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Ich grolle, ich grolle nicht ...

Zum Wechselverhältnis von Musikforschung


und musikalischer Praxis
Felix Diergarten

Es ist eine alte Geschichte: Im wunderschönen Monat Mai des Jahres 1840 ver-
tonte Robert Schumann zwanzig Gedichte aus Heinrich Heines Buch der Lie-
der und stellte sie zu einem Zyklus zusammen. Hatte er sich für einen ersten
Liederkreis nach Heine-Texten im Februar dieses ‹Liederjahres› auf die Jun-
gen Leiden beschränkt (den ersten Teil von Heines Anthologie), so entnahm er
nun alle Gedichte dem zweiten Teil, dem Lyrischen Intermezzo. Anfänglich wa-
ren (wie man den Skizzen und Schumanns Handexemplar der Heine-Erstaus-
gabe entnehmen kann) offenbar 29 Lieder zur Vertonung vorgesehen. Tatsäch-
lich vertont wurden im Laufe einer einzigen Woche schließlich 20, gedruckt
erschienen vier Jahre später (nach ersten vergeblichen Publikationsversuchen
und Umarbeitungen) letztlich nur 16 Lieder, und zwar unter dem passenden,
aber nicht auf Heine zurückgehenden Titel Dichterliebe. Die Uraufführung
des kompletten Zyklus sollte erst nach Schumanns Tod, im Jahre 1861 (durch
den Bariton Julius Stockhausen, begleitet von Johannes Brahms) erfolgen.
Einzelne Lieder des Zyklus, die Schumann alle als «für sich ein Abgeschlosse-
nes» betrachtete, erreichten jedoch schon vorher große Popularität, insbeson-
dere das Lied Ich grolle nicht : 1844 brachte Clara Schumann es im Gewandhaus
mit der Sängerin Livia Frege zu Gehör, und schon kurz darauf erschien es als
Einzelausgabe. Die Sängerin Wilhelmine Schröder-Devrient (Widmungsträ-
gerin des gesamten Zyklus) machte es zu einem ihrer Paradestücke.
So weit, so bekannt. Schumanns Dichterliebe wurde (gemeinsam mit dem
Liederkreis nach Eichendorff und Schuberts Winterreise) zum Inbegriff des ro-
mantischen Liederzyklus, die stereotyp als «kongenial» bezeichneten Verto-
nungen zu viel diskutierten Beispielen für das diffizile Verhältnis zwischen
Text und interpretierender musikalischer Vertonung. Dieses Verhältnis wird
im folgenden Essay zu einer Dreiecksbeziehung ausgebaut, nämlich zur Be-
ziehung zwischen Text, Notenschrift und klanglicher Realisierung. Genauer
gesagt geht es um das Wechselverhältnis von Musikforschung und Auffüh-
rungspraxis, und zwar vor allem um den Einfluss der Praxis auf die Wissen-
schaft, nämlich um die Frage, inwiefern vermeintliche Aussagen über Partitu-
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ren eigentlich Aussagen über klangliche Realisierungen von Partituren sind,


die stillschweigend vorausgesetzt werden.1
Wenn ich dieses Thema hier anhand von Schumanns Ich grolle nicht dar-
stelle, greife ich drei Themengebiete auf, die Wulf Arlt immer wieder beschäf-
tigt haben: erstens das Lied, zweitens das Verhältnis von Text und Musik sowie
drittens das Verhältnis von Forschung und Praxis. Während Arlts Auseinander-
setzungen mit den ersten beiden Themen offenkundig und durch zahlreiche Pu-
blikationen belegt sind, blieb das dritte Thema nach außen hin vergleichsweise
verborgen, wenngleich es der Sache nach (vor allem durch sein Wirken an der
Schola Cantorum Basiliensis) an zentraler Stelle stand. Immer wieder betonte
Arlt, dass eine «echte Begegnung» von Wissenschaft und Praxis nur bei beidsei-
tiger Bereitschaft zu tatsächlicher Wechselwirkung stattfinden könne. Dem ent-
gegen, so Arlt zu Beginn der 1980er-Jahre, stehe aber die «immer wieder zu be-
obachtende Tendenz der Wissenschaft, die Begegnung von vornherein auf jene
Aspekte einzugrenzen, die aus dem Ansatz und aus der Haltung des Historikers
für die klangliche Realisierung bereitgestellt werden bzw. beizubringen sind.»2
Chancen für die Musikforschung, sich tatsächlich auf die Praxis einzulassen,
sah er in verschiedenen Bereichen. So fragte Arlt sich 1980, «warum die Wissen-
schaft nicht stärker den Versuch unternimmt, die Fülle der heute vorliegenden
Aufnahmen zur älteren Musik [...] unter entsprechenden Fragen zum Gegen-
stand ihrer Untersuchung zu machen.»3 Einen anderen Bereich für die Wech-
selwirkung von Forschung und Praxis sah er in der musikalischen Schriftkunde,
worunter nicht das Fach Notationskunde im engeren Sinne verstanden war, son-
dern die grundsätzliche Frage danach, «welcher Art Information» die Notation
älterer Zeiten «für die klangliche Realisierung bietet». Hier, so Arlt, bleibe der

1 Ich greife damit einen Gedanken von Daniel Leech-Wilkinson auf: «[…] much of what is
said about pieces is actually about performances of pieces: manners of performance have
become absorbed into the scholarly imagination of scores.» («Compositions, Scores, Per-
formances, Meanings», in: Music Theory Online 18/1 [2012], 3; http://mtosmt.org/issues/
mto.12.18.1/mto.12.18.1.leech-wilkinson.pdf [06.03.2018]).
2 Wulf Arlt, «Vom Umgang mit theoretischen Quellen zur Aufführungspraxis, oder: Warum
die Begegnung nicht stattfand», in: Christoph-Hellmut Mahling und Sigrid Wiesmann
(Hgg.), Bericht über den internationalen musikwissenschaftlichen Kongress Bayreuth 1981,
Kassel: Bärenreiter 1985, 221–232. Vgl. auch ders., «Musicology and the Practice of Mu-
sic: Thoughts from the Work of the Schola Cantorum Basiliensis», in: Current Musicology
14 (1972), 88–94; deutsch in: 104. Jahresbericht der Musik-Akademie der Stadt Basel 1970/71,
51–60. Vgl. auch das Interview mit Wulf Arlt in: Martina Wohlthat (Hg.), Tonkunst macht
Schule. 150 Jahre Musik-Akademie Basel, 1867–2017, Basel: Schwabe 2017, 339–353.
3 Wulf Arlt, «Musik, Schrift und Interpretation. Zwei Studien zum Umgang mit Aufzeich-
nungen ein- und mehrstimmiger Musik aus dem 14. und 15. Jahrhundert», in: BJbHM 4
(1980), 91–132; 93.
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Wissenschaft, «wenn sie diese Aufgabe ernst nimmt, gar nichts anderes übrig, als
sich weit auf Fragen einzulassen, die mit dem Schritt zur klanglichen Realisie-
rung verbunden sind, mithin das Experiment der Praxis voraussetzen oder doch
zumindest eine klare Vorstellung von den damit verbundenen Problemen.»4
Dieses Problem ist mit Blick etwa auf mittelalterliche Aufzeichnungen unmit-
telbar evident und nicht weiter zu erläutern. Doch auch die Entzifferung der
Notation des 19. Jahrhunderts, ja letztlich die Entzifferung jeder Notation, be-
darf der Überwindung des historischen Abstandes. Gerade an einem derart ‹jun-
gen› Beispiel wie Schumanns Dichterliebe, wo die Notenzeichen auf Anhieb gar
nicht der Entzifferung bedürftig erscheinen, wird die Rolle der klanglichen Rea-
lisierung besonders deutlich, wie im Folgenden gezeigt werden soll.
Der Text des Heine’schen Gedichtes, wie er Schumann vorlag, lautet wie
folgt:5
Ich grolle nicht, und wenn das Herz auch bricht,
Ewig verlor’nes Lieb! ich grolle nicht.
Wie du auch strahlst in Diamantenpracht,
Es fällt kein Strahl in deines Herzens Nacht.
Das weiß ich längst. Ich sah dich ja im Traume,
Und sah die Nacht in deines Herzens Raume,
Und sah die Schlang’, die dir am Herzen frißt,
Ich sah mein Lieb, wie sehr du elend bist.

In Schumanns musikalischer Umsetzung lautet der Text (nach dem Erstdruck,


die substantiellen Veränderungen gegenüber Heine sind kursiv markiert):
Ich grolle nicht, und wenn das Herz auch bricht.
Ewig verlor’nes Lieb, ewig verlor’nes Lieb, ich grolle nicht, ich grolle nicht.
Wie du auch strahlst in Diamantenpracht,
es fällt kein Strahl in deines Herzens Nacht,
das weiss ich längst.
Ich grolle nicht und wenn das Herz auch bricht.

Ich sah dich ja im Traume


und sah die Nacht in deines Herzens Raume,
und sah die Schlang, die dir am Herzen frisst,
ich sah mein Lieb’, wie sehr du elend bist.
Ich grolle nicht, ich grolle nicht.

4 Arlt, «Musik, Schrift und Interpretation» (wie Anm. 3), 91.


5 Heinrich Heine, Buch der Lieder, Hamburg: Hoffmann und Campe 1827, 125.
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Schumann fügt einerseits (für musikalische Vertonungen durchaus typisch) di-


rekte Wiederholungen von kleineren Textbestandteilen ein (vgl. Zeile 2). Einen
größeren Eingriff bedeutet andererseits die refrainartige Wiederholung des An-
fangs am Schluss und in der Mitte. Dabei fällt der eingeschobene ‹Refrain› bei
seinem Auftritt in der Mitte nicht genau zwischen erste und zweite Strophe,
vielmehr teilt er die erste Zeile der zweiten Strophe, mit dem Resultat, dass der
Anfang der zweiten Strophe als Ende der ersten erscheint.
Schumanns Vertonung – von Anfang an eines seiner populärsten Lieder
überhaupt – wurde von Interpreten insbesondere unter dem Aspekt der ‹Iro-
nie› betrachtet. Schumann habe, so könnte man eine verbreitete Sicht auf das
Lied vorerst ganz grob zusammenfassen, die bereits bei Heine angelegte ‹Iro-
nie› (jemand sagt «ich grolle nicht» und meint «ich grolle») in Musik umgesetzt.
Es fällt nicht schwer, diese Haltung aus vielen Aufnahmen des Liedes heraus-
zuhören. Als Beispiele bieten sich die Aufnahmen Dietrich Fischer-Dieskaus
an; zum einen, weil sie aufgrund seines Wirkens als Künstler, Autor und Päd-
agoge von großem Einfluss gewesen sind,6 zum anderen weil hier auch expli-
zite Äußerungen eines Musikers über seine Interpretation greifbar sind. So war
Fischer-Dieskau ein erklärter Anhänger der ‹Ironie› in Schumanns Heine-Ver-
tonungen. Er schreibt: «Vor allem vermißten die, die es besser wußten, Heines
Bitterkeit, seinen Sarkasmus, seine schillernde Ironie in der Musik Schumanns.
An zahlreichen Beispielen läßt sich das Gegenteil demonstrieren.»7 Diese Ein-
stellung klingt dann auch aus seinen Interpretationen der Dichterliebe heraus.
Die – soweit ich sehe – erste Einspielung Fischer-Dieskaus ist der Mitschnitt
eines von Gerald Moore begleiteten Liederabends bei den Salzburger Festspie-
len 1956.8 Die Musik ist hier nach ruhigem Beginn von zunehmenden Erup-
tionen, letztlich dann von Aufruhr, Erregung und Groll geprägt. Tatsächlich
schreibt auch Dieskaus Klavierbegleiter Moore, das Lied sei «leicht zu verste-
hen»; es klinge, «als ob der Sänger mit zusammengebissenen Zähnen singe».
Und weiter: «Man muss seinen Groll spüren». Dass die Stimme, die sich in die-
sem Lied äußert, tatsächlich grollt, wird hier selbstverständlich vorausgesetzt.

6 Zur Rolle Fischer-Dieskaus für die Lied-Interpretation vgl. auch Daniel Leech-Wilkinson,
«Musicology and Performance», in: Zdravko Blazekovic (Hg.), Music’s Intellectual History.
Founders, Followers & Fads, New York: Répertoire international de la littérature musicale
2009, 791–804; 800–801. Er beschreibt dort anhand einiger Schubert-Lieder einen dem
hier geschilderten durchaus ähnlichen Fall.
7 Fischer-Dieskau, Schumann, das Vokalwerk, Stuttgart: Deutsche Verlags Anstalt 1981, 67;
zit. nach Thomas Synofzik, Heinrich Heine – Robert Schumann. Musik und Ironie, Köln:
Dohr 2006, 9.
8 Orfeo C 294921 B.
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Gerald Moore und Fischer-Dieskau haben diese Interpretation wohl nicht


erfunden, aber sicherlich für ihre Verbreitung gesorgt.9 Ähnlichen Einfluss
hatte noch ein anderer Sänger mit seiner Dichterliebe: Fritz Wunderlich. Die
frühere seiner beiden Aufnahmen ist ebenfalls ein Live-Mitschnitt, und zwar
von einem Liederabend bei den Schwetzinger Festspielen, begleitet von Hubert
Giesen.10 Schumanns mit «nicht zu schnell» überschriebenes Lied wird hier
in einem Tempo gespielt, das an Schnelligkeit kaum noch zu überbieten ist.
Auch hier kommt nach und nach der (anfangs noch unter einem flotten Lied-
chen versteckte) Groll immer mehr zum Ausdruck. Er bricht sich Bahn beim
Höhepunkt des Liedes, beim hohen a nämlich, auf das die Worte «ich sah die
Schlang’ die dir am Herzen frißt» gesungen werden. Bemerkenswerterweise ist
diese prominenteste und bekannteste Note des Lieds in Schumanns Manu-
skript überhaupt nicht vorhanden. Anstelle des dramatischen Ausrufs steht hier
eine Tonrepetition.

Abb. : Detail aus dem Autograph von Schumanns Dichterliebe, Staatsbibliothek Berlin
Preußischer Kulturbesitz, mus.ms.autogr. R. Schumann 16,2, 45; Faksimile-Edition, hg.
von Elisabeth Schmierer, Laaber: Laaber Verlag 2006

Im von Schumann betreuten Erstdruck folgt die Gesangsstimme in einer klein-


gedruckten Ossia-Fassung der Klavieroberstimme, und damit taucht das hohe
a erstmals auf, ohne dass wir die Hintergründe dafür kennen. Wohlgemerkt er-
scheint die ursprüngliche Fassung mit der tieferen Note nach wie vor als die
Hauptfassung.
Heute ist das hohe a aus Aufführungen dieses Liedes nicht mehr wegzuden-
ken. Man hat sich an diesen hohen Ton gewöhnt wie an die interpretatorische
Grundhaltung insgesamt. Dabei wurde das Lied zu Beginn des 20. Jahrhun-
derts noch völlig anders aufgeführt und gesungen. Am deutlichsten macht das

19 Auf die späteren Aufnahmen Fischer-Dieskaus gehe ich hier nicht ein. Wenngleich sich
Nuancen durchaus ändern, scheint mir die Grundhaltung die gleiche geblieben zu sein.
Das Tempo hat dabei zugenommen (siehe Tabelle unten).
10 Hänssler CD 93.701.
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Abb. : Auszug aus Schumanns Dichterliebe, nach dem Erstdruck von 1884, S. 15

eine Aufnahme von Therese Behr-Schnabel (1876–1956) aus dem Jahre 1904.11
Behr-Schnabel war eine Schülerin von Julius Stockhausen (dem Sänger der zy-
klischen Uraufführung der Dichterliebe). Ihr Mann und Begleiter war der Pi-
anist Arthur Schnabel – ob er auch auf der Aufnahme von Ich grolle nicht spielt,
steht leider nicht fest. Die Aufnahme der Behr-Schnabel ist ein berührendes
und höchst aufschlussreiches Tondokument. Wo immer ich diese Aufnahme ei-
nem Publikum vorgespielt habe, war die erste Reaktion jedoch kopfschütteln-
des Schmunzeln, denn vieles im Aufführungsstil von Behr-Schnabel und ih-
rem Pianisten würde heute als geschmacklos oder dilettantisch aufgefasst: Das
gilt zunächst für den schluchzenden, seufzenden Gestus der Portamenti. Hinzu
kommt das langsame Tempo: Als Ganzes dauert das Lied dabei doppelt so lang
wie bei Wunderlich. Dabei ist das Tempo zu keinem Zeitpunkt stabil und be-
wegt sich in einer für heutige Maßstäbe abenteuerlichen Amplitude nach oben
und unten. Behr-Schnabel singt auch nicht das hohe a, sondern Schumanns
anfängliche Version. Hinzu kommen schließlich (schwieriger zu hören) die
vom Pianisten immer wieder arpeggierten Akkorde.

11 Die Aufnahme findet sich auf verschiedenen CDs, so etwa auf An Anthology of Song (Sym-
posium Records 1356). Wie viele der im Folgenden zitierten historischen Tondokumente
lässt sich die Aufnahme auch über YouTube hören.
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So ungewöhnlich das, was Behr-Schnabel und ihr Pianist hier machen, heu-
tigen Ohren auch erscheinen mag – es entspricht durchaus Aufführungstradi-
tionen des 19. Jahrhunderts.12 Tatsächlich stellt sich beim Hören weiterer frü-
her Aufnahmen heraus, dass Therese Behr-Schnabel mit ihrer Interpretation
kein exzentrischer Einzelfall war. Dies zeigen beispielsweise die Aufnahmen
von Jeanne Gerville-Réache (1911), Richard Tauber (1920) oder Georg Hen-
schel (1914 und 1928).13 Über jede dieser Interpretationen ließ sich Vieles sa-
gen; hier soll jedoch der Blick auf die Pointe gerichtet bleiben: Bei diesen Auf-
nahmen, vor allem aber bei Behr-Schnabel, meint man, ein ganz anderes Lied
zu hören. Ihre Interpretation drückt nicht (oder nicht nur) Groll aus, sondern
eher eine tiefe Traurigkeit, ja Sentimentalität. Die beschwörende Wiederholung
des Satzes «ich grolle nicht» ist hier kein blanker Zynismus.
Aber warum hat sich der interpretatorische Blick auf das Lied verändert?
Ich möchte behaupten, dass es nicht eine vorgängige literarische Interpreta-
tion war, die die Aufführungspraxis verändert hat, sondern dass – umgekehrt –
grundlegende Veränderungen in der Aufführungspraxis während der ersten
Hälfte des 20. Jahrhunderts den interpretatorischen Blick auf das Lied in eine
bestimmte Perspektive gedrängt haben. Ganz zentral betrifft das den Wandel
in der Tempogestaltung: An die Stelle romantischer Tempoflexibilität tritt, ver-
einfacht gesprochen, der durchgehaltene Puls. Hinzu kommt, das Schumanns
Lied im Laufe des 20. Jahrhunderts schneller und schneller wurde; eine Ent-
wicklung, wie sie auch von anderen Werken bekannt ist, ohne aber generali-
sierbar zu sein.14 Ich grolle nicht beschleunigt sich – wie die folgende Tabelle ver-
deutlicht – im Laufe eines halben Jahrhunderts auf das Doppelte:

12 Timothy Day, A Century of Recorded Music. Listening to Musical History, New Haven und
London: Yale University Press 2000, Kap. 3; Kenneth Hamilton, After the Golden Age.
Romantic Pianism and Modern Performance, Oxford: Oxford University Press 2008; Neal
Peres da Costa, Off the Record. Performing Practices in Romantic Piano Playing, Oxford: Ox-
ford University Press 2012.
13 Die Aufnahme von Jeanne Gerville-Réache findet sich auf der CD Preiser Records 89737,
Richard Tauber auf Naxos Historical 8.110739, die Aufnahmen von Henschel auf EMI/
Warner Classics B001PPLJAE (Aufnahme von 1914) und Symposium 1362 (Aufnahme von
1928). Georg Henschel, der sich selbst am Klavier begleitet, spielt auf den Aufnahmen das
Lied in unterschiedlichen Tonarten, jeweils folgt nach einer kurzen improvisierten Mod-
ulation Schumanns «Lied eines Schmieds». Zu Henschel vgl. Ulrich Messthaler, «Carl
Loewe oder das große Missverständnis», in: Musik & Ästhetik 83 (2017), 5–20; 18–19.
14 Day, A Century of Recorded Music (wie Anm. 12), 149–152. Vgl. auch Lars E. Laubhold,
Von Nikisch bis Norrington. Beethovens 5. Sinfonie auf Tonträger. Ein Beitrag zur Geschichte
der musikalischen Interpretation im Zeitalter ihrer technischen Reproduzierbarkeit, München:
edition text + kritik 2014, 117–137.
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Sänger Jahr Anfangstempo Gesamtdauer


Behr-Schnabel 1904 c. 60bpm 2:48 min.
Gerville-Réache 1911 c. 65bpm 2:39 min.
Henschel 1914 c. 75bpm 1:48 min.
Tauber 1920 c. 70bpm 2:14 min.
Henschel 1928 c. 80bpm 1:38 min.15
Fischer-Dieskau 1956 c. 90bpm 1:46 min.
Fischer-Dieskau 1994 c.100bpm 1:29 min.
Wunderlich 1965 c.120bpm 1:13 min.
15

Hier wird deutlich, inwiefern vermeintliche Aussagen über Notentexte eigent-


lich Aussagen über musikalische Aufführungen sind. Fischer-Dieskau selbst
hat über seine Erfahrungen mit Schumanns Notentexten wie folgt berichtet:
«Durch eine bei Schumann nicht seltene rasch repetierende Klavierakkordik
ergibt sich eine Zwangsläufigkeit melodischer Empfindung, die es dem Sän-
ger nicht leicht macht, die deklamatorischen Bedürfnisse immer völlig zur De-
ckung zu bringen.»16 Wenige Jahrzehnte zuvor traf noch das Gegenteil zu: In
den alten Aufnahmen sind es die deklamatorischen Bedürfnisse des Sängers, die
das Tempo und die repetierende Klavierakkordik steuern. Und gerade Tempo
und Klavierakkordik haben in diesem Lied Auswirkungen auf den (vermeint-
lichen) poetischen Gehalt. So spricht etwa Jonathan Dunsby von Schumanns
«ability to sustain what have often been called ‹obsessive› pulsating accompa-
niments, best known, it may be, in ‹Ich grolle nicht›.»17 Ob die Begleitung
‹obsessiv pulsiert›, ist allerdings eine Frage der Aufführungspraxis, nicht des
Notentextes. Noch deutlicher wird Eric Sams, wenn er über Schumanns Lied
schreibt: «The words speak of sympathy, forgiveness, even a measure of recon-
ciliation. But under the music lies a different story. The vehement accents, the
hammered chords, the declamatory style, all suggest the Old Testament rather
than the New; the brooding tread of the bass sounds almost menacing or ret-
ributive. [...] The music seems to express an unconquerable resolve never again
to be made to suffer through weakness.»18 Auch hier gilt: Wenn man von «ve-
hementen Akzenten», von «gehämmerten Akkorden» spricht, so spricht man
mehr über eine Interpretation als über einen Notentext. Auf Therese Behr-

15 Dass Henschels Aufnahmen trotz seines langsamen Anfangstempos vergleichsweise kurz


sind, verweist auf seine Accelerandi während des Lieds.
16 Dietrich Fischer-Dieskau, Das deutsche Klavierlied, Berlin: Berlin University Press 2012, 53.
17 Jonathan Dunsby, «Why Sing? Lieder and Song Cycles», in: Beate Perrey (Hg.), The Cam-
bridge Companion to Schumann, Cambridge: Cambridge University Press 2007, 102–122;
109.
18 Eric Sams, The Songs of Robert Schumann, London: Methuen 1969, 114.
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Schnabels Interpretation etwa trifft all dies nicht zu: Dort sind die Akkorde ar-
peggiert und frei im Tempo – gerade nicht «gehämmert». Sams’ Schlussfolge-
rung, Schumann habe eine Musik geschrieben, die «nie wieder schwach sein»
wolle, mag dann für eine heute gängige Interpretationshaltung stimmen; die
älteren Interpretationen bringen durchaus auch Schwachheit zum Ausdruck.
«Nimmt man das Gedicht [Ich grolle nicht] vordergründig, so wäre musikalisch
ein versöhnend-resignativer Tonfall angemessen», bemerkt Thomas Synofzik.19
Genau dieser Tonfall spricht für mich aus der Aufnahme der Behr-Schnabel
und mancher ihrer Zeitgenossen.
Die Interpretation von «Ich grolle nicht» läuft also letztlich hinaus auf die
Frage nach der ‹Ironie›. So schreibt Eric Sams: «Schumann has been charged
with insensitivity to Heine’s characteristic irony. But [...] he demonstrated a
keen sense for parody and for the destruction of illusion in his setting of [...]
‹Ich grolle nicht›.»20 Hier wird deutlich, dass die Schumann-Forscher offen-
bar froh darüber waren, bei Schumann ein musikalisches ‹Verständnis› der
Heine’schen Ironie nachweisen zu können, denn so ließen die Schumann-Lie-
der sich leichter dem Sentimentalitäts-Verdacht entziehen. Nachdem die ältere
Schumann-Forschung dem Komponisten (zu Unrecht) jegliche Fähigkeit zur
Ironie abgesprochen hatte,21 scheinen jüngere Zugänge in ihrer Korrektur die-
ser Meinung nun geradezu davon besessen zu sein, Schumanns Ironie allent-
halben nachzuweisen. Nun ist ja die Frage mit Blick auf Schumanns Verto-
nung eigentlich gar nicht, ob Schumann Heines Ironie ‹verstanden› hat.22 Die
Frage ist vielmehr, zu welcher ästhetischen Reaktion und musikalischen Um-
setzung sich Schumann entschieden hat. Nehmen wir einmal an, Schumann
fasst das Gedicht von Heine, den er als «ironisches Männchen» bezeichnete,23
tatsächlich als ‹ironisch› auf, als eine Rede also, die – nach der Definition von

19 Synofzik, Heinrich Heine – Robert Schumann (wie Anm. 7), 153.


20 John Daverio und Eric Sams, «Robert Schumann», in: Grove Music Online [17.09.2017].
21 Vgl. den Überblick über die Diskussion bei Synofzik, Heinrich Heine – Robert Schumann
(wie Anm. 7), 13–26.
22 Nicht nachgegangen werden kann hier der Frage, wie ‹ironisch› denn Heines Gedicht
überhaupt gemeint war. Die Heine-Forschung geht davon aus, dass sich im Buch der Lie-
der zwischen ‹ironische› Lieder durchaus auch ‹sentimentale› mischen (vgl. dazu ebd., 30
und 34). Im Buch der Lieder ist «Ich grolle nicht» von zwei Gedichten umgeben, die genau
diese Worte ebenfalls im Text führen. So heißt es im unmittelbar vorausgehenden Lied:
«Herz, mein Herz, Du vielgeduldiges, grolle nicht ob dem Verrath; Trag es, trag es, und
entschuldig’ es, was die holde Thörin that.» Das auf «Ich grolle nicht» folgende Lied be-
ginnt: «Ja, du bist elend, und ich grolle nicht.»
23 Tagebucheintrag vom 8. Mai 1828, vgl. Robert Schumann, Tagebücher, Bd. 1, hg. von
Georg Eismann, Leipzig: Deutscher Verlag für Musik 1971, 64.
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Wolfgang Preisedanz – «gleichzeitig eine Gegenrede enthält», eine «Dissozia-


tion von Gesagtem und Gemeintem, die den Leser durch sprachliche Signale
oder aufgrund des situativen Kontexts anhält, das Negationspotential im posi-
tiv Artikulierten zu entdecken».24 Darauf kann Schumann als Komponist ganz
unterschiedlich reagieren. Eine Möglichkeit besteht darin, die implizite Gegen-
rede hervorzukehren: Der Text sagt «ich grolle nicht», aber der Tonfall der Mu-
sik sagt «ich grolle». Eine andere Möglichkeit wäre, gerade nicht die implizite
Gegenrede, sondern die explizite Rede des poetischen Texts musikalisch aufzu-
greifen: Der Text sagt, «ich grolle nicht», und tatsächlich lässt sich die Musik
keinen Groll anmerken. Eine dritte Möglichkeit bestünde darin, grundsätzlich
eine nicht-grollende Musik zu schreiben, und dann vereinzelte klangliche Sig-
nale zu senden, die die Gegenrede hinter der Rede erkenntlich machen, dabei
aber so in der Schwebe halten, dass sich die Musik eben nicht auf nur eine der
Seiten schlägt. Und nur am Rande kann an dieser Stelle der Frage nachgegan-
gen werden, was «grollen» im 19. Jahrhundert denn überhaupt für Assoziatio-
nen geweckt haben mag. In Friedrich Weigands 1840 erschienenem Wörterbuch
der deutschen Synonymen wird Groll definiert «der heimliche oder verschlos-
sene, eingewurzelte, finstre hasz».25 «Groll» ist also eben keine herausgeschriene
Wut, sondern gerade von äußerlicher Ruhe gekennzeichnet. So gesehen könnte
also selbst eine ‹grollende› Musik äußerliche Ruhe und Gleichmut ausstrahlen.
Die frühen Tonaufnahmen machen deutlich: Für welche der kompositori-
schen Möglichkeiten Schumann sich entschieden hat, ist weniger klar, als man
auf Anhieb meinen könnte. Schumanns Notentext hat deutlich mehr Ambiva-
lenz, als Forschung und Interpreten ihm heute zugestehen. Und diese Ambiva-
lenz lässt sich auch an Details der Satztechnik festmachen. Doch auch hier war
der Blick der Forschung bisweilen geprägt von der Fixierung auf die vermeint-
lich ‹grollenden› Elementen des Satzes. So hat etwa Thomas Synofzyk in seinen
Analysen, mit denen er seine «ironische Lesart [...] veranschaulichen und ver-
ständlichen machen» möchte, von «ziemlich haarsträubenden ‹Kakophonien›»
gesprochen, mit denen «das ganze Lied durchsetzt» sei. Gemeint waren damit
vor allem die «Septakkordketten» in den Takten 5–8 (vgl. Abb. 3).26 So sehr die
besagte Stelle einerseits durch ihre unaufgelösten Dissonanzen auffällt, so sta-
bil und traditionell sind andererseits die Fortschreitungen, die ihr zugrunde lie-

24 Wolfgang Preisendanz, «Der Ironiker Heine. Ambivalenzerfahrung und kommunikative


Ambiguität», in: Gerhard Höhn (Hg.), Heinrich Heine. Ästhetisch-politische Profile, Frank-
furt a. M.: Suhrkamp 1991, 101–115; 101.
25 Friedrich Ludwig Karl Weigand, Wörterbuch der deutschen Synonymen, Bd. 1, Mainz: Kup-
ferberg 1840, 424.
26 Synofzik, Heinrich Heine – Robert Schumann (wie Anm. 7), 10 und 156.
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Abb. : Beginn von Schumanns Ich grolle nicht, nach dem Erstdruck (1844), S. 14

gen (vgl. Abb. 4). Der Bass schreitet (beginnend in T. 4) vom Grundton c in re-
gelmäßigen Schritten eine Oktave plus eine Quarte abwärts bis zur Dominante
g. Ab Takt 5 wird er dabei von einer Oberstimme in konsequenten Dezimpar-
allelen begleitet, mit der zweiten Takthälfte wird das Ganze zu einer regelmä-
ßig absteigenden zweigliedrigen Sequenz («Fundamentalbass 1» in Abb. 4). Im
Hintergrund (markiert durch die Sequenz der Gesangsstimme und die Quin-
ten im Außenstimmensatz zu Beginn der T. 5, 7 und 9) wird sogar eine ge-
dehnte Quintfallsequenz hörbar («Fundamentalbass 2» in Abb. 4). Es ließe sich
viel über die Sequenzmodelle sagen, die sich hier überschneiden, doch sei hier
mit Blick auf den gegebenen Rahmen und die allgemeine Fragestellung nur
das Wesentliche angesprochen: Dissonanzen, die sich in Dissonanzen lösen,
insbesondere Septklänge die sich in Septklänge lösen, sind durchaus bekannte
Satztechniken im Sequenzkontext, auch wenn das hier verwendete Verfah-
ren außergewöhnlich ist.27 Das Ganze hat mit dem Abwärtsschreiten in Dezi-

27 Man studiere etwa die Auflistung derart dissonanter Sequenzen, die Schumanns Freund
Ferdinand Hiller in seinen Übungen zum Studium der Harmonielehre und des Contrapunk-
tes, Köln: DuMont 1860, 19, unter dem Stichwort «Auflösung der Septimenakkorde in an-
dere Septimenakkorde» gibt. Bei Hiller findet sich z. B. auch die Abfolge von Terzquartak-
korden und Septakkorden über absteigendem Bass wie bei Schumann, nur dass bei ihm
eben das traditionelle Modell mit übergebundenem (bzw. wiederholtem) Bass angegeben
wird, das eine Fundamentquintschrittsequenz bildet. Der Wegfall dieser Syncopatio im
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Abb. : Analyse der Takte 4–9 aus Schumanns Ich grolle nicht.

men, mit den unbeirrten Liegestimmen und der Quintfallsequenz im Resultat


durchaus eine sentimentale, fast triviale Seite.28 Auch hier scheint mir Ironie im
Sinne von ‹Ambivalenz› gegeben: Die stoische Ruhe des gravitätisch schreiten-
den Basses mit dem durchgehaltenen Dezimensatz und der Sequenz ist letzt-
lich derart überzeichnet, dass hinter der Rede (Ruhe, kein Groll) eine Gegen-
rede deutlich wird, und auch die Dissonanzen senden das Signal, dass der einen
Seite der Musik nicht ganz zu trauen ist.
Nun gehört es ja gerade zu den Charakteristiken der Heine’schen Ironie,
dass ihr «jede Eindeutigkeit und Stabilität abgeht». Es handelt sich – so Wolf-
gang Preisendanz – um eine «Ambivalenzerfahrung», die es unmöglich macht,
«eine feste Position des Autors auszumachen».29 Gerade diese Ambivalenzerfah-
rung aber geht den modernen Schumann-Interpretationen in ihrem Zynismus
völlig ab. Sie grollen so eindeutig, dass ihnen schon wieder jede Ironie fehlt.
Klangliche Realisierung und poetische Interpretation sind in einen hermeneu-

Bass führt zum außergewöhnlichen Modell bei Schumann, wobei diese Abweichung eben
andererseits durch den stabilen Dezimensatz zusammengehalten wird.
28 Diese Seite des Lieds wird deutlich, wenn man sich anhört, wie mühelos Paula Morelen-
baum, Ralf Schmid und die SWR Bigband Schumanns Lied in eine Bossanova verwandelt
haben (CD Bossarenova, Skip Records 2009, Track 10). Ich danke Janina Klassen für diesen
Hinweis.
29 Preisendanz, «Der Ironiker Heine» (wie Anm. 23), 106.
I C H G RO L L E , I C H G RO L L E N I C H T ... 

tischen Zirkel geraten: Die technischen Entwicklungen der Aufführungspra-


xis lassen das Lied grollender erscheinen, als es womöglich gedacht war; die In-
terpreten schließen daraus auf den von Schumann vermeintlich intendierten
poetischen Gehalt und intensivieren aus diesen Gründen dann nochmals die
technischen Faktoren, die die vermeintlich poetische Haltung aber überhaupt
erst mit hervorgebracht haben. Und die Musikforschung liest dann Schumanns
Notentext mit der modernen Aufführungspraxis im Ohr und konzentriert sich
auf vermeintliche Aspekte des musikalischen Satzes, die das in Frage stehende
‹Grollen› belegen sollen, die aber aus der Perspektive der Historischen Auffüh-
rungspraxis und Historischen Satzlehre zumindest ambivalent erscheinen.
Hier zeigt sich also der Einfluss der musikalischen Praxis auf die Musik-
forschung, und hier liegen die ‹Chancen› einer ‹echten Begegnung› von Praxis
und Forschung, um auf die eingangs zitierten Gedanken Wulf Arlts zurückzu-
kommen. Die Chance für beide Seiten besteht darin, sich durch die Begegnung
mit den Bedingungen der klanglichen Realisierung auf die Geschichtlichkeit
des eigenen Lesens und Verstehens von Notationen zu besinnen. Gerade das,
was uns als unvermittelte und sozusagen ‹rein gegenwärtige› musikalische Pra-
xis, was uns als unvoreingenommenes Lesen ‹des Notentexts selbst› erscheinen
mag, kann historisch vielfach vermittelt sein, und zwar durch die Geschichte
der musikalischen Aufführungspraxis, die noch im 20. Jahrhundert fundamen-
tale Wandlungen erlebte. Das Ergebnis einer Begegnung unter diesen Vorzei-
chen wäre wirklich historisch informierte Musikpraxis und wirklich historisch
informierte Musikforschung. Denn ‹historisch informiert› hieße hier gerade
nicht Musealisierung und Einschränkung, ‹historisch informiert› hieße hier zu-
allererst Selbsterfahrung, Selbstaufklärung und die Eröffnung eines größeren
Reichtums an Möglichkeiten des Verstehens und des klanglichen Realisierens
von Musik.

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