kontakt zu Risikopersonen Exposition* * oder innerhalb von 3 Tagen nach Beginn des
Exanthems beim Indexfall. Unabhängig davon sollte der
Kontakt zu Risikopersonen (wie z. B. die unter 2. Genannten)
unbedingt vermieden werden.
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2021 26. August 2021 42
(Fortsetzung Tabelle 6)
prophylaxe empfehlen, sofern das gehäufte Auftre- Für die Impfungen können die zugelassenen Impf-
ten oder der Ausbruch durch einen impfpräventab- stoffe eingesetzt werden, die vor der verursachen-
len Stamm hervorgerufen wurde. Begründet ist die den Serogruppe schützen (s. S. 20 f. Anmerkungen
Ein Infektionsrisiko besteht bei Stich- und Schnitt- 3. Der HBsAg-Status des Indexfalls ist unbekannt:
verletzungen (insbesondere mit Hohlnadeln) und Hier sollte umgehend (innerhalb von 48 h)
bei Blutkontakt mit Schleimhaut oder nicht intakter HBsAg beim Indexfall bestimmt werden. In
Haut. Jedes Ereignis dieser Art (z. B. im Gesund- Abhängigkeit vom Testergebnis sollte wie unter 1.
heitsdienst beim Umgang mit infizierten PatientIn- bzw. 2. beschrieben vorgegangen werden. Ist eine
nen, nachfolgend als Indexfall bezeichnet) sollte Testung nicht innerhalb von 48 h oder gar nicht
durch die Beschäftigten (nachfolgend als Exponierte möglich (z. B. Stich erfolgte durch Kanüle im
bezeichnet) als Arbeitsunfall gemeldet werden. Der Müllsack), wird der Indexfall grundsätzlich als
HBsAg-Status des Indexfalls und der Hepatitis-B- HBsAg-positiv eingestuft, d. h. weiteres Vorgehen
Impfstatus der Exponierten sollten ermittelt werden. abhängig vom Impfstatus der Exponierten (s. u.).
Die weiteren Maßnahmen hängen vom HBsAg- Das nachfolgend beschriebene Vorgehen ist zusätz-
Status des Indexfalls ab: lich in Form eines Fließschemas (s. Abb. 1 unten auf
1. Der Indexfall ist HBsAg-negativ: Weitere Maß- dieser Seite) dargestellt.
nahmen bzgl. Hepatitis B erübrigen sich.* Sind
Exponierte ungeimpft oder unvollständig geimpft, Für vollständig geimpfte Exponierte gilt:
sollte die Grundimmunisierung begonnen bzw. Vorgehen in Abhängigkeit vom letzten Anti-HBs-
komplettiert werden. Wert:
2. Der Indexfall ist HBsAg-positiv: Das weitere
* Sehr selten können auch HBsAg-negative Personen infektiös sein.
Vorgehen ist abhängig vom Impfstatus der
Aus Kosteneffektivitätsgründen scheint eine routinemäßige Testung
Exponierten und ist weiter unten erläutert. aller Indexfälle auf HBV-DNA nicht praktikabel.
Ja Nur
Impfstoff
Anti-HBs War
innerhalb der Anti-HBs war < 10 IE/l Anti-HBs
letzten jemals
10 Jahre ≥ 100 IE/l?
gemessen Nein Impfstoff
und
Immunglobulin
Vollständig
geimpft
Anti-HBs vor
Anti-HBs war ≥ 100 IE/l
> 10 Jahren
oder nie
gemessen Keine
Aktuelles Anti-HBs ≥ 100 IE/l Maßnahmen
Anti-HBs-
Bestimmung Aktuelles Anti-HBs 10 – 99 IE/l
innerhalb
Unvollständig von 48 h Nur
geimpft# Impfstoff
Ja
Aktuelles War
Anti-HBs < 10 IE/l Anti-HBs
Ungeimpft # jemals
oder Bestimmung ≥ 100 IE/l?
oder „Non- innerhalb von 48 h Nein
Responder“ nicht möglich Impfstoff
(dauerhaft und
Anti-HBs Immunglobulin
negativ bzw.
< 10 IE/l)
# Bei unvollständig geimpften oder ungeimpften Personen sollte die Grundimmunisierung komplettiert werden.
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2021 26. August 2021 44
▶▶ Anti-HBs wurde innerhalb der letzten 10 Jahre Für unvollständig geimpfte Exponierte gilt:
gemessen: ▶▶ Sofortige Bestimmung des aktuellen Anti -HBs-
• Anti-HBs war ≥ 100 IE/l: keine Maßnahmen Wertes. Das weitere Vorgehen ist vom Testergeb-
• Anti-HBs war 10 – 99 IE/l: Sofortige Bestim- nis abhängig (s. Tab. 7, S. 42).
mung des aktuellen Anti-HBs-Wertes, das wei- ▶▶ Durchführung der fehlenden Impfungen (gege-
tere Vorgehen ist vom Testergebnis abhängig benenfalls kann ein verkürztes Impfschema ange-
(s. Tab. 7, S. 42). wandt werden, s. Fachinformation).
• Anti-HBs war < 10 IE/l: Blutentnahme (Be-
stimmung von: HBsAg, Anti-HBc, Anti-HBs), Für ungeimpfte Exponierte und bekannte „Non-
danach sofort simultane Gabe von HB-Impf- Responder“ (d. h. dauerhaft Anti-HBs < 10 IE/l) gilt:
stoff und HB-Immunglobulin, ohne das Test ▶▶ Blutentnahme (Bestimmung von: HBsAg, Anti-
ergebnis abzuwarten.* * Ausnahme: Wenn zu HBc, Anti-HBs), danach sofort simultane Gabe
einem früheren, d. h. mehr als 10 Jahre zu- von HB-Impfstoff und HB-Immunglobulin, ohne
rückliegenden Zeitpunkt schon einmal ein An- das Testergebnis abzuwarten.* *
ti-HBs ≥ 100 IE/l gemessen wurde, sollte nur ▶▶ Bei ungeimpften Personen sollten 2 weitere Impf-
1 Tiefe und/oder verschmutzte (mit Staub, Erde, Speichel, Stuhl kontaminierte) Wunden, Verletzungen mit Gewebszertrümmerung und reduzierter
Sauerstoffversorgung oder Eindringen von Fremdkörpern (z. B. Quetsch-, Riss-, Biss-, Stich-, Schusswunden), schwere Verbrennungen und
Erfrierungen, Gewebsnekrosen, septische Aborte.
2 Kinder unter < 6 Jahre erhalten einen Kombinationsimpfstoff mit TDaP, ältere Kinder und Jugendliche Tdap. Erwachsene erhalten ebenfalls Tdap,
wenn sie noch keine Pertussis-Impfung im Erwachsenenalter (≥ 18 Jahre) erhalten haben oder sofern eine aktuelle Indikation für eine Pertussis-
Impfung besteht (s. Tab. 2, S. 12 ).
3 TIG = Tetanus-Immunglobulin. TIG (im Allgemeinen 250 IE) wird simultan mit einer TDaP- bzw. Tdap-Impfstoffdosis aber kontralateral appliziert.
Die TIG-Dosis kann auf 500 IE erhöht werden bei:
(a) infizierten Wunden, bei denen eine angemessene chirurgische Behandlung nicht innerhalb von 24 h gewährleistet ist; (b) tiefen oder kontami-
nierten Wunden mit Gewebszertrümmerung und reduzierter Sauerstoffversorgung; (c) Eindringen von Fremdkörpern (z. B. Biss-,
Stich- oder Schusswunden); (d) schweren Verbrennungen und Erfrierungen, Gewebsnekrosen und septischen Aborten.
4 Für PatientInnen, bei denen die Grundimmunisierung begonnen, aber noch nicht abgeschlossen ist (z. B. Säuglinge), muss der Abstand zur letzten
Impfstoffdosis berücksichtigt werden. Eine postexpositionelle Impfung am Tag der Wundversorgung ist nur sinnvoll, wenn der Abstand zu der
vorhergehenden Impfstoffdosis mindestens 28 Tage beträgt. Bezüglich des Abschlusses einer Grundimmunisierung gelten die Nachholimpf
empfehlungen der STIKO.
5 Nach Mitteilungen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) von April 2018 werden die Kosten für Tetanus-Kombinationsimpfungen
generell übernommen, soweit nach Empfehlungen der STIKO nach einem Arbeitsunfall eine Tetanus-Prophylaxe erforderlich ist.
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2021 26. August 2021 45
nelle Tetanus-Impfungen unverzüglich durchzu- Gabe beim ersten Impftermin versäumt wurde,
führen. Fehlende Impfungen der Grundimmunisie- kann diese bis zu 7 Tage nach der ersten Tollwut-
rung sind unbedingt nachzuholen (s. Kapitel 6.10 Impfstoffdosis nachgeholt werden.
„Altersabhängige Empfehlungen zur Durchfüh- ▶▶ Bei erneuter Exposition einer Person, die bereits
Jodpräparat zu behandeln. Wunden sollten mög- tionszeit, die zwischen < 10 Tagen und > 1 Jahr
lichst nicht primär genäht werden. betragen kann, ist bei begründetem Verdacht eine
▶▶ Ab Expositionsgrad II erfolgt die Immunisierung Postexpositionsprophylaxe auch Wochen bis Mo-
mit einem Tollwut-Impfstoff nach einem für die nate nach Exposition noch sinnvoll.
Postexpositionsprophylaxe indizierten Schema ▶▶ Zu beachten ist die Überprüfung der Tetanus
* Die einzelnen Impfungen und die Gabe von Tollwut-Immunglobulin sind sorgfältig zu dokumentieren.
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2021 26. August 2021 46
monitoring/globalsummary/schedules und auf der wäre. Ferner lässt die Antikörperkonzentration kei-
ECDC-Internetseite https://vaccine-schedule.ecdc. nen Rückschluss auf eine möglicherweise bestehen-
europa.eu/Pages/Scheduler.aspx, wo die nationalen de zelluläre Immunität zu. Grundsätzlich gilt, dass
Impfpläne aller Länder aufgelistet sind. Grundsätz- routinemäßige Antikörperbestimmungen vor oder
lich gilt, dass Impfungen, die nicht dokumentiert nach Standardimpfungen nicht angebracht sind.
sind, den S TIKO-Empfehlungen entsprechend Ausnahmen bilden die Überprüfung des Impferfol-
nachgeholt werden sollen. ges bei Personen mit Immundefizienz (s. Grund
lagenpapier mit Anwendungshinweisen für Imp-
Bei unbekanntem Impfstatus, das heißt bei fehlen- fungen bei PatientInnen mit Immundefizienz
der oder unvollständiger Dokumentation von Imp- (www.rki.de/immundefizienz) sowie zum Nachweis
fungen, ist im Interesse der zu schützenden Person des Schutzes gegen Hepatitis B bei Personen mit ei-
von fehlenden Impfungen auszugehen. Anamnes- ner Impfindikation gemäß Tabelle 2 (s. S. 8). Emp-
tische Angaben zu bisherigen Impfungen oder fohlen werden Antikörperkontrollen außerdem zum
durchgemachten Krankheiten (z. B. Masern, Nachweis eines Varizellen-Schutzes bei Frauen mit
Mumps, Röteln) sind mit Ausnahme von Varizellen Kinderwunsch und unklarer Varizellen-Anamnese.
(s. u.) oft unzuverlässig und sollten bei der Planung
von Nachholimpfungen nicht berücksichtigt wer- 6.7 Ist „Überimpfen“ gefährlich?
den. In Einzelfällen ist ein hiervon abweichendes Von zusätzlich verabreichten Impfstoffdosen geht
Vorgehen vertretbar. in der Regel kein erhöhtes Risiko aus. Deshalb kön-
nen zur Verringerung der notwendigen Injektionen
6.5 Anamnestische Angaben zu Varizellen Kombinationsimpfstoffe auch dann verwendet wer-
Die anamnestischen Angaben zu Varizellen (Wind- den, wenn nicht alle enthaltenen Antigene/Impf-
pocken) sind meist zuverlässig. Studien belegen, stoffkomponenten erforderlich sind (s. a. Wahl der
dass die Angabe einer früher durchgemachten Vari- Impfstoffe). In Ausnahmefällen kann es nach wie-
zellen-Erkrankung mit typischem klinischem Bild derholter Gabe von Totimpfstoffen zu Nebenwir-
eine hohe Aussagekraft besitzt.K Nach anamnestisch kungen wie einer ausgeprägten lokalen Unverträg-
durchgemachten Windpocken ist die Varizellen- lichkeitsreaktion mit schmerzhafter Schwellung
Impfung nicht erforderlich. In Zweifelsfällen sollte und Rötung der betroffenen Extremität (sogenann-
die Varizellen-Impfung jedoch durchgeführt wer- tes Arthus-Phänomen) kommen. Diese selbstlimi-
den, da insbesondere bei Jugendlichen und jungen tierende Reaktion tritt am ehesten bei hohen vorbe-
Erwachsenen Komplikationen der Varizellen (z. B. stehenden Serum-Antikörperkonzentrationen nach
Pneumonie, Enzephalitis, Risiko der Fetopathie bei sehr häufigen Impfungen mit Tetanus- und/oder
Erkrankungen in der Schwangerschaft) zunehmen.L Diphtherietoxoid auf. Nach dem Auftreten eines
Bei Personen, die aus tropischen Ländern, insbe- Arthus-Phänomens sollte vor weiteren Impfungen
sondere Südostasien einreisen, ist zu beachten, dass mit Td eine Antikörperbestimmung erfolgen. Für
eine Immunität gegenüber Varizellen bei Jugend Pertussis-Antigene besteht z. B. dieses Risiko nicht.M
lichen und jungen Erwachsenen dort deutlich selte-
ner besteht als in Europa. 6.8 Wahl der Impfstoffe
Kombinationsimpfstoffe sind den monovalenten
6.6 Indikation für serologische Impfstoffen vorzuziehen, weil dadurch die Anzahl
Antikörperbestimmungen der Injektionen reduziert, das Impfziel früher er-
Serologische Kontrollen zur Klärung der Notwen- reicht und die Akzeptanz von Impfungen gesteigert
digkeit von Nachholimpfungen sind nur in Ausnah- werden kann. Gegen bestimmte Krankheiten
mefällen sinnvoll, da die in klinischen Laboratorien (Diphtherie im Kindesalter, Masern, Mumps,
verwendeten Testmethoden häufig keine ausrei- Röteln, Pertussis) sind in Deutschland aktuell keine
chende Sensitivität und Spezifität aufweisen. Für monovalenten Impfstoffe verfügbar, sodass hier
manche impfpräventablen Krankheiten (z. B. Per- zwangsläufig Kombinationsimpfstoffe gegeben
tussis) existiert kein sicheres serologisches Korrelat, werden müssen (z. B. zum Nachholen einer fehlen-
das als Surrogatmarker für Immunität geeignet den Mumps- oder Röteln-Impfung mit MMR-Impf-
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2021 26. August 2021 48
stoff). Aufgrund der altersabhängigen Änderungen Komponente erreicht werden, weil bei der derzeiti-
von Impfindikationen (z. B. Haemophilus influenzae gen Durchseuchung mit Bordetella pertussis die zu
Typ b bis zum Alter < 5 Jahre, Pneumokokken bis impfende Person im Allgemeinen nicht mehr im-
zum Alter < 2 Jahre und der Einschränkung der An- munologisch naiv gegen Pertussis ist. In einer
wendung von zugelassenen Impfstoffen auf be- Studie wurde bei über 90 % der Geimpften ab dem
stimmte Altersgruppen sind für Nachholimpfungen Alter von 11 Jahren bereits durch eine Impfstoffdosis
meist individuelle Impfpläne notwendig. eine Immunantwort induziert. J Entsprechende
Hinweise finden sich auch in den Fachinforma
Die 6-fach-Impfstoffe (DTaP-IPV-Hib-HepB) tionen der betreffenden Impfstoffe.
Infanrix hexa, Hexyon und Vaxelis können entspre- Ab ≥ 5 Jahren sollen für Impfungen gegen Diph
chend den aktuellen Fachinformationen für die therie und Pertussis Impfstoffe mit reduzierter An-
Grundimmunisierung und Auffrischimpfung von tigenmenge (d statt D und ap statt aP) verwendet
Säuglingen und Kleinkindern verwendet werden; werden. Während die Td-Impfstoffe (Td-Impfstoff
ein konkretes Höchstalter ist nicht aufgeführt. Nach Mérieux, Td-pur) und der monovalente IPV-Impf-
Aussage des PEI in seiner Funktion als nationale stoff (IPV-Mérieux) nach den Fachinformationen
Zulassungsbehörde existiert in diesem Zusammen- zur Grundimmunisierung zugelassen sind, sind die
hang keine verbindliche Definition des Begriffs entsprechenden Kombinationsimpfstoffe mit Per-
„Kleinkind“. Die 5-fach-Impfstoffe (DTaP-IPV-Hib) tussis-Komponente (Tdap: Boostrix, Covaxis, Tdap-
Infanrix-IPV+Hib und Pentavac sind laut Fach IPV: Boostrix-Polio, Repevax) primär zur Auf
informationen ab dem Alter ≥ 2 Monate anwend- frischimpfung vorgesehen.
bar; eine obere Altersgrenze ist nicht genannt (s. Nach Auffassung des PEI ist mit dem Begriff
Tab. 11, S. 54 f.). Zur Grundimmunisierung gegen „Grundimmunisierung“ nur die Erstimmunisie-
Haemophilus influenzae Typ b reicht ab dem Alter rung im Säuglings- und frühen Kleinkindalter ge-
≥ 12 Monate eine Impfstoffdosis aus. Trotzdem kön- meint, für die Impfstoffe mit höherem Diphtherie-
nen die üblichen 5-fach- bzw. 6-fach-Impfstoffe und Pertussis-Antigengehalt (groß D bzw. groß P)
DTaP-IPV-Hib(-HepB) weiter verwendet werden, verwendet werden sollen. Das PEI hat – in seiner
wenn dies zur Komplettierung der übrigen Imp- Funktion als Zulassungsbehörde für Impfstoffe –
fungen zweckmäßig ist. Negative Auswirkungen festgestellt, dass die oben genannten ap-haltigen
aufgrund der überzähligen Hib-Impfstoffdosen Impfstoffe zur Erstimmunisierung von älteren Kin-
sind nicht zu befürchten. Alternativ können fehlen- dern, Jugendlichen und Erwachsenen mit unbe-
de Impfungen mit dem 3-fach-Impfstoff Infanrix kannten Impfstatus bzw. ohne bisherige Impfung
(DTaP, zugelassen bis zum Alter < 6. Jahre) und – gegen Tdap-(IPV) verwendet werden können
simultan oder zeitlich versetzt – mit monovalenten
Impfstoffen gegen Hepatitis B und Poliomyelitis Der Gebrauch von Boostrix (Tdap), Boostrix-Polio
ergänzt werden. Eine mit einem bestimmten Kom- (Tdap-IPV), Covaxis (Tdap) und Repevax (Tdap-IPV)
binationsimpfstoff begonnene Impfserie kann mit ist zur Erstimmunisierung ab dem jugendlichen
Impfstoffen eines anderen Herstellers vervollstän- Alter ≥ 12 Jahre von der Zulassung gedeckt.
digt werden.
Wenn die aufgeführten Impfstoffe außerhalb der
Für die Hepatitis-B-Impfung werden je nach Le- genannten Altersgrenzen verwendet werden, sollte
bensalter unterschiedlich dosierte Impfstoffe ver- über den Off-label-use entsprechend aufgeklärt (Off-
wendet (Fachinformation beachten). label-use s. Kapitel 4.2, S. 27 f.) und dies auch schrift-
lich dokumentiert werden.
6.9 Impfungen gegen Tetanus, Diphtherie,
Poliomyelitis und Pertussis ab dem Alter Für Auffrischimpfungen können alle genannten
von 5 Jahren Impfstoffe für das in der jeweiligen Zulassung ge-
Ein Schutz gegen Pertussis kann bei älteren Kin- nannte Alter ohne Einschränkung verwendet wer-
dern und Erwachsenen bereits durch die einmalige den. Dies schließt die Vervollständigung einer frü-
Gabe eines Kombinationsimpfstoffs mit Pertussis- her begonnenen Impfserie ein.
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2021 26. August 2021 49
Tetanus N1 N2 N3 A1 A2
Diphtherie (D) N1 N2 N3 A1 A2
Pertussis (aP) N1 N2 N3 A1 A2
Hib N1 N2 N3
Poliomyelitis N1 N2 N3 A1
Hepatitis B N1 N2 N3
Pneumokokken N1 N2 N3
Kinder im Alter von < 12 Monaten Die Rotavirus-Impfserie kann nur in einem kurzen
Fehlende DTaP-IPV-Hib-HepB- und Pneumokokken Zeitfenster nachgeholt werden, da die 1. Impfstoff-
konjugat-Impfstoffdosen werden nachgeholt. Für dosis bis zum Alter von 12 Wochen und die letzte
eine vollständige DTaP-IPV-Hib-HepB- und Pneu- Dosis je nach verwendetem Impfstoff vorzugsweise
mokokken-Grundimmunisierung sollen je 2 Impf- bis zum Alter von 16 Wochen (Rotarix) bzw. 20 –
stoffdosen in zweimonatigem Abstand und eine 22 Wochen (RotaTeq) verabreicht werden sollte (s.
3. Impfstoffdosis mit dem jeweiligen Impfstoff im Fachinformationen). Die Impfserie muss bis zum
Abstand von ≥ 6 Monaten zur vorangegangenen Alter von 24 (Rotarix) bzw. 32 (RotaTeq) Wochen
Impfung verabreicht werden (Impfstoffe mit alters abgeschlossen sein.
entsprechendem Antigengehalt verwenden, s.
Tab. 11, S. 54 f.). Weitere Impfungen erfolgen gemäß dem allgemei-
nen Impfkalender der STIKO.
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2021 26. August 2021 50
Tabelle 10B | Kinder im Alter von ≥ 12 Monaten bis < 5 Jahre
Hib N1
Poliomyelitis N1 N2 N3 A1c
Hepatitis B N1 N2 N3
N2
Pneumokokkend N1 (Impfabstand
≥ 8 Wochen)
Meningokokken C N1
MMRe N1 N2
Varizellene N1 N2
Kinder im Alter von ≥ 12 Monaten bis < 5 Jahre impfstoff im Vergleich zu einer simultanen Gabe
Für eine vollständige DTaP-IPV-Hib-HepB- und von MMR- und V-Impfstoff sollte für die 1. Impfung
Pneumokokken-Grundimmunisierung sollen je von Kindern < 5 Jahre die getrennte MMR- und
2 Impfstoffdosen in zweimonatigem Abstand und V-Impfung bevorzugt werden. Die 2. Impfung ge-
eine 3. Impfstoffdosis mit dem jeweiligen Impfstoff gen MMR und V kann mit dem M MRV-
im Abstand von ≥ 6 Monaten zur vorangegangenen Kombinationsimpfstoff oder simultan mit einem
Impfung verabreicht werden (Impfstoffe mit alters MMR- und V-Impfstoff erfolgen.
entsprechendem Antigengehalt verwenden, s.
Tab. 11, S. 54 f.). Auffrischimpfungen werden im Al-
ter von 5 – 6 Jahren (frühestens 2 Jahre nach der
3. Impfstoffdosis) und mit 9 – 16 Jahren gegeben. Ab
dem Alter von 12 Monaten sind für Hib nur noch
eine Impfstoffdosis und für Pneumokokken nur
noch 2 Impfstoffdosen (im Abstand von 8 Wochen)
erforderlich. Ab dem Alter von ≥ 2 Jahren ist eine
Pneumokokken-Impfung nur noch für Kinder mit
besonderem Risiko empfohlen (Indikationsimp-
fung). Zusätzlich erfolgen 2 MMR- und Varizellen-
Impfungen im Abstand von 4 – 6 Wochen und eine
Meningokokken-C-Konjugatimpfung. Aufgrund ei-
nes leicht erhöhten Risikos von Fieberkrämpfen
nach der Erstimpfung mit MMRV-Kombinations-
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2021 26. August 2021 51
Tetanus N1 N2 N3 A1a
Poliomyelitis N1 N2 N3 A1
Hepatitis B N1 N2 N3
Meningokokken C N1
MMR N1 N2
Varizellen N1 N2
a Je nach Alter bei Abschluss der Grundimmunisierung sind auch 2 Auffrischimpfungen bis zum Erreichen des Erwachsenenalters möglich
(Abstand zwischen G und A1 sowie A1 und A2 jeweils 5 – 10 Jahre).
b In Deutschland ist kein monovalenter Pertussis-Impfstoff verfügbar. Daher kann die Impfung nur mit Tdap- oder Tdap-IPV-Kombinationsimpfstoff
erfolgen.
c Grundimmunisierung (G) mit 2 Impfstoffdosen im Abstand von mindestens 5 Monaten (Fachinformation beachten).
Kinder im Alter von ≥ 5 bis < 11 Jahre In Abhängigkeit vom Alter bei Abschluss der Erstim-
Fehlende Polio-Impfungen und DTaP- bzw. Tdap- munisierung können für diese Altersgruppe eine
Impfstoffdosen werden unter Verwendung von oder zwei Tdap-Auffrischimpfungen im Alter von
Impfstoffen mit altersentsprechendem Antigen ≥ 10 – 17 Jahren sinnvoll sein. Eine Auffrischimpfung
gehalt nachgeholt (s. Tab. 11, S. 54 f.). Bis zum Alter sollte frühestens 5 Jahre nach der letzten Dosis der
von < 6 Jahren kann laut Fachinformation der Erstimmunisierung bzw. nach einer vorangegange-
3-fach-Impfstoff Infanrix (DTaP) verwendet werden nen Auffrischimpfung erfolgen. Die Erstimmunisie-
und simultan am anderen Arm eine Impfung gegen rung gegen Hepatitis B besteht aus 3 Impfstoffdosen
Poliomyelitis mit IPV-Impfstoff erfolgen. (0-1-6 Monate). Zusätzlich erfolgen zwei MMR- und
Varizellen-Impfungen im Abstand von 4 – 6 Wochen
Ab dem Alter von 5 bzw. 6 Jahren (je nach Angaben und eine Impfung mit einem Meningokokken-C-
des Herstellers) sollte ein Impfstoff mit reduzier- Konjugatimpfstoff.
tem Diphtherietoxoid- (d) und Pertussis-Antigen
gehalt (p) verwendet werden (3 Impfstoffdosen im Kinder und Jugendliche im Alter von ≥ 9 – 14 Jahren
Abstand von 0-1-6 Monaten, s. Tab. 11, S. 54 f.). sollten zwei HPV-Impfstoffdosen im Abstand von
mindestens 5 Monaten erhalten (Fachinformation
In Deutschland ist jedoch aktuell kein Tdap- oder beachten).
Tdap-IPV-Impfstoff für die Grundimmunisierung
in der Altersgruppe von 6 – 11 Jahren verfügbar. Für
Kinder in dieser Altersgruppe muss mit einem der
Impfstoffe, die ab dem Alter ≥ 12 Jahre zugelassen
sind, off-label geimpft werden. Eine entsprechende
Aufklärung und Dokumentation ist erforderlich.
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2021 26. August 2021 52
Tabelle 10D | Kinder bzw. Jugendliche im Alter von ≥ 11 bis < 18 Jahren
Tetanus N1 N2 N3 A1
Diphtherie (d) N1 N2 N3 A1
Pertussis (ap)a N1 A1
Poliomyelitis N1 N2 N3 A1
Hepatitis B N1 N2 N3
Meningokokken C N1
MMR N1 N2
Varizellen N1 N2
9 – 14 Jahre G1 G2
HPVb (Kinder
und Jugendliche)
> 14 Jahre N1 N2 N3
a In Deutschland ist kein monovalenter Pertussis-Impfstoff verfügbar. Daher kann die Impfung nur mit Tdap- oder Tdap-IPV-Kombinationsimpfstoff
erfolgen.
b Wenn 1. Impfung im Alter von ≥ 9 – 14 Jahren: Grundimmunisierung (G) mit 2 Impfstoffdosen im Abstand von mindestens 5 Monaten; bei Nach-
holimpfung (N) mit der 1. Impfung im Alter von ≥ 15 Jahren sind 3 Impfstoffdosen erforderlich (Fachinformation beachten).
Kinder bzw. Jugendliche im Alter von ≥ 11 bis Zusätzlich erfolgen 2 MMR- und Varizellen-Imp-
< 18 Jahren fungen im Abstand von 4 – 6 Wochen und eine
Bei fehlender Impfung gegen Pertussis kann ein Meningokokken-C-Konjugatimpfung.
Schutz bereits durch 1 Dosis Tdap- oder Tdap-IPV-
Impfstoff erreicht werden.S Falls auch eine Erstim- Bei Kindern und Jugendlichen im Alter < 15 Jahren
munisierung gegen Tetanus, Diphtherie und/oder sollte eine zweimalige HPV-Impfung im Abstand
Poliomyelitis indiziert ist, sollte die erste der erfor- von mindestens 5 Monaten durchgeführt werden.
derlichen 3 Impfungen (0-1-6 Monate) mit einem Die Impfung soll bis zum Alter von < 18 Jahren
Tdap- bzw. Tdap-IPV-Impfstoff erfolgen (s. Tab. 11, nachgeholt werden. Bei Nachholimpfungen mit der
S. 54 f.). 1. Impfstoffdosis im Alter von ≥ 15 Jahren sind insge-
samt 3 Impfstoffdosen erforderlich (Fachinforma
Eine Auffrischimpfung mit Tdap bzw. Tdap-IPV soll- tion beachten).
te 5 – 10 Jahre nach Abschluss der Erstimmunisie-
rung, möglichst noch vor Erreichen des Erwachse-
nenalters, erfolgen.
Diphtherie (d) N1 N2 N3 A
Poliomyelitis N1 N2 N3 A1 (einmalig)
Herpes zoster
für Erwachsene N1 N2
≥ 60 Jahrec
a In Deutschland ist kein monovalenter Pertussis-Impfstoff verfügbar. Daher kann die Impfung nur mit Tdap- oder Tdap-IPV-Kombinationsimpfstoff
erfolgen.
b Ungeimpfte Frauen oder Frauen ohne Impfdokumentation erhalten 2 Impfungen, einmal geimpfte Frauen 1 Impfstoffdosis. Mangels eines
monovalenten Röteln-Impfstoffs kann MMR-Impfstoff verwendet werden.
c 2-malige Impfung mit dem Herpes-zoster-Totimpfstoff im Abstand von mindestens 2 bis maximal 6 Monaten
keine Angabe
Vaxchora 6 Jahren
(begrenzte Daten bei Personen ≥ 65 Jahre)
Td-Immun
Td (vorübergehend nicht verfügbar)
5. Geburtstag (60 Monaten) ohne Altersgrenze
Tollwut-Impfstoff (HDC)
Geburt ohne Altersgrenze
Inaktiviert
Tollwut
Rabipur Geburt ohne Altersgrenze
Herpes zoster
Hinweis für Leser der gedruckten Ausgabe: Die
7 Wissenschaftliche Begründung zur Empfeh-
wissenschaftlichen Begründungen sind online
lung einer Impfung mit dem Herpes zoster-
unter www.rki.de/epidbull abrufbar. Die zu
subunit-Totimpfstoff; publiziert im Epid Bull
ergänzende Nummer und das Erscheinungsjahr
50/2018
der jeweiligen Ausgabe findet sich bei der
8 Wissenschaftliche Begründung zur Entschei-
entsprechenden wissenschaftlichen Begründung.
dung die Herpes zoster Lebendimpfung nicht
als Standardimpfung zu empfehlen; publiziert
im Epid Bull 36/2017
Cholera
1 Änderung der Empfehlungen zur Impfung HPV
gegen Cholera; publiziert im Epid Bull 31/2010 9 Wissenschaftliche Begründung für die Empfeh-
lung der HPV-Impfung für Jungen im Alter von
DTaP-IPV-HIB-HepB 9 – 14 J ahren; publiziert im Epid Bull 26/2018
2 Wissenschaftliche Begründung für die 10 Wissenschaftliche Begründung für die
Empfehlung zur Grundimmunisierung gegen Änderung der Empfehlung zur Impfung gegen
Diphtherie, Tetanus, Pertussis, Poliomeyelitis, humane Papillomviren; publiziert im
Haemophilus influenzae Typ b und Hepatitis B Epid Bull 35/2014
mit dem 6-fach-Impfstoff im Säuglingsalter 11 Impfung gegen HPV – Aktuelle Bewertung der
nach dem 2+1-Impfschema; publiziert im STIKO; publiziert im Epid Bull 32/2009
Epid Bull 26/2020 12 Impfung gegen humane Papillomaviren (HPV)
für Mädchen von 12 bis 17 Jahren – Empfeh-
Gelbfieber lung und Begründung; publiziert im Epid Bull
3 Wissenschaftliche Begründung zur Änderung 12/2007
der Gelbfieber-Impfempfehlung aufgrund der
Änderungen in den Regelungen der Internatio Influenza (saisonal)
nalen Gesundheitsvorschriften zu Gelbfieber; 13 Wissenschaftliche Begründung für die Aktuali-
publiziert im Epid Bull 35/2015 sierung der Influenza-Impfempfehlung für
Personen im Alter von ≥ 60 Jahren; publiziert
Hepatitis B im Epid Bull 1/2021
4 Wissenschaftliche Begründung für die Anpas- 14 Wissenschaftliche Begründung für die Empfeh-
sung der Empfehlungen zur Impfung gegen He- lung des quadrivalenten saisonalen Influenza
patitis A und B, publiziert im Epid Bull 35/2017 impfstoffs; publiziert im Epid Bull 2/2018
5 Wissenschaftliche Begründung für die Änderung 15 Wissenschaftliche Begründung für die geänder-
der Empfehlung zur Impfung gegen Hepatitis B; te Empfehlung zur Anwendung von Influenza
publiziert im Epid Bull 36/37/2013 impfstoffen bei Kindern und Jugendlichen im
6 Hinweise zur Notwendigkeit der Wiederimpfung Alter von 2 – 17 Jahren, publiziert im Epid Bull
10 Jahre nach erfolgter Grundimmunisierung 35/2017
gegen Hepatitis B (HB) im Säuglings- bzw.
Kindesalter; publiziert im Epid Bull 31/2007
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2021 26. August 2021 58
16 Wissenschaftliche Begründung für die Ände- 27 Empfehlung und Begründung einer postexposi-
rung der Empfehlung zur Impfung gegen tionellen Meningokokken-Impfung; publiziert
Influenza; publiziert im Epid Bull 36/37/2013 im Epid Bull 31/2009
17 Änderung der Empfehlungen zur Impfung ge- 28 Begründungen zur allgemeinen Empfehlung
gen Influenza; Empfehlung zur Impfung von der Impfung gegen Meningokokken im
Schwangeren; publiziert im Epid Bull 31/2010 Säuglings- und Kindesalter – Impfung der
18 Begründung der STIKO für die Influenza- Kinder im 2. Lebensjahr mit konjugiertem
Impfung bei PatientInnen mit Multipler Skle Meningokokken-Impfstoff der Serogruppe C;
rose (MS) mit durch Infektionen getriggerten publiziert im Epid Bull 31/2006
Schüben; publiziert im Epid Bull 32/2004
19 Wirksamkeit und Sicherheit der Influenza- Mumps
Impfung für PatientInnen mit chronischen 29 Änderung der Empfehlung zur Impfung gegen
Lungenerkrankungen (online verfügbar unter: Mumps; publiziert im Epid Bull 31/2012
www.rki.de > Kommissionen > STIKO > Emp-
fehlung der STIKO > Begründung > Influenza) Pertussis
30 Wissenschaftliche Begründung für die Empfeh-
Japanische Enzephalitis lung der Pertussisimpfung mit dem Tdap-
20 Wissenschaftliche Begründung für die Empfeh- Kombinationsimpfstoff in der Schwangerschaft;
lung zur Impfung gegen Japanische Enzepha publiziert im Epid Bull 13/2020
litis bei Reisen in endemiegebiete und für 31 Zusätzliche Pertussis-Impfung im Erwachsenen-
Laborpersonal, publiziert im Epid Bull 18/2020 alter als Tdap-Kombinationsimpfung bei der
nächsten fälligen Td-Impfung – Empfehlung und
Lieferengpass Begründung; publiziert im Epid Bull 33/2009
21 Empfehlung und wissenschaftliche Begründung 32 Klinische Studien mit azellulären Pertussis-
zum Beschluss der STIKO zu Lieferengpässen komponenten-Impfstoffen bei Erwachsenen:
von Impfstoffen; publiziert im Epid Bull 23/2021 Anlage zum Epid Bull 31/2009
33 Erweiterung der beruflichen Indikationen für
Masern eine Pertussis-Impfung; publiziert im Epid Bull
22 Änderung der Empfehlung zur Impfung gegen 31/2009
Masern; publiziert im Epid Bull 32/2010 34 Begründung für die STIKO-Empfehlung einer
Pertussis-Auffrischimpfung im Vorschulalter;
Masern-Mumps-Röteln-Varizellen publiziert im Epid Bull 3/2006
23 Empfehlung und wissenschaftliche Begründung
für die Angleichung der beruflich indizierten Pneumokokken
Masern-Mumps-Röteln-(MMR-) und Varizellen- 35 Wissenschaftliche Begründung zur Aktualisie-
Impfung; publiziert im Epid Bull 2/2020 rung der Empfehlung zur Indikationsimpfung
gegen Pneumokokken für Kinder und
Meningokokken Erwachsene; publiziert im Epid Bull 37/2016
24 Aktualisierung der Meningokokken-Impf 36 Wissenschaftliche Begründung zur Aktualisie-
empfehlung: Indikationsimpfung – Postex rung der Pneumokokken-Impfempfehlung bei
positionelle Impfung – Berufliche Indikation; Senioren (Standardimpfung ab 60 Jahren);
publiziert im Epid Bull 37/2015 publiziert im Epid Bull 36/2016
25 Änderung der Empfehlungen zur Indikations- 37 Wissenschaftliche Begründung zur Änderung
impfung gegen Meningokokken; publiziert im der Pneumokokken-Impfempfehlung für
Epid Bull 32/2012 Säuglinge; publiziert im Epid Bull 36/2015
26 Änderung der Empfehlungen zur Impfung 38 Wissenschaftliche Begründung für die Ände-
gegen Meningokokken; publiziert im Epid Bull rung der Empfehlung zur Indikationsimpfung
32/2010 gegen Pneumokokken; publiziert im Epid Bull
36/2014
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2021 26. August 2021 59
Reiseimpfung
42 Empfehlungen der Ständigen Impfkommission
(STIKO) zu Reiseimpfungen; publiziert im
Epid Bull 14/2021
Röteln
43 Änderung der Empfehlungen zur Impfung
gegen Röteln; publiziert im Epid Bull 32/2010
Rotavirus
44 Empfehlung und wissenschaftliche Begrün-
dung der Empfehlung zur Rotavirus-Standard
impfung von Säuglingen; publiziert im
Epid Bull 35/2013
Tollwut
45 Änderung der Empfehlungen zur Impfung
gegen Tollwut; publiziert im Epid Bull 31/2010
Varizellen
46 Wissenschaftliche Begründung für die Ände-
rung der Empfehlung zur passiven Immunisie-
rung mit Varizella-Zoster-Immunglobulin
(VZIG); publiziert im Epid Bull 35/2015
47 Impfung gegen Varizellen im Kindesalter:
Empfehlung einer zweiten Varizellenimpfung;
publiziert im Epid Bull 32/2009
48 Begründung der STIKO für eine allgemeine
Varizellenimpfung; publiziert im Epid Bull
49/2004
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8. Stichwortverzeichnis
A G
Allergien 32 Gebärmutterhalskrebs 19
ArbMedVV 7 – 9, 38 – 39 Gelbfieber 7 – 8, 15 – 16, 29, 32, 54, 57
Arthus-Phänomen 47 Gemeinschaftseinrichtung 5, 11, 20, 39 – 41
Aspiration 29, 31 Gürtelrose siehe Herpes zoster
Asplenie 9, 11 – 12, 16, 33, 55
Asthma 10, 13 H
Asylbewerberheime 9 Haemophilus influenzae Typ b (Hib) 5, 9, 16
Asylsuchende 13, 35, 37 – 38 Haushaltskontaktpersonen 12, 22, 33
Aufklärung 5, 26, 28, 31, 33, 36, 51, 64 HBsAg-Status 17, 40, 43
Ausbrüche siehe Epidemien Hepatitis A 9, 16, 25, 38, 40, 54, 57
Auslandsaufenthalt 38 Hepatitis B 5 – 6, 9, 16 – 17, 21, 24, 30, 35 – 36, 38,
Auszubildende 11, 14 40, 43, 47 – 52, 54, 57
Herpes zoster 5 – 6, 18, 36, 53 – 54, 57
HIV-Positive 9
B Hochdosis-Impfstoff 10, 19
Babysitter 12
Humane Papillomviren (HPV) 18
BCG-Impfstoff 14
Blutkontakt 40, 43
I
Immundefizienz 9 – 11, 18, 21, 23, 32, 33, 40, 47
C Immunglobuline 20
Chemoprophylaxe 39, 41 – 42 Immunprophylaxe 17, 30, 40, 42 – 45
Cholera 8, 15, 54, 57 Immunsuppression siehe Immundefizienz
Cochlea-Implantat 13, 23 Impfabstände 29 – 30
COPD 10, 13 Impfausweis 5, 28, 37, 46
COVID-19 8, 15 Impfdokumentation 4, 28, 45 – 46, 53
Impferfolgskontrolle 9
D Impfkalender 5 – 7, 27, 29, 46, 49, 64
Diabetes mellitus 10, 13, 18 Impfkomplikation 33 – 34
Diphtherie 5 – 6, 8, 15, 17, 21, 24 – 25, 30, 35 – 37, Impfmanagement 28 – 29
40, 46 – 53, 57 Impfreaktion 33 – 34
Dokumentation 5, 27 – 28, 47, 51 Impfschaden 34
Impfschema 18, 23, 30, 44, 46, 57
Impfstoffe 54
E Indikationsimpfung 7, 10, 18 – 19, 22 – 23, 50, 58
Einwilligungserklärung 27
Infektionsschutzgesetz (IfSG) 4, 33 – 34
ErsthelferInnen 9 Influenza 5 – 6, 10, 18 – 19, 28, 32, 36 – 38, 53,
57 – 58, 64
F Internat 39
Fledermaus 25, 45
Flüchtlinge 13 J
Forstbeschäftigte 8 JägerInnen 14
FSME 8, 15, 28, 30, 46, 54 Japanische Enzephalitis 11, 19, 58
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2021 26. August 2021 61
9. STIKO-App
Die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission STIKO@rki - die neu gestaltete Impf-App für
(STIKO) und viele weitere wichtige Informationen ÄrztInnen und Gesundheitsfachpersonal
rund um das Thema Impfen gibt es auch in Form
einer kostenlosen App. Für alle Endgeräte wurde im
Februar 2021 eine neue Version bereitgestellt.
Weitere Informationsmaterialien
▶▶ RKI-Ratgeber zu einzelnen Infektionskrankheiten
Vorgeschlagene Zitierweise
www.rki.de/ratgeber
Ständige Impfkommission: Empfehlungen der
▶▶ Kurz & Knapp: Faktenblätter zum Impfen
Ständigen Impfkommission (STIKO) beim Robert
(www.rki.de/impfen-infomaterial)
▶▶ Faktenblatt zur HPV-Impfung
Koch-Institut 2021
▶▶ Faktenblatt zur Herpes-zoster-Impfung
Epid Bull 2021;34:3- 63 | DOI 10.25646/8824
▶▶ Faktenblatt zur Masern-Impfung
▶▶ Faktenblatt zu Impfungen in der Schwangerschaft (Bei Verbreitung dieses Textes wird gebeten, die
▶▶ Faktenblatt zur Influenza-Impfung Quelle korrekt wiederzugeben. Falls ein Nachdruck
▶▶ Faktenblatt zur COVID-19-Impfung gewünscht ist, bitte die Redaktion kontaktieren.)