Vorwort
Alle regsamen Geister dieser Erde sind dem Problem der verborgenen
Dinge und den merkwürdigen Kundgebungen von der anderen Seite des
Daseins in ihrer Weise begegnet, je nach Schicksal und Neigung. Die
großen Lehrer der Menschheit, im wahren Lichte geboren und auf diesem
Planeten wandelnd, um das schöpferische Wort auf Erden zu verkünden
und zu hüten, sind über die Grundformen alles Geschaffenen, über
Erscheinung, Wesen und Sinn der menschlichen Angelegenheiten auf
diesem Stern von Anbeginn an einig gewesen; sie bewahrten die heilige
Erinnerung an den Ursprung alles Daseins und ihr Leben war ein Opfer,
das sie, der ewigen Heimat freiwillig entsagend, als Brüder, Genossen und
Freunde des Menschen brachten.
Oft genug in den drei Jahrzehnten intensiver Arbeit, die ich an das
Problem der Geheimwissenschaften gewendet habe, bin ich gefragt
worden: »Wo sollen wir beginnen?« »Was sollen wir lesen?« »Wo ist das
Bleibende und Verläßliche?« »Wie kommen wir dazu, uns jenes Wissen
anzueignen, ohne Berufsstörung, ohne in Einöden zu flüchten, ohne der
Pflichten gegen die Pflicht zu vergessen?« »Welche Schriften zu diesem
Gegenstand entsprechen unserer Geisteslage und jener der Zeit, in der wir
leben?« Manchmal ward wohl auch schüchtern oder ironisch hinzugesetzt:
»und wozu?«. »Was kommt denn schon dabei heraus?« Alle Welt greift
heute nach okkulten Büchern, läuft in Vorträge oder schließt sich
Geheimgesellschaften an, die oft mehr Schaden anrichten als Nutzen
stiften und nicht selten just den billigsten Weisheitsplunder zu unverdienten
In der Regel wird eine Weltauffassung, die den Menschen als Maß der
Dinge nimmt, mit dem geringschätzigen Tadel abgetan, daß sie höchst
unrecht daran tue, diesen Standpunkt zu beziehen; sie sei anthropomorph,
indem sie ihren Gott für ein menschenähnliches Wesen halte und die Dinge
»nach Analogie des menschlichen Innenseins« betrachte (obzwar selbst
Goethe dieser Auffassung zuneigt), und sie mache sich damit
anthropozentrischer Einstellungen schuldig, indem sie den Menschen
als den Mittelpunkt der ganzen Welt ansehe, was namentlich der älteren
Philosophie anhafte (obgleich selbst Kant im höheren Sinne
anthropozentrisch gedacht habe, indem er dem Menschen einen Zweck
innerhalb des Schaffungsganzen setzte). Der Sophist Protagoras, der, als
Erstes Kapitel
Genesis
I. Die Erde: ein spukhaft Ding
Der Durchschnittsmensch unserer Tage hört ohne besondere Teilnahme
von der Erde reden; er weiß herzlich wenig darüber, trotzdem er sie schon
so lange bewohnt, und es schickt sich kaum, nach ihrem Ursprung und
Wesen zu fragen, eine Frage, auf die sie selbst offenkundig die Antwort
verweigert. Die Erde? Nun: sie scheint ziemlich rund zu sein, wie auch die
anderen Weltenkörper; wahrscheinlich ist sie sogar eine mehr oder weniger
vollkommene Kugel mit schief gestellter Achse. Wohl verlautet mancherlei
über ihr Zustandekommen im Rahmen der Welt, aber die Verbreiter solcher
Gerüchte sind ehrlich genug, einzugestehen, daß ihre Mutmaßungen über
den Wert verschiedener Theorien und Hypothesen nicht hinausgehen. Als
feststehend gilt noch heute, daß der Mensch ein »Abkömmling« affenartiger
Wesen ist. Auch Herr H. G. Wells, der sich zu einer Art Wortführer für
dürftige und unselbständige Intellekte aufgeworfen hat, indem er streng
vermeidet, vom »absolut Geistigen« oder »Göttlichen« oder gar von
»genialen Individuen« zu sprechen, auch Herr H. G. Wells hat über Welt
und Mensch nicht mehr zu sagen als andere kongeniale wissenschaftliche
Durchschnittsphilister vor ihm; in Handbüchern kleineren und größeren
Formats, in denen sein »Wissen« um diese Dinge niedergelegt ist,
beschuldigt er die Erde, einer »Apfelsine« ähnlich zu sehen;
»anscheinend« sei aber der übrige Raum »grenzenlos, leer und tot«. Aus
solcher Weisheit ergibt sich dann das alte Affenmärchen natürlich ganz von
selbst; unsere Vorfahren, die anderer Meinung waren, wußten es in ihrer
kindlichen Naivität einfach nicht besser; ihre »Offenbarungen« aber sind
lediglich auf Rechnung höchst primitiver geistiger Zustände zu setzen. Wie
man bald bemerkt, hat H. G. Wells, indem er eine »neue« Geschichte
unserer Welt (fast möchte man sie Wells-Geschichte nennen) zu schreiben
unternahm, nicht Zeit gehabt, sich besser umzusehen. Es würde ihm sonst
kaum entgangen sein, daß die exakte Wissenschaft, von der er einen
ziemlich ungenauen und primitiven Auszug gibt, ihrer Sache inzwischen
recht unsicher geworden ist; zwar spricht auch sie noch von der Erde als
von einem Rotationsellipsoid, für das inzwischen der Spitzname »Geoid«
erfunden ward, zwar verbreitet auch sie noch die gewohnten gigantischen
Ziffern über das »Weltall«, aber alles das geschieht heute doch nicht mehr
so leichtfertig und ganz ohne Gewissensbisse wie einst. Vor allem scheint
die exakte Wissenschaft, mit Dacqué an der Spitze, doch endlich
einzusehen, daß ihre bisherigen Aussagen über Welt, Erde und Mensch
bloß für jene Bewußtseinslage zutreffen, aus der diese Aussagen selbst
geholt wurden, und daß seither ganz merkwürdige Dinge vorgegangen
sind, die eine gründliche Umwälzung in jenen veralteten Anschauungen
anzukündigen scheinen, indem sie gleichzeitig beweisen, um wie vieles
tiefer just unsere verachteten primitiven Voreltern in das Geheimnis der
Welt, der Erde und des Menschen eindrangen, als wir! Allerdings ist unsere
Allen Berichten darüber, wie Welt und Menschen entstanden sind, mögen
sie nun als Mythos oder als wissenschaftliche Hypothese auftreten, liegt
offen oder verborgen der Begriff einer Schöpfung zugrunde. Mythos und
Wissenschaft unterscheiden sich in diesem Punkte bloß dadurch
voneinander, daß jener einen Schöpfer annimmt, schon weil er sich eine
Uhr ohne Uhrmacher nicht vorstellen kann, indes diese von »Kräften« redet
(womit sie sich allerdings unbewußt religiösen Vorstellungen anpaßt) oder
überhaupt ganz unbestimmten Vermutungen über den Hergang der Dinge
Raum gibt. Zwischen diesen beiden Hauptgruppen lebt eine breite Masse
indifferenter Elemente, die äußerlich wohl religiösen Bekenntnissen
zugehören, aber der Weisheit höchsten Gipfel doch darin erblicken, die
Frage nach Ursprung, Sinn und Ende der Erde und der Welt ganz beiseite
zu schieben, das »Gegebene« einfach hinzunehmen und sich einzig und
allein, rein im Erlebnis ruhend, auf den »Kampf ums Dasein« zu
beschränken, der mit großer Schärfe und Rücksichtslosigkeit geführt
werden »muß«. Jedenfalls sind Mythos, Sage, Märchen und Fabel unter
allen Umständen als älteste Erkenntnisweise anzusehen, auf die seitens
der sogenannten Aufgeklärten allerdings mit Geringschätzung und
ärgerlicher Geduld herabgeblickt wird. In Anbetracht eines so »kindlichen«
Gegenstandes, wie ihn die Weltentstehungssagen darstellen, nimmt man
sich gar nicht erst die Mühe, Natur und Wesen dieser seltsamen Bilder-,
Symbol- und Analogiensprache zu ergründen. Das Äußerste, was die
moderne Vorstellungsart einräumt, wäre ungefähr darin zu erblicken, daß
man zugibt, im Mythos berge sich allerhand Lebensweisheit und
Die »exakte« Erdwissenschaft, die annimmt, daß einst ein einziger großer
Ozean den Menschenplaneten bedeckte, kann heute, wenn es sich darum
handelt, von den Zeiträumen zu sprechen, die vergangen sein mögen, bis
der gegenwärtige Zustand erreicht war, schon mit ebenso phantastischen
Ziffern aufwarten wie die indische Geheimlehre. Unsere Geologen und
Kosmologen stehen auf dem Boden der Aktualitätstheorie, das heißt: sie
behaupten, alle umwandelnden Prozesse in den verschiedenen Perioden
der Erdgeschichte hätten sich in den großen Zeiträumen »langsam, aber
stetig« vollzogen, und niemals wären dabei andere Kräfte und Ursachen
am Werke gewesen als die, die noch heute wirksam sind. Es hat wenig
Sinn, diese Paradezahlen mit ihren unübersehbaren Ziffernstellen
anzuführen, denn sie geben weder ein Bild der wahren Erdgeschichte
selbst, noch sind sie vollständig, da es bei den Schöpfungstagen sicherlich
auch Schöpfungsnächte gegeben hat, das heißt Zustände der Ruhe, in
denen alles Geschaffene, wieder zurückgenommen, ins Chaos zurückfiel,
um zu neuen Gestaltungen zu erwachen. Immerhin läßt sich mit den
»Erdperioden« vom Azoikum bis zum Diluvium und Alluvium einiges
anfangen; sie kennzeichnen wichtige Augenblicke in der Geschichte der
Erde, als da sind: Bildung der festen Substanz innerhalb des Erdkörpers,
Jeder Mensch, der die Gabe hat, sich leerzumachen von allen Vorurteilen
und vorgefaßten »Einstellungen« zu den Problemen des Lebens, kann an
der Hand seines eigenen Wesens bis zu jenen Anfängen vordringen, die in
der Kosmogonie der Anthroposophen der »alte Saturn« genannt werden
und die den Ausgangspunkt eines sieben große Zeitläufte umfassenden
Schöpfungszyklus bilden. Eine leichte Anstrengung der intuitiven Kraft
schon muß ihm sagen, daß er niemals außerhalb der Welt gewesen sein
kann, sondern, vom ersten Tage an, in irgend einer Gestalt und Form bei
dem ungeheuren Schauspiel der Weltentwicklung dabeigewesen sein muß.
Dieser erste Grad okkulter Erkenntnis, wie man den Augenblick solcher
Einsicht am liebsten nennen möchte, ist in der Formel der alten
griechischen Zeit enthalten, die zum Menschen spricht: »Erkenne dich
selbst!« Gewohnt, alles zu vernützlichen, zu vernüchtern und auf praktische
Vernunft umzudeuten, sind im Jargon der Schulphilosophie diese
Mahnworte, die mancherlei Geheimnis bergen, rasch zu einer banalen
Verhaltungsmaßregel geworden, die wohl religiösen Geruch hat, aber
weiter keine besonderen Verhaltungsweisen auferlegt. Es würde auch
wenig nützen, wollte der unglückliche Adept solcher Schulphilosophie und
Kathederweisheit, ahnend, daß das »Gnothi s'auton« doch mehr bedeuten
muß als eine Bestimmung aus der Hausordnung für Sanatorien, nunmehr
frisch und fröhlich in sich hineinbrüten, um Näheres über die Welt und sich
Ein anderes ist es nun freilich, sich nunmehr eine Art Gesamtbild vom
ersten Entwicklungszustande, dem alten Saturn, zu machen. Steiner
bezeichnet die Situation des alten Saturn in seiner »Geheimwissenschaft«
als einen Wärmezustand, als wesenhafte Wärme; dieser Zustand
unterscheidet sich von den anderen Welten durch seine Wärme, die den
Grundton abgibt, obschon sich auch schon kältere Stellen von diesem
Grundton abdifferenzieren. Es handelt sich da um eine Art strahlender
Wärme, die nach bestimmten Richtungen und Linien geht und sogar
bestimmte Formen von unregelmäßiger Art bildet. Zusammenfassend nennt
Steiner diesen alten Saturn ein »in sich gegliedertes, in wechselnden
Zuständen erscheinendes Weltenwesen, das nur in Wärme besteht«.
Dieser Begriff Wärme, der, im Erscheinungsjahr der Geheimwissenschaft,
bei den Physikern noch Befremden erregte, weil sie unter Wärme etwas
ganz anderes verstanden, begegnet heute, wo die Erscheinung der
Strahlungen im Mittelpunkt der wissenschaftlichen Bemühungen steht,
keinen großen Schwierigkeiten mehr. Allerdings liefert die Wärme des alten
Saturn noch keineswegs die Bedingungen für mineralisches, pflanzliches
und tierisches Leben. Die Wesenheiten, die ihm seinen Sinn in der
Entwicklung und seine Stelle darin anweisen, haben bloß eine durch die
physischen, sich in Wärmewirkungen äußernden Gesetze bedingte
Körperlichkeit, einen »feinen, dünnen, ätherischen Wärmekörper«; neben
und über ihnen aber wirken noch andere, leibfreie Wesen, die durch andere
Wesensglieder ausgezeichnet sind. Den alten Saturn, diese Gesamtheit
von feinen, dünnen, ätherischen Wärmekörpern, umgibt ein Luftkreis
geistiger Art; das Ganze wird ein wechselndes Spiegelbild der Wesenheiten
mit Lichtsignalen und sonderbaren Vorfällen in der späteren
Saturnentwicklung. Wie sich dieses Spiel vollzieht, wie es seine Phasen
durchläuft, wie es langsam zu einem »da und dort aufflackernden und
wieder abdunkelnden, zitternden und zuckenden Flimmern und Blitzen«
kommt, darin sich die ersten Anlagen des Menschenkeimes entwickeln, wie
hier die Grundlagen für die menschlichen Sinne gelegt werden, wie die
geistigen Wesenheiten ihre Wirksamkeit daran entfalten, wie nach und
nach alle Möglichkeiten aller künftigen Entwicklungen geschaffen werden,
wie reine innere Wärme, reines geistiges Licht und reines Innenwesen
einander umströmen, wie sich unter diesen Verhältnissen der
Menschenkeim aufschließt und eine gewisse Stufe erreicht, indes sich die
wirkenden Geister, mit der Weisheit früherer Zyklen erfüllt, an der
Nach einem Prozesse, der wohl nur mit Jahrmillionen angegeben werden
kann, geht der Zustand, den die Geheimwissenschaft Saturndasein nennt,
in einen Zustand der Ruhe ein; der Saturn, bestimmt, die als
Saturnbewußtsein bezeichnete Stufe zu entwickeln, vergeistigt sich, schläft
ein, und das, was als menschliches Wesen vorhanden ist, mit ihm, um,
wieder mit ihm, zu einem neuen, nächsten Zustand zu erwachen, zum
Sonnenzustand, zur alten Sonne, die mit dem, was heute Sonne genannt
wird, nichts zu tun hat. Der Übergang geschieht freilich nur ganz allmählich.
Das im Saturnzustand Erworbene taucht aus der kosmischen Nacht wieder
auf; es ist keim- und sonnenhaft vorhanden und entwickelt sich zum
Sonnenbewußtsein, einem Zustand, der unserem traumlosen Schlafe
gleicht. Der Schlaf des Erdenmenschen von heute ist sozusagen eine
Erinnerung an jene dumpfe Rechenschaft, die sich der Menschenkeim zur
Sonnenzeit von seiner Existenz gibt und mit der sich vergleichen läßt, was
die Forscher noch heute »Seelenleben« der Pflanzen nennen. An das
Ruhen im Sein (Saturn) reiht sich das Wirken im Sein (Sonne), wie es sich
in der Pflanze offenbart. Der Stein ruht im Sein, die Pflanze wirkt im Sein.
Das Wirken im alten Sonnensein hat allerdings einen bestimmten
Charakter. Das alte Sonnenbewußtsein schafft sich seine Formen. Der
Saturnleib, das physische körperartige Gebilde der Saturnzeit, noch
automatisch und leblos, durchdringt sich, nach Abschluß der
Saturnwiederholung, dank der Arbeit der Geister der Weisheit, mit einem
feineren, strömenden Wesensglied, das der heutige Mensch in seinem
Ätherleib wiedererkennt, jener Zusammenfassung und ausfüllenden
Aktivität, die das Körperlich-physische zum Leben aufruft, es zum
lebendigen Wesen macht. Leben ist Bewegung. Alles, was sich bewegt,
lebt und ist ein lebendes Wesen. In der alten Sonnenzeit, anschließend an
die Anfänge des menschlichen Ätherleibes, treten die Geister der
Bewegung ihr schöpferisches Amt an und rufen damit die Geister der Form
hinzu. Bewegung führt zur Form, zur Gestalt. Die Form, also, nimmt in der
alten Sonnenzeit ihren Anfang. Indem sich die Formen aus der Bewegung
auslösen und gestalten, tritt der Kern des Differenzierten, des
Abgegrenzten, des »Individuellen« in Erscheinung, ein Ergebnis der Geister
der Persönlichkeit. Alle diese Tätigkeiten vollziehen sich an dem in der
Saturnzeit entstandenen physischen Leib. Von diesem Prozeß empfangen
die Geister des Feuers wiederum die Kraft, sich auf die Stufe des
Menschentums Zu erheben; die durch die Menschensphäre geschrittenen
Geister des Feuers übernehmen nun, empfangend und gleich wieder
gebend, die weitere Arbeit am Ätherleib, indes zur selben Zeit die »Söhne
des Zwielichts« am physischen Leib wirken. Der Name »Söhne des
Jahrmillionen sind vergangen. Der Zustand der Ruhe nach der dritten
Phase, der Mondenzeit, ist zu Ende. Alles, was ihr zugehört und ihr Wesen
ausmacht, erwacht, vergeistigt, zu neuer Tätigkeit und weiterer
Entwicklung. Drei andere Formen sind dem Zustand, der Erde genannt
wird, vorangegangen: Saturn, Sonne und Mond; diese drei planetenhaften
Epochen sind also als frühere Zustände der Erde anzusehen, die in drei
Wenn man von den beiden ersten irdischen Epochen, der polarischen und
der hyperboräischen spricht, so sind damit zugleich auch die beiden ersten
Wurzelrassen der Menschheit in das Bild der Sphärenwissenschaft
eingeführt: die polarische und die hyperboräische, beide zunächst
eingeschlechtliche Formen, deren Hauptmerkmal ausmacht, daß der
physische Leib der unmittelbaren Einwirkung durch die Seele entzogen
blieb. Leib und Seele gehen ihren eigenen Weg: sie trennen sich, da der
Leib, der physischen und chemischen Stoffwelt gänzlich ausgeliefert, vom
Seelischen aus nicht mehr beherrscht werden kann, im Tode, der nunmehr
zum obersten Gesetz alles Lebendigen wird. Der eingeschlechtliche
Mensch teilt sich: das Muttergebilde lebt restlos im Tochtergebilde fort.
Diesem Zustande folgt die Fortpflanzung und die Wiederverkörperung des
Ein anderes Bild bietet die der lemurischen folgende, vierte, atlantische
Wurzelrasse, die Vorläuferin unserer nachatlantischen, arischen
Menschheit. Auch hier ist das Bild der Durchschnittsentwicklung von dem
der Führer wohl zu unterscheiden und sorgfältig abzugrenzen. Die Führer
der atlantischen Menschheit waren im richtigen Sinne Boten der Götter,
Angeloi, Engel, wohlbekannt in den sorgfältig verborgenen Mysterien und
Kultstätten. Ihnen stand die große Masse der Atlantier gegenüber, dumpf in
ihren Denkanfängen, doch mit Naturfähigkeiten ausgestattet, die heute
verlorengegangen sind. Endlich gab es noch eine dritte Gruppe, dazu
bestimmt, die Botschaften der Angeloi im Denken zu erfassen. Eine aus
dieser dritten Gruppe hervorgegangene Wesenheit war Manu, der die
Erlesenen der atlantischen Rasse in Innerasien versammelte und sie lehrte,
den Befehlen Gottes zu gehorchen, ohne sich ein Götzenbild der Gottheit
anzufertigen. Im Zeichen Manus stand die Ordnung des gesamten,
Das Geoid, das wir Erde nennen, kann seine Jahrmillionen alte
Vorgeschichte nicht verleugnen. Seit der atlantischen Epoche zu
scheinbarer Ruhe gekommen, trägt es die Menschheit bis zum Tage, da es
seine Rolle ausgespielt haben wird, um in die nächsthöhere Zustandsform
überzugehen, der die Geheimwissenschaft den Namen »Jupiter« gibt. Als
Träger alles Lebens ist unsere Erde selbst ein lebender Organismus, in
einem beständigen Kampf gegen die von außen chaotisch einwirkenden
Einflüsse, der Sonne, voran, begriffen, die allerdings anderseits auch das
Leben auf der Erde garantieren. Der gegenwärtige Erdenzustand vereinigt
in der Hauptsache den Lebens- und den chemischen Äther (beide mit
saugender und zusammenziehender Wirkung), um die erreichte
Kräfteanordnung zu erhalten, indes die auseinanderstrebenden das
Zentrum fliehenden Kräfte des Licht- und des Wärmeäthers die gasförmige
Atmosphäre rings um die Erde erfüllen und diese mit einem Wärmemantel
gegen den übrigen Kosmos abschließen. Aus dem »erhabenen
Wechselspiel« von Tag und Nacht, Chaos und Ordnung, Sommer und
Winter, Sonnennähe und Sonnenferne gehen alle atmosphärischen und
meteorologischen Erscheinungen hervor. Die Erde beginnt bei
Sonnenaufgang auszuatmen; sie führt ihren Atmungsprozeß mittags und
nachmittags durch, fängt gegen Sonnenuntergang einzuatmen an und führt
den Einatmungsprozeß bis gegen drei und vier Uhr morgens zu Ende. Die
Beobachtung des lebendigen Erdorganismus und der dabei auftretenden
Zweites Kapitel
Die alten Kulturen bis zum Ereignis von Palästina
V. Das Kundalinifeuer
Der dritte Hauptgesichtspunkt, den Beckh zur Erläuterung des Yoga
heranzieht, liegt in dem viel besprochenen, mit Geheimnistuerei aller Art
geschäftig umgebenen Problem des Kundalinifeuers. Im okkulten Rückgrat
und in den Lotosblumen ist gleichsam das Instrumentale der Yogapraxis
gegeben: sie stellen das Rüstzeug der Erkenntnis dar. Das Ziel, die
Vereinigung von Shiwa und Shakti, des Ewigmännlichen mit dem
Ewigweiblichen, birgt aber das eigentliche, geistigseelische, vom
Instrument losgelöste Mysterium des Yoga. Kundalini, die Sphinx des Yoga,
ist die Shakti, die Königstochter, die erweckt werden muß, soll der Yoga
X. Das Totenbuch
Nicht ohne Lächeln und Staunen sieht man den Bemühungen zu, die
gewisse Herausgeber okkulter Dokumente immer wieder darauf
verwenden, die Meinung zu zerstören oder doch herabzusetzen, daß diese
Dokumente auf übersinnliche Zusammenhänge, Erfahrungen und
Erkenntnisse hindeuten. Das gilt sowohl für die Erneuerer indischer
Literatur wie für die Versuche des Diederichsverlages, zu behaupten, das
ägyptische Totenbuch beruhe ebenso auf »abergläubischen Vorstellungen«
wie die »Bhagavadghita«. Wohl geben sie zu, daß Ägypten sozusagen die
Wiege aller Wissenschaft und Religion darstelle, aber ihr profanes Auge ist
gänzlich außerstande, Pyramiden, Sphinx und Symbol der geflügelten
XI. Der Tote als Osiris und die Begegnung mit Isis
Auf zweifachem Wege begegnet der Mensch der altägyptischen Kultur,
dem Osiris: durch den Tod und durch die Einweihung; vom Leibe befreit,
erwacht das Bewußtsein seiner Wesensverwandtschaft mit dem Osiris, der
Tote wird Eins mit Osiris, er selbst ist Osiris. Auf dem anderen Wege, auf
dem Pfade der Einweihung, lernt er das Unsichtbare, das Übersinnliche der
menschlichen Natur erkennen, er begegnet Isis, erfüllt sich mit der Isiskraft.
Im eigenen Innern entdeckt er sein Ich; er stirbt auch auf diesem Wege,
aber es ist ein Tod, durch den er hindurchgeht. dem Erlebnis des Todes,
das der Eingeweihte hat, folgt seine Wanderschaft, sein Durchgang durch
die elementarische Welt. In sein Inneres absteigend bis in das Geheimnis
des Blutes, darin das Ich lebt, kommt er an ein offenes und ein
geschlossenes Tor und geht nun an die Feuer-, Luft- und Wasserprobe, zu
den drei Hauptaspekten der elementarischen Welt; er schaut die geistigen
Wesen von Angesicht zu Angesicht: die Sonne um Mitternacht geht für ihn
auf; außerhalb des physischen und ätherischen Leibes bei seiner
Wanderung, betritt er damit die heilige Stätte, mit dem Wesenhaften
vereinigt, das von Inkarnation zu Inkarnation geht und am astralischen
Drittes Kapitel
Das Mysterium von Golgatha
I. Eingang
Die griechisch-lateinische Epoche (von 747 v. Chr. bis 1413 n. Chr.
gerechnet) birgt ein für die ganze Menschheit, ja für den Erdenplaneten und
seine kommenden Zustände entscheidendes, von den Schauern höchster
Geheimnisse umhülltes Ereignis: die Geburt, den Erdenwandel und den
Kreuzestod des Christus Jesus auf Golgatha. Mit der Darstellung dieses
Ereignisses beginnt freilich auch eine erhöhte Verantwortlichkeit für den
Autor, dessen Begabung und Gewandtheit, vor eine überaus schwierige
Aufgabe gestellt, ohne die Hilfe und den Beistand eben jener Kräfte und
Impulse, die mit dem Erscheinen des Christus auftreten und wirksam
werden, zum stumpfen Werkzeug herabsinken müßten. Sich dieses
Beistandes zu versichern, sich gleichsam mit dem ganzen Wesen in dieses
erhabenste Kapitel der Menschheitsgeschichte zu versenken, erschien mir
als unerläßliche Voraussetzung. Die gewöhnliche Routine einer irdischen
Feder wird hier zuschanden, die Kunst des Schreibers zur heiligen
Handlung, sein Schreibtisch zum Altar, seine landläufige Stilisteneitelkeit
aber zur Farce. Die Stille um ihn wandelt sich zu lebenserfüllter Ruhe und
Klarheit: an das hohe Geheimnis rühren nur gefaltete Hände! Es ist etwas
anderes, von den vorchristlichen Kulturen und Mysterien zu sprechen,
etwas anderes, in den Vorhof der allerheiligsten Dreifaltigkeit einzutreten,
entblößten Hauptes und barfuß, als Gottes Gast und Bekenner. Der billige
Ruhmesglanz alltäglicher Schriftstellerei verlischt davor wie ein armseliges
Flämmchen, das die Finsternis nur vermehrt, statt sie zu besiegen, das zu
leuchten nur vermeint, obschon es, bei aller Demut, ein Fünkchen aus dem
unermeßlichen Vorrat des göttlichen Lichtes ist. Niemand kann, zeitlos, in
den Raum dieser Begebenheiten vordringen, ohne von den Dingen dieser
Welt abzufallen denen er einzig und allein durch das Maß der Liebe, das
ihm vom Schöpfer gegeben ist, verbunden bleibt. Das Denken wandelt sich
hier zum reinen Klang der Andacht. Von der Vorstellung der Schönheit,
vom Begriff des Guten, vom Urteil des Mysten »Du bist« nimmt der Weg
zur Christuserkenntnis seinen Anfang; der Weg selbst aber führt in
weltenferne Höben, zu denen die atonale Musik der Tiefe kaum mehr
emporklingt. Der wahre Bekenner des Christus Jesus »glaubt« nicht mehr
an Gott, an den Gottessohn und an den heiligen Geist: er weiß sie; er ist in
Ihnen und Sie sind in »ihm«, indem er sich anschickt, Zeugnis von Ihnen zu
geben. »Ich bin«, so lautet das ewige göttliche Wort, »der Weg, die
Wahrheit und das Leben!« Kein anderer erhabener Geist aus den höchsten
Lichtregionen durfte diesen Satz sprechen, ehe denn der Christus Jesus
kam; es gab, vordem, auch keine Ohren, ihn zu hören, keine Herzen, ihn zu
verstehen, keine Möglichkeit, ein voller Mensch zu sein, ehe nicht Gott
selbst herniederstieg, um als Mensch unter den Menschen zu wandeln und
für ihre Sache zu sterben. Kein Irdischer kommt, an Gott vorbei, zu sich
Viertes Kapitel
Die Geheimwissenschaften in den ersten vier Jahrhunderten
I. Die Urchristen
Die Tatsache, daß der Christus Jesus eine kirchliche Gemeinschaft
begründet hat, steht fest; im hohenpriesterlichen Gebet ringt der Erlöser um
die Einheit der Kirche; sie ist eine Voraussetzung für den Sieg seines
Werkes auf Erden. Das erste sichtbare Zeichen, das die urchristliche
Gemeinschaft nach dem Tode des Christus Jesus gibt, ist die
Pfingsterleuchtung. Im übrigen schildert die Apostelgeschichte selbst und
mit sehr lebendigen Worten das Leben der Urgemeinden: »Sie blieben
beständig in der Lehre der Apostel, in der Gemeinschaft, im Brotbrechen
und im Gebet.« Die Lehre der Apostel ist also die Grundlage der
christlichen Urgemeinschaft. Sie verkündigen das Evangelium, suchen es
auszubreiten und zu befestigen. Da Christus die Apostel als seine
Nachfolger auf Erden eingesetzt hat, ruhen bei ihnen, in ihre Lehre
eingebettet, die Worte Christi. Freilich ist mit diesen Bemühungen, die
Lehre Christi auszubreiten und zu befestigen, schon auch das Moment
gegeben, das zur unvermeidlichen Scheidung eines esoterischen von
Fünftes Kapitel
Das neunte Jahrhundert, der Gral und die Rosenkreuzer
XIV. Wiedergeburt
Das Leben im Jenseits, Devachan genannt, das leibfreie Dasein im
Reiche der gestaltenden, formenden und sinnenden Kräfte, verleiht ein
Gefühl der Beseligung, das im irdischen Bereiche kaum einen Vergleich
hat. Allerdings gibt es nun im Augenblicke, da die Stunde des neuen
Abstieges zur Erde geschlagen hat, große und geheimnisvolle Probleme zu
lösen. Durch den neuen Ätherleib, verliehen vom Volksgeist, zieht den
Wiederkommenden sein »Schicksal« in die Volks- und
Familiengemeinschaft, durch den Astralleib aber fühlt er sich zu Wesen
hingezogen, die seiner Art nahestehen, in erster Reihe zur künftigen Mutter,
mit der ihn Essenz, Substanz und Gliederung des Astralleibes verbinden;
Sechstes Kapitel
Der Stein der Weisen
Siebentes Kapitel
Die Wiederkunft des Okkultismus im neunzehnten Jahrhundert
III. H. P. Blavatsky
Es empfiehlt sich überhaupt, drei Arten des Mediumismus nach ihren
phänomenalen Gesichtspunkten begrifflich zu unterscheiden. Ein Medium
ist ein Mittel-, ein Zwischen-, ein Durchgangswesen für hypnotische,
mesmerische und spiritistische Einflüsse. Bei hypnotischen Medien wird der
Ichkern des Mediums durch den Willen (also durch Verpflanzung des
Ichkerns) des Hypnotiseurs ersetzt, bei mesmerischen Medien »treten«
Ichkern und Astralleib durch Einwirkung typischer magnetischer Striche
»aus«; Astralleib und Ichkern wandern ins Zwischenreich, abgelähmt und
Einflüssen zugänglich. Das spiritistische Medium endlich tritt die oben
geschilderte Wanderschaft in luziferische und ahrimanische Zonen in einem
Bewußtseinszustand ein, der die Reste des alten Hellsehens, gemischt mit
den Keimen kommender Lockerungen in sich bringt. Im großen und ganzen
blieb aber die Sache des Spiritismus bei der allgemeinen Meinung, daß er
Botschaft aus dem Jenseits bringe, von den Verstorbenen selbst, richtiger
von den Astralleichnamen, die diese im Zwischenreich zurückgelassen
hatten. So entstand ein regelrechter Verkehr mit den Toten und zugleich mit
toten und lebenden »Meistern«, Mahatmas, die sich einfach der Medien als
Mittelwesen bedienten, um ihren Einfluß durch sie auszuüben, dabei aber
die eigenen Meinungen zu verbreiten und die eigenen Zwecke zu fördern.
Es entstand, indes, bald eine Front gegen weibliche Medien, und da ist nun
die beste Gelegenheit, von Helena Petrowna Blavatsky zu sprechen, die als
Begründerin und Patronin der okkulten Bewegung des XIX. Jahrhunderts
auftrat.
H. P. Blavatsky, geborene Hahn, war 1831 in Jekaterinoslaw als Tochter
eines Generals geboren. Schon um ihre Geburt schlingt sich ein Kranz von
Legenden: Menschen, die dabei waren, sollen kurze Zeit darauf durch
besondere Glücksfälle überrascht worden sein; ein Major erhielt eine
besondere dienstliche Auszeichnung, ein Anderer gewann in den Karten,
und die weise Frau, die bei der Geburt assistierte, fand bald darauf eine
vollgefüllte Geldbörse. Wie dem immer wäre, H. P. Hahn wuchs wie ein
richtiges tolles Mädel heran; sie trug am liebsten Knabenkleider, ritt die
Kosakenpferde ihres Vaters zuschanden, tollte mit Bauernkindern herum
und zeigte wenig Lust zu lernen. Augenblicke wildester Hingegebenheit
wechselten aber, namentlich in den ersten Mädchenjahren, oft mit Anfällen
wildester Zerrissenheit und tiefster Andacht. Mitten im tollsten Treiben
brach sie ab und hörte plötzlich stundenlang dem Gesänge
vorüberziehender Wallfahrer zu. Bei den Bauern und wohl auch bei den
Achtes Kapitel
Rudolf Steiner und die neue Geisteswissenschaft
Zwischenspiel
Mit großer Rührung und im Gefühle unbegrenzter Dankbarkeit gehe ich
daran, dem Leser ein leider nur in den Umrissen gezeichnetes Bild des
Lebens und Wirkens Rudolf Steiners zu geben, eines Mannes, auf den die
deutsche Nation, wenn sie nicht längst schon verlernt haben würde, ihre
wahrhaft Großen zu ehren, alle Ursache hätte, stolz zu sein. Was ich hier
darlegen will, hat den Zweck, auf das außerordentliche, für die ganze
Menschheit gleich bedeutsame Geschenk hinzuweisen, das diese im
Augenblicke tiefster materieller, seelischer und geistiger Not aus Rudolf
Steiners Händen empfing, ein Licht, das in die Finsternis scheint und das
die Finsternis wieder einmal nicht begreifen kann, das aber eines Tages, so
die Vorsehung es will, dem Erdengeschlecht den Weg aus der Nacht
weisen wird. Mit Rudolf Steiners Geisteswissenschaft, einer idealen
Zusammenfassung aller religiösen, künstlerischen, philosophischen und
wissenschaftlichen Kräfte im Menschen, erneuert aus dem Geiste der
Mysterien sowie einer umwälzenden Einsicht in das Wesen des Christus
Jesus und seiner göttlichen Sendung, beginnt eine neue Epoche im Leben
der Erde, stark genug, in die nächsten Kulturen hinüberzuleiten und
zugleich das Konzept der kommenden Phase des Planeten zu entwerfen.
Den Plan der Welt, im Rahmen des Schöpfungszyklus, der sieben große
Runden umfaßt, lenken die höchsten Wesenheiten, unterstützt von großen
Eingeweihten, deren Wirken jedesmal durch bedeutsame Wendepunkte in
der Entwicklung der Menschheit gekennzeichnet ist. Ein Eingeweihter von
solchem Rang war Rudolf Steiner; sein großes Erbe, verwaltet von Marie
Steiner und von einer Gesellschaft geistiger Menschen, die den Ruf des
Augenblickes vernommen hat, geht jetzt als blühende Saat auf, betreut von
liebevollen Händen, die im Zusammenhange mit ihm, von seiner
schöpferischen Kraft beschattet und gesegnet sind. Von der Unsumme
seines Tuns und seiner Konzentrationsgabe, von der Unermüdlichkeit
seiner hohen Führerschaft, von der Großzügigkeit seines Wesens, von
seinem stupenden Wissen, das alle Gebiete umfaßte und zugleich neue,
ganz unbekannte erschloß, können sich die Menschen unserer Zeit nur
schwer einen auch nur annähernden Begriff machen. War schon sein
Leben hienieden wie ein Wunder, so vermehrte er die Wunder seines
Wirkens täglich, bis zum letzten Augenblicke seines Erdenlebens, schrieb
Bücher, hielt Vorträge, arbeitete persönlich am Goetheanum in Dornach,
war Arzt, Denker, Priester, Künstler in einer Person und übte geraume Zeit
ein Amt aus, das zu den heikelsten und verantwortungsvollsten der Erde
gehört: das Amt eines Lehrers und Arztes der Menschen. Ich will hier, um
ein anschauliches Bild vom Einfluß zu geben, den seine Persönlichkeit
ausübte, schlicht erzählen, wie ich zu Rudolf Steiner kam. Gleich ihm im
Februar, nur elf Jahre später geboren (vier Tage vor Steiners Geburtstag,
I. Steiners Leben
Rudolf Steiner ist als Kind einfacher, kleiner katholischer Leute aus
niederösterreichischem Bauernblut (die Wiege seiner Eltern stand im
Waldviertel) am 27. Februar 1861 zu Kraljevek an der ungarisch-
kroatischen Grenze geboren. Der Vater, Beamter der Südbahn, wechselte
häufig den Dienstort, war in Mödling (Brunn am Gebirge), Pottschach und
Neudörfl beschäftigt. In Neudörfl ging der kleine Rudolf in die Dorfschule
und machte 1872 bis 1879 die Realschule in Wiener-Neustadt. Äußerlich
betrachtet, lassen sich fünf Abschnitte seines Lebens unterscheiden: die
Jugend- und Schulzeit von 1861 bis zur Absolvierung jener Realschule,
1879; die Wiener Studienzeit (technische Hochschule und Universität) vom
Herbst 1879 bis zum Sommer 1890; die Weimarer Periode (Tätigkeit am
Goethe- und Schillerarchiv, vom Herbst 1890 bis zum Sommer 1897); die
Berliner und Münchener Zeit, vom Sommer 1897 bis zum Sommer 1914, in
die, um die Jahrhundertwende, der Anfang der anthroposophischen
Bewegung fällt, und endlich die letzte Lebensperiode in Stuttgart und
Dornach vom Herbst 1914 bis zum Tode, am 30. März 1925; sie umfaßt
den Bau des Goetheanums, das, ein Holzbau, durch Feuer zerstört wurde,
die Begründung der allgemeinen anthroposophischen Gesellschaft (zu
Weihnachten 1923) und die Inangriffnahme des neuen, aus Beton
gestalteten Goetheanums, das heute auf dem Hügel als ein Tempel neuer
Gralssuche dasteht. Die Zeit von 1861 bis zum Theosophischen Kongreß,
der, 1907, in München stattfand, hat Rudolf Steiner in seiner
Selbstbiographie »Mein Lebensgang« geschildert, schlicht, bescheiden,
Anhang
Schematische Zusammenfassung der Geheimwissenschaft
(nach Rudolf Steiner und seiner Schule)