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Masarykova univerzita

Filozofická fakulta

Ústav germanistiky, nordistiky a


nederlandistiky

Bakalářská diplomová práce

2010 Andrea Šušlíková


Masarykova univerzita
Filozofická fakulta

Ústav germanistiky, nordistiky a


nederlandistiky

Německý jazyk a literatura

Andrea Šušlíková

Ilse Aichinger - „Spiegelgeschichte“ und


das Motiv des Spiegels in dem
„Magischen Theater“ Hermann Hesses

Bakalářská diplomová práce

Vedoucí práce: PhDr. Jaroslav Kovář, CSc.


2010

2
Prohlašuji, že jsem diplomovou práci vypracovala
samostatně s využitím uvedených pramenů a literatury.

………………………………………

3
Zde bych chtěla poděkovat panu PhDr. Jaroslavu Kovářovi, CSc., za jeho
ochotu, vstřícný přístup a cenné rady, které mi byly přínosem pro řešení
diplomové práce.

4
INHALT
1. Einleitung.............................................................................................................6
2. Ilse Aichinger.......................................................................................................7
2.1. Kurzbiografie...............................................................................................7
2.2. Preise und Auszeichnungen.........................................................................8
3. Nachkriegswerke und Gruppe 47.........................................................................9
4. „Spiegelgeschichte“ - eine literarische Analyse................................................10
4.1. Inhalt...........................................................................................................10
4.2. Thematik der Geschichte............................................................................13
4.3. Das Milieu der Handlung...........................................................................19
4.4. Erzählform..................................................................................................21
4.5. Spiegelung der Zeit und das Leben vor dem Hintergrund der Jahreszeiten
...........................................................................................................................22
4.6. Symbolik und Motive.................................................................................24
4.6.1. Spiegel als Symbol..........................................................................24
4.6.2. Fenster und sein Hintersinn.............................................................26
4.6.3. Heulende Schiffe und das Geschrei der Vögel................................27
4.6.4. Der symbolische Regen im Zusammenhang mit den Tränen..........28
4.7. Die Farben und ihr Zweck..........................................................................29
4.7.1. Die Farbe Grün................................................................................30
4.7.2. Die Farbe Gelb.................................................................................32
5. Hermann Hesse - Der Steppenwolf....................................................................33
5.1. Entstehung und Thematik des Romans......................................................33
5.2. Zum Inhalt und zur Hauptfigur Harry Hallers...........................................37
6. Zusammenfassende Anmerkungen zur Aufgabe des Spiegels in beiden Werken
................................................................................................................................41
7. Nachwort............................................................................................................43
8. Literaturverzeichnis...........................................................................................44

5
1. Einleitung

In dieser Arbeit konzentriere ich mich hauptsächlich auf die


Erzählung „Spiegelgeschichte“ von Ilse Aichinger, wobei eine wichtige Rolle
auch der Roman Der Steppenwolf von Hermann Hesse spielt. Beide Werke
behandeln den Existenzkampf, den die Haupthelden in ihrem Leben führen. Dies
ist ohne Frage ein sehr häufiges Thema der Weltliteratur, das auch diese Autoren
und die Werke verbindet, obwohl sich ihre Entstehung durch die Periode von
zwanzig Jahren voneinander unterscheidet.
Ich versuche, die wichtigsten Motive in der „Spiegelgeschichte“ zu
erläutern und ihren Zweck zu begründen. Dieser Schritt hilft mir nicht zuletzt bei
der Entdeckung der wesentlichen und zugleich verborgenen Zusammenhänge, auf
denen die ganze Geschichte aufgebaut ist. Der Spiegel stellt eine der wichtigsten
Chiffren dar, vor dessen Hintergrund sich die Handlung der beiden Werke
abspielt. Darum führte mich diese Tatsache zu der Idee, den Vergleich des
Spiegelmotivs zum nächsten Ziel meiner Arbeit zu nehmen.
Im zweiten und dritten Kapitel beschäftige ich mich mit dem Leben Ilse
Aichingers und mit ihrem literarischen Schaffen, wo einige ihrer bedeutenden
Werke in aller Kürze erwähnt sind. Die zahlreichen Auszeichnungen beweisen,
dass diese Autorin auf ihre schriftstellerische Begabung mit Recht stolz sein kann.
In den folgenden zwei Kapiteln komme ich zu dem Hauptteil meiner Arbeit,
indem ich mich der Arbeit an der „Spiegelgeschichte“ und an dem Roman Der
Steppenwolf widme. Die Kapitel sollen uns in das Geschehen hineinführen und
die Thematik der beiden Werke beschreiben.
Jeder der Schriftsteller nimmt einen individuellen Standpunk zu diesem
Motiv ein, was sich an seiner Bearbeitung beobachten lässt. Diese Tatsache
beschreibe ich näher in dem letzten Kapitel der Arbeit.

6
2. Ilse Aichinger

2.1. Kurzbiografie

1921 Ilse Aichinger wurde am 1. November in Wien geboren.


1926 Scheidung der Eltern, Aufwachsen in Wien.
1938/45 erfolglose Emigration nach England, Ilse Aichinger wohnte in Wien
und machte das Abitur am Gymnasium. Sie und ihre Mutter wurden im
Zweiten Weltkrieg dienstverpflichtet.
1945 Aichinger begann die Medizin in Wien zu studieren, brach das Studium
nach zwei Jahren ab, um sich mit der Arbeit an dem Roman Die größere
Hoffnung beschäftigen zu können.
1948 ihr erster Roman Die größere Hoffnung.
1949/50 Lektorin beim S. Fischer Verlag.
1950/51 arbeitete als Assistentin bei Inge Aicher-Scholl an der Hochschule für
Gestaltung in Ulm.
1951 sie nahm zum ersten Mal an der Jahrestagung der Gruppe 47 teil.
1952 erschien der Erzählungenband Rede unter dem Galgen.
1953 Heirat mit Günter Eich, Veröffentlichung des Hörspiels Knöpfe.
1954 ihr erster Sohn Clemens wurde geboren.
1957 Geburt der Tochter Miriam.
Veröffentlichte das Hörspiel Zu keiner Stunde. Szenen und Dialoge.
1961 Besuch im Pfarrhaus. Ein Hörspiel. Drei Dialoge.
1963 Wo ich wohne. Erzählungen, Gedichte, Dialoge.
1965 erschien die Erzählung Eliza Eliza.
1969 erschienen vier Hörspiele im Band Auckland.
1972 starb ihr Mann Günter.
1976 Erzählungen Schlechte Wörter.
1978 Veröffentlichung der Gedichtsammlung unter dem Titel Verschenkter Rat
und des Bandes Meine Sprache und ich.
2001 Ilse Aichinger veröffentlichte ihre Autobiographie Film und Verhängnis.
Blitzlichter auf ein Leben.1

1
Nach: LINDEMANN, Gisela. Ilse Aichinger. Orig.-Ausg.. München : Beck, 1988.
ISBN: 3-406-32276-X. S.109, 110 
Nach: Ilse Aichinger – Biografie. [online]. [2010-06-05]. Zugänglich an:
<http://www.hdg.de/lemo/html/biografien/AichingerIlse/index.html>

7
2.2. Preise und Auszeichnungen

1952 Preis der Gruppe 47 für die „Spiegelgeschichte“.


1955 Immermann-Preis der Stadt Düsseldorf.
1957 Literaturpreis der Freien Hansestadt Bremen.
1961 Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste.
1968 Anton-Wildgans-Preis.
1971 Ilse Aichinger erhielt den Nelly-Sachs-Preis.
1974 Preis der Stadt Wien.
1975 Roswitha-Medaille der Stadt Bad Gandersheim.
1979 Georg-Trakl-Preis.
Franz-Nabl-Preis der Stadt Graz.
1982 Petrarca-Preis.
1983 Franz-Kafka-Preis.
1984 Marie-Luise-Kaschnitz-Preis.
1987 Europalia-Literaturpreis der Europäischen Gemeinschaft.
1988 Preis der Weilheimer Schülerjury.
1991 Großer Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste.
1995 Großer Österreichischer Staatspreis für Literatur.
2000 Joseph-Breitbach-Preis.2

2
Nach: MOSER, Samuel. Ilse Aichinger - Leben und Werk. Hrsg. Frankfurt am Main : Fischer
Taschenbuch Verlag, 1995.  ISBN: 3-596-12782-3. S. 343
Nach: Ilse Aichinger – Biografie. [online]. [2010-06-05]. Zugänglich an:
<http://www.hdg.de/lemo/html/biografien/AichingerIlse/index.html>

8
3. Nachkriegswerke und Gruppe 47

Ilse Aichinger zählt zu den bedeutendsten Vertretern der


Nachkriegsliteratur und zugleich der Gruppe 47. In ihrem literarischen Schaffen
konzentriert sie sich auf die Kritik der politischen Situation und ihre frühen
Werke wurden ziemlich durch die damalige Zeit und die Ereignisse beeinflusst.
Im Werk Das vierte Tor, aus dem Jahre 1945, spricht diese österreichische
Schriftstellerin als erste über das Konzentrationslager. 1946 erschien das Essay
„Aufruf zum Mißtrauen“, in dem sie sich gegen das Vergessen der Historie
ausspricht:

„...Ist es nicht die Sprengladung, welche die Brücken zwischen den Völkern in die Luft
wirft, dieses furchtbare Mißtrauen, ist es nicht die grausame Hand, welche die Güter der
Welt ins Meer streut, die den Blick der Menschheit überschattet und lauernd verwirrt?...
Sich selbst müssen Sie miβtrauen! Ja? Haben sie richtig verstanden? Uns selbst müssen
wir miβtrauen... Werden wir miβtrauisch gegen uns selbst, um vertrauenswürdiger zu
sein!“3

Der erste Roman Die größere Hoffnung (1948) behandelt das Thema der
Emigration, des Judentums, der Bombenangriffe und der Sicherheitspolizei. Ilse
Aichinger erzählt in diesem Roman das Leben der jüdischen Kinder aus der nie
genannten Stadt - Wien - während der Kriegsjahre, wo die fünfzehnjährige Ellen
die Hauptgestalt darstellt.
Ins Bewusstsein den bekannten Schriftstellern der Gruppe 47 brachte Ilse
Aichinger im Jahr 1951, als sie zum ersten Mal an der Tagung in Bad Dürkheim
teilgenommen hat. Im folgenden Jahr las die Autorin die „Spiegelgeschichte“ auf
der Begegnung der Schriftsteller in Niendorf an der Ostsee, für die Ilse Aichinger
den Preis der Gruppe 47 erhielt und eben diese Tagung wurde zum Anfang der
neuen Ära. Es war die junge deutsche Literatur der Moderne, in der die Namen
der folgenden Autoren hervorragen: Paul Celan, Ingeborg Bachmann und Ilse
Aichinger.4

3
MOSER, Samuel. Ilse Aichinger - Leben und Werk. Hrsg. Frankfurt am Main : Fischer
Taschenbuch Verlag, 1995.  ISBN: 3-596-12782-3. S. 18, 19
4
Nach: Die Gruppe 47 : Ein kritischer Grundriss.  2. gründl. überarb. u. erw. Aufl. Unveränd.
Nachdruck. München : Verlag Edition Text+Kritik, 1995. ISBN: 3-88377-209-7. S. 84

9
4. „Spiegelgeschichte“ - eine literarische Analyse

4.1. Inhalt

Diese Kurzgeschichte behandelt das Leben eines jungen Mädchens, das


nach der misslungenen Abtreibung in Schmerzen stirbt. Kein besonderes Thema,
in der Tat eher eine sehr gewöhnliche Geschichte. Die Originalität besteht aber in
der Art der Erzählung und in dem individuellen Stil Ilse Aichingers.

Wenn einer dein Bett aus dem Saal schiebt, wenn du siehst, dass der Himmel grün wird,
und wenn du dem Vikar die Leichenrede ersparen willst, so ist es Zeit für dich,
aufzustehen, leise, wie Kinder aufstehen, wenn am Morgen Licht durch die Läden
schimmert, heimlich, dass es die Schwester nicht sieht – und schnell! 5

Mit diesen Wörtern beginnt die Erzählung ihres Lebens, obwohl es auf den
ersten Blick seltsam wirkt. Der Lebenslauf verläuft rückwärts, als ob wir die
Geschichte im Spiegel beobachteten. Der Tod wird hier als Beginn nicht als Ende
gesehen. Dank dem Tod beginnt die junge Frau wieder zu leben. Ihr Sarg wird aus
dem Grab herausgenommen, der Kranz dem jungen Mann zurückgegeben. Der
Leichenwagen kehrt dann in die Kapelle zurück und der Pfarrer wünscht dem
Mann viel Glück. Er wünscht ihm viel Glück, damit sie wieder leben könnte,
damit sie die frische Luft einatmen könnte. „Wenn einer einem Trauernden viel
Glück gewünscht hat, bleibt ihm nichts übrig, als den Toten wieder
heimzuschicken.“6
Bei der Reise zum Hospital wartet sein Wagen an der Kreuzung auf das
grüne Licht. Man trägt den Sarg in die Leichenhalle und setzt ihn auf den leeren
Sockel. Die Männer nehmen den mit den Nägeln zu fest eingeschlagen Sargdeckel
fluchtend ab. Am nächsten Tag kommt der junge Mann und dreht die Mütze, aber
er weint nicht, er schlägt nur die Hände vor das Gesicht. In der umgekehrten
Reihenfolge setzt die Geschichte dieser jungen Frau fort, bis sie in einem
Krankenbett zu atmen beginnt.

Sie lassen dich allein. So allein lassen sie dich, dass du die Augen aufschlägst und den
grünen Himmel siehst, so allein lassen sie dich, dass du zu atmen beginnst, schwer und

5
AICHINGER, Ilse. Der Gefesselte, Erzählungen. Frankfurt am Main : Fischer, [1989]. 
ISBN: 3-10-000513-9.  S. 63
6
Ebd. S. 64

10
röchelnd und tief, rasselnd wie eine Ankerkette, wenn sie sich löst. Du bäumst dich auf
und schreist nach deiner Mutter. Wie grün der Himmel ist!7

Jetzt steht sie auf, kehrt nach Hause zurück und legt sich in ihr Bett. Nach
sieben Tagen mit den schrecklichen Schmerzen gequält, begibt sich das Mädchen
zur Alte. Der Weg durch die Hafengassen ist für sie elend. Sie ist allein. Allein in
den ungeheuren Schmerzen.
Im Haus der Alte ist alles schmutzig, wie auch ihre Hand. Man weiß jetzt,
dass der Eingriff misslingt. Aus dem Hafen hört man das Heulen der Schiffe.
„Mach mir mein Kind wieder lebendig! Das hat noch keine von der Alten
verlangt. Aber du verlangst es. Der Spiegel gibt dir Kraft. Der blinde Spiegel mit
den Fliegenflecken lässt dich verlangen, was noch keine verlangt hat.“ 8 Dank dem
blinden Spiegel wird ihr Kind wieder lebendig. Der Mann schließt die Frau in die
Arme und dann spazieren sie schweigend zusammen. Jetzt kommt der
schicksalhafte Moment in dem der junge Mann das erste Wort ausspricht – es ist
der Name einer Gasse, wo die Alte wohnt. Obwohl er nicht weiß, dass sie
schwanger ist, schickt sie zur Alte.
Die Handlung der Geschichte verschiebt sich aus der Umgebung der
Kohlenberge, der See und des Strandes in das Krankenhaus, wo die Junge um das
Leben kämpft. Der Himmel, der hier als Vertreter des Spiegels steht, ist blass und
die See liegt grün. Der Mann drängt die Frau in das verdammte Haus zu gehen,
sie werden scheuer, planen seine Zukunft und viele Kinder. Nach sechs Tagen
erfahren sie ihre Namen und alles ist schön. Die Konversation wechselt eher das
Schweigen und die Frage, was das Wetter betrifft. Jetzt sind sie sich wieder mehr
fremder und treffen sich nicht so oft wie vorher. Jetzt kommt der Tag an dem sie
die Liebe zum Mann entdeckt und paar Tage später sehen sie sich zum ersten Mal
auf dem Markt, wo ihr der Mann die Äpfel aus dem Boden zu sammeln hilft. Sie
trennen sich für immer. Das Mädchen kann jetzt mit den Brüdern spielen und in
der Schule über die Schnüre springen.

Die fremden Sprachen hast du schon gelernt, doch so leicht bleibt es nicht. Deine eigene
Sprache ist viel schwerer. Noch schwerer wird es sein, lesen und schreiben zu lernen,
doch am schwersten ist es, alles zu vergessen. Und wenn du bei der ersten Prüfung alles
wissen musstest, so darfst du doch am Ende nicht mehr wissen. Wirst du das bestehen? 9
7
AICHINGER, Ilse. Der Gefesselte, Erzählungen. Frankfurt am Main : Fischer, [1989].
ISBN: 3-10-000513-9.  S. 66
8
Ebd. S. 68
9
AICHINGER, Ilse. Der Gefesselte, Erzählungen.  Frankfurt am Main : Fischer, [1989].

11
Am Ende dieser „Spiegelgeschichte“ trifft leider auch ihre Mutter das
gleiche Schicksal, die stirbt, aber trotzdem kehrt ebenfalls ins Leben zurück. Ihr
Vater beugt sich über sie im Augenblick ihrer Geburt. „Es ist zu Ende – sagen die
hinter dir, „sie ist tot! Still! Laβ sie reden!“ 10

ISBN: 3-10-000513-9.  S. 73
10
Ebd. S. 74

12
4.2. Thematik der Geschichte

Die Thematik dieser Kurzgeschichte ist nicht auf den ersten Blick so
einzigartig. Es ist eine einfache, gewöhnliche aber doch sehr dichte
Liebegeschichte eines jungen Mädchens, das im Sterben im Krankenhaus liegt.
Das Ende wird hier als Anfang und die Stunde der Geburt als Todesstunde
aufgefasst.11 In der „Spiegelgeschichte“ nimmt der Tod den wichtigsten
Ausgangspunkt ein, denn sie beginnt und zugleich endet mit ihm. Er wird auch als
die Genugtuung für die schlechte Entscheidung aufgefasst, dank der die junge
Frau ihr unschuldiges Kind zum Tod verurteilt. Als Hilfsmittel und grundsätzliche
Chiffre dient der Spiegel, mittels seiner Widerspiegelung der Leser das tragische
Schicksal der jungen Frau im Rücklauf sieht.
Der Tod steht auch im Mittelpunkt der anderen Werke, die dieses Thema
bearbeiten. In einem Gespräch sagt Ilse Aichinger, dass sie keine Angst vor dem
Tod hat, eher erschreckt sie der Verlust ihrer Nächsten.
Die „Spiegelgeschichte“ entstand drei Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg,
wo auch die Protagonistin einen grausamen Krieg führt. Es ist der Kampf gegen
das eigene Schicksal, aus dem sie leider als Verlierer hervorgeht.
Die umgekehrte Reihenfolge der Erzählung vermischt sich mit anderer
Linie, die der Wirklichkeit der Handlung entspricht. Diese zwei Ebene machen die
Kurzgeschichte außergewöhnlich und setzt sie dadurch von den anderen ab. Eine,
die im Rücklauf gehende und die andere, die die Kommentare des
Krankenhauspersonals bildet: „ „Die Fieberträume lassen nach“, sagt eine Stimme
hinter dir, „der Todeskampf beginnt!“ Ach die! Was wissen die?“ “ 12
Der Tod setzt sich in der Geschichte sehr stark durch. Es ist aber
offensichtlich, dass er sehr stark abgelehnt wird, denn die letzte Erklärung der
Krankenschwestern „Es ist zu Ende -, sie ist tot!“ wird gerade mit den Wörtern
der Erzähler negiert: „Still! Laβ sie reden!“ 13 Er will die Tote wieder lebendig
machen. Der Appell zur Auferstehung steht gleich am Anfang der
„Spiegelgeschichte“.
Selbst Ilse Aichinger sagt: „Wenn wir es richtig nehmen, können wir, was
gegen uns gerichtet scheint, wenden, wir können gerade vom Ende her auf das

11
Nach: Wenn ich mein Leben noch einmal beginnen könnte ... [online]. [2010-05-27].
Zugänglich an: <http://www.zum.de/Faecher/kR/BW/bibellit/texte/t087.htm>
12
AICHINGER, Ilse. Der Gefesselte, Erzählungen.  Frankfurt am Main: Fischer, [1989].
ISBN: 3-10-000513-9.  S. 66,67
13
Ebd.  S. 74

13
Ende hin zu erzählen beginnen, und die Welt geht uns wieder auf.“14 Das Leben
vom Ende her zu sehen, ermöglicht uns die Zusammenhänge zwischen den
Ereignissen zu erklären. In Wirklichkeit ist unser Leben oft monoton, trotzdem
bemerken es die Menschen nicht. Jeder Tag ist fast ähnlich dem anderen. Am
Morgen wachen wir auf, stehen auf, gehen zur Arbeit, kehren nach Hause, sollen
viele Pflichte erledigen. Mit der Alltäglichkeit unseres Lebens werden wir älter,
schwächer und die einzigartigen Minuten, die nie mehr zurückzukehren sind,
verschwinden uns unter die Hände ohne sie sinnvoll zu auszunützen.
Auf diese Daseinsform will die Schriftstellerin aufmerksam machen. Sie
richtet seine Bestrebung daran, um die Menschen aus dem faden Leben und ihrer
geistlosen Handlung zu retten und sie gleichzeitig zum wirklichen Leben zu
führen. Alles, was im Leben schon einmal passiert ist, können wir nicht abtun,
einfach wegwischen. Jede Entscheidung, die wir treffen, jede Tätigkeit, die wir
machen, lassen sich später nicht ändern. Erst der langsam kommende Tod kann
uns die Antwort auf alle unklaren Fragen geben. Dies sind drei sehr wichtige
Wirklichkeiten, durch die sich die Einmaligkeit des Lebens kennzeichnet: die
Wichtigkeit jeder Entscheidung, ihre Konsequenzen und die Eingeschränktheit.
Das Licht, das wir in den letzten Minuten unseres Lebens sehen,
ermöglicht uns diese Einmaligkeit zu erkennen. Es ist das Licht der Hoffnung auf
das nächste Leben, in dem die Leute zuerst wirklich zu leben beginnen. Tod und
Geburt hängen also sehr eng zusammen. Aus den Gedanken Ilse Aichingers ergibt
sich, dass der Augenblick des Todes eigentlich den Augenblick der Geburt
bedeutet. Der Mensch geht jetzt einen anderen Weg und zwar den Himmelsweg
unter dem Schutz Gottes. Diese österreichische Schriftstellerin stellt sich das
wirkliche Leben vor, als etwas, was sich auf den Glauben und auf die
Heilserwartung stützt. 15
Anhand der „Sicht der Entfremdung“ will uns Ilse Aichinger die
Lebenseinsicht erläutern. Im Jahr 1954 erschien ihr Essay „Die Sicht der
Entfremdung. Über Berichte und Geschichten von Ernst Schnabel“, wo sie ihre
eigene Weltsicht beschreibt.16 Die Reihenfolge der Ereignisse stimmt nicht mit der
Realität - das erfährt der Leser bereits am Anfang. Der wahre Sinn dieser

14
MOSER, Samuel. Ilse Aichinger - Leben und Werk. Hrsg. Frankfurt am Main : Fischer
Taschenbuch Verlag, 1995.  ISBN: 3-596-12782-3. S. 86, 87
15
Nach: Wenn ich mein Leben noch einmal beginnen könnte ... [online]. [2010-06-05].
Zugänglich an: <http://www.zum.de/Faecher/kR/BW/bibellit/texte/t087.htm>
16
Nach: Kurzschlüsse von Ilse Aichinger. [online]. [2010-06-09]. Zugänglich an:
<http://www.lyrikwelt.de/rezensionen/kurzschluesse-r.htm>

14
Methode liegt darin, dass der Leser die Freiheit bei der Entscheidung sieht und
gerade dies nahm sich die Schriftstellerin zum Ziel. Darum dreht sich die
Handlung der „Spiegelgeschichte“ überwiegend um das Thema der Abtreibung,
weil jeder sich für diese Operation allein entscheiden soll und sucht jene
Momente, die die Schlüsselrolle in unserem Leben spielen.

In der Kunst Ilse Aichingers läuft die Zeit nicht ab; es waltet schwebende Gegenwart, in
welcher das Älteste so neu ist wie das Neueste alt; in welcher der Traum so wirklich ist
wie die Wirklichkeit geträumt; in welcher der Wahn so genau ist wie das Genaue irr. 17

Die Vergangenheit lässt sich nicht zurücknehmen. Diese Grundwahrheit


wird oft von den Leuten übergegangen und darum will uns Ilse Aichinger zur
Reflexion anreizen, damit wir zur wahren Erkennung kommen könnten.
In der Spiegelreflexion betrachtet man das vergangene Leben, entdeckt
jene Möglichkeiten, die dieses Leben bietet und ist sich der Bedeutung seiner
Entscheidung bewusst. Der Rückwärtsgang zeigt deutlich, dass unser Schicksal
nicht prädestiniert ist sondern anhand unserer Wahl, unserer Anschauung und
auch Anordnung der Anderen gebildet wird. Die hartherzige Vorstellung von der
Irreversibilität unseres Schicksals wird sofort unbegründet und die Behauptung
über die Nicht-Existenz der menschlichen Freiheit verliert an der Wahrheit. Im
Rückblick bemerkt man die Möglichkeit der Wahl, die sein Leben total ändern
konnte.
Es ist wichtig zu erwähnen, dass uns die Geschichte auf die gedankenlose
Handlung in den verschiedenen Lebenssituationen aufmerksam machen will. Der
Mensch sieht im bestimmten Augenblick keinen anderen Ausweg als den, dem er
sich untergeordnet hat. Die Konsequenzen können dann mannigfaltig sein -
entweder gute oder schlechte. Die sich dem Tod nähernde Frau empfindet die
Konsequenzen auf eigene Haut und sieht ihre Fehler vor den Augen, da ihr ihr
ganzer Lebenslauf mit anderen möglichen Wegen projiziert wird. Erst jetzt stellt
sie fest, dass ihr Leben ganz anders aussehen könnte, dass sie jetzt auf den
schrecklichen Tod nicht warten müsste. Es ist zu spät. Sie entschied sich frei,
obwohl nicht ganz.
Nicht nur der Einfluss des Mannes, der von verlegen die Mütze zwischen
seinen Fingern dreht, sondern auch der Einfluss der bedrückenden Umstände

17
MOSER, Samuel. Ilse Aichinger - Leben und Werk. Hrsg. Frankfurt am Main : Fischer
Taschenbuch Verlag, 1995.  ISBN: 3-596-12782-3. S. 102

15
haben ihr Leben total geändert. Die ungeheuren Vorwürfe vorfolgen sie, die
tadelnden Stimmen lassen sie keine einzige Minute in der Ruhe.
Sie hört nur in diesen Momenten: „Du hättest es nicht tun sollen! Du
hättest dich nicht der Abtreibung unterziehen sollen! Es war schlecht. Du, nur du
bist für den Tod deines Kindes schuldig und jetzt sollst du die Schuld selbst
beheben. Es ist die höchste Zeit.“ Sie liegt machtlos im Krankenhaus und wartet.
Der Blick in die Vergangenheit vertieft noch mehr ihren Schrecken. Das Gewirr
der geschnipselten Bilder aus ihrem Leben beherrscht ihre Seele.
Die junge Frau sagt zu sich selbst: „Könnte ich das Leben noch einmal
durchleben, dann hätte ich diese schreckliche Wahl nicht getroffen, dann hätte ich
keine schwere Sünde begeben. Wenn ich diese schrecklichen Folgen meiner
falschen Entscheidung kennte, würde ich mir den rechten Weg wählen.“ Dies ist
aber unmöglich. Es ist nicht in unseren Kräften das Leben nochmals zu beginnen,
doch der Mensch verfügt über die Vielzahl der Möglichkeiten, dank denen er sein
Leben in eine richtige Richtung gehen kann, wenn er sie ausführlich überlegt.
Die Bemühung der Autorin den Menschen aus dem stumpfen Leben
herauszureißen und zur Verantwortlichkeit aufzufordern, ist gar nicht ihre einzige
Absicht. „Spiegelgeschichte“ stellt eine sozialkritische Erzählung dar, in der sich
die Frau trotz ihrer Überzeugung der Abtreibung unterworfen hat. Die
Gesellschaft ist eine der vielen Ursachen. Die alleinerziehenden Mütter befinden
sich am Rande der Gesellschaft, was für die Heldin undenkbare Demütigung
heißt. Letztlich kann solcher rücksichtslose Eingriff in die menschliche
Gesundheit zur Unfruchtbarkeit und unglücklicherweise auch zum Tod führen.
Die Rolle des Mannes, die hier ad notam genommen wird, scheint in dieser
Geschichte wesentlich zu sein. Obwohl er sich am Anfang der Annäherung mit
dem Mädchen Mut zugesprochen hat, sie zum ersten Mal anzureden, ihr den Arm
um die Schultern zu legen und nicht zuletzt sie in das verdammte Haus
hineinzuziehen, ist auf keinen Fall im Stande, die Frau in ihrer schweren
Lebenssituation die Hilfe zu leisten, sie zu unterstützen und die Verantwortung für
seine Taten zu tragen. In diesem verdammten Haus empfing sie ein Kind von ihm.
Was fühlt er eigentlich zu dieser Frau? Es kann nicht die Liebe sein. Wenn es
doch nur die Liebe wäre, würde er sie nicht zu der Engelmacherin geschickt. Ihr
Liebhaber nahm eine ablehnende Stellung zu dem ganzen Problem, die für weitere
Entwicklung der Geschichte wichtig ist.

16
Über den Charakter dieser Gestalt wird in der Geschichte sehr kritisch
geurteilt. Er handelt ohne zu zögern, wenn er die Nachricht von der
Schwangerschaft erfährt und auf das Kind und auf die Vaterschaft verzichtet.
Davon kann man den Schluss ziehen, dass das Motiv seines Verhaltens nur
zeitweilige Sinnesverwirrung sein könnte, denn er war wahrscheinlich einsam und
die Sympathie eines jungen Mädchens hat ihn sehr gefreut. Der junge Mann
redete von der Zukunft bei den Spaziergängen am Fluss ganz anders als jetzt.

Gib acht, jetzt er bald von der Zukunft zu reden, von den vielen Kindern und vom
langen Leben, und seine Wangen brennen vor Eifer. Sie zünden auch die deinen an. Ihr
werdet streiten, ob ihr Söhne oder Töchter wollt, und du willst lieber Söhne. Und er
wollte sein Dach lieber mit Ziegeln decken, und du willst lieber - - -, aber da seid ihr
den Fluß schon viel zu weit hinaufgegangen.18

Am Anfang hatten die zwei viele gemeinsame Pläne und haben sich auf
die zusammen verbrachten Momente gefreut. „Wenn nur der junge Mann in
deiner Nähe wäre, aber der junge Mann ist nicht bei dir, im Sarg warst du viel
schöner. Doch jetzt ist dein Gesicht verzerrt von Schmerzen, die Schmerzen haben
zu jubeln aufgehört.“19
Verblüffenderweise wird das Aussehen der Frau in dem vorigen Zitat
kommentiert. Wahrscheinlich war ihr Tod, nach der Meinung des Mannes, eine
der besten möglichen Lösungen der ganzen Situation. Er ist jetzt ganz frei, frei
von den alltäglichen Verpflichtungen, den er sich kaum in der Ehe entziehen
könnte.
Der Zweck dieser Geschichte ist nicht nur die Kritik des Mannes, sondern
auch die Erläuterung der Rolle der Gesellschaft und der Frau darin. Es ist
unzweifelhaft, dass der Mann sie zur Abtreibung gezwungen hat, aber sie hatte
keine Einwendungen dagegen, sie ging zur Engelmacherin, sie war total passiv.
Die Geschichte ist gegen die Passivität und gegen die Gesellschaft, die in der
damaligen Zeit die alleinerziehenden Mütter verdammt. Das gesellschaftliche
Bewusstsein wird zum wichtigen Aspekt, der über die Handlung der
„Spiegelgeschichte“ auf eigene Art mitbestimmt. Gegenwärtig sieht die Situation
ganz anders aus, weil die Fälle, wenn sich die Mutter um das Kind allein

18
AICHINGER, Ilse. Der Gefesselte,  Erzählungen.  Frankfurt am Main : Fischer, [1989].
ISBN: 3-10-000513-9.  S. 71
19
Ebd. S. 67

17
kümmert, sehr häufig sind aber die Gesellschaft nimmt dazu liberale Einstellung
ein.

18
4.3. Das Milieu der Handlung

Die „Spiegelgeschichte“ wird in die Umgebung einer Industriestadt


hineinversetzt, wo die Szenerie des Hafens mit den Schiffen, des Meeresstrandes,
der Kohlenberge, des Bauplatzes und der Friedhofsstraβe hervorragt. Die
wichtigen Ereignisse der Erzählung geschehen, neben diesen Orten, auch auf dem
Friedhof, im Haus der alten Engelmacherin und im Krankenhaus. Die Autorin
konzentriert sich nicht auf die umfangreiche Schilderung, sie legt den
hauptsächlichen Wert auf die Realität. Daneben treten alle Personen, die Straßen
und die Stadt namenlos auf. Immer ist es nur die Alte, der junge Mann, die junge
Frau, der Vikar, der Vater.
In der Arbeit „Die Vögel beginnen zu singen, wenn es noch finster ist“
beschreibt Ilse Aichinger die Eindrücke, die England in ihr hinterließ und die
auch in der „Spiegelgeschichte“ zum Ausdruck kamen.

...es war auch das erste fremde Land, die ich sah. Vielleicht ist es mir deshalb gleich
vertraut gewesen, weil das Meer dort überall nahe ist, weil einen das Bewuβtsein, auf
einer Insel zu sein, das Gefühl der Küstennähe dort nie verläβt. Das spiegelt den
Abschied im Raum wider und gibt zugleich die Kontur... Am liebsten waren mir die
Hafenviertel, das Eastend und die Docks, und ich habe auch hier den Kai am liebsten,
die Donau, Gegenden mit Schiffen und Brücken, an denen noch gebaut wird, und von
allen Jahreszeiten den Herbst.20

Alle Orte, in den sich diese Kurzgeschichte abspielt, strahlen fast immer
eine bestimmte Unruhe aus. Die Erwartung und die Spannung wurden zum
unteilbaren Bestandteil der Erzählung. Ob es der Kirchhof, das Spital, das
schicksalhafte Haus oder ihr eigenes Haus ist, immer passiert ein Unglück. In
allen Situationen verfolgt die Protagonistin die Ungunst des Schicksals.

An diesem Tag spiegelt der blinde Spiegel das verdammte Haus. Verdammt nennen die
Leute ein Haus, das abgerissen wird, verdammt nennen sie das, sie wissen es nicht
besser. Es soll euch nicht erschrecken. Der Himmel ist jetzt blass genug. Und wie der
Himmel in der Blässe erwartet auch das Haus am Ende der Verdammung die Seligkeit.21
In diesem Haus erlebte das Liebespaar die intimsten Momente ihres
Verhältnisses und die Frau wurde hier schwanger. Liebe. Für jeden bedeutet
20
MOSER, Samuel. Ilse Aichinger - Leben und Werk. Hrsg. Frankfurt am Main : Fischer
Taschenbuch Verlag, 1995.  ISBN: 3-596-12782-3. S. 30
21
AICHINGER, Ilse. Der Gefesselte,  Erzählungen.  Frankfurt am Main : Fischer, [1989].
ISBN: 3-10-000513-9.  S. 70

19
Verliebtheit die glücklichsten Momente in seinem Leben, obwohl sie nicht immer
gut enden soll. Die schmerzhafte Trennung gehört auch dazu, aber im Laufe der
Zeit versöhnt sich der Mensch damit und später trifft eine neue Liebe. Nur am
Anfang war die Liebesbeziehung der Frau und des Mannes glücklich. Die
Sehnsucht und die Freude verschwinden Schritt für Schritt, die Liebe hat eher
einen bitteren Beigeschmack.

20
4.4. Erzählform

Die Geschichte wird in der 2. Person Singular erzählt, wobei unsere


Aufmerksamkeit eine Reihe von den Imperativen fesselt.

Wenn einer dein Bett aus dem Saal schiebt, wenn du siehst, daβ der Himmel grün wird,
und wenn du dem Vikar die Leichenrede ersparen willst, so ist es Zeit für dich... Die
Nacht über bleibst du allein, das Kreuz zwischen den Händen, und auch den Tag über
wirst du viel Ruhe haben. Du wirst es später lange nicht mehr fertigbringen, so still zu
liegen... Geh nach Hause! Und leg dich in dein eigenes Bett zurück, auch wenn es in
den Fugen kracht und noch zerwühlt ist... „Mach mein Kind wieder lebendig!“...Lauf
nicht zu schnell! Du gehst nach Hause, dein Vater erwartet dich, und die kleinen Brüder
schreien so laut sie können und zerren an deinem Haar. Du bringst sie zur Ruhe und
tröstest deinen Vater. 22

Die Erzählung der Lebensgeschichte in der Du - Form ruft im Leser den


Eindruck hervor, als ob er selbst eine von den Personen in der
„Spiegelgeschichte“ wäre, oder die Geschichte gemeinsam mit der jungen Frau
durchlebte. Am Anfang scheint es, dass der Erzähler zum Leser spricht, aber
weiter im Text wird diese Vermutung widerlegt, da die junge Frau die wesentliche
Gestalt der ganzen Geschichte ist, zu der sich der Erzähler wendet.
Die außenstehende Stimme, die der Frau ihr eigenes Leben erzählt, könnte
ihre Mutter, Gott oder ein Beschützer sein. Diese Person tröstet sie in den
schweren Momenten, versucht ihr Tun auf alle möglichen Weisen zu beeinflussen
und ihr den rechten Weg zu zeigen.

Geh jetzt! Jetzt ist der Augenblick! Alle sind weggerufen. Geh, eh sie wiederkommen...
Er hat schon wieder keine Tränen, gib ihm von den deinen. Und nimm Abschied, eh du
dich an seinen Arm hängst. Nimm von ihm Abschied! Du wirst es nicht vergessen,
wenn er es auch vergiβt: Am Anfang nimmt man Abschied. 23

Es gibt mehrere Möglichkeiten, wie man diese Form der Erzählung


interpretieren kann. Es kann der Monolog der Protagonistin sein, als ob sie mit
sich selbst redete und ihr eigenes Begräbnis, ihren Tod und ihr Sterben, ihr
Rückkehr unter die Lebendigen, ihre Verliebtheit und ihre Kindheit im Spiegel
beobachtete.

22
Ebd. S. 63, 65, 67, 68, 73
23
Ebd. S. 67, 69

21
4.5. Spiegelung der Zeit und das Leben vor dem Hintergrund der
Jahreszeiten

Das ganze Leben der jungen Frau wird im Spiegel auf solche Art
projiziert, damit uns die Geschichte gleich am Anfang ihre Zukunft statt der
Vergangenheit aufklärt. Mit der Technik der Rückwärtserzählung bricht Ilse
Aichinger die Tradition, die die Schriftsteller in ihren Werken bisher bewahrten.
Eine der Charakteristiken der „Spiegelgeschichte“ ist der Verlauf der Ereignisse,
die im Spiegel schneller als in der Realität verlaufen. Daneben kommen
mehrmals die Ausdrücke - Morgen, Nacht, Augenblick, gleich und jetzt - vor.

Gleich kommen die Männer und heben deinen Sarg vom Leichenwagen... Gleich darauf
kommt auch der junge Mann und bringt den Kranz zurück, es war schon hohe Zeit...
Gleich sind sie gegangen. Keiner will Zeuge sein, denn dafür wird man heute noch
verbrannt...Geh jetzt! Jetzt ist der Augenblick!... Gleich läβt sein Drängen nach. Und in
demselben Augenblick bist du nicht mehr bereit, ihr werdet scheuer. 24

Aus allen vier Jahreszeiten entschied sich die Autorin nur zwei zu wählen:
den Sommer und den Herbst. Der Frühsommer wird im Allgemeinen mit der
Freude, dem Lachen und mit dem schönen Wetter verbunden, weil die Natur
voller Kraft ist und alle Blumen in Blüte stehen. Das Wichtigste, was sie
mitbringt, ist die Hoffnung mit dem ausstrahlenden Optimismus, dank der beginnt
das Blut in den Adern der Frau wieder zu kreisen. Trotz allen Versprechungen der
neuen Energie und guten Nachrichten beklemmt die Frau das Gefühl der
Verzweiflung. Der überwiegende Teil der Handlung spielt sich vor dem
Hintergrund des Sommers ab. Nach dem Begräbnis am regnerischen Tag wartet
der Leichenwagen auf das grüne Licht und fährt die Straße entlang, auf der die
Tropfen glücklich tanzen und die nach dem frischen Sommerregen riecht. „Sei
geduldig. Es ist ja Frühsommer. Da reicht der Morgen noch lange in die Nacht
hinein.“25
Nicht von minderer Bedeutung ist der Herbst. Ein Herbsttag, an dem die
Frau dem Mann begegnete, ein Herbsttag, an dem das alles begann. Bei dem
Gedanke an diese Jahreszeit erscheint eine Anzahl von Assoziationen. Er wird im
Gedächtnis insbesondere mit den Gewittern, mit der schlechte Laune und

24
Ebd. S. 65, 66, 67, 71
25
Ebd. S. 64

22
Depression verbunden. Man kann sagen, dass die Leute diese Zeit sehr schlecht
ertragen, weil die Umgebung sehr traurig wirkt - die Blumen verlieren an der
Farbigkeit, die Blätter der Bäume abfallen und der Pflanzensaft verschwindet
allmählich.
„ „Es ist zu Ende-“, sagen die hinter dir, „sie ist tot!“ “ 26 Die junge Frau,
die früher voll Lebenskraft, schön, gesund und glücklich war, liegt jetzt im Sarg,
auf den die schweren Erdschollen poltern und dabei der Pfarrer spricht die
Leichenrede aus.

Wenn einer dein Bett aus dem Saal schiebt, wenn du siehst, daβ der Himmel grün wird,
und wenn du dem Vikar die Leichenrede ersparen willst, so ist es Zeit für dich,
aufzustehen, leise, wie Kinder aufstehen, wenn am Morgen Licht durch die Läden
schimmert, heimlich, daβ es die Schwester nicht sieht - und schnell!27

26
Ebd. S. 74
27
Ebd. S. 63

23
4.6. Symbolik und Motive

4.6.1. Spiegel als Symbol

Der Spiegel spiegelt nicht nur die Menschengestalt, sondern er entdeckt


uns das Unbekannte, was sich hinter den Grenzen unseres Verstandes verbirgt.
Die Autoren und die Filmregisseure sind sich dieser einzigartigen Eigenschaft des
Spiegels bewusst und darum treffen sich der Leser und der Zuschauer sehr oft mit
dem Symbol des Spiegels. Dieser Gegenstand des Alltags begleitet die
Menschheit schon seit ihrem Beginn. Das Vorkommen des Spiegels in den
Märchen oder Sagen wurde immer mit dem Geheimnis verbunden und sehr
bekannt ist der Aberglaube über dem zerschlagenen Spiegel, der sieben Jahre mit
Unglück heißt. Es wurde auch tradiert, dass er vor dem Satan, Vampir oder
Gewitter die Leute schützt.
Im Allgemeinen ist der Spiegel das Attribut für die Klugheit, Wahrheit und
gleichzeitig stellt er den Hochmut und die Begier dar. Es gibt auch die
Redewendungen und Phrasen, die auf Grund dieses Symbols entstanden sind, wie
zum Beispiel: sich etwas nicht hinter den Spiegel stecken. In der Literatur
symbolisieren die Spiegel das Tor in eine andere Dimension oder den Weg zur
Wahrheit, die der Held entweder entdeckt oder ihm für immer verborgen,
verheimlicht bleib. Der Spiegel ist ohne Zweifel eine große Motivation bei der
Schöpfung der vielen Horrorfilme, denn die oft furchtbaren Bilder aus der
Vergänglichkeit erscheinen gerade im Spiegel. Meistens hilft er den
Filmschauspielern das Geheimnis aufdecken und in hohem Maß nimmt er an der
Handlung des ganzen Films teil.
Der Spiegel wird zugleich und auch am häufigsten mit dem Tod
verbunden. In vielen Kulturen glauben die Leute, dass der Spiegel die Seelen der
Lebendigen in Haft hält, oder den Seelen der Verstorbenen den Weg in die
Ewigkeit verhindert. 28
Die Autoren behelfen sich mit dem Spiegel in ihren Werken, wobei das
Spiegelbild als der Doppelgänger betrachtet wird. Dies dient zur
Veranschaulichung der komplizierten Menschennatur, der unterschiedlichen
Wünsche und Lebensauffassung.

28
Film Zrcadla [online]. [2010-05-25]. Zugänglich an: <http://www.sms.cz/film/zrcadla-2008>

24
Im Spiegel äußert sich nicht nur die An- oder Abwesenheit Gottes; er reflektiert die
innere Problematik des Menschen, die Verunsicherung und die Furcht vor dem Nichts
Gegen Ende des 18. Jh. nimmt die Verwendung des Spiegels zur Darstellung von
Bewusstseinsinhalten und Ich-Projektionen einzelner Figuren zu. Obwohl das Motiv
auch weiterhin der Knotenpunkt zwischen dem Bekannten und dem Unerforschten
29
bleibt, weisen die Zeichen nun auf innere, im Dunkel verborgene Substanzschichten.

Der blinde Spiegel in der „Spiegelgeschichte“ verheißt nichts Gutes. Fast


ganze Fläche dieses Spiegels wird mit den Fliegenflecken bedeckt, er ist jetzt gar
kein Spiegel, eher ein beflecktes, schmutziges Glas, der gerade wie die schuldige
Seele der Frau aussieht. Aber trotzdem begegnet die Frau beim Anblick darin von
Angesicht zu Angesicht ihrer Vergangenheit mit allen Fehlern, die sie beging. Es
wird alles so kommen, wie der Spiegel die Zukunft voraussagt. Sie brachte ihr nur
die Schmerzen, die grenzenlose Pein, die Angst und strahlt nicht von den hellen,
lustigen Farben, sondern wurde von der Dunkelheit überflutet. Sie hat ihr eigenes
Kind getötet.
Der Spiegel bedeutet einen wichtigen Wendepunkt in der Erzählung. Mit
ihm stehen im engen Zusammenhang die Sünde und die Schuld. Wenn die
Geschichte vom Tod zur Geburt zurückläuft, beginnt die Frau wieder zu Leben
und erlebt die Etappen ihres Lebens noch einmal. Der blinde Spiegel befriedigt
ihre Forderungen und kehrt ihr Kind zurück ins Leben. Am Ende, bei ihrer
Geburt, wird sie unschuldig. Lesen wir die Geschichte in der richtigen
Reihenfolge, dann folgt dem Eingriff der Kampf um das Leben im Krankenhaus,
der mit dem Tod und der Beerdigung endet.

Der Spiegel gibt dir Kraft. Der blinde Spiegel mit den Fliegenflecken lässt dich
verlangen, was noch keine verlangt hat. „Mach es lebendig...“Und da erschrickt die
Alte. Und in dem großen Schrecken, in dem blinden Spiegel erfüllt sie deine Bitte. Sie
weiß nicht, was sie tut, doch in dem blinden Spiegel gelingt es ihr... Im Spiegel sagt
man alles, daβ es vergessen sei. Und kaum hast du gesagt, daβ du das Kind erwartest,
hast du es auch verschwiegen. Der Spiegel spiegelt alles. 30

29
Der Spiegel – Motiv [online]. [2010-06-04]. Zugänglich an:
<http://www.kerber-net.de/literatur/deutsch/prosa/aichinger/spiegelmotiv.pdf>
30
AICHINGER, Ilse. Der Gefesselte,  Erzählungen.  Frankfurt am Main : Fischer, [1989].
ISBN: 3-10-000513-9.  S. 68, 69, 70

25
4.6.2. Fenster und sein Hintersinn

Das Fenster, durch das der Mann hinausschaut, reflektiert das Bild seiner
eigenen Figur. Er bemerkt zwei Tauben. Der Blick auf sie erweckt im Inneren des
Mannes den Abscheu, deshalb verzieht er das Gesicht und wendet seinen Blick
ab. Warum benimmt er sich so? Woran liegt die Ursache seiner Verdrossenheit?
Auf der einen Seite kann der Mann nicht die gurrenden Tauben dulden, die sich
gegenseitig die Zuneigung und Liebe zeigen, denn seine Geliebte ist gestorben
und er erlebt jetzt einen herben Verlust. Auf der anderen Seite sieht der Mann
seine eigene Reaktion, die sich in der Fensterscheibe widerspiegelt.
„Nur wer auf Gott vertraut und demnach die Hoffnung auf die
Wiedergeburt nicht aufgibt, dem wachsen Flügel. Die Taube verbildlicht also die
Hoffnung, daß die Seele nach dem Tod, einer Taube gleich in den Himmel
fliegt.“31 Die Anwesenheit der Tauben in der „Spiegelgeschichte“ lässt sich deuten
als die Hoffnung, dass die Seele der Verstorbene in die Ewigkeit eingeht.
Mit dem Begriff „Hoffnung“ beschäftigt sich die Autorin in der
Geschichte an mehreren Stellen, obwohl er nicht immer direkt erwähnt ist. Die
gewählten Mittel zur Äußerung der Hoffnung sind der grüne Himmel und das
Taubenpaar. Daneben tröstet die Frau auch die Stimme der Erzähler, wenn sie ihr
sagt: „Sei geduldig. Es ist ja Frühsommer. Da reicht der Morgen noch lange in die
Nacht hinein. Ihr kommt zurecht... Sei geduldig! Bald ist alles gut.“32

31
Stichwort: Taube [online]. [2010-06-11]. Zugänglich an:
<http://www.uni-kiel.de/gza/2/Friedrich/Themenseiten/Attributte/Taube.htm>
32
AICHINGER, Ilse. Der Gefesselte,  Erzählungen.  Frankfurt am Main : Fischer, [1989].
ISBN: 3-10-000513-9.  S. 64, 74

26
4.6.3. Heulende Schiffe und das Geschrei der Vögel

„Vom Hafen heulen die Schiffe. Zur Abfahrt oder zur Ankunft? Wer soll
das wissen? Still! Bewahrtet Ruhe! Erweckt die Toten nicht, bevor es Zeit ist, die
Toten haben einen leisen Schlaf. Doch die Schiffe heulen weiter.“ 33 Die Sirene
symbolisiert hier eine Art der Warnung oder auch mögliche Gefahr, als ob sie
riefe: „Achtung! Es wird etwas passieren! Gib acht!“
„Zur Abfahrt oder zur Ankunft?“34 Das heißt: zum Tod oder zum Leben,
geht die Frau für immer weg oder kehrt sie zurück? Es ist ein Vorzeichen des
paradoxen Geschehens, weil die tote Frau wieder zu leben beginnt und aus dem
Tod aufwacht - in Wirklichkeit lässt es sich nicht realisieren. Ilse Aichinger spielt
oft mit den Gegensätzen und absurden Wortverbindungen. Ein paar Beispiele
dazu:

...und der Vikar sagt die Totengebete, damit du leben kannst. Er schüttelt dem jungen
Mann heftig die Hand und wünscht ihm vor Verlegenheit viel Glück... Bis morgen sind
die welken Blüten frisch und schließen sich zu Knospen... Am Anfang nimmt man
Abschied. 35

„Die Spatzen schreien fröhlich.“36 So wie die Schiffe haben die Spatzen
verboten, die Toten aus dem ewigen Schlaf zu reißen. Die Frau tat die Augen
plötzlich auf. „Die Vögel schreien in der Finsternis, als hätten deine Schmerzen zu
jubeln begonnen.“37 Die Vögel singen nicht, ihr Geschrei verbreitet die Panik. Bei
der Interpretation vom Ende her, also in der rechten Chronologie, schreien die
Vögel kurz bevor die Frau um das Leben kämpft und gleich danach stirbt. Auch
der Mann schreit, im Haus der Frau kracht es in den Fugen, die Schiffe heulen
ohne zu unterbrechen und die Treppe im Haus der Alte knarren. Alle diese Töne
rufen die schreckliche Atmosphäre des sich langsam nähernden Todes hervor.

33
AICHINGER, Ilse. Der Gefesselte, Erzählungen. Frankfurt am Main : Fischer, [1989].
ISBN: 3-10-000513-9.  S. 66
34
Ebd. S. 66
35
Ebd. S. 63, 65, 69
36
Ebd. S. 65
37
Ebd. S. 67

27
4.6.4. Der symbolische Regen im Zusammenhang mit den Tränen

Die Tränen wurden immer für den Ausdruck der Trauer gehalten. Diese
Emotion wird von den verschiedensten Lebenssituationen erregt, in die man dank
eigener Mühewaltung oder unter dem Einfluss der herumliegenden Situationen
gerät, wie zum Beispiel eine unheilbare Krankheit, die Enttäuschung, die
Verzweiflung, intensive Schmerzen oder der Verlust eines naheren Menschen.
Was die „Spiegelgeschichte“ betrifft, ist das letzte Beispiel die Hauptursache aller
beklemmenden Gefühle, die den Mann stets überfallen. Er bemüht sich sie zu
beherrschen, was es ihm aber nur teilweise gelangt.
Beim Weinen verliert der Mensch den Lust zu sprechen und meistens
absondert er sich von der Gesellschaft. Die Tränen werden mit dem Schweigen
begleitet. Ilse Aichinger legt großen Wert auf das Schweigen:

Das Schweigen gehört für mich zum Wichtigsten auf der Welt, weil es nicht etwas
Leeres, sondern etwas Erfülltes ist. Es hängt eng mit dem Tod zusammen, mit einem
erfüllten Tod. Es hat auch mit dem Schreiben sehr viel zu tun. Jeder Satz, den man
schreibt, muβ durch ungeheuer viel ungeschriebene Sätze gedeckt sein, weil er sonst gar
nicht dasteht. 38

39
„...und da wirft ihm der Regen ein paar Tränen über die Wangen.“ Der
Tod und die Beerdigung der lieben Person sind sicher triftige Gründe zu den
Tränen, trotzdem scheint es, als ob sich der Mann mit ihrem Tod schon versöhnte.
Die Tränen geben uns die Möglichkeit, in die innere Perspektive des Mannes
Seele hineinzusehen und zugleich seine Gefühle, auf Grund der indirekten
Äußerung, zu erfahren. Ebendiesen Zweck erfüllt die Intensität des allmählich
abschwellenden Regens, der später ganz aufhört. Es lässt sich nicht mit Sicherheit
behaupten, dass der Mann zum Tod der Frau eine gefühllose Stellung
eingenommen hat, weil mehrmals in der Geschichte sein tiefes Leid zeigte. Er
weinte. Es war nicht die Gleichgültigkeit, die ihn um die Tränen gebracht hat,
sondern die totale Machtlosigkeit.

38
MOSER, Samuel. Ilse Aichinger - Leben und Werk. Hrsg. Frankfurt am Main : Fischer
Taschenbuch Verlag, 1995.  ISBN: 3-596-12782-3. S. 56
39
AICHINGER, Ilse. Der Gefesselte, Erzählungen. Frankfurt am Main : Fischer, [1989].
ISBN: 3-10-000513-9.  S. 63

28
4.7. Die Farben und ihr Zweck

Kein Zweifel, dass die Farben unsere Entscheidung bestimmen, denn sie
beeinflussen unsere Laune, die sich später in der Handlung niederschlägt. Diese
Realität kommt uns oft nicht zum Bewusstsein. Jeder hat seine beliebten Farben,
es gibt aber doch solche, die er nie wählen würde, da sie einen unangenehmen
Eindruck hinterlassen. Die Erinnerungen, die Gefühle, die schlechte oder gute
Laune, das alles können die Farben in uns selbst hervorrufen.

Die Menschen empfinden im Allgemeinen eine große Freude an der Farbe. Das Auge
bedarf ihrer, wie es des Lichtes bedarf. Man erinnere sich der Erquickung, wenn an
einem trüben Tage die Sonne auf einen einzelnen Teil der Gegend scheint und die
Farben daselbst sichtbar macht...Aus der Idee des Gegensatzes der Erscheinung, aus der
Kenntnis, die wir von den besondern Bestimmungen desselben erlangt haben, können
wir schließen, dass die einzelnen Farbeindrücke nicht verwechselt werden können, dass
sie spezifisch wirken und entschieden spezifische Zustände in dem lebendigen Organ
hervorbringen müssen...Eben auch so in dem Gemüt. Die Erfahrung lehrt uns, dass die
einzelnen Farben besondere Gemütsstimmungen geben... 40

Den Farben wird also große Kraft zugeschrieben, die uns das Leben
entweder erleichtern oder verschlechtern kann. Wir sind jeden Tag in
unmittelbarem Kontakt mit den Farben. Man kann ohne ein einziges Wort zu
sagen, mit anderen sehr gut kommunizieren. Jede Farbe hat seine spezifischen
Eigenschaften, die uns konkrete Sachen mitteilen können, aber die Wahrnehmung
der gleichen Farbe unterscheidet sich von Menschen zu Menschen, ist sehr stark
individuell.
Das Verständnis ist möglich durch nichtverbale Konventionen zwischen
den einzelnen Ländern und in der Welt allgemein, wie zum Beispiel an der
Ampel, wo die Farben Rot, Orange und Grün vertreten sind. Sie erleichtern uns in
großem Maße die Kommunikation.
Die Autorin ist sich der Wirkung der Farben bewusst und gerade darum
spielen sie in dieser Kurzgeschichte eine wichtige Rolle. Die am häufigsten
vertretenen Farben sind die Grün und Gelb.

40
GOETHE, Johann Wolfgang von. Philosophie der Farben.  Leipzig : F. Meiner.  S. 255

29
4.7.1. Die Farbe Grün

Grün ist ein Symbol der Natur und dank dem ist es eine der am häufigsten
vorkommenden Farben. Wegen seines Positivums, das diese Farbe ausstrahlt und
des Gefühls des Friedens, das sie erweckt, genießt Grün der großen Beliebtheit
unter den Leuten. Daneben symbolisiert es die Suche nach der Wahrheit, die
Suche nach dem Gleichgewicht so nötig für das Leben. Der erste Ort, wohin sich
der Mensch begibt, wenn er Probleme hat oder sich beklommen fühlt, ist die
Natur. Sie gibt ihm die Freiheit, neue Kraft zu leben und zu kämpfen. Überdies
der dauernde Mangel an dieser Farbe kann zum Gefühl der Bedrücktheit bis der
Gefangenschaft führen, der Mensch sehnt sich nach der Lebensfreiheit. 41
Es gibt viele Assoziationen zu Grün: der Frühling, die Giftigkeit, die
Lebendigkeit, die Hoffnung, die Liebe, die Jugend, die Beruhigung, die Toleranz.
Außerdem fand Grün die Verwendung in Redewendungen und im Volksmund
symbolisiert die Unsterblichkeit. Im Christentum ist die Farbe Grün mit der
Auferstehung und Ostern eng verbunden. Grün wird allgemein und auch in dieser
Kurzgeschichte als sehr positiv betrachtet.
In der „Spiegelgeschichte“ kommt die Farbe Grün in zahlreichen
Variationen vor.

Wenn einer dein Bett aus dem Saal schiebt, wenn du siehst, dass der Himmel grün wird,
und wenn du dem Vikar die Leichenrede ersparen willst, so ist es Zeit für dich...Dein
Wagen wartet an der Kreuzung auf das grüne Licht...Sie lassen dich allein. So allein
lassen sie dich, dass du die Augen aufschlägst und den grünen Himmel siehst, so allein
lassen sie dich, dass du zu atmen beginnst, schwer und röchelnd und tief, rasselnd wie
eine Ankerkette, wenn sie sich löst. Du bäumst dich auf und schreist nach deiner
Mutter. Wie grün der Himmel ist! „Die Fieberträume lassen nach“, sagt eine Stimme
hinter dir, „der Todeskampf beginnt!“...42

Der grüne Himmel und das Warten an der Kreuzung auf das grüne Licht
werden als das Warten auf das Leben aufgefasst. Der Tote bricht eine neue
Hoffnung an. Es ist die Hoffnung auf das Leben. Die Rückkehr unter die
Lebendigen symbolisieren das Aufwachen im Krankenhausbett und der
Augenblick, in dem sie den grünen Himmel sieht. Grün ermuntert die Frau und

41
Nach:. PALOUČEK, Jan. Poselství barev. Brno : Integrál Brno, c2008. 
ISBN: 978-80-87176-02-3 S. 34, 35
42
AICHINGER, Ilse. Der Gefesselte, Erzählungen. Frankfurt am Main : Fischer, [1989].
ISBN: 3-10-000513-9.  S. 63,64, 66

30
zugleich gibt ihr eine neue Kraft zu kämpfen. Wenn sich der Leser in diesem
Moment den Spiegel wegdenkt, erfährt er, dass das Letzte, was sie vor dem Tod
erblickte, der grüne Himmel ist. In den letzten Minuten ihres Lebens weckte der
Himmel in der Frau die Hoffnung auf das ewige Leben.

Denn wenn wir uns von einer Farbe umgeben sehen, welche die Empfindung ihrer
Eigenschaft in unserem Auge erregt und uns durch ihre Gegenwart nötigt, mit ihr in
einem identischen Zustande zu verharren, so ist es eine gezwungene Lage, in welcher
das Organ ungern verweilt. 43

Im Falle der Frau sind die Empfindungen ganz anders, als in dem
erwähnten Zitat, weil sie sich in der Anwesenheit der Farbe Grün sehr wohl fühlt.
Grün ist Verkündiger der guten Nachrichten, die aber trügerisch sind, weil die
Protagonistin am Ende der „Spiegelgeschichte“ so wie so dem Tod nicht entflieht.

Und wie der Himmel in der Blässe erwartet auch das Haus am ende der Verdammung
die Seligkeit. Vom vielen Lachen kommen leicht die Tränen. Du hast genug geweint.
Nimm deinen Kranz zurück. Jetzt wirst du auch die Zöpfe bald wieder lösen dürfen.
Alles ist im Spiegel. Und hinter allem, was ihr tut, liegt grün die See. 44

43
GOETHE, Johann Wolfgang von. Philosophie der Farben.  Leipzig : F. Meiner.  S. 262
44
AICHINGER, Ilse. Der Gefesselte, Erzählungen. Frankfurt am Main :Fischer, [1989].
ISBN: 3-10-000513-9.  S. 70

31
4.7.2. Die Farbe Gelb

Gelb ist vor allem die Farbe der Sonne, die uns das Leben ermöglicht und
uns die Kraft gibt. Diese Farbe beherrscht die Mitte des menschlichen Körpers,
wo sich die Seele mit dem Körper verbindet, wo sich die geistige und die
materielle Welt verbindet.45 Die Farbe Gelb kommt in verschiedenen Nuancen vor
und gerade ein sattes Gelb wird als Warnung verwendet, oder kann auch unsere
Aufmerksamkeit fesseln. „Warmes Goldgelb unterscheidet sich in seiner Wirkung
deutlich vom grellen Zitronengelb. Manche Psychologen sehen im Gelb ein
Anzeichen von psychischen Störungen.“46 An der Ampel signalisiert Gelb eine
Veränderung.
„...Sie führt in ihrer höchsten Reinheit immer die Natur des Hellen mit sich
und besitzt eine heitere, muntere, sanft reizende Eigenschaft... So ist es der
Erfahrung gemäß, dass das Gelbe einen durchaus warmen und behaglichen
Eindruck mache...“47 Goldgelb wird auf der einen Seite mit der Ewigkeit
assoziiert, auf der anderen Seite ist es ein Symbol für die Lebensfreude,
Lebenskraft, Eifersucht und den Hass.
In der Geschichte macht Gelb eher einen negativen Eindruck, da es in der
Verbindung mit den Narzissen steht, die zu einem Kranz gewunden sind. Schon
am Anfang der Geschichte geben die Träger diesen Kranz in die Hände des
jungen Mannes, damit sie den Sarg wieder herausholen könnten. Die gelben
Blumen erscheinen weiter im Haus der alten Kurpfuscherin.

Links und rechts sind Häuser, und an allen Fenstern stehen gelbe Narzissen, wie sie ja
auch in alle Kränze gewunden sind, dagegen ist nichts zu machen.... Sie steht schon an
der Tür. Die Tür ist offen, und sie streckt dir ihre Hand entgegen, die ist schmutzig.
Alles ist dort schmutzig. Am Kamin stehen die gelben Blumen, und das sind dieselben,
die sie in die Kränze winden, das sind schon wieder dieselben.48

45
Nach: PALOUČEK, Jan. Poselství barev. Brno : Integrál Brno, c2008. 
ISBN: 978-80-87176-02-3. S. 38
46
Die Farbe Gelb [online]. [2010-06-02]. Zugänglich an:
<http://www.seilnacht.com/Lexikon/Gelb.htm>
47
GOETHE, Johann Wolfgang von. Philosophie der Farben.  Leipzig : F. Meiner.  S. 256
48
AICHINGER, Ilse. Der Gefesselte, Erzählungen. Frankfurt am Main :Fischer, [1989].
ISBN: 3-10-000513-9.  S. 64, 68

32
5. Hermann Hesse - Der Steppenwolf

5.1. Entstehung und Thematik des Romans

In dem Roman Der Steppenwolf (1927) befasst sich der Schriftsteller mit
dem Thema der Bedrohung und der zwiespältigen Natur der Persönlichkeit, wobei
der Held namens Harry Haller mit den Problemen ihrer eigenen Existenz ringt.
Menschliche Beziehungen, Sexualität, Träume, Unterhaltung,
Anpassungsprobleme und die verschiedensten Lebenskrisen spielen dabei auch
eine wichtige Rolle. Dieses Buch ist eine scharfe Kritik der Gesellschaft, die der
Autor in diesem Roman zum ersten Mal übte und dabei zog er in Betracht die
bürgerlichen Wertvorstellungen.
Hermann Hesse durchlebte zwischen den Jahren 1923-1927 eine
Lebenskrise, die sich in ihrem Privatleben zeigte und dabei tauchten auch die
physischen und seelischen Schwierigkeiten auf.49 Einerseits waren es gerade diese
Tatsachen, die einen großen Einfluss auf die Entstehung des Romans
Der Steppenwolf hatten, andererseits war die politische, kulturelle und
gesellschaftliche Situation daran maßgeblich beteiligt. Es war die Zeit der
Weimarer Republik, der hohe Arbeitslosigkeit, die infolge der umfassenden
Industrialisierung entstand. Neben diesen Veränderungen, kam es auch zum
Wandel in der Gesellschaft, denn die unteren und mittleren Klassen wurden durch
die Schicht der Angestellten ersetzt.
Der Steppenwolf entstand in der Zeit, wann die Schriftsteller in ihrem
Schaffen neue Erzählformen zu üben begannen. Es war der Übergang von dem
realistischen zu dem modernen Erzählen, wobei aber Hesse beide Formen
verwendet. Obgleich im Roman nur eine Hauptfigur auftritt, was das Merkmal der
Erzähltradition ist, wechselt oft die Perspektive und die Handlung spielt neben der
Realität auch in der surrealen Ebene.50
Der Roman wird als eine Auseinandersetzung des Individualisten Haller
mit damaliger Zeit und der Umwelt aufgefasst, wo der Hauptheld einen inneren
Kampf zwischen seiner menschlichen und steppenwölfischen Seite führt.
Der Steppenwolf Harry Haller hat eine feindliche Einstellung gegen die
Technisierung und zugleich stimmt er nicht mit dem politischen System überein.
49
Nach: SCHNEIDER, Christian Immo. Hermann Hesse.  Orig.-Ausg..  München:  Beck, 1991.
ISBN: 3-406-33167-X S. 84
50
Nach: ZIERLINGER, Ursula. Hermann Hesse, Der Steppenwolf: Inhalt, Hintergrund,
Interpretation. 1. Aufl.. München:  Mentor Verlag, 1996. ISBN: 3-580-63312-0. S. 34

33
Er ist der Meinung, dass die moderne Technik dem Menschen seiner Ruhe
beraubt und bloß ein kleiner Fehler in der Manipulation damit, die weittragenden
Konsequenzen haben kann.

...so tun und leben und handeln die meisten Menschen Tag für Tag, Stunde um Stunde
zwanghaft und ohne es eigentlich zu wollen, machen Besuche, führen Unterhaltungen,
sitzen Amts- und Bureaustunden ab, alles zwanghaft, mechanisch, ungewollt, alles
könnte ebensogut von Maschinen gemacht werden oder unterbleiben; und diese ewig
fortlaufende Mechanik ist es, die sie hindert, gleich mir, Kritik am eigenen Leben zu
üben, seine Dummheit und Seichtheit, seine scheußlich grinsende Fragwürdigkeit, seine
hoffnungslose Trauer und Öde zu erkennen und zu fühlen. 51

Nicht einmal die Gesellschaft wird von der Kritik verschont. Haller wirft
ihr vor, dass ihre Normen die individuelle Persönlichkeitsentwicklung verhindern,
die Leute keine Freiheit genießen und auch keine Möglichkeit der Wahl haben.
Dies führt zum ziemlich großen Konflikt der Hauptfigur, die sich in dieser Welt
nach der Unabhängigkeit sehnt, weil sie sich nicht an die bürgerlichen
Existenzformen anzupassen kann. Trotz aller Kritik der Gesellschaft und ihrer
Normen, ist sich Haller einer gewissen Sache bewusst, und zwar, dass er sich von
ihr nicht separieren kann, weil sie die Sicherheit bietet.
Oftmals hängt Haller trüben Gedanken nach und denkt an den Selbstmord,
was ihm die Errettung bedeutete. Er bewegt sich zwischen zwei Polen seiner
Existenz: zwischen Mensch und Wolf. Darum bemüht er sich seine eigene
Persönlichkeit zu finden und fragt nach dem Sinn des Lebens. Haller weiß, dass er
sich nur für einen Weg entscheiden soll, weil das Nebeneinanderleben der
verschiedenen Charaktere unmöglich ist. Jetzt steht er vor einer schweren Wahl
und sein Schicksal wird damit besiegelt werden.
Entweder Haller verzichtet auf alle Formen der Unterhaltung, wählt das
Leben in der Zurückgezogenheit und Einsamkeit, oder er ergibt sich dem Instinkt
und dem wölfischen Trieb.

Der Mensch hat die Möglichkeit, sich ganz und gar dem Geistigen, dem
Annäherungsversuch ans Göttliche, hinzugeben, dem Ideal des Heiligen. Er hat
umgekehrt auch die Möglichkeit, sich ganz und gar dem Triebleben, dem Verlangen

51
HESSE, Hermann. Der Steppenwolf. Illustr. Gunter Böhmer. 1. Aufl. Frankfurt am Main:
Suhrkamp Verlag, 1985.  ISBN: 3-518-01869-8. S. 104

34
seiner Sinne hinzugeben und sein ganzes Streben auf den Gewinn von augenblicklicher
Lust zu richten.52

Am Anfang verbringt Haller die meiste Zeit im kleinen vermieteten


Zimmer mit dem Lesen der Bücher und nachts besucht die Kneipen, wo er auch
immer einen Tisch, entfernt von allen anderen Menschen, in einer Ecke sucht. Im
Laufe der Zeit stellt dieser Außenseiter fest, dass sein Leben ganz leer ist und ihm
Befriedigung nicht bereitet. Darum stützt sich Haller in den Wirbel des
gesellschaftlichen Lebens, aber der Versuch aus dem Menschlichen zu fliehen,
gelingt ihm nicht. Die beiden Seiten, die menschliche und die wölfische, kämpfen
verbissen miteinander.
Im Hinblick auf Hesses Leben registriert man im Roman Der Steppenwolf
die zahlreichen autobiografischen Elemente: sowohl Harry Haller als auch
Hermann Hesse erlebte Beziehungskrisen, konnte sich nicht mit der Gesellschaft
identifizieren und spielte mit dem Gedanke an den Tod. Dabei auch die Initiale
des Schriftstellers und der Hauptgestalt stimmen überein – H. H..
Sigmund Freud und seine Theorie der Psychoanalyse hatten großen
Einfluss auf den Schriftsteller Hermann Hesse, denn die Begriffe wie
Bewusstsein, Unterbewusstsein, Träume und die Identifikation des Individuums
spielen in diesem Roman eine bedeutende Rolle. Das „Magische Theater“ wird
gerade zum schicksalhaften Ort, an dem Harry Haller mittels einer Schocktherapie
zur Selbsterkenntnis gelangen sollte.53 Sex, Tanz, Drogen und Sinnenrausch
helfen ihm dabei.
Im „Tractat vom Steppenwolf“ kommt es auf den Gedanke an, „daß der
Mensch vielleicht nicht bloß ein halbwegs vernünftiges Tier, sondern ein
Götterkind und zur Unsterblichkeit bestimmt sei“.54 Daraus ergibt sich für Haller,
dass er den Weg zu Gott wählen sollte und sich in Gottes Willen ergeben sollte.
Der Gedanke der Ewigkeit hilft diesem Held die schwere Lebenssituation
überstehen und seine eigene Beklommenheit bewältigen. Haller hat klare
Vorstellungen von der „Welt des ewigen Wertes“55, die ihn von Anfang an
begleiten. Hermann Hesse legt im Verlauf der Handlung wesentliche Bedeutung
dem Begriff der Unsterblichen bei, was man an vielen Stellen im Buch sieht.
52
Ebd. S. 71
53
Nach: ZIERLINGER, Ursula. Hermann Hesse, Der Steppenwolf: Inhalt, Hintergrund,
Interpretation. 1. Aufl.. München:  Mentor Verlag, 1996. ISBN: 3-580-63312-0. S. 5
54
HESSE, Hermann. Der Steppenwolf. Illustr. Gunter Böhmer. 1. Aufl. Frankfurt am Main:
Suhrkamp Verlag, 1985.  ISBN: 3-518-01869-8. S. 63
55
Ebd. S. 205

35
Der Protagonist Haller, Liebhaber und Kenner Goethes und Mozarts,
Bücherwurm und Dichter, äußert seine Meinung auch im Gedicht Die
Unsterblichen:

...Eure Sünden sind und eure Ängste,


Euer Mord und eure geilen Wonnen
Schauspiel uns gleichwie die kreisenden Sonnen,
Jeder einzige Tag ist uns der längste.
Still zu eurem zuckenden Leben nickend,
Still in die sich drehenden Sterne blickend
Atmen wir des Weltraums Winter ein,
Sind befreundet mit dem Himmelsdrachen,
Kühl und wandellos ist unser ewiges Sein,
Kühl und sternhell unser ewiges Lachen. 56

56
Ebd. S. 207

36
5.2. Zum Inhalt und zur Hauptfigur Harry Hallers

Der Roman, dessen Handlung sich in den zwanziger Jahren des


zwanzigsten Jahrhunderts in einer Großstadt abspielt, besteht aus drei Teilen:
Vorwort des Herausgebers, Harry Hallers Aufzeichnungen und der Tractat vom
Steppenwolf.
Im Vorwort schildert der Herausgeber die ersten Eindrücke, die auf ihn,
etwa 50 Jahre alt Harry Haller machte, als er sich ein Zimmer im Haus seiner
Tante vermietete. Über die Vergangenheit unseres Gelehrten erfahren wir nicht
viel, vielleicht nur es, dass er gelegentlich für verschiedene Zeitungen schrieb
und in mehreren Städten für einige Zeit wohnte. Seine Gangart erregt auf den
ersten Blick die Aufmerksamkeit des Herausgebers, aus der er schließt, dass
Haller krank ist. Es war aber nicht nur die physische, sondern auch eine Art der
Geistes- oder Charakterkrankheit. Mann kann vermutet, dass es ein Ausdruck
seiner Doppelnatur und der seelischen Leiden ist, in denen sich die Krankheit
seiner zeitgenössischen Generation spiegelt.

Er war nicht sehr groß, hatte aber den Gang und die Kopfhaltung von großgewachsenen
Menschen, er trug einen modernen bequemen Wintermantel und war im übrigen
anständig, aber unsorgfältig gekleidet, glatt rasiert und mit ganz kurzem Kopfhaar, das
hier und dort ein wenig grau flimmerte... Überhaupt machte der ganze Mann den
Eindruck, als komme er aus einer fremden Welt, etwa aus überseeischen Ländern, zu
uns und finde hier alles zwar hübsch, aber ein wenig komisch. 57

Einmal tritt der Herausgeber geheim in das Zimmer Harry Hallers, wo es


nach den Zigarren riecht, rundherum nur die leeren Weinflaschen und vor allem
Stöße Bücher liegen. Im Gespräch erfährt er etwas aus seinem Leben und es
überrascht ihn äußerst, dass Harry Haller sich selbst als den „Steppenwolf“
bezeichnet. Eines Tages sind dem Herausgeber Harry Hallers Aufzeichnungen in
die Hände gefallen, als er die Stadt nach zehn Monaten wortlos verlässt und
verschwindet. Erst jetzt begreift er den Grund dieser Benennung - Steppenwolf.
Im zweiten Teil macht sich der Leser ein Bild von der zwiespältigen
Persönlichkeit des Protagonisten. Eines Abends bummelt Haller die Straßen der
Großstadt und plötzlich scheint es ihm, eine Schrift auf einer Mauer zu sehen, die
aber gleich verschwindet und gleich wieder aufleuchtet. Er liest: „Magisches
Theater. Eintritt nicht für jedermann - nicht für jedermann... Nur - - für - - Ver- -
57
Ebd. S. 9

37
rückte!“58 Diese Illusion regt ihn zum Nachdenken an. Auf dem Heimweg
bemerkt er einen Mann, der ein Plakat mit der Einladung in das „Magische
Theater“ hält und Haller ein kleines Buch mit dem Titel: „Traktat vom
Steppenwolf. Nicht für jedermann.“ schenkt. Diese Abhandlung wird zu einer
Analyse der zerrissenen Natur Hallers, der menschliche und wölfische Seele hat.
Dann erinnert er sich an das Gedicht über dem Steppenwolf, das jemals schrieb
und sagt, dass ihm zwei Bildnisse von den Augen stehen, die seine verzweifelte
Existenz objektiv darstellen.
Diesem hineingeschobenen Tractat folgen wieder die Aufzeichnungen, in
den Haller seine Erziehung und innere Erlebnisse im „Magischen Theater“
erzählt. Eine junge Frau, die er auf einem Ball kennenlernt, ändert ihm total sein
bisheriges Leben. Sie bezauberte ihn durch ihren Charme und Haller glaubt, eine
gleichgestimmte Seele zu finden. Hermine, so heißt diese junge Prostituierte, zeigt
Haller das Leben aus einer anderen Seite und dank ihr gewinnt er neue
Erfahrungen. „ „Du weißt alles, Hermine“, rief ich erstaunt. „Es ist genau so, wie
du sagst. Und doch bist du so ganz und gar anders als ich! Du bist ja mein
Gegenteil; du hast alles, was mir fehlt.“ “59 Haller macht mit Hermine Sachen, die
er vorher nie gemacht hätte. Er tanzt, lacht und unterhält sich. Pablo und Maria
sind die nächsten neuen Freunde, mit denen Haller in ihre Welt - ihr Welt der
Prostitution, Drogen und Unterhaltung - eintritt. Mit Maria erlebt er die
körperliche Liebe aber mit Hermine verbindet ihn etwas Innerliches, was vielmehr
stärker ist. „Und jetzt floß über ihr Gesicht, das mir in der Tat wie ein
Zauberspiegel war, eine schwere Wolke von Ernst, plötzlich sprach dies ganze
Gesicht nur noch Ernst, nur noch Tragik,...“60
Jetzt kommt der Festtag, auf den sich Haller lange und sorgfältig
vorbereitete. Am Abend des Maskenballs soll er zur Selbsterkenntnis kommen.
Ein kleiner Teufel gibt ihm ein Zettel mit dem folgenden Schrift: „Heut nacht von
vier Uhr an magisches Theater - nur für Verrückte - Eintritt kostet den Verstand.
61
Nicht für jedermann. Hermine ist in der Hölle.“ Haller sieht in den
Traumvisionen des „Magischen Theaters“ die vielen Seiten seiner Persönlichkeit,
die in ihm tief verborgen sind und von denen er vielleicht nicht die geringste
Ahnung hatte. Wenn er in einen kleinen Taschenspiegel blickt, sieht er nicht nur

58
Ebd. S. 46
59
Ebd. S. 144
60
Ebd. S. 144
61
Ebd. S. 219

38
Harry Haller, sondern auch den innen verborgenen Steppenwolf, der ihn traurig
ansieht. Nächster Blick in den Taschenspiegel zaubert auf ihrem Gesicht ein
leichtes Lächeln hin - er besucht die Schule des Lachens. Ein großer Wandspiegel
bereitet ihm einen neuen, überraschenden Blick: „...und der ganze Riesenspiegel
war voll von lauter Harrys oder Harry-Stücken, zahllosen Harrys, deren jeden ich
nur einen blitzhaften Moment erblickte und erkannte.“62
In diesem Augenblick kommen sechzehn Türen auf die Reihe, auf denen
verschiedene Inschriften geschrieben sind: Alle Mädchen sind dein - Einwurf eine
Mark, Auf zum fröhlichen Jagen! Hochjagd auf Automobile (Kampf gegen die
moderne Technik), Genußreicher Selbstmord! Du lachst dich kaputt, Anleitung
zum Aufbau der Persönlichkeit - Erfolg garantiert (er spielt Schach, dessen
Figuren den Bildern seiner Persönlichkeit aus dem Wandspiegel gleich sind),
Wunder der Steppenwolfdressur (wo der Mensch zum Wolf wird). In der Station:
Wie man durch Liebe tötet sieht Haller im Spiegel einen Wolf, der ihm schön
vorkommt und unmittelbar darauf wieder zu Haller wird. Dann begegnet er dem
spöttisch lachenden Mozart, der ihm über sein trostloses Leben vorträgt und sie
gehen zusammen durch verschiedene Zimmer durch, wo die Musik ertönt. Haller
öffnet die letzte Tür und sieht zwei schlafende Menschen - es sind Hermine und
Pablo. Er kann nicht den Blick auf die Geliebten ertragen und vor Eifersucht
geblendet, ersticht er Hermine ohne zu zweifeln. Jetzt taucht ihm der Gedanke
Hermines Todeswunsch auf.

„Nun war ihr Wunsch erfüllt. Noch eh sie ganz mein geworden war, hatte ich meine
Geliebte getötet. Ich hatte das Unausdenkliche getan, und nun kniete ich und starrte und
wußte nicht, was dieser Tat bedeutet, wußte nicht einmal, ob sie gut und richtig
gewesen sei oder das Gegenteil... Hatte ich die Sonne ausgelöscht? Hatte ich das Herz
alles Lebens getötet? Brach die Todeskälte des Weltraums herein.“ 63

Hermine gilt für Haller als sein eigenes Spiegelbild, weil ihm ihre
Gedanken, was den Tod und die Ewigkeit betrifft, sehr nah waren. Es scheint
häufig, als ob sie aus seiner Seele spräche und ihm die Gedanken läse. Haller ist
sich seiner Schuld gewiss und bereit die Strafe zu verbüßen. Der Urteil lautet: Er
wird zur Ewigkeit verurteilt. Die Aufzeichnungen endet Harry Haller mit den
Worten: „Einmal würde ich das Figurenspiel besser spielen. Einmal würde ich das

62
Ebd. S. 236
63
Ebd. S. 277

39
Lachen lernen. Pablo wartete auf mich. Mozart wartete auf mich.“ 64 Er lässt sich
nicht mit Sicherheit sagen, dass Haller dank der Erlebnisse im „Magischen
Theater“ seine Identitätskrise überwand.

64
Ebd. S. 286

40
6. Zusammenfassende Anmerkungen zur Aufgabe des
Spiegels in beiden Werken

Die Werke, die „Spiegelgeschichte“ Ilse Aichingers und Hermann Hesses


Roman Der Steppenwolf, schildern die Schicksale und komplizierte
Lebenssituationen zweier Haupthelden, in denen sie sich entweder aus eigener
oder fremder Schuld befinden. Sie sind nicht zum tatenlosen Zuschauen verurteil,
weil sie immer die Möglichkeit der Wahl und der freien Entscheidung haben, aber
trotzdem stehen „die junge Frau“ und „Harry Haller“ unter bestimmtem Einfluss
der Umgebung und anderer Leute. Auf der einen Seite steht die Bemühung sich
nicht dem Schicksal zu ergeben und eigene Stärke zu durchsetzen, auf der anderen
Seite steht ein Charakterzug, der die Zwei verbindet, und zwar die Passivität. Die
Probleme der jungen Frau und Haller lassen sich als die Probleme der
Gesellschaft zu interpretieren, die sich in diesen Helden spiegeln. Sie sind
eigentlich zu ihrem Spiegelbild geworden.
Der Spiegel nimmt in beiden Werken eine Schlüsselposition ein. Er gibt
der Kurzgeschichte Ilse Aichingers den Namen und zugleich die ganze Handlung
wird auf seiner Anwesenheit aufgebaut. Ohne ihn wäre der Blick in die
Vergangenheit nicht möglich, ohne ihn sollte uns die Autorin die Geschichte in
der realen Abfolge erzählen, wodurch sie an der Einzigartigkeit verlieren könnte.
Im Falle der jungen Frau stellt er ein wichtiges Mittel dar, der die Revision ihres
ganzen Lebens ermöglicht und dank dem sie den Verstoß gegen ihr ungeborenes
Kind und die Schuld erkennt. Die Tatsache, dass er auch nicht spiegeln kann,
weist auf die unklare Zukunft der Frau hin. Wenn er blind ist, das heißt, wenn er
nichts zu sehen bietet, wird auch der Lebensweg der Frau blind. Sie befindet sich
jetzt auf der Stichstraße, deren Ende sie sieht und schon nahe ist. Wenn man im
realen Leben auf solcher Straße geht, kann er sich umdrehen und andere
aussuchen. Er macht nur ein paar Schritte zurück und alles wird leicht gelöst. Die
Titelheldin Ilse Aichingers hat aber gar keine Möglichkeit einige Schritte
zurückzugehen, sie kann keinen Schritt rückwärts machen. In diesem Moment
darf sie nur so zuschauen.
Der Spiegel, dessen Motiv Hermann Hesse in seinen Roman Der
Steppenwolf meisterlich hineinkomponierte, erfüllt einen anderen Zweck. Er
ermöglicht dem Held die Grenze des irdischen Lebens zu überschreiten und in die

41
andere Welt hineinzutreten. Der Übergang über dieses Tor trägt mit sich auch
bestimmte Risiken, mit deren Folgen der Protagonist zählen muss. Harry Haller
beobachtet nicht im Spiegel sein vergangenes Leben, wie es bei der
„Spiegelgeschichte“ war, sondern er sieht tausend seiner sich spiegelnden
Doppelgänger, die aus dem Spiegel heraustreten. Diese verbindet die physische
Ähnlichkeit, jedoch innen sind alle total unterschiedlich. Der Riesenspiegel hat
ihm die Möglichkeit geboten, seine zahlreiche Wünsche, Eigenschaften und
Fähigkeiten zu erkennen und so seine ganze Persönlichkeit zu finden. Das
„Magische Theater“ soll gerade Haller auf dem Weg zur Überwindung der
Lebenskrise und zur Heilung helfen. Es stellt ein Bildersaal dar, weil jedes
Zimmer, das Haller hinter die Tür besucht, ein anderes Bild bietet.
Der Tractat und das Gedicht über dem Steppenwolf, dessen Autor der
Held selbst ist, vertreten auch in einer bestimmten Weise den Spiegel, denn Haller
denkt und sagt, dass es seine Abbilde sind. Daneben auch die Gestalt, die den
femininen Namen von Herman trägt – Hermine – bedeutet für ihn viel. Sie ist die
Verkörperung Hallers eigener Eigenschaften, Gedanken, Meinungen und
Absichten, die er über dem Leben und dem Tod hat und darum hält sie ebenso
für ein Bildnis seines Ichs. Die Tötung Hermines weist darauf hin, dass Haller
nicht bereit zu leben ist, weil er sich den Tod wünscht.
Dieser Roman ist keine tragische Geschichte eines Zusammenbruchs, er
bemüht sich hingegen dem Hauptheld seine Lebenssituation, in der er sich
befindet, zu lösen.
Die „Spiegelgeschichte“ und Der Steppenwolf bilden nur einen geringen
Teil aller Werke, die sich mit dem Spiegelmotiv beschäftigen.

42
7. Nachwort

Das Thema dieser Arbeit bildet nicht nur die literarische Analyse der
„Spiegelgeschichte“ von Ilse Aichinger, sondern auch der Vergleich zweier
verschiedenen Auffassungen des Spiegelmotivs. Dieses Motiv spielt auch eine
wichtige Rolle im Roman Der Steppenwolf von Herman Hesse, auf Grund seines
Gebrauchs sich die Zentralhandlung im „Magischen Theater“ abspielt. Es wird
zum wichtigsten Ort in diesem Buch.
Mann kann sagen, dass sich beide Werke und seine Geschichte durch die
Zeitlosigkeit auszeichnen, weil die Fragen um das Thema des Todes, des Lebens,
der Selbsterkenntnis, der Verantwortung und eigener Schuld jederzeit aktuell sind.
Der heutige Mensch kann sich mit den Helden in vielen Situationen oft
identifizieren, ob es die junge Frau oder der trostlose Harry Haller ist. An ihren
Taten erkennt er die Wichtigkeit der Entscheidungen und kann die Belehrung
daraus nehmen. Nicht immer ist es aber so.
Sowohl Ilse Aichinger, als auch Hermann Hesse beschreiben in ihren
Werken das Leben der Menschen, deren Schicksale die Gesellschaft zum Teil
beeinflusst und daneben der Tod verbindet. Ilse Aichingers „Spiegelgeschichte“
will uns vor dem Verlust der eigenen Freiheit und zugleich vor dem Einfluss der
fremden Menschen oder anderer Umstände warnen, weil sie in meisten Fällen
negative Auswirkungen haben. Im Steppenwolf stellt die menschliche Bedrohung
die moderne Technik dar, die Haller scharf verurteil, weil sie in das Privatleben
der Menschen eingreift.

43
8. Literaturverzeichnis

1. Primärliteratur

 AICHINGER, Ilse. Der Gefesselte, Erzählungen. Frankfurt am Main:


Fischer, [1989]. ISBN: 3-10-000513-9

 HESSE, Hermann. Der Steppenwolf. Illustr. Gunter Böhmer. 1. Aufl.


Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag, 1985.  ISBN: 3-518-01869-8

2. Sekundärliteratur

 Die Gruppe 47: Ein  kritischer Grundriss.  2. gründl. überarb. u. erw. Aufl.


Unveränd. Nachdruck. München: Verlag Edition Text+Kritik, 1995.
ISBN: 3 - 88377-209-7

 GOETHE, Johann Wolfgang von. Philosophie der Farben.  Leipzig: F.


Meiner. 

 LINDEMANN, Gisela. Ilse Aichinger. Orig.-Ausg.. München: Beck, 1988.


ISBN: 3-406-32276-X

 MOSER, Samuel. Ilse Aichinger - Leben und Werk. Hrsg. Frankfurt am


Main: Fischer Taschenbuch Verlag, 1995.  ISBN: 3-596-12782-3

 PALOUČEK, Jan. Poselství barev. Brno: Integrál Brno, c2008.


ISBN: 978-80-87176-02-3

 SCHNEIDER, Christian Immo. Hermann Hesse.  Orig.- Ausg..  München:


Beck, 1991. ISBN: 3-406-33167-X

 ZIERLINGER, Ursula. Hermann Hesse, Der Steppenwolf: Inhalt,


Hintergrund, Interpretation. 1. Aufl.. München:  Mentor Verlag, 1996.
ISBN: 3-580-63312-0

44
3. Internetquellen

 Der Spiegel – Motiv [online]. [2010-06-04]. Zugänglich an:


<http://www.kerber-net.de/literatur/deutsch/prosa/aichinger/spiegelmotiv.pdf>

 Die Farbe Gelb [online]. [2010-06-02]. Zugänglich an:


<http://www.seilnacht.com/Lexikon/Gelb.htm>

 Film Zrcadla [online]. [2010-05-25]. Zugänglich an:


<http://www.sms.cz/film/zrcadla-2008>

 Ilse Aichinger – Biografie. [online]. [2010-06-05]. Zugänglich an:


<http://www.hdg.de/lemo/html/biografien/AichingerIlse/index.html>

 Kurzschlüsse von Ilse Aichinger. [online]. [2010-06-09]. Zugänglich an:


<http://www.lyrikwelt.de/rezensionen/kurzschluesse-r.htm>

 Stichwort: Taube [online]. [2010-06-11]. Zugänglich an:


<http://www.uni-kiel.de/gza/2/Friedrich/Themenseiten/Attributte/Taube.htm>

 Wenn ich mein Leben noch einmal beginnen könnte ... [online].
[2010-05 - 27]. Zugänglich an:
<http://www.zum.de/Faecher/kR/BW/bibellit/texte/t087.htm>

45

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