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Suprasegmentale Strukturen
Silbenstruktur
Silbe = Anlaut (onset) + „Reim“ (rime); Reim = Kern (nucleus) + Auslaut/Koda (coda
σ1 σ2
O R O R
N C N
þ v i n $ g a $
Urgermanische Maximalstruktur von Onset und Koda (wie schon uridg.) im Wortan- und -
auslaut: #STR- (mit „extrasyllabischem“ Sibilanten?), dagegen in *-RTS# wohl ursprünglich
Epenthese > *-RuTs, vgl. *melk-s ‘Milch’ > *meluks Æ *meluk- (Kümmel 2004b)
Durch Apokope/Synkope später komplexere Strukuren am Wortende: wegen CVC# > CC# wieder
-RTS# und anord. sogar CCR# (später > CCVR#)
Quantität
More µ = abstrakte phonologische Längeneinheit
Silbengewicht nach Moren des Kerns und der Koda (V = µ, VV = µµ, C$ = µ):
°V$ = 1 µ = leicht, °VC$ = 2µ = schwer, °VV$ = 2µ = schwer, °VVC$ = 3µ = überschwer
Indogermanisch: Quantität nur bei Vokalen, meist relativ spät durch Laryngalschwund mit Er-
satzdehnung; morphologische Geminaten automatisch gekürzt (**ss > *s) oder durch Epenthese
gespalten (**tt > *tst)
Germanisch: Quantität auch bei Konsonanten durch zahlreiche neue Geminaten (*tst > ss, *ln > ll,
lw > ll, *bn > pp), altgermanisch dialektal noch vermehrt (außer got. *rz > rr, nordg. *nT > TT, *lʀ >
ll, *kj > *kkʲ; westg. *Cj > *CCj > CC)
Auslautende Konsonanten zählen nur nach einer betonten More (betonte Langvokale = Sequenz
einer betonten und einer unbetonten Kurzvokalmore), also VμCμ#, aber ˈVμVμC#, ˈVμCVμC#
Fuß muss nordgerm. immer mindestens 2 Moren haben, daher Dehnung auslautender Kurzvokale
*ˈVμ# > ˈVμVμ#: *sa > sá ‘der’
Zweite Silbe darf nicht mehr Moren als erste haben und Fuß soll nicht mehr als 3 Moren haben Æ
daher Kürzung unbetonter Langvokale *ˈVμVμ$CVμVμ(C) = 4 > ˈVμVμ$CVμ(C)
Öfter auch Kürzung betonter Langvokale vor Koda ˈVμVμCμ$C >VμCμ$C: *mīnn > minn ‚mein’,
*lītlir > litlir ‘kleine’, *gótt > gott ‘gut’, *meistr > mestr ‘meist’
M. J. Kümmel, martin.kuemmel@mail.uni-freiburg.de 17
Altnordisch im Sprachvergleich – Wintersemester 2011/2012
Weitere Entwicklung: Auslautende einfache Konsonanten zählen auch nach betontem Kurzvokal
nicht mehr; alle betonten Silben müssen zweimorig sein = Quantitätsumlegung
Æ betont 1morig > 2morig = Dehnung der Vokale Vμ$C > VμVμ$C (im W/S): aisl. aschw. gata
[ˈga.ta] > [ˈga:.ta]
oder Konsonanten VμCμ$C bzw. VμC# > VμVμC# oder VμCμC# (im N/O): aschw. vika > vecka
[ˈvek.ka], anorw. viku > nordnorw. vukku
umgekehrt (wieder) 3morig > 2morig (= Kürzung VμVμCμ$ > VμCμ$): schw. nātt > natt etc.
unbetont 2morig > 1morig = Degemination VμCμC > VμC
Dänisch (von Süden her) Aufgabe der obligatorischen Zweimorigkeit durch Geminatenkürzung:
takke [ˈtʰak.kə] > [ˈtʰaḳə]
Intonationsdifferenzen: „Nebenton“ ˌ bei mehrsilbigen (wo ja nur relativ betonte stärker Silben
bewahrt blieben), nordgerm. phonologisiert wegen Entstehung neuer Mehrsilbler durch:
1. Univerbierung mit dem (voll unbetonten) enklitischen Artikel in(n)
2. (westlich und gutnisch spät) Sprossvokale in Cr# > CVr#
Æ Opposition von Akzent 2 = ˈ1ˌ2 und Akzent 1 = ˈ12
Inselnordisch, ostschwedisch, süddänisch, bornholmisch und lokal auch sonst beseitigt, also nur
Akzent 1 – schwed. in östlicher Mälarregion nur Akzent 2
Dänisch außer südjütisch und fünisch umgewandelt in Opposition von Akzent 1 = glottalisiert
(„stød“, Stoßton) und Akzent 2 = nicht glottalisiert; nur bei langen Silbe und sekundär auch in
Einsilblern
M. J. Kümmel, martin.kuemmel@mail.uni-freiburg.de 18