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Finanzierung

Vorlesung
Bachelorstudiengang
International Business Administration
WS 2020 / 2021

Prof. Dr. Christian Thier (Sebastian Fenk)


Inhaltsübersicht
1. Finanzwirtschaftliche Grundbegriffe und Ziele
2. Rechtsformwahl und Unternehmensbesteuerung
3. Außenfinanzierung
4. Innenfinanzierung
5. Finanzmärkte und Finanzintermediäre
6. Finanzinstrumente
7. Anleihebewertung
8. Aktienbewertung
9. Kapitalstruktur und Verschuldungspolitik
10. Ausschüttungspolitik
11. Finanzanalyse und Finanzplanung
Vorlesungstermine

1 15.04.2020 Einführung
2 22.04.2020 entfällt
3 29.04.2020 Kapitel 1 und 2
4 06.05.2020 Kapitel 3
5 13.05.2020 Kapitel 4
6 20.05.2020 Kapitel 5
7 27.05.2020 Kapitel 6
8 03.06.2020 Kapitel 7
9 10.06.2020 Kapitel 8
10 17.06.2020 Kapitel 9
11 24.06.2020 Kapitel 10
12 01.07.2020 Kapitel 11
13 08.07.2020 Wiederholung
Kapitel 1
Finanzwirtschaftliche Grundbegriffe und Ziele

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Gliederung, Literatur und Lernziele

Gliederung
1.1 Finanzwirtschaftliche Grundbegriffe
1.2 Organisation und Ziele des Finanzbereichs
Was sollten Sie zusätzlich lesen
• Perridon/Steiner/Rathgeber, Finanzwirtschaft der Unternehmung, 15. Auflage 2009, A.I – A.III
• Wöhe/Bilstein/Ernst/Häcker, Grundzüge der Unternehmensfinanzierung, 10. Auflage 2009,
Erster Abschnitt
Was sollten Sie in diesem Kapitel gelernt haben
• Welche Zusammenhänge bestehen zwischen dem Leistungs- und dem Finanzbereich eines
Unternehmens?
• Welche Informationen enthalten Bilanz und GuV eines Unternehmens?
• Welche Vermögensbegriffe lassen sich unterschieden?
• Wie unterschieden sich die Begriffe Liquidität und Solvenz?
• Welche Bedeutung hat Liquidität und wie lässt sich die Liquidität eines Unternehmens
bestimmen?
• Wie unterscheiden sich Eigen- und Fremdkapital eines Unternehmens?
• Wie ist der Finanzbereich organisiert?
• Welche Aufgaben hat der Finanzbereich?

KAPITEL 1: Finanzwirtschaftliche Grundbegriffe und Ziele


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Leistungserstellung und -verwertung
durch Unternehmen

 Unternehmen erwerben Produktionsfaktoren (z.B. Boden, Arbeit, Kapitel)


und erstellen in einer Transformation Produkte /Dienstleistungen.
Beschaffungsmarkt Arbeitsmarkt
Kapitalmarkt

Staat
Transformationsprozess / Produktion

Leistungsstrom
Absatzmarkt Finanzstrom

 Ein Leistungsstrom führt zu einem Finanzstrom. Ein Finanzstrom führt zu


einem Cashflow, aber er ist nicht dasselbe wie ein Cashflow
 Beispiel: Betriebsrente, Kauf auf Rechnung
KAPITEL 1: Finanzwirtschaftliche Grundbegriffe und Ziele 1.1: Finanzwirtschaftliche Grundbegriffe
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Leistungs- und Finanzbereich

Investment Finanzierungs-
Auszahl-
einzahlung
ung

Leistungs-
Finanzbereich Finanzmärkte
bereich
(Finanz Assets)
Einzahl- (Real Assets) Cashflow
ung aus Assets
Reinvestition
Finanzierungs-
auszahlung

 Reale Assets (z.B.Maschinen) produzieren für sich genommen keine


Cashflows, nur im Unternehmenszusammenhang
 Cashflow aus assets = Einzahlungen – Auszahlungen (Leistungsbereich)
kann negativ sein! Wo kommt dann das Geld her?
 An Finanzmärkten können zusätzlich Cashflows unabhängig von
Leistungsströmen disponiert werden. Durch Verkauf von Finanz Assets
(z.B. Aktien). Finanz Assets verbriefen Rechte an Cashflows
 Finanzierungssaldo = Finanzierungseinzahlungen -
Finanzierungsauszahlungen
Chapter 1: Basic financial concepts and goals 1.1: Basic financial concepts
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Investition und Finanzierung

 Investitionsentscheidungen:
 Beispiele: Kauf eines anderen Unternehmens, Neues Werk, Marketingaktion,...
 hat oft zutun mit dem Erwerb Realer Assets
 führt zu Zahlungsströmen durch Verwendung finanzieller Mittel
 beginnt in der Regel mit einer Auszahlung
 langfristig angelegt
 Finanzierungsentscheidungen:
 Beispiele: Kreditaufnahme, Ausgabe neuer Aktien, Zahlung einer Dividende, ...
 hat oft zutun mit dem Verkauf finanzieller Assets
 führt zu Zahlungsströmen durch Beschaffung finanzieller Mittel
 beginnt in der Regel mit einer Einzahlung
 kurzfristig (Liquiditätsbeschaffung) oder langfristig (Kapitalbeschaffung)
 Zur finanzwirtschaftlichen Bewertung von Investitions- und
Finanzierungsentscheidungen werden die daraus resultierenden
Zahlungsströme analysiert.
KAPITEL 1: Finanzwirtschaftliche Grundbegriffe und Ziele 1.1: Finanzwirtschaftliche Grundbegriffe
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Vermögen und Kapital

 Vermögen: Gesamtheit aller (materiellen und immateriellen) Güter eines


Unternehmens
 Kapital: Summe der dem Unternehmen zur Verfügung stehenden
finanziellen Mittel
 Vermögen und Kapital sind spiegelbildlich zueinander: Kapital beschreibt
die Mittelherkunft, Vermögen die Mittelverwendung. In Geldeinheiten
stimmen Vermögen und Kapital überein.
 Bilanz: Aktiva Passiva

Eigenkapital
Vermögen
Verbindlichkeiten

 Bilanzsumme = Vermögen = Verbindlichkeiten + Eigenkapital


 Verbindlichkeiten (Fremdkapital /Schulden) sind vertragliche
Zahlungsverpflichtungen in festgelegter Höhe
 Reinvermögen/Eigenkapital = Vermögen - Verbindlichkeiten
KAPITEL 1: Finanzwirtschaftliche Grundbegriffe und Ziele 1.1: Finanzwirtschaftliche Grundbegriffe
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Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung

 Bilanz: Darstellung der Vermögenssituation (u.a.


Schuldendeckungspotenzial) zum Stichtag
Aktiva Passiva Aktiva Passiva

1000 300 1200 500


700 700

 Gewinn- und Verlustrechnung (GuV): Ausweis des Erfolgs einer Periode


+ Ertrag 400
- Aufwand 200 GuV Gleichung:
Ertrag – aufwand = Erfolg
= Erfolg 200

 Haftungsfunktion des Eigenkapitals (EK):


Aktiva Passiva
+ Ertrag 100
- Aufwand 200 EK trägt
900 200
den Verlust
= Erfolg -100 700
KAPITEL 1: Finanzwirtschaftliche Grundbegriffe und Ziele 1.1: Finanzwirtschaftliche Grundbegriffe
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Liquidität und Solvenz

 Solvenz eines Unternehmens bedeutet grundsätzlich, dass mehr


Vermögensgegenstände als Verpflichtungen vorhanden sind.
Andernfalls ist das Unternehmen insolvent bzw. überschuldet
Aktiva Passiva
Vermögen
Verbindlichkeiten
Negatives
Eigenkapital
 Liquidität eines Vermögensgegenstands: Wie schnell und problemlos
läßt sich das Asset in Cash transformieren.
 Liquidität eines Unternehmens: Fähigkeit, fällige Verbindlichkeiten
jederzeit uneingeschränkt erfüllen zu können
 Illiquidität (Zahlungsunfähigkeit) ist ein Grund für ein Insolvenzverfahren
 Liquiditätssicherung ist daher eine zwingende Nebenbedingung für alle
finanzwirtschaftlichen Aktivitäten.
 Illiquidität und Insolvenz sind aber zwei verschiedene Dinge (Beispiel).
Ein Liquiditätsengpass kann auch nur vorübergehend sein.
KAPITEL 1: Finanzwirtschaftliche Grundbegriffe und Ziele 1.1: Finanzwirtschaftliche Grundbegriffe
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Nicht-zahlungswirksame Geschäftsvorfälle
und Abschreibungen

 Anschaffung eines Vermögensgegenstands (Asset) ist ein Aktivtausch;


der Vermögensgegenstand wird zu Anschaffungskosten aktiviert.
Aktiva Passiva Aktiva Passiva

Cash Asset

 Hier liegt eine Auszahlung vor, aber kein Aufwand in GuV!


 Die meisten Vermögensgegenstände verlieren mit der Zeit verbrauchs-
oder wirtschaftlich bedingt an Wert (Wertverzehr).
 Der Wertverzehr wird in Form von Abschreibungen als Aufwand erfasst.
 I.d.R. durch planmäßige Abschreibungen über die Nutzungsdauer des
Vermögensgegenstands. Zwei Verfahren:
 Linear: Gleiche Jahresraten, Geometrisch: Gleicher Prozentsatz (bzgl. Restwert)
 Zusätzlich können außerplanmäßige Abschreibungen erforderlich sein.
 Abschreibungen sind Aufwand, aber keine Auszahlung
KAPITEL 1: Finanzwirtschaftliche Grundbegriffe und Ziele 1.1: Finanzwirtschaftliche Grundbegriffe
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Rückstellungen

 Rückstellungen sind Verbindlichkeitspositionen in der Bilanz, die für


ungewisse Verbindlichkeiten und für drohende Verluste aus
schwebenden Geschäften zu bilden sind.
 Beispiele sind Rückstellungen für Gewährleistungen oder für
Pensionszahlungen an Mitarbeiter im Rahmen der betrieblichen
Altersversorgung (Pensionsrückstellungen).
 Die Bildung von Rückstellungen stellt einen Aufwand dar, die Auflösung
von Rückstellungen führt zu einem Ertrag in entsprechender Höhe.

KAPITEL 1: Finanzwirtschaftliche Grundbegriffe und Ziele 1.1: Finanzwirtschaftliche Grundbegriffe


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Vermögensstruktur und -veränderungen

Zahlungsmittel (Bargeld + Sichtguthaben + noch nicht in Anspruch


genommene Kreditlinien)
Zugänge: Einzahlungen
Abgänge: Auszahlungen

Geldvermögen (Zahlungsmittel + (sonstige) Forderungen – Verbindlichkeiten)


Zugänge: Einnahmen
Abgänge: Ausgaben

Reinvermögen (Geldvermögen + Sachvermögen)


Zugänge: Erträge
Abgänge: Aufwendungen

KAPITEL 1: Finanzwirtschaftliche Grundbegriffe und Ziele 1.1: Finanzwirtschaftliche Grundbegriffe


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Vermögenseffekte bestimmter
Geschäftsvorfälle
Beispiel

Die Bluelight GmbH weist per 31. Dezember 2015 folgende stark vereinfachte Bilanz (in Mio. €) aus:

Aktiva Passiva
Kasse 10 Eigenkapital 25
Forderungen 15 Verbindlichkeiten 75
Anlagevermögen 75

Wie hoch sind Zahlungsmittelbestand, Geld-, Sach- und Reinvermögen der Bluelight GmbH zum
Ende des Geschäftsjahres?
Wie verändern sich diese Werte durch die folgenden Geschäftsvorfälle? Und was sind die
Auswirkungen auf die GuV?
1) Die Bluelight AG kauft am 10. März 2016 eine neue Maschine zum Preis von 2 Mio. € auf
Rechnung.
2) Die Bluelight AG bezahlt die Rechnung am 31. März 2016 per Überweisung.
3) Die Bluelight schreibt am 31. Dezember 2016 planmäßig 500.000 € auf die Maschine ab.

KAPITEL 1: Finanzwirtschaftliche Grundbegriffe und Ziele 1.1: Finanzwirtschaftliche Grundbegriffe


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Kapitalgeber: Welche Arten von Kapital gibt
es? Was sind die wichtigsten Unterschiede?

 Ziele von Kapitalgebern müssen berücksichtigt werden


 Konditionen für Kapitalbereitstellung kommen auf Kapitalmarkt zustande
KAPITEL 1: Finanzwirtschaftliche Grundbegriffe und Ziele 1.1: Finanzwirtschaftliche Grundbegriffe
Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 16
Hauptfragen im Corporate Finance

1) Welche langfristigen Investitionen sollte man tätigen?


2) Wie sollten die langfristigen Finanzierungen gestaltet werden für die
Investitionen?
3) Wie werden die täglichen Finanzaktivitäten gestaltet?

KAPITEL 1: Finanzwirtschaftliche Grundbegriffe und Ziele 1.1: Finanzwirtschaftliche Grundbegriffe


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Organisation des Finanzbereichs

CEO CFO COO

Treasurer Controller

Cash Kredit Interne Kosten-


Steuern
Management Management rechnung

Finanz- Managment
Investitionen Finanzplanung
buchhaltung information

KAPITEL 1: Finanzwirtschaftliche Grundbegriffe und Ziele 1.1: Finanzwirtschaftliche Grundbegriffe


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Operationale Ziele und Aufgaben des
Finanzbereichs

 Rentabilität
 Maximierung der Erträge und Minimierung der Kosten für investiertes Kapital (bei
gegebenem Risiko)
 Je nach Zielen der Eigentümer (Vermögens- oder Entnahmemaximierung)
 Sicherheit
 Steuerung (u.a. Begrenzung) der übernommenen Risiken
 Angemessene Vergütung für die übernommenen Risiken
 Liquidität
 Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit zu jedem Zeitpunkt
 Strenge Nebenbedingung zur Existenzsicherung
 Unabhängigkeit
 Begrenzung des Einflusses von Gläubigern durch z.B. Sicherheitsleistungen,
Mitsprache- oder Kontrollrechte

KAPITEL 1: Finanzwirtschaftliche Grundbegriffe und Ziele 1.2: Organisation und Ziele des Finanzbereichs
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Interessensgruppen im Unternehmen
(Stakeholders)

Interessensgruppe Anspruch
Eigenkapitalgeber / Eigentümer Erhöhung des Reinvermögens (Eigenkapital) oder
(Shareholder) Gewinnbeteiligung über Ausschüttungen
Fremdkapitalgeber Verzinsung und Rückzahlung des überlassenen Kapitals

Arbeitnehmer Leistungsgerechte Entlohnung, Arbeitsplatzsicherheit

Management Leistungsgerechte Entlohnung, Macht, Prestige

Kunden Angemessenes Preis-Leistungs-Verhältnis

Lieferanten Angemessene Preise, fristgerechte Bezahlung


Öffentliche Hand Steuern und Abgaben, Einhaltung von Rechtsvorschriften

Zielkonflikte

KAPITEL 1: Finanzwirtschaftliche Grundbegriffe und Ziele 1.1: Finanzwirtschaftliche Grundbegriffe


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Shareholder-Value-Maximierung als
Unternehmensziel

 Alle Handlungen orientieren sich am (langfristigen) Ziel, den (Markt-)Wert


des Eigenkapitals (Shareholder Value) zu maximieren.
 Eine angemessene Ausstattung mit Eigenkapital ist wegen der
Haftungsfunktion erforderlich, in einigen Branchen (z.B. Banken) sogar
gesetzlich vorgeschrieben. Eine nicht an den Interessen der Eigentümer
ausgerichtete Unternehmenspolitik gefährdet die Bereitstellung von
Eigenkapital.

 Leitungsfunktion im Unternehmen liegt i.d.R. bei der Eigenkapitalseite, die


so ihre Interessen verfolgen kann.

 Die Wahrung der Interessen aller anderen Stakeholder ist aber als
Nebenbedingung zu berücksichtigen.
 Gesetzliche Rahmenbedingungen sichern die Wahrung der Interessen
der Stakeholder (z.B. Arbeitsrecht, Wettbewerbsrecht, Umweltrecht).

KAPITEL 1: Finanzwirtschaftliche Grundbegriffe und Ziele 1.2: Organisation und Ziele des Finanzbereichs
Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 21
Unternehmensfinanzierung als
Prinzipal-Agenten-Problem

 Bei großen Unternehmen sind Eigentümer und Manager (Geschäftsführer)


nicht identisch.
 Die Eigenkapitalgeber (Prinzipale) beauftragen die Manager (Agenten)
mit der Durchsetzung ihrer Interessen.
 Die Manager verfolgen als Stakeholder eigene Interessen, die mit denen
der Eigentümer teilweise nicht vereinbar sind (z.B. hohes Gehalt, Macht).
 Die Manager sind besser informiert als die Eigentümer
(Informationsasymmetrie).
 Beispiele von agency costs: ...
 Die Prinzipale müssen die Agenten dazu bringen, im Interesse der
Prinzipale zu handeln (durch Anreizen, Strafen und Kontrollrechte).

KAPITEL 1: Finanzwirtschaftliche Grundbegriffe und Ziele 1.2: Organisation und Ziele des Finanzbereichs
Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 22
Corporate Governance
Aufsichtssysteme

Dualistisches system (Deutschland) Monistisches System (z.B. USA)

Aufsichtsrat Non- Executive


exectutive board
(Kontrolle) board members
members

(Kontrolle) (Leitung)
Vorstand

(Leitung)

KAPITEL 1: Finanzwirtschaftliche Grundbegriffe und Ziele 1.2: Organisation und Ziele des Finanzbereichs
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KAPITEL 2
Rechtsformwahl und Unternehmensbesteuerung

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Gliederung, Literatur und Lernziele

Gliederung
2.1 Überblick über Rechtsformen
2.2 Steuerliche Grundbegriffe und Steuerarten
2.3 Gewerbesteuer
2.4 Körperschaftsteuer
2.5 Einkommensteuer

Was Sie zusätzlich lesen sollten


• Wöhe/Döring, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 23. Auflage 2008, S. 221-
272
Was Sie in diesem Kapitel gelernt haben sollten
• Welche Kriterien sind für die Rechtsformwahl eines Unternehmens entscheidend?
• Warum gibt es Personen- und Kapitalgesellschaften?
• Wie unterscheiden sich die in Deutschland verfügbaren Rechtsformen?
• Welche Steuerarten sind für deutsche Unternehmen relevant?
• Wie lassen sich Gewerbesteuer, Körperschaftsteuer und Einkommensteuer berechnen?

KAPITEL 2: Rechtsformwahl und Unternehmensbesteuerung


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 25
Kriterien der Rechtsformwahl

 Die Rechtsform eines Unternehmens regelt die Rechtsbeziehungen des


Unternehmens im Innenverhältnis und Außenverhältnis.

Leitungs- und Kontrollrechte: Haftung (der Eigenkapitalgeber):


eigentümer- / managementgeführt unbeschränkte Haftung (mit Privatvermögen) /
beschränkte Haftung (bis zur Höhe des
Eigenkapitals)

Gewinn-/Verlustbeteiligung:
Verteilungsschlüssel für Erfolge Steuerbelastung:
Höhe der Einkommen- und
Wahl der Ertragsteuern
Rechtsform
Mitbestimmung:
Einschränkungen der Leitungs- und
Kontrollrechte im Rahmen der
Finanzierungsmöglichkeiten: Arbeitnehmermitbestimmung
Zugang zu Eigen- und Fremdkapital
(z.B. Kapitalmarkt)
Publizitäts- und Prüfungspflichten: Verpflichtung
zur Veröffentlichung und Prüfung von Jahres- und
Zwischenabschlüssen

KAPITEL 2: Rechtsformwahl und Unternehmensbesteuerung 2.1 Überblick über die Rechtsformen


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 26
Personen- und Kapitalgesellschaften

Merkmal Personengesellschaft Kapitalgesellschaft


Rechtsfähigkeit Partielle Rechtsfähigkeit Juristische Person

Vertretung Gesellschafter Organe der Gesellschaft

Haftung der Gesellschafter Unbeschränkt Beschränkt

Haftung der Gesellschaft Gesamtschuldnerische Haftung der Eigenkapital der Gesellschaft


Gesellschafter
Verteilungsschlüssel Gesellschaftsvertrag Kapitalanteil

KAPITEL 2: Rechtsformwahl und Unternehmensbesteuerung 2.1 Überblick über die Rechtsformen


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 27
Deutsche Rechtsformen im Überblick
Personengesellschaften Kapitalgesellschaften

KAPITEL 2: Rechtsformwahl und Unternehmensbesteuerung 2.1 Überblick über die Rechtsformen


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 28
Anzahl und Umsatz der Unternehmen nach
Rechtsform

KAPITEL 2: Rechtsformwahl und Unternehmensbesteuerung 2.1 Überblick über die Rechtsformen


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 29
Struktur und Verteilung der Steuern in
Deutschland

Quelle: Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.), Monatsbericht des BMF Juni 2011

KAPITEL 2: Rechtsformwahl und Unternehmensbesteuerung 2.2 Steuerliche Grundbegriffe und Steuerarten


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 30
Steuerliche Grundbegriffe

 Steuerobjekt: Gegenstand der Besteuerung


 Steuersubjekt: Person, welche die Steuer schuldet (Steuerpflichtiger)
 Steuerträger: Person, welche durch die Steuer wirtschaftlich belastet wird
 Bemessungsgrundlage: Wert, der für die Berechnung der Steuer
verwendet wird
 Steuersatz: Rechengröße (zumeist ein Prozentsatz), der auf die
Bemessungsgrundlage angewendet wird
 Steuertarif: Funktionaler Zusammenhang zwischen
Bemessungsgrundlage und Steuersatz
 Steuerbetrag: Geschuldete Steuer (= Steuersatz ×
Bemessungsgrundlage)
 Eine Sonderform der Steuern sind Zölle (Abgaben auf eingeführte Waren).

KAPITEL 2: Rechtsformwahl und Unternehmensbesteuerung 2.2 Steuerliche Grundbegriffe und Steuerarten


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 31
Die wichtigsten Unternehmensteuern

Steuerart Steuersubjekt Bemessungsgrundlage Steuertarif Ertragshoheit

Gewerbesteuer Natürliche und Gewerbeertrag 3,5% × Gemeinde


juristische (GewStG) Hebesatz
Personen mit (der
Gewerbebetrieb Gemeinde)
Körperschaftsteuer Juristische Gewinn aus 15% Bund, Länder
Personen Gewerbebetrieb (KStG)
Einkommensteuer Natürliche Gewinn aus 14  45% Bund, Länder,
Personen Gewerbebetrieb (EStG) (progressiv) Gemeinden
Solidaritätszuschlag Natürliche und Einkommensteuer / 5,5% Bund, Länder,
juristische Körperschaftsteuer Gemeinden
Personen (SolZG)

KAPITEL 2: Rechtsformwahl und Unternehmensbesteuerung 2.2 Steuerliche Grundbegriffe und Steuerarten


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 32
Gewerbesteuer
Steuermesszahl und Hebesatz

 Berechnung:
sg  0,035  G  H

Messbetrags = Gewerbeertrag G x Hebesatz H


Gewerbesteuer
Steuermesszahl (3,5%)

 Für natürliche Personen gilt ein Freibetrag von 24.500 €.

 Der Hebesatz wird durch die jeweiligen Gemeinden (der Betriebsstätten)


festgelegt.
 Beispiele für Hebesätze (2017):
 Frankfurt am Main: 460%
 Offenbach am Main: 440%
 Eschborn: 330%

KAPITEL 2: Rechtsformwahl und Unternehmensbesteuerung 2.3 Gewerbesteuer


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 33
Gewerbesteuer
Bemessungsgrundlage (I)
Gewerbe

Gewinn aus Gewerbebetrieb


Unternehmens-
steuerreform 2008

Gewerbeertrag = Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer

 Bilanziell:  Für Gewerbesteuer:


+ Umsatz + Umsatz
- Aufwand Nicht-Finanzierung - Aufwand Nicht-Finanzierung
- Aufwand Finanzierung - Aufwand Finanzierung (nur teilweise)

Gewinn Gewerbeertrag

 Gewerbeertrag = Gewinn aus Gewerbebetrieb + nichtabzugsfähiger


Teil der Finanzierungsaufwendungen
KAPITEL 2: Rechtsformwahl und Unternehmensbesteuerung 2.3 Gewerbesteuer
Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 34
Gewerbesteuer
Bemessungsgrundlage (II)

 25% der folgenden Finanzierungsaufwendungen nicht mehr


abzugsfähig,
 100% der Zinsen und anderen Entgelte für Schulden (Fremdkapitalzinsen)
 100% der Zahlungen für Renten und dauernde Lasten
 100% der Gewinnanteile stiller Gesellschafter
 20% der Mieten, Pachten und Leasingraten für bewegliche Anlagegüter
 50% der Mieten, Pachten und Leasingraten für unbewegliche Anlagegüter
 25% der Entgelte für Rechteüberlassungen (von Konzessionen und Lizenzen)
wenn sie den Freibetrag von 100.000 € übersteigen.

 Diese Positionen müssen folglich zum Gewinn (aus Gewerbebetrieb)


wieder hinzu addiert werden.

 Ausschüttungen an Eigenkapitalgeber sind (ohnehin) nicht abzugsfähig.


KAPITEL 2: Rechtsformwahl und Unternehmensbesteuerung 2.3 Gewerbesteuer
Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 35
Körperschaftsteuer
Bemessungsgrundlage uns Steuersatz

 Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer ist der gemäß den


Bestimmungen des KStG ermittelte Gewinn (aus Gewerbebetrieb).
 Ausschüttungen an Eigenkapitalgeber sind nicht als Betriebsausgaben
abzugsfähig.
 Der Steuersatz beträgt konstant 15%; unter zusätzlicher Berücksichtigung
des Solidaritätszuschlags von 5,5% ergibt sich ein
Körperschaftsteuersatz von 15,825%.

KAPITEL 2: Rechtsformwahl und Unternehmensbesteuerung 2.4 Körperschaftssteuer


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 36
Einkommensteuer
Bemessungsgrundlage

 Personengesellschaften werden anders als Kapitalgesellschaften auf der


Ebene der Gesellschafter besteuert.
 Der anteilige Gewinn des Gesellschafters zählt zu den Einkünften aus
Gewerbebetrieb und unterliegt der Einkommensteuer.
 Die Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer ist das zu
versteuernde Einkommen (alle Einkünfte des Gesellschafters).
 Es gelten folgende Besonderheiten:
 Bei der Berechnung der Gewerbesteuer gilt ein Freibetrag von 24.500 € (Nur der
Gewerbeertrag, der über den Freibetrag hinausgeht, wird versteuert).
 Die bereits abgeführte Gewerbesteuer wird auf die Einkommensteuer angerechnet
(das heißt von dieser abgezogen). Aber nur bis zur Höhe von 380% des
Messbetrags.
 Thesaurierungsbegünstigung: Nicht entnommene Gewinne werden auf Antrag
mit einem festen Steuersatz von 28,25% (zzgl. Solidaritätszuschlag) versteuert.
Bei späterer Ausschüttung muss mit einem Steuersatz von 25% (zzgl.
Solidaritätszuschlag) nachversteuert werden. Dies beseitigt eine
Schlechterstellung der Personen- ggü. Kapitalgesellschaften.
KAPITEL 2: Rechtsformwahl und Unternehmensbesteuerung 2.5 Einkommenssteuer
Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 37
KAPITEL 3
Außenfinanzierung

Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 38


Gliederung, Literatur und Lernziele

Gliederung
3.1 Gliederung der Finanzierungsformen
3.2 Eigenfinanzierung
3.3 Fremdfinanzierung

Was Sie zusätzlich lesen sollten


• Perridon/Steiner/Rathgeber, Finanzwirtschaft der Unternehmung, 15. Auflage 2009, D.II
• Wöhe/Bilstein/Ernst/Häcker, Grundzüge der Unternehmensfinanzierung, 10. Auflage 2009,
Zweiter Abschnitt

Was Sie in diesem Kapitel gelernt haben sollten


• Nach welchen Kriterien lassen sich Finanzierungsformen gliedern?
• Welche Bedeutung haben die verschiedenen Finanzierungsformen in der Praxis?
• Welche Formen der Eigenfinanzierung stehen für Personen- resp. Kapitalgesellschaften zur
Verfügung?
• Wie unterscheiden sich die Formen der Kreditfinanzierung?

KAPITEL 3: Außenfinanzierung
Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 39
Grundbegriffe und Gliederungskriterien von
Finanzierungsformen

 Gliederung nach Mittelherkunft:


 Außenfinanzierung: Zuführung finanzieller Mittel durch Externe
 Innenfinanzierung: Interne Freisetzung finanzieller Mittel

 Gliederung nach Haftung / Rechtsstellung der Kapitalgeber


 Eigenkapital: Leitungsfunktion, Haftungsfunktion und Gewinnbeteiligung
 Fremdkapital: Keine Leitungsfunktion, keine Haftungsfunktion und keine
Gewinnbeteiligung, dafür vertragliche Zahlungsströme

 Weitere Kriterien zur Gliederung von Finanzierungsformen:


 Fristigkeit: langfristige, mittelfristige, kurzfristige Finanzierung
 Anlass: Gründungs-, Erweiterungs-, Um-, Sanierungsfinanzierung

KAPITEL 3: Außenfinanzierung 3.1 Gliederung der Finanzierungsformen


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 40
Bedeutung der Finanzierungsformen

Vermögensbildung und Finanzierung der nichtfinanziellen Unternehmen


Datenstand: April 2010
Mrd €

Position 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009

Finanzierung
Innenfinanzierung 152,5 186,1 196,3 192,9 242,1 233,1 256,6 281,2 279,2 233,7
nicht entnommene Gewinne 5) - 20,5 7,4 13,6 9,8 56,4 42,9 62,5 80,0 73,1 30,2
Abschreibungen 173,1 178,7 182,7 183,1 185,8 190,1 194,1 201,2 206,2 203,5

Nachrichtlich:
6)
Innenfinanzierungsquote 27,6 51,6 84,2 77,8 107,5 74,5 64,3 66,3 68,3 93,0

Außenfinanzierung 407,7 170,8 56,3 48,1 - 26,8 50,1 127,0 114,9 104,2 - 0,3
bei Banken 46,8 33,6 - 21,1 - 40,9 - 29,5 - 1,3 27,0 48,9 50,2 - 52,3
bei sonstigen Kreditgebern 4) 152,3 55,1 35,4 20,1 - 39,0 32,3 40,7 15,9 23,1 42,6
7)
am Wertpapiermarkt 9,6 9,8 5,7 27,2 2,1 3,1 13,8 7,2 9,6 - 7,1
3)
in Form von Beteiligungen 190,8 64,1 27,5 33,8 32,9 10,5 37,3 41,6 18,4 13,6
im Inland 81,0 51,7 0,1 - 9,9 1,4 - 2,1 12,8 8,9 8,8 11,0
im Ausland 109,9 12,4 27,4 43,8 31,4 12,7 24,5 32,7 9,7 2,6

Bildung von Pensionsrückstellungen 8,2 8,2 8,7 7,9 6,6 5,5 8,2 1,3 2,9 2,9

Insgesamt 560,2 357,0 252,7 240,9 215,3 283,2 383,6 396,2 383,4 233,4

3 Aktien und sonstige Beteiligungen. - 4 Einschl. sonstige Forderungen bzw. sonstige Verbindlichkeiten. - 5 Einschl. empfangene Vermögensübertragungen (netto). - 6 Innenfinanzierung in % der gesamten
Vermögensbildung. - 7 Durch Absatz von Geldmarktpapieren und Rentenwerten.

KAPITEL 3: Außenfinanzierung 3.1 Gliederung der Finanzierungsformen


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 41
Gründungsfinanzierung der
Aktiengesellschaft

 Die Aktiengesellschaft (AG) hat ein in Aktien zerlegtes Grundkapital (GK).


 Der Mindestnennbetrag des Grundkapitals beträgt 50.000 €.
 Üblicherweise erfolgt die Finanzierung durch Übernahme der Aktien gegen
Bareinlage (Bargründung), möglich ist aber auch eine Sachgründung.
 Aktien sind veräußerlich und vererbbar, falls in der Satzung nichts
anderes festgelegt ist.
 Aktien können als Nennbetragsaktien oder als nennwertlose Stückaktien
ausgegeben werden.
 Gewinnanteil und Stimmrecht bestimmen sich nach dem Anteil am GK.
 In der Satzung kann bestimmt werden, dass verschiedene
Aktiengattungen bestehen, die sich hinsichtlich der Rechte
unterscheiden:
 Verteilung des Gewinns bzw. Liquidationserlöses: Stamm- / Vorzugsaktien
 Stimmrecht in der Hauptversammlung: Stamm- / Vorzugsaktien
 Übertragbarkeit: Inhaberaktien, Namensaktien, vinkulierte Namensaktien

KAPITEL 3: Außenfinanzierung 3.2 Eigenfinanzierung


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 42
Kapitalerhöhung der Aktiengesellschaft

 Das Aktiengesetz (AktG) sieht folgende Maßnahmen der Beschaffung


zusätzlichen Eigenkapitals vor:
 Ordentliche Kapitalerhöhung: Ausgabe neuer (junger) Aktien gegen Einlagen
(Bar- oder Sacheinlagen)
 Bedingte Kapitalerhöhung: Ausgabe von Umtausch- oder Bezugsrechten auf
neue Aktien (Bezugsaktien)
 Genehmigtes Kapital: Ermächtigung des Vorstands durch die Hauptversamm-
lung zur Durchführung einer späteren ordentlichen Kapitalerhöhung
 Das Grundkapital übersteigende Beträge fließen in die Kapitalrücklage.
 Zusätzlich sieht das AktG die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln
vor, die aber nicht zu einem Zufluss finanzieller Mittel führt.
 Kapitalerhöhung muss von der Hauptversammlung beschlossen werden.
Eigenkapital Grundkapital

Kapitalrücklage = + + ü
Gewinnrücklage

KAPITEL 3: Außenfinanzierung 3.2 Eigenfinanzierung


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 43
Kapitalerhöhung (KE) der Aktiengesellschaft

 Rechnerischer Nennwert einer Aktie (funktioniert


sowohl bei Nennwert- als auch bei Stückaktien)
 Eine Aktie verbrieft den
 Bezeichnungen: Kurs der alten Aktien (vor KE), Ausgabekurs
der jungen Aktien, Misch-Kurs, der sich nach KE einstellt,
Anzahl der alten Aktien, Anzahl der jungen Aktien
 Junge und alte Aktien sind nach KE gleichgestellt! D.h. sie verbriefen
denselben Anteil am Unternehmen.
 Ist , dann bezeichnet man die Differenz als Agio,
d.h.
 Bei Aktien ist zu unterscheiden Buchwert des Eigenkapitals
und Marktwert
 Ein Agio berücksichtigt, dass der Marktwert des EK (in der Regel) höher ist
als der Buchwert. Nicht erlaubt ist (Kein Disagio)

KAPITEL 3: Außenfinanzierung 3.2 Eigenfinanzierung


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 44
Funktionsweise einer ordentlichen KE

Beispiel
Eine Aktiengesellschaft gründet sich 2017 mit einem Grundkapital von 50.000 € aufgeteilt auf 1.000
Stückaktien. Kapitalrücklage und Gewinnrücklage betragen jeweils 0 €.
Was ist der rechnerische Nennwert einer Aktien? Antwort: 50 €
Ein Jahr später (2018) beträgt der Wert des Unternehmens (d.h. Marktwert des Eigenkapitals)
500.000 €. Kapitalrücklage und Gewinnrücklage haben sich nicht verändert.
Was ist jetzt der Wert einer Aktie? Antwort: 500 €
Die AG möchte über eine ordentliche Kapitalerhöhung zusätzliche Mittel in Höhe von 50.000 €
aufnehmen.
Wieviele junge Aktien muss sie dafür neu ausgeben (zum aktuellen Marktpreis)? Antwort: 100 Stück
ü
Welchen Anteil am Unternehmen verbriefen die jungen Aktien? Antwort: ≈ 9,1%
ü ü

€·
Welchem Grundkapital entsprechen die jungen Aktien? Antwort: 9,1% =
€ €

Wie hoch ist das Grundkapital nach KE? Antwort: 55.000 €


Wie hoch ist die Kapitalrücklage nach KE? Antwort: 45.000 €
Wie hoch ist das EK (Buchwert) nach Kapitalerhöhung? Antwort: 100.000 €

KAPITEL 3: Außenfinanzierung 3.2 Eigenfinanzierung


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 45
Bezugsrecht der Altaktionäre
bei ordentlicher Kapitalerhöhung (KE)
 Altaktionäre erhalten ein Bezugsrecht auf die jungen Aktien (sie können
bestimmte Anzahl junger Aktien zum Ausgabekurs kaufen). Zwei Zwecke:
1) Altaktionäre können eine Verwässerung ihrer Anteile zu verhindern.
2) Wert des Bezugsrechts (BR) kompensiert den durch die Kapitalerhöhung i.d.R.
entstehenden Vermögensverlust.
#
#
# · # ·
# #

(Wert des Bezugsrechts pro Altaktie)

 Bezugsrecht (BR) kann innerhalb der Bezugsfrist ausgeübt oder verkauft


werden. Bei börsennotierten Unternehmen wird das BR an der Börse
gehandelt, der Aktienkurs fällt um den Wert des BR (Kurshinweis „ex BR“).

KAPITEL 3: Außenfinanzierung 3.2 Eigenfinanzierung


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Ordentliche Kapitalerhöhung (I)

Beispiel
Die TelControl AG weist folgende stark vereinfachte Bilanz (in Tsd. €) aus. Das Grundkapital von
500.000 € ist aufgeteilt in 500.000 nennwertlose Stückaktien.

Aktiva Passiva
Vermögen 10.000 Grundkapital 500
Kapitalrücklage 1.250
Gewinnrücklagen 1.250
Verbindlichkeiten 7.000

Der aktuelle Marktkurs der Aktien in 3€. Das Unternehmen möchte 600.000 € durch Ausgabe neuer
Aktien aufnehmen.
Wieviele Aktien werden neu an den Markt gebracht und zu welchem Preis? Wie ändert sich die
Bilanz? Wie verändern sich die Anteile der Altaktionäre?
Wie hoch ist der Marktkurs nach der Kapitalerhöhung?
Betrachten Sie zunächst den Fall a. Ausgabepreis = 3 €
und anschließend Fall b. Ausgabepreis = 2,40 €

KAPITEL 3: Außenfinanzierung 3.2 Eigenfinanzierung


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 47
Ordentliche Kapitalerhöhung (II)

Beispiel (Fortsetzung)
Im Fall b: Wie sieht die Bilanz nach der Kapitalerhöhung aus?

Aktiva Passiva
Vermögen ? Grundkapital
Kapitalrücklage
?
Gewinnrücklagen
Verbindlichkeiten

Wie hoch ist der Wert des Bezugsrechts (BR), das ein Altaktionär pro Alt-Aktie erhält?
Ein Aktionär hält 50.000 Aktien des Unternehmens und erhält 50.000 Bezugsrechte. Zudem hat der
Aktionär 60.000 EUR auf einem Bankkonto.
Betrachten Sie zwei Fälle 1. der Aktionär übt seine Bezugsrechte aus und 2. er verkauft seine
Bezugsrechte am Markt. Wie groß ist jeweils sein Vermögen sowie der Anteil am Unternehmen vor
und nach der Kapitalerhöhung?

KAPITEL 3: Außenfinanzierung 3.2 Eigenfinanzierung


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 48
Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln
Keine (Außen-)Finanzierung

 Bei einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln werden Rücklagen


in Grundkapital umgewandelt. Neue Mittel fließen also nicht zu.
Aktiva Passiva Aktiva Passiva
Grundkapital Grundkapital
Vermögen Vermögen
Kapitalrücklage Kapitalrücklage
Verbindlichkeiten Verbindlichkeiten

 Entsprechend der Erhöhung des Grundkapitals werden neue Aktien


ausgegeben, auf die Aktionäre ein nicht entziehbares Bezugsrecht haben.
 Da die Altaktionäre die jungen Aktien (Berichtigungsaktien) ohne
Zuzahlung erhalten, werden diese häufig als Gratisaktien bezeichnet.
 Da sich das Vermögen des Unternehmens nicht verändert, die Anzahl der
Aktien aber erhöht wird, reduziert sich der Kurs der Aktie entsprechend, so
dass das Vermögen des Anlegers (rechnerisch) unverändert bleibt.

KAPITEL 3: Außenfinanzierung 3.2 Eigenfinanzierung


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 49
Kapitalherabsetzung

 Bei einer insolventen oder insolvenzgefährdeten Kapitalgesellschaft sind


durch Verlustvorträge zumeist die Rücklagen und zumindest ein Teil des
gezeichneten Kapitals aufgezehrt.
 Mit einer vereinfachten Kapitalherabsetzung wird spiegelbildlich zur
Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln das Grundkapital reduziert
(durch Reduzierung des Nennbetrags oder Zusammenlegung von
Aktien).
 Durch die Kombination einer vereinfachten Kapitalherabsetzung mit
einer ordentlichen Kapitalerhöhung werden neue Mittel zugeführt.
 Die durch die vereinfachte Kapitalherabsetzung freigesetzten Beträge
dürfen nicht für Zahlungen an Aktionäre verwendet werden.

KAPITEL 3: Außenfinanzierung 3.2 Eigenfinanzierung


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 50
Eigenkapitalfinanzierung von
Personengesellschaften (I)

 Einzelunternehmer (EU):
 Haftung ist unbeschränkt
 Keine gesetzlichen Vorgaben zum EK. EK kann jederzeit durch Einlagen und
Gewinne erhöht werden.
 Nur der Einzelunternehmer selbst kommt als EK-Geber in Frage
 EK-Finanzierung ist limitiert durch Vermögen des Einzelunternehmers
 FK-Finanzierung ist ebenfalls limitiert aufgrund a) unbeschränkte Haftung b)
Vermögen des Einzelunternehmers dient als Sicherheit
 Offene Handelsgesellschaft (OHG):
 Haftung ist unbeschränkt und gesamtschuldnerisch
 EK kann jederzeit durch Einlagen und Gewinne erhöht werden.
 Gesellschafter haben Leitungsbefugnis
 Neueintritte schwierig aufgrund a) Leitungsbefugnis b) Haftung
 EK-Finanzierung ist limitiert durch Vermögen der Gesellschafter
 FK-Finanzierung ist ebenfalls limitiert, aber etwas verbessert ggü. EU, da es
mehrere Gesellschafter gibt.
KAPITEL 3: Außenfinanzierung 3.2 Eigenfinanzierung
Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 51
Eigenkapitalfinanzierung von
Personengesellschaften (II)

 Kommanditgesellschaft (KG):
 Zwei Arten von Gesellschaftern:
• Komplementäre (unbeschränkte Haftung, Leitung)
• Kommanditisten (beschränkte Haftung, keine Leitungsrechte)
 Die Möglichkeit EK von Kommanditisten aufzunehmen, verbessert die EK-
Finanzierungsmöglichkeiten ggü. der OHG.
 Aber auch hier ist die Übertragbarkeit der Anteile schwierig

KAPITEL 3: Außenfinanzierung 3.2 Eigenfinanzierung


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 52
Charakteristika der Fremdfinanzierung

 Fremdkapital haftet nicht für Verluste, der Fremdkapitalgeber hat keine


Leitungsrechte und keine Gewinnbeteiligung.
 Fremdfinanzierung nicht gesetzlich geregelt und vielfältig ausgestaltbar.
 Die folgenden Eigenschaften sind typisch für Fremdfinanzierungsformen:
stellt heute
liquide Mittel bereit

Anleger Fremdkapital Emittent

Verpflichtet sich vertraglich zur Rückzahlung + Zinsen


In der Zukunft ≈ gewisse Unsicherheit

 Das Kapital wird befristet überlassen, die Rückzahlung ist vertraglich festgelegt.
 Für die Kapitalüberlassung werden periodisch oder einmalig Zinsen gezahlt.
 Die Entgelte sind vertraglich festgelegt und i.A. nicht erfolgsabhängig.
 Vertragliche Gegenleistung liegt in der Zukunft und ist damit unsicher. Daher
werden dem Fremdkapitalgeber teilweise Sicherheiten gewährt.
 Fremdkapitalgeber sind Gläubiger des Unternehmens. Im Insolvenzfall
sind Gläubigeransprüche höherrangig als die EK-Ansprüche
KAPITEL 3: Außenfinanzierung 3.3 Fremdfinanzierung
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Formen der Kreditfinanzierung

 Die vielfältigen Formen der Kreditfinanzierung lassen sich z.B. bzgl. der
folgenden Kriterien unterscheiden:
 Fristigkeit: kurz-, mittel-, langfristig
 Kreditgeber / Gläubiger: Kreditinstitut, Investoren (Kapitalmarkt), Lieferant
 Verzinsung: fest, variabel, unverzinslich
 Tilgung: periodisch, endfällig
 Übertragbarkeit: verbrieft, unverbrieft
 Besicherung: unbesichert, Personalsicherheiten, Sachsicherheiten
 Rang: vorrangig, gleichrangig, nachrangig
 Optionsrechte: Kündigungs- oder Wandlungsrechte des Gläubigers
 Zur Kreditfinanzierung zählen auch die (zumeist kurzfristigen)
Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen, z.B.
Lieferantenkredite.
 Spezielle Finanzierungsformen wie z.B. Factoring oder Leasing werden
als Kreditsubstitute oder Kreditsurrogate bezeichnet.

KAPITEL 3: Außenfinanzierung 3.3 Fremdfinanzierung


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 54
Formen der Kreditsicherung

Kreditfinanzierung

Unbesichert (unsecured) Besichert (secured)

Erstrangig Nachrangig Personalsicherheiten Sachsicherheiten


(Senior Debt) (Subordinated Debt)
• Bürgschaft • Hypothek / Grundschuld
• Garantie • Pfandrecht
• Financial Covenants • Schuldbeitritt • Sicherungsübereignung
(z.B. Mitsprache- oder Kündigungsrechte) • Forderungsabtretung
• Eigentumsvorbehalt

 Unabhängig davon muss der Kreditgeber die Kreditwürdigkeit des


Kreditnehmers prüfen (u.a.: Vergangenes Verhalten, Bilanzkennzahlen)

KAPITEL 3: Außenfinanzierung 3.3 Fremdfinanzierung


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 55
KAPITEL 4
Innenfinanzierung

Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 56


Gliederung, Literatur und Lernziele

Gliederung
4.1 Funktion und Formen der Innenfinanzierung
4.2 Selbstfinanzierung
4.3 Finanzierung aus Abschreibungen
4.4 Finanzierung aus Rückstellungen
4.5 Finanzierung durch Vermögensumschichtung
Was Sie zusätzlich lesen sollten
• Perridon/Steiner/Rathgeber, Finanzwirtschaft der Unternehmung, 15. Auflage 2009, D.III
• Wöhe/Bilstein/Ernst/Häcker, Grundzüge der Unternehmensfinanzierung, 10. Auflage 2009,
Dritter Abschnitt
Was Sie in diesem Kapitel gelernt haben sollten
• Wie funktioniert Innenfinanzierung?
• Welche Formen der Innenfinanzierung lassen sich unterscheiden?
• Wie können Personen- und Kapitalgesellschaften Selbstfinanzierung betreiben?
• Was ist der Unterschied zwischen offener und stiller Selbstfinanzierung?
• Welche Finanzierungswirkungen entstehen durch Abschreibungen und Rückstellungen?
• Wie können durch Vermögensumschichtungen Finanzierungseffekte entstehen?

KAPITEL 4: Innenfinanzierung
Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 57
Funktionsweise der Innenfinanzierung

 Im Gegensatz zur Außenfinanzierung werden bei der Innenfinanzierung


finanzielle Mittel nicht von außen zugeführt.
 Die Finanzierungswirkung entsteht i.W. durch Desinvestitionen im
Unternehmen.
 Für die Innenfinanzierung ist nicht der bilanzielle Gewinn, sondern der
Zahlungsmittelüberschuss relevant. Innenfinanzierung ist nur bei einem
positiven Cash Flow möglich (d.h. Einzahlungen > Auszahlungen).
 Für viele Unternehmen ist Innenfinanzierung die einzige
Finanzierungsform.
 Vorteile der Innenfinanzierung:
 Unternehmensleitung kann unabhängig entscheiden
 Stärkung der Eigenkapitalbasis (und damit des Verlusthaftungspotentials)
 Nachteile der Innenfinanzierung:
 Unzureichende Kontrolle durch externe Kapitalgeber
 Fehlanreize für Investitionen mit geringer Rentabilität

KAPITEL 4: Innenfinanzierung 4.1 Funktion und Formen der Innenfinanzierung


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 58
Quellen der Innenfinanzierungsformen

 Die Innenfinanzierung erfolgt aus dem Cashflow (aus Umsatzerlösen)


 Umsatzerlöse werden in GuV wie folgt „heruntergebrochen“:
Offene
Gewinn (nach Steuern) Selbstfinanzierung
Außerplanmäßige Stille

zahlungswirksam
Abschreibungen Selbstfinanzierung
Planmäßige Finanzierung aus

Nicht
Abschreibungen Abschreibungen
Bildung von Finanzierung aus
Cash Flow aus Rückstellungen Rückstellungen
Umsatzerlösen

Aufwandsgleiche
(pagatorische) Kosten
(z.B. Personalkosten, Keine
Materialkosten, Finanzierungswirkung
Raumkosten)

KAPITEL 4: Innenfinanzierung 4.1 Funktion und Formen der Innenfinanzierung


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 59
Formen der Innenfinanzierung

Innenfinanzierung

Selbstfinanzierung Finanzierung aus Finanzierung aus Finanzierung durch


Abschreibungen Rückstellungen Umschichtungen
Einbehaltung von Gewinnen Desinvestition durch Einbehaltung von Desinvestition durch
Rückführung gebundener Zahlungsmitteln zur Erfüllung Rückführung gebundener
• Offene Selbstfinanzierung Finanzierungsmittel in zukünftiger Verbindlichkeiten Finanzierungsmittel in
• Stille Selbstfinanzierung Zahlungsmittel aus Zahlungsmittel aus der
Umsatzerlösen Veräußerung (illiquider)
Vermögenswerte
(Kapitalfreisetzung)

KAPITEL 4: Innenfinanzierung 4.1 Funktion und Formen der Innenfinanzierung


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 60
Offene Selbstfinanzierung
(Thesaurierung von Gewinnen)

 Offene Selbstfinanzierung erfolgt durch Thesaurierung von ausgewiesenen


Gewinnen und damit aus versteuertem Gewinn bzw. Einkommen.
Aktiva Passiva Aktiva Passiva
Thesaurierung
ö 100 20 ö 100 20
0 ü 0 5 ü 5
80 80
Gewinn = 5
Aktiva Passiva
Ausschüttung ö 100 20
0 ü 0
80

 Nicht zahlungswirksame Erträge (z.B. aus Zuschreibungen, der Auflösung


von Rückstellungen) reduzieren den für die offene Selbstfinanzierung
verwendbaren Gewinn.
 Die Entscheidung über Thesaurierung wird i.d.R. von den Gesellschaftern
getroffen, teilweise gibt es jedoch auch einen gesetzliche Zwang zur
(Teil-)Thesaurierung.
KAPITEL 4: Innenfinanzierung 4.2 Selbstfinanzierung
Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 61
Stille Selbstfinanzierung

 Stille Selbstfinanzierung entsteht, wenn durch Bewertungsmaßnahmen zu


niedrige Gewinne ausgewiesen und dadurch stille Reserven entstehen.
 Stille Reserven entstehen i.W. durch folgende Maßnahmen:
 Unterbewertung von Vermögenswerten (durch erhöhte Abschreibungen)
 Nichtaktivierung aktivierungsfähiger Güter
 Unterlassung von Zuschreibungen
 Überbewertung von Rückstellungen
 Die nicht ausgewiesenen Gewinne stellen ein Finanzierungsvolumen dar.
 Ein Teil der stillen Selbstfinanzierung resultiert daher, dass die
unausgewiesenen Gewinne auch unversteuerte Gewinne sind.
 Zu den gesparten Steuern kommt über die Zeit der Zinsgewinn aus der
(zinslosen) Steuerstundung hinzu.
 Die stillen Reserven sind jedoch bei Auflösung zu versteuern sind, daher
ist diese Finanzierung aus ersparten Steuern befristet.
 Die Möglichkeiten zur stillen Selbstfinanzierung sind in der Praxis wegen
der handels- und steuerrechtlichen Bewertungsvorschriften begrenzt.
KAPITEL 4: Innenfinanzierung 4.2 Selbstfinanzierung
Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 62
Finanzierung aus Abschreibungen
(planmäßige)

 Abschreibungen stellen Aufwand für den Wertverzehr eines


Vermögenswerts dar.
Nicht zahlungs-
Abschreibung Cash
Cash Flow aus wirksam
Umsatzerlösen Sonst.Aufwand
„bleibt übrig“
Gewinn

 Wenn der Wertverzehr dem Unternehmen in Form von Umsatzerlösen


wieder zufließt und diese Mittel nicht für Ersatzinvestitionen reinvestiert
werden müssen, dann stehen diese Mittel dem Unternehmen zur Verfügung.
 Da Abschreibungen als Betriebsausgaben den steuerpflichtigen Gewinn
mindern, stehen die so zugeführten Mittel steuerfrei zur Verfügung.

 (Überhöhte Abschreibungen stellen eine stille Selbstfinanzierung dar und


bleiben hier unberücksichtigt).

KAPITEL 4: Innenfinanzierung 4.2 Finanzierung aus Abschreibungen


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 63
Funktionsweise der Finanzierung aus
Rückstellungen

 Rückstellungen sind für ungewisse Verbindlichkeiten und für drohende


Verluste aus schwebenden Geschäften zu bilden (§ 249 Abs. 1 HGB).
 Beispiele sind Rückstellungen für Gewährleistungen oder für
Pensionszahlungen an Mitarbeiter (Pensionsrückstellungen).
 Die Bildung von Rückstellungen stellt Aufwand dar, die Auflösung von
Rückstellungen führt zu einem Ertrag in entsprechender Höhe.
Nicht zahlungs-
Bildung RSt. Cash
Cash Flow aus wirksam
Umsatzerlösen Sonst.Aufwand
„bleibt übrig“
Gewinn
 Ähnlich wie bei Abschreibungen entsteht ein Finanzierungseffekt, wenn
die Aufwendungen für Rückstellungen in Form von Umsatzerlösen dem
Unternehmen zufließen.
 Den Rückstellungen entsprechen zukünftige Zahlungsverpflichtungen (=
FK), daher handelt es sich um Innenfinanzierung durch Fremdkapital
 Die Nettofinanzierungswirkung dieser Finanzierungsform resultiert wie bei
der stillen Selbstfinanzierung aus der Steuerstundung.
KAPITEL 4: Innenfinanzierung 4.3 Finanzierung aus Rückstellungen
Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 64
Pensionsrückstellungen

 Veränderung Pensionsrückstellung in Periode t+1:


Neue Verpflichtungen kommen hinzu

1+ ∗ Bestehende Verpflichtung wird verzinst


Geleistete Auszahlungen reduzieren die

Verpflichtungen

 Die Bildung von Rückstellungen ist erfolgswirksam.


 Die Auszahlung ist insgesamt erfolgsneutral ist, weil der
erfolgswirksamen Auszahlung die erfolgswirksame Auflösung der
Rückstellung gegenübersteht.
Aktiva Passiva
Auszahlung

KAPITEL 4: Innenfinanzierung 4.3 Finanzierung aus Rückstellungen


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 65
Formen der Vermögensumschichtung

 Die zuvor beschriebenen Innenfinanzierungsformen basieren auf der


Verwendung von (liquiden) finanziellen Mitteln aus Umsatzerlösen.
 Unabhängig vom Umsatzprozess können aber auch durch
Umschichtungen im Vermögen liquide Mittel freigesetzt werden:
 Veräußerung nicht betriebsnotwendiger Vermögenswerte
 Reduzierung des Forderungsbestands durch die Verkürzung von Zahlungszielen
oder den Verkauf von Forderungen (Factoring)
 Reduzierung der Vorratshaltung
 Sale-and-Lease-Back
 In allen genannten Fällen besteht eine starke Abhängigkeit vom
leistungswirtschaftlichen Bereich.
 Durch den Verkauf von Vermögenswerten kommt es möglicherweise zur
Aufdeckung von stillen Reserven und damit zu einem Wechsel von der
stillen zur offenen Selbstfinanzierung.

KAPITEL 4: Innenfinanzierung 4.3 Finanzierung durch Vermögensumschichtung


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 66
Sale-and-Lease-Back

Kaufpreis
Verkauftes Objekt

Unternehmen Sale-and- Leasinggeber


Lease-Back
least zurück tlw. mit
Rückkaufoption
Miete

 Beispiel: Gebäude mit 2 Mio. € Buchwert und 3 Mio. € Marktwert. Effekte


für den Verkäufer:
 Gewinn von 1 Mio. € vor Steuer
 Anlagevermögen reduziert sich um 2 Mio. €
 Kasse steigt um 3 Mio. €
 Optional: Schuldentilgung i.H.v. ca. 3 Mio. € (Bilanz wird 3 Mio. € kürzer, EK-
Quote steigt)
 Leasing Rate ist künftig zu zahlen
KAPITEL 4: Innenfinanzierung 4.3 Finanzierung durch Vermögensumschichtung
Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 67
KAPITEL 5
Finanzmärkte und Finanzintermediäre

Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 68


Gliederung, Literatur und Lernziele

Gliederung
5.1 Grundbegriffe
5.2 Primärmärkte
5.3 Sekundärmärkte
5.4 Finanzintermediäre und Finanzaufsicht
Literatur
• Fabozzi, Capital Markets, 5. Aufl. 2015 I.1 und III.8
• Perridon/Steiner/Rathgeber, Finanzwirtschaft der Unternehmung, 15. Auflage 2009, C.I
• Wöhe/Bilstein/Ernst/Häcker, Grundzüge der Unternehmensfinanzierung, 10. Auflage 2009,
Zweiter Abschnitt
Was Sie in diesem Kapitel gelernt haben sollten
• Welche Bedeutung haben Finanzmärkte und Finanzintermediäre?
• Welche Verfahren stehen für die Emission von Wertpapieren zur Verfügung?
• Wie sind Kassa- und Terminbörsen organisiert?
• Welche Formen von OTC-Märkten gibt es?
• Wie sind Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen rechtlich definiert?
• Welche Aufgaben hat die Finanzaufsicht in Deutschland und wie ist sie organisiert?

KAPITEL 5: Finanzmärkte und Finanzintermediäre


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 69
Rolle der Finanzwirtschaft

Finanzierung,
Bewertung
Realwirtschaft Finanzwirtschaft
Rückflüsse, Bewert-
ungsänderung

Realkapital Finanzkapital
 Resourcen und Güter  Vertragliche Rechte
bzgl. zukünftiger
Zahlungsströme

 Finanzkapital wird an
Finanzmärkten gehandelt

KAPITEL 5: Finanzmärkte und Finanzintermediäre 5.1 Grundbegriffe


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 70
Aufgaben der Finanzmärkte

stellt liquide
Mittel bereit

Kapitalgeber Finanzmarkt Kapitalnehmer

Erhält Beteiligung, Rück-


zahlung, Entgelt, o.ä.

1. Zusammenführung von Kapitalangebot (durch Kapitalgeber) und


Kapitalnachfrage (durch Kapitalnehmer)
2. Effiziente Kapitalallokation, d.h. sicherstellen, dass Kapital in die
chancenreichsten Projekte fließt.
3. Preisfindung/Informationsfunktion, Laufende Bewertung von
Unternehmen und Risiken
4. Risikotransfer, Risiken können separiert und weitergegeben werden

KAPITEL 5: Finanzmärkte und Finanzintermediäre 5.1 Grundbegriffe


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 71
Transformationsfunktion der Finanzmärkte

 Kapitalgeber und Kapitalnehmer haben oft unterschiedliche


Präferenzen:
Geringe Hohe
Anlagevolumen Anlagevolumen
Haushalte Unternehmen
Präferieren kurzfristige langfristige investieren mit
beim Sparen/ Verfügbarkeit Kapitalbindung …
Entsparen …
Geringes Risiko Riskante
Rückflüsse

 Finanzmarkt übernimmt entsprechende Transformationsfunktion:

Finanzmarkt
• Größentransformation
• Fristentransformation
Kapitalgeber Kapitalnehmer
• Risikotransformation
• Informationstransformation
• Räumliche Transformation

KAPITEL 5: Finanzmärkte und Finanzintermediäre 5.1 Grundbegriffe


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 72
Was ist förderlich für den Handel an
Finanzmärkten?

 Liquidität der Märkte/Instrumente:


 kurzfristige Handelbarkeit bzw. Veräußerbarkeit gegen Cash ohne größere
Wertabschläge
 Standardisierung:
 Erhöht die Einfachheit und Vergleichbarkeit
 Information:
 Relevante Informationen sollten frei, schnell und kostengünstig verfügbar sein
 Begrenzte Haftung:
 Verluste sind auf das eingesetzte Kapital beschränkt

KAPITEL 5: Finanzmärkte und Finanzintermediäre 5.1 Grundbegriffe


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 73
Wichtige Klassifikationen von Teilmärkten

 Anlass:
 Primärmarkt (Emissionsmarkt): Ausgabe neuer Finanzinstrumente
 Sekundärmarkt (Umlaufmarkt): Handel von schon emittierten Finanzinstrumenten
 Kapitalart:
 Fremdkapital: Anleihen
 Eigenkapital: Aktien
 Laufzeit:
 Geldmarkt: Laufzeiten bis ca. ein Jahre
 Kapitalmarkt: Laufzeiten größer als ein Jahr
 Organisationsgrad:
 Börse: Institutionalisierung, Standardisierung, Aufsicht, Transparenz, Sicherheit
 OTC-Markt: Individuelle Vereinbarungen zwischen den handelnden Parteien
 Gattung:
 Kassamarkt: Handel von Kassainstrumenten
 Terminmarkt: Handel von Termingeschäften (Derivaten)
KAPITEL 5: Finanzmärkte und Finanzintermediäre 5.1 Grundbegriffe
Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 74
Rolle der Finanzintermediäre

 Finanzintermediäre sind Institutionen, die verschiedene Aufgaben bei der


Zusammenführung von Kapitalangebot und -nachfrage übernehmen.
Finanzintermediäre

Kapitalgeber Finanzmärkte Kapitalnehmer

Finanzintermediäre
Quelle: Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber, Bankbetriebslehre, 4. Auflage, Berlin Heidelberg 2007

 Beispiele: Banken, Fondsgesellschaften, Versicherungen,...


 Intermediäre unterstützen die Transformationsfunktion der Finanzmärkte
 Aufgaben von Finanzintermediären:
 Schaffung von Liquidität
 Erleichterung der Partnersuche (Losgrößen- und Fristentransformation)
 Senkung des Informationsbedarfs
 Risikostreuung
KAPITEL 5: Finanzmärkte und Finanzintermediäre 5.1 Grundbegriffe
Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 75
Primärmarkt (I)
Emissionsarten: 1. Underwriting-Verfahren

 Underwriting: Platzierung der Wertpapiere durch Investmentbanken


(Konsortium):
Investor
Investmentbank Investor
Emittentin
(Konsortium) Investor
Investor

 Aufgaben der Investmentbanken:


 Unterstützung bei Preisfindung, Timing, Ausgestaltung der Emission
 Vermarktung
 ggf. Börseneinführung
 ggf. Market-Making (im Sekundärmarkt)
 Arten des Kommitments
 Übernahmekonsortium („firm commitment“): das Konsortium kauft die Wertpapiere
und platziert diese auf eigene Rechnung und eigenes Risiko bei Investoren.
 Begebungskonsortium („best-efforts arrangement“): das Konsortium platziert die
Wertpapiere im Auftrag sowie auf Rechnung und Risiko der Emittentin.

KAPITEL 5: Finanzmärkte und Finanzintermediäre 5.2 Primärmärkte


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 76
Primärmarkt (II)
Emissionsarten: 2. Auktion/Tenderverfahren

 Auktion/Tenderverfahren: Wertpapiere werden (öffentlich) zur Zeichnung


angeboten und den Bietern abhängig von den jeweiligen Geboten
zugeteilt.
Intermediär / Investor
Emittentin
Intermediär / Investor

 Dutch Auction (z.B. Google-IPO 2004)


 Investoren übermitteln Angebote (Volumen und Kurs).
 Emissionspreis = maximaler Preis, so dass alle angebotenen Wertpapiere verkauft
werden (Einheitlicher Emissionspreis).
 American Auction (z.B. Emission von Bundeswertpapieren):
 Investoren übermitteln Angebote (Volumen und Kurs).
 Gebote über dem niedrigsten akzeptierten Kurs werden zu dem individuellen
Gebot voll zugeteilt, Gebote gehen leer aus. (Verschiedene Emissionspreise)

KAPITEL 5: Finanzmärkte und Finanzintermediäre 5.2 Primärmärkte


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 77
Beispiel für eine IPO-Auktion

Beispiel Bei einem IPO sollen 30 Mio. Aktien in einer Dutch Auction verkauft werden. Wie hoch ist
der Emissionspreis?

KAPITEL 5: Finanzmärkte und Finanzintermediäre 5.2 Primärmärkte


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Sekundärmarkt: Zwei Grundformen

Börsen: OTC (Over-the-counter):


 Strukturierter Handel  Informeller Handel unter Marktteilnehmern
 Maßgeschneiderte Instrumente
 Standardisierte Instrumente
 Quote-drivenmarket
 Order-driven-market
 Weniger reguliert
 Reguliert
 Privat
 Öffentliche Information
 Sehr große Volumina

KAPITEL 5: Finanzmärkte und Finanzintermediäre 5.3 Sekundärmärkte


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 79
Preisfindung am Sekundärmarkt
Auktionen

 An einem Auktionsmarkt (order-driven market)


werden die Kurse durch das Matching von Kauf- und
Verkaufsorders ermittelt.

 Die Auktionen können entweder periodisch zu bestimmten Zeitpunkten


oder fortlaufend ausgeführt werden.

KAPITEL 5: Finanzmärkte und Finanzintermediäre 5.3 Sekundärmärkte


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 80
Preisfindung gemäß
Meistausführungsprinzip
Beispiel 5-2

Meistausführungsprinzip: Der Kurs wird so bestimmt, dass der größte Umsatz zustande kommt.

Gegeben ist das folgende Orderbuch. Welcher Kurs maximiert den Umsatz?

Kaufaufträge Limit Verkaufsaufträge Limit


200 billigst 300 bestens
400 123 200 119
100 122 300 121
300 121 500 122
400 120 100 124

Kurs Kaufaufträge Verkaufsaufträge Umsatz


119
120
121
122
123
124

KAPITEL 5: Finanzmärkte und Finanzintermediäre 5.3 Sekundärmärkte


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Banken
Zwei Arten von Bankgeschäften

Commercial Banking
 Einnehmen von Einlagen und Vergabe von Krediten
 Teilweise Refinanzierung von Krediten über Kapitalaufnahme am
Kapitalmarkt (Emission von Anleihen)
 Zinsdifferenz zwischen Zinseinnahmen und –ausgaben wird verdient

Investment Banking
 Unterstützung von Emittenten bei der Kapitalaufnahme (Fremd- oder
Eigenkapital)
 Handel mit Wertpapieren (Market Making)
 Merger and Aquisition Beratung

KAPITEL 5: Finanzmärkte und Finanzintermediäre 5.4 Finanzintermediäre und Finanzaufsicht


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 82
Commercial Banking

Bilanz einer Bank Ende 2016 (in Mio. EUR)


Aktiva Passiva
Kasse 5 Einlagen 90
Liquide Wertpapiere 10 Nachrangdarlehen 5
Darlehen 80 Eigenkapital 5
Anlagevermögen 5
Summe 100 Summe 100

Gewinn- und Verlustrechnung 2016 (in Mio. EUR)


Netto-Zinseinnahmen 3,0 Zinseinnahmen Darlehen 4,0 5%
Kreditverluste -0,8 Liquide Wertpapiere 0,3 3%
Sonstige Einnahmen 0,9 Zinsausgaben Einlagen -1,0 1,11%
Sonstige Ausgaben -2,5 Nachrangdarlehen -0,3 6%
Gewinn vor Steuern 0,6 Netto-Zinseinnahmen 3,0

Risiken:  Kreditrisiko: Kreditausfälle (z.B. 4,0 statt 0,8)


 Zinsrisiko: Einlagenzins steigt an (z.B. 5,0% statt 1,11%)
 Liquiditätsrisiko: Größere Entnahmen von Einlagen
 Wie entwickelt sich jeweils das Eigenkapital? Wie sähe das bei einer
Bank mit EK = 1 Mio. und Einlagen 94 Mio. aus?
KAPITEL 5: Finanzmärkte und Finanzintermediäre 5.4 Finanzintermediäre und Finanzaufsicht
Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 83
Investment Banking

Emission von Wertpapieren: Beispiel: Unternehmen möchte 50 Mio. Aktien


an den Markt bringen. Der Zielpreis beträgt 30 EUR. Zwei Möglichkeiten:
1) best-efforts-arrangement: Provision = 0,3 EUR pro Aktie
2) firm-commitment: Übernahme der Anteile für 30 EUR je Aktie
Abhängig vom erzielten Verkaufspreis ergibt sich folgender Gewinn/Verlust
für die Bank:
Gewinn Gewinn
Verkaufspreis best-efforts firm-commitment
29 15 Mio. -50 Mio.
32 15 Mio. 100 Mio.

Handel von Wertpapieren: Es gibt primär drei Gründe, weshalb Banken


Wertpapier-Handel betreiben
1) Anforderungen von Geschäftspartnern (u.a. Market Making)
2) Reduzierung der eigenen Risiken
3) Eigenhandel
KAPITEL 5: Finanzmärkte und Finanzintermediäre 5.4 Finanzintermediäre und Finanzaufsicht
Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 84
Eigenkapitalanforderungen und
Einlagensicherung

Eigenkapitalanforderungen:
 Die Regulierungsbehörden stellen Minimum-Anforderung an das
Eigenkapital das eine Bank vorhalten muss.

Einlagensicherung:
 Viele Länder (u.a. Deutschland) haben vorgeschriebene
Einlagensicherungs-systeme oder sogar staatliche Garantien für Einlagen,
um das Vertrauen in das Bankensystem zu stärken.

KAPITEL 5: Finanzmärkte und Finanzintermediäre 5.4 Finanzintermediäre und Finanzaufsicht


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 85
Investmentfonds und Versicherungen

 Investmentfonds und Versicherungen zählen als Kapitalsammelstellen zu


den bedeutendsten Akteuren am Kapitalmarkt (institutionelle Anleger).
 In deutschen Investmentfonds waren per Ende 2015 ca. 2,6 Bio. €
investiert (Quelle: BVI).
 Investmentfonds werden durch Kapitalanlagegesellschaften aufgelegt.
 Der Kapitalanlagebestand der Versicherungsunternehmen betrug Ende
2015 mehr als 1,5 Bio. € (Quelle: GDV).
 Das Kapital der Anleger ist durch rechtliche Bestimmungen
(Sondervermögen resp. Sicherungsvermögen) vom restlichen
Vermögen der Unternehmen getrennt und damit auch im Insolvenzfall
geschützt.
 Die Anlagepolitik ist durch entsprechende Gesetze (Investmentgesetz,
Versicherungsaufsichtsgesetz) und Verordnungen reguliert.

KAPITEL 5: Finanzmärkte und Finanzintermediäre 5.4 Finanzintermediäre und Finanzaufsicht


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 86
Aufgaben der Finanzaufsicht

 Aufgrund der volkswirtschaftlichen Bedeutung eines funktionierenden


Finanzsystems unterliegen Kreditinstitute, Versicherungen und andere
Finanzdienstleister in ihrer Geschäftstätigkeit zahlreichen Vorschriften.
 Die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften und die Zulassungen für
genehmigungspflichtige Dienstleistungen obliegt einer Finanzaufsicht.
 In Deutschland verfolgt die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
(BaFin) das Ziel, ein funktionsfähiges, stabiles und integres deutsches
Finanzsystem zu gewährleisten.
 Zur Erfüllung dieses Ziels nimmt sie u.a. die folgenden Aufgaben wahr:
 Solvenzaufsicht: Sicherung der Zahlungsfähigkeit von Banken,
Finanzdienstleistungsinstituten und Versicherungsunternehmen
 Marktaufsicht: Durchsetzung von Verhaltensstandards zur Gewährleistung fairer
und transparenter Verhältnisse an den Finanzmärkten
 Verbraucher- und Anlegerschutz
 In Deutschland (BaFin): Banken-, Versicherungs- und Pensionsfonds-
sowie Wertpapieraufsicht
KAPITEL 5: Finanzmärkte und Finanzintermediäre 5.4 Finanzintermediäre und Finanzaufsicht
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KAPITEL 6
Finanzinstrumente

Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 88


Gliederung, Literatur und Lernziele

Gliederung
6.1 Grundbegriffe
6.2 Eigenkapitalinstrumente
6.3 Fremdkapitalinstrumente

Was Sie zusätzlich lesen sollten


• Perridon/Steiner/Rathgeber, Finanzwirtschaft der Unternehmung, 15. Auflage 2009, D.II
• Wöhe/Bilstein/Ernst/Häcker, Grundzüge der Unternehmensfinanzierung, 10. Auflage 2009,
Zweiter Abschnitt

Was Sie in diesem Kapitel gelernt haben sollten


• Wie lassen sich Finanzinstrumente definieren?
• Wie kann man Eigenkapitalinstrumente differenzieren?
• Welche Formen von Fremdkapitalinstrumenten stehen am Markt zur Verfügung?
• Was sind Derivate?

KAPITEL 6: Finanzinstrumente
Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 89
Aufgaben von Finanzinstrumenten

 Investition/Kapitalanlage: Kapital, das aktuell nicht gebraucht wird, wird


am Finanzmarkt angelegt, um bestimmte Ziele zu erreichen, z.B.
Vermögensvermehrung. Beispiele:
 Endverbraucher (Sparer)
 Versicherung
 Unternehmen mit betrieblicher Altersvorsorge
 Spekulation: Positionierung für bestimmte, antizipierte
Marktentwicklungen. Beispiele:
 taktisches Portfoliomanagement
 Hedgefonds
 Absicherung: Reduktion der Risiken aus bestimmten Aktivitäten durch
Weitergabe an den Finanzmarkt. Beispiele:
 Banken steuern so z.B. ihre Zinsrisiken
 Realwirtschaft z.B. ihre Währungsrisiken

KAPITEL 6: Finanzinstrumente 6.1 Grundbegriffe


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 90
Arten von Finanzkapital und
Finanzinstrumenten
Eigenkapital Fremdkapital
(Beteiligung) (Forderungen)

Öffentlicher Aktien Anleihen


Handel
Hybride,
Derivate
Privates Kapital,
eingeschränkte Kredit/
Private Equity
Handelbarkeit Darlehen

KAPITEL 6: Finanzinstrumente 6.1 Grundbegriffe


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 91
Eigenkapitalinstrumente

 Kapitalüberlassung in der Regel unbefristet


 Gewinn- und Verlustbeteiligung
 vom Unternehmenserfolg abhängiger Zahlungsanspruch (Residualanspruch)
 Leitungs- bzw. Mitspracherechte
 Zahlungsströme: …
= Kaufpreis
= Dividende
= Verkaufspreis

 Gewinnmöglichkeit für Anleger durch:


 Unternehmen schütten einen Anteil des Gewinns als Dividende aus
 Wertzuwachses der Aktie
 Beides ist unsicher
 Handelbarkeit: Nur Anteile an Kapitalgesellschaften sind übertragbar.
 GmbH-Geschäftsanteile werden nur außerbörslich übertragen.
 Anteile (Aktien) von AG können an Wertpapiermärkten gehandelt werden.
KAPITEL 6: Finanzinstrumente 6.2 Eigenkapitalinstrumente
Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 92
Stamm- und Vorzugsaktien

 Stammaktien
 gewähren dem Inhaber sämtliche Aktionärsrechte gem. AktG
 insbesondere das Stimm- und Auskunftsrecht in der Hauptversammlung sowie
 einen Anspruch auf den anteiligen Bilanzgewinn.
 Vorzugsaktien
 gewähren bestimmte Vorrechte gegenüber Stammaktien, z.B. bei der
Gewinnverteilung (höhere Dividende)
 oder im Fall der Liquidation: Vorrang vor Stammaktien.
 Im Gegenzug gilt bei Vorzugsaktien i.d.R. ein Ausschluss des Stimmrechts.

KAPITEL 6: Finanzinstrumente 6.2 Eigenkapitalinstrumente


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 93
Beispiel: Übernahmekampf Porsche –
Volkswagen

KAPITEL 6: Finanzinstrumente 6.2 Eigenkapitalinstrumente


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 94
Fremdkapitalinstrumente

 Kapitalüberlassung befristet
 Keine Gewinn- und Verlustbeteiligung (Ausnahme Insolvenz/Liquidation)
 Keine Leitungs- bzw. Mitspracherechte (Ausnahme Insolvenz/Liquidation)
 Vertragliches Recht auf vereinbarte Zahlungsströme
 Zahlungsströme einer
Standardanleihe …
= Ausgabepreis
= Kupon
= Kupon + Rückzahlung Nennwert

 Der Kupon/Zins ist das Entgelt für die Kapitalüberlassung.


 Am Ende der Laufzeit (Fälligkeit) erfolgt Rückzahlung des Kapitals (Nennwert)
 Verschiedene Formen:
 Feste Verzinsung oder variable Verzinsung
 Rückzahlung des Kapitals über die Laufzeit oder am Ende
 Handelbar (z.B. Anleihe) oder nicht handelbar (z.B. Darlehen)
KAPITEL 6: Finanzinstrumente 6.3 Fremdkapitalinstrumente
Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 95
Darlehen und Anleihen

 Darlehen: (eine der wichtigsten langfristigen FK-Finanzierungen)


 Darlehensgeber ist verpflichtet zur Auszahlung des vereinbarten Geldbetrags, der
Darlehensnehmer zur Zahlung der Zinsen und zur Rückzahlung des Darlehen
 Vertrag zwischen Darlehensnehmer (Kapitalnehmer) und Darlehensgeber
(Kapitalgeber). Es ist kein Wertpapier und nicht handelbar.
 Kapitalgeber sind meist Kreditinstitute, aber z.B. auch Versicherer.
 Anleihe (Inhaberschuldverschreibung):
 Verbriefte langfristige Fremdfinanzierungsinstrumente d.h. handelbar.
 Es gibt eine Vielzahl von Bezeichnungen, z.B. Anleihen, Obligationen,
Pfandbriefe, Notes, Bonds, Renten.
 Der Markt lässt sich z.B. anhand der folgenden Merkmale segmentieren:
 Emittentengruppe (z.B. öffentlicher Sektor, Kreditinstitute, Unternehmen)
 Besicherung (Deckungsmasse, Rang) oder Rating
 Verzinsung (fest, variabel, ohne)
 (Rest-)Laufzeit (kurz-, mittel-, langfristig)
 Währung
KAPITEL 6: Finanzinstrumente 6.3 Fremdkapitalinstrumente
Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 96
Wertpapierumlauf in der EU

Quelle: EZB

KAPITEL 6: Finanzinstrumente 6.3 Fremdkapitalinstrumente


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 97
Derivate

 Ein Derivat ist ein Finanzinstrument, dessen Wert von anderen


Finanzinstrumenten oder Marktvariablen (genannt Underlying) abhängt
 Beispiel: Ein Forward ist die Vereinbarung ein bestimmtes Asset zu einem
festgelegten zukünftigen Zeitpunkt zu einem festgelegten Preis zu kaufen
(zu verkaufen).
Zeitpunkt 0 1
Preis des Assets

Vereinbarung Kauf von


Asset in = 1 zum zum Preis
Preis zu kaufen

 Der Käufer in einem Forward heißt Long, der Verkäufer Short.

Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 98


KAPITEL 7
Anleihebewertung

Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 99


Gliederung, Literatur und Lernziele

Gliederung
7.1 Barwertberechnung
7.2 Bewertung von Anleihen

Was Sie zusätzlich lesen sollten


• Perridon/Steiner/Rathgeber, Finanzwirtschaft der Unternehmung, 15. Auflage 2009, C.II

Was Sie in diesem Kapitel gelernt haben sollten


• Wie werden Bar- und Endwerte berechnet?
• Wie lassen sich Anleihen bewerten?
• Was ist die Rendite einer Anleihe?

KAPITEL 7: Anleihebewertung
Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 100
Der Renditebegriff

 Beispiel 1: Vergleichen Sie die Wertentwicklung von drei Anlagen A, B und


C.
 A steigt in einem Jahr im Wert von 100 auf 105,
 B steigt in einem Jahr im Wert von 200 auf 208
 C in zwei Jahren von 100 auf 109.

( )
 nennt man diskrete Rendite in der Periode .
Die Wertänderung wird in Beziehung gesetzt zum
eingesetzten Kapital .
 Umgestellt gilt:
 Rendite wird annualisiert (auf den Zeithorizont 1 Jahr umgerechnet) durch

 Berechnen Sie die annualisierten Renditen von A, B und C aus Beispiel 1.

KAPITEL 7: Anleihebewertung 7.1 Barwertberechnung


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 101
Beispiel: Apple-Anleihen

KAPITEL 7: Anleihebewertung 7.1 Barwertberechnung


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 102
Beispiel: Bewertung von Anleihen

 In der Regel werden festverzinsliche Instrumente durch Berechnung des


Barwerts unter Verwendung eines Diskontierungszinssatzes bewertet.
 Anleihe: (feste Lauftzeit , konstante jährliche Zinszahlungen/Kupon
und endfällige Rückzahlung)

Zeitpunkt 0 1 2 T

Cashflow +

+
= = + +…+ +
(1 + ) (1 + ) (1 + ) (1 + ) (1 + )

Beispiel: Nennwert 100, Laufzeit 2 Jahre, Kupon 5% pro Jahr,


Diskontierungszins 10%

KAPITEL 7: Anleihebewertung 7.1 Barwertberechnung


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 103
Zinssätze und Preise

 Zwei Arten von Zinssätzen:


a) vertraglicher Zinssatz einer bestimmten Anleihe (fest über gesamte Laufzeit)
b) Markt-Zinssatz von ähnlichen Anleihen, die neu an den Markt gebracht werden
(ändert sich von Tag zu Tag)
 Der Erste ( ) wird benutzt, um die Cashflows der Anleihe zu berechnen,
der zweite ( ) wird benutzt, um den Wert der Anleihe zu berechnen.
 Zinssätze (im Sinne von b)) ändern sich in der Zeit.
Zinssätze von deutschen Staatsanleihen (Laufzeit 4 und 10 Jahre)
 Zinssätze hängen ab von:
• Inflation
• Laufzeit
• Kreditwürdigkeit des
Schuldners (rating)

KAPITEL 7: Anleihebewertung 7.1 Barwertberechnung


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 104
Rating-Kategorien von Rating Agenturen
S&P Moody‘s
 Rating-Kategorien von Standard & Poor‘s (S&P) AAA Aaa

und Moody‘s AA+ Aa1


AA Aa2
 Aaa / AAA (Triple A) ist das höchste Rating, nach AA- Aa3

unten hin nimmt die Kreditwürdigkeit ab A+ A1


A A2
A- A3

Investment Grade BBB+ Baa1


BBB Baa2
BBB- Baa3
BB+ Ba1
BB Ba2
BB- Ba3
B+ B1

Non-Investment Grade / B B2
B- B3
Speculative Grade
CCC+ Caa1
CCC Caa2
CCC- Caa3
CC Ca
C
Ausfall von Zahlungen D C

KAPITEL 7: Anleihebewertung 7.1 Barwertberechnung


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 105
Marktrenditen und Preise

 Problem: Was ist der passende Zinssatz ?


 Möglichkeit 1: Verzinsung von vergleichbarem Finanzinstrument
heranziehen
 Möglichkeit 2: Wähle so dass der aktuelle Preis mit dem Barwert
übereinstimmt

 Bei einer Anleihe heißt die Zahl so dass gilt:


Rendite oder yield-to-maturity

KAPITEL 7: Anleihebewertung 7.2 Bewertung von Anleihen


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 106
Bewertung einer Anleihe mit der Rendite

Beispiel 7-2
Gegeben sei eine Anleihe mit vier Jahren Laufzeit, einem Kupon von 10% und einem Nennwert
(Nominale) von 100 EUR.
1) Berechnen Sie den Preis (Barwert) der Anleihe unter Verwendung der Diskontierungszinsen
(Renditen) 9%, 10% und 11%
2) Ziehen Sie daraus Schlussfolgerungen für den Preis einer Anleihe in den folgenden drei Fällen:
a) Kupon > Rendite
b) Kupon = Rendite
c) Kupon < Rendite

3) Angenommen die Anleihe wird zu 100 emitiert und einen Moment später steigt die Rendite auf
11%. Wie hoch ist der neue Preis?

KAPITEL 7: Anleihebewertung 7.2 Bewertung von Anleihen


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 107
Eigenschaften von Preisen und Renditen

 Preis und Rendite einer Anleihe entwickeln sich gegenläufig, d.h.


steigende Renditen implizieren fallende Preise und umgekehrt.
Preis
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Anleihe

Rendite

 Renditeschwankungen sind das primäre Risiko bei Anleihen.


 Da eine Anleihe bei Fälligkeit zum Nennwert zurückbezahlt wird, nähert
sich der Preis zum Laufzeitende dem Wert 100 (Pull-to-Par-Effekt).
 Wird die Anliehe also bis zur Fälligkeit gehalten, besteht kein Preisrisiko.
 Anleihen lassen sich allgemein wie folgt charakterisieren:
 < 100: Anleihe notiert unter pari (Kupon < Rendite)
 = 100 : Anleihe notiert zu pari (Kupon = Rendite)
 > 100 : Anleihe notiert über pari (Kupon > Rendite)
KAPITEL 7: Anleihebewertung 7.2 Bewertung von Anleihen
Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 108
Stückzinsen

 Zinsen sind das Entgeld für eine befristete Kapitalüberlassung.


 Beispiel: Anleihe mit 4% Kupon, zwei Jahren Laufzeit und jährlicher
Zinszahlung 4 104

Monat 12 24

100 3 9

Angenommen der Investor verkauft die Anleihe nach 15 Monaten. Welchen


Preis zahlt der Käufer?
 Bei Verkauf vor Fälligkeit, hat der Verkäufer für die laufende Zinsperiode
einen Anspruch auf die bis zum Verkauf aufgelaufenen anteiligen Zinsen
(Stückzinsen). Im Beispiel zahlt der Käufer
 Der Barwert einer Anleihe wird als Dirty Price bezeichnet. Der Clean
Price ist: Clean Price = Dirty Price – Stückzinsen
 Der Käufer zahlt effektiv den Dirty Price, aber am Markt werden die Preise
üblicherweise als Clean Price notiert.
KAPITEL 7: Anleihebewertung 7.2 Bewertung von Anleihen
Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 109
Clean Price und Dirty Price

Beispiel 7-3
Gegeben ist eine Anleihe mit einem Kupon von 4,5% p.a., jährlicher Zinszahlung.
Wie hoch sind die Stückzinsen (in Prozent), wenn seit der letzten Kuponzahlung drei Monate
vergangen sind?
Welcher Dirty Price ergibt sich für die Anleihe bei einer Restlaufzeit von 4,75 Jahren, wenn der
Diskontierungszinssatz 5% beträgt?
Wie hoch ist der Clean Price zu diesem Zeitpunkt?

KAPITEL 7: Anleihebewertung 7.2 Bewertung von Anleihen


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 110
Zerobonds (Diskontpapiere)

 Ein Zerobond ist eine Anleihe mit fester Laufzeit und fester Rückzahlung
ohne laufende Zinszahlung (Kupon). Zerobonds werden mit
Ausgabekurs < 100 emittiert und zum Nennwert 100 zurückbezahlt. Die
Verzinsung entsteht aus der Differenz zwischen Kaufkurs und
Rückzahlungskurs.

P 100

Zeitpunkt 0 t

 Für einen Zerobond gilt: ( )


(Barwert)

 Für die Rendite gilt und für die annual. Rendite
 Beispiel: RLZ in J. Rendite Kurs
Zerobond 1 0,5 ? 99,5
Zerobond 2 1 0,015 ?
Zerobond 3 1 0,025 ?
KAPITEL 7: Anleihebewertung 7.2 Bewertung von Anleihen
Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 111
KAPITEL 8
Aktienbewertung

Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 112


Gliederung, Literatur und Lernziele

Gliederung
8.1 Überblick
8.2 Fundamentalanalyse
8.3 Technische Analyse

Was Sie außerdem lesen sollten


• Steiner/Bruns, Wertpapiermanagement, 7. Auflage 2000, Kap. 4
• Perridon/Steiner/Rathgeber, Finanzwirtschaft der Unternehmung, 15. Auflage 2009, C.III

Was Sie in diesem Kapitel gelernt haben sollten


• Wie lassen sich faire Aktienkurse mit Hilfe der Fundamentalanalyse bestimmen?
• Welche Zielsetzungen verfolgt die technische Aktienanalyse?

KAPITEL 8: Aktienbewertung
Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 113
Aktien weisen hohe Volatilität auf, aber auch
hohe Renditechancen

Wertentwicklung des DAX 01.01.2014 – 30.12.2016

+30,8%
6,7% p.a.

-29,2%

Quelle: Onvista

KAPITEL 8: Aktienbewertung 8.1 Überblick


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 114
Problemstellung

 Die Rendite eines Aktien-Investments besteht (wie bei anderen


Investments auch) i.W. aus zwei Komponenten:
 Laufende Erträge durch Ausschüttungen (z.B. Dividenden)
 Kurssteigerung
 Da Aktien anders als Fremdkapitalinstrumente keine vertraglichen
Zahlungsansprüche bieten, ist es wichtig Kurssteigerungen und
Ausschüttungen (Dividenden) zu schätzen.
 Die Aktienanalyse versucht Einflussfaktoren für den Aktienkurs und
damit das Potential für zukünftige Kurssteigerungen zu identifizieren.

KAPITEL 8: Aktienbewertung 8.1 Überblick


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 115
Preisbildung durch Angebot und Nachfrage
erfordert Bewertung der Aktien

(1) Aktienanalyse

Fundamentalanalyse Technische Analyse

(2) Angebot und Nachfrage Order (Kauf oder Verkauf)

Markt
Primärmarkt Sekundärmarkt

(3) Preisbildung

Kurs

KAPITEL 8: Aktienbewertung 8.1 Überblick


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 116
Fundamentalanalyse
Zielsetzung und Vorgehen

 Idee: Der Marktpreis einer Aktie ist nicht mit dem wahren (inneren) Wert
identisch., aber er schwankt um den inneren Wert.
 Problem: Der wahre Wert ist nicht beobachtbar, im Gegensatz zum
Marktpreis.
 Ziel: Finde den inneren / fairen Wert einer Aktie aus Finanzkennzahlen,
Unternehmensdaten sowie gesamtwirtschaftlichen Daten.

Quelle: Steiner/Bruns

KAPITEL 8: Aktienbewertung 8.2 Fundamentale Aktienanalyse


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 117
Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV)

 Eine einfache, aber häufig verwendete Kennzahl in der (fundamentalen)


Aktienanalyse ist das Kurs-Gewinn-Verhältnis (price-earnings ratio):
K
KGV 
G

wobei K der Aktienkurs und G der Gewinn pro Aktie ist. Aktien mit hohem
KGV sind nach dieser Methode teuer, solche mit niedrigem KGV günstig.
 Den Kehrwert des KGV nennt man Gewinnrendite y:
1 G
y 
KGV K
 Sie gibt an, mit welchem Prozentsatz das Kapital verzinst würde, unter der
Annahme, dass der aktuelle Gewinn pro Aktie ewig konstant bliebe.
 Schwierigkeiten:
 Unternehmen ohne Gewinn
 Vergleichbarkeit?

KAPITEL 8: Aktienbewertung 8.2 Fundamentale Aktienanalyse


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 118
Dividendenmodell

 Im Dividendenmodell (dividend discount model) wird der Barwert aller


zukünftigen Ausschüttungen an die Aktionäre als der „innere Wert“ des
Eigenkapitals interpretiert:
Dt
P const  
t 1 1  y 
t

 Fragen:
1. Welche Rolle spielen die Gewinne des Unternehmens? Wieviel wird
ausgeschüttet?
2. Wie lassen sich die künftigen Gewinne / Dividenden angemessen
prognostizieren?
3. Welches ist der angemessene Diskontierungszins?

KAPITEL 8: Aktienbewertung 8.2 Fundamentale Aktienanalyse


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Dividendenmodell mit konstantem
Wachstum

 Da die Höhe der Ausschüttungen nicht kontraktbestimmt ist, müssen


Annahmen über die Dividendenentwicklung getroffen werden.
 Unter der Annahme einer konstanten Dividende D gilt:
D
P const 
y

 Bei einem konstanten Wachstum g der Dividenden gilt


D(1  g )t i D
P growth
 P growth 
t 1 1  y t yg

wobei D die Dividende in t=1 (d.h. z.B. in einem Jahr) bezeichnet.

 Der „innere“ Wert des Eigenkapitals steigt mit zunehmender


Wachstumsrate. (Für den ökonomisch unsinnigen Fall g > y, erhält man
keine Lösung).

KAPITEL 8: Aktienbewertung 8.2 Fundamentale Aktienanalyse


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Fundamentalanalyse

Beispiel 8-1
Die folgenden Daten eines Unternehmens sind gegeben:
Aktienkurs: 16 €
Gewinn pro Aktie: 1€
Dividende: 0,50 €
Erwartete Rendite: 8%
Wachstumsrate: 5%
(Gewinn und Dividende sind Schätzungen für das Jahresende).
Welches KGV ergibt sich aus diesen Daten?
Welche inneren Werte des Eigenkapitals ergeben sich bei Anwendung des Dividendenmodells ohne
Wachstum bzw. mit konstanter Wachstumsrate?
Ist die Aktie fair bewertet?

KAPITEL 8: Aktienbewertung 8.2 Fundamentale Aktienanalyse


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Rendite

 Das Ergebnis hängt maßgeblich von der Wahl der „richtigen“ Rendite y ab,
die nicht mit dem Kapitalmarktzinssatz i verwechselt werden sollte.
 Aufgrund der Unsicherheit der Zahlungen werden risikoaverse Investoren
eine Risikoprämie verlangen, so dass gilt: y > i

KAPITEL 8: Aktienbewertung 8.2 Fundamentale Aktienanalyse


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10-Minuten-Test: Aktienvergleich

Gegeben sind die folgenden Kennzahlen für die Aktien der BASF SE und der Bayer AG (Quelle:
Thomson Reuters EIKON, Geschäftsberichte):
BASF SE Bayer AG
Aktien im Umlauf 918.478.694 826.947.808
Kurs 31.12.2016 88,31 € 99,13 €
Ergebnis pro Aktie 4,42 € 5,44 €
Dividende pro Aktie (aktuell) 3,00 € 2,70 €
Buchwert je Aktie 34,63 € 36,68 €
Dividendenwachstum (jährlich) 3,71 % 10,35 %
Kalkulationszinssatz 8,7 % 9,2 %

Sind die beiden Aktien zum jeweiligen Kalkulationszinssatz fair bewertet?


Berechnen Sie zur Beantwortung dieser Frage den Preis gemäß Dividendenmodell mit konstantem
Wachstum, das KGV, das Kurs-Buchwert-Verhältnis und die Dividendenrendite.
Welche Aktie ist aus fundamentaler Sicht empfehlenswerter?

KAPITEL 8: Aktienbewertung 8.2 Fundamentale Aktienanalyse


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Technische Analyse
Zielsetzung und Vorgehen

 Idee: Kursverläufe weisen Muster auf, die sich wiederholen (liegt in der
Psychologie der Investoren begründet)
 Ziel: Muster anhand des historischen Kursverlaufs erkennen und
Prognosen über die zukünftige Kursentwicklung zu treffen.
 Die technische Aktienanalyse betrachtet ausschließlich
 Kurse (und Handelsvolumina) und
 ignoriert Fundamentaldaten, wie z.B. Unternehmens-, Branchen- sowie
makroökonomische Daten.
 Technische Aktienanalysten arbeiten mit Kursgrafiken (Charts) und
versuchen, bestimmte Muster in den Kursverläufen zu entdecken
 Gebräuchliche Verfahren der technischen Aktienanalyse sind die
Trendanalyse und die Analyse von Formationen.

KAPITEL 8: Aktienbewertung 8.3 Technische Aktienanalyse


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Aufgaben

Aufgabe 8-1
Die MainStar AG zahlt aktuell eine jährliche Dividende von 1 € pro Aktie. Die nächste Dividende wird
in einem Jahr gezahlt. Es wird ein Dividendenwachstum von 4 % p.a. unterstellt.
a) Berechnen Sie die erwarteten Dividendenzahlungen für die nächsten drei Jahre.
b) Wie hoch ist der „faire“ Wert der Aktie bei einer erwarteten Rendite von 12 % p.a.? Wie hoch
wäre das aktuelle Kurs-Gewinn-Verhältnis, wenn die Aktie fair bewertet wäre und der Gewinn in
voller Höhe ausgeschüttet würde?
c) Wie hoch ist der erwartete Aktienkurs in drei Jahren?
d) Wenn Sie planen, die Aktie drei Jahre lang zu halten, welche Zahlungen können Sie erwarten?
Wie hoch ist der Barwert der Zahlungsreihe unter Verwendung der erwarteten Rendite aus b)?
Aufgabe 8-2
Gegeben sind die Kennzahlen dreier vergleichbarer Firmen:
A B C
Gewinn pro Aktie 2,00 € 2,00 € 2,00 €
Dividende pro Aktie 2,00 € 1,00 € 0,60 €
Wachstumsrate (g) 0% 10 % 14%

Der Kalkulationszinssatz (mit jährlicher Verzinsung) beträgt für alle Unternehmen 15%.
a) Wie hoch ist jeweils der Anteil des Gewinns, der als Dividende ausgeschüttet wird
(Ausschüttungsquote)?
b) Wie hoch ist der faire Preis der Aktien bei den gegebenen Wachstumsraten?
c) Wie hoch ist das KGV der drei Aktien?
KAPITEL 8: Aktienbewertung
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KAPITEL 9
Kapitalstruktur und Verschuldungspolitik

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Gliederung, Literatur und Lernziele

Gliederung
9.1 Kapitalstruktur
9.2 Kapitalkosten und Leverage
9.3 Verschuldungspolitik

Was Sie zusätzlich lesen sollten


• Perridon/Steiner/Rathgeber, Finanzwirtschaft der Unternehmung, 15. Auflage 2009, D.IV

Was Sie in diesem Kapitel gelernt haben sollten


• Wie setzt sich die Kapitalstruktur eines Unternehmens zusammen?
• Warum muss zwischen Buchwerten und Marktwerten unterschieden werden?
• Wie lassen sich die Kapitalkosten eines Unternehmens berechnen?
• Welcher Zusammenhang besteht zwischen Verschuldungsgrad und Eigenkapitalrentabilität?
• Unter welchen Bedingungen hat die Kapitalstruktur keinen Einfluss auf den Unternehmenswert?
• Welche Faktoren beeinflussen die Verschuldungspolitik eines Unternehmens?

KAPITEL 9: Kapitalstruktur und Verschuldungspolitik 9.1 Kapitalstruktur


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Bestandteile der Kapitalstruktur

 Die Kapitalstruktur bezeichnet den Finanzierungsmix eines


Unternehmens, d.h. die Zusammensetzung der Passivseite der Bilanz.
 Häufig wird die Kapitalstruktur i.e.S. definiert als die Zusammensetzung
aus Eigen- und Fremdkapital.

Aktiva Passiva

Eigenkapital

Fremdkapital

KAPITEL 9: Kapitalstruktur und Verschuldungspolitik 9.1 Kapitalstruktur


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 128
Marktwerte und Buchwerte

 In der Bilanz stehen i.d.R. lediglich die Buchwerte des Eigen- und des
Fremdkapitals ableiten.
 Problem: Die Buchwerte sind
 häufig veraltet
 teilweise durch Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechte verzerrt
 in einigen Rechnungslegungsstandards eher vergangenheitsorientiert.
 Ein Investor ist jedoch zukunftsorientiert und wird daher Marktwerte
verwenden, in denen Erwartungen über die zukünftige Entwicklung
abgebildet sind.
 Marktwert des Eigenkapitals = Anzahl der Aktien * Börsenkurs (falls
börsengehandelt)
 Marktwerts des Fremdkapitals ist schwieriger zu bestimmen, da höchstens ein Teil
des Fremdkapitals an der Börse gehandelt wird. Daher wird oft approximativ der
Buchwert des Fremdkapitals angesetzt.

KAPITEL 9: Kapitalstruktur und Verschuldungspolitik 9.1 Kapitalstruktur


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 129
Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV)

 Kurs-Buchwert-Verhältnis
(KBV): eine häufig von
Aktienanalysten verwendete
Kennzahl
Marktwert einer Aktie
KBV 
Buchwert einer Aktie

 Ein relativ niedriges (hohes) KBV


kann ein Indikator für eine Unter-
(Über-)bewertung der jeweiligen
Aktie sein.

KAPITEL 9: Kapitalstruktur und Verschuldungspolitik 9.1 Kapitalstruktur


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 130
Marktwert und Kapitalstruktur eines
Unternehmens
Beispiel 9-1

Gegeben ist die folgende Bilanz eines Unternehmens (in Mio. €):

Aktiva Passiva
Vermögen 20 Eigenkapital 5
Fremdkapital 15

Das Unternehmen hat 500.000 Aktien im Umlauf, die zum Bilanzstichtag zum Kurs von 15 €
gehandelt werden. Da das Fremdkapital nicht an der Börse notiert ist, wird sein Marktwert durch den
Buchwert approximiert.
Wie ist das Verhältnis von Fremdkapital zu Eigenkapital anhand der Buchwerte bzw. Marktwerte?
Welches KBV
Marktwert einer Aktie
KBV 
Buchwert einer Aktie
ergibt sich in diesem Beispiel bezogen auf das Eigenkapital des Unternehmens?

KAPITEL 9: Kapitalstruktur und Verschuldungspolitik 9.1 Kapitalstruktur


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Kapitalkosten

 Kapitalkosten sind aus Sicht des Unternehmens die mit der Aufnahme
finanzieller Mittel verbundenen Kosten.
 Fremdkapital-Kosten = Zinsaufwendungen
 Eigenkapital-Kosten = grundsätzlich Periodengewinn (nicht die
Ausschüttungen).
 Für eine zukunftsorientierte Betrachtung (ex ante) sind die erwarteten
Renditen der Eigenkapitalgeber als Eigenkapitalkosten anzusetzen.
 Die Kosten für die verschiedenen Typen von Eigenkapital (Stammaktien,
Vorzugsaktien) und Fremdkapital (z.B. kurzfristig, langfristig) werden
zusammengefasst zu den aggregierten Eigenkapitalkosten (rEK) und
Fremdkapitalkosten (rFK).

KAPITEL 9: Kapitalstruktur und Verschuldungspolitik 9.2 Kapitalkosten und Leverage


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 132
Weighted-Average Cost of Capital (WACC)

 Die Gesamtkapitalkosten des Unternehmens (rGK) berechnen sich als


gewichteter Durchschnitt der (aggregierten) Eigen- und
Fremdkapitalkosten:
EK FK
rGK  rEK  rFK
EK  FK EK  FK

wobei EK und FK jeweils den Marktwert des Eigenkapitals bzw. des


Fremdkapitals bezeichnet.

 Da Fremdkapitalkosten anders als Eigenkapitalkosten (überwiegend)


steuerlich abzugsfähig sind, muss die Formel bei gegebenem Steuersatz
TC wie folgt angepasst werden:
EK FK EK FK
rGK  rEK  rFK 1  Tc   rEK T
 rFK
EK  FK EK  FK EK  FK EK  FK

KAPITEL 9: Kapitalstruktur und Verschuldungspolitik 9.2 Kapitalkosten und Leverage


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Beispiel für Leverage

 Wir betrachten zwei Unternehmen A und B mit Eigenkapitalanteilen 50%


bzw. 30%
A: Aktiva Passiva B: Aktiva Passiva
Vermögen 100 Eigenkapital 50 Vermögen 100 Eigenkapital 30
Fremdkapital 50 Fremdkapital 70

Die Zahlen sind in Mio. €

 Wie sehen die Bilanzen nach einem Gewinn/Verlust von 10 Mio. € aus und
welche Eigenkapitalrendite ergibt sich daraus?
A: Aktiva Passiva B: Aktiva Passiva
Vermögen 110 Eigenkapital 60 Vermögen 110 Eigenkapital 40
Fremdkapital 50 Fremdkapital 70
EK-Rendite = 20% EK-Rendite = 33,3%

A: Aktiva Passiva B: Aktiva Passiva


Vermögen 90 Eigenkapital 40 Vermögen 90 Eigenkapital 20
Fremdkapital 50 Fremdkapital 70
EK-Rendite = -20% EK-Rendite = -33,3%

 Welches Unternehmen wird höhere Eigenkapitalkosten haben?


KAPITEL 9: Kapitalstruktur und Verschuldungspolitik 9.2 Kapitalkosten und Leverage
Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 134
Leverage-Effekt

FK
 WACC-Formel aufgelöst nach den Eigenkapitalkosten: rEK  rGK  rGK  rFKT 
EK
 Bei als fix angenommenem Fremd- und Gesamt-Kapitalkostensatz hängt
die Eigenkapitalverzinsung linear vom Verschuldungsgrad ( ) ab.
 Dieser Leverage-Effekt bewirkt, dass die Eigenkapitalverzinsung propor-
tional zum Verschuldungsgrad steigt (für ) bzw. fällt (für ).
Eigenkapitalverzinsung und Verschuldungsgrad

 Gemäß dieser Formel würde man die


Eigenkapitalverzinsung maximieren,
indem man den Verschuldungsgrad
so weit wie möglich erhöht.

KAPITEL 9: Kapitalstruktur und Verschuldungspolitik 9.2 Kapitalkosten und Leverage


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 135
Berechnung der Eigenkapitalrentabilität

Beispiel 9-2
Gegeben sind die Daten des Beispiels 9-1. D.h. Eigenkapitel (MW) = 7,5 Mio., Fremdkapital (BW) =
15 Mio.

Der Fremdkapitalkostensatz beträgt 6% (nach Steuer).


Welche Eigenkapitalrentabilität ergibt sich, wenn der Gesamtkapitalkostensatz 10% beträgt?
Welchen Verschuldungsgrad müsste das Unternehmen erreichen, um beim Gesamtkapitalkostensatz
von 10% eine Eigenkapitalrentabilität von 24% zu erzielen?

KAPITEL 9: Kapitalstruktur und Verschuldungspolitik 9.2 Kapitalkosten und Leverage


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 136
10-Minuten-Test

Die KultBier AG weist die folgenden Geschäftszahlen (in Mio. €) aus:


Aktiva Passiva
Vermögen 50 Grundkapital 6
Rücklagen 14
Verbindlichkeiten 30

Das Grundkapital ist in 6 Mio. Stückaktien zerlegt, die an der Börse gehandelt werden. Der Kurs einer
Aktie beträgt 5 €. Der Marktwert des Fremdkapitals entspricht dem Buchwert. Für eine Expansion in
neue Märkte benötigt die KultBier AG 15 Mio. €, das durch eine ordentliche Kapitalerhöhung
zugeführt werden soll.
Wie hoch sind der Verschuldungsgrad und die gewichteten durchschnittlichen Kapitalkosten des
Unternehmens vor der Kapitalerhöhung, wenn der Eigenkapitalkostensatz 10% und der
Fremdkapitalkostensatz 4% beträgt?
Wie hoch sind der Verschuldungsgrad und der Eigenkapitalkostensatz nach der Kapitalerhöhung,
wenn die gewichteten durchschnittlichen Kapitalkosten und der Fremdkapitalkostensatz unverändert
bleiben?

KAPITEL 9: Kapitalstruktur und Verschuldungspolitik 9.2 Kapitalkosten und Leverage


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 137
Fragestellungen und Lösungsansätze
Welchen Finanzierungsmix sollte ein Unternehmen wählen?

 Zentrale Fragestellungen:
 Hat die Kapitalstruktur Einfluss auf den Unternehmenswert?
 Falls ja, wie sieht eine optimale Kapitalstruktur aus und von welchen Faktoren
hängt sie ab?
 Lassen sich daraus konkrete Maßnahmen für die Finanzierungspolitik ableiten?

KAPITEL 9: Kapitalstruktur und Verschuldungspolitik 9.3 Verschuldungspolitik


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 138
Irrelevanztheorem von Modigliani/Miller

 Modigliani/Miller-Thesen (wegweisender Aufsatz 1958, Nobelpreis 1985):


 MM 1: Der Marktwert (EK+FK) eines Unternehmens ist unabhängig von seiner
Kapitalstruktur.
 MM 2: Die Eigenkapitalrentabilität eines Unternehmens steigt proportional zu
ihrem Verschuldungsgrad.
 Die Erkenntnisse beruhen auf den sehr restriktiven Modellannahmen eines
vollkommenen Kapitalmarkts, insbesondere:
 Alle Akteure maximieren ihren finanziellen Nutzen.
 Es gibt keine Informationskosten, keine Transaktionskosten, keine Steuern.
 Kapital kann zu gleichen Konditionen in beliebiger Höhe angelegt und
aufgenommen werden.
 Finanzinstrumente sind beliebig teilbar.

KAPITEL 9: Kapitalstruktur und Verschuldungspolitik 9.3 Verschuldungspolitik


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 139
Beispiel: Irrelevanz der Kapitalstruktur

Beispiel 9-3
Die dem Irrelevanztheorem zugrunde liegende Argumentation soll nachfolgend verdeutlicht werden:
Am Markt gibt es zwei Unternehmen mit exakt identischem Investitionsprogramm, aber
unterschiedlicher Kapitalstruktur. Unternehmen E ist mit 100% Eigenkapital, Unternehmen V mit
einem Mix aus 25% Eigenkapital und 75% Fremdkapital finanziert.
Der Fremdkapitalkostensatz liegt bei 4%, der Periodengewinn vor Zinsen bei 100.000 €. Der
Marktwert des Fremdkapitals von V ist 750.000 €, der des Eigenkapitals 250.000 €.
Aus dem Gewinn sind zunächst Zinsen in Höhe von 30.000 € (= 750.000 × 0,04) an die
bevorrechtigten Gläubiger zu zahlen. Für die Eigenkapitalgeber verbleibt eine Zahlung in Höhe von
70.000 €. Wie hoch ist die Eigenkapitalrentabilität von V?
Nun sei angenommen, der Marktwert des Eigenkapitals von E läge im Widerspruch zum
Irrelevanztheorem bei 950.000 €. Ein Investor könnte folgende Strategie umsetzen:
 Verwendung von 200.000 € Eigenkapital
 Aufnahme von 750.000 € zu 4% am Kapitalmarkt
 Kauf von E
Wie sähe der Zahlungsstrom in der Periode aus? Wie hoch wäre die Eigenkapitalrentabilität?
Welche Auswirkungen hätte die Verletzung des Irrelevanztheorems auf Angebot und Nachfrage?

KAPITEL 9: Kapitalstruktur und Verschuldungspolitik 9.3 Verschuldungspolitik


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 140
Berücksichtigung von Steuern
Begünstigung des Fremdkapitals

 Modigliani/Miller-Modell mit Steuern 1963 : Steuern haben Einfluss auf


das Ergebnis und das Irrelevanztheorem gilt mit Steuern nicht.
 Grund: Aufgrund der steuerlichen Begünstigung des Fremdkapitals (tax
shield) hängt der an Eigen- und Fremdkapitalgeber zu verteilende Gewinn
von der Höhe der Fremdkapitalkosten ab.
 Der Unternehmenswert würde maximiert, wenn die gewichteten
Kapitalkosten minimiert würden:
EK FK
rGK  rEK  rFK 1  Tc   min!
EK  FK EK  FK

 … d.h. der Verschuldungsgrad ins Unendliche gesteigert würde.

KAPITEL 9: Kapitalstruktur und Verschuldungspolitik 9.3 Verschuldungspolitik


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 141
Berücksichtigung von Insolvenzkosten
Es gibt eine optimale Kapitalstruktur

 Im ursprünglichen Modell sind Insolvenzkosten nicht berücksichtigt.


 Insolvenzkosten vermindern das zu verteilende Vermögen im Insolvenzfall
und müssen daher berücksichtigt werden.
 Die erwarteten Insolvenzkosten steigen mit dem Verschuldungsgrad, weil
mit dem Verschuldungsgrad die Insolvenzwahrscheinlichkeit steigt.
 Es gibt eine optimale Kapitalstruktur, da ab einer bestimmten Verschuldung
die erwarteten Insolvenzkosten die Steuer-Vorteile übersteigen.

Allgemeine Regeln:
 Unternehmen mit hohem tax shield und
geringen Insolvenzkosten sollten hohen
Verschuldungsgrad wählen.
 Unternehmen mit niedrigem tax shield
und hohen Insolvenzkosten sollten
geringeren Verschuldungsgrad wählen.

Quelle: Brealey/Myers/Marcus, Fundamentals of Corporate Finance, 6. Auflage, New York 2009

KAPITEL 9: Kapitalstruktur und Verschuldungspolitik 9.3 Verschuldungspolitik


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 142
Aufgaben

Aufgabe 9-1
Die MainMetall AG, die bislang vollständig durch Eigenkapital finanziert ist, erwägt im Zuge ihrer
Expansion auch Bankkredite einzusetzen. Das Unternehmen erzielte bislang eine
Gesamtkapitalrendite von 10 %. Es ist davon auszugehen, dass dies auch zukünftig möglich ist.
Aktiva Passiva
Vermögen 1.000.000 Eigenkapital 1.000.000

Dem Unternehmen liegt ein Angebot für ein Kreditvolumen im Umfang von maximal 1.000.000 € zu
Zinsen von 7 % vor. Der Vorstand erwägt 500.000 € Kredit für eine Expansion nach Österreich
aufzunehmen. Alternativ kommt auch eine Expansion nach Österreich und in die Schweiz in Frage,
für die insgesamt 1.000.000 € Kredit benötigt werden.
a) Berechnen Sie die Eigenkapitalrendite für die beiden Alternativen, wenn weiterhin von einer
Gesamtkapitalrendite von 10 % auszugehen ist.
b) Welche Eigenkapitalrendite wird für die beiden Alternativen erzielt, wenn statt der
Kreditfinanzierung eine Kapitalerhöhung durchgeführt wird? Wie wirkt sich eine
kreditfinanzierte Expansion auf die Risikoposition der Eigenkapitalgeber aus?
c) Bearbeiten Sie Teilaufgabe a) erneut unter der zusätzlichen Annahme, dass ein Steuersatz
von 30% gilt und die Fremdkapitalkosten in voller Höhe steuerlich abzugsfähig sind.

KAPITEL 9: Kapitalstruktur und Verschuldungspolitik


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 143
Aufgaben

Aufgabe 9-2
Die börsennotierte DotNix AG weist die folgenden Geschäftszahlen aus (in Mio. €). Das Grundkapital
ist in 20 Mio. Aktien zerlegt, die an der Börse zu einem Kurs von 5 € notiert werden. Das
Unternehmen benötigt neues Kapital in Höhe von 20 Mio. €.
Aktiva Passiva
Vermögen 180 Eigenkapital 60
Fremdkapital 120

a) Die Gesamtkapitalrentabilität des Unternehmens vor der Kapitalerhöhung beträgt 10%. Die
Fremdkapitalkosten betragen 8%. Berechnen Sie die Eigenkapitalrentabilität des
Unternehmens vor der Kapitalerhöhung bezogen auf die Marktwerte unter Vernachlässigung
von Steuern und Insolvenzkosten.
b) Das Unternehmen geht davon aus, dass die Gesamtkapitalrentabilität nach der
Kapitalerhöhung auf 14% steigt. Aufgrund des erhöhten Risikos ist aber auch nicht
ausgeschlossen, dass die Gesamtkapitalrentabilität auf 6% fällt. Berechnen Sie für diese
beiden Szenarien die Eigenkapitalrentabilität bezogen auf die rechnerischen Marktwerte nach
der Kapitalerhöhung, wenn die Fremdkapitalkosten in beiden Fällen 8% betragen.

KAPITEL 9: Kapitalstruktur und Verschuldungspolitik


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 144
KAPITEL 10
Ausschüttungspolitik

Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 145


Gliederung, Literatur und Lernziele

Gliederung
10.1 Ausschüttungsformen
10.2 Ausschüttungspolitik

Was Sie zusätzlich lesen sollten


• Perridon/Steiner/Rathgeber, Finanzwirtschaft der Unternehmung, 15. Auflage 2009, D.IV

Was Sie in diesem Kapitel gelernt haben sollten


• Welche Ausschüttungsformen stehen zur Verfügung?
• Welche Auswirkungen haben die unterschiedlichen Ausschüttungsformen?
• Unter welchen Bedingungen hat die Ausschüttungspolitik keinen Einfluss auf den
Unternehmenswert?
• Welchen Einfluss haben Steuern auf die Ausschüttungspolitik?
• Welche Erklärungsansätze gibt es für die Ausschüttungspolitik von Unternehmen?
• Was misst die Dividendenrendite?

KAPITEL 10: Ausschüttungspolitik


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 146
Dividenden

 Unternehmen beteiligen Ihre Aktionäre u.a. mittels Ausschüttungen an


Ihren Gewinnen.
 Gebräuchlichste Form der Ausschüttung = die Bardividende*.
 Für die Ausschüttung darf bei einer Aktiengesellschaft der Bilanzgewinn
verwendet werden (Jahresüberschuss ± Gewinn-/Verlustvorträge ±
Veränderungen der Rücklagen).
 Über die Dividende entscheidet in Deutschland die Hauptversammlung,
in den USA das Board of Directors.
 Die Dividendenzahlung erfolgt in Deutschland meist einmal jährlich, in den
USA üblicherweise quartalärlich.

* Zulässig, aber bei börsennotierten Unternehmen unüblich, ist auch die


Ausschüttung von Sachmitteln (Sachdividende).

KAPITEL 10: Ausschüttungspolitik


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 147
Kurseffekt von Dividenden

 Durch eine Dividendenzahlung werden dem Unternehmen Zahlungsmittel


entzogen, so dass sich das Unternehmensvermögen verringert.
 Am Zahltag der Dividende (Ex-Tag) kommt es daher zu einem
rechnerischen Kursabschlag in Höhe der gezahlten Dividende.
 Bei einer Dividendenzahlung von D entspricht der Kurs der Aktie am Ex-
Tag (Pex) dem (fiktiven) Kurs ohne Dividende (P) abzüglich der Dividende:
Pex = P – D
 Der Dividendenabschlag ist am Kurshinweis „ex D“ erkennbar.
 Aktienkurse müssen für die Performancemessung um den
Dividendenabschlag adjustiert werden, um Verzerrungen der Ergebnisse
zu verhindern (ähnlich bei anderen Kapitalmaßnahmen).
 Bei den meisten Aktienindices (z.B. auch beim DAX) wird unterstellt, dass
Dividenden wieder in die Aktie reinvestiert werden.

KAPITEL 10: Ausschüttungspolitik


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 148
Dividendenabschlag und
Performancemessung
Beispiel 10-1

Ein Unternehmen verfügt über ein Grundkapital von 800.000 €, aufgeteilt in 800.000 nennwertlose
Stückaktien. Pro Aktie wird eine Dividende von 0,50 € ausgeschüttet.

Der Schlusskurs der Aktie am Tag vor Zahlung der Dividende liegt bei 8 €. Am Ex-Tag notiert die
Aktie mit einem Schlusskurs von 7,80 € (ex D).

Wie hoch wäre der Kursgewinn bzw. -verlust der Aktie, wenn man diesen wie üblich durch einen
Vergleich der jeweiligen Schlusskurse berechnen würde? Warum wäre dieses Vorgehen in diesem
Fall nicht sachgerecht?

Welcher Kursgewinn bzw. -verlust ergibt sich unter Berücksichtigung des Kurseffekts aufgrund des
Dividendenabschlags?

KAPITEL 10: Ausschüttungspolitik


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 149
Kapitalherabsetzung durch Einziehung von
Aktien
Beispiel 10-2
Gegeben ist die folgende Bilanz eines Unternehmens (in Mio. €):

Aktiva Passiva
Vermögen 600 Grundkapital 50
Rücklagen 150
Fremdkapital 400

Das Unternehmen hat 10.000.000 Aktien im Umlauf, die zum Bilanzstichtag zum Kurs von 40 €
gehandelt werden.
Das Unternehmen kauft 4% der Aktien von seinen Aktionären zurück und zieht diese Aktien
anschließend ein.
Um welchen Betrag reduziert sich das Grundkapital? Wie wird der Differenzbetrag verbucht?
Wie sieht die Bilanz des Unternehmens nach der Kapitalherabsetzung aus?
Welcher rechnerische Aktienkurs ergibt sich nach der Kapitalherabsetzung?

KAPITEL 10: Ausschüttungspolitik


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 150
Aktienrückkäufe

 Im Rahmen eines Aktienrückkaufs (stock repurchases) erwirbt das


Unternehmen eigene Aktien von den Aktionären zurück.
 Eine effektive Ausschüttungswirkung entfaltet die Kapitalherabsetzung
durch Einziehung von Aktien.
 Anders als bei Dividenden kommt es durch die Einziehung von Aktien (zu
einer Einlagenrückgewähr und) zu einer Reduzierung des Grundkapitals.
 Der Erwerb eigener Aktien ist aus Gründen des Gläubigerschutzes an
strenge Vorgaben gebunden und auf 10% des Grundkapitals beschränkt.
 Die Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien erfolgt durch einen
Beschluss der Hauptversammlung.
 Der Gesellschaft stehen aus eigenen Aktien keine Rechte zu.

KAPITEL 10: Ausschüttungspolitik


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 151
Fragestellungen und Lösungsansätze
Welche Ausschüttungspolitik sollte ein Unternehmen wählen?

 Zentrale Fragen:
 Hat die Ausschüttungspolitik einen Einfluss auf den Unternehmenswert?
 Falls ja, wie sieht eine optimale Ausschüttungspolitik aus und von welchen
Faktoren ist sie abhängig?
 Welche Rolle spielt die Form der Ausschüttung?
 In einem einfachen Modellrahmen mit vollkommenem Kapitalmarkt lässt
sich mit den vom Irrelevanztheorem bekannten Argumenten auch die
Irrelevanz der Ausschüttungspolitik beweisen.
 Die Berücksichtigung von Steuern führt auch bei der Ausschüttungspolitik
zu abweichenden Ergebnissen, wobei in vielen Ländern Bardividenden
gegenüber anderen Ausschüttungsformen steuerlich benachteiligt sind.

KAPITEL 10: Ausschüttungspolitik


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 152
Ein weiteres Irrelevanztheorem von
Modigliani/Miller

 Eine grundlegende Annahme ist erneut die Separierung von Investitions-


und Finanzierungsentscheidungen.
 Bei gegebenem Investitionsprogramm muss folglich der Abfluss finanzieller
Mittel infolge einer Ausschüttung durch einen Zufluss finanzieller Mittel
ausgeglichen werden.
 Der ausgeschüttete Betrag würde durch eine Kapitalerhöhung wieder
zugeführt, was im Wesentlichen einer Reinvestition der Dividenden in
Aktien des Unternehmens entspricht (notabene: Steuern existieren nicht).
 Der Unternehmenswert würde durch das „cash recycling“ infolge einer
Ausschüttung mit anschließender Kapitalerhöhung nicht verändert.
 Bei den Aktionären kommt es allenfalls zu einer vermögensneutralen
Umverteilung zwischen Alt- zu Neuaktionären (Aktien gegen Barmittel).
 Den Tausch zwischen Aktien und Barmitteln können Teilnehmer auf einem
vollkommenen Kapitalmarkt jedoch auch selber umsetzen.

KAPITEL 10: Ausschüttungspolitik


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 153
Beispiel: Irrelevanz der Ausschüttungspolitik

Beispiel 10-3

Gegeben sind die Daten aus Beispiel 9-3.

Um die Entscheidungen über Kapitalstruktur und Ausschüttungspolitik nicht zu vermischen, wird


angenommen, dass beide Unternehmen (E und V) mit 100% Eigenkapital finanziert seien.

E schüttet den Periodengewinn in Höhe von 100.000 € aus und führt die ausgeschütteten Mittel
anschließend über eine Kapitalerhöhung wieder zu. V thesauriert.

Der Marktwert des Eigenkapitals von V ist 1.000.000 €. Der Marktwert von E ist ebenfalls 1.000.000
€, wobei 900.000 € auf die Altaktionäre und 100.000 € auf die Neuaktionäre entfallen.

Nun sei angenommen, der Marktwert des Eigenkapitals von E läge im Widerspruch zum
Irrelevanztheorem bei 990.000 €.

Mit welcher Strategie könnte ein Investor, der bisher 1% der Aktien von V hält, dieses
Preisungleichgewicht ausnutzen und einen risikolosen Gewinn erzielen?

KAPITEL 10: Ausschüttungspolitik


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 154
Der Einfluss von Steuern auf die
Ausschüttungspolitik

 Eine der wesentlichen Annahmen im Modell von Modigliani/Miller ist, dass


es keinen Unterschied macht, ob entweder ausgeschüttet und
anschließend zugeführt oder thesauriert wird.
 In der Realität kommt es aber zumeist zu einer (zusätzlichen)
Besteuerung der Ausschüttungen auf Gesellschafterebene, so dass die
Aktionäre mehr Geld investieren müssten als sie durch die Ausschüttung
erhalten hat, um dem Unternehmen den gleichen Betrag wieder zur
Verfügung zu stellen.
 Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass unterschiedliche Formen der
Ausschüttung zu unterschiedlichen Steuerbelastungen führen können, z.B.
wenn Aktienrückkäufe gegenüber Dividendenzahlungen begünstigt sind.
 Angesichts der in vielen Ländern bestehenden Begünstigung der
Gewinnthesaurierung kann ein um Steuern erweitertes Modell in vielen
Fällen nicht erklären, warum in diesen Ländern überhaupt ausgeschüttet
wird.

KAPITEL 10: Ausschüttungspolitik


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 155
Besteuerung von Ausschüttungen in
Deutschland (I)
Beispiel 10-4

Ein Investor kauft am 1.9.2010 100 Aktien der TrendBoost AG zum Kurs von jeweils 6 €. Am
31.3.2011 steht der Kurs der Aktie vor Ausschüttung bei 8 €. Zu diesem Datum weist die TrendBoost
AG die folgende Bilanz (in Mio. €) auf:
Aktiva Passiva
Vermögen 80 Grundkapital 10
Rücklagen 35
Fremdkapital 35

Das Grundkapital ist in 10 Mio. nennwertlose Stückaktien zerlegt.

Welche Auswirkungen ergäben sich auf Bilanz und Kurs, wenn das Unternehmen am 1.4.2011 eine
Bardividende in Höhe von 0,20 € pro Aktie auszahlen würde?

Welche Auswirkungen ergäben sich auf Bilanz und Kurs, wenn das Unternehmen alternativ Aktien im
Volumen von 2 Mio. € am Markt zurückkaufen und einziehen würde?

Am 1.9.2011 verkauft der Investor seine Aktien vollständig. Der Marktwert des gesamten
Eigenkapitals der TrendBoost AG beträgt zu diesem Zeitpunkt 100 Mio. €. Welcher Kurs ergibt sich
daraus abhängig von der zuvor getroffenen Ausschüttungsentscheidung?

KAPITEL 10: Ausschüttungspolitik


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 156
Besteuerung von Ausschüttungen in
Deutschland (II)
Beispiel 10-4 (Fortsetzung)

In Deutschland unterliegen sowohl Kursgewinne als auch Ausschüttungen der Abgeltungsteuer in


Höhe von 26,375 % einschließlich Solidaritätszuschlag.

Wie hoch ist der Gesamtgewinn des Investors für die beiden Ausschüttungsvarianten? Es wird
angenommen, dass der Investor im Fall der Bardividende den nach Steuern verbleibenden Betrag
wieder vollständig in die Aktie investiert.

KAPITEL 10: Ausschüttungspolitik


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 157
Ausschüttungspolitik und
Investitionsentscheidungen

 Die Annahme eines gegebenen Investitionsprogramms unabhängig von


den Finanzierungsentscheidungen ist zumeist unrealistisch.
 Viele Unternehmen mit dauerhaften hohen Zahlungsmittelüberschüssen
stehen vor dem Problem, dass ihnen keine ausreichend rentablen
Investitionsmöglichkeiten mehr zur Verfügung stehen.
 In diesem Fall ist es zumeist im besten Interesse der Aktionäre, die nicht
benötigten Barmittel an die Aktionäre auszuschütten und diese selbst über
die weitere Verwendung entscheiden zu lassen.
 Umgekehrt gibt es viele wachstumsstarke Unternehmen, insbesondere im
Technologiebereich, die gar keine Dividenden ausschütten, weil sie das
Geld im Unternehmen am besten investiert sehen.
 Spektakulär ist der Fall von Microsoft, das bis 2003 gar keine Dividenden
ausgeschüttet hat, und dann Barmittel in Höhe von ca. 75 Mrd. USD
innerhalb weniger Jahre an seine Aktionäre ausgeschüttet hat.

KAPITEL 10: Ausschüttungspolitik


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 158
Alternative Erklärungen zur
Ausschüttungspolitik

 Empirische Untersuchungen belegen, dass die Ankündigung von


Dividendenerhöhungen positive Auswirkungen auf den Aktienkurs hat.
 Begründet wird dieser Effekt mit Informationsasymmetrien zwischen
Managern und Kapitalgebern.
 Es wird angenommen, dass Manager ein besonderes Interesse haben,
möglichst keine Reduzierungen der Dividende verkünden zu müssen.
 Die Ankündigung einer Dividendenerhöhung wird als starkes Signal der
besser informierten Manager an die Eigentümer gesehen, dass die
Dividende dauerhaft auf dem höheren Niveau bleiben werde.
 Ankündigungen von Aktienrückkaufprogrammen sind ein Signal für
günstige Aktienkurse und stärken das Vertrauen der Investoren, dass die
Manager keine ineffizienten Investitionsentscheidungen treffen werden.
 Häufig wird argumentiert, dass sowohl Manager als auch bestimmte
Investoren eine starke Präferenz für Dividendenkontinuität haben.

KAPITEL 10: Ausschüttungspolitik


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 159
Dividendenrendite

 Eine wichtige Kennzahl für die Beurteilung der Ausschüttungspolitik ist die
Dividendenrendite.
 Die Dividendenrendite (rDIV) ist definiert als das Verhältnis der Dividende
pro Aktie (D) zum (aktuellen) Aktienkurs (P):
D
rDIV 
P

 Die Dividendenrendite gibt an, wie hoch die (erwartete) Dividende bezogen
auf das (aktuell) investierte Kapital ist.
 Die Dividendenrendite sollte nicht mit den Renditen festverzinslicher
Wertpapiere verglichen werden, da die Dividendenrendite sich mit dem
(schwankungsanfälligen) Aktienkurs verändert und außerdem die Höhe der
Dividende nicht längerfristig prognostizierbar ist.
 Andere Ausschüttungsformen, z.B. Aktienrückkäufe, werden bei der
Berechnung der Dividendenrendite nicht berücksichtigt.

KAPITEL 10: Ausschüttungspolitik


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 160
Dividendenentwicklung der DAX-
Unternehmen

KAPITEL 10: Ausschüttungspolitik


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 161
10-Minuten-Test

Die KäschKau AG weist zum 30.06.2011 folgende Bilanz (in Mio. €) aus:

Aktiva Passiva
Vermögen 60 Grundkapital 6
Rücklagen 24
Fremdkapital 30

Das Grundkapital von 6 Mio. € ist aufgeteilt in 6 Mio. nennwertlose Stückaktien. Der Kurs der Aktie
beträgt 8 €.
Wie hoch müsste die Dividende pro Aktie sein, wenn das Unternehmen eine Dividendenrendite von
5% anstrebt? Wie hoch wäre der Ausschüttungsbetrag insgesamt? Wie hoch wäre der rechnerische
Kurs der Aktie am Ex-Tag?
Wie viele Aktien müsste das Unternehmen am Markt zurückkaufen und einziehen, um ein gleiches
Ausschüttungsvolumen wie bei der Bardividende zu erreichen? Welchen Einfluss hätte das auf den
Kurs?

KAPITEL 10: Ausschüttungspolitik


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 162
Aufgaben (I)

Aufgabe 10-1
Die Knete AG hat 100.000 Aktien ausgegeben, deren aktueller Kurs 20 € beträgt. Das Unternehmen
möchte 100.000 € an seine Aktionäre ausschütten.
a) Wie hoch ist die Dividendenrendite bezogen auf den aktuellen Kurs?
b) Welcher rechnerische Kurs ergibt sich am Ex-Tag?
c) Welcher rechnerische Aktienkurs ergäbe sich, wenn das Unternehmen alternativ Aktien im
Wert von 100.000 € zurückkaufen würde?
d) Wie verändert sich die Vermögenssituation eines Aktionärs, der 5% der Anteile hält, wenn das
Unternehmen eine Aktiendividende in Höhe von 25% (entspricht einem Aktiensplit im
Verhältnis 4:1) durchführt? Welchen Einfluss hat eine Aktiendividende auf das
Unternehmensvermögen?

KAPITEL 10: Ausschüttungspolitik


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 163
Aufgaben (I)

Aufgabe 10-2
Die DotBoom AG weist die folgenden Geschäftszahlen (in Mio. €) aus:
Aktiva Passiva
Vermögen 80 Grundkapital 8
Rücklagen 24
Jahresüberschuss 8
Verbindlichkeiten 40

Das Grundkapital ist in 8 Mio. Stückaktien zerlegt, die an der Börse gehandelt werden. Der Kurs einer
Aktie beträgt 5 €. Der Marktwert des Fremdkapitals entspricht dem Buchwert. Die durchschnittlichen
gewichteten Kapitalkosten betragen 14% p.a., die Fremdkapitalkosten 8% p.a..
a) Das Unternehmen bot den Aktionären bislang eine Dividendenrendite in Höhe von 10% bezogen auf den
Marktwert. Wie hoch müsste die Dividende pro Aktie sein, um diese Rendite beizubehalten? Welchen Anteil
des Jahresüberschusses würde das Unternehmen ausschütten? Wie sähe die Bilanz nach Ausschüttung aus,
wenn der nicht ausgeschüttete Teil des Jahresüberschusses in die Rücklagen eingestellt würde? Wie hoch
wäre der rechnerische Aktienkurs nach der Ausschüttung?
b) Das Unternehmen überlegt alternativ, den Jahresüberschuss in voller Höhe den Rücklagen zuzuführen und ein
Aktienrückkaufprogramm anzubieten. Wie viele Aktien könnte das Unternehmen zum aktuellen Marktwert
zurückkaufen, wenn das Programm ein Volumen von 4 Mio. € hätte und das Kapital im entsprechenden
Umfang herabgesetzt würde? Wie sähe die Bilanz nach dieser Maßnahme aus? Wie joch wäre der
rechnerische Aktienkurs nach dieser Maßnahme?
c) Berechnen Sie jeweils den Verschuldungsgrad sowie die Eigenkapitalkosten für das Unternehmen vor
Ausschüttung sowie nach den in den Teilaufgaben a) und b) beschriebenen Ausschüttungsmaßnahmen.

KAPITEL 10: Ausschüttungspolitik


Prof. Dr. Christian Thier | IBA | Finanzierung | WS 2019 | Folie 164

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