Board e.V.
20
Certified Professional for Medical Software
Gesamtlehrplan
Das Urheberrecht © 2010-2016 dieses Lehrplans liegt beim International Certified Professional for Medical
Software Board e.V. (ICPMSB e.V.)
Die Autoren dieses Lehrplanes sind, in alphabetischer Reihenfolge:
Wesentliche Überarbeitungen des Lehrplans in der Version 2.0 sind das Ergebnis eines vom
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projektes des Spitzenclusters
Medizintechnik des Medical Valley EMN (Förderkennzeichen: 13EX1013A, 13EX1013H und 13EX1013K).
Die Autoren und der ICPMSB e.V. haben folgenden Nutzungsbedingungen zugestimmt:
Jede Einzelperson und jeder Seminaranbieter darf den Lehrplan als Grundlage für Seminare verwenden,
sofern die Inhaber der Urheberrechte als Quelle und Besitzer des Urheberrechts anerkannt und benannt
werden. Des Weiteren darf der Lehrplan zu Werbezwecken erst nach der Akkreditierung durch den ICPMSB
e.V. verwendet werden.
Jede Einzelperson oder Gruppe von Einzelpersonen darf den Lehrplan als Grundlage für Artikel, Bücher oder
andere abgeleitete Veröffentlichungen verwenden, sofern der ICPMSB e.V. als Quelle und Besitzer des
Urheberrechts genannt werden.
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Die Verwertung ist – soweit sie nicht
ausdrücklich durch das Urheberrechtsgesetz (UrhG) gestattet ist – nur mit Zustimmung der Berechtigten
zulässig. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmung,
Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, öffentliche Zugänglichmachung.
Änderungshistorie
ATUM ÄNDERUNG AUT
OR
DATUM ÄNDERUNG AUTOR
2010-10-12 Erstfassung ICPMSB e.V.
2011-10-11 Erweiterung um ein Mapping auf die Kapitel des Lehrbuches. ICPMSB e.V.
2011-11-17 Detailliertere Auflistung der Lehrziele ICPMSB e.V.
2015-10-26 Version 2.0 nach Übernahme der Ergebnisse des ICPMSB e.V.
Förderprojektes
2016-08-12 Freigabe der Version 2.0 ICPMSB e.V.
Inhaltsverzeichnis
ÄNDERUNGSHISTORIE 2
INHALTSVERZEICHNIS 3
EINFÜHRUNG 7
2. CURRICULUM RISIKOMANAGEMENT 41
3. CURRICULUM SW-ENGINEERING 69
3.1. SOFTWAREENTWICKLUNGSPROZESSE 69
3.1.1. REGULATORISCHE ANFORDERUNGEN 69
3.1.2. VORGEHENSMODELLE 70
3.1.3. PROZESSBESCHREIBUNG 71
3.1.4. ZUSAMMENSPIEL MIT DER KONFORMITÄTSBEWERTUNG UND DEM AUDIT 72
3.2. ENTWICKLUNGSPLANUNG 73
3.2.1. ENTWICKLUNGSPLANUNG 73
3.3. SOFTWARE-ANFORDERUNGSANALYSE 75
3.3.1. ANFORDERUNGEN ERMITTELN 75
3.3.2. ANFORDERUNGEN DOKUMENTIEREN 76
3.3.3. ANFORDERUNGEN VERIFIZIEREN 77
3.3.4. ANFORDERUNGEN VERWALTEN 78
3.4. SOFTWAREARCHITEKTUR 78
3.4.1. SOFTWAREARCHITEKTUR BESCHREIBEN 78
3.4.2. SICHERHEITSKLASSEN 79
3.4.3. RISIKOBEHANDLUNG SICHERSTELLEN 81
3.4.4. SOFTWAREARCHITEKTUR VERIFIZIEREN 82
3.5. SW-DESIGN 82
3.5.1. SOFTWAREDESIGN BESCHREIBEN 82
3.5.2. SCHNITTSTELLEN DEFINIEREN 83
3.5.3. DESIGN VERIFIZIEREN 84
3.6. SW-IMPLEMENTIERUNG 84
3.6.1. SOFTWAREEINHEITEN IMPLEMENTIEREN 84
3.6.2. AKZEPTANZKRITERIEN FESTLEGEN 85
3.6.3. KODIERRICHTLINIEN EINSETZEN 86
3.6.4. SOFTWAREEINHEITEN VERIFIZIEREN 87
3.7. SOFTWARE-INTEGRATION 88
3.7.1. SOFTWARE-INTEGRATION 88
3.8. SOFTWARETEST 89
3.8.1. ALLGEMEINE ANFORDERUNGEN AUS IEC 62304 89
3.8.2. VERIFIZIERUNG VS. VALIDIERUNG 92
3.9. SOFTWARE-FREIGABE 93
3.9.1. SOFTWARE-FREIGABE 93
3.10. SOFTWAREKONFIGURATIONSMANAGEMENT 94
3.10.1. KONFIGURATIONSELEMENTE 94
3.10.2. NOTWENDIGKEIT DES KONFIGURATIONSMANAGEMENTS 94
3.10.3. KONFIGURATIONSELEMENTE IDENTIFIZIEREN 95
3.10.4. WERKZEUGE FÜR DAS KONFIGURATIONSMANAGEMENT 96
3.10.5. KONFIGURATIONSMANAGEMENTPLAN 96
3.10.6. ÄNDERUNGSMANAGEMENT 97
3.11. SOFTWARE-WARTUNG 98
3.11.1. PLANUNG DER SOFTWARE-WARTUNG 98
3.11.2. ANALYSE VON PROBLEMEN UND ÄNDERUNGEN 99
3.11.3. IMPLEMENTIERUNG VON ÄNDERUNGEN 100
3.12. SOFTWARE-PROBLEMLÖSUNG 101
3.12.1. PROBLEMLÖSUNG FÜR SOFTWARE 101
3.13. RÜCKVERFOLGBARKEIT IM SOFTWARE-ENTWICKLUNGSPROZESS 103
3.13.1. GRUNDLAGEN 103
3.13.2. TRACING DURCHFÜHREN 104
3.13.3. RÜCKVERFOLGBARKEIT ANDERER ARTEFAKTE IM SOFTWARE-ENTWICKLUNGSPROZESS 105
3.13.4. FORDERUNGEN DER FDA 105
3.14. SOFTWARE OF UNKNOWN PROVENANCE (SOUP) 106
3.14.1. DEFINITION UND BEISPIELE FÜR SOUP 106
3.14.2. UMGANG MIT SOFTWARE OF UNKNOWN PROVENANCE 107
3.15. COMPUTER-SYSTEM-VALIDIERUNG 110
3.15.1. EINFÜHRUNG 110
3.15.2. TOOL-VALIDIERUNG IN DER PRAXIS 111
3.15.3. WARTUNG DER WERKZEUGE 113
Einführung
Der vorliegende Lehrplan ist das Ergebnis eines vom Bundesministerium für Bildung und
Forschung (BMBF) geförderten Projektes des Spitzenclusters Medizintechnik des Medical Valley
EMN (Förderkennzeichen: 13EX1013A, 13EX1013H und 13EX1013K) und der Überarbeitung des
bislang gültigen Lehrplans „Certified Professional for Medical Software“ (CPMS; Version 1.1).
Im CPMS Foundation Level (im Folgenden kurz: FL) werden Grundlagen der Entwicklung
medizinischer Software vermittelt.
Im CPMS Advanced Level Process Management (im Folgenden kurz: AL-PM) werden Inhalte zu
den Themenfeldern Prozessgestaltung, Regulatory Affairs und Qualitätsmanagement vertieft.
Im CPMS Advanced Level Software Development (im Folgenden kurz: AL-SW) werden Inhalte zur
Entwicklung medizinischer Software vertieft.
Der Lehrplan gliedert sich in sechs Module, deren Reihenfolge nicht willkürlich ist. Eine Übersicht
über die Zeiten findet sich jeweils zu Beginn des Moduls. Jedem Unterabschnitt sind Lernziele
zugeordnet. Die Lernziele sind jeweils einer der folgenden kognitiven Stufen zugeordnet:
K1: sich erinnern
K2: verstehen
K3: anwenden
Die kognitive Stufe K4 (analysieren) wird nicht gefordert.
Der Eintrag "W" erfordert, im Advanced Level die Inhalte des Foundation Level zu wiederholen.
Hinweis für Schulungsanbieter: K2-Lernziele müssen anhand von Beispielen vermittelt werden.
Für K3-Lernziele ist eine Übung erforderlich.
Die Lernenden müssen die Begriffe, die im Absatz direkt unter der Überschrift genannt werden,
nur dann wiedergegeben können (K1), wenn dies in den Lernzielen explizit angegeben ist.
auf der Verletzbarkeit des menschlichen Körpers und berücksichtigen die potenziellen Risiken im
Zusammenhang mit der technischen Auslegung der Produkte und mit ihrer Herstellung.
Software wird immer als aktives Produkt betrachtet, daher gelten für Software folgende Regeln:
Software, die ein Produkt steuert oder dessen Anwendung beeinflusst, wird automatisch
derselben Klasse zugerechnet wie das Produkt. Software, die Teil eines Medizinproduktes ist,
wird daher nicht eigenständig klassifiziert.
Software als eigenständiges Medizinprodukt wird wie jedes andere Medizinprodukt
klassifiziert.
Software als Zubehör wird unabhängig von dem Produkt, mit dem es verwendet wird,
gesondert klassifiziert.
Lehrinhalte Advanced Level
Die Klassifikation von Medizinprodukten richtet sich nach einer ganzen Reihe von Regeln, die in
Anhang IX der Medizinprodukte-Richtlinie zu finden sind.
Grundsätzlich wird Software, die ein Medizinprodukt steuert oder beeinflusst, in die selbe Klasse
eingeordnet wir das zugehörige Medizinprodukt. Zu beachten ist dabei, dass Software stets als
aktives Medizinprodukt angesehen wird. Für aktive Medizinprodukte gelten zusätzliche Regeln.
Wesentliche Aspekte, die die Klassifizierung von Medizinprodukten beeinflussen, sind:
Invasive oder nicht-invasive Anwendung
vorübergehende oder dauernde Anwendung
Anwendung am Herzen oder zentralen Kreislaufsystem
So wird beispielsweise eine Software zur Steuerung eines Dialyse-Geräts wie das Gerät selbst in
die Klasse IIb eingeordnet.
Soll eigenständige Software klassifiziert werden, so ist die Anwendung dieser Regeln mitunter
schwierig. Hierzu gibt es eine Richtlinie "MEDDEV 2.1/6", die einen Algorithmus zur Beurteilung
der Frage, ob die Software ein Medizinprodukt ist, definiert.
Der Algorithmus stellt folgende Fragen:
1. Ist die Software ein Computerprogramm? Wenn nicht, handelt es sich nicht um ein
Medizinprodukt
2. Ist die Software Teil eines Medizinprodukts? Dann wird entsprechend der Klassifikation des
Medizinproduktes weiter verfahren.
3. Erfüllt die Software nur einfache Aufgaben (Speicherung, Archivierung, verlustfreie
Kompression, Kommunikation oder einfache Suche? Dann handelt es sich nicht um ein
Medizinprodukt
4. Dient die Software dem Wohl individueller Patienten? Wenn nicht, dann handelt es sich um
kein Medizinprodukt
5. Dient die Software einem medizinischen Zweck im Sinne der MDD? Dann liegt eine Software
als eigenständiges Medizinprodukt vor. Wenn nicht, dann ist zu prüfen, ob es sich eventuell
um ein Zubehör zu einem Medizinprodukt handelt.
Als Beispiel für Software als eigenständiges Medizinprodukt werden unter anderem genannt:
ein Planungssystem für die Strahlentherapie ist ein Medizinprodukt der Klasse IIb
Software zur Präsentation von klinischen Parametern in Routine-Untersuchungen ist ein
Medizinprodukt der Klasse IIa
Software zur Präsentation von klinischen Parametern auf Intensivstationen ist ein
Medizinprodukt der Klasse IIb
1.2.1.8. Sonderanfertigungen
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M1-LE2.1-5-1 Wissen, was ein Zubehör und was eine K1 W
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Gesamtlehrplan
Sonderanfertigung ist.
M1-LE2.1-5-1 Die Anforderungen an Sonderanfertigungen kennen. -- K1
Lehrinhalte Foundation Level
Zubehör zu einem Medizinprodukt ist ein Gegenstand, der selbst kein Medizinprodukt ist, aber
zusammen mit einem Medizinprodukt zu verwenden ist, damit dieses entsprechend seiner
Zweckbestimmung eingesetzt werden kann.
Eine Sonderanfertigung ist ein Produkt, das aufgrund einer ärztlichen Verordnung für einen
namentlich bekannten Patienten angefertigt wird. Beispiele für Sonderanfertigungen sind Brillen
oder Hörgeräte, die speziell für einen Patienten angepasst werden.
Lehrinhalte Advanced Level
Sonderanfertigungen müssen allen Vorgaben der Medizinprodukte-Richtlinie genügen. Im
Gegensatz zu Serienprodukten tragen sie jedoch keine CE-Kennzeichnung. Der Hersteller muss
eine Dokumentation erstellen, aus der hervorgeht, dass das Produkt die Grundlegenden
Anforderungen erfüllt.
1.2.1.9. Technische Dokumentation
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M1-LE2.1-6-1 Inhalt und Umfang der technischen Dokumentation K2 --
verstehen.
Lehrinhalte Foundation Level
Die technische Dokumentation eines Medizinproduktes dient der Bewertung der Konformität
eines Produktes mit den grundlegenden Anforderungen der anzuwendenden Richtlinie. Jeder
Hersteller ist verpflichtet, diese Dokumentation zu erstellen. Dabei ist es dem Hersteller
freigestellt, ob die technische Dokumentation aus einem zusammenhangendem Dokument oder
aus mehreren Dokumenten aus unterschiedlichen Quellen besteht, wie beispielsweise
Risikoanalyse, Bedienungsanleitung, Fertigungszeichnungen usw. Ein Hersteller muss jedoch in
der Lage sein, alle relevanten Informationen in angemessener Zeit zur Verfügung zu stellen.
1.2.1.10. Konformitätsbewertungsverfahren
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M1-LE2.1-7-1 Wissen, was eine Konformitätsbewertung ist. K1 W
M1-LE2.1-7-1 Die verschiedenen Konformitätsbewertungsverfahren K1 K2
kennen und verstehen. Das Ziel und den Ablauf eines
Konformitätsbewertungsverfahrens verstehen und
den Einfluss der Produktklassifizierung auf das
Konformitätsbewertungsverfahren kennen.
Lehrinhalte Foundation Level
Je nach Klassifizierung eines Produktes sind in Abhängigkeit von der Klasse des Produktes
verschiedene Konformitätsbewertungsverfahren möglich.
Nach Anhang VII:
Für Produkte der Klasse I und IIa: Der Hersteller muss mittels einer Konformitätserklärung
bestätigen, dass sein Produkt die grundlegenden Anforderungen der Richtlinie erfüllt. Zudem
muss er die technische Dokumentation für das Klasse I Produkt erstellen, die den Nachweis über
die Erfüllung der grundlegenden Anforderungen erbringt. Notwendig ist weiterhin ein System zur
Marktüberwachung nach Inverkehrbringen des Produktes und zur Durchführung von Korrekturen
am Produkt. Das Hinzuziehen einer Benannten Stelle ist für Klasse I Produkte ohne Messfunktion
nicht notwendig.
Nach Anhang II:
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Für Produkte der Klasse IIa, IIb und III: Hersteller, die ein Konformitätsbewertungsverfahren nach
Anhang II benutzen, müssen ein Qualitätsmanagementsystem aufbauen und dieses durch ein
Audit einer Benannten Stelle zertifizieren und regelmäßig überprüfen lassen. Die Zertifizierung
erfolgt in der Regel nach ISO 13485.
Nach Anhang III:
Für Produkte der Klasse IIb und III: Ein Konformitätsbewertungsverfahren nach Anhang III prüft
die Auslegung und das Design eines Medizinproduktes und muss um ein
Konformitätsbewertungsverfahren ergänzt werden, welches die Produktion überprüft. Für die
Baumusterprüfung muss der Hersteller ein Baumuster seines Produktes und die dazugehörige
technische Dokumentation an eine Benannte Stelle übergeben, die das Baumuster auf
Konformität zu den grundlegenden Anforderungen und Übereinstimmung mit der
Dokumentation überprüft.
Nach Anhang IV:
Als Ergänzung zu Anhang III: Der Hersteller übergibt an die Benannte Stelle ein fertiges Produkt
zur Prüfung, um zu zeigen, dass er in der Lage ist das Baumuster korrekt zu reproduzieren.
Nach Anhang V:
Als Ergänzung zu Anhang III. Mit dem Konformitätsbewertungsverfahren nach Anhang V wird der
Produktionsprozess eines Herstellers geprüft und zertifiziert. Auch hier ist das Ziel sicherzustellen,
dass ein Hersteller in der Lage ist, ein Produkt korrekt reproduzieren.
Nach Anhang VI:
Als Ergänzung zu Anhang III. Das Konformitätsbewertungsverfahren zur Qualitätssicherung des
Produktes zielt auf die Endkontrolle der Fertigung. Auch hier ist eine Zertifizierung durch eine
Benannte Stelle notwendig, um die Produktion von konformen Produkten zu gewährleisten.
Für Software wird in der Regel das Konformitätsbewertungsverfahren nach Anhang II
angewendet, da alle anderen Bewertungsverfahren von den Benannten Stellen als nicht adäquat
eingeschätzt werden und weil die IEC 62304 ein Qualitätsmanagement System fordert. Zudem
gibt es keine Trennung zwischen Entwicklung und Produktion.
1.2.1.11. CE Kennzeichnung
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M1-LE2.1-8-1 Die Bedeutung des CE-Kennzeichens für den K1 W
europäischen Markt kennen.
Lehrinhalte Foundation Level
Die CE-Kennzeichnung ist innerhalb Europas die sichtbare Kennzeichnung, dass ein Produkt den
grundlegenden Anforderungen der Richtlinie entspricht und somit in Verkehr gebracht werden
kann. Die Kennzeichnung wird vom Hersteller selbst angebracht.
Für Produkte der Klasse I (ohne sterile Teile und ohne Messfunktion) kann ein Hersteller die CE-
Kennzeichnung ohne Hinzuziehung einer Benannten Stelle anbringen. Wenn für ein höher
klassifiziertes Produkt eine Benannte Stelle hinzugezogen wurde, muss deren vierstellige
Kennnummer hinter der Kennzeichnung angegeben werden.
1.2.2. Richtlinie 98/79/EG über In-vitro-Diagnostika
1.2.2.1. Hintergrund
Die Richtlinie 98/79/EG über In-vitro-Diagnostika enthält alle Anforderungen an Geräte oder
Produkte, die der Definition der Richtlinie entsprechen. Vom Aufbau ähnelt die Richtlinie der
Medizinprodukterichtlinie, enthält jedoch abweichende spezifische Vorgaben an diese
Geräteklasse und spezifische harmonisierte Normen.
1.2.2.2. Begriffe Foundation Level
Produktklassifizierung
Konformitätsbewertungsverfahren
CE-Kennzeichen
In-Vitro-Diagnostik
1.2.2.3. Begriffe Advanced Level
Produktklassifizierung
Konformitätsbewertungsverfahren
CE-Kennzeichen
In-Vitro-Diagnostik
1.2.2.4. Inhalt und Aufbau der Richtlinie
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M1-LE2.2-1-1 Die Definition eines In-vitro Diagnostikum und den K1 W
Inhalt und den Aufbau der europäischen Richtlinie
kennen.
Lehrinhalte Foundation Level
Die Richtlinie über In-vitro Diagnostika beschäftigt sich mit Geräten die organische Vorgänge
beobachten oder beeinflussen, welche außerhalb des Körpers stattfinden.
Nach der Definition der Richtlinie ist „jedes Produkt, das als Reagenz, Reagenzprodukt,
Kalibriermaterial, Kontrollmaterial, Kit, Instrument, Apparat, Gerät oder System – einzeln oder in
Verbindung miteinander – nach der vom Hersteller festgelegten Zweckbestimmung zur In-vitro-
Untersuchung von aus dem menschlichen Körper stammenden Proben, einschließlich Blut- und
Gewebespenden, verwendet wird und ausschließlich oder hauptsächlich dazu dient,
Informationen zu liefern
Über physiologische oder pathologische Zustände oder
Über angeborene Anomalien oder
Zur Prüfung auf Unbedenklichkeit und Verträglichkeit bei potentiellen Empfängern oder
Zur Überwachung therapeutischer Maßnahmen
Die Richtlinie besteht aus 24 Artikeln und 10 Anhängen, die inhaltlich sehr nah an der
Medizinprodukterichtlinie liegen. In den grundlegenden Anforderungen wird jedoch auf größere
Exaktheit der Messungen Wert gelegt, so dass z.B. Messverfahren und mathematische Ansätze in
der Gebrauchsanweisung beschrieben sein müssen.
1.2.2.5. Konformitätsbewertungsverfahren für In-vitro-Diagnostika
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M1-LE2.2-2-1 Die Konformitätsbewertungsverfahren für In-vitro- -- K2
Diagnostika kennen und verstehen
Lehrinhalte Advanced Level
Für ein Konformitätsbewertungsverfahren ist, wie in der Medizinprodukterichtlinie, zunächst eine
Klassifizierung notwendig. Diese basiert bei der In-vitro-Diagnostika Richtlinie nicht auf einem
Regelwerk, sondern auf vorgefertigte Listen, in die bereits konkrete Produkte eingeordnet
wurden und sich im Anhang II befinden.
Liste A: Blutgruppenbestimmung, Test auf HIV, Hepatitis
Liste B: Blutzuckerbestimmung oder Risikoabschätzung für Trisomie 21
Sonstige: Umfasst alle sonstigen In-vitro-Diagnostika
Für die Wahl des Konformitätsbewertungsverfahrens gibt es, abhängig von der Klasse des
Produktes, verschiedene Verfahren:
Die beiden Richtlinien sind weitgehend deckungsgleich, jedoch spielt die Gebrauchstauglichkeit in
diesem Fall keine Rolle.
1.2.3.5. Konformitätsbewertungsverfahren für aktive implementierbare medizinische Geräte
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M1-LE2.3-2-1 Konformitätsbewertungsverfahren für aktive -- K2
implementierbare medizinische Geräte kennen und
verstehen
Lehrinhalte Advanced Level
Für das Konformitätsbewertungsverfahren von aktiven implantierbaren medizinischen Geräten
gelten ähnliche Regelungen wie für Medizinprodukte der Klasse III.
Nach Anhang 2: Aufbau und Zertifizierung eines vollständigen Qualitätsmanagementsystems und
regelmäßige Überprüfung dieses Systems.
Nach Anhang 3: Prüfung eines Baumusters und nachfolgender EG-Prüfung des Produktes (Anhang
4) oder Zertifizierung des Produktionsprozesses (Anhang 5).
Die CE-Kennzeichnung muss mit der vierstelligen Nummer einer beteiligten Benannten Stelle
angegeben werden, eine Konformitätserklärung ohne Beteiligung einer Benannten Stelle ist nicht
vorgesehen.
1.2.4. Nationale Umsetzung am Beispiel des Medizinproduktegesetzes
1.2.4.1. Hintergrund
Das Medizinproduktegesetz (MPG) ist die nationale Umsetzung der europäischen Richtlinien
93/42/EWG, 90/385/EWG und 98/79/EG für Deutschland und somit gültiges Recht für alle
Hersteller und Betreiber von Medizinprodukten in Deutschland.
1.2.4.2. Begriffe Foundation Level
Medizinproduktegesetz
nationale Umsetzung
nationale Ausnahmen und Besonderheiten
Strafen und Bußgelder
1.2.4.3. Begriffe Advanced Level
Medizinproduktegesetz
nationale Umsetzung
nationale Ausnahmen und Besonderheiten
Strafen und Bußgelder
1.2.4.4. Inhalt und Aufbau des MPG
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M1-LE2.4-1-1 Den Inhalt des MPG und die nationalen K1 W
Bestimmungen kennen.
Lehrinhalte Foundation Level
Das deutsche Medizinproduktegesetz umfasst 44 Paragraphen, die in 9 Abschnitte gegliedert
sind. Die ersten 6 Abschnitte setzen die Vorgaben der Richtlinien teilweise wörtlich um, während
die verbleibenden drei Abschnitte nationale Gegebenheiten beinhalten.
Abschnitt sieben beinhaltet Sondervorschriften für die Bundeswehr, so ist es z.B. erlaubt, für
Medizinprodukte, die für die Bundeswehr bestimmt sind, auf die Angabe eines Verfalldatums zu
verzichten. Zudem ermöglicht dieser Abschnitt der Bundeswehr, in Einzelfällen Ausnahmen vom
Gesetz zuzulassen.
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Gesamtlehrplan
Abschnitt acht regelt die Straf- und Bußgeldvorschriften für Verstöße gegen das MPG. Diese
bewegen sich zwischen Bußgeldern bei kleineren Verstößen bis hin zu Freiheitsentzug von bis zu
5 Jahren bei schweren Fällen, wenn beispielsweise grober Eigennutz vorliegt, die Gesundheit
einer großen Zahl von Menschen gefährdet wurde oder Menschen verletzt bzw. zu Tode
gekommen sind.
Abschnitt neun regelt die Übergangsvorschriften.
Zu beachten ist, dass das MPG selbst keine Anhänge führt, um beispielsweise die grundlegenden
Anforderungen zu listen oder die Konformitätsbewertungsverfahren zu beschrieben, sondern auf
die Anhänge der einzelnen Richtlinien verweist.
1.2.4.5. Besonderheiten des MPG gegenüber den europäischen Richtlinien
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M1-LE2.4-2-1 Die nationalen Ergänzungen gegenüber den -- K1
europäischen Richtlinien kennen.
Lehrinhalte Advanced Level
Das MPG kennt einige Besonderheiten als Ergänzung zu den Richtlinien, da diese nur ein
Mindestmaß vorgeben.
Sicherheitsbeauftragter für Medizinprodukte:
Jeder Hersteller, der seinen Sitz in Deutschland hat, ist verpflichtet einen Sicherheitsbeauftragten
namentlich zu benennen. Die benannte Person muss die hierfür notwendige Sachkenntnis
vorweisen können. Die Aufgabe eines Sicherheitsbeauftragten für Medizinprodukte ist die
Sammlung und Bewertung von Meldungen über Risiken bei Medizinprodukten und die
Koordination von notwendig werdenden Maßnahmen. Zudem ist die Anzeigepflicht von Risiken,
die eigene Medizinprodukte betreffen, Aufgabe des Sicherheitsbeauftragten.
Medizinprodukteberater:
Der Medizinprodukteberater wurde in Deutschland (und in Österreich) eingeführt, um Kunden
verlässliche Informationen über Medizinprodukte zu bieten, besonders im Bereich der
telefonischen Beratung und Information. Zu den Aufgaben gehört auch die Einweisung von
Personal in die Handhabung eines Medizinproduktes.
Medizinprodukte aus Eigenherstellung:
Als Medizinprodukte aus Eigenherstellung (und das Zubehör) gelten alle Produkte, die von
Gesundheitseinrichtungen hergestellt und angewendet werden, ohne in den Verkehr gebracht zu
werden oder unter die Definition von Sonderanfertigungen zu fallen.
Medizinprodukte aus Eigenherstellung besitzen den gleichen Status wie Sonderanfertigungen.
1.2.4.6. Verordnungen als Ergänzungen zum MPG
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M1-LE2.4-3-1 Die deutschen Verordnungen zur Ergänzung des MPG -- K1
kennen und den Inhalt der wichtigsten Verordnungen
kennen
Lehrinhalte Advanced Level
Das Medizinproduktegesetz wird vom Gesetzgeber durch verschiedene Verordnungen ergänzt.
Für Deutschland sind diese:
Medizinprodukte-Verordnung (MPV)
Medizinprodukte-Sicherheitsplanverordnung (MPSV)
Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetrV)
DIMDI-Verordnung (DIMDIV)
Medizinprodukte-Gebührenverordnung (Medizinprodukte-GebuehrenV)
© 2016 International Certified Professional for Medical Software Board e.V. 20
Certified Professional for Medical Software
Gesamtlehrplan
Medizinproduktegesetz
Risikomanagementakte
1.3.2.3. Begriffe Advanced Level
Risikomanagement
Risikomanagement-Prozess
Risikoanalyse
Risikominimierung
Restrisiko
Risikomanagementakte
1.3.2.4. Inhalt und Bedeutung der ISO 14971
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M1-LE3.2-1-1 Den Inhalt der Norm kennen und die Bedeutung des K2 W
Risikomanagements verstehen.
Lehrinhalte Foundation Level
Die EN ISO 14971 beinhaltet einen Prozess zur Identifizierung, Bewertung und Kontrolle von
Gefährdungen für Patienten, Benutzern und Dritten durch ein Medizinprodukt, der sich über den
kompletten Lebenszyklus eines Medizinproduktes erstreckt.
Der Risikomanagementprozess gliedert sich grob in die Aktivitäten Risikoanalyse,
Risikobewertung und Risikokontrolle. Ein Hersteller muss sicherstellen, dass durch die zur
Risikokontrolle herangezogenen Maßnahmen zur Risikominderung keine weiteren unakzeptablen
Risiken entstehen. Restrisiken und das Gesamtrisiko des Produktes müssen nach Ergreifen von
Risikominderungsmaßnahmen evaluiert werden um sicherzustellen, dass der medizinische
Nutzen das verbleibende Restrisiko überwiegt. Abschließend fordert die Norm die Einrichtung
eines Mechanismus zur Sammlung und Auswertung von risikorelevanten Informationen nach dem
Inverkehrbringen.
1.3.2.5. Schnittstellen zur EN ISO 14971
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M1-LE3.2-2-1 Die Normen, die auf die EN ISO 14971 verweisen -- K2
kennen und den Sinn und Zweck der Verweise kennen
und verstehen.
Lehrinhalte Advanced Level
Aufgrund der zentralen Positionierung der EN ISO 14971 für die Sicherheit eines
Medizinproduktes verweisen die harmonisierten Normen an verschiedenen Stellen auf die EN ISO
14971.
Verweis in der EN ISO 13485 in Kapitel 7.1, Planung der Produktrealisierung
Normativer Verweis in der EN 62304, Kapitel 2.
Verweise in
Kapitel 4.2, Risikomanagement;
Kapitel 4.3, Software Sicherheitsklassifizierung;
Kapitel 7.1.1, Identifikation von Software-Komponenten, die zu einer Gefährdungssituation
beitragen könnten;
Kapitel 7.1.4, Dokumentation möglicher Ursachen;
Kapitel 7.2.2, Risikokontroll-Maßnahmen, die in Software implementiert werden;
Kapitel 7.3.3, Dokumentation der Rückverfolgbarkeit
weitere Verweise in den Anhängen
Normativer Verweis in der EN 62366, Kapitel 2.
Verweise in
Kapitel 4.1.2, Restrisiko;
Kapitel 4.1.3, Sicherheitshinweise;
Kapitel 5.3.1, Ermittlung sicherheitsbezogener Merkmale;
Kapitel 5.3.2, Ermittlung bekannter oder vorhersehbarer Gefährdungen und
Gefährdungssituationen;
Kapitel 5.5, Spezifikation der Gebrauchstauglichkeit;
Kapitel 5.6, Validierungsplan für Gebrauchstauglichkeit;
Kapitel 5.7, Gestaltung und technische Umsetzung der Benutzer-Produkt-Schnittstelle;
Kapitel 5.9, Validierung der Gebrauchstauglichkeit
weitere Verweise in den Anhängen
1.3.3. EN 62304: Software-Lebenszyklus-Prozesse
1.3.3.1. Hintergrund
Die EN 62304 beschreibt die Prozesse entlang des Software-Lebenszyklus, von der Entwicklung bis
zur Freigabe der Software.
1.3.3.2. Begriffe Foundation Level
Software-Entwicklungsprozess
Verifizierung
Änderungen an Software
Wartung von Software
Software-Sicherheitsklassifizierung
1.3.3.3. Begriffe Advanced Level
Software-Entwicklungsprozess
Verifizierung
Änderungen an Software
Wartung von Software
Software-Sicherheitsklassifizierung
1.3.3.4. Inhalt der EN 62304
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M1-LE3.3-1-1 Den Inhalt der EN 62304 kennen. K1 W
Lehrinhalte Foundation Level
Die EN 62304 enthält fünf Prozesse, die entlang des Software-Lebenszyklus ausgeführt werden:
1. Software-Entwicklungsprozess: Der Software-Entwicklungsprozess beschreibt die Aktivitäten
der Softwareentwicklung von der Planung bis zur Freigabe
2. Software Wartungsprozess: Der Wartungsprozess beschreibt das Vorgehen bei Änderungen
an Software und verweist für die Implementierung eines Änderungsantrags auf den Software-
Entwicklungsprozess
3. Software-Risikomanagementprozess: Der Prozess verweist auf die ISO 14971 und ergänzt
diese um softwarespezifische Aspekte.
4. Software-Konfigurationsmanagementprozess: Dieser Prozess beschreibt die Anforderungen
an die Identifizierung von Konfigurationen, Versionen und Fremdsoftware sowie die
Freigaben von Änderungen.
5. Software-Problemlösungsprozess: Beschreibt die Erstellung von Problemberichten, die
Untersuchung eines Problems und die Anwendung des Software-
Konfigurationsmanagementprozesses.
1.3.3.5. Schnittstelle zur Systementwicklung
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Gesamtlehrplan
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M1-LE3.3-2-1 Die Abgrenzung zur System-Validierung und Freigabe K2 W
kennen und verstehen.
Lehrinhalte Foundation Level
Die EN 62304 beschreibt alle Tätigkeiten der Softwareentwicklung bis zur Freigabe der Software,
klammert dabei jedoch explizit die Validierung und Freigabe eines Medizinproduktes als
Gesamtsystem aus.
1.3.4. EN 62366 - Anwendung der Gebrauchstauglichkeit auf Medizinprodukte
1.3.4.1. Hintergrund
Die EN 62366 bzw. die EN ISO 60601-1-6 beschreiben die Anforderungen an die Sicherheit von
Medizinprodukten aus Sicht der Benutzbarkeit.
1.3.4.2. Begriffe Foundation Level
Gebrauchstauglichkeit
Usability
1.3.4.3. Begriffe Advanced Level
Gebrauchstauglichkeit
Usability
1.3.4.4. Inhalt und Bedeutung der EN 62366
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M1-LE3.4-1-1 Den Sinn und Zweck der Norm EN 62366 kennen und K2 W
verstehen und die Bedeutung von
Gebrauchstauglichkeit für Medizinprodukte verstehen.
Lehrinhalte Foundation Level
Die IEC 62366 beschreibt einen Entwicklungsprozess, der alle sicherheitsrelevanten Aspekte der
Gebrauchstauglichkeit eines Medizinproduktes behandelt. Der Fokus beschränkt sich dabei allein
auf die sicherheitskritischen Aspekte der Benutzbarkeit, das heißt auf alle Gefährdungen, die aus
dem normalen Gebrauch eines Medizinproduktes entstehen können. Der normale Gebrauch setzt
sich aus dem bestimmungsgemäßen Gebrauch sowie den Nutzungsfehlern zusammen.
Absichtlichen Missbrauch schließt die Norm explizit aus dem Geltungsbereich aus.
1.3.4.5. Ablösung der EN ISO 60601-1-6 durch die EN 62366
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M1-LE3.4-2-1 Wissen, dass die EN ISO 60601-1-6 von der EN 62366 K1 W
abgelöst worden ist und dass die Normen inhaltlich
nur wenige Unterschiede aufweisen.
Lehrinhalte Foundation Level
Die EN 62366 ist die Nachfolgenorm der EN ISO 60601-1-6 und hat diese inhaltlich abgelöst. Die
dritte Auflage der EN ISO 60601-1-6 enthält nur noch einen Verweis auf die EN 62366 und eine
Klärung der leicht unterschiedlichen Begrifflichkeiten in beiden Normen. Die EN ISO 60601-1-6 ist
nach wie vor unter der MDD harmonisiert und verbindlich für medizinische elektrische Geräte.
Die EN ISO 60601-1 referenziert beim Thema Gebrauchstauglichkeit auf die EN ISO 60601-1-6, die
ihrerseits auf die EN 62366 referenziert. Auf diese Weise wurde die EN 62366 in den
Geltungsbereich der EN ISO 60601-1 gebracht.
1.3.5. Die Normenfamilie EN ISO 60601-1 über medizinisch elektrische Geräte
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Gesamtlehrplan
1.3.5.1. Hintergrund
Die Normenfamilie EN ISO 60601-1 kann zum Nachweis der Erfüllung der grundlegenden
Anforderungen bei medizinisch elektrischen Geräten (nicht für Stand-alone Software)
herangezogen werden.
1.3.5.2. Begriffe Foundation Level
Medizinisch elektrische Geräte
Validierung Gesamtsystem
1.3.5.3. Begriffe Advanced Level
Medizinisch elektrische Geräte
Validierung Gesamtsystem
1.3.5.4. Anwendungsbereich der Normenfamilie
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M1-LE3.5-1-1 Den Anwendungsbereich der EN ISO 60601-1 K1 W
Normenfamilie kennen
Lehrinhalte Foundation Level
Die Normenfamilie gilt für medizinische elektrische Geräte und Systeme. Also Medizingeräte, die
einen elektrischen Anschluss an ein Versorgungsnetz haben und zwangsläufig in den Kontakt mit
den Patienten kommen müssen, um den medizinischen Zweck zu erfüllen. Die EN ISO 60601-1 gilt
somit auch für Geräte, die elektrisch betrieben werden, aber keine Software beinhalten. ME-
Geräte, die Software beinhalten nennt die Norm programmierbare elektrische medizinische
Systeme. Die EN ISO 60601-1 beschreibt im Abschnitt 14 die Grundsätze eines Entwicklungs-
Lebenszyklus und referenziert an verschiedenen Stellen auf die EN 62304. In Ergänzung zur EN
62304 behandelt die EN ISO 60601-1 auch das Thema Validierung.
1.3.5.5. Aufbau der Normenfamilie
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M1-LE3.5-2-1 Den Aufbau der Normenfamilie kennen. K1 W
Lehrinhalte Foundation Level
Die Normenfamilie besteht aus der Basisnorm 60601-1, Allgemeine Festlegung für die Sicherheit
einschließlich der wesentlichen Leistungsmerkmale. Aufbauend auf der Basisnorm enthält die
Normenfamilie Ergänzungsnormen der Reihe 60601-1-x, die ergänzende
Sicherheitsanforderungen und Leistungsmerkmale enthalten, wie Elektromagnetische
Verträglichkeit, Gebrauchstauglichkeit oder Alarmsysteme. Weiterhin enthält die Normenfamilie
produktspezifisch besondere Festlegungen an die Basissicherheit und wesentlichen
Leistungsmerkmale in der Reihe 60601-2-x.
Die spezifischen Ergänzungsnormen sind dabei so angelegt, dass die Anforderungen der
Basisnorm überschrieben, ergänzt oder ersetzt werden können. Die Basisnorm und die
Ergänzungen der Reihe 60601-1-x beinhalten keine produktspezifischen Anforderungen und sind
somit auf alle Medizinprodukte anwendbar, die unter die Definition eines medizinisch
elektrischen Geräts fallen.
Mit der dritten Ausgabe der Basisnorm aus dem Jahr 2005 wurde die Struktur der Norm
verändert und einige Ergänzungsnormen in die Basisnorm übernommen, beispielsweise wurde
die Ergänzungsnorm 60601-1-4 in das Kapitel 14 der Basisnorm übernommen. Die Basisnorm
übernimmt in der dritten Ausgabe die Grundgedanken des Risikomanagements nach EN ISO
14971.
1.3.5.6. Bedeutung der Normenfamilie für medizinische Software
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M1-LE3.5-3-1 Verstehen welche Teile der Normenfamilie auf die K2 W
Softwareentwicklung angewendet werden müssen
und welche Bedeutung diese Teile für medizinische
Software haben.
Lehrinhalte Foundation Level
Für die Entwicklung von Software sind vor allem der Abschnitt 14 (PEMS Entwicklungs-
Lebenszyklus) der EN ISO 60601-1 und die Ergänzungsnorm EN ISO 60601-1-6 über
Gebrauchstauglichkeit von Bedeutung. Im Amendment 1 zur 3. Edition der EN ISO 60601-1
werden in Bezug auf Usability weitere Begriffe und Aktivitäten festgelegt, für die die Norm auch
auf die EN 62366 referenziert.
Der Abschnitt 14 der dritten Ausgabe der EN ISO 60601-1 enthält Anforderungen an die
Validierung des Gesamtsystems und ergänzt somit bei reiner Softwareentwicklung die EN 62304
um eben diesen Aspekt.
Überblick über den Lebenszyklus eines Medizinproduktes aus regulatorischer Sicht: (Bild 2-9 aus
dem Buch)
1.4.1.5. Medizinische Zweckbestimmung und bestimmungsgemäßer Gebrauch
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M1-LE4.1-2-1 Die Begriffe der medizinischen Zweckbestimmung und K2 W
des bestimmungsgemäßen Gebrauchs kennen und die
Bedeutung der beiden Begriffe verstehen.
Lehrinhalte Foundation Level
Der erste Schritt im Lebenszyklus eines Medizinproduktes besteht in der Definition der
Zweckbestimmung dieses Produktes. Die Zweckbestimmung umfasst nach IEC 62366, 5.1, im
Wesentlichen die Punkte:
medizinische Indikation
vorgesehene Patientengruppe (inklusive Alter, Gesundheitszustand, Gewicht usw.)
Körperregion bzw. Gewebe das untersucht (diagnostiziert, therapiert, überwacht) werden soll
Benutzergruppe (inklusive Alter, Beruf, Ausbildung, Geschlecht, Sprachkenntnisse und
sonstige relevanten Kenntnisse)
Benutzungskontext (Kernaufgaben, Häufigkeit der Anwendung, Arbeitsbelastung, zu
erzielende Ergebnisse)
Umgebungsbedingungen (Temperatur, Helligkeit, Luftfeuchtigkeit usw.)
Die Beschreibung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs umfasst die Informationen der
Zweckbestimmung und zusätzliche Informationen von der Installation über Betrieb und Wartung
bis zur Entsorgung.
Umweltbedingungen für Lagerung und Transport (Luftfeuchtigkeit, Temperatur, Druck usw.)
Installationsbedingungen (benötigtes Fachpersonal usw.)
Wartungsbedingungen (Intervalle etc.)
Reinigung
Die genaue Definition der Zweckbestimmung und des bestimmungsgemäßen Gebrauchs bilden
die Grundlage für die Beurteilung des Produktes im Sinne der Definition eines Medizinproduktes
und der Bestimmung, welche Richtlinie auf das Medizinprodukt anzuwenden ist.
1.4.1.6. Bestimmung der anzuwendenden Richtlinien
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M1-LE4.1-3-1 Die relevante Richtlinie und mögliche ergänzende K2 W
nationale Verordnungen kennen und bestimmen
können.
Lehrinhalte Foundation Level
Aufgrund der beschriebenen Zweckbestimmung muss jedes Medizinprodukt einer der drei
Richtlinien entsprechend der Definitionen für Medizingeräte, aktive implementierbare Geräte
und In-vitro Diagnostika zugeordnet werden. Zusätzlich muss geprüft werden, inwieweit
weiterführende Richtlinien, wie beispielsweise die Maschinenrichtlinie oder die Richtlinie für
persönliche Schutzausrüstung beachtet werden müssen.
1.4.1.7. Klassifizierung eines Medizinproduktes
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M1-LE4.1-4-1 Die Lernenden kennen die Unterschiede bei der K1 W
Klassifizierung von In-Vitro-Diagnostika und
Medizinprodukten.
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Gesamtlehrplan
Benannte Stelle
Zertifizierungsaudit
1.4.2.4. Anzeigepflicht vor Aufnahme der Tätigkeit als Hersteller
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M1-LE4.2-1-1 Wissen, wann und wo sich der Hersteller eines K1 W
Medizinproduktes registriert.
Lehrinhalte Foundation Level
Alle Hersteller von Medizinprodukten in Deutschland haben nach § 5 Medizinproduktegesetz die
Pflicht, die Aufnahme der Tätigkeit vor dem erstmaligen Inverkehrbringen eines
Medizinproduktes anzuzeigen. Diese Anzeige erfolgt unter Angabe der Anschrift bei der
zuständigen Behörde. Da die Bundesländer die Zuständigkeit eigenständig regeln können, hält das
DIMDI eine vollständige Liste aller verantwortlichen Behörden bereit und stellen zudem ein
Formular zu Anzeige der Tätigkeit (unter Angabe der Behörde) zur Verfügung.
Diese Registrierung ist ausreichend, solange es sich um ein Medizinprodukt der Klasse I handelt,
das weder steril ist und auch keine Messfunktion beinhaltet. Für alle anderen Produkte ist der
Kontakt zu einer Benannten Stelle notwendig.
1.4.2.5. Konformitätsbewertungsverfahren
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M1-LE4.2-2-1 Die Überwachungsmaßnahmen während eines K1 W
Konformitätsbewertungsverfahrens kennen.
Lehrinhalte Foundation Level
Ein Konformitätsbewertungsverfahren wird, abhängig vom Weg der Konformitätserklärung, von
einer Benannten Stelle begleitet und überwacht. Diese Überwachung kann in Form von
Produktprüfungen, Dokumentenprüfungen oder Prozessprüfungen erfolgen.
1.4.2.6. Zertifiziertes Qualitätsmanagementsystem
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M1-LE4.2-3-1 Die Prüfungs- und Überwachungsmaßnahmen bei K1 W
Unterhaltung eines zertifizierten
Qualitätsmanagementsystems kennen.
Lehrinhalte Foundation Level
Wird als Konformitätsbewertungsverfahren der Nachweise eines zertifiziertes
Qualitätsmanagementsystem gewählt, so muss das vom Hersteller erstellte QM-System von einer
Benannten Stelle zertifiziert sein. Die Zertifizierung erfolgt in der Regel nach EN ISO 13485.
Die Zertifizierung umfasst ein Vor-Audit, die Prüfung der QM-Unterlagen und dem
Zertifizierungsaudit beim Hersteller. Als Ergebnis erhält der Hersteller einen Auditbericht mit
Anmerkungen, Nebenabweichungen und Hauptabweichungen und das Zertifikat.
Enthält ein Auditbericht Hauptabweichungen, so müssen diese kurzfristig behoben werden, um
das Zertifikat zu erhalten. Geschieht dies nicht, können auch bereits bestehende Zertifikate
wieder eingezogen werden. Nebenabweichungen müssen dagegen in der Regel erst bis zum
nächsten Audit behoben werden, während Anmerkungen keinen Einfluss auf die Vergabe haben.
Ein solches Zertifikat muss alle drei Jahre erneuert werden, zudem erfolgen jährliche
Überwachungsaudits.
1.4.2.7. Überwachung der Benannten Stellen
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M1-LE4.2-4-1 Die Überwachungsmaßnahmen kennen, denen eine K1 W
Benannte Stelle unterliegt.
Lehrinhalte Foundation Level
Die Benannten Stellen sind ein wichtiges Element bei der Überwachung der Einhaltung aller
regulatorischen Vorgaben. Jedoch sind die Benannten Stellen privatwirtschaftlich geführte
Unternehmen, die somit gegenüber den Herstellern keine rechtliche Befugnis besitzen und der
Kontrolle und Überwachung durch die Bundesländer unterliegen.
Die Zulassung und Kontrolle einer Benannten Stelle liegt im Aufgabenbereich der nationalen
Behörden, lediglich die Vergabe der Kennnummern wird durch die europäische Kommission
geregelt. Die Zulassung einer Benannten Stelle erfolgt durch eine nationale Akkreditierungsstelle.
In Deutschland ist das die Aufgabe der Deutschen Akkreditierungsstelle (DAkkS).
1.4.2.8. Weiterführende Gremien und Verbände
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M1-LE4.2-5-1 Die Gremien und Verbände als Lieferanten von K1 W
hilfreichen Dokumenten kennen.
Lehrinhalte Foundation Level
Der EK-Med ist ein Erfahrungsaustauschkreis, der nach dem Medizinproduktegesetz Benannten
Stellen auf nationaler Ebene. Die Gruppierung setzt sich aus den Vertretern der Benannten
Stellen, des Bundesministeriums für Gesundheit und anderer wichtiger Institute sowie Vertretern
der Akkreditierungsstelle zusammen. Die EK-Med tagt zweimal pro Jahr und die Ergebnisse der
Diskussionen werden in den EK-Med-Dokumenten veröffentlicht.
Auf europäischer Ebene gibt es das Team NB, die European Association of Notified Bodies for
Medical Devices. Die Gruppierung besteht aus Mitgliedern der europäischen Benannten Stellen
und ist vertreten in dem Zusammenschluss NB-MED, dem neben den Vertretern der Benannten
Stellen auch Vertreter der europäischen Kommission, der Industrie, der Mitgliedsstaaten und
unabhängige Experten angehören. Die Gruppierung veröffentlicht Empfehlungen in sogenannten
NB-MED-Dokumenten.
GHTF: Global Harmonization Task Force. Zusammenschluss von Vertretern der Industrie und der
Regulierungsbehörden der Länder USA, Kanada, Japan und der europäischen Union mit dem Ziel,
die nationalen regulatorischen Anforderungen in einem weltweiten Standard anzugleichen. Die
GHTF veröffentlicht Guidance Dokumente mit dem Ziel die Sicherheit der Patienten zu erhöhen
und den Zugriff zu medizinischen Technologien zu verbessern. Die GHTF wurde 2013 von der
Nachfolgeorganisation International Medical Devices Regulator Forum (IMDRF) abgelöst.
Verwaltungsrecht
Food, Drug, and Cosmetic Act
Code of Federal Regulations
Food and Drug Administration
1.5.1.3. Begriffe Advanced Level
Verfassung
Gesetzesrecht
Verwaltungsrecht
Food, Drug, and Cosmetic Act
Code of Federal Regulations
Food and Drug Administration
1.5.1.4. Aufbau der amerikanischen Gesetzgebung
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M1-LE5.1-1-1 Den Aufbau der amerikanischen Gesetzgebung kennen K1 W
um ein Verständnis für die regulatorischen Vorgaben
auf dem amerikanischen Markt zu bekommen.
Lehrinhalte Foundation Level
Die amerikanische Gesetzgebung besteht aus drei hierarchisch gegliederten Ebenen, die sich im
Detailgrad unterscheiden.
Die oberste Ebene bildet die Verfassung, die durch vom Kongress verabschiedete Zusätze ergänzt
werden kann. Unterhalb der Verfassung findet sich die Gesetzgebung der Regierung, das
sogenannte Gesetzesrecht. Die dritte Ebene bildet das Verwaltungsrecht, welches von einer der
Regierung unterstellten Behörde verfasst und durchgesetzt wird. Unterhalb dieser Ebene
existieren sogenannte Guidance Dokumente, die zwar keine rechtsverbindlichen Charakter
haben, aber eine hohe Praxisbedeutung besitzen. Auf gleicher Ebene und mit gleichem nicht
rechtsverbindlichem Charakter rangieren die "Recognized Consensus Standards", die den
harmonisierten Normen ähneln. Die Standards IEC 62304 und ISO 14971 sind beispielsweise laut
Webseite der FDA (Stand August 2012) vollständig anerkannt, wobei im Falle von IEC 62304
zusätzlich die einschlägigen Guidance-Dokumente zu beachten sind.
1.5.1.5. Federal Food, Drug, and Cosmetic Act
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M1-LE5.1-2-1 Wissen welche Teile des Federal Food, Drug, and K1 W
Cosmetic Act für Medizinproduktehersteller von
Bedeutung sind.
Lehrinhalte Foundation Level
Der Federal Food, Drug, and Cosmetic Act bildet auf Ebene des Gesetzesrechts die rechtliche
Grundlage für die Hersteller von Medizinprodukten, ebenso wie für Nahrungsmittel, Arzneimittel
und Kosmetika.
Das Gesetz besteht aus 9 Kapiteln, von denen sich das fünfte auf Arzneimittel und
Medizinprodukte bezieht und die Rahmenbedingungen für die Zulassung von Medizinprodukten
in Amerika regelt. Abschnitt 510 des fünften Kapitels beschriebt unter dem Punkt k das
Meldeverfahren auf dem amerikanischen Markt. Die Bezeichnung 510(k) für das Meldeverfahren
leitet sich von der Nummerierung im Gesetz ab.
Weitere relevante Anforderungen finden sich in den Abschnitten mit den Nummern 505-1 für
Risikoanalyse und Minderung, 513 für die Klassifizierung von Medizinprodukten, 515 für die
erweiterte Prüfung von Medizinprodukten (Premarket Approval) sowie 522 für die
Marktüberwachung.
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Gesamtlehrplan
(Aus Guidance for the Content of Premarket Submissions for Software Contained in Medical
Device)
Für die Basisdokumentation muss vom Hersteller folgende Informationen bereitgestellt werden:
Beschreibung der Komponente
Hardware- und Softwareanforderungen an die Komponente
Beschreibung, wie sichergestellt wird, dass der Endnutzer die Komponente nicht negativ
beeinflussen kann
Beschreibung der Funktionalität der OTS-Komponente und deren Zusammenspiel mit der
restlichen Software
Beschreibung der Maßnahmen zur Sicherstellung der korrekten Funktionalität
Beschreibung der Maßnahme zur Kontrolle der OTS-Komponente (Falsche Version,
Beobachtung von Buglisten)
Die besondere Dokumentation umfasst zusätzlich zur Basisdokumentation noch den Nachweis,
dass die OTS-Komponente mit derselben Sorgfalt entwickelt wurde wie die eigene Software.
Hierzu zählen Audits beim Hersteller der OTS-Komponente, Validierungs- und
Verifikationsschritte und die Sicherstellung der langfristigen Wartung der OTS-Komponente, auch
wenn diese vom Hersteller der Komponente aufgegeben wird.
2. Curriculum Risikomanagement
Dieses Modul gibt einen Einblick in einen Kernprozess der Entwicklung medizinischer Software:
das Risikomanagement.
Hinweis: Es kann für die Durchführung der Schulung sinnvoll sein, die Abschnitte in geänderter
Reihenfolge zu präsentieren bzw. zu kombinieren.
GEFÄHRDUNG
"Eine Gefährdung ist eine potenzielle Schadensquelle."
Die Gefährdung stellt die eigentliche Ursache für einen potenziellen Schaden dar. Beispielsweise
stellt eine Spannungsquelle eine Gefährdung dar.
Beispiele für Gefährdungen sind:
Elektrische Energie
Elektromagnetische Strahlung
Mechanische Energie
Thermische Energie (Hitze, Kälte)
Biologische und chemische Materialien
Weitere Beispiele für Gefährdungen befinden sich im Anhang E der ISO 14971. Auch andere
Normen, die auf die ISO 14971 verweisen, nennen Beispiele bezogen auf deren Kontext.
Software selbst stellt nie eine direkte Gefährdung dar, kann aber Teil einer Ursachenkette sein,
die zu einer Gefährdung führt. Die Besonderheiten im Umgang mit Risikomanagement für
medizinische Software beschreibt die IEC 80002.
GEFÄHRDUNGSSITUATION
„Umstände, unter denen Menschen, Güter oder die Umwelt einer oder mehreren Gefahren
ausgesetzt sind.”
Betrachtet man den Zustand, in dem eine Person – Patient, Anwender oder Dritter – einer
Gefährdung ausgesetzt wird, beispielsweise bei der Anwendung eines Medizinprodukts, so wird
von einer Gefährdungssituation gesprochen.
Eine hohe elektrische Spannung ist eine potentielle Schadensquelle und damit eine Gefährdung.
Wenn ein Patient oder Anwender dieser Spannung ausgesetzt ist, beispielsweise weil er in deren
Nähe kommt, sprechen wir von einer Gefährdungssituation. Eine Berührung kann zu einem
Schaden führen.
Software kann zu einer Gefährdungssituation beitragen. Zum Beispiel durch eine falsche
Berechnung oder durch eine falsche Anzeige. Die falsche Anzeige stellt aber nicht die
Gefährdungssituation dar.
An dieser Stelle ist eine kurze Übung durchzuführen, in der die Teilnehmern für ein einfaches
Beispiel Gefährdung und Gefährdungssituation benennen.
SCHADEN
„Physische Verletzung oder Schädigung der menschlichen Gesundheit oder Schädigung von
Gütern oder der Umwelt.”
Bezogen auf das Beispiel mit der Spannungsquelle kann eine defekte Isolation zu einem
Stromschlag führen, infolge dessen eine Person einen Schaden in Form einer Verbrennung oder
eines Kammerflimmerns erleiden kann.
Software alleine kann niemals direkt zu einem Schaden führen.
RISIKO
„Kombination der Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines Schadens und des Schweregrades des
Schadens."
Dabei wird unter Schweregrad das "Maß der möglichen Folgen einer Gefährdung" verstanden.
Um das Risiko zu ermitteln, muss bezogen auf das Beispiel abgeschätzt werden, unter welchen
Umständen und mit welcher Wahrscheinlichkeit es zu einer Beschädigung der Isolation kommt
und mit der Patient oder Anwender sich im Einflussbereich des Produkts befinden – also die
Wahrscheinlichkeit dass eine Gefährdungssituation entsteht. Weiterhin muss die
Wahrscheinlichkeit bestimmt werden, mit der dann eine Person einen Schaden erleidet. Zum
Schluss muss der Schweregrad des Schadens zum Beispiel Stromschlag oder Kammerflimmern
klassifiziert werden.
Weitere wichtige Begriffe des Risikomanagements sind:
RISIKOANALYSE
RISIKOBEWERTUNG
„Prozess des Vergleichs des eingeschätzten Risikos mit gegebenen Risikokriterien, um die
Akzeptanz des Risikos zu bestimmen."
RISIKOBEHERRSCHUNG
Gemäß DIN EN ISO 14971 der für die Maßnahmen zur Risikobeherrschung festzulegende Prozess,
in dem "Entscheidungen getroffen und Maßnahmen implementiert werden, durch die Risiken auf
festgelegte Bereiche verringert werden oder auf diesen gehalten werden".
Lehrinhalte Advanced Level
Wiederholung der Inhalte des FL zur Auffrischung mit folgender Vertiefung:
Weitere wichtige Begriffe sind:
SICHERHEIT
"Freiheit von unvertretbaren Risiken." (EN ISO 14971)
GRUNDRISIKO
„Unter Grundrisiko ist das größtmögliche Risiko zu verstehen, das sich für ein Medizinprodukt
ohne Integration von (zusätzlichen) sicherheitstechnischen Maßnahmen ergibt.” [1]
RESTRISIKO
„Risiko, das nach der Anwendung von Maßnahmen zur Risikobeherrschung verbleibt." (EN ISO
14971)
VERTRETBARES RISIKO
„Risiko, das nach der Durchführung von Maßnahmen zur Risikobeherrschung verbleibt." [1]
Da Sicherheit als Freiheit von unvertretbaren Risiken definiert wird, kann die Sicherheit eines
Medizinprodukts als Wahrscheinlichkeit dargestellt werden, dass von diesem Produkt innerhalb
einer bestimmten Zeitdauer oder einer bestimmten Anzahl Anwendungen keine
Gefährdungssituation ausgeht und damit auch kein Schaden zu erwarten ist. Der Festlegung der
Lebensdauer eines Medizinprodukts, in der die Sicherheit von Patienten, Anwendern und Dritten
gewährleistet sein muss, kommt in diesem Zusammenhang eine große Bedeutung zu.
Zur Ermittlung des Grundrisikos eines Medizinprodukts werden zunächst der Schweregrad und
die Eintrittswahrscheinlichkeit des Schadens ohne Integration von risikomindernden Maßnahmen
betrachtet. Für jedes Risiko müssen so möglich Maßnahmen zur Risikominimierung festgelegt
werden. Nach der Festlegung dieser Maßnahmen wird das verbleibende Restrisiko neu bewertet.
Den Akzeptanzbereich legt ein Hersteller mit seiner Risikopolitik fest. Risikomindernde
Maßnahmen können zu neuen Gefährdungen und zu neuen Risiken führen. Diese sind im Rahmen
des Risikomanagement-Prozesses ebenfalls zu bearbeiten.
2.2. Risikobewertungsmatrix
2.2.1. Aufbau und Ziel der Matrix
2.2.1.1. Hintergrund
Die Darstellung der Risiken in Form einer Matrix wird von der ISO 14971 nicht gefordert, dient
aber einem besseren Überblick und wird im Anhang der Norm als Beispiel erläutert.
2.2.1.2. Begriffe Foundation Level
© 2016 International Certified Professional for Medical Software Board e.V. 45
Certified Professional for Medical Software
Gesamtlehrplan
Risikobewertungsmatrix
2.2.1.3. Aufbau und Ziel der Matrix
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M2-LE2.1-1-1 Den Aufbau einer Risikobewertungsmatrix kennen. K1 W
M2-LE2.1-1-1 Verstehen, dass die Risikobewertungsmatrix dem K2 W
Überblick dient.
M2-LE2.1-1-1 Wissen, dass die Risikobewertungsmatrix nicht -- K1
gesetzlich vorgeschrieben ist.
M2-LE2.1-1-1 Wissen, dass die Risikobewertungsmatrix spezifisch für -- K1
jedes Produkt erstellt werden sollte.
M2-LE2.1-1-1 Wissen, dass die Risikobewertungsmatrix die K1 W
Risikopolitik des Herstellers ausdrückt.
Lehrinhalte Foundation Level
Risiko ist immer eine Kombination aus Wahrscheinlichkeit und Schwere des Schadens. Diese lässt
sich gut in Form einer Matrix darstellen, wobei die beiden Achsen den beiden Parametern
"Wahrscheinlichkeit des Schadens" und "Schwere des Schadens" entsprechen:
Im Lauf der Risikoanalyse kann der Hersteller die Anzahl der Risiken mit der entsprechenden
Kombination aus Wahrscheinlichkeit und Schwere in die jeweiligen Zellen eintragen. Damit ist ein
wichtiges Ergebnis der Risikoanalyse auf sehr übersichtliche Weise dargestellt, nämlich, wie viele
Schäden mit welcher Wahrscheinlichkeit und welchem Schweregrad identifiziert wurden.
Üblicherweise werden eine Matrix mit der Verteilung vor der Festlegung der Maßnahmen und
eine Matrix mit der Verteilung nach der Implementierung der Maßnahmen zum Vergleich erstellt.
Die Abbildung unten zeigt die Umsetzung der Risikomatrix nach der nicht mehr harmonisierten
Ausgabe EN ISO 14971:2007. In dieser Vorgängerversion war es möglich, einen „grünen“ Bereich
festzulegen, in dem Risiken als akzeptabel eingestuft werden konnten und nicht weiter gemindert
werden mussten. Der gelbe Bereich galt als "so gering wie vernü nftigerweise praktikable"
(ALARP). Damit wurde einem Hersteller bei der Festlegung einer Minderung Raum für
ökonomische Überlegungen gelassen, was die Medizinprodukterichtlinien aber explizit
ausschließen.
Um die Risiken bewerten zu können, muss die Auftretenswahrscheinlichkeit und der Schweregrad
des Schadens abgeschätzt werden. Dazu müssen Wertebereiche festgelegt werden
2.2.2.2. Die Wahrscheinlichkeitsachse
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M2-LE2.2-1-1 Wissen, welche Faktoren zu berücksichtigen sind, um K1 --
den Wertebereich abzuschätzen.
M2-LE2.2-1-1 Beispiele für die Einteilung der Wahrscheinlichkeit K2 --
nennen können.
M2-LE2.2-1-1 Wissen, dass die Achse oft mehrere Größenordnungen -- K1
umfasst und in der Regel logarithmisch ist.
M2-LE2.2-1-1 Die Wahrscheinlichkeitsachse für einen einfachen -- K3
beispielhaften Fall selbst definieren können.
Lehrinhalte Foundation Level
Die Einstufung der Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines Schadens kann qualitativ oder
quantitativ erfolgen, wobei nach Möglichkeit eine quantitative Einstufung vorzuziehen ist.
Die Einteilung der Wahrscheinlichkeit erfolgt in den meisten Fällen in diskreten Werten, wobei
mindestens 3 Niveaus (besser: mehr) verwendet werden sollten. Bei der Definition der
Schadenswahrscheinlichkeit ist zu Beginn eine Betrachtung der höchsten und niedrigsten
relevanten Wahrscheinlichkeit hilfreich (auch bei qualitativer Einstufung).
Ein Beispiel für eine vierstufige Einteilung sind die folgenden Kategorien:
Häufig: Bei jeder 10.ten Nutzung oder häufiger
Gelegentlich: Häufiger als jeder 1000.ten Nutzung aber seltener als bei jeder 10.ten Nutzung
Vorstellbar: Häufiger als bei jeder 100.ten Nutzung
Unwahrscheinlich: Seltener als bei jeder 100.000.ten Nutzung
Dabei kann eine Wahrscheinlichkeitsbewertung aus Sicht der Anwendung eines einzelnen
Produktes erfolgen oder auch für die Verwendung aller sich auf dem Markt befindlichen Produkte
erfolgen.
Lehrinhalte Advanced Level
Die Wahrscheinlichkeit eines Schadens ist das Produkt der Wahrscheinlichkeit, dass eine
Gefährdungssituation entsteht, multipliziert mit der Wahrscheinlichkeit, dass diese
Gefährdungssituation zum Schaden führt.
Bsp: Die Wahrscheinlichkeit, dass sich jemand auf Grund einer herumliegenden Bananenschale
einen Knochen bricht, ist umso höher,
je mehr Menschen an dieser Stelle verkehren und
je höher der Anteil von Menschen mit Osteoporose ist.
Wie bereits erwähnt, muss die Definition der Wahrscheinlichkeitsbereiche produkt- und
unternehmensspezifisch erfolgen. Dies gilt auch für die Granularität der Einteilung (3 Kategorien
oder eher 10 Kategorien...).
Bei der Definition der Wahrscheinlichkeitsachse sollte man die höchste und niedrigste relevante
Wahrscheinlichkeit bestimmen und diesen Bereich in Klassen unterteilen. Dabei entsteht meist
eine Skala, die sich über mehrere Größenordnungen erstreckt. Die Wahrscheinlichkeitsachse ist
daher in der Regel eine logarithmische. Für die Definition kommen viele Einheiten in Betracht wie
'pro Behandlung', pro 'Gerät und Jahr' usw. Hilfreich ist die Nennung von spezifischen Beispielen
(Interpretationshilfen).
In diesem Abschnitt ist eine Übung durchzuführen, in der die Schulungsteilnehmer für einen
einfachen Fall beispielhaft eine Einteilung erstellen und Interpretationshilfen geben.
Die Preliminary Hazard Analysis (PHA) ist ein geeignetes Verfahren für eine initiale
Gefährdungsanalyse, wenn die vollständige technische Lösung noch weitgehend unbekannt ist.
2.3.2.2. Begriffe Foundation Level
PHA
2.3.2.3. Preliminary Hazard Analysis
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M2-LE3.2-1-1 Wissen, für was PHA steht und was sich dahinter K1 --
verbirgt.
M2-LE3.2-1-1 Wissen, dass die PHA nur eines von mehreren K1 --
Verfahren zur Gefährdungsanalyse ist.
M2-LE3.2-1-1 Die Vor- und die Nachteile des Verfahrens kennen. K1 --
M2-LE3.2-1-1 Sich der Bedeutung von Checklisten, beispielsweise K1 --
der ISO 14971, bewusst sein.
M2-LE3.2-1-1 Verstehen, welche Aspekte bei einer PHA -- K2
berücksichtigt werden müssen.
Lehrinhalte Foundation Level
Die PHA ist ein induktives Analyseverfahren mit dem Ziel, die Gefährdungen,
Gefährdungssituationen und Ereignisse festzustellen, die bei einer gegebenen Tätigkeit,
Einrichtung oder einem gegebenen System Schäden verursachen können. Vereinfacht gesagt,
versucht man, anhand von Checklisten und 'Nachdenken' die möglichen Gefährdungen zu
erfassen (allerdings ohne systematisch die Ursachen zu analysieren). Solche Checklisten befinden
sich beispielsweise in der Richtlinie, in den Anhängen der ISO 14971 und in der IEC 80002.
Die PHA wird meist früh bei der Entwicklung eines Projekts angewendet, wenn wenige Angaben
über Einzelheiten der technischen Umsetzung oder über Betriebsabläufe vorliegen. In der Regel
ist die PHA Vorläufer für weitere Studien. Die PHA sollte nicht als einziges Verfahren zur
Gefährdungsanalyse verwendet werden.
Die Abschätzung der Wahrscheinlichkeiten und Schweregrade ist in diesem frühen Stadium oft
nur schwer möglich und nicht das eigentliche Ziel einer PHA. Mit der PHA werden die
Gefährdungen einer Produktidee greifbar und der Hersteller kann endscheiden, ob der
Entwicklung vorgelagerte Machbarkeitsabklärungen notwendig sind. Die PHA ist daher eine gute
Ausgangsbasis für weitere Architektur- und Designüberlegungen.
Lehrinhalte Advanced Level
Bei einer PHA wird eine Liste von Gefährdungen und allgemeinen Gefährdungssituationen
erarbeitet, indem Merkmale berücksichtigt werden wie:
verwendete oder hergestellte Werkstoffe und deren Reaktionsweise
verwendete Ausrüstungen und Technologien
physikalisch technische Wirkungsweise
Inputs und Outputs des Produkts
die Betriebsumgebung
die Gestaltung
Wichtig ist immer der bestimmungsgemäße Gebrauch. Damit ist nicht nur die medizinische
Zweckbestimmung gemeint, sondern auch andere Handlungen wie z.B. Transport, Reinigung,
Wartung.
Die IEC/TR 80002-1 enthält Fragenkataloge, die helfen, SW-spezifische Gefährdungen zu
identifizieren.
Die FTA kann auch spezifisch für die graphische Benutzeroberfläche eingesetzt werden. Ein
Benutzer kann an einem interaktiven System genau drei Dinge tun:
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Gesamtlehrplan
2.4.3.2. Risikomanagementplanung
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M2-LE4.3-1-1 Wissen, dass die Aktivitäten des Risikomanagement- K1 --
Prozesses für jedes Produkt geplant und dokumentiert
werden müssen.
M2-LE4.3-1-1 Die Planungsinhalte kennen. K1 K1
Lehrinhalte Foundation Level
Der Risikomanagementplan beschreibt, wie der Risikomanagementprozess für ein konkretes
Medizinprodukt durchzuführen ist. Der Plan enthält sowohl eine Beschreibung des
Medizinproduktes (System) mit Zweckbestimmung und Anwenderkreis (professioneller
Anwender, Laie, Behinderter, etc.), als auch die für das Medizinprodukt (System) zutreffenden
Phasen des Lebenszyklus.
Im Risikomanagementplan müssen auch die Tätigkeiten einschließlich Verantwortlichkeiten sowie
die Risikopolitik und Akzeptanz des Herstellers festgelegt werden.
Für jedes Medizinprodukt müssen der Risikomanagementplan und die Ergebnisse aller
Risikomanagement-Aktivitäten während des gesamten Lebenszyklus des Medizinprodukts
dokumentiert werden und sind Teil der Risikomanagement-Akte.
Der Plan sollte folgenden Inhalt haben:
Zweckbestimmung bzw. Referenz darauf
Planung der Risikomanagement-Aktivitäten über den gesamten Lebenszyklus des Produktes
Vorgaben zur Dokumentation
Bestimmung der Verantwortlichkeiten für die Aktivitäten (interdisziplinäres Teams)
Risikoakzeptanzkriterien (Risikopolitik), ggf. auch welche für den Fall, dass die
Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines Schadens nicht eingeschätzt werden kann
Ergebnisse aller Aktivitäten wie beispielsweise “FMEA-Tabelle“, Pläne und Ergebnisse der
Prüfungen (z.B. Tests), um die Wirksamkeit der Maßnahmen zu prüfen
Ergebnisse der Aktivitäten im Zusammenhang mit der Herstellung und der Herstellung
nachgelagerten Phasen des Produkts.
Der Aufwand und Umfang der Planung sollte dem Risikograd angemessen sein.
2.4.4. Zweckbestimmung und bestimmungsgemäßer Gebrauch
2.4.4.1. Hintergrund
Ganz entscheidend für die Gefährdungsanalyse sind die Zweckbestimmung bzw. der
bestimmungsgemäße Gebrauch.
2.4.4.2. Begriffe Foundation Level
Bestimmungsgemäßer Gebrauch
Zweckbestimmung
2.4.4.3. Zweckbestimmung und bestimmungsgemäßer Gebrauch
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M2-LE4.4-1-1 Die Begriffe Zweckbestimmung und K2 --
bestimmungsgemäßer Gebrauch unterscheiden und
Beispiele nennen können.
M2-LE4.4-1-1 Verstehen, dass ohne Festlegung des K2 --
bestimmungsgemäßen Gebrauchs eine vollständige
Gefährdungsanalyse nicht möglich ist.
M2-LE4.4-1-1 Die Definition eines bestimmungsgemäßen Gebrauchs -- K3
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Gesamtlehrplan
an. Ob ein Risiko akzeptabel ist oder nicht, wird durch die Risikopolitik des Herstellers festgelegt
(siehe Abschnitt "Risikobewertungsmatrix").
Lehrinhalte Advanced Level
Die Risikoanalyse kann nicht von einer Person alleine durchgeführt werden. Speziell für die
Bewertung von Schweregrad und Wahrscheinlichkeit muss ein interdisziplinäres Team
herangezogen werden. In der Regel wird die Risikoanalyse iterativ im Verlauf von mehreren
Workshops erstellt.
Da gerade die Bewertung der Auftretenswahrscheinlichkeit eine schwierige Aufgabe ist, nennt EN
ISO 14971 einige Quellen, aus denen Informationen hierfür herangezogen werden können:
veröffentlichte Normen;
wissenschaftlich-technische Daten;
Einsatzdaten von ähnlichen, bereits in Anwendung befindlichen Medizinprodukten
einschließlich veröffentlichter Berichte über Zwischenfälle;
Gebrauchstauglichkeitsuntersuchungen mit typischen Anwendern;
klinische Nachweise;
Ergebnisse geeigneter Untersuchungen;
Expertenmeinungen; und
externe Qualitätsbeurteilungsprogramme.
2.4.6. Risikobeherrschung
2.4.6.1. Hintergrund
Ein Ziel des Risikomanagements besteht darin, Risiken zu beherrschen. Dafür werden
Risikobeherrschungsmaßnahmen definiert.
2.4.6.2. Begriffe Foundation Level
Risikobeherrschung
2.4.6.3. Risikobeherrschung
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M2-LE4.6-1-1 Die Reihenfolge kennen, in der versucht werden muss, K1 --
identifizierte Risiken zu beherrschen.
M2-LE4.6-1-1 Wissen, welche Auswirkungen Maßnahmen zur K1 --
Risikobeherrschung haben.
M2-LE4.6-1-1 Wissen, dass eine Information über ein Risiko die K1 --
Wahrscheinlichkeit, dass dieser Schaden auftritt,
selten um mehr als eine Klasse reduziert.
M2-LE4.6-1-1 Für Software typische Maßnahmen (z.B. -- K1
Checksummen) kennen.
M2-LE4.6-1-1 Wissen, dass auch im Herstellungsprozess Risiken -- K1
liegen, die beherrscht werden müssen.
Lehrinhalte Foundation Level
Der Hersteller hat für jedes Risiko, für das eine Maßnahme zur Risikominimierung notwendig ist,
zuerst ein inhärent sicheres Design anzustreben,
falls dies nicht möglich oder sinnvoll umsetzbar ist, Schutzmaßnahmen zu implementieren
oder
falls auch das nicht realisiert werden kann oder ausreicht, einen Hinweis auf diese Restrisiken
zu geben.
Die Maßnahmen zur Risikominimierung wirken sich in der Risikobewertungsmatrix wie folgt aus:
Inhärente Sicherheit bedeutet, dass das entsprechende Risiko nach der Umsetzung nicht
mehr existiert.
Schutzmaßnahmen können sowohl die Auftretenswahrscheinlichkeit als auch den
Schweregrad des Schadens verringern.
Mit der Harmonisierung der EN ISO 14971:2012 sind Hinweise zur Sicherheit in einer
Gebrauchsanweisung alleine nicht mehr zur Reduzierung geeignet.
Jede dieser Maßnahmen ist bezüglich Umsetzung und Wirksamkeit zu verifizieren. Außerdem
muss geprüft werden, ob durch die Risikobeherrschungsmaßnahme neue Risiken entstehen
können.
Lehrinhalte Advanced Level
Gerade für Software muss der Hersteller im Entwicklungsprozess verschiedene Aktivitäten
(qualitätssichernde Maßnahmen) definieren um das systematische Einschleppen von Fehlern zu
vermeiden. Der einfache Hinweis „Prozesses befolgen“ darf allerdings nicht als Maßnahme
festgelegt werden (siehe Grundlagen der integrierten Sicherheit aus der MDD). Neben den
qualitätssichernden Maßnahmen sind vor allem Design- und Architekturregeln eine Möglichkeit
zur Vermeidung von klassischen Softwarefehlern. Dies geschieht in der Regel in der SW-
Architektur (z.B. parallele, sich überwachende Prozesse) oder im SW-Design (z.B. durch
Checksummen). Design- und Programmierregeln, sowie die systematische Verifizierung aller
Artefakte sind weitere Risikobeherrschungsmaßnahmen, die beim Software-Entwicklungsprozess
ansetzen.
Die notwendige Risikobeherrschung betrifft nicht nur das Produkt(design) selbst und mögliche
Auswirkungen seines Einsatzes, sondern auch den Produktionsprozess. Ein nicht beherrschter
Produktionsprozess kann die Sicherheit des Medizinproduktes unmittelbar beeinträchtigen, z.B.
durch:
verschmutzte Bauteile oder Beeinträchtigung der Sterilität,
veränderte physikalische oder chemische Materialeigenschaften,
fehlende oder falsche (z.B. gesperrte) Komponenten oder
falsch montierte Bauteile.
Letztendlich fällt auch die Toolvalidierung (siehe Abschnitt "Toolvalidierung") in diese Kategorie
prozessorientierter Risikobeherrschungsmaßnahmen.
2.4.7. Risiko-/Nutzenbewertung
2.4.7.1. Hintergrund
Trotz implementierter Risikobeherrschungsmaßnahmen sind Medizinprodukte meist nicht frei
von Risiken. Dies ist jedoch akzeptabel, wenn der durch das Produkt erreichte Nutzen überwiegt
und die Risiken nicht weiter reduziert werden können. Die Nutzenbewertung muss durch
klinische/medizinische Daten belegt sein.
2.4.7.2. Risiko-/Nutzenbewertung
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M2-LE4.7-1-1 Verstehen, dass verbleibende Risiken durchaus K2 --
akzeptabel sein können.
M2-LE4.7-1-1 Wissen, dass das Inverkehrbringen nicht gestattet ist, K1 --
wenn die Nutzen die Risiken (nach Umsetzung der
risikominimierenden Maßnahmen) nicht überwiegen.
M2-LE4.7-1-1 Wissen, dass die Risikobewertungsmatrix alleine nicht -- K1
ausreicht.
Lehrinhalte Foundation Level
Das Verfahren der Umsetzung von Maßnahmen und Neubewertung der Risiken ist solange
iterativ durchzuführen, bis keine weiteren risikominimierenden Maßnahmen sinnvoll angewendet
werden können.
Der Hersteller muss nachweisen, dass der Nutzen die Risiken überwiegt. Falls dies nicht möglich
ist, darf der Hersteller das Medizinprodukt nicht in den Verkehr bringen.
Lehrinhalte Advanced Level
Der Hersteller muss sich bei der Risiko-Nutzen-Beurteilung der Tragweite seiner Entscheidung
bewusst sein. Dazu gehören technische, klinische, durch Vorschriften gegebene, ökonomische,
soziologische und politische Zusammenhänge, die es zu berücksichtigen gilt. Da diese Art der
Analyse äußerst produktspezifisch ist, ist eine Anleitung allgemeiner Art nicht möglich. Unter
Umständen ist eine klinische Prüfung nach einem gesetzlich anerkannten Verfahren erforderlich,
um zu verifizieren, dass das Verhältnis zwischen medizinischem Nutzen und Restrisiko vertretbar
ist.
Einw Möglichkeit für die Analyse der Risiko-Nutzen Beurteilung ist das folgende Schema (nicht aus
der Norm):
Technische Fähigkeit: Liefert das System verlässliche Informationen?
Diagnostische Korrektheit: Sind die Diagnoseergebnisse korrekt?
Diagnostischer Impact: Dient die Benutzung als Alternative zu anderen Verfahren?
Therapeutischer Impact: Beeinflusst das System Planung und Art und Weise der Therapie?
Patient Outcome: Unterstützt oder verbessert das System die Gesundheit des Patienten?
2.4.8. Nachgelagerte Phase
2.4.8.1. Hintergrund
Der Risikomanagementprozess ist eine kontinuierliche Aktivität, die auch nach Auslieferung des
Produktes an den Kunden fortgeführt werden muss.
2.4.8.2. Nachgelagerte Phase
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M2-LE4.8-1-1 Verstehen, dass der Risikomanagementprozess nicht K2 --
mit dem Ende der Entwicklung oder der Produktion
endet.
M2-LE4.8-1-1 Die Gründe benennen können, weshalb es dieser K2 --
nachgelagerten Phase bedarf.
M2-LE4.8-1-1 Die Informationsquellen kennen, die sie für ein -- K1
Risikomanagement in der nachgelagerten Phase
nutzen können.
M2-LE4.8-1-1 Wissen, wie man bei nicht mehr akzeptablen Risiken -- K1
reagieren muss/kann.
Lehrinhalte Foundation Level
Hersteller müssen auch nach der Entwicklung, Produktion und Inverkehrbringen des Produkts
Informationen sammeln und auswerten, z.B. um
bisher unbekannte Gefährdungen zu identifizieren
Abschätzungen von Wahrscheinlichkeiten und Schweregraden von Schäden zu korrigieren
und
die Gültigkeit der Akzeptanzkriterien bzw. der Risikopolitik zu prüfen bzw. anzupassen.
Lehrinhalte Advanced Level
Die Informationen, die vom Bediener, vom Anwender oder von dem für die Installation, den
Gebrauch und die Wartung des Medizinprodukts verantwortlichen Personen erzeugt werden,
müssen systematisch gesammelt und verarbeitet werden. Dazu muss der Hersteller ein System
festlegen. Es kann sich dabei um Rückmeldungen von Kunden, von eigenen Mitarbeitern, von
SOUP-Herstellern oder Anwendern handeln. Auch neue oder überarbeitete Normen können in
diesem Zusammenhang eine Rolle spielen. Schließlich sollten auch öffentlich zugängliche
Informationen (Behördenmeldungen wie vom BfArM oder der FDA, klinische Literatur) über
ähnliche auf dem Markt befindliche Medizinprodukte, Verfahren oder Technologien gesammelt
und überprüft werden. Hersteller, die ein Qualitätsmanagement implementiert haben, zum
Beispiel nach ISO 13485, müssen ein entsprechendes Reporting-System zur Erfassung und
Messung solcher Informationen unterhalten.
Diese Informationen müssen auf eine mögliche Sicherheitsrelevanz bewertet werden:
Liegen vorher nicht erkannte Gefährdungen oder Gefährdungssituationen vor?
Müssen die Wahrscheinlichkeiten und Schweregrade resultierende Schäden neu bewertet
oder sogar neue Schäden betrachtet werden?
Ergeben sich neue oder/und nicht akzeptable Risiken?
Falls "ja", müssen die Auswirkungen auf vorher durchgeführte Tätigkeiten des
Risikomanagements bewertet werden und als Eingabe in den Risikomanagement-Prozess
zurückfließen. Außerdem ist eine Überprüfung der Risikomanagementakte für das
Medizinprodukt durchzuführen. Falls die Möglichkeit besteht, dass das Restrisiko bzw. die
Restrisiken oder deren Akzeptanz sich verändert hat (haben), müssen die Auswirkungen auf
vorher durchgeführte Maßnahmen der Risikobeherrschung neu bewertet werden.
Die nachgelagerte Phase dient auch der Prozessverbesserung. So wird z.B. der
Risikomanagementplan an sich bewertet und evtl. Maßnahmen (z.B. Schulungen) ergriffen.
2.5. Dokumentation
2.5.1. Übersicht über die Dokumentenlandschaft
2.5.1.1. Hintergrund
Die Dokumentation ist ein wesentlicher integraler Bestandteil des Risikomanagements.
2.5.1.2. Übersicht über die Dokumentenlandschaft
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M2-LE5.1-1-1 Die zu erstellenden Dokumente kennen. K1 W
M2-LE5.1-1-1 Wissen, dass die Risikomanagementakte nicht als K1 W
physische Akte vorliegen muss.
M2-LE5.1-1-1 Wissen, dass die Konformität durch Inspektion der K1 W
Akte geprüft wird.
M2-LE5.1-1-1 Die in der Risikomanagementakte referenzierten -- K3
Dokumente mit anderen Dokumenten in Beziehung
stellen können.
Lehrinhalte Foundation Level
ISO 14971 verlangt die Erstellung einer Risikomanagementakte für jedes Medizinprodukt. Ob die
regulatorischen Vorgaben erfüllt worden sind oder nicht, wird durch Einsicht in diese Akte
geprüft.
In dieser Akte werden alle Dokumente - physikalisch oder referenziert - hinterlegt, die im Rahmen
der Aktivitäten des Risikomanagements entstehen. Aus dem Inhalt der Akte hat hervorzugehen,
wie sich die Ergebnisse der Risikoanalyse, der Risikobewertung, der Implementierung und
Überprüfung der Risikomaßnahmen, sowie der Beurteilung der Restrisiken zurückverfolgen
lassen. Auch der bestimmungsgemäße Gebrauch und die Risiko/Nutzen-Analyse gehören zur
Risikomanagementakte.
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Gesamtlehrplan
Mit der Durchführung des Risikomanagements für das Produkt wird auch der Grundstein für das
Software-Risikomanagement gelegt und damit einhergehend für die Vergabe der Software-
Sicherheitsklassen nach IEC 62304.
Ein wesentlicher Punkt bei der Software-Entwicklung ist, dass jedem Softwaresystem nach DIN EN
62304 eine Software-Sicherheitsklasse zuzuordnen ist. Dabei ist der maximale durch die Software
verursachte Schaden (nicht der maximale durch das Medizinprodukt verursachte Schaden)
entscheidend.
Die IEC 62304 definiert die Sicherheitsklasse eines Software-Systems anhand des Schweregrads
eines potenziellen Schadens, den die Software im Fehlerfall anrichten kann. Als Konsequenz
ergibt sich hieraus die in der IEC 62304 erhobene Forderung, dass jedes Software-System einer
der folgenden Software-Sicherheitsklassen zuzuordnen ist:
Klasse A: Die Software verursacht keine Verletzung oder Schädigung der Gesundheit.
Klasse B: Die Software verursacht keine schwere Verletzung.
Klasse C: Die Software kann den Tod oder eine schwere Verletzung verursachen.
Solange ein System, eine Komponente oder eine Einheit nicht klassifiziert ist, ist sie der Klasse C
zuzuordnen. Es ist jedoch möglich, die SW-Klassifizierung durch eine geeignete HW-Maßnahme
um eine Klasse zu reduzieren. Die Softwareklassifizierung muss nicht nur bei Neuentwicklungen
durchgeführt, sondern auch bei Software-Änderungen überprüft und ggf. angepasst werden.
Das Amendement zur IEC 62304 ändert die Sicherheitsklassifizierung dahingehend, dass
risikominimierende Maßnahmen außerhalb(!) des Software-Systems betrachtet werden. Falls die
dann verbleibenden Risiken akzeptabel sind, darf das Software-System als Klasse A klassifiziert
werden.
Die Klassifizierung kann entsprechend der Systemarchitektur weiter verfeinert werden, wobei
jedes Teil-System zunächst einmal die Klassifizierung des übergeordneten Systems "erbt". Wenn
der Hersteller nachvollziehbar belegen kann, dass das Teilsystem sauber vom Rest (keine
gemeinsamen Ressourcen wie Speicher) getrennt ist, kann das Teilsystem getrennt klassifiziert
werden. Die Software-Klassifizierung und ggf. die Begründungen müssen in der
Risikomanagementakte dokumentiert werden.
Wenn das Risiko, das von einem Software-Fehler ausgeht, durch eine Hardware-
Risikobeherrschungsmaßnahme auf ein vertretbares Maß verringert wird (im Sinne der ISO
14971), so kann die Software-Sicherheitsklasse um eine Klasse reduziert werden.
2.6.2. Risikoanalyse für Software
2.6.2.1. Hintergrund
Stand-alone-Software selbst, kann nicht direkt schädigen, kann jedoch Teil einer Ereigniskette
sein, die zu einer Gefährdungssituation führt. Die Umstände, bei denen Software zu einer
Gefährdungssituation beitragen kann, müssen in der Risikoanalyse untersucht werden. Dabei
müssen einige Software-spezifische Aspekte beachtet werden. So ist z.B. die Abschätzung von
Wahrscheinlichkeiten für Software ganz besonders schwierig und wird daher in der ISO 14971
gezielt adressiert.
2.6.2.2. Typische Gefährdungen
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M2-LE6.2-1-1 Verstehen, dass SW selbst keine Gefährdung darstellt, -- K2
sondern Gefährdungssituationen beeinflusst.
M2-LE6.2-1-1 Beispiele für negative Beeinflussungen kennen. -- K1
Lehrinhalte Advanced Level
Software stellt selbst keine Gefährdung dar. Niemand verletzt sich durch den Kontakt mit ihr. Da
Software meistens ein integrierter Bestandteil eines ME-Gerätes ist, können Software-Fehler Teil
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Gesamtlehrplan
einer Ursachenkette sein, die in einer Gefährdungssituation resultieren. Somit kann Software
bestehende Gefährdungssituationen verändern oder neue Gefährdungssituationen schaffen.
Stand-alone-Software kann nicht direkt schädigen. Eine Software zur Berechnung einer
Medikamentendosis kann dadurch zu einer Gefährdungssituation führen, dass ein Arzt einen
falsch berechneten Wert sieht, aber nicht erkennt, dass der Wert falsch ist und einen Patienten
unter Umständen falsch medikamentös behandelt.
Bei embedded Software stellt sich die Situation anders dar. Hier kann ein Fehler in der Software,
die zum Beispiel die Beatmung steuert, via Hardware unmittelbar zu einem Schaden führen.
2.6.2.3. Typische Fehler
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M2-LE6.2-2-1 Wissen, dass regelmäßig die gleichen Fehlermuster -- K1
auftreten.
M2-LE6.2-2-1 Typische Fehler benennen können. -- K2
M2-LE6.2-2-1 Wissen das es sich dabei um systematische Fehler -- K2
handelt und wie diese beherrschbar werden.
Lehrinhalte Foundation Level
--
Lehrinhalte Advanced Level
Bei Software sind regelmäßig die gleichen Ursachen von Gefährdungen zu finden:
Die Software ist nicht gebrauchstauglich (Benutzerschnittstelle), überfordert den Benutzer
mit zu vielen oder missverständlichen Informationen oder Alarmen,
Die Software stürzt ab und verzögert dadurch die Behandlung,
Die Gebrauchsanweisung ist unvollständig, fehlerhaft, in einer für den Benutzer nicht
ausreichend verständlichen Sprache oder gar missverständlich dokumentiert,
Die Software speichert Daten nicht (korrekt),
Die Software arbeitet mit der Sensorik nicht richtig zusammen,
Die Software verarbeitet Daten falsch,
Die Software nutzt fehlerhafte (und/oder nicht ausreichend spezifizierte und geprüfte)
Fremdkomponenten,
Die Software überträgt Daten falsch (z.B. zu einem anderen Gerät oder zu einer anderen
Komponente),
Die Software arbeitet mit anderen Daten, als dem Benutzer angezeigt werden,
Die Software bekommt keine ausreichenden Systemressourcen (CPU, Speicher) zur Verfügung
gestellt.
Solche Fehler sind systematischer Natur. Systematische Fehler lassen sich nur durch einen
beherrschten Entwicklungsprozess minimieren, wie er auch in der IEC 60601-1, IEC 62304 und IEC
62366 gefordert wird. Eine weitere Strategie besteht darin, die gleiche Funktion mit einer
anderen Technologie zu realisieren ggf. sogar von zwei verschiedenen Teams.
2.6.2.4. Wahrscheinlichkeiten und Software
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M2-LE6.2-3-1 Wissen, dass die Fehlerwahrscheinlichkeit bei -- K1
Software laut IEC 62304 generell bei 100% liegt.
M2-LE6.2-3-1 Wissen, dass für die Risikoanalyse von medizinischer -- K1
Software Experten des gesamten Einsatzumfeldes
benötigt werden.
Lehrinhalte Foundation Level
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Gesamtlehrplan
--
Lehrinhalte Advanced Level
Bei Software ist es schwierig, Wahrscheinlichkeiten zu schätzen. Die ISO 14971 empfiehlt eines
der folgenden Verfahren:
Verwendung relevanter Daten aus der Vorgeschichte (vergleichbare Produkte, eigenes
Produkt, bisher aufgetretene Fehler)
Vorhersage von Wahrscheinlichkeiten unter Verwendung von analytischen oder
Simulationstechniken
Beurteilung durch Experten
IEC 62304 gibt die Wahrscheinlichkeit, dass Software einen Fehler enthält, generell mit 100% an.
Man geht also davon aus, dass mögliche Fehler auf jeden Fall früher oder später auftreten
werden. Die Norm sagt damit aber nicht, dass ein Softwarefehler per se mit einer
Wahrscheinlichkeit von 100% zu einem Schaden führt. Im Fall von Stand-alone-Software besteht
die Möglichkeit, dass ein Fehler (Bsp. Falschberechnung) vom Bediener erkannt wird. Ein Fehler in
einer embedded Software würde mit einer höheren Wahrscheinlichkeit als bei Stand-alone-
Software zu einem Schaden führen. Es kommt dann auf die Applikation an. Der Ausfall einer
Beatmung würde innerhalb einer Minute zu einem Schaden führen, der Ausfall einer
Spritzenpumpe eventuell erst nach einem längeren Zeitraum.
Was bereits für das Medizinprodukt als Ganzes gesagt wurde, gilt auch für die darin enthaltene
Software: Die Risikoanalyse von medizinischer Software ist nicht nur Aufgabe der Entwickler,
sondern der Experten des gesamten Einsatzumfeldes. Allerdings ist es nicht sinnvoll, immer alle
Beteiligten mit einzubeziehen. Die SW-Entwickler schätzen am besten die Wahrscheinlichkeit,
dass ein SW-Fehler zu einem nach außen sichtbaren Ereignis führt, welches Ursache einer
Gefährdung sein könnte. Über die Wahrscheinlichkeiten in der Kette "Ursache -> Gefährdung ->
Gefährdungssituation -> Schaden" kann der SW-Entwickler hingegen oft nur spekulieren. Diese
Wahrscheinlichkeiten sollten vom Anwender (also den Medizinern bzw. dem medizinischen
Personal) geschätzt werden. Auch für die Abschätzung des Schweregrades eines möglichen
Schadens bedarf es medizinischen Sachverstandes.
Weitere Hinweise zu den Besonderheiten des Risikomanagements bei Software gibt auch die IEC-
TR 80002-1 - „Guidance on the application of ISO 14971 to medical device software“.
2.6.2.5. FTA und FMEA bei Software
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M2-LE6.2-4-1 Die Voraussetzung kennen, die für Software gegeben -- K1
sein müssen, um eine FTA bzw. eine FMEA
durchzuführen.
M2-LE6.2-4-1 Eine FMEA beispielhaft für SW-Systeme anwenden -- K3
können.
Lehrinhalte Advanced Level
Zur Erinnerung: Die Fault Tree Analysis FTA ist ein Analyseverfahren, das von einer bekannten
Gefährdung ausgeht und die Ursachenkette so lange zurückverfolgt, bis sie auf beherrschbare
(elementare) Ereignisse (Ursachen) stößt. Im Gegenzug dazu ist die FMEA ein Analyseverfahren,
das von einer elementaren Ursache (Softwarefehler, Tätigkeit eines Anwenders) ausgehend eine
Ursachenkette bis zu einer möglichen Folge z.B. einer Gefährdung verfolgt.
Beide Analyseverfahren eignen sich für die Software-Risiskoanalyse, vorausgesetzt, dass die
Architektur der Software bekannt ist. Für die FTA wird empfohlen, die Ursachenkette nicht zu
weit zu treiben (z.B. bis auf Codezeilenebene). Meist genügt es, die groben Komponenten zu
identifizieren, die ursächlich zu einer Gefährdung beitragen. Nur die sicherheitskritischen
Komponenten müssten dann weiter untersucht werden.
Die FMEA bietet sich für die Risikoanalyse ebenfalls an, da Software bekanntlich Auslöser einer
Ursachenkette sein kann. Auch für die Risikoanalyse von nicht selbst entwickelten Komponenten
(z.B. IEC 62304: SOUP - Software unbekannter Herkunft) bietet sich die FMEA an, ebenso immer
dann, wenn (Software-)Komponenten geändert oder ausgetauscht werden.
Wie jedes Verfahren hat die FMEA Stärken und Schwächen:
Bei einer FMEA argumentiert man weitgehend monokausal, das heißt, man untersucht die
unmittelbare Folge eines Ereignisses, aber nicht die Kombinationen mehrerer Fehler.
Die FMEA eignet sich besonders, um die Auswirkungen von Änderungen an einer
Komponente oder dem Einsatz einer Fremdkomponente (Software-Bibliothek) abzuschätzen.
Die FMEA birgt die Gefahr, bei zu granularen Komponenten zu beginnen und sich dadurch zu
verzetteln. Die Ergebnisse sind Tabellen, die Hunderte von Zeilen umfassen, im schlimmsten
Fall aber den Blick auf das Ganze vermissen lassen.
In diesem Abschnitt ist eine Übung durchzuführen, in der die Schulungsteilnehmer eine einfache
FMEA für Software erstellen.
2.6.3. IEC 80002
2.6.3.1. Hintergrund
Die IEC 80002 ergänzt die ISO 14971 und schließt eine Lücke in punkto Software-Sicherheit.
2.6.3.2. Begriffe Foundation Level
Software-Sicherheit
2.6.3.3. IEC 80002
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M2-LE6.3-1-1 Wissen, dass die IEC 80002 eine ergänzende Norm zur -- K1
ISO 14971 mit dem Charakter eines Leitfadens ist.
M2-LE6.3-1-1 Verstehen, dass die IEC 80002 eine Lücke im Bereich -- K2
der Software-Sicherheit schließt.
M2-LE6.3-1-1 Wissen, dass es in der IEC 80002 für jeden -- K1
Prozessschritt in der ISO 14971 eine
softwarespezifische Entsprechung gibt.
M2-LE6.3-1-1 Wissen, dass die IEC 80002 für alle Bereiche der -- K1
Medizintechniksoftware Anwendungshinweise gibt,
die nicht bereits durch existierende Normen
abgedeckt sind.
Lehrinhalte Advanced Level
ISO 14971 definiert einen Risikomanagementprozess für alle Arten von Medizinprodukten. Es gibt
keine Einschränkung auf medizinische elektrische Geräte oder Software. IEC 62304 ist rein auf
Software ausgerichtet, verweist aber für das Risikomanagement auf die ISO 14971. Wie jedoch
das Risikomanagement für Software genau aussehen soll, wird in keiner der beiden Normen
wirklich klar benannt.
Weil Software zunehmend mehr in medizinischen Produkten zum Einsatz kommt, wurde eine
Leitlinie entwickelt, die bei der Anwendung der ISO 14971 für die IEC 62304 Unterstützung bieten
soll, die IEC 80002-1.
Die Struktur der IEC 80002- 1 "Medical device software – Part 1: Guidance on the application of
ISO 14971 to medical device software" ist an die Struktur der ISO 14971 angelehnt. Für jeden
einzelnen Prozessschritt in der ISO 14971 gibt es eine Entsprechung in der IEC 80002-1. Darin wird
beschrieben, was im Fall der Software speziell zu beachten ist.
Die IEC 80002 ist adressiert an:
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Gesamtlehrplan
Risikomanager, die wissen müssen, wie Risikomanagement angewendet wird, wenn Software
Bestandteil des Medizinproduktes ist.
Softwareentwickler, die verstehen müssen, wie die Anforderung des Risikomanagements
nach ISO 14971 im Softwareentwicklungsprozess umzusetzen sind.
Die IEC 80002 enthält Informationen über die Anwendbarkeit des Risikomanagements für alle
Bereiche der Medizintechniksoftware, inkl.
Embedded Software Systeme
Stand-alone Software Systeme
Informationssysteme (z.B. KIS/RIS-Systeme)
Assistenz- und Zubehörsysteme (z.B. Bestrahlungsplanungssysteme)
Telemedizinsysteme
Die IEC 80002 ist nicht auf folgende Softwarebereiche oder -systeme anwendbar:
Bereiche, die bereits durch existierende Standards abgedeckt sind, z.B. Alarme, Netzwerke
etc.,
Produktions- oder QS-Software,
Softwareentwicklungswerkzeuge.
3. Curriculum SW-Engineering
3.1. Softwareentwicklungsprozesse
3.1.1. Regulatorische Anforderungen
3.1.1.1. Hintergrund
Die Normen, die mit der Medizinprodukterichtlinie der EU harmonisiert sind, enthalten
Forderungen an den Entwicklungsprozess für Software. Folglich ist es notwendig, bei der
Gestaltung des Software-Entwicklungsprozesses die Erfüllung dieser Kriterien sicherzustellen und
die Prozesse zu dokumentieren, um ihre Konformität nachweisen zu können.
3.1.1.2. Begriffe Foundation Level
Softwareentwicklungsprozess
Sicherheitsklasse
3.1.1.3. Begriffe Advanced Level
Softwareentwicklungsprozess
Sicherheitsklasse
3.1.1.4. Regulatorische Anforderungen
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M3-LE1.1-1-1 Wissen, dass die IEC 62304, ISO 13485 und IEC 60601- K1 --
1 Abschnitt 14 ebenso wie die FDA eine Beschreibung
des (Software-)entwicklungsprozesses verlangen.
M3-LE1.1-1-1 Wissen, dass der Softwareentwicklungsprozess sich an -- K1
den harmonisierten Normen orientieren muss, um die
Konformitätsvermutung zu begründen.
M3-LE1.1-1-1 Wissen, dass der Softwareentwicklungsprozess für die K1 W
verschiedenen Sicherheitsklassen unterschiedlich
strengen Anforderungen genügen muss.
M3-LE1.1-1-1 Unterschiedliche Ausprägungen des -- K2
Softwareentwicklungsprozesses für die
unterschiedlichen Sicherheitsklassen kennen.
Lehrinhalte Foundation Level
Die Norm IEC 62304 macht Vorgaben, die bei der Festlegung eines
Softwareentwicklungsprozesses beachtet werden müssen. Diese Norm verlangt vom Hersteller,
Maßnahmen zur Planung, Entwicklung, Dokumentation und Validierung bis hin zur Wartung
bereits in Verkehr gebrachter Software zu ergreifen. Die genauen Anforderungen sind abhängig
von der Sicherheitsklasse (A, B oder C) der zu entwickelnden Software.
Darüber hinaus stellt auch die Qualitätsmanagementnorm ISO 13485 Anforderungen an die
Planung, Durchführung und Dokumentation sämtlicher Verfahren, was den
Softwareentwicklungsprozess einschließt.
Auch die Norm IEC 60601-1 stellt in Kapitel 14 Anforderungen an den Lebenszyklus von Software
in Medizinprodukten.
Soll das Produkt in den USA zugelassen werden, muss der Softwareentwicklungsprozess zudem
konform mit den Vorgaben der FDA sein. Trotz Harmonisierungsbemühungen sind diese nicht
hundertprozentig identisch zu den erstgenannten Normen.
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Gesamtlehrplan
Projektverlauf völlig planbar abläuft. Das V-Modell stellt jeder konstruktiven Phase eine
entsprechende Testphase gegenüber, die bereits während der Konstruktionsphasen geplant wird.
Für Wasserfallmodell und V-Modell sollten die Anforderungen zu Beginn der Entwicklung
hinreichend detailliert erhoben werden können.
Iterativ-inkrementelle und auch agile Modelle dagegen fügen mehrere Iterationen hintereinander
und sehen vor, dass auch Anforderungen sich von Iteration zu Iteration ändern können.
Lehrinhalte Advanced Level
Wiederholung FL
Die IEC 62304 definiert Anforderungen an Prozesse und Aufgaben, die in dem
Softwareentwicklungsprozess geeignet abgebildet werden müssen. Die Anforderungen
unterscheiden sich dabei in Abhängigkeit von der Sicherheitsklasse des zu entwickelnden
Softwaresystems.
Agile Frameworks wie Scrum und iterative Prozessmodelle wie RUP können durchaus mit den
Anforderungen der IEC 62304 in Übereinstimmung gebracht werden. Für die Ausarbeitung eines
konkreten Softwareentwicklungsmodells müssen jedoch die zusätzlichen Anforderungen der
Norm berücksichtigt werden.
Ein Problem ist häufig das Umgehen mit den vielen kurzen Iterationen oder Sprints. Hier kann
eventuell ein deutlich höherer Verifizierungsaufwand entstehen. Dieser Aufwand muss bei der
Planung der Iterationen berücksichtigt werden. Späte Änderungen können zusätzliche Aufwände
für Verifikation, Risikomanagement, Usability Engineering, Architektur, Design, Implementierung
Bei einem agilen oder iterativ-inkrementellen Ansatz werden häufig zu Beginn der Entwicklung
nur Systemanforderungen und Architektur dokumentiert. Das Detailed Design wird dann
inkrementell in jedem Sprint erstellt und ergänzt. Dabei ist darauf zu achten, dass das Detailed
Design verifiziert wird, bevor die Implementierung beginnt. Die IEC 62304 sieht keine Ad-hoc-
Design-Entscheidungen vor (siehe Anhang B 5.4).
3.1.3. Prozessbeschreibung
3.1.3.1. Hintergrund
Die IEC 62304 verlangt ebenso wie die IEC 60601-1, dass die Prozesse, die für die Entwicklung des
Softwaresystems verwendet werden, als Teil der Entwicklungsplanung beschrieben oder
referenziert sind.
Die Normen legen auch fest, welche Prozessgebiete und welche Aspekte für die einzelnen
Prozessgebiete dokumentiert sein müssen. Meist werden vorgefertigte Standardprozesse
verwendet und ggf. an die Erfordernisse des Projektes angepasst.
3.1.3.2. Begriffe Foundation Level
Prozess
Prozessgebiete
3.1.3.3. Begriffe Advanced Level
Prozess
Prozessgebiete
3.1.3.4. Prozessgebiete festlegen
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M3-LE1.3-1-1 Wissen, dass die Prozesse vorab festgelegt werden K1 --
müssen.
M3-LE1.3-1-1 Wissen, welche Prozessgebiete auf jeden Fall K1 W
beschrieben werden müssen.
M3-LE1.3-1-1 Wissen, welche Prozessgebiete beschrieben werden K1 W
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Gesamtlehrplan
Der Konformitätsnachweis ist das Ergebnis der Konformitätsbewertung. Diese ist in der
internationalen Norm ISO/IEC 17000:2004 „Konformitätsbewertung - Begriffe und allgemeine
Grundlagen“ als die „Darlegung, dass festgelegte Anforderungen bezogen auf ein Produkt, einen
Prozess, ein System, eine Person oder eine Stelle erfüllt sind“ definiert.
Eine Auflistung der normativen Forderungen mit Referenzen auf deren Umsetzung, z.B. in
tabellarischer Form, kann die Umsetzung der normativen Vorgaben nachvollziehbar
dokumentieren.
Lehrinhalte Advanced Level
Es ist aber nicht ausreichend nur die Anforderungen der Norm aufzulisten, sondern es muss von
den Auditoren anhand von Stichproben geprüft werden, ob die Anforderungen aus der Norm sich
in den eigenen Prozessbeschreibungen wiederspiegeln und dann auch im Arbeitsumfeld
abgebildet und angewendet werden.
Die ISO 13485 und IEC 62304 fordern, dass die Umsetzung von Prozessen und Projekten
ausführlich durch Aufzeichnungen dokumentiert wird.
Für ein Zertifizierungsaudit nach ISO 13485 müssen die Prozesse zur Dienstleistungserbringung
beschrieben und gegebenenfalls validiert sein.
Wird Software als Medizinprodukt oder als Teil eines Medizinprodukts entwickelt, ist ein
Softwareentwicklungsprozess, der die Anforderungen der IEC 62304 und IEC 60601-1 erfüllt
erforderlich. Der Softwareentwicklungsprozess und dessen Umsetzung sind somit Voraussetzung
für eine Zertifizierung und werden im Regelfall von den benannten Stellen geprüft.
3.2. Entwicklungsplanung
3.2.1. Entwicklungsplanung
3.2.1.1. Hintergrund
Bei der Entwicklung medizinischer Software fordern alle relevanten Normen, dass die Entwicklung
geplant werden muss. Dazu muss zuerst ein Plan erstellt und regelmäßig aktualisiert werden.
Anschließend werden die geplanten Aktivitäten durchgeführt. Den Abschluss einer jeden Aktivität
bildet eine Überprüfung der erzielten Ergebnisse beispielsweise durch eine Verifizierungen oder
ein Review.
3.2.1.2. Begriffe Foundation Level
Softwareentwicklungsplan
3.2.1.3. Begriffe Advanced Level
Softwareentwicklungsplan
3.2.1.4. Entwicklungsplanung
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M3-LE2.1-1-1 Inhalte eines Softwareentwicklungsplanes kennen K1 --
M3-LE2.1-1-1 Unterschied zwischen Projektplan und K2 --
Softwareentwicklungsplan kennen
M3-LE2.1-1-1 Die Abhängigkeiten zwischen Entwicklungsprozess und -- K2
Sicherheitsklassifikation kennen bezogen auf
einzusetzende Werkzeuge und Methoden.
Lehrinhalte Foundation Level
Der Softwareentwicklungsplan muss Folgendes festlegen:
Den zu verwendeten Entwicklungsprozess
Die zu liefernden Ergebnisse und Dokumente
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Gesamtlehrplan
3.3. Software-Anforderungsanalyse
3.3.1. Anforderungen ermitteln
3.3.1.1. Hintergrund
Software-Anforderungen haben eine herausragende Bedeutung im Software Engineering: Sie
stellen die Grundlage der Software-Entwicklung dar, denn sie definieren, was die zu entwickelnde
Software leisten muss und welche Eigenschaften sie haben muss. Die Norm IEC 62304:2006
verwendet Software-Anforderungen synonym zu Software-System-Anforderungen.
Zum Umgang mit Software-Anforderungen gehören grundsätzlich vier Tätigkeiten:
ermitteln,
dokumentieren,
prüfen (und abstimmen) und
verwalten
von Anforderungen
3.3.1.2. Begriffe Foundation Level
System-Anforderung
Software-Anforderung
Software-System-Anforderung
Funktionale Anforderung
Qualitätsanforderung
3.3.1.3. Anforderungen ermitteln
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M3-LE3.1-1-1 Den Unterschied zwischen Ableitung und Ermittlung K2 --
der Anforderungen verstehen.
M3-LE3.1-1-1 Den Inhalt der Software-Anforderungen gemäß der K1 --
Norm IEC 62304 kennen.
M3-LE3.1-1-1 Die besondere Bedeutung von Risikokontroll- K2 --
Maßnahmen in den Software-Anforderungen
verstehen.
Lehrinhalte Foundation Level
Die Software-Anforderungen müssen festgelegt werden. Die Norm IEC 62304:2006 geht davon
aus, dass einige oder alle System-Anforderungen durch Software erfüllt werden sollen. Daher
wird im Deutschen vom Ableiten der Software-Anforderungen aus den Anforderungen an das
Gesamtsystem gesprochen.
Die deutsche Übersetzung der Norm IEC 62304:2006 ist leider ungenau: Im Original heißt es
„define“, also festlegen, definieren, bestimmen und nicht „ableiten“. Das Ermitteln der
Anforderungen ist damit in beiden Fällen nicht gemeint. Der gängige englische Begriff dafür ist
„Elicitation“. Da die Norm selbst aber anmerkt, dass das System ein reines Software-System sein
könne, so dass System-Anforderungen und Software-Anforderungen identisch sind, müssen die
Anforderungen evtl. auch ermittelt werden. Die Norm geht darauf aber nicht ein. Diverse
Ermittlungstechniken und deren Einsatzmöglichkeiten werden in [IREB-FL] vorgestellt.
Die von den System-Anforderungen abgeleiteten Software-Anforderungen detaillieren die
System-Anforderungen und sind diesen zugeordnet.
Gemäß der IEC 62304 beinhalten die SW-Anforderungen:
Funktionale Anforderungen, d.h. Anforderungen an Abläufe und Verhalten
Anforderungen an Ein- und Ausgabedaten, d.h. Formate, Wertebereiche, Standardwerte
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Gesamtlehrplan
Anforderungen sind die Grundlage für die Entwicklung, denn Projektplanung, Design,
Entwicklung, Test oder Wartung benötigen Anforderungen als Basis.
Anforderungen sind rechtlich relevant, daher hilft die Dokumentation von Anforderungen bei
der Klärung rechtlicher Konflikte.
Anforderungsdokumente sind oftmals komplex und umfangreich, so dass eine geeignete
Dokumentation hilft, sich in der Vielzahl der Anforderungen zurechtzufinden.
Anforderungen sollten allen Beteiligten zugänglich sein, denn in großen und länger
dauernden Projekten können Mitarbeiterwechsel und Änderungen geschehen. Durch die
Dokumentation wird ein aktueller Stand der Anforderungen ermöglicht.
Nachdem die Software-Anforderungen festgelegt wurden, ist ein wichtiger Baustein für die
weitere Entwicklung abgeschlossen worden. Daher muss der Hersteller die Risikoanalyse
aktualisieren. Das gilt auch für alle existierenden Anforderungen, insbesondere auch der System-
Anforderungen.
Um Anforderungen möglichst eindeutig und unmissverständlich zu dokumentieren, gibt es zwei
einfache Stilregeln ([IREB-FL]):
Kurze Sätze und Absätze
Nur eine Anforderung pro Satz formulieren. Dies beinhaltet auch die Formulierung im Aktiv,
die Verwendung nur eines Verbs und die Vermeidung verschachtelter Sätze.
Noch besser ist es, die Anforderungen an eine Software als Spezifikation derer Schnittstellen zu
formulieren:
Spezifikation der Benutzer-System-Schnittstelle (z.B. GUI)
Spezifikation der System-System-Schnittstellen (Datenschnittstellen z.B. zu anderen
Systemen, Sensoren, Aktoren usw.)
Spezifikation der Laufzeitumgebung (z.B. Hardware (CPU, RAM, Bildschirmgrößen und –
auflösungen), Betriebssystem, „Run-times“ wie die Java-Runtime oder die.NET-Runtime.
3.3.3. Anforderungen verifizieren
3.3.3.1. Hintergrund
Wie alle anderen Artefakte im Software-Entwicklungsprozess, müssen Anforderungen verifiziert
werden, bevor weiter mit ihnen gearbeitet wird.
3.3.3.2. Anforderungen verifizieren
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M3-LE3.3-1-1 Die Forderungen der Norm IEC 62304 zur Verifizierung K1 --
von Software-Anforderungen kennen.
M3-LE3.3-1-1 Die Bedeutung der wesentlichen Qualitätskriterien K2 --
von Software-Anforderungen in Bezug zur Norm IEC
62304 verstehen.
Lehrinhalte Foundation Level
Die Software-Anforderungen sollten anhand folgender Kriterien verifiziert werden:
Vollständigkeit: Die System-Anforderungen sind vollständig umzusetzen, sofern sie relevant
für die Software sind. Dazu gehören auch die Anforderungen aus dem Risikomanagement-
Prozess, wenn Risikokontrollmaßnahmen in Software umzusetzen sind.
Konsistenz: Die Software-Anforderungen dürfen sich nicht gegenseitig widersprechen.
Eindeutigkeit: Die Software-Anforderungen müssen so formuliert sein, dass sie von jedem
Leser auf die gleiche Weise verstanden werden. Die Verwendung von Satzschablonen kann
helfen, dies zu erreichen.
3.4. Softwarearchitektur
3.4.1. Softwarearchitektur beschreiben
3.4.1.1. Hintergrund
Die Softwarearchitektur ist ein zentraler Bestandteil der Software-Entwicklung. Sie liefert den
Plan, an dem sich die mit dem detaillierten Design und der Implementierung befassten Entwickler
orientieren. Nur für die Sicherheitsklassen B und C ist eine Dokumentation der
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Sicherheitsklasse
Reduktion durch Hardwaremaßnahmen
Reduktion durch Softwaremaßnahmen
3.4.2.3. Begriffe Advanced Level
Sicherheitsklasse
Reduktion durch Hardwaremaßnahmen
Reduktion durch Softwaremaßnahmen
3.4.2.4. Sicherheitsklassen festlegen
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M3-LE4.2-1-1 Die Sicherheitsklassen und ihre Bedeutung kennen. K1 W
M3-LE4.2-1-1 Wissen, warum die Bestandteile der Software K2 W
klassifiziert werden und welche Folgen die
Sicherheitsklassifizierung hat.
M3-LE4.2-1-1 Wissen, wie und von wem die Klassifizierung -- K2
vorgenommen wird.
Lehrinhalte Foundation Level
Die IEC 62304 sieht drei Sicherheitsklassen vor:
Klasse A (keine Verletzung oder Schädigung der Gesundheit möglich)
Klasse B (keine schwere Verletzung möglich)
Klasse C (Tod oder schwere Verletzung möglich)
Abhängig von der Sicherheitsklasse stellt unterschiedliche Anforderungen der IEC 62304 an die
Entwicklung und Dokumentation von Komponenten. Während z.B. die Dokumentation der
Softwarearchitektur für Komponenten der Sicherheitsklassen B und C vorgeschrieben ist, kann sie
gemäß den Anforderungen der IEC 62304 für Komponenten der Sicherheitsklasse A entfallen.
Lehrinhalte Advanced Level
Die Sicherheitsklasse der Software-Komponenten leitet sich aus der Sicherheitsklasse des
zugehörigen Software-Systems ab. Die Sicherheitsklasse einer Software-Komponente entspricht
per default der Sicherheitsklasse des übergeordneten Software-System bzw. der übergeordneten
Software-Komponente.
Wenn der Hersteller begründen kann, dass eine Komponente nicht dazu beitragen kann
(aufgrund einer geeignete Segregation), dass ein Fehler in ihr zu einem Fehler in der
übergeordneten Komponente bzw. dem übergeordneten System führt, so kann der Hersteller die
Komponenten niedriger klassifizieren.
3.4.2.5. Sicherheitsklassen reduzieren
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M3-LE4.2-2-1 Wissen, wieso die Reduzierung der Sicherheitsklasse K2 W
sinnvoll ist
M3-LE4.2-2-1 Wissen, dass die Sicherheitsklasse nur durch K1 W
Hardwaremaßnahmen und nur um eine Stufe
reduziert werden kann
M3-LE4.2-2-1 Wissen, wie bei der Reduktion der Sicherheitsklasse -- K2
vorzugehen und wie sie zu dokumentieren ist.
M3-LE4.2-2-1 Wissen, dass die Unterteilung in Sicherheitsklassen -- K1
praktisch identisch mit dem FDA-Level of concern ist,
jedoch andere Folgen nach sich zieht.
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Gesamtlehrplan
Darüber hinaus ist ein erster Schutz bereits die eigentlich übliche Abschottung und
Modularisierung moderner Sprachen, Verzicht auf global-statische Variablen, ein wohlüberlegtes
Exception Handling und eine saubere Trennung nach dem "Separation of Concerns"-Prinzip.
Ein weiterer Schritt ist die Aufgleisung in verschiedene Threads oder Prozesse. Es kann sogar
sinnvoll sein, ein System in mehrere Subsysteme, z.B. mehrere miteinander kommunizierende
Rechner, zu unterteilen. Watchdogs zur Überwachung und Redundanz können weitere
Maßnahmen sein.
Vollständige Sicherheit vor gegenseitigen Auswirkungen wird jedoch erst erlangt, wenn die
gemeinsame Nutzung von Ressourcen ausgeschlossen ist. Hierbei ist gegebenenfalls das
Betriebssystem das Problem, weshalb Hersteller von Klasse Software mit Klasse C-Komponenten
oft auf spezialisierte Betriebssysteme zurückgreifen.
Die Norm macht keine konkreten Vorgaben, wie die Abschottung auszusehen hat. Sie sollte
jedoch dem Stand der Technik entsprechen und der von der Software ausgehenden Gefährdung
angemessen sein.
3.4.4. Softwarearchitektur verifizieren
3.4.4.1. Hintergrund
Die Verifikation der Softwarearchitektur bildet den Abschluss und soll prüfen, ob die Architektur
geeignet ist, um die Anforderungen an die Software umzusetzen.
3.4.4.2. Begriffe Foundation Level
Verifikation der Softwarearchitektur
Funktionale Anforderungen
Performance-Anforderungen
Verfügbarkeit
3.4.4.3. Softwarearchitektur verifizieren
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M3-LE4.4-1-1 Wissen, welche Fragestellungen bei der Verifizierung K1 --
der Softwarearchitektur im Mittelpunkt stehen.
Lehrinhalte Foundation Level
Durch die Verifizierung der Softwarearchitektur wird sichergestellt
dass diese die System- und Software-Requirements rückverfolgbar implementiert,
insbesondere die Anforderungen zur Risikobeherrschung, aber auch andere nichtfunktionale
Anforderungen wie Vorgaben zur Performance, Wartbarkeit und Verfügbarkeit
dass SOUP-Einheiten korrekt behandelt werden
dass die Beschreibung der Schnittstellen zwischen verschiedenen Komponenten und nach
außen vollständig ist
dass, wenn Klasse C-Komponenten vorhanden sind, die getroffenen Maßnahmen zur
Abschottung ausreichend sind
Die Verifikation der Softwarearchitektur ist zu dokumentieren, beispielsweise durch ein formales
Review mit Checkliste, die die genannten Punkte enthält.
3.5. SW-Design
3.5.1. Softwaredesign beschreiben
3.5.1.1. Hintergrund
3.6. SW-Implementierung
3.6.1. Softwareeinheiten implementieren
3.6.1.1. Hintergrund
Die Implementierung setzt die Vorgaben aus der Softwarearchitektur und dem Softwaredesign
um.
3.6.1.2. Begriffe Foundation Level
Implementierung
3.6.1.3. Begriffe Advanced Level
Implementierung
3.6.1.4. Softwareeinheiten implementieren
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M3-LE6.1-1-1 Wissen, dass die IEC 62304 keine Vorgaben zur K1 --
Technologie oder Methode der Implementierung
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Gesamtlehrplan
beinhaltet.
Lehrinhalte Foundation Level
Die IEC 62304 fordert: Der Hersteller muss jede Software-Einheit implementieren. Konkrete
Vorgaben oder Einschränkungen zu Technologien oder Methodik ergeben sich hieraus nicht.
3.6.2. Akzeptanzkriterien festlegen
3.6.2.1. Hintergrund
Die Akzeptanzkriterien legen für Klasse C und B fest, welche Anforderungen an die
Softwareeinheiten geprüft werden müssen.
3.6.2.2. Begriffe Foundation Level
Akzeptanzkriterium
3.6.2.3. Begriffe Advanced Level
Akzeptanzkriterium
3.6.2.4. Akzeptanzkriterien festlegen
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M3-LE6.2-1-1 Begriff Akzeptanzkriterium kennen K1 --
M3-LE6.2-1-1 Wissen, dass für Klasse B und C Akzeptanzkriterien für K2 W
Softwareeinheiten festzulegen sind und deren
Einhaltung vor der Integration dieser
Softwareeinheiten sichergestellt werden muss.
M3-LE6.2-1-1 Wissen, dass von IEC 62304 für die Sicherheitsklasse C K1 W
explizite Akzeptanzkriterien gefordert werden.
M3-LE6.2-1-1 Wissen, dass zu harte Akzeptanzkriterien mögliche K1 --
Quellen hohen Aufwands sein können.
M3-LE6.2-1-1 Die von der IEC 62304 geforderten Akzeptanzkriterien -- K1
für Klasse C-Softwareeinheiten kennen.
Lehrinhalte Foundation Level
Die Norm fordert, dass für alle Softwareeinheiten der Klasse B und C Akzeptanzkriterien
festgelegt werden. Die Einhaltung dieser Kriterien ist vor der Integration dieser Softwareeinheiten
abzusichern. D.h. es genügt nicht, nur auf Komponenten- oder Systemebene das Produkt zu
verifizieren. Die Norm IEC 62304 gibt selbst Beispiele für Akzeptanzkriterien:
Der Code implementiert die Anforderungen
Der Code implementiert die Risikomaßnahmen
Einhaltung von Kodierrichtlinien
Lehrinhalte Advanced Level
Für Softwareeinheiten der Klasse C fordert die IEC 62304 mindestens zu folgenden Punkten die
Formulierung von Akzeptanzkriterien, soweit dies angemessen ist:
Richtige Abfolge von Ereignissen
Daten- und Kontrollfluss
Geplante Belegung von Ressourcen
Behandlung von Fehlern (Fehlerdefinition, Isolierung und Wiederaufnahme)
Initialisierung von Variablen
Selbstdiagnose
Speichermanagement und Speicherüberlauf
Grenzwertbedingungen
Eine Beispiel-Codierrichtline von z.B. Microsoft sollte vorgestellt und diskutiert werden.
3.6.4. Softwareeinheiten verifizieren
3.6.4.1. Hintergrund
Die Verifizierung der Softwareeinheiten weist nach, dass der Code die Akzeptanzkriterien erfüllt.
3.6.4.2. Begriffe Foundation Level
Codereview
Unit-Test
Statische Codeanalyse
3.6.4.3. Begriffe Advanced Level
Codereview
Unit-Test
Statische Codeanalyse
3.6.4.4. Softwareeinheiten verifizieren
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M3-LE6.4-1-1 Die Forderungen der ISO 62304 und der FDA zur K1 W
Verifizierung von Softwareeinheiten kennen.
M3-LE6.4-1-1 Die drei Hauptverfahren zur Prüfung der K1 W
Akzeptanzkriterien kennen und erläutern können.
M3-LE6.4-1-1 Bewerten können, welche Form der Prüfung für -- K2
welche Akzeptanzkriterien geeignet ist.
Lehrinhalte Foundation Level
Die IEC 62304 fordert die Verifizierung aller Softwareeinheiten der Sicherheitsklassen B und C.
Das Vorgehen muss geplant und die Durchführung dokumentiert sein. Für die Planung der
Verifizierungsmaßnahmen bietet sich der Verifizierungsplan oder das Testkonzept an, wobei die
Verifizierung auf anderen Ebenen der Entwicklung nicht vernachlässigt werden darf.
Zusätzlich muss gemäß IEC 62304, wenn zur Verifizierung Testverfahren angewendet werden,
deren Korrektheit bewertet werden. Auch die FDA macht in ihrem Dokument „General Principles
of Software Validation“ im Kapitel „Testing by the Software Developer“ umfangreiche Vorgaben,
wie sie sich die Verifizierung von Softwareeinheiten vorstellt.
Je nach Art der Akzeptanzkriterien können verschiedene Verfahren genutzt und kombiniert
werden:
Code Reviews: Autor und ein oder mehrere Reviewer prüfen den Code gegen definierte
Vorgaben und dokumentieren die Ergebnisse.
Unit-Tests eignen sich zur Prüfung der Funktionalität und der Implementierung von
Schnittstellen.
Statische Codeanalyse prüfen formale Kriterien insbesondere der Kodierrichtlinien, aber auch
inhaltliche Kriterien wie Initialisierung von Variablen.
Wo möglich, sollten automatisierte Verfahren (Unit-Tests, Statische Codeanalyse) verwendet
werden, da sie ohne großen Aufwand wiederholt werden können.
Lehrinhalte Advanced Level
Wiederholung FL
Zu den unterschiedlichen Verfahren zur Verifikation der Softwaremodule soll jeweils ein Beispiel
oder Anwendungsfall aufgezeigt werden, der die Anwendung des jeweiligen Verfahrens
unterschiedlichen Akzeptanzkriterien zuordnet.
3.7. Software-Integration
3.7.1. Software-Integration
3.7.1.1. Hintergrund
Die Integration ist das Zusammenführen der einzelnen Bestandteile der Software zu einem
Softwaresystem. Das betrifft alle selbst entwickelten Teile und auch alle SOUP Komponenten, die
Bestandteil des Softwaresystems werden.
3.7.1.2. Begriffe Foundation Level
Integrationsplan
3.7.1.3. Begriffe Advanced Level
Integrationsplan
3.7.1.4. Integrationsplan und Integrationsverifikation/-test
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M3-LE7.1-1-1 Inhalte des Integrationsplan kennen K1 W
M3-LE7.1-1-1 Schritte für die Integrationsverifikation kennen K2 W
M3-LE7.1-1-1 Die unterschiedlichen Integrationsstrategien kennen -- K2
und die unterschiedlichen Ausprägungen bewerten
können.
Lehrinhalte Foundation Level
Die Integration ist abhängig von Art und Umfang des Softwaresystems unterschiedlich
ausgeprägt. Kleine, eingebettete Software oder einzelne Programme werden meist mit Hilfe des
Build-Prozesses integriert. Das erfolgt oftmals direkt aus der Entwicklungsumgebung heraus. Bei
Softwaresystemen, die dagegen aus mehreren ausführbaren Einheiten bestehen oder von
mehreren Entwicklern parallel programmiert werden oder bei denen viel externe Software
benutzt wird, kann die Integration ein aufwändiger Prozess sein, der gut geplant werden muss.
Diese Planung erfolgt im Rahmen des Softwareentwicklungsplanes.
Die Integrationsverifikation bildet den Abschluss der Integrationsphase. Hier gilt es nachzuweisen,
dass die Softwareeinheiten korrekt in das Softwaresystem integriert wurden. Zunächst ist nur die
korrekte Integration gefordert, noch nicht die Prüfung, ob das integrierte Softwaresystem korrekt
arbeitet.
Beim Integrationstest muss für die Softwareeinheiten der Klasse B und C nachgewiesen werden,
dass die integrieren Einheiten das erwartete Verhalten zeigen. Zu den wichtigen Punkten zählen
hier:
Funktionalität der Software
Implementation und Anwendung der Risikominderungsmaßnahmen
Zeitliches Verhalten der Software
Verhalten gegenüber internen und externen Schnittstellen
und testen unter ungewöhnlichen Bedingungen und vorhersehbarer Missbrauch.
Alle beim Integrationstest aufgefallene Fehler/Fehlverhalten müssen im Software-
Problemlösungsprozess verwaltet werden.
Lehrinhalte Advanced Level
Wiederholung aller Inhalte FL.
Bei der Integration von Softwarebestandteilen können unterschiedliche Integrationsstrategien
angewendet werden:
Bottom-up-Integration
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Gesamtlehrplan
Top-down-Integration
Kontinuierliche Integration
Bottom-up-Integration
Die Integration beginnt auf der untersten Ebene der Aufrufhierarchie und arbeitet sich von dort
nach oben. Es werden zuerst die hardwarenahen Teile der Software integriert. Testtreiber
übernehmen die Rolle aufrufender Funktionen.
Top-down-Integration
Die Integration beginnt auf der obersten Ebene der Software, z.B. mit der Benutzeroberfläche.
Stellvertreterobjekte (Mock-Objekte, Stubs) simulieren tiefer liegende Softwareeinheiten. Schritt
für Schritt ersetzt man diese durch ihre endgültige Funktionalität.
Kontinuierliche Integration
Von kontinuierlicher Integration spricht man, wenn die Integration nicht in einem separaten
Prozessschritt erfolgt, sondern jede neue Softwareeinheit unmittelbar in das zu diesem Zeitpunkt
bestehende Softwaresystem integriert wird.
Die Auswahl der Integrationsstrategie ist eng mit dem grundlegenden Prozessmodell der
Software-Entwicklung verwandt. Vor allem bei iterativ-inkrementeller Entwicklung wird häufig
eine kontinuierliche Integration eingesetzt.
3.8. Softwaretest
3.8.1. Allgemeine Anforderungen aus IEC 62304
3.8.1.1. Hintergrund
Abhängig von der Sicherheitsklasse fordert die IEC 62304 mehr oder weniger intensive Prüfungen
der zu entwickelnden Software, wobei besondere Anforderungen hinsichtlich der Testplanung
und -durchführung zu beachten sind.
3.8.1.2. Begriffe Foundation Level
Integrationsprüfung
Regressionsprüfung
Softwaresystemprüfung
Systemtest
Testplan
Testprotokoll
Testspezifikation
3.8.1.3. Begriffe Advanced Level
Akzeptanzkriterien
3.8.1.4. In IEC 62304 geforderte Prüfungen
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M3-LE8.1-1-1 Verstehen, welche Prüfungen abhängig von der K2 --
Sicherheitsklasse nach IEC 62304 durchzuführen sind.
M3-LE8.1-1-1 Ziel und Inhalte der SW-Integrationsprüfung kennen. -- K1
M3-LE8.1-1-1 Ziel und Inhalte der SW-Systemprüfung kennen. -- K1
Lehrinhalte Foundation Level
Für die Sicherheitsklassen B und C fordert die IEC 62304 in verschiedenen Phasen der
Softwareentwicklung Verifikationen: Integrationsprüfung, Regressionsprüfung und
Softwaresystemprüfung. Außerdem wird die Verifizierung von Software-Einheiten gefordert, die
bereits im Abschnitt "Implementierung" beschrieben wurde.
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Gesamtlehrplan
kennen.
M3-LE8.1-3-1 Wissen, wie mit den im Test gefundenen Fehlern -- K1
umzugehen ist.
Lehrinhalte Foundation Level
Um das Ergebnis der durchgeführten Tests reproduzierbar zu machen, sollten bei der
Durchführung alle beeinflussenden Parameter protokolliert werden: Tester, verwendete
Hardware, verwendete Testspezifikation, verwendete Testdaten, ermitteltes Testergebnis,
aufgetretene Anomalien etc. Auch die eingesetzten Testwerkzeuge müssen dokumentiert
werden, sofern dies noch nicht bereits im Testkonzept geschehen ist.
Lehrinhalte Advanced Level
Werden Abweichungen vom erwarteten Testergebnis oder andere Anomalien festgestellt,
müssen diese über den Software-Problemlösungsprozess behandelt werden (gilt für
Sicherheitsklasse B und C).
3.8.1.7. Test von Änderungen und Regressionstests
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M3-LE8.1-4-1 Wissen, welche Prüfungen nach Änderungen W --
durchgeführt werden müssen.
M3-LE8.1-4-1 Die normativen Anforderungen der IEC 62304 an die -- K2
Planung und Durchführung von Regressionstests im
medizinischen Umfeld von Best Practices abgrenzen
können.
Lehrinhalte Foundation Level
Sobald eine bereits geprüfte Software geändert wird, ist nicht mehr sichergestellt, dass die
bisherigen Prüfungsergebnisse noch gültig sind. Zum einen wurde möglicherweise der
Funktionsumfang geändert (neue Funktionalität / geändertes Verhalten) und zum anderen kann
eine bestehende Funktionalität beeinträchtigt worden sein. Daher müssen prinzipiell folgende
Aktivitäten durchgeführt werden:
Tests neuer Funktionalitäten durch neu erstellter Testfälle oder überarbeitete Testfälle;
Regressionstest (Wiederholung bestehender Testfälle zur Prüfung, dass eine bereits
vorhandene Funktionalität nicht beeinträchtigt wurde)
Ggf. müssen auch die Prüfverfahren selbst modifiziert und anschließend erneut verifiziert werden
(z.B. erneutes Review der automatisierten Testskripten).
Für Software der Sicherheitsklasse B und C sind die soeben beschriebenen Prüfungen laut IEC
62304 verpflichtend, wenn die Software im Verlauf der SW-Systemprüfung verändert wird. Auch
bei der Integration von neuen oder geänderten SW-Komponenten sind Regressionstests
durchzuführen, die zeigen, dass die vorher integrierte Software von der aktuellen Integration
nicht beeinträchtigt ist. Bei Änderungen, die über den Änderungsprozess eingespeist werden,
schreibt die IEC 62304 für alle Sicherheitsklassen eine Verifizierung der Änderung inkl.
Wiederholung der durch die Änderung ungültig gewordenen Prüfungen vor. Auch die Lösung von
Softwareproblemen muss für alle Sicherheitsklassen verifiziert werden.
Lehrinhalte Advanced Level
Die IEC 62304 fordert nach Änderungen eine erneute Freigabe. Vor der Freigabe sind alle
vorgelagerten Aufgaben wie Risikoanalyse und Wiederholung von Software-Prüfungen, im
Zweifelsfalle im kompletten Umfang (abhängig von der Sicherheitsklasse) durchzuführen. Es ist
jedoch gängige Praxis, die Bereiche abzugrenzen, die von den Änderungen betroffen sind und so
den Testaufwand nach Änderungen auf ein notwendiges und sinnvolles Maß zu beschränken. Die
Argumentation, warum bestimmte Testfälle weggelassen werden können, basiert in der Regel auf
der Software-Architektur, über die sich (idealerweise) einzelne Bereiche klar abgrenzen lassen.
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Gesamtlehrplan
Fokus liegt also nicht darauf, ob die Anforderungen wie spezifiziert umgesetzt wurden, sondern
ob das entwickelte Produkt seine Zweckbestimmung erfüllt. Dies umfasst das gesamte Produkt,
also auch die enthaltene Software.
Die im Modul "Usability" beschriebene Validierung der Gebrauchstauglichkeit ist Bestandteil der
Produktvalidierung.
In der Regel erfolgt die Validierung von stand-alone Software im geplanten (klinischen) Kontext,
häufig zusammen mit den spezifizierten Anwendern des Produkts. Software als Teil eines
Medizinprodukts wird nicht validiert, sehr wohl aber das Medizinprodukt in Gänze.
Lehrinhalte Advanced Level
Im Rahmen der Validierung werden u.a. folgende Testverfahren eingesetzt:
Usability-Test: Szenarien werden von Anwendern durchgespielt.
Klinische Prüfung: Die klinische Prüfung hat zum Ziel nachzuweisen, dass der beabsichtigte
medizinische Nutzen erreicht wird und keine Risiken bestehen, die nicht bereits in der
Risikoanalyse als akzeptabel bewertet wurden. Bei stand-alone Software ist diese Prüfung
häufig nicht notwendig, weil der Nachweis im Rahmen der klinischen Bewertung anhand von
Literaturdaten erfolgen kann oder weil eine Bewertung anhand von Performance-Daten
ausreicht. Eine klinische Prüfung wäre beispielsweise für einen neuen Algorithmus zur
Bildverarbeitung (z.B. Rauschreduktion, automatische Detektion von „Regions of Interest“)
notwendig. Die klinische Prüfung setzt voraus, dass alle grundlegenden Anforderungen erfüllt
sind.
3.9. Software-Freigabe
3.9.1. Software-Freigabe
3.9.1.1. Hintergrund
Bei der Entscheidung zur Freigabe einer Software müssen einige Regeln beachtet werden. Die
Freigabe bezieht sich hier immer nur auf die Software, da für eine Marktfreigabe eines
Medizinproduktes zahlreiche weitere Schritte notwendig sind.
3.9.1.2. Begriffe Foundation Level
Freigabe
Archivierung
3.9.1.3. Begriffe Advanced Level
Freigabe
Archivierung
3.9.1.4. Software-Freigabe
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M3-LE9.1-1-1 Die Voraussetzungen für eine Freigabe kennen K1 W
M3-LE9.1-1-1 Die Archivierungsdauer für Software kennen -- K1
M3-LE9.1-1-1 Wissen welche Themen für die Produktion von -- K1
freigegebener Software beachtet werden müssen.
Lehrinhalte Foundation Level
Zur Freigabe der Software müssen die folgenden Aufgaben erfüllt sein:
Entwicklung abgeschlossen, inklusive Verifizierung, Systemtest für Komponenten der Klasse B
und C, Dokumentation und Bewertung der verbleibenden Fehler für Komponenten der Klasse
B und C
Archivierung der Software, inklusive der Protokollierung des Erstellungsprozesses
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Gesamtlehrplan
3.10. Softwarekonfigurationsmanagement
3.10.1. Konfigurationselemente
3.10.1.1. Hintergrund
Das Konfigurationsmanagement betrifft alle Konfigurationselemente eines Produkts.
3.10.1.2. Begriffe Foundation Level
Konfigurationselement
3.10.1.3. Begriffe Advanced Level
Konfigurationselement
3.10.1.4. Konfigurationselemente
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M3-LE10.1-1-1 Die verschiedenen Konfigurationselemente kennen, K1 W
die über das Konfigurationsmanagement kontrolliert
werden müssen.
Lehrinhalte Foundation Level
Nicht nur der Quellcode der Software muss über das Konfigurationsmanagement kontrolliert
werden, sondern alle Artefakte, die im Entwicklungsprozess entstehen. Das schließt – in nicht
vollständiger Aufzählung - technische Spezifikationen, Programmbibliotheken, Testskripte und -
werkzeuge, Konfigurationsdateien und Handbücher ein. Es ist sinnvoll, tatsächlich jede
verwendete Datei und jedes Dokument dem Konfigurationsmanagement zu unterstellen.
Lehrinhalte Advanced Level
Wiederholung der Inhalte des FL zur Auffrischung.
3.10.2. Notwendigkeit des Konfigurationsmanagements
3.10.2.1. Hintergrund
denen eine Identifizierung erfolgen kann sind beispielsweise Pfadnamen bzw. Dokumentnamen,
Versionsangabe, Änderungsdatum. Die genaue Festlegung hängt von den eingesetzten Verfahren
und Werkzeugen, sowie von den zu verwaltenden Elementen ab.
Ein wichtiger Bestandteil des Identifikationsschemas ist die Version des Konfigurationselementes,
welche nach vorab festgelegten Regeln bei jeder Änderung angepasst wird. Zu bestimmten
Zeitpunkten im Projektverlauf (z.B. vor der Integration der SW-Komponenten und den Projekt-
Meilensteinen) sollten außerdem sogenannte Baselines (Basislinien) gezogen werden. Eine
Baseline ist eine Referenzkonfiguration, die einen bestimmten, stabilen Stand der
Konfigurationselemente zu einem definierten Zeitpunkt zusammenfasst, auf den später Bezug
genommen werden kann.
Lehrinhalte Advanced Level
Das Identifikationsschema für die Konfigurationselemente muss auch andere Softwareprodukte
oder -einheiten wie z.B. SOUP und Dokumentation enthalten. Es muss möglich sein, alle
Konfigurationselemente einschließlich deren Version zu identifizieren, aus denen eine bestimmte
Systemkonfiguration besteht. Attribute auf Dateiebene sind in der Regel keine verlässlichen
Identifkationsattribute. Beispielsweise kann sich das Datum einer Datei ändern, wenn sie als
Anhang eine E-Mail verschickt und von dort aus gespeichert wird. Für SOUP gelten besondere
Dokumentationsvorschriften, die im Modul "Software of Unknown Provenance" behandelt
werden.
3.10.4. Werkzeuge für das Konfigurationsmanagement
3.10.4.1. Hintergrund
Werkzeuge erleichtern die Handhabung des Konfigurationsmanagements.
3.10.4.2. Werkzeuge für das Konfigurationsmanagement
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M3-LE10.4-1-1 Werkzeuge des Konfigurationsmanagements und -- K1
deren Einsatzbereiche kennen.
Lehrinhalte Advanced Level
Um bei häufigen Änderungen am Quellcode nicht den Überblick zu verlieren, bietet sich der
Einsatz von Werkzeugen zur Versionsverwaltung an. Durch diese Werkzeuge können mehrere
Versionen einer Datei verwaltet werden. Auch ist es möglich gleichzeitige Änderungen durch
mehrere Entwickler zu verwalten und bei Bedarf die unterschiedlichen Entwicklungslinien wieder
zusammenführen. Viele Werkzeuge bieten darüber hinaus die Möglichkeit, Versionen zu
kennzeichnen (z.B. die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Systemversion) und unterstützen damit
neben der Versionsverwaltung auch das Konfigurationsmanagement. Meist sind diese Werkzeuge
gut in die Softwareentwicklungswerkzeuge integriert. Es bietet sich an, auch Dokumente und
deren Versionen hiermit zu verwalten, wenn kein eigenes Dokumentenmanagementsystem
verwendet wird. Die Verwendung eines Werkzeugs ist nicht verpflichtend, in der Praxis aber
unumgänglich.
3.10.5. Konfigurationsmanagementplan
3.10.5.1. Hintergrund
Konfigurationsmanagement muss geplant sein.
3.10.5.2. Begriffe Foundation Level
Konfigurationsmanagementplan
3.10.5.3. Begriffe Advanced Level
Konfigurationsmanagementplan
3.10.5.4. Konfigurationsmanagementplan
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M3-LE10.5-1-1 Die Inhalte eines Konfigurationsmanagementplans K1 --
kennen.
Lehrinhalte Foundation Level
Aufgrund der vielfältigen und komplexen Anforderungen an das Konfigurationsmanagement ist es
sinnvoll, die relevanten Festlegungen und Prozesse in einem eigenen Dokument festzuschreiben.
Hier wird niedergelegt, welche Konfigurationselemente wie identifiziert werden, welche
Werkzeuge eingesetzt werden, Konventionen um Versionen zu benennen und alle anderen
Festlegungen die mit dem Konfigurationsmanagement zusammenhängen. Der
Konfigurationsmanagementplan ist Teil des Softwareentwicklungsplans.
Lehrinhalte Advanced Level
--
3.10.6. Änderungsmanagement
3.10.6.1. Hintergrund
Das Änderungsmanagement soll gewährleisten, dass alle Konfigurationselemente eines Produkts
nur kontrollierten Änderungen unterworfen werden, sowie dass die erfolgten Änderungen
dokumentiert und später noch nachvollziehbar sind.
3.10.6.2. Änderungsmanagement
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M3-LE10.6-1-1 Die Notwendigkeit des Änderungsmanagements K2 K2
verstehen.
M3-LE10.6-1-1 Die grundsätzlichen Anforderungen aus IEC 62304 an -- --
das Änderungsmanagement kennen
M3-LE10.6-1-1 Die grundsätzlichen Anforderungen aus IEC 62304 an -- K3
das Änderungsmanagement umsetzen können.
Lehrinhalte Foundation Level
Im gesamten Softwarelebenszyklus können die in einem Produkt eingesetzten
Konfigurationselemente Änderungen unterworfen sein. Dies können z.B. Fehlerkorrekturen, neue
Funktionalitäten und Erweiterungen sein. Damit Änderungen nicht unkontrolliert erfolgen und
später noch nachvollziehbar sind, fordert die IEC 62304 eine geregelte Änderungskontrolle für
alle Sicherheitsklassen. So können die Risiken, die mit der Änderung einhergehen, minimiert
werden. Außerdem ist es wichtig, nachvollziehen zu können, wann welche Information (z.B.
Anforderungsversion) zu Grunde gelegt wurde. Sollte eine Rückrufaktion nötig sein, kann
zurückverfolgt werden, wann und an wen die fehlerhafte Komponente ausgeliefert wurde.
Lehrinhalte Advanced Level
Die IEC 62304 fordert, dass
Änderungen zuvor durch eine Änderungsanforderung genehmigt werden müssen bevor sie
durchgeführt werden und
Änderungen anschließend entsprechend der Spezifikation in der Änderungsanforderung
durchgeführt (implementiert) werden. Dabei muss beachtet werden, dass auch alle
notwendigen Aktivitäten durchgeführt werden, auf die die Änderung Auswirkungen haben
kann. Das können beispielweise Integrationstätigkeiten sein, aber auch eine eventuell
notwendig gewordene Neubewertung der Softwaresicherheitsklassifizierung.
Änderungen verifiziert werden müssen. Dies schließt nicht nur die Verifikationen für die
direkt geänderten Konfigurationselemente ein, sondern auch die mittelbar von der Änderung
betroffenen Elemente.
Änderungen rückverfolgbar sein müssen. Das bedeutet, dass der Zusammenhang zwischen
Änderungsanforderung, Genehmigung und ggf. Problembericht nachvollziehbar dokumentiert
werden muss. Sinnvollerweise schließt dies alle Aktivitäten, die mit der Änderung in
Zusammenhang stehen ein (z.B. Verifikationsbericht, betroffene Anforderungen, etc.).
Diese Forderungen gelten für alle Sicherheitsklassen.
In diesem Abschnitt ist eine Übung durchzuführen, in der die Schulungsteilnehmer die
Dokumentation eines Änderungsantrags auf Korrektheit im Sinne der IEC 62304 prüfen.
3.11. Software-Wartung
3.11.1. Planung der Software-Wartung
3.11.1.1. Hintergrund
Der Prozess der Software-Wartung muss in einem Wartungsplan festgelegt werden. Dieser
Wartungsplan muss vorliegen, bevor eine Software freigegeben wird, da die Wartungsprozesse
ab dem Zeitpunkt der Freigabe anlaufen.
3.11.1.2. Begriffe Advanced Level
Rückmeldung
Problem
Änderung
Nachrüstung
3.11.1.3. Planungsinhalte
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M3-LE11.1-1-1 Quellen für Rückmeldungen -- K2
M3-LE11.1-1-1 Kriterien für die Entscheidung, ob eine Rückmeldung -- K2
ein Problem ist
M3-LE11.1-1-1 Einbindung des Risikomanagement-Prozesses -- K2
M3-LE11.1-1-1 Überwachung von SOUP-Komponenten -- K2
Lehrinhalte Advanced Level
Die IEC 62304 fordert in Analogie zur IEC 60601-1 einen Wartungsprozess. Die IEC 60601-1 spricht
von Änderungen: „Wenn irgendein Teil oder der gesamte Entwurf das Ergebnis von Änderungen
eines früheren Entwurfs ist, gilt dieser Abschnitt so, als handele es sich um einen neuen Entwurf,
oder die weitere Gültigkeit irgendeiner früheren Entwurfsdokumentation muss mittels eines
dokumentierten Verfahrens für Änderungen/Modifikationen bewertet werden.“
Entsprechend muss der Wartungsplan festlegen (analog dem Entwicklungsplan), wie die
Anforderungen an die Änderungen umgesetzt werden und dabei auf Aspekte eingehen wie den
Prozess, Methoden und Werkzeuge.
Bei den zu definierenden Verfahren geht es um den Empfang (Hotline, Anwendungsberater, etc.)
und die Dokumentation dieser Rückmeldungen, aber auch um Kriterien, ab wann eine
Rückmeldung als Problem betrachtet und eine Korrektur bereitgestellt werden muss. Beispiele für
diese Kriterien können sein:
Auswirkungen auf die Sicherheit von Patienten und Anwendern
Anzahl der betroffenen Anwender
Anzahl der betroffenen Produkte
Geschäftsrisiken
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Gesamtlehrplan
Bei der Entscheidung, ob eine Rückmeldung als Problem angesehen wird, ist es wichtig, den
Risikomanagement-Prozess mit heran zu ziehen.
Besondere Bedeutung bei der Überwachung kommt der SOUP zu. SOUP Software hat einen
Lebenszyklus, der unabhängig von der Software des Medizinproduktes abläuft. Beispielsweise
veröffentlichen die Hersteller der SOUP Fehlerberichte, stellen korrigierte Versionen der SOUP
bereit oder erweitern den Funktionsumfang. Im Wartungsplan muss festgelegt werden, wie damit
umgegangen wird, wann also beispielsweise eine korrigierte Version einer SOUP zu einer
Wartungsversion des Medizinproduktes führen soll.
Hinsichtlich des Prozesses für die Software-Wartung sind die folgenden Sachverhalte zu
berücksichtigen.
Der Hersteller kann einen anderen Prozess als den ursprünglichen Software-
Entwicklungsprozess verwenden, um schnelle Änderungen in Reaktion auf dringende
Probleme zu implementieren. Allerdings muss auch dieser Prozess den Anforderungen der EN
62304 genügen.
In Reaktion auf Software-Problemberichte, die sich auf ein freigegebenes Produkt beziehen,
adressiert der Hersteller nicht nur das Problem, sondern er genügt auch lokalen Vorschriften
(üblicherweise dadurch, dass er ein proaktives Überwachungsschema betreibt für die
Sammlung von Problem-Daten aus dem Feld und für die Kommunikation mit Anwendern und
zuständigen Behörden über das Problem).
3.11.2. Analyse von Problemen und Änderungen
3.11.2.1. Hintergrund
Korrekturen in bereits freigegebener Software stellen immer ein Risiko dar. Bei jeder Änderung
besteht die Gefahr, dass neue Probleme auftauchen. Daher dürfen Änderungen in freigegebener
Software nur nach sorgsamer Abwägung vorgenommen werden. Der erste Schritt dazu besteht
darin, das zu behebende Problem genau zu Verstehen und die Auswirkungen der geplanten
Änderungen zu analysieren.
Rückmeldungen über ein Fehlverhalten des freigegebenen Software-Systems müssen analysiert
und auf ihren Schweregrad hin untersucht werden. Auswirkungen auf die Sicherheit von
Patienten, Anwendern und Dritten müssen bestimmt werden. Besonders wichtig ist es
festzustellen, ob durch das vorliegende Problem Risiko-Kontrollmaßnahmen negativ beeinflusst
werden.
Treten aufgrund des Problems Risiken für die Patienten auf, dann müssen die Anwender und
gegebenenfalls die zuständigen Behörden informiert werden.
Es muss geklärt werden, welche Produkte von dem gemeldeten Problem betroffen sind. Oftmals
wird die gleiche oder ähnliche Software in einer Reihe von Produkten eines Herstellers eingesetzt.
Wird ein Problem in einem Modell gemeldet, so ist unbedingt zu überprüfen, ob dieses Problem
auch in anderen Modellen vorhanden ist, und dort ebenfalls korrigiert werden muss.
Sobald entschieden wurde, dass ein Problem behoben werden soll, wird der Problemlösungs-
Prozess für Software verwendet, um die Änderungen zu implementieren.
3.11.2.2. Begriffe Foundation Level
Problembericht
Änderungsanforderung
zuständige Behörden
3.11.2.3. Begriffe Advanced Level
Problembericht
Änderungsanforderung
zuständige Behörden
3.11.2.4. Dokumentation und Evaluation von Rückmeldungen
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Gesamtlehrplan
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M3-LE11.2-1-1 Überwachung und Dokumentation von K1 W
Rückmeldungen
M3-LE11.2-1-1 Prüfung der Rückmeldungen auf Sicherheitsaspekte K1 K2
M3-LE11.2-1-1 Verwendung des Problemlösungsprozesses K1 K2
M3-LE11.2-1-1 Erstellung und Genehmigung von K1 K2
Änderungsanforderungen
M3-LE11.2-1-1 Information von Anwender und zuständigen Behörden K1 K2
Lehrinhalte Foundation Level
Jeder Hersteller muss sicherstellen, dass Rückmeldungen entgegengenommen werden. Diese
Rückmeldungen können sowohl von Anwendern als auch von Mitarbeitern des Herstellers selbst
stammen. In der Regel wird ein Hersteller verschiedene Wege vorsehen, auf denen
Rückmeldungen mitgeteilt werden können. Beispiele dafür sind Hotlines, E-Mail-Adressen oder
auch spezielle Anwenderbefragungen.
Jede Rückmeldung, die sich auf ein freigegebenes Produkt bezieht, muss dokumentiert werden,
unabhängig davon, ob es sich um ein tatsächliches Problem handelt. Erst danach wird überprüft,
ob die Rückmeldung tatsächlich auf ein Problem in einer freigegebenen Software zurückzuführen
ist.
Bei der Überprüfung der Rückmeldungen ist es vor allem wichtig zu prüfen, ob ein Problem
zugrunde liegt, dass einen Einfluss auf die Sicherheit des Medizinproduktes hat. Beispielsweise
könnte eine Risiko-Kontrollmaßnahme nicht korrekt funktionieren oder es liegt ein neues, zuvor
nicht betrachtetes Risiko vor. Die Dringlichkeit einer Korrekturmaßnahme hängt dabei natürlich
sehr stark vom Sicherheitsaspekt ab.
Sofern der Rückmeldung tatsächlich ein Problem zugrunde liegt, wird ein Problembericht erstellt
(oder zumindest die dokumentierte Rückmeldung als tatsächliches Problem kenntlich gemacht)
und mit Hilfe des Problemlösungsprozesses gelöst. Das Ergebnis des Problemlösungsprozesses ist
eine Lösung für das zugrundeliegende Softwareproblem. Der Wartungsprozess greift danach
wieder ein und stellt sicher, dass dem Anwender eine Software-Version zukommt, die die Lösung
für das Problem enthält.
Dazu wird eine Änderungsanforderung erstellt und geprüft. Eine Änderung eines freigegebenen
Software-Produktes ist nur auf der Grundlage einer genehmigten Änderungsanforderung zulässig.
Lehrinhalte Advanced Level
Wiederholung FL
Sobald die geänderte Software freigegeben wurde, müssen die Anwender und, je nach Land,
zuständige Behörden über die Probleme und deren Lösung informiert werden.
3.11.3. Implementierung von Änderungen
3.11.3.1. Hintergrund
Die Änderungen, die aufgrund eines Problems notwendig werden, können entweder mit Hilfe des
Entwicklungsprozesses für die ursprüngliche Software-Entwicklung durchgeführt werden, oder
mit Hilfe einer speziell angepassten Vorgehensweise. In beiden Fällen müssen natürlich die
Anforderungen des Risikomanagements berücksichtigt werden.
3.11.3.2. Begriffe Foundation Level
Erneute Freigabe
3.11.3.3. Begriffe Advanced Level
Erneute Freigabe
Änderungs-Bausatz
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3.12. Software-Problemlösung
3.12.1. Problemlösung für Software
3.12.1.1. Hintergrund
Der Problemlösungsprozess für Software kommt immer dann zum Einsatz, wenn ein Problem in
der Software festgestellt wurde und behoben werden muss. Das kann sowohl während der
ursprünglichen Entwicklung der Software der Fall sein, als auch nach der Freigabe.
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Gesamtlehrplan
Ziel des Prozesses ist es sicherzustellen, dass die Probleme angemessen dokumentiert, untersucht
und zeitgerecht beseitigt werden.
3.12.1.2. Begriffe Foundation Level
Problem
Problembericht
Klassifikation
Kritikalität
Änderungsanforderung
Beteiligte Stelle
Trend
3.12.1.3. Begriffe Advanced Level
Problem
Problembericht
Klassifikation
Kritikalität
Änderungsanforderung
Beteiligte Stelle
Trend
3.12.1.4. Erstellen von Problemberichten
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M3-LE12.1-1-1 Notwendigkeit von Problemberichten K1 K2
M3-LE12.1-1-1 Klassifikation von Problemberichten K1 K2
Lehrinhalte Foundation Level
Für jedes erkannte Problem ist ein Problembericht zu erstellen. Dies gilt auch schon vor der
ersten Freigabe einer Software. So wird sichergestellt, dass erkannte Probleme tatsächlich und
adäquat behandelt werden.
Jeder Problembericht muss klassifiziert werden. Für die Klassifikation können folgende Kriterien
herangezogen werden:
Typ: Korrekturmaßnahme, Vorbeugende Änderung, Anpassung etc.
Umfang: Betroffene Produkte, betroffenes Zubehör
Aufwand: notwendige Ressourcen für die Korrektur, Korrekturaufwand etc.
Kritikalität: Auswirkung auf die Leistungsfähigkeit, Auswirkung auf die Sicherheit etc.
Typischerweise wird einem Problembericht eine Priorität in Abhängigkeit von dieser Klassifikation
zugewiesen.
3.12.1.5. Untersuchung des Problems
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M3-LE12.1-2-1 Relevanz von Änderungen für die Sicherheit -- K2
M3-LE12.1-2-1 Notwendigkeit von Änderungsanforderungen -- K2
Lehrinhalte Advanced Level
Jeder Problembericht muss untersucht werden, um zu versuchen die Ursache für das Problem zu
identifizieren. Dabei ist es wichtig nicht nur die Symptome des Problems zu beseitigen
(workaround), sondern der Ursache auf den Grund zu gehen (root-cause analysis). Nur so ist
ausgeschlossen, dass die Ursache in der Software verbleibt und andere als die gemeldeten
Probleme verursacht.
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Gesamtlehrplan
Für jeden Problembericht muss ermittelt werden, ob das Problem oder die Ursache
Auswirkungen auf die Sicherheit hat. Dies ist offensichtlich immer da gegeben, wo das Problem
dazu führt, dass eine Risiko-Kontrollmaßnahme versagt. Aber ein Problem kann auch auf neue
Quellen von Risiken hindeuten.
Wenn die Ursache des Problems gefunden ist und beseitigt werden kann, dann wird eine
Änderungsanforderung gestellt, der alle Aktionen umfasst, die für die Korrektur notwendig ist.
Wenn keine Korrektur erfolgen kann oder soll, dann ist die Begründung für diesen Sachverhalt
ebenfalls zu dokumentieren.
3.12.1.6. Unterrichtung beteiligter Stellen
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M3-LE12.1-3-1 Notwendigkeit der Unterrichtung beteiligter Stellen -- K2
verstehen
Lehrinhalte Advanced Level
Je nach Art des untersuchten Problems müssen eventuell nationale Aufsichtsbehörden oder
andere beteiligte Stellen informiert werden. Dies ist vor allem dann zu tun, wenn das Problem
Auswirkungen auf die Sicherheit hat.
In Deutschland muss beispielsweise das BfArM über Vorfälle mit Medizinprodukten und über
Korrekturen von erheblichen Problemen in einem Medizinprodukt informiert werden.
3.12.1.7. Analyse von Problemen hinsichtlich Trends
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M3-LE12.1-4-1 Notwendigkeit der Analyse von Problemen hinsichtlich -- K2
Trends
Lehrinhalte Advanced Level
Oftmals äußern sich Fehler in Software mit einer ganzen Reihe von Fehlverhalten. Es ist nicht
immer einfach und eindeutig, von einem Fehlverhalten auf die genaue Ursache zu schließen. Die
Ursache ist dabei nicht nur in der Software zu suchen. Vielmehr sollen die Hersteller
tieferliegende Ursachen identifizieren wie beispielsweise ein ungeeigneter Entwicklungsprozess,
ungeeignete Verfahren und Technologien, mangelnde Konformität mit den eigenen Vorgaben
oder unzureichende Ausbildung.
Um diese tiefergehenden Ursachen entdecken zu können, müssen die Hersteller die
Problemberichte auf Trends hin untersuchen.
Vorgehen sehr fehleranfällig. Die Matrizen werden sehr schnell sehr groß und unübersichtlich und
nach umfangreichen Änderungen sind sie kaum mehr zu überblicken. Hier können Werkzeuge
Abhilfe schaffen.
Werkzeuge helfen, das Tracing aktuell zu halten. Viele Softwareentwicklungswerkzeuge - speziell
Werkzeuge zum Anforderungsmanagement und Testmanagement - bieten entsprechende
Funktionen zur Unterstützung der Tracebility an. Nahezu alle Werkzeuge zum
Anforderungsmanagement unterstützen zumindest das vertikale Tracing. Bei Änderungen von
Anforderungen können diese Systeme automatisch über die betroffenen Traces alle verbundenen
Anforderungen oder Testfälle ermitteln. Auch die meisten Testmanagementwerkzeuge verfügen
über Funktionen, um die Zuordnung zwischen Testfällen und Anforderungen verwalten und
aktuell halten zu können. Im Idealfall sind Anforderungsmanagement und Testmanagement in
einem Werkzeug integriert und erlauben so die Durchführung des Tracing ohne Systembruch.
3.13.3. Rückverfolgbarkeit anderer Artefakte im Software-Entwicklungsprozess
3.13.3.1. Hintergrund
Neben Anforderungen und Risikokontrollmaßnahmen müssen auch andere Artefakte im
Software-Entwicklungsprozess rückverfolgbar sein.
3.13.3.2. Rückverfolgbarkeit anderer Artefakte im Software-Entwicklungsprozess
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M3-LE13.3-1-1 Die regulatorischen Anforderungen an die K1 --
Rückverfolgbarkeit von Änderungsanforderungen und
Problemberichte kennen.
Lehrinhalte Foundation Level
Neben Anforderungen, Risikokontrollmaßnahmen und Testfällen gibt es weitere Artefakte, für die
deren "Werdegang" im Software-Entwicklungsprozess rückverfolgbar und damit nachvollziehbar
sein muss. Auf die in der ISO 13485 geforderte Rückverfolgbarkeit in der Produktion wurde
bereits im ersten Abschnitt eingegangen. Darüber hinaus müssen auch Korrektur- und
Vorbeugemaßnahmen in der Produktion verfolgt werden.
IEC 62304 fordert vom Hersteller, dass dieser Mittel bereitstellt, um für
jede Änderungsanforderung,
jeden relevanten Problembericht und
jede Genehmigung einer Änderungsanforderung
einen sogenannten "Audit-Pfad" zu erstellen.
Wenn die Zusammenhänge zwischen diesen Einheiten, den Anforderungen und Testfällen leicht
zu verfolgen sind, können die Auswirkungen von Änderungen direkt benannt werden. Außerdem
lässt sich die Vollständigkeit (z.B. des Regressionstests) einfacher nachweisen.
3.13.4. Forderungen der FDA
3.13.4.1. Hintergrund
Auch die FDA sieht in der Rückverfolgbarkeit von Artefakten eine zentrale Anforderung an den
Software-Entwicklungsprozess.
3.13.4.2. Forderungen der FDA
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M3-LE13.4-1-1 Die Richtlinien der FDA kennen, in denen die -- --
Rückverfolgung von Anforderungen gefordert wird.
M3-LE13.4-1-1 Die Anforderungen der FDA zur Rückverfolgung von -- K2
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Gesamtlehrplan
Anforderungen verstehen.
Lehrinhalte Advanced Level
Die FDA fordert in ihrer Richtlinie "General Principles of Software Validation; Final Guidance for
Industry and FDA Staff", dass das Rückverfolgen von Anforderungen und
Risikokontrollmaßnahmen an verschiedenen Stellen im Software- Entwicklungsprozess
durchgeführt wird. Ähnlich wie bei der IEC 62304 werden hier Systemanforderungen und
Risikokontrollmaßnahmen hinsichtlich der Rückverfolgbarkeit gleichgesetzt.
Im Einzelnen wird gefordert, dass in den jeweiligen Entwicklungsphasen die folgende
Rückverfolgbarkeit in beiden Richtungen gegeben ist:
Anforderungsanalyse: Systemanforderungen (bzw. Risikokontrollmaßnahmen) zu Software-
Anforderungen
Design: Software-Anforderungen zu Design-Spezifikation
Codierung: Design-Spezifikation zu Quellcode; Quellcode zu Testfällen (Unittest)
Test: Design-Spezifikation zu Unit-Test; Software-Anforderungen zu Funktions- /
Integrationstest; Systemanforderungen zu Systemtestfällen
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Gesamtlehrplan
Beide Arten von SOUP haben eins gemeinsam: Dem Hersteller des Medizingerätes liegt keine
ausreichende Dokumentation über die SW-Komponente vor, wie sie für den Einsatz im
Medizinprodukt erforderlich wäre. Off-the-Shelf-Software wird sogar völlig außerhalb eines
speziellen Entwicklungsprozesses für medizinische Software entwickelt.
Lehrinhalte Advanced Level
Die Verwendung von SOUP in einem Medizinprodukt stellt eine potentielle Quelle für neue
Gefährdungen dar. Da über die Qualität der Entwicklung keine ausreichende Aussage getroffen
werden kann, enthält die SOUP möglicherweise unkalkulierbare Fehlerquellen, die sich auf die
Sicherheit des gesamten Medizinprodukts auswirken können. Außerdem entsteht für den
Hersteller des Medizinproduktes eine Abhängigkeit vom Hersteller der SOUP hinsichtlich
Fehlerbehebung und Unterstützung. Andererseits ist es kaum sinnvoll, verfügbare Software-
Komponenten nicht zu nutzen, sondern selbst neu zu entwickeln. Gute Beispiele sind hierfür
Betriebssysteme, Datenbanken oder Treiber. Hier muss davon ausgegangen werden, dass die
verfügbaren Komponenten durch ihre Spezialisierung und weite Verbreitung von höherer Qualität
und damit letztlich sicherer sind, als neu entwickelte Alternativen. Außerdem schafft der Einsatz
von verfügbaren Funktionsbibliotheken und fertigen Software-Komponenten Freiraum, um sich
auf die eigentliche Anwendung zu konzentrieren.
SOUP, die Teil einer Medizingeräte-Software ist, unterliegt selbstverständlich allen
regulatorischen Anforderungen an medizinische Software. Diese lassen sich aber für SOUP nicht
alle in der Praxis umsetzen. So liegt dem Hersteller des Medizingerätes in der Regel keine
Information über die innere Struktur (Architektur und detailliertes Design) vor. Daher gelten für
den Umgang mit SOUP besondere Regeln, die sicherstellen sollen, dass durch die Verwendung
der Software keine neuen Risiken entstehen.
Bei der Auswahl von SOUP, die im eigenen Medizinprodukt eingesetzt werden soll, sollten die
folgenden Punkte berücksichtigt werden:
Wie ist die Wartungspolitik des Herstellers?
Gibt es bereits eine Hersteller-spezifische Risikoanalyse?
Gibt es Validierungsunterlagen seitens des Herstellers?
Nutzen und Risiken im Vergleich zu alternativen Lösungen (z.B. Eigenentwicklung)
Eine Sonderform von SOUP ist frei verfügbare Software, die nicht von einem kommerziellen
Anbieter erstellt und gewartet wird (Open Source Software). Hier entscheidet die Verfügbarkeit
des Quellcodes. Liegt die Software als Quellcode vor, kann sie in die eigenen Entwicklungs- und
Qualitätssicherungsprozesse aufgenommen werden und somit wie eigene Software konform zu
den Regularien verwendet werden.
3.14.2. Umgang mit Software of Unknown Provenance
3.14.2.1. Hintergrund
Aus dem Einsatz solcher Software unbekannter Herkunft (Software of Unknown Provenance,
SOUP), die außerhalb des eigenen Entwicklungsprozess entwickelt wurde, ergeben sich wichtige
Fragestellungen für die Sicherheit des gesamten Medizinprodukts. Sowohl die IEC 62304 als auch
die Regularien der FDA fordern die Einhaltung besonderer Methoden beim Einsatz von SOUP in
einem Medizinprodukt.
3.14.2.2. Forderungen der IEC 62304 hinsichtlich des Einsatzes von SOUP
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M3-LE14.2-1-1 Sich erinnern, wie SOUP gemäß IEC 62304 im -- K1
Konfigurationsmanagement identifiziert werden muss.
M3-LE14.2-1-1 Wissen, dass SOUP besonders im Risikomanagement -- K1
berücksichtigt werden muss.
M3-LE14.2-1-1 Wissen, dass SOUP im SW-Wartungsprozess -- K1
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Gesamtlehrplan
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M3-LE14.2-2-1 Sich erinnern, dass die bei der FDA einzureichende -- K1
Dokumentation für OTS-Software abhängig von ihrem
möglichen Einfluss auf die Sicherheit von Patienten,
Anwendern und Dritte ist.
M3-LE14.2-2-1 Die Spanne zwischen der minimal zu erbringenden -- K1
Dokumentation und den maximalen Anforderungen
der FDA kennen (abhängig von der Klassifizierung).
M3-LE14.2-2-1 Verstehen, wie die FDA OTS-Software nach ihrem -- K2
Gefährdungspotential klassifiziert
M3-LE14.2-2-1 Die Inhalte der zu erstellenden Dokumentation -- K1
kennen.
M3-LE14.2-2-1 Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Forderungen -- K1
von FDA und IEC 62304 hinsichtlich SOUP kennen.
Lehrinhalte Advanced Level
Die FDA hat einen Leitfaden (Guidance Document) für die Industrie herausgegeben, das konkret
beschreibt, was sie an zusätzlicher Dokumentation erwartet, wenn SOUP im Medizinprodukt
eingesetzt wird, wobei hier der Schwerpunkt auf Off-the-Shelf-Software (OTS) liegt. Zur
Erinnerung: Die Definitionen von SOUP und OTS-Software sind nahezu deckungsgleich. In beiden
Fällen handelt es sich um Software, deren Entwicklungsprozess nicht bekannt/dokumentiert ist.
Die FDA bezieht sich nur auf Software, die allgemein verfügbar ist.
Abhängig vom möglichen Einfluss auf die Sicherheit von Patienten, Anwendern und Dritten teilt
die FDA die OTS-Software ganz analog zum gesamten Medizinprodukt in drei Klassen ein, für die
ein unterschiedlicher Umfang an Dokumentation und Risikobewertung im Rahmen des
Zulassungsantrags eingereicht werden muss.
a) Minor Level of Concern: Es ist nicht zu erwarten, dass Mängel der OTS-Software zu
irgendwelchen Verletzungen führen können
b) Moderate Level of Concern: Mängel (auch indirekte) der OTS-Software könnten zu leichten
Verletzungen führen.
c) Major Level of Concern: Mängel (auch indirekte) der OTS-Software könnten zu schweren
Verletzungen und zum Tod führen.
Abhängig von der Zuordnung der OTS-Software zu den genannten Klassen, müssen laut FDA-
Handbuch verschiedene Dokumentationen EINGEREICHT werden. (Hier besteht ein klarer
Unterschied zur IEC 62304, in welcher spezifiziert wird, welche Aktivitäten DURCHGEFÜHRT UND
DOKUMENTIERT werden müssen).
Unabhängig vom "Level of Concern" muss immer eine Basisdokumentation eingereicht werden,
die recht umfangreich ist: Identifikation der OTS-Software und Rahmenbedingungen für den
Einsatz, Systemanforderungen an Hard- und Software, Anforderungen an die richtige Installation
und Konfiguration, Anforderungen an die OTS-Software selbst, Beschreibung der
qualitätssichernden Maßnahmen (inkl. deren Ergebnisse), sowie eine Beschreibung des
Änderungsmanagement. Stellt sich in der Risikoanalyse heraus, dass durch die OTS-Software in
keiner Weise Verletzungen von Patient, Bediener oder Dritten möglich sind, so ist die
Basisdokumentation ausreichend.
Falls durch die OTS-Software Verletzungen auftreten können (d.h. für "Moderate" und "Major
Level of Concern"), müssen Risikokontrollmaßnahmen definiert werden, welche die Schwere der
Gefährdung und/oder die Wahrscheinlichkeit ihres Auftretens vermindern. Erreicht werden kann
dies durch Designänderungen, um Gefährdungen von vornherein zu vermeiden,
Schutzmaßnahmen oder Anwender-Warnungen. Schließlich muss das verbleibende Risiko nach
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Gesamtlehrplan
3.15. Computer-System-Validierung
3.15.1. Einführung
3.15.1.1. Hintergrund
Im Softwareentwicklungsprozess eingesetzte Werkzeuge haben u.U. einen Einfluss auf das
Produkt und die Produktqualität. Die relevanten Normen fordern daher die Validierung der
eingesetzten Werkzeuge, um nachzuweisen, dass sie ihre Zweckbestimmung erfüllen.
3.15.1.2. Begriffe Advanced Level
Werkzeug (Tool)
3.15.1.3. Abgrenzung Tool vs. SOUP
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M3-LE15.1-1-1 Die Abgrenzung von Werkzeug (Tool) zu SOUP -- K2
verstehen.
Lehrinhalte Advanced Level
Unter den Begriff "Tool" fallen alle im Softwareentwicklungsprozess eingesetzten Werkzeuge, die
Einfluss auf das Produkt selbst oder dessen Qualität haben. Typische Beispiele: Quellcode-
Versionsverwaltungssysteme, Testmanagementsysteme, eigenentwickelte Skripte, etc. Unter
SOUP "Software of Unknown Provenance" versteht man hingegen Software, die selbst
Bestandteil des Produkts wird; z.B. Laufzeitbibliotheken, Funktionsbibliotheken, Betriebssysteme,
Datenbanken, etc. (immer vorausgesetzt, sie sind integraler Bestandteil der Medizinprodukte-
Software).
3.15.1.4. Motivation
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M3-LE15.1-2-1 Die Notwendigkeit der Tool-Validierung verstehen. -- K2
M3-LE15.1-2-1 Sich an die für die Tool-Validierung relevanten -- K1
Normen erinnern.
M3-LE15.1-2-1 Die Forderungen der relevanten Normen bezüglich der -- K1
Toolvalidierung kennen.
Lehrinhalte Advanced Level
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Gesamtlehrplan
Außerdem kann es sinnvoll sein, eine Vorgehensweise für die Evaluierung und Auswahl neuer
Werkzeuge festzulegen.
3.15.2.4. Inventarliste der Werkzeuge
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M3-LE15.2-2-1 Sich erinnern, was in die Inventarliste aufgenommen -- K1
werden muss.
M3-LE15.2-2-1 Aufbau und Inhalt der Werkzeug-Inventarliste -- K2
verstehen.
Lehrinhalte Advanced Level
Bevor eine Validierung der im Entwicklungsprozess verwendeten Werkzeuge stattfinden kann,
müssen diese zunächst erst einmal identifiziert werden. Hierbei ist darauf zu achten, dass
tatsächlich alle Werkzeuge erfasst werden, insbesondere auch selbst entwickelte Skripte.
Für jedes Werkzeug muss festgehalten werden, für welchen Zweck es genau eingesetzt wird. Es
muss zudem eingeschätzt werden, wie groß die Auswirkungen auf das Produkt sein können. Je
größer die möglichen Auswirkungen sind, umso detaillierter muss die Validierung durchgeführt
werden. Sind die möglichen Auswirkungen dagegen unkritisch, so kann mit entsprechender
Begründung von einer Validierung abgesehen werden. Dies muss dann dokumentiert werden.
3.15.2.5. Anforderungsdefinition
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M3-LE15.2-3-1 Verstehen, wie Einsatzzweck und Anforderungen an -- K2
das Werkzeug den Validierungsumfang bestimmen.
Lehrinhalte Advanced Level
Um eine Validierung des Werkzeugs für einen bestimmten Einsatzzweck durchführen zu können
und um nicht in die Verpflichtung zu kommen, das gesamte Werkzeug "an sich" validieren zu
müssen, gilt es, die Anforderungen an das Werkzeug für den vorgesehenen Einsatzzweck zu
definieren. Dabei ist der zuvor festgelegte Intended Use des Werkzeugs zu berücksichtigen. Das
Vorgehen entspricht hierbei dem üblichen Vorgehen bei einer Anforderungsanalyse. Die
Validierung kann dann auf die genutzte Funktionalität beschränkt werden.
3.15.2.6. Evaluierung von Werkzeugen
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M3-LE15.2-4-1 Vorteile der Werkzeug-Evaluierung kennen. -- K1
Lehrinhalte Advanced Level
Werden Werkzeuge benötigt, die noch nicht im Softwareentwicklungsprozess eingebunden sind,
sollten diese vorab evaluiert werden. Als Vorgehensweise zur Evaluierung bietet es sich auch an,
Anforderungen zu formulieren, die die in Frage kommenden Werkzeuge erfüllen müssen. Zu
diesen Anforderungen können dann Tests entwickelt werden, anhand derer gemessen werden
kann, wie gut ein untersuchtes Werkzeug die vorab definierten Anforderungen erfüllt. Bei der
anschließenden Beurteilung der Prüfergebnisse kann das am besten passende Werkzeug
ausgewählt werden. Ein solches Vorgehen bietet einen dokumentierten Auswahlprozess und
vermeidet, dass Werkzeuge zum Einsatz kommen, welche die Anforderungen nur teilweise oder
gar nicht erfüllen. Die Evaluierungsergebnisse können dann auch bei der Validierung weiter
verwendet werden.
3.15.2.7. Impactanalyse für die eingesetzten Werkzeuge
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
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Auch Werkzeuge "veralten" und müssen daher von Zeit zu Zeit aktualisiert werden. Dadurch wird
jedoch eine erneute Validierung erforderlich.
3.15.3.2. Begriffe Advanced Level
Revalidierung
3.15.3.3. Werkzeug-Wartung
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M3-LE15.3-1-1 Verstehen, warum Werkzeuge gewartet werden -- K2
müssen und dass dann eine Revalidierung erforderlich
ist.
M3-LE15.3-1-1 Sich erinnern, dass bekannte Fehler des Werkzeugs -- K1
regelmäßig überwacht und ggf. in der Validierung
berücksichtigt werden müssen.
Lehrinhalte Advanced Level
Nachdem das Werkzeug einmal validiert ist, würde man am liebsten nie wieder etwas daran
ändern. Leider ist dies nicht möglich, und auch nicht sinnvoll, da auch Werkzeuge "veralten". Es
werden immer wieder Fehler behoben. Außerdem kann es sein, dass sich die Werkzeuge an eine
geänderte Umgebung (z.B. ein neues Betriebssystem) anpassen müssen. Es müssen daher von
Zeit zu Zeit Updates eingespielt werden. Außerdem können neue Erweiterungen erforderlich sein
(z.B. wenn im Einsatz noch ein potentielle Fehlerquelle identifiziert wird, die Einfluss auf die
Produktqualität haben könnte).
Sobald Updates oder Erweiterungen der Werkzeuge eingesetzt werden, muss die
Werkzeugvalidierung teilweise oder komplett neu durchgeführt werden. Man spricht dann von
einer Revalidierung.
Der Hersteller des Medizinproduktes muss die von Werkzeugherstellern gepflegte Fehlerlisten
beobachten und beurteilen, ob die berichteten Sachverhalte für den eigenen Werkzeugeinsatz
und dessen Validierung von Belang sind oder nicht. Es muss entschieden werden, ob die
bekannten (bzw. die in der aktuellsten Version behobenen) Fehler ein Update des Werkzeugs
erforderlich machen oder eben gerade verhindern. Im Zweifelsfalle muss die Validierungs-
Testspezifikation um eine Prüfung erweitert werden, dass der bekannte Fehler keinen Einfluss auf
die Qualität des Medizinproduktes haben kann. Die Werkzeugvalidierung wird dann erneut ganz
oder teilweise neu durchgeführt werden. Wird etwas am Werkzeug geändert, muss prinzipiell
revalidiert werden.
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Gesamtlehrplan
4. Curriculum Usability
Dieses Modul beschreibt die regulatorischen Anforderungen an die Gebrauchstauglichkeit mit
Schwerpunkt auf die IEC 62366 sowie die Methoden und Verfahren, um gebrauchstaugliche
medizinische Software zu entwickeln.
Medizinprodukts. Ein Arzt der einem Patienten ein falsches Medikament verschreibt, begeht
einen Fehler, der auch durch ein Nicht- oder Falscherkennen oder Missverstehen von
Informationen begründet sein kann. Die Handlungen lassen sich zudem in beabsichtigte und
unbeabsichtigte unterscheiden. Ein Anwender kann unbeabsichtigt eine falsche Taste
bedienen, weil diese zu nah an einer anderen Taste liegt. Oder er kann eine falsche Handlung
absichtlich begehen. Ursache dafür können falsch oder fehlerhaft erkannte (Perception) oder
verstandene (Cognition) Informationen ebenso sein wie eine falsche Vorstellung darüber, wie
das Medizinprodukt funktioniert und welche Folgen eine Interaktion damit hat. Man spricht
dann darüber, dass die Nutzer des Medizinprodukts ein anderes mentales Model wie die
Entwickler des Medizinprodukts haben.
4.1.1.5. Gründe für Usability Engineering Prozess
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M4-LE1.1-2-1 Erkennen warum ein K1 W
gebrauchstauglichkeitsorientierter
Entwicklungsprozess wichtig ist und Vorteile bringt.
Lehrinhalte Foundation Level
Hersteller sollten den gebrauchstauglichkeitsorientierten Entwicklungsprozess befolgen, um
1. gesetzliche Vorschriften einzuhalten,
2. die Risiken für Patienten Anwender und Dritte zu minimieren
3. den Markterfolg erhöhen und
4. die Entwicklungszeit und Kosten zu minimieren.
Dass Hersteller die gesetzlichen Vorschriften einhalten müssen, bedarf keines weiteren
Kommentars. Die Motivation der Gesetzgeber besteht genau darin, die Risiken durch das
Medizinprodukt (aufgrund mangelnder Gebrauchstauglichkeit) zu minimieren.
Gebrauchstauglichkeit ist eine der grundlegenden Anforderungen in der MDD. Genau das ist auch
der Fokus der IEC 62366.
Hersteller verstehen zunehmend, dass sie durch ein systematisches Requirements Engineering die
wirklichen Stakeholder Anforderungen identifizieren und damit Produkte entwickeln können, die
im Markt erfolgreich sein werden. Ein systematisches Vorgehen hat den Vorteil, dass die
Stakeholder-Anforderungen nicht durch "Try and Error" ermittelt werden müssen, sondern
zuverlässig und stabil zu Beginn der eigentlichen Entwicklung zur Verfügung stehen. Dies erspart
unnötige Iterationen und damit Zeit und Geld.
4.1.1.6. Beispiele für Probleme mit der Gebrauchstauglichkeit
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M4-LE1.1-3-1 Beispiele nennen können, wie mangelnde K2 W
Gebrauchstauglichkeit von Medizinprodukten,
insbesondere medizinischer Software, zu
Gefährdungen von Patienten, Benutzern und Dritten
führte.
Lehrinhalte Foundation Level
Zu den Beispielen für mangelnde Gebrauchstauglichkeit zählen:
Fehlerhaft oder inkonsistente (z.B. mit der Gebrauchsanweisung) Beschriftungen,
beispielsweise ein Textfeld, dessen Label Harnstoff statt Harnsäure nennt.
Missverständliche Kennzeichnungen, beispielsweise weil sie nicht die Terminologie der
Benutzer oder übliche Kodierungen (z.B. über Formen oder Farben) verwenden, weil
Kodierungen inkonsistent genutzt oder weil Beschriftungen nicht klar den UI-Elementen
zugeordnet werden können. Ein Beispiel ist ein Beatmungsgerät mit einem Drehschalter, der
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nach rechts (mit blauer Farbe markiert) oder links (mit oranger Farbe markiert) gedreht
werden kann. Ein Arzt ist unsicher und entscheidet sich für „die blaue Richtung“, weil ihm
diese Farbe ungefährlicher erscheint. Das behandelte Kind stirbt. Quelle:
http://www.telegraph.co.uk/news/uknews/1513550/Baby-died-after-untrained-doctor-took-
50-50-gamble-on-pressing-right-button.html.
Schlecht lesbare Benutzerschnittstellen, beispielsweise weil die Schriftart zu klein oder
ungeeignet ist oder weil Kontrastverhältnisse zu niedrig sind.
Irreführende Elemente der Benutzerschnittstelle, beispielweise falsche Default-Werte oder
Skalen, die unzutreffende Normalwerte annehmen lassen.
Nicht an die kulturellen Gepflogenheiten angepasste Benutzerschnittstellen wie eine
Infusionspumpe, die für den japanischen Markt entwickelt wurde und in Europa in Verkehr
gebracht wird. Für den japanischen Markt wird die Funktion Starte Infusion mit der Farbe Rot
gekennzeichnet – keine ungewöhnliche Wahl, wenn man bedenkt, dass Nutzer aus Japan mit
der Farbe Rot normalerweise Glück und andere positive Eigenschaften assoziieren. In
westlichen Kulturen ist die Farbe Rot normalerweise mit Gefahr und Stopp assoziiert, was
auch der Farbkodierung in internationalen Standards übereinstimmt. Es ist vorhersehbar,
dass Nutzungsfehler auftreten können, wenn diese Infusionspumpe in westlichen Kulturen
genutzt wird. Quelle: AAMI HE75
Häufig hindern auch eine umständliche Navigation oder eine schlecht strukturierte
Informationsarchitektur die Benutzer am effizienten Arbeiten. Das kann wiederum dazu führen,
dass Benutzer unvorhergesehene „Abkürzungen“ wählen, was zu unvorhergesehen Risiken führt.
Lehrinhalte Advanced Level
Nur Wiederholung
4.1.1.7. Nutzungskontext und Gebrauchstauglichkeit
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M4-LE1.1-4-1 Verstehen, dass die Gebrauchstauglichkeit nur in K2 W
einem definierten Nutzungskontext bestimmt werden
kann.
M4-LE1.1-4-1 Beispiele nennen können, wie sich der K2 W
Nutzungskontext auf die Gebrauchstauglichkeit
auswirkt.
Lehrinhalte Foundation Level
Die Gebrauchstauglichkeit eines Produkts lässt nur in einem gegebenen Nutzungskontext
beurteilen. Zu diesem Nutzungskontext zählen die Benutzer und Patienten ebenso wie die
Arbeitsumgebung einschließlich der Arbeitsbelastung, Ablenkungen und physikalischer Parameter
wie Helligkeit und Temperatur.
4.1.1.8. Typen von Benutzerhandlungen
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M4-LE1.1-5-1 Die verschiedenen Handlungen von Benutzern -- K1
benennen und die Taxonomie gemäß DIN EN 62366
Bild B.1 aufzeichnen können.
M4-LE1.1-5-1 Zusammenhang von anormalem Gebrauch und -- K1
vorhersagbarem Missbrauch erklären können.
Lehrinhalte Advanced Level
Benutzer können beim Gebrauch von Medizinprodukten Fehler begehen. Bei diesen
Benutzungsfehlern unterscheidet man Aufmerksamkeitsfehler, Erinnerungsfehler und Irrtum. Nur
beim Irrtum begeht der Benutzer die Handlung beabsichtigt, beispielsweise weil er über ein
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Gesamtlehrplan
mentales Modell des Produkts verfügt, welches nicht mit der tatsächlichen Funktionsweise
übereinstimmt. Auch eine vom Benutzer beabsichtigte aber vom Hersteller nicht vorhergesehene
Umgehungsmöglichkeit oder die falsche Anwendung einer Regel zählen zu Beispielen für einen
Irrtum.
Als anormalen Gebrauch definiert die DIN EN 62366 eine „vorsätzliche Handlung oder
vorsätzliche Unterlassung einer Handlung […] als Ergebnis einer Handlungsweise, die außerhalb
der angemessenen Möglichkeiten des Herstellers zur Risikobeherrschung liegt“. So ein
Missbrauch könnte darin bestehen, dass die Benutzer es für einen nicht vorhergesehen Zweck
benutzen, Sicherheitshinweise bewusst ignorieren oder es ohne entsprechende Ausbildung
einsetzen, obwohl dies explizit gefordert ist.
Der vorhersagbare Missbrauch umfasst Aktivitäten des Nutzers, die wissentlich darauf abzielen,
ein Ergebnis zu erzielen, das der Hersteller explizit vom ordnungsgemäßen Gebrauch
ausgeschlossen hat. Er entspricht damit dem "anormalen Gebrauch" gemäß DIN EN 62366.
Quelle: DIN EN 62366 Annex A, subclause 5.2
4.1.2. Begrifflichkeiten im Kontext der Gebrauchstauglichkeit
4.1.2.1. Hintergrund
Usability hat sich zu einem populären Schlagwort entwickelt. Allerdings nutzen viele diesen
Begriff unterschiedlich und verstehen darunter eine Mischung aus Softwareergonomie und
Design. Das Zusammenspiel mit dem Risikomanagement wird hingegen seltener betrachtet. Ein
einheitliches und präzises Verständnis des Begriffs Gebrauchstauglichkeit stellt eine wesentliche
Voraussetzung dar, um Medizinprodukte normenkonform und mit beherrschbarem Risiko zu
entwickeln und zu betreiben.
4.1.2.2. Begriffe Advanced Level
Ergonomie
User Experience
Validierung (der Gebrauchstauglichkeit)
Verifizierung (der Gebrauchstauglichkeit)
4.1.2.3. Was Gebrauchstauglichkeit bedeutet
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M4-LE1.2-1-1 Anhand von Beispielen erklären können, was K2 W
Gebrauchstauglichkeit bedeutet. Den Begriff
definieren können.
M4-LE1.2-1-1 Den Begriff Gebrauchstauglichkeit in Zusammenhang -- K2
mit den Begriffen Ergonomie, Benutzbarkeit und der
„User Experience“ setzen können.
Lehrinhalte Foundation Level
Die DIN EN 62366 definiert die Gebrauchstauglichkeit als "die Eigenschaft der BENUTZER-
PRODUKT-SCHNITTSTELLE, die die EFFEKTIVITÄT, EFFIZIENZ sowie die Lernförderlichkeit und
Zufriedenstellung des BENUTZERS umfasst." Etwas besser verständlich ist die Definition der ISO
9241-11: „Das Ausmaß, in dem ein Produkt durch bestimmte Benutzer in einem bestimmten
Nutzungskontext genutzt werden kann, um bestimmte Ziele effektiv, effizient und
zufriedenstellen zu erreichen.""
Lehrinhalte Advanced Level
Gebrauchstauglichkeit eines Medizinprodukts ist ein Qualitätsmerkmal, das am Produkt selbst
feststellbar und überprüfbar ist. Ergonomie hingegen ist definiert als:
Die wissenschaftliche Disziplin und das systematische Studium, die/das sich mit der Aufklärung
der Wechselwirkungen zwischen menschlichen und anderen Elementen eines Systems befasst,
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und der Berufszweig, der die Theorie, Prinzipien, Daten und Methoden auf die
(System)Gestaltung anwendet mit dem Ziel, das Wohlbefinden des Menschen und die Leistung
des Gesamtsystems zu optimieren. [ISO 6385:2004]
Software-Ergonomie ist demzufolge die Disziplin, die die Regeln zur gebrauchstauglichen
Softwaregestaltung ermittelt und fortschreibt.
Ein Aspekt der Ergonomie ist die Benutzbarkeit. Unter Benutzbarkeit versteht man die Tatsache,
dass einzelne User-Interface-Elemente erkennbar sind und Eingaben und Auswahlen ohne
Hindernisse zulassen [Geis, Johner; 2015].
Beispiele:
Eine Null und der Buchstabe O sind in einer Anzeige unterscheidbar.
Eine Tastatur hat zwischen den einzelnen Tasten ausreichend
Abstand, um nicht
versehentlich die falsche Taste zu drücken. Der Tastendruck ist nicht zu hoch und nicht zu
niedrig.
Beide Begriffe sollten nicht mit der Gebrauchstauglichkeit verwechselt werden. So ist die
Benutzbarkeit eines Systems eine notwendige aber nicht hinreichende Voraussetzung für dessen
Gebrauchstauglichkeit.
Der Begriff Gebrauchstauglichkeit (Usability) betrachtet ausschließlich die konkrete Situation in
der ein Produkt genutzt wird. Hingegen umfasst die Definition der ISO 9241-210„User
Experience“ zusätzlich die Wahrnehmung des Produkts vor der Nutzung („antizipierte Nutzung“)
und und die Wahrnehmung des Produkts durch den Nutzer nach der erfolgten Nutzung. Der
deutsche Begriff für „User Experience“ lautet demzufolge „Benutzererlebnis“.
4.1.2.4. Verifizierung und Validierung der Gebrauchstauglichkeit
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M4-LE1.2-2-1 Basierend auf der Definition des Begriff K2 W
Gebrauchstauglichkeit erklären können, dass die
Validierung der Gebrauchstauglichkeit ein wichtiger
Aspekt der Validierung des Produktes ist.
M4-LE1.2-2-1 Beispiele für die Verifizierung nennen können. Den K2 W
Begriff von der Validierung unterscheiden können.
Lehrinhalte Foundation Level
Unter der Validierung der Gebrauchstauglichkeit versteht man den Nachweis, dass Benutzer ihre
Nutzungsziele effektiv und effizient (ohne Nutzungsprobleme) erreichen. Dies bedingt, dass man
überhaupt die Nutzungsziele mit dem Produkt erreichen kann, die die Zweckbestimmung nennt.
Dies wäre im Rahmen einer „klassischen“ Produktvalidierung nachzuweisen. Die Validierung der
Gebrauchstauglichkeit prüft zusätzlich, ob dies auch den spezifizierten Nutzern im spezifizierten
Nutzungskontext gelingt. Diese Validierung setzt somit die Einbeziehung der spezifizierten Nutzer
voraus.
Die Verifizierung tut dies nicht. Dabei können Usability Experten mehrere Aspekte prüfen:
Zum einen untersuchen sie das Produkt auf Verstöße gegen Gestaltungsrichtlinien wie mangelnde
Kontrastverhältnisse (z.B. graue Schrift auf weißem Untergrund (Lesbarkeit) oder auf
mehrdeutige oder verwechselbare Bezeichnungen (Unterscheidbarkeit)). Zum anderen können
Sie prüfen, ob es zu spezifizierten Nutzungsanforderungen überhaupt passende
Produktmerkmale gibt, beispielsweise zur Nutzungsanforderung "Der Nutzer muss am System
noch nicht untersuchte Patienten erkennen können" - eine Entsprechung an der
Benutzerschnittstelle wie eine farbliche Markierung oder eine Sortierung der Patienten. Zu den
Methoden zählen die Heuristische Evaluation, die eine Bewertung mit Hilfe von Experten
darstellt, und der Cognitive Walkthrough bei dem sich Experten in die Rolle der Benutzer
hineinversetzen.
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Eine erfolgreiche Verifizierung ist nicht hinreichend, um die Gebrauchstauglichkeit eines Produkts
nachzuweisen.
Lehrinhalte Advanced Level
Nur Wiederholung und Vertiefung.
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Systeme gelten, hat man die allgemeinere Norm, die DIN EN 62366, als die entscheidende
erkoren. Die EN 60601-1-6 bleibt zwar als Norm bestehen, besteht aber im normativen Teil nur
aus einem Verweis auf die DIN EN 62366.
4.2.2.4. Verbindungen zwischen den harmonisierten Normen
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M4-LE2.2-2-1 Wissen, dass die DIN EN 60601-1-6 und die DIN EN -- K2
62366 das Risikomanagement nach ISO 14971
normativ verlangen.
Lehrinhalte Advanced Level
Sowohl die DIN EN 60601-1-6 als auch die DIN EN 62366 verweisen normativ auf die Norm ISO
14971 zum Risikomanagement. Der gebrauchstauglichkeitsorientierte Entwicklungsprozess geht
Hand in Hand mit dem Risikomanagementprozess. Es ist somit nicht möglich, den Forderungen
der DIN EN 62366 zu genügen, ohne ein normenkonformes Risikomanagement zu betreiben.
Damit wird klar, dass der Hauptfokus der DIN EN 62366 darauf liegt, Risiken zu vermeiden, die
durch mangelnde Gebrauchstauglichkeit bedingt sind. Es geht der Norm also weder darum,
Produkte zu fordern, die auf dem Markt erfolgreich oder von den Benutzern geschätzt werden,
noch darum, Anforderungen an die Ästhetik dieser Produkte zu benennen.
4.2.2.5. FDA Guidances
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M4-LE2.2-3-1 Die für Usability relevanten Guidance-Dokumente der -- K2
FDA dem Namen nach kennen und die wesentlichsten
Aspekte benennen können.
Lehrinhalte Advanced Level
Die FDA hat eine Guidance mit dem Titel „Medical Device Use-Safety: Incorporating Human
Factors Engineering into Risk Management“ Diese Guidance ist jedoch in die Jahre gekommen.
Daher hat die FDA eine Guidance als Draft veröffentlicht mit dem Titel "Applying Human Factors
and Usability Engineering to Optimize Medical Device Design". Diese Guidance entspricht im
Moment am ehesten den Forderungen der FDA. Die Guidance fordert zwar keinen durchgängigen
Prozess wie die IEC 62366, beschreibt aber viele Verfahren zum Entwurf und Prüfen von Mensch-
Maschinen-Schnittstellen. Diese Prüfungen sollen vor allem bereits während des Designs
Anwendung finden. Das Dokument enthält konkrete Forderungen, die eine Validierung der
Usability in den USA nötig machen mit 15 Teilnehmern pro Nutzergruppe.
Als Hilfestellung hat die AAMI die Guideline AAMI HE 75 herausgebracht, die zu vielen Themen
der Gebrauchstauglichkeit praktische Hinweise gibt. Zudem hat die FDA die IEC 62366 als
recognized consensus standard anerkannt.
4.2.2.6. Weitere Normen
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M4-LE2.2-4-1 Weitere nicht harmonisierte, im Nutzungskontext der -- K2
Gebrauchstauglichkeit (von Software) relevante
Normen kennen und wesentliche Inhalte benennen
können.
Lehrinhalte Advanced Level
Die im Nutzungskontext der Gebrauchstauglichkeit von Software (nicht nur medizinischer
Software) wichtigsten Normen, sind die der ISO 9241-Familie zur Ergonomie der Mensch-System-
Interaktion. Diese Normenfamilie beschreibt wichtige und ausführliche Empfehlungen, die auch
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auf medizinische Software angewendet werden sollten. Zu der Norm zählen u.a. die folgenden
Teile:
Teil 1: Allgemeine Einführung (2002)
Teil 2: Leitsätze zur Aufgabengestaltung (1993)
Teil 11: Anforderungen an die Gebrauchstauglichkeit; Leitsätze (1999)
Teil 12: Informationsdarstellung (2000)
Teil 13: Benutzerführung (2000)
Teil 14: Dialogführung mittels Menüs (2000)
Teil 15: Dialogführung mittels Kommandosprachen (1999)
Teil 16: Dialogführung mittels direkter Manipulation (2000)
Teil 110: Grundsätze der Dialoggestaltung (2008)
Teil 129: Leitlinien für die Individualisierung von User Interfaces (2011)
Teil 143: Formulardialoge (2011)
Teil 151: Leitlinien zur Gestaltung von Benutzungsschnittstellen für das World Wide Web
(2008)
Teil 154: Dialogführung mittels Sprachdialogsystemen (2011)
Teil 210: Prozess zur Entwicklung gebrauchstauglicher interaktiver Systeme; (2010; Englisch,
deutsche Übersetzung noch nicht verfügbar)
Die oben genannten Normen eigenen sich auch zur Erstellung von Checklisten als Bestandteil der
Spezifikation und Verifizierung der Gebrauchstauglichkeit.
Die Norm ISO/IEC TR 25060 beschreibt Anforderungen an die zu erzielenden Ergebnistypen eines
gebrauchstauglichkeitsorientierten Entwicklungsprozesses und ergänzt dadurch die DIN EN 62366
um konkret umsetzbare Hinweise.
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unvertretbaren Risiken schaffen, die beispielsweise dadurch bedingt sind, dass die
Benutzungsschnittstelle für den einzelnen Benutzer unnötig viele Handlungsoptionen bietet oder
eine zu hohe Anpassbarkeit der Software die Komplexität, Wartbarkeit und Testbarkeit des
Produkts beeinträchtigt.
4.3.2.5. Benutzerprofile als Personas darstellen
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M4-LE3.2-2-1 Erinnern, dass Benutzerprofile mit Hilfe von Personas -- K2
beschrieben werden können.
Lehrinhalte Advanced Level
Eine Persona ist eine Kurzbeschreibung („Steckbrief“) eines idealtypischen Vertreters einer
Benutzergruppe. Sie umfassen meist ein Foto und eine stichwortartige Beschreibung dieses
Vertreters. Zu dieser Beschreibung zählen, aus konkreten Daten extrahierte, prototypische
Beschreibungen
des Alters
der Ausbildung
der Ziele
der Sprachliche Fähigkeiten
des Kulturellen und soziologischen Hintergrundes
der Erfahrungen bei der Nutzung des Produkts oder eines vergleichbaren Produkts
der Tätigkeiten im Nutzungskontext einschließlich der typischen Arbeitsbelastung und der zu
erwartenden Berufserfahrung
der Funktion und Hierarchie innerhalb der Organisation
der Körperlichen und geistigen Fähigkeiten und Einschränkungen
4.3.2.6. Zweckbestimmung, medizinische Indikation, bestimmungsgemäßer Gebrauch
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M4-LE3.2-3-1 Zweckbestimmung, medizinische Indikation und -- K2
bestimmungsgemäßen Gebrauch definieren und
unterscheiden können.
Lehrinhalte Advanced Level
Die Zweckbestimmung von Medizinprodukten beschränkt sich auf den (medizinischen) Zweck, der
gemäß den Angaben des Herstellers mit dem Produkt erzielt werden soll. Beispielsweise zählt die
Entfernung von Giftstoffen aus dem Blut zur Zweckbestimmung eines Dialysegeräts oder die
Dokumentation der Fieberkurve zur Zweckbestimmung eines Krankenhausinformationssystems
(KIS). Üblicherweise beinhaltet die Zweckbestimmung Aussagen darüber, wie mit Hilfe des
Medizinprodukts Krankheiten, Verletzungen oder physiologische Vorgänge diagnostiziert,
überwacht oder behandelt werden.
Der bestimmungsgemäße Gebrauch umfasst weitere Tätigkeiten, die vom Hersteller mit dem
Produkt vorhergesehen sind - beispielsweise die Reinigung oder der Transport des Dialysegeräts
bzw. die Fernwartung des KIS.
Sowohl die Zweckbestimmung als auch der bestimmungsgemäße Gebrauch umfassen auch die
Festlegung, welche Benutzergruppen in welche Nutzungskontexten das Produkt nutzen
dürfen/sollen (und nicht nur wofür).
Die Begriffe „medizinische Indikation“ und „medizinischen Zweckbestimmung“ werden meist
synonym verwandt.
Anmerkung: Die DIN EN 62366 definiert ähnlich aber nicht identisch der obigen Darstellung und
der Definition der IEC 60601-1 den Begriff bestimmungsgemäßer Gebrauch als den normalen
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Gebrauch ohne Benutzungsfehler. Sie übersetzt den Begriff sowohl als „correct use“ als auch als
„intended use/intended purpose“, was nicht zwingend das Gleiche ist.
4.3.2.7. Beschreibungen der Patienten-Gruppe
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M4-LE3.2-4-1 Wissen, wie man die Patientenpopulation -- K2
charakterisiert.
Lehrinhalte Advanced Level
Die Charakterisierung der Patientenpopulation sollte die Gesamtheit der Merkmale umfassen, die
diese Patientenpopulation von anderen Patientenpopulationen unterscheidet, z.B.:
Alter
Geschlecht
Erkrankungen und Verletzungen, die im Nutzungskontext der Zweckbestimmung gelindert,
behandelt, überwacht oder diagnostiziert werden sollen
Sonstiger Gesundheitszustand, beispielsweise Bewusstsein, Hör- und Sehfähigkeit
Zurechnungsfähigkeit, Aufmerksamkeit, intellektuelle Fähigkeiten
Generell sind die Größen zu dokumentieren, die einen Einfluss auf die Nutzung des
Medizinprodukts und das davon ausgehende Risiko haben. Sind die Patienten gleichzeitig die
Benutzer, so sind die Nutzungsanforderungen für diese Benutzergruppe ebenfalls zu
dokumentieren.
4.3.2.8. Aspekte der Nutzungsbedingungen / Gebrauchsbedingungen
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M4-LE3.2-5-1 Die wichtigsten Aspekte einer Zweckbestimmung -- K2
aufzählen können. Die Besonderheiten von Software
nennen können.
Lehrinhalte Advanced Level
Der Hersteller muss benennen, wie, durch wen, für wen und in welchem Nutzungskontext das
Medizinprodukt angewendet werden soll. Zu dieser „Spezifikation“ (gemäß Terminologie der DIN
EN 62366) zählen dazu:
Das Benutzerprofil
Das Patientenprofil
Die vorgesehene medizinische Indikation (s.o.)
Die vorgesehenen Gebrauchsbedingungen wie der Ort, die Häufigkeit des Gebrauchs, das
Stresslevel der Benutzer, die physikalischen Umgebungsparameter (z.B. Helligkeit,
Temperatur, etc.).
Bei eigenständig laufender Software zählen auch die vorausgesetzte Hardware, Drittsoftware
und Schnittstellen zu anderen IT-Systemen zur Zweckbestimmung. Speziell bei
Bildschirmarbeitsplätzen spielen die Positionierung und die Umgebungshelligkeit eine Rolle.
Auch die physikalische Funktionsweise des Medizinprodukts muss Bestandteil der
Nutzungsbedingungen sein, was aber nicht spezifisch für Software ist.
4.3.3. Ableiten der Nutzungsanforderungen
4.3.3.1. Hintergrund
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2. Sie bestehen immer aus eine Zustand der gegeben sein muss, und dem Zweck, dem dieser
Zustand dient. Entsprechend sollten Sie formuliert sein als „Der [Rollenbezeichnung] muss
XYZ haben/wissen, um ZYX tun zu können.“ Ein Beispiel für ein Erfordernis lautet: „Der
Internist muss den Hämoglobinwert des Patienten kennen, um über die Fortführung der
Anämiebehandlung angemessen entscheiden zu können.“
3. Sie stehen noch nicht in Bezug zu einem zu entwickelnden System.
4. Sie sind unstrittig und für alle Beteiligten einer Benutzergruppe zutreffend.
4.3.3.6. Formulierung von Nutzungsanforderungen
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M4-LE3.3-4-1 Verstehen, wie man Nutzungsanforderungen K2 W
formuliert und bewertet.
Lehrinhalte Foundation Level
Gute Nutzungsanforderungen zeichnen sich durch folgende Qualitätsmerkmale aus:
1. Sie beruhen auf einem Erfordernis
2. Sie formulieren noch keine konkrete Lösung
3. Sie formulieren die zu ermöglichende Handlung am User Interface im Sinne von „Der
Benutzer muss am System XXX eingeben/auswählen/erkennen können.
Benutzer können an interaktiven Systemen nur beobachtbare Handlungen durchführen, nämlich
eingeben und auswählen, oder kognitive Leistungen (erkennen, überblicken, unterscheiden)
erbringen.
4.4. Benutzungsschnittstelle
4.4.1. Benutzungsschnittstelle konzipieren
4.4.1.1. Hintergrund
Benutzungsschnittstellen zu konzipieren, ist nicht die Aufgabe von Grafik-Designern, sondern
primär von Usability-Experten, insbesondere verantwortlich für das Interaktionsdesign und die
Informationsarchitektur.
4.4.1.2. Begriffe Advanced Level
Hauptbedienfunktion
Informationsarchitektur.
Navigationsstruktur
4.4.1.3. Schritte zur Konzeption einer Benutzungsschnittstelle
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M4-LE4.1-1-1 Die Schritte benennen können, um eine -- K1
Benutzungsschnittstelle zu konzipieren.
Lehrinhalte Advanced Level
Aus den Kontextinterviews leitet der Hersteller nicht nur die Nutzungsanforderungen ab, sondern
auch die zu unterstützenden Kernaufgaben. Für jede (durch das Medizinprodukt) zu
unterstützende Kernaufgabe wird dann ein Nutzungsszenario abgeleitet.
Ein Nutzungsszenario enthält
die Vorbedingungen, die gegeben sind, bevor die Nutzung startet (normale und kritische),
und die Nachbedingung die gegeben ist, wenn die Nutzung beendet ist (Normalfall und
kritische Fälle)
alle Teilaufgaben innerhalb der unterstützten Kernaufgabe
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für jede Teilaufgabe alle Aktionen des Nutzers und die erwartungskonforme Reaktion des
Systems. So entsteht ein Drehbuch für die Benutzungsschnittstelle. Beispielsweise muss ein
Benutzer die Kernaufgabe „Werte sichern“ bearbeiten. Eine Teilaufgabe dabei besteht in der
Auswahl des Patienten. Im Rahmen dieser Teilaufgabe wählt der Benutzer aus der Liste der
Patienten einen bestimmten aus. Als Reaktion zeigt das System die demographischen Daten
dieses Patienten an. Somit sind Nutzungsszenarien die Basis für (technische) Use Cases (und
nicht umgekehrt wie oft beobachtet).
Komponenten einer Benutzungsschnittstelle identifizieren
Informationsarchitektur festlegen
Navigationsstruktur festlegen
Benutzungsschnittstelle entwerfen
Benutzungsschnittstelle anhand eines Prototypen verifizieren und validieren
4.4.1.4. Semantische Komponenten einer Benutzungsschnittstelle
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M4-LE4.1-2-1 Die Komponenten einer Benutzungsschnittstelle -- K2
benennen können.
Lehrinhalte Advanced Level
Zu den Komponenten einer Benutzungsschnittstelle zählen
Nutzungsobjekte, beispielsweise die Liste von Patienten, ein einzelner Laborwert, die Liste
der Diagnosen usw.
Werkzeuge, um die Nutzungsobjekte zu erzeugen, zu verändern, zu löschen,
Wegweiser, die dem Benutzer helfen, User-Interface-Komponenten zu finden und auch
innerhalb von komplexen User-Interface-Komponenten zu navigieren. Beispiel für Wegweiser
sind Menüs, Menüeinträge, das Kontextmenü, Navigationsbäume.
Rückmeldungen wie Warnungen, Hinweise oder Hinweise auf Fehler, die der Benutzer
quittieren muss.
Statusinformationen, die zusätzliche Informationen über ein Nutzungsobjekt oder Werkzeug
liefern, beispielsweise, dass der Patient erfolgreich gespeichert wurde.
Handlungsleitende Texte, wie z.B. Hilfe.
4.4.1.5. Spezifikation der Benutzungsschnittstelle
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M4-LE4.1-3-1 Beschreiben können, was eine Spezifikation der -- K2
Benutzungsschnittstelle umfasst.
Lehrinhalte Advanced Level
Die Spezifikation der Benutzungsschnittstelle sollte umfassen:
alle Nutzungsszenarien (Dialogablauf und Interaktionen, wie sie sich durch Flussdiagramm gut
darstellen lassen) einschließlich kritischer Vorbedingungen und Nachbedingungen. Dies
schließt häufige Szenarien ebenso ein wie vernünftigerweise vorhersagbare Szenarien für den
ungünstigsten Fall.
eine Spezifikation der Nutzungsobjekte und Werkzeuge, die der Nutzer bei der
Aufgabenerledigung benötigt und anderen Komponenten
einen interaktiv nutzbaren Prototyp
alle Vorgaben für Größen, Positionen, Schriften, Farben, Grafiken („Gestaltungsrichtlinien“
und „Styleguide“)
4.4.1.6. Style Guide
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
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2. Beobachtungen von Benutzern: Hier hat sich besonders die teilnehmende Beobachtung bei
der Erledigung der Kernaufgaben bewährt.
3. Benutzerbefragungen: Hierbei unterscheidet man die qualitative Benutzerbefragung, in der
Regel Einzelinterviews, und die quantitative Benutzerbefragung über standardisierte
Fragebögen.
4.5.1.4. Ziele der Prüfungen und Prüfkriterien
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M4-LE5.1-2-1 Ziele der Prüfmethoden kennen. K2 W
M4-LE5.1-2-1 Erinnern, dass eine Prüfung ohne Prüfkriterien nicht K1 W
möglich ist und dass sich die Prüfkriterien für die
verschiedenen Prüfverfahren unterscheiden.
M4-LE5.1-2-1 Verstehen, dass sich die Prüfkriterien für die K2 W
verschiedenen Prüfverfahren unterscheiden.
Lehrinhalte Foundation Level
Die Prüfungen der Gebrauchstauglichkeit haben das Ziel festzustellen, inwieweit das entwickelte
Produkt über die spezifizierten Eigenschaften verfügt (-> Verifizierung) und ob die Benutzer ihre
Nutzungsziele effektiv, effizient und zufriedenstellend erreichen können (-> Validierung).
Bei der Verifizierung müssen folglich die Kriterien benannt sein, anhand der Prüfer vorgehen
muss. Dies gilt auch für die Validierung, wobei die Kriterien die Erfüllung Nutzungsanforderungen
zwingend einschließen. Ohne dokumentierte Nutzungsanforderungen wird mit hoher
Wahrscheinlichkeit nicht nur die Entwicklung, sondern auch die Validierung scheitern, da dort
dann die Nutzungsanforderungen erst entdeckt werden.
Es kann durchaus sein, dass die Verifizierung erfolgreich ist und Validierung scheitert. Das
Gegenteil beobachtet man seltener, weil eine erfolgreiche Verifizierung als notwendige aber nicht
hinreichende Voraussetzung für ein gebrauchstaugliches Produkt und damit für die Validierung
betrachtet wird.
4.5.2. Verifizierung
4.5.2.1. Begriffe Foundation Level
Usability Labor
4.5.2.2. Inspektionen
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M4-LE5.2-1-1 Erklären, wie Inspektionen zur Verifizierung der K2 W
Gebrauchstauglichkeit dienen.
Lehrinhalte Foundation Level
Idealerweise prüfen bei Inspektionen mehrere Experten unabhängig voneinander die
Benutzungsschnittstelle entweder auf Einhaltung der Forderungen von Checklisten, Heuristiken,
Normen und Style Guides oder daraufhin, ob die Nutzungsanforderungen erfüllt sind. Jeder
Experte notiert die von ihm gefundenen Abweichungen. In einem zweiten Schritt tragen die
Experten ihre Beobachtungen zusammen, diskutieren diese und erstellen einen Prüfbericht.
4.5.2.3. Prinzipien des Oberflächendesigns
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M4-LE5.2-2-1 Beispiele für allgemeine Prinzipien für die -- K2
Informationsdarstellung benennen können.
M4-LE5.2-2-1 Beispiele für allgemeine Prinzipien für die -- K2
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4.5.3.3. Gebrauchsumgebung
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M4-LE5.3-2-1 Verstehen, was eine Gebrauchsumgebung ausmacht -- K2
und wie ein Usability Labor aufgebaut sein muss.
Lehrinhalte Advanced Level
Die DIN EN 62366 verlangt weiter, dass der Validierungsplan die Validierung in einer echten
Gebrauchsumgebung, einer simulierten Gebrauchsumgebung oder in einem Usability Labor
vorsieht. Ein Usability Labor besteht üblicherweise aus einem Versuchsraum und einem
Beobachtungsraum. Im Versuchsraum sitzen der Proband und der Testleiter des Labors. Der
Proband wird mit einer Kamera und mit einem Mikrofon aufgezeichnet, ebenso alle Aktionen, die
er mit der Software ausführt (eingeben, auswählen). Im Beobachtungsraum sitzen Beobachter,
die kritische Nutzungssituationen direkt protokollieren (z.B. dass eine erforderliche Information
nicht gefunden wurde) sowie Vertreter des Herstellers, die den Probanden und dessen
Handlungen beobachten.
4.5.3.4. Methodik des Usability-Tests
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M4-LE5.3-3-1 Verstehen, dass die Gebrauchstauglichkeit nur K2 W
validiert werden kann, wenn repräsentative Benutzer
in einer repräsentativen Nutzungsumgebung ihre
Nutzungsziele nachweislich erreichen.
Lehrinhalte Foundation Level
Der objektive Nachweis, dass Benutzer ihr Nutzungsziel in einem definierten Nutzungskontext
tatsächlich erreichen, lässt sich nur durch Beobachtung von repräsentativen Vertretern der
Benutzergruppe in einer echten oder einer vergleichbaren Gebrauchsumgebung erbringen. Diese
teilnehmende Beobachtung entspricht somit der Validierung.
4.5.3.5. Validierungsplan
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M4-LE5.3-4-1 Die Elemente eines Validierungsplans kennen -- K1
Lehrinhalte Advanced Level
Der Validierungsplan muss nicht nur vorgeben, welche Benutzer in welcher Gebrauchsumgebung
das Medizinprodukt validieren, sondern auch wie diese Validierung erfolgt. Dafür werden dem
Probanden Aufgaben gestellt, die die Erreichung von bestimmten Zielen fordern. Diese Aufgaben
sind so ausgelegt, dass der Proband die Nutzungsszenarien ausführt, jedoch keine Schritt-für-
Schritt-Anleitung erhält. Wichtig ist zudem, dass der Proband die Szenarien selbständig und ohne
Hilfe durchläuft.
Wichtige Element sind:
Zweck und Ziel des Tests
Eigenschaften der Teilnehmer
Testmethode
Liste der Aufgaben, die sicherstellen, dass die Nutzer alle häufigen und alle im ungünstigsten
Fall vorhersehbaren Nutzungsszenarien durchlaufen
Erfolgskriterien, ob eine Aufgabe erfüllt wurde, wozu auch die Zeit bis zum Abbruch der
Aufgabe gehört
Beschreibung der Testumgebung
Logistik des Testablaufs wie Geheimhaltungsvereinbarung, Belohnung der Teilnehmer, etc.
Aufgaben des Moderators
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4.6. Sonstiges
4.6.1. DIN EN 62366
4.6.1.1. Hintergrund
4.6.1.2. Der gebrauchstauglichkeitsorientierte Entwicklungsprozess nach DIN EN 62366:2008
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M4-LE6.1-1-1 Die Schritte des gebrauchstauglichkeitsorientierten -- K2
Entwicklungsprozesses gemäß DIN EN 62366
beschreiben können.
M4-LE6.1-1-1 Änderungen durch DIN EN 62366:2008 + A1:2015 -- K1
kennen
M4-LE6.1-1-1 Wesentliche Änderungen durch die IEC 62366-1:2015 -- K1
kennen.
Lehrinhalte Advanced Level
Die DIN EN 62366 beschreibt den Prozess, der durchlaufen werden muss, um gebrauchstaugliche
Produkte zu entwickeln. Dieser Prozess kann iterativ sein, muss aber die folgenden Aktivitäten
enthalten:
Spezifizieren, wie das Medizinprodukt zu verwenden ist.
Die häufig benutzten und die sicherheitskritischen Funktionen bestimmen, welche zusammen
die Hauptbedienfunktionen darstellen.
Die Gefährdungen und Gefährdungssituationen bestimmen, die von den
Hauptbedienfunktionen ausgehen.
Die Nutzungsszenarien bestimmen, insbesondere die häufigen und diejenigen für den
ungünstigsten vorhersagbaren Fall.
Spezifizieren, welche gebrauchstauglichkeitsbezogenen Merkmale das Produkt erfüllen muss.
Dies könnten beispielsweise die Vorgaben aus den Normen und Styles Guides sein.
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Die Benutzungsschnittstelle gemäß den Vorgaben entwickeln, verifizieren und validieren.
Mit dem „Amendement I“ führt die Norm das Konzept der UOUP (Benutzerschnittstelle
unbekannter Herkunft – User Interface of Unknown Provenance“) ein. Dieser gibt die Möglichkeit,
dass für ältere „Benutzeroberflächen“, die vor der Veröffentlichung der IEC 62366:2007
entworfen wurden und die sich im Feld als unkritisch erwiesen haben (was durch Daten aus der
Marktbeobachtung zu belegen ist), eine nachträgliche Spezifikation, Verifizierung und Validierung
verzichtet werden kann. Auf die Identifikation der Hauptbedienfunktionen und eine
Risikobewertung dürfen die Hersteller nicht verzichten.
Die IEC 62366-1:2015 führt weitergehende Änderungen ein. Dazu zählen:
Die Hauptbedienfunktionen sind nur noch als die sicherheitsbezogenen Funktionen definiert,
nicht mehr auch als die häufig benutzten
Die Norm fordert statt einer Verifizierung und Validierung der Gebrauchstauglichkeit
formative und summative Bewertungen.
Im Rahmen des Risikomanagements müssen insbesondere die sicherheitsbezogenen
Benutzungsszenarien betrachtet werden (der Fokus verschiebt sich von den
Bedienfunktionen auf die Benutzungsszenarien).
Die Kapitel zu den Trainings- und Begleitmaterialien wurden aufgelöst und in den “normalen”
Usability Prozess integriert.
4.6.1.3. Zusammenspiel mit ISO 14971
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M4-LE6.1-2-1 Beschreiben können, wie die ISO 14971 und die DIN -- K2
EN 62366 zusammenspielen.
Lehrinhalte Advanced Level
Der Fokus der DIN EN 62366 liegt darauf, Risiken zu beherrschen, die durch mangelnde
Gebrauchstauglichkeit verursacht sind. Es geht konkret um die Umsetzung der
Nutzungsanforderungen die sich auf den Grundsatz „Fehlertoleranz“ beziehen. Entsprechend
spielt die Norm eng mit der ISO 14971 zusammen:
Die Spezifikation, wie das Medizinprodukt zu verwenden ist (Kapitel 5.1 der DIN EN 62366),
muss in den bestimmungsgemäßen Gebrauch (Kapitel 4.2 der ISO 14971) einfließen.
Die Gefährdungen, die laut ISO 14971, Kapitel 4.3 zu ermitteln sind, müssen durch die
Gefährdungen ergänzt werden, die beim gebrauchstauglichkeitsorientierten
Entwicklungsprozess (DIN EN 62366, Kapitel 5.3) identifiziert werden und vice versa.
Wenn die Nutzungsanforderungen umgesetzt und Gebrauchstauglichkeit erreicht sind (durch
Validierung nachzuweisen), kann geprüft werden, ob durch diese Maßnahmen zur Steigerung
der Gebrauchstauglichkeit neue Gefährdungen entstanden (ISO 14971, Kapitel 6.6).
Maßnahmen zur Reduktion des Risikos sind aus Sicht beider Normen zu dokumentieren und
deren Umsetzung und Wirksamkeit zu verifizieren.
Lassen sich die Risiken nicht im gewünschten Maße reduzieren, muss eine Risiko-
Nutzenabwägung, bei das Medizinprodukt doch als akzeptabel erklärt werden könnte, im
Rahmen der ISO 14971 und der DIN EN 62366 erfolgen.
4.6.1.4. Anormaler Gebrauch
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M4-LE6.1-3-1 Erinnern, dass die DIN EN 62366 keine Vorgaben für -- K1
den anormalen Gebrauch gibt (s. A2, 5. Abschnitt)
Lehrinhalte Advanced Level
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Gesamtlehrplan
Während die ISO 14971 verlangt, auch den vorhersagbaren Missbrauch zu untersuchen,
beschränkt sich die DIN EN 62366 auf den Nutzer der das Medizinprodukt gemäss seiner
Zweckbestimmung anwendet. Die Risiken, die von diesem vorhersagbaren Missbrauch ausgehen,
sind aber gemäß ISO 14971 dennoch zu analysieren, zu bewerten und ggf. zu beherrschen.
4.6.2. Dokumentation
4.6.2.1. Hintergrund
4.6.2.2. Prüfung der Einhaltung von normativen Anforderungen
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M4-LE6.2-1-1 Sich bewusst sein, dass die Einhaltung der DIN EN -- K1
62366 durch Inspektion der
Gebrauchstauglichkeitsakte erfolgt.
M4-LE6.2-1-1 Wissen, dass die Gebrauchstauglichkeitsakte nach DIN -- K1
EN 62366 nicht als physische Akte vorliegen muss.
Lehrinhalte Advanced Level
Was nicht dokumentiert ist, existiert (für einen Auditor) nicht. Entsprechend sind alle Aktivitäten
in der Gebrauchstauglichkeitsakte zu dokumentieren. Dabei muss die Gebrauchstauglichkeitsakte
(vergleichbar der Risikomanagementakte) nicht als physische Akte oder als elektronische Akte
beispielsweise in Form eines Verzeichnisses in einem Dateisystem existieren. Es genügt, wenn der
Hersteller im Rahmen des Audits die Dokumente in angemessener Zeit beschaffen kann.
4.6.2.3. Inhalte der Gebrauchstauglichkeitsakte
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M4-LE6.2-2-1 Die Dokumente und Inhalte der -- K1
Gebrauchstauglichkeitsakte benennen können.
Lehrinhalte Advanced Level
Die Gebrauchstauglichkeitsakte sollte umfassen:
Die Spezifikation der Anwendung
Die Liste der häufig benutzen und der sicherheitskritischen Funktionen
Die Spezifikation der Gebrauchstauglichkeit einschließlich der Benutzungsszenarien (auch im
ungünstigsten Fall), ggf. Verweise auf Style Guides oder Normen, sowie zu erfüllende
Nutzungsanforderungen. Damit enthält die sogenannte Spezifikation der
Gebrauchstauglichkeit die Kriterien für Validierung und die Verifizierung der
Gebrauchstauglichkeit.
Validierungsplan einschließlich der Methoden zur Validierung, der Benutzungsszenarien
(welche die Hauptbedienfunktionen beinhalten müssen) sowie der Benutzer
Validierungs- und ein Verifizierungsbericht(e)
Begleitpapiere
Schulungsmaterial
Im Rahmen des Risikomanagements müssen als Teil der Gebrauchstauglichkeits-Akte beschrieben
sein
Die Risiken, die durch (mangelnde) Gebrauchstauglichkeit verursacht werden, einschließlich
der Risiken, die durch Benutzungsfehler verursacht werden
Maßnahmen, die zur Beherrschung der von mangelnder Gebrauchstauglichkeit ausgehenden
Gefährdungen getroffen werden
Eine Bewertung des Restrisikos
4.6.2.4. Dokumentation nach IEC 25060
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Gesamtlehrplan
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M4-LE6.2-3-1 Die Dokumente erinnern, die die IEC 25060 fordert, -- K1
und diese den Dokumenten der
Gebrauchstauglichkeitsakte zuordnen können.
Lehrinhalte Advanced Level
Sowohl die ISO 9241 als auch die IEC 25060 beschreiben die Dokumente, die bei der Entwicklung
gebrauchstauglicher Produkte zu verfassen sind. Diese decken sich teilweise mit denen der DIN
EN 62366.
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Gesamtlehrplan
5.1. Qualitätsmanagement
5.1.1. Prozessorientierter Ansatz
5.1.1.1. Hintergrund
In der Norm ISO 13485 werden die Anforderungen an ein Qualitätsmanagementsystem (QM-
System) festgelegt.
5.1.1.2. Begriffe Foundation Level
Qualitätsmanagementsystem
Produktrealisierung
Leitung
Lenkungsinstrument
5.1.1.3. Begriffe Advanced Level
Qualitätsmanagementsystem
Produktrealisierung
Leitung
Lenkungsinstrument
5.1.1.4. Prozessorientierter Ansatz
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M5-LE1.1-1-1 Wissen, dass die ISO 13485 eine Prozessnorm ist K1 --
Lehrinhalte Foundation Level
Die ISO 13485 ist eine Prozessnorm. Jeder Vorgang, der Anforderungen zu Ergebnissen
verarbeitet, kann als Prozess mit Aufgaben und Aktivitäten angesehen werden. Damit eine
Organisation wirksam funktioniert, muss sie zahlreiche miteinander verknüpfte Prozesse
definieren und lenken. Die Prozesse sind mit einander verzahnt, wobei Ergebnisse eines Prozesses
als direkter Input für einen anderen Prozess dienen.
Die Gesamtheit dieser Prozesse einschließlich der Schnittstellen dieser Prozesse kann als
Prozessmodell der Organisation verstanden werden. Die wesentlichen Sachverhalte, die in einem
Prozessmodell abgebildet werden sollen, werden in der Norm in den Kapiteln 5 bis 8 beschrieben.
Kapitel 5: Verantwortung der Leitung
Kapitel 6: Management von Ressourcen
Kapitel 7: Produktrealisierung
Kapitel 8: Messung, Analyse und Verbesserung
Die Leitung (5) muss für die Organisation eine angemessene Qualitätspolitik festlegen und die
Qualitätsziele planen, ein funktionierendes QM-System implementieren und dessen Wirksamkeit
sicherstellen. Damit das QM-System gelebt werden kann, muss die Leitung die entsprechenden
Ressourcen (6) wie Personal, Infrastruktur, Arbeitsumgebung etc. zur Verfügung stellen. Die
Organisation muss für die Produktrealisierung (7) entsprechende Prozesse und Aktivitäten
planen, die geeignet sind um Produkte mit der geforderten Qualität herzustellen. Dazu gehören
auch Aktivitäten bezgl. Risikomanagement. Die Qualität der Produkte sowie die Zufriedenheit der
Kunden werden durch Messung und Analyse (Kapitel 8) mit geeigneten Kennzahlen bestimmt.
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Diese Kennzahlen stehen der Leitung (Kapitel 5) als Lenkungsinstrument zur Verfügung. Dadurch
ergibt sich ein geschlossener Kreis (PDAC-Modell), dessen Leistungsfähigkeit regelmäßig ermittelt
wird.
5.1.2. Dokumentationsanforderungen an das Qualitätsmanagementsystem
5.1.2.1. Hintergrund
5.1.2.2. Dokumentationsanforderungen an das Qualitätsmanagementsystem
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M5-LE1.2-1-1 Die Dokumentationspyramide eines K1 --
Qualitätsmanagementsystems kennen.
M5-LE1.2-1-1 Bestandteile der Dokumentation des K1 --
Qualitätsmanagementsystems kennen.
M5-LE1.2-1-1 Inhalt des QM-Handbuchs kennen. K1 --
M5-LE1.2-1-1 Kenntnis der zu dokumentierenden Verfahren nach K1 --
ISO 9001 und ISO 13485.
M5-LE1.2-1-1 Unterschied zwischen Dokument und Aufzeichnung K2 W
verstehen.
M5-LE1.2-1-1 Zusätzliche Anforderungen an die Dokumentation im -- K1
Software-Entwicklungsprozess aus der ISO 13485 für
Software-Entwickler kennen.
M5-LE1.2-1-1 Zusammenhänge zwischen ISO 13485 und IEC 62304 -- K2
bezogen auf Dokumentenmanagement verstehen.
Lehrinhalte Foundation Level
Die Einhaltung der Norm wird durch Prüfung der Dokumentation geprüft. Daher sind
Dokumentationsanforderungen zentral. Die Norm fordert die folgende Dokumentation:
eine dokumentierte Qualitätspolitik und Qualitätsziele,
ein Qualitätsmanagement-Handbuch,
verschiedene dokumentierte Verfahren,
jegliche Dokumentation, die die Organisation zur Sicherstellung der wirksamen Planung,
Durchführung und Lenkung ihrer Prozesse benötigt,
umfängliche Aufzeichnungen, die zur Aufrechterhaltung des QM-Systems erforderlich sind
und
jede andere Dokumentation, die durch nationale und regionale Regularien festgelegt ist
Das Dokumentationssystem kann man sich am besten als Pyramide vorstellen. Die oberste Ebene
enthält dann die Qualitätspolitik sowie das QM-Handbuch mit den folgenden Themen:
Anwendungsbereich des QM-Systems
Dokumentierte Verfahren oder Verweise darauf
Beschreibung der Wechselwirkung der Prozesse des QM-Systems
Für jedes Medizinprodukt, das der Hersteller in Verkehr bringt, wird eine Akte gefordert, in der
die Spezifikationen an dieses Produkt aufgeführt sind. Diese Spezifikationen müssen den
gesamten Herstellungsvorgang einschließlich der Installation und der Wartung beschreiben.
Die dokumentierten Verfahren bilden die zweite Ebene. Diese Beschreibungen werden
üblicherweise in eigenen Dokumenten gepflegt werden, um flexible Änderung und Verteilung zu
ermöglichen. Zusätzlich der ISO 9001 genannten zu dokumentierenden Verfahren werden in der
ISO 13485 weitere zu dokumentierende Verfahren genannt. Dies sind Verfahren zur
Sicherstellung der benötigten Arbeitsumgebung,
Sicherstellung der Konformität eingekaufter Produkte,
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Entwicklungsplanung,
Produktion und Dienstleistungserbringung,
Instandhaltung,
Validierung eingesetzter Software,
Sicherstellung der Rückverfolgbarkeit,
Sicherstellung der Konformität von Produkten während der Verarbeitung,
Sicherstellung der Konformität von Produkten mit begrenzter Haltbarkeit,
Sicherstellung der Korrektheit von Messungen,
Rückmeldungssystem und
Erfassung und Analyse von Daten zur Darlegung der Eignung und Wirksamkeit des QM-
Systems.
Die ISO 13485 unterscheidet zwischen Dokumenten und Aufzeichnungen. Dokumente haben
grundsätzlich einen Vorgabecharakter. Beispiele sind Verfahrensanweisungen, in denen
verpflichtend vorgeschrieben ist, wie Verfahren durchzuführen sind sowie Arbeitsanweisungen, in
denen verpflichtend festgelegt wird, wie bestimmte Arbeiten auszuführen sind. Aber auch
produktspezifische Dokumente, wie Anforderungsspezifikationen oder Testspezifikationen sind
solche Dokumente. Ein Dokument soll gepflegt werden, kann also überarbeitet werden und
benötigt daher eine Versionierung. Es muss sichergestellt werden, dass alle Personen, auf die für
sie relevanten Dokumente in der letzten freigegebenen Version Zugriff haben.
Aufzeichnungen stellen einen besonderen Dokumenttyp dar. Aufzeichnungen dienen als
Nachweis das Produkte die Anforderungen erfüllen sowie als Nachweis der Konformität mit der
ISO 13485 und müssen daher aufbewahrt werden. Beispiele für Aufzeichnungen sind
Testprotokolle oder ausgefüllte Formulare. Aufzeichnungen sind also Nachweisdokumente und
dürfen daher nach der Erstellung und Freigabe nicht mehr verändert werden und benötigen somit
auch keine Versionierung.
Das QM-System benötigt ein dokumentiertes Verfahren, in dem beschrieben ist, wie die,
Identifizierung, die Aufbewahrung, der Schutz und die Wiederauffindbarkeit, der Dokumente und
Aufzeichnungen sichergestellt ist.
Lehrinhalte Advanced Level
Wiederholung FL: Unterschied zwischen Dokument und Aufzeichnung
Die ISO 13485 fordert in Kapitel 7.1 - Planung der Produktrealisierung, dass eine Organisation
Prozesse planen und entwickeln muss, die für die Produktrealisierung erforderlich sind. Folgende
Forderungen müssen erfüllt werden:
Festlegung der Qualitätsziele und Anforderungen des Produktes
Festlegung der benötigten Prozesse und Ressourcen zur Herstellung des Produktes
Festlegung der benötigten Verifikations- und Validierungsmaßnahmen
Festlegung der zu erstellenden Dokumente zum Nachweis, dass die Produktanforderungen
erfüllt sind
Gemäß der ISO 1385 muss die Dokumentation für das Design und die Entwicklung folgende
Inhalte abdecken:
Design- und Entwicklungsplanung: Einzelne Phasen der Entwicklung und abschließende
Prüfkriterien müssen festgelegt werden.
Design- und Entwicklungsvorgaben: Produktanforderungen einschließlich.
Softwareanforderungen sowie Anforderungen aus dem Risikomanagement müssen erfasst
werden.
Design- und Entwicklungsergebnisse: Architektur, Design und Code müssen den
Anforderungen genügen und dokumentiert sein.
Design- und Entwicklungsvalidierung: Das Produkt einschließlich der zugehörigen Software
muss verifiziert und validiert werden und die Ergebnisse dieser Prüfungen müssen
aufgezeichnet werden.
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Eine der zentralen Forderungen eines dokumentierten Qualitätsmanagementsystems, wie der ISO
13485, ist die Lenkung von Dokumenten und Aufzeichnungen. Daher werden klare und
nachvollziehbare Regeln für den Umgang mit Dokumenten und Aufzeichnungen gefordert, in
denen festgelegt ist, wie diese
identifiziert,
versioniert,
verändert,
verteilt,
aktuell gehalten
archiviert
und aus dem Verkehr gezogen
werden. Auch muss klar sein, welche Dokumente und Aufzeichnungen überhaupt gelenkt werden
müssen. Grundsätzlich müssen alle in Verfahrens- und Arbeitsanweisungen aufgeführten
Dokumente und Aufzeichnungen gelenkt werden, um den Nachweis zu führen, dass die
Organisation konform zu den eigenen Prozessen funktioniert. Für bestimmte Projekte, etwa
einem Entwicklungsprojekt, empfiehlt es sich zusätzlich eine Übersichtstabelle zu erstellen, in der
alle, für dieses Projekt relevanten Dokumente und Aufzeichnungen aufgeführt sind.
ERSTELLUNG:
Jedes Dokument und jede Aufzeichnung müssen zunächst erstellt werden. Insbesondere
Aufzeichnungen können im Einzelfall problematisch sein, etwa wenn in bei der Testausführung
die Ergebnisse auf Papier festgehalten werden, die Unterschriften und die Dokumentation als
Ganzes jedoch elektronisch vorliegen soll. Hier ist auf klare Regeln und die Überprüfung der
Einhaltung dieser Regeln zu achten.
ZUGRIFF:
Es muss sichergestellt sein, dass jeder Betroffene auch Zugang zur aktuellen Version hat. Weiter
ist gefordert, dass nur gültige Dokumente benutzt werden. Im Regelfall sind dies die zuletzt
freigegebenen Versionen. Es muss also außerdem festgelegt werden, wie nicht mehr gültige
Versionen aus dem Verkehr gezogen werden
FREIGABE:
Dokumente müssen vor der Verwendung geprüft und freigegeben werden. Wer ein bestimmtes
Dokument prüfen oder freigeben darf, wird üblicherweise in der zugehörigen Verfahrens- oder
Arbeitsanweisung festgehalten. Zusätzlich bietet es sich an, eine Liste mit den Rollen zu führen,
die in de, Qualitätsmanagementsystem benutzt sind.
ARCHIVIERUNG:
Die vollständige Herstelldokumentation hat eine gesetzlich geregelte Aufbewahrungsfrist. Es
muss also sichergestellt werden, dass alle Dokumente und Aufzeichnungen während des
gesamten Zeitraums verfügbar und lesbar sind. Dies kann insbesondere bei digitalen
Dokumenten, die in proprietären Formaten vorliegen, problematisch sein. Als einziges
verlässliches Format existiert hier neben der Verwendung von reinen ASCII-Klartext-Dateien seit
2005 das PDF/A-Format, das speziell für digitale Langzeitarchivierung entwickelt wurde.
Lehrinhalte Advanced Level
Die Lenkung von Dokumenten und Aufzeichnungen ist in der ISO 13485 gefordert. Ein
Qualitätsmanagementsystem muss ein Verfahren zur Lenkung von Dokumenten und
Aufzeichnungen beinhalten. Die Verfahrensanweisung muss folgende Sachverhalte beschreiben:
Bewertung von Dokumenten bezüglich der Angemessenheit und Genehmigung vor der
Herausgabe
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sein soll.
M5-LE2.2-1-1 Wissen wozu ein Dokumentationsplan erforderlich ist. -- K2
Lehrinhalte Foundation Level
Dokumente und Aufzeichnungen haben mehrere Zwecke. So dienen Dokumente dazu ein
gemeinsames Verständnis über einen bestimmten Sachverhalt langfristig zu sichern und so das
Lernen in der Organisation zu unterstützen (Wissensmanagement). Dokumente und
Aufzeichnungen haben vor allem den Zweck, die korrekte Durchführung von Verfahrens- und
Arbeitsanweisungen nachvollziehbar zu machen und damit letztendlich nachweisen zu können,
dass ein Medizinprodukt die grundlegenden Anforderungen erfüllt.
Es empfiehlt sich, Dokumente und Aufzeichnungen so zu strukturieren, dass sie ein klar
abgegrenztes Thema behandeln. Die ISO 13485 fordert aber nur bestimmte Inhalte. Die
Organisation kann grundsätzlich selbst entscheiden, wie die geforderten Inhalte auf bestimmte
Dokumente und Aufzeichnungen aufgeteilt werden.
Lehrinhalte Advanced Level
Wiederholung der Formalen Anforderungen Diskussion eines Beispiels für eine Gliederung eines
Dokuments mit Zielpublikum, Zweck des Dokuments etc. Diskussion eines Beispiels für einen
Dokumentationsplan: Inhalte des Dokumentationsplan können sein:
gezieltes Ablegen und Wiederauffinden aller Schriftstücke (elektronisch und auf Papier) im
Kontext des Projekts
Schaffung einer vollständigen Gesamtdokumentation zum Projekt einschließlich
Zwischenberichten und Abschlussdokumentationen
Basis für die Kontrolle des Projektforstschritts
Schaffung von Transparenz im Projekt (->Zugang in angemessenem Umfang)
Bestimmung von Verantwortlichkeiten
Bestimmung von Sicherungsmechanismen (Backups)
5.3.1.4. Überblick
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M5-LE3.1-1-1 Die wesentlichen Dokumente kennen. K1 W
M5-LE3.1-1-1 Wissen, das Dokumente in verschiedenen Akten -- K2
referenziert werden und verstehen, wie man
Redundanzen vermeiden kann.
Lehrinhalte Foundation Level
Folgende Dokumente sind notwendig:
Dokument zur Definition der Zweckbestimmung,
Produktspezifikation,
Architekturdokumente mit Komponentenentwurf und SW-Sicherheitsklassifizierung,
Verifizierungs- und Validierungsplan,
Verifizierungs- und Validierungsprotokoll,
Dokumentation der Fehlerberichte und Produktnachverfolgung,
Dokumentation der Prozesse, Methoden und Werkzeuge, die bei der Entwicklung zum Einsatz
kommen,
Dokumentation der Werkzeugvalidierung,
Dokumentation der Risikopolitik,
Risikobewertungsmatrix, Risikoanalyse,
Schulungsunterlagen und Gebrauchsanweisung,
Freigabeprotokolle
Lehrinhalte Advanced Level
Grundsätzlich werden in den unterschiedlichen Akten wie Risiko-Management-Akte,
Gebrauchstauglichkeits-Akte, Entwicklungsdokumentation und Technische Dokumentation
Informationen für unterschiedliche Zielgruppen bereitgestellt. Um Redundanzen zu vermeiden
und um eine Übersichtlichkeit über die Dokumente zu behalten ist es zu empfehlen in den
sogenannten "Akten" keine Dokumente an sich zu führen, sondern dort nur Referenzen auf die
Dokumente und Aufzeichnungen und gültige Versionen zu hinterlegen.
Folgendes Vorgehen hat sich als praxistauglich bewährt: Während des Entwicklungsprozesses
werden Dokumente zu den entsprechenden Themenschwerpunkten nach dem V-Modell
angelegt. Diese werden dann in den Akten referenziert. Bei den Dokumenten handelt es sich um:
Nutzeranforderungen
System- und Produktanforderungen
Risikomanagementakte
Softwarerequirementspezifikation mit Klassifizierung der Sicherheitsklasse (A, B, C)
System- und Softwarearchitektur mit eindeutiger Zuordnung zu den Sicherheitsklassen
Software Design Packages zu einzelnen Softwaremodulen
Testkonzept
Testspezifikationen
Testprotokolle
5.3.2. Risikomanagementakte
5.3.2.1. Hintergrund
5.3.2.2. Risikomanagementakte
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M5-LE3.2-1-1 Inhalte der Risikomanagementakte kennen. -- K1
M5-LE3.2-1-1 Aufbau der Risikomanagementakte kennen -- K1
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5.4. FDA vs EU
5.4.1. Die unterschiedlichen Anforderungen an die Dokumentation aus FDA und EU
Sicht
5.4.1.1. Hintergrund
FDA
5.4.1.2. Begriffe Advanced Level
Record
Design Control
Design History File
Design Master Record
PMA
510(k)
5.4.1.3. Begriffe und Anforderungen aus der FDA
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M5-LE4.1-1-1 Wie können geforderte Dokumente aus der ISO 62304 -- K2
auf die FDA Anforderungen an die Dokumentation
übertragen werden?
M5-LE4.1-1-1 Unterschiedliche Anforderungen der FDA und in EU an -- K2
die Dokumentenlenkung kennen
M5-LE4.1-1-1 Wissen, was ein Device History File ist -- K1
M5-LE4.1-1-1 Wissen, was ein Device Master Record ist -- K1
M5-LE4.1-1-1 Wissen, was ein Device Master Record ist -- K1
M5-LE4.1-1-1 Verstehen was die Unterschiede zwischen DHF, DMR -- K2
und DHR sind.
Lehrinhalte Advanced Level
Die FDA hat sehr ähnliche Abforderungen an die Lenkung von Dokumenten und Aufzeichnungen:
Es muss klar erkennbar sein, wer für das Anlegen, das Review oder die Freigabe eines
Dokuments verantwortlich war. Das muss mit Datum und Unterschrift dokumentiert werden.
Die Dokumente müssen der FDA vorgelegt werden können.
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"Software specifications"
Verfahrensbeschreibungen zur Produktion oder Testdurchführung eines Produktes
Anforderungen an das Labeling, Lagerung und Transport
Wartung und Installation
Prüfberichte
Device History Record - DHR (21 CFR 820.184)
Der DHR soll nachweisen, dass ein Produkt so produziert wurde wie vorgesehen. Also so wie im
Device Master Record spezifiziert. Typische Teile des DHRs sind:
Durchgeführte Prüfungen an den produzierten Medizinprodukten
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Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M6-LE1.3-1-1 Erinnern, dass die Versorgung künftig weniger an -- K1
Sektorengrenzen unterbrochen werden darf/wird.
M6-LE1.3-1-1 Erinnern, dass die intersektorale Versorgung -- K1
interoperabler Systeme bedarf und hohe
Anforderungen an den Datenschutz stellt.
Lehrinhalte Advanced Level
Die bisherige Aufteilung der Gesundheitsversorgung auf niedergelassene Hausärzte und
Fachärzte sowie auf Krankenhäuser hat sich als nicht effizient und effektiv erwiesen. Die
Diagnostik und Therapie von Krankheiten endet nicht an diesen Sektorengrenzen. Diese Grenzen
führen vielmehr dazu, dass Untersuchungen mehrfach und Behandlungen unkoordiniert
durchgeführt werden. Dies erhöht die Kosten unnötig. Wenn die Gesundheitsversorgung
sektorenübergreifend erfolgen soll, müssen die Informationssysteme den Datenaustausch und
Prozessablauf auch sektorenübergreifend unterstützen. Dies stellt hohe Anforderungen
gleichermaßen an die Interoperabilität der Systeme wie an den Datenschutz.
6.1.4. Trends
6.1.4.1. Hintergrund
Auch bedingt durch die Alterung der Gesellschaft und die technologische Weiterentwicklung
befindet sich das Gesundheitswesen selbst in einem kontinuierlichen Umbruch.
6.1.4.2. Begriffe Advanced Level
CT
MRT
6.1.4.3. Datenaufkommen.
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M6-LE1.4-1-1 Wissen, dass und weshalb immer mehr Daten erhoben -- K1
und verarbeitet werden.
Lehrinhalte Advanced Level
Im Gesundheitswesen werden immer mehr Daten erhoben und ausgewertet. Zum einen stehen
immer mehr Daten zur Verfügung, beispielsweise Gen-Daten oder Daten durch neue
Untersuchungsverfahren. Zum anderen müssen die Leistungserbringer immer mehr Daten
bereitstellen, um für ihre Leistungen vergütet zu werden. Das liegt darin begründet, dass die
Vergütung zunehmend pauschalisiert, d.h. abhängig von einem Krankheitsbild und weniger
abhängig vom tatsächlichen Aufwand erfolgt. Die Klassifizierung in verschiedene Krankheitsbilder
wie im DRG-Systeme fordert umfangreiche (nicht nur) medizinische Daten. Auch der MorbiRSA
setzt medizinische und demographische Daten voraus.
Auch neue Untersuchungsverfahren wie hochauflösende und in umfangreichen Serien
aufgezeichnete MRT und CT Bilder, höchstauflösende Schnittbilder in der Pathologie und Gen-
Daten tragen zum steigenden Datenvolumen bei.
6.1.4.4. Zentralisierung
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M6-LE1.4-2-1 Wissen, dass die Versorgung und Datenverarbeitung -- K1
zunehmend zentralisiert erfolgt.
Lehrinhalte Advanced Level
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Die Versorgung wird aus Kostengründen zunehmend zentralisiert, was den Einsatz von
Informationstechnologien voraussetzt, um die Patienten auch „remote“ untersuchen,
überwachen und betreuen zu können.
6.1.4.5. Informierte Patienten
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M6-LE1.4-3-1 Wissen, dass die Patienten zunehmend besser -- K1
informiert sind, und die Auswirkungen auf die
Dienstleistungserbringer kennen.
Lehrinhalte Advanced Level
Die Patienten sind besser informiert. Gleichzeitig werden nur die Erbringer medizinischer
Dienstleistungen in Abhängigkeit der Qualität ihrer Arbeit bezahlt (von den Kostenträgern ebenso
wie von den Patienten, die zunehmend direkt zur Kasse gebeten werden). Beides zwingt die
Leistungserbringer, Qualität zu messen, zu verbessern und zu kommunizieren. Das setzt
konsistente und umfangreiche Daten voraus.
6.1.4.6. Konvergenz von Medizintechnik und IT
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M6-LE1.4-4-1 Wissen, dass die Medizintechnik und IT zunehmend -- K1
verschmelzen, und Auswirkungen dieses Trends
benennen können.
Lehrinhalte Advanced Level
Medizintechnik, d.h. Medizingeräte und medizinische Informationssysteme arbeiten zusammen.
Das schafft neue Möglichkeiten bei der Diagnostik, Therapie und Überwachung, birgt aber auch
neue Gefahren und hat stellt neue Anforderungen an die Interoperabilität und die
Zusammenarbeit von Medizintechnik und IT. Die IEC 80001 adressiert das Risikomanagement für
vernetzte IT.
6.1.5. Daten im Gesundheitswesen
6.1.5.1. Hintergrund
Die Menge und Vielfalt an Daten und Datenformaten stellt eine Herausforderung für die
Interoperabilität und die konsistente Datenverarbeitung dar.
6.1.5.2. Übersicht über die Daten im Gesundheitswesen
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M6-LE1.5-1-1 Die Lernenden können die wichtigsten Daten K1 W
benennen, die medizinische Systeme austauschen.
M6-LE1.5-1-1 Untersuchungen kennen, die besonders -- K1
umfangreichen Daten erzeugen
Lehrinhalte Foundation Level
Zu den Daten, die im Rahmen der medizinischen Versorgung erfasst werden, zählen:
Stammdaten: Namen, Geburtsdatum, Kontaktinformationen
Versicherungsdaten: Versicherung, Zuzahlung, Status
Anamnese: Beschwerden, Symptome, Vorgeschichte
Befunde: Labor, körperliche Untersuchung, bildgebende Diagnostik (Röntgen, CT, MRT usw.),
Vitalparameter (Blutdruck, Temperatur)
Diagnosen
Therapien: Medikation, OP-Dokumentation, physikalische Therapie
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Wiederholung. Zusätzlich: Thesauri setzen die Begriffe (einer Fachsprache) in Relation wie „ist
synonym zu“, „ist Oberbegriff von“, „ist verwandter Begriff zu“.
Ontologien gehen weiter und modellieren eine Fachdomäne. So lässt sich mit Ontologien
ausdrücken, dass eine Lungenentzündung ein Sonderfall einer Entzündung ist und dass
Entzündungen durch ein Agens verursacht wird. Eine Ontologie ist somit die
Wissensrepräsentation eines formal definierten Systems von Begriffen und Relationen.
Ontologien enthalten Regeln mit denen die Gültigkeit (->Integrität) geprüft und
Schlussfolgerungen (-> Inferenz) gezogen werden können.
Das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Informatik (DIMDI) verwaltet viele
dieser Ordnungssysteme die den Diagnosekatalog ICD-10.
6.2.3. ICD-10
6.2.3.1. Hintergrund
Die internationale Klassifizierung der Krankheiten muss in Deutschland sowohl im ambulanten als
auch stationären Sektor eingesetzt werden und dient auch der Verschlüsselung der
Todesursachen.
6.2.3.2. Ziel und Aufbau des ICD-10
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M6-LE2.3-1-1 Ziel und Verwendung des ICD-10 kennen K1 W
M6-LE2.3-1-1 Wissen, dass es mehrere Versionen des ICD-10 gibt, -- K1
und wissen, wer diese pflegt.
M6-LE2.3-1-1 Probleme bei der Klassenbildung und -- K2
Kodierungsregeln verstehen.
Lehrinhalte Foundation Level
Der ICD-10-Katalog ist eine Taxonomie. Er gruppiert Krankheiten, Verletzungen und Symptome
hierarchisch. Als Klassifizierungsmerkmale dienen beispielsweise die Anatomie (z.B. alle
Krankheiten des Verdauungstrakts, alle Krankheiten des Nervensystems) oder die Äthiologie (z.B.
alle Krankheiten die durch Infektionen verursacht sind, alle Neubildungen wie Krebs).
Der ICD-10-Katalog dient der Kodierung von Diagnosen und Todesursachen.
Lehrinhalte Advanced Level
Die WHO pflegt den internationalen ICD-10-Katalog. Dieser wird (fast) weltweit unverändert zur
Kodierung von Todesursachen zum Zweck der Todesursachenstatistik genutzt.
Das Deutsche Institut für medizinische Informatik pflegt die deutsche Ausgabe (ICD-10 GM), die
sich durch kleine Modifikationen und die Übersetzung in die deutsche Sprache auszeichnet. Der
ICD-10-GM dient der Verschlüsselung von Diagnosen und damit auch der Abrechnung der
Leistungserbringer mit den Krankenkassen.
Viele Krankheiten lassen sich sowohl nach dem „Ort“ (der Anatomie) als auch der Ursache
(Ätiologie) klassifizieren. Beispielsweise ist der Darmkrebs eine Krankheit des Verdauungstrakts
als auch eine Krebserkrankung. Da Krankheiten aber eindeutig kodiert werden müssen, gibt es
Kodierungsregeln. Eine besagt, dass man zuerst nach der Ätiologie und erst dann nach der
Organmanifestation kodieren muss. D.h. der Darmkrebs ist primär eine Krebserkrankung. Weitere
Klassifizierungsregeln verlangen, dass man so spezifisch wie möglich („endständig“) kodieren
muss. Um Krankheiten, die nicht in eine der bestehenden Klassen passen, oder von denen man
nicht weiß, in welche Klassen Sie einzuordnen sind, ebenfalls endständig kodieren zu können, gibt
es sogenannte Resteklassen.
6.2.4. LOINC
6.2.4.1. Hintergrund
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Sektionen sind mit LOINC-Codes kodiert und können so von Informationssystemen erkannt und
beispielsweise in eine elektronische Patientenakte übernommen werden.
6.2.5. Klassifizierung von Medikamenten
6.2.5.1. Hintergrund
Einer der größten Kostenfaktoren im Gesundheitswesen stellen die Medikamente dar. Daher hat
der Gesetzgeber besondere Anforderungen an die Klassifizierung von Arzneimitteln gestellt.
6.2.5.2. Begriffe Advanced Level
ATC: Anatomisch, therapeutisch, chemische Klassifikation
DDD: Daily Drug Dose
6.2.5.3. ATC
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M6-LE2.5-1-1 Zweck und Aufbau des Ordnungssystems ATC kennen. -- K1
Lehrinhalte Advanced Level
ATC steht für anatomisch, therapeutisch, chemische Klassifikation. Es handelt sich dabei um eine
Taxonomie, die Arzneimittelwirkstoffe zuerst nach anatomischen, dannnach therapeutischen und
dann nach chemischen Gesichtspunkten klassifiziert. Beispielsweise ist EPO ein Wirkstoff, der
anatomisch für das Blut und die Blutbildenden Organe gedacht ist (KategorieB). Therapeutisch
setzt ma nEPO als ein Mittel gegen Blutarmut (Antianämikum) ein (Kategorie 03). Auf chemischer
Ebene (XA01) ist man dann bei Erythropoetin. Alle Medikamente, die (nur) diesen Wirkstoff
haben, ließen sich dann der Klasse B03XA01 zuweisen.
Das DIMDI definiert zusammen mit der ATC-Klassifikation auch die DDD. Diese entspricht dem
typischen durchschnittlichen Tagesverbrauch und dient dazu, eine Vergleichbarkeit der Kosten
von verschiedenen Herstellern eines Arzneimittel(-wirkstoffs) er erreichen.
6.2.6. Weitere Ordnungssysteme
6.2.6.1. Hintergrund
Zahlreiche weitere Ordnungssysteme sind notwendig, um die semantische Interoperabilität bei
medizinischen Daten sicher zu stellen.
6.2.6.2. Begriffe Advanced Level
SNOMED
OPS
OID
monoaxiales Ordnungssystem
monohierarchisches Ordnungssystem
6.2.6.3. OPS-Katalog
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M6-LE2.6-1-1 Den Zweck und Aufbau des OPS-Katalogs kennen. -- K1
Lehrinhalte Advanced Level
Der OPS-Katalog ist ein vom DIMDI herausgegebenes monohierarchisches, monoaxiales
Ordnungssystem zum Kodieren von Untersuchungen, Prozeduren und Operationen. Die OPS
Ziffern werden v.a. für die Abrechnung benötigt.
6.2.6.4. SNOMED
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
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Die Systeme werden meist nach dem Einsatzgebiet oder den damit verwalteten Daten benannt.
So gibt es:
Das Krankenhaus-Informationssystem, das oft als Synonym für die Gesamtheit aller IT-
Systeme in einem Krankenhaus verstanden wird. Im engeren Sinn versteht man darunter das
führende System, in dem alle Patienten und abrechnungsrelevanten Daten verwaltet werden.
In niedergelassenen Praxen kommen die Arztpraxis(verwaltungs-)systeme zum Einsatz, die
u.a. der Dokumentation der Daten, dem Formulardruck und der Abrechnung dienen.
Die Labor-Informationssysteme (LIS) dienen der Dokumentation, Beauftragung und
Auswertung von Laborwerten, Radiologie-Informationssysteme (RIS) analog der
Dokumentation, Beauftragung, Planung und Befundung von bildgebenden Verfahren wie
Röntgen-, CT-, MRT- und Ultraschalluntersuchungen.
Sogenannte Picture Archive and Communication Systems (PACS) speichern und verwalten
Bilddaten (DICOM) und spielen eng mit den RIS zusammen.
Grouper dienen der Berechnung der DRG-Codes v.a. anhand der Diagnose und
Behandlungsdaten.
6.3.3. Telemedizin
6.3.3.1. Hintergrund
Zunehmend nutzt man IT-Systeme für die standortübergreifende Patientenbehandlung. Man
klassifiziert dabei verschiedene Anwendungsfälle.
6.3.3.2. Begriffe Foundation Level
E-Health
6.3.3.3. Begriffe Advanced Level
Telemedizin
E-Health
6.3.3.4. Anwendungsfälle und Definitionen
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M6-LE3.3-1-1 Die Begriffe E-Health und Telemedizin erläutern -- K1
können.
M6-LE3.3-1-1 Typische Anwendungsfälle benennen können. -- K1
Lehrinhalte Advanced Level
Gesundheitstelematik und E-Health werden meist synonym für vernetzte Anwendungen im
Gesundheitswesen verwendet, die den Benutzern unabhängig von Raum und Zeit zur Verfügung
steht.
Diese Anwendungen dienen der
Telekommunikation: Elektronischer Austausch von Nachrichten und Dokumenten wie der e-
Arztbrief, das e-Rezept oder die e-Überweisung
Teledokumentation: Beispiele sind die elektronische Patientenakte, die elektronische
Gesundheitskarte z.B. mit der Dokumentation des Notfalldatensatzes
Telekooperation: Tele-Fallbesprechungen, Einholen von Zweitmeinungen sowie alle Formen
der Telemedizin wie Telepathologie, Teleradiologie und Telechirurgie.
6.4. Interoperabilität
6.4.1. Interoperabilität - eine Einführung
6.4.1.1. Hintergrund
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Eine durchgängige medizinische Versorgung bedingt eine durchgängige Unterstützung durch IT-
Systeme. Diese Unterstützung darf weder an den Grenzen der einzelnen Systeme noch den
Sektorengrenzen enden. Das Ziel besteht folglich darin, ein funktionales und enges
Zusammenspiel der heterogenen IT-Landschaften zu ermöglichen und so Informationen
auszutauschen. In anderen Worten, um Interoperabilität zu erreichen.
6.4.1.2. Begriffe Advanced Level
Best-of-Breed
Holistischer Ansatz
Synonym
Homonym
6.4.1.3. Probleme bei mangelnder Interoperabilität
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M6-LE4.1-1-1 Die wichtigsten Gründe nennen können, aus denen K1 W
Interoperabilität angestrebt wird.
M6-LE4.1-1-1 Beispiele nennen können, wodurch Interoperabilität -- K1
auf technischer Ebene erschwert wird. (Heterogenität
der Systeme)
M6-LE4.1-1-1 Beispiele nennen können, wodurch Interoperabilität -- K1
auf inhaltlicher Ebene erschwert wird.
Lehrinhalte Foundation Level
Es gibt viele Gründe, aus denen Systeme zusammengeschaltet werden sollen, was die
Interoperabilität dieser Systeme bedingt:
Ein sektorenübergreifender Behandlungsprozess erlaubt es, Doppeluntersuchungen zu
vermeiden, bedingt aber, dass die Systeme interoperabel sind und dass es somit
Schnittstellen gibt.
Auch innerhalb einer Institution hat man beispielsweise bei einem „Best-of-Breed-Ansatz“
zahlreiche Schnittstellen. "Best-of-Breed" bedeutet, dass eine Institution wie ein
Krankenhaus, für jede Aufgabenstellung das jeweils beste klinische Informationssystem kauft.
Das führt zu vielen Systemen vieler Hersteller, die es zu integrieren gilt. Hingegen wählen
Institutionen einem holistischen Ansatz nur ein möglichst umfassendes Informationssystem,
was zu weniger Schnittstellen führt, aber Kompromisse bei der Erfüllung der spezifischen
Anforderungen des Krankenhauses ein.
Weiter entsteht die Notwendigkeit, Systeme mit einander zu „verschalten“ bei
Unternehmenszusammenschlüssen,
bei der engeren Einbindung von „Lieferanten“ (z.B. Einweiser, Materiallieferanten) und
„Auftragnehmern“ wie bei der Anschlussbehandlung.
Weiter erfolgen die Abrechnung und das Berichtswesen an Behörden und
Institutionenebenfalls auf elektronischem Weg. Jede manuelle Datenübernahme würde auch
hier Kosten und Fehler in die Höhe treiben, im schlimmsten Fall in Fehlbehandlungen oder
verzögerten Behandlungen resultieren.
Lehrinhalte Advanced Level
Selbst einfach erscheinende Informationseinheiten bieten zahllose Varianten, in IT-Systemen
abgebildet zu werden. Beispielsweise modellieren viele klinische Informationssysteme einen
Patientennamen als zwei Zeichenketten, eine für den Vornamen, eine für den Nachnamen. Doch
wie geht man mit dem Titel um? Ist der Doktortitel, wie in Deutschland üblich, Teil des
Nachnamens? Wo steht der Geburtsname? Wie geht man mit Personen mit mehreren Namen
und mit Ordensbezeichnungen um? Wie mit Mittel- und Anfangsinitialen? Wie mit Personen aus
Kulturen, die das Konzept aus Vor- und Nachnamen nicht kennen? Wie mit Personen, aus Asien,
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deren Namen mit anderen Zeichensätzen zu beschreiben wären und die zudem noch über den
Namen in Lautschrift verfügen? Wie mit Personen, die ihren Namen nicht kennen, nennen wollen
oder können?
Weitere Herausforderungen im Kontext der Interoperabilität sind Homonyme, Synonyme,
Messwerte in verschiedenen Einheiten usw. Durch das Zusammenwachsen von Medizintechnik
und IT entsteht die Notwendigkeit, auch die Medizingeräte interoperabel mit den klinischen
Informationssystemen werden zu lassen. Medizingeräte stellen zusätzliche Informationen zur
Verfügung, die hierbei zu berücksichtigen sind.
Informationssysteme bieten meist Schnittstellen an, die sich zum einen dadurch entscheiden,
welche Informationen darüber verfügbar sind, zum anderen wie sie diese Informationen
bereitstellen. Dieses „Wie“ kann sich unterscheiden durch:
Betriebssystem
Dateiformat
Form der Datenspeicherung (relationale DB, nicht-relationale DB, „Flatfiles“, POSIX usw.), Art
und Hersteller der Datenbank, Schnittstelle zur Datenbank z.B. SQL (-Dialekt)
Programmiersprache
Datentyp, Zeichenkodierung
Netzwerkprotokoll
Ordnungssysteme, Klassifikationssysteme zum Beschreiben/Kodieren von Daten
Strukturierung der Information z.B. in Datenbanken
6.4.2. Interoperabilitätsebenen
6.4.2.1. Hintergrund
Mangelnde Interoperabilität ist inzwischen kein primäres Problem der Datenübertragung selbst,
sondern der einheitlichen Interpretation dieser Daten.
6.4.2.2. Begriffe Foundation Level
Netzwerkprotokolle
Integrationsserver
6.4.2.3. Begriffe Advanced Level
Netzwerkprotokolle
Integrationsserver
Integrationstopologien
Integrationsebenen
6.4.2.4. Das Vier-Ebenen-Modell
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M6-LE4.2-1-1 Die Interoperabilitätsebenen verstehen und K1 W
„Standards“ den Ebenen zuweisen können.
M6-LE4.2-1-1 Wissen, welche Integrationsebenen man -- K1
üblicherweise unterscheidet.
Lehrinhalte Foundation Level
Man unterscheidet vier Interoperabilitätsebenen:
Die „unterste“ Ebene nennt sich strukturelle Interoperabilität. Sie soll gewährleisten, dass
Daten überhaupt von einem zum anderen Informationssystem übertragen werden. Dies ist
die Ebene des OSI Schichtenmodelles u.a. mit Netzwerkprotokollen. Hier sind Standards und
Begriffe wie TCP/IP, FTP, http, POP, SMTP und VPN anzusiedeln.
Die nächste Ebene bezeichnet man als syntaktische Interoperabilität. Diese ist gegeben, wenn
man die einzelnen Informationseinheiten in dem (dank struktureller Interoperabilität)
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übertragenen Datenstrom (auch Dateien zählen hierzu) identifizieren kann. Dateiformate wie
XML oder csv, aber auch für das Gesundheitswesen spezifische Standards wie HL7
ermöglichen dies.
Semantische Interoperabilität ist erreicht, wenn man die Bedeutung der einzelnen
Informationseinheiten versteht, d.h. wenn alle am Datenaustausch beteiligten Parteien das
gleiche Verständnis dieser Informationseinheit haben. Auf semantischer Ebene wird
beispielsweise geklärt, dass die übertragene Zahl „12“ den Hämoglobinwert eines
bestimmten Patienten an einem bestimmten Tag, gemessen mit einem bestimmten
Messverfahren, gemessen in einer bestimmten Probe (z.B. venöses Blut) und in einer
bestimmten Einheit ist. Auf dieser Ebene sind Homonyme und Synonyme zu klären. Auf
dieser semantischen Ebene operieren die Ordnungssysteme wie ICD, OPS, LOINC und ATC.
Mit Hilfe der organisatorischen Interoperabilität möchte man übergreifende und einheitliche
Geschäftsprozesse und Benutzerberechtigungen erreichen.
Lehrinhalte Advanced Level
Die meisten Informationssysteme sind mehrschichtig aufgebaut:
Betriebssystem
Auf dem Betriebssystem läuft eine Datenbank (-> Persistenzschicht).
Auf diese greift das Anwendungsprogramm zu (-> Geschäftslogikschicht).
Eine GUI (Fat-Client oder Browser) (-> Präsentationsschicht) stellt die Informationen dar und
nimmt die Eingaben der Benutzerentgegen.
Auf jeder dieser Ebenen können Daten ausgetauscht werden:
Betriebssystem: Auf Betriebssystemebene ist der Dateienaustausch ein übliches Vorgehen.
Persistenzschicht: Abhängig von der Art der Datenspeicherung erfolgt der Zugriff auch über
Dateien oder über SQL in die Datenbank.
Geschäftslogikschicht: Möchte man auf Ebene der Geschäftslogik Daten austauschen, nutzt
man meist Programmierschnittstellen (API) oder Webservices.
Präsentationsschicht: Nicht trivial aber möglich ist der Datenaustausch über die grafische
Benutzerschnittstelle (GUI) von Programmen. Im einfachsten Fall integriert man nur die
Darstellung der Informationen wie bei Portalen. Über Techniken wie Screen Scraping lassen
sich Daten aber auch programmatisch eingeben und auslesen.
Bei all diesen Integrationsebenen müssen alle Interoperabilitätsaspekte (strukturell, syntaktisch,
semantisch, organisatorisch) berücksichtigt werden. Die Webservices, um ein Beispiel zu nennen,
gewährleisten nur die strukturelle und syntaktische Interoperabilität. Erst die Nutzung von
Ordnungssystemen würde auch die semantische Interoperabilität sicherstellen.
6.4.2.5. Integrationsserver
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M6-LE4.2-2-1 Die Aufgaben eines Integrationsservers verstehen. -- K1
Lehrinhalte Advanced Level
Integrationsserver nutzt man dazu, den Datenaustausch zwischen verschiedenen
Informationssystemen zu ermöglichen. Diese Integrationsserver greifen über die jeweils
verfügbaren Integrationsebenen auf die einzelnen Systeme zu und stellen Interoperabilität auf
oder zwischen diesen Interoperabilitätsebenen sicher. Beispielsweise greift der Integrationsserver
auf Betriebssystemebene auf die Medikamentenliste, die auf einem System in einer Datei
vorliegt, zu und überträgt diese Informationen über einen Webservice in ein zweites System.
Dabei konvertiert der Integrationsserver möglicherweise auf semantischer Ebene noch die
Kodierung der Inhaltsstoffe der Medikamente von einem Ordnungssystem (z.B. CAS-Nummer) in
ein anderes (z.B. ATC-Code).
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6.5. HL7 V2
6.5.1. Einführung
6.5.1.1. Hintergrund
Für die Kommunikation im Gesundheitswesen spielen die von HL7, einer internationalen
Standardisierungsorganisation, definierten Standards eine maßgebliche Rolle. Der
Nachrichtenstandard "HL7 Version2" (HL7 V2) wird seit über 20 Jahren verwendet und
regelmäßig aktualisiert. Er ist weit verbreitet, aber ein theoretisches Fundament für
Designentscheidungen fehlt.
6.5.1.2. Anwendungsgebiete
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M6-LE5.1-1-1 Wissen, wo und wofür HL7 V2 eingesetzt wird. K1 W
Lehrinhalte Foundation Level
HL7 V2 hat sich als der Standard zum Austausch von Nachrichten innerhalb der Krankenhäuser,
nicht aber für den intersektoralen Datenaustausch etabliert. HL7 V2 standardisiert nicht den
Aufbau und Austausch von (klinischen) Dokumenten, sondern von Nachrichten. Klinische
Informationssysteme tauschen via HL7 Nachrichten aus beispielsweise über
Aufnahme, Entlassung und Verlegung von Patienten (Patientendatenverwaltung)
Anforderung von Laborwerten (Auftragskommunikation)
Meldung neuer Befunde wie Laborwerten (Befunddatenkommunikation)
Leistungsdaten (Abrechnung, Controlling)
6.5.1.3. Kritik an HL7 V2
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M6-LE5.1-2-1 Kritik an HL7 V2 kennen. -- K1
Lehrinhalte Advanced Level
HL7 V2 nennt man einen bottom-up-Ansatz, d.h. es fehlt ein theoretisches Fundament für
Designentscheidungen. Auch sind die semantischen Standards nur teilweise spezifiziert. HL7 V2
hat ohne Profile so viele Freiheitsgrade, dass eine direkte Implementierung von
Programmen/Programmkomponenten zum Datenaustausch ohne weitere Abstimmung zwischen
den Herstellern nicht möglich wäre.
6.5.2. Nachrichten und Dokumente
6.5.2.1. Hintergrund
In Krankenhäuser werden sowohl Nachrichten wie die Mitteilung über das Vorliegen eines
Befundes wie komplette Dokumente, beispielsweise Arztbriefe, ausgetauscht.
6.5.2.2. Begriffe Foundation Level
Nachricht
Dokument
Segment
Feld
6.5.2.3. Begriffe Advanced Level
Nachricht
Dokument
Segment
Feld
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Das neunte Feld des MSH-Segments bestimmt den Nachrichtentyp und das auslösende Ereignis
(Trigger Event). Beispiele für Nachrichtentypen sind
ADT: Aufnahme, Verlegung, Entlassung (Admission, Transfer, Discharge)
ORU: Unangeforderter Befund (Order response unsolicitated)
DFT: Leistungsübermittlung (Detailed Financial Transaction)
Der Standard legt fest, welche Ereignisse, die jeweiligen Nachrichtentypen auslösen können. So
kann ein „Trigger Event“ A01 (Patientenaufnahme) nur eine ADT-Nachricht auslösen. Die
Kombination aus Message Type und Trigger Event ergibt den Namen des Nachrichtentyps (z.B.
ADT^A01). Der HL7-V2-Standard bestimmt anhand dieser Kombination auch, welche Segmente in
einer Nachricht dieses Typs vorkommen müssen oder dürfen und welche Segmente mehrfach in
dieser Nachricht verwendet werden dürfen.
6.5.2.7. Datentypen in HL7 V2
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M6-LE5.2-4-1 Wissen, dass HL7 v2 Datentypen standardisiert. -- K1
Wichtigste Datentypen kennen. Beispiele benennen
können.
M6-LE5.2-4-1 Im Standard diese Datentypen nachschlagen können. -- K2
M6-LE5.2-4-1 Verstehen, wie semantische Interoperabilität über das -- K1
Einbinden von Ordnungssystemen (Codesystemen,
Identifikationssystemen) erreicht wird.
Lehrinhalte Advanced Level
HL7 V2 definiert Datentypen für die Werte von Feldern bzw. Attributen. Einige wichtige
Datentypen in V2 sind:
6.5.2.8. Übertragung von HL7 V2 Nachrichten
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M6-LE5.2-5-1 Verstehen, wie HL7 Nachrichten technisch übertragen -- K1
werden.
Lehrinhalte Advanced Level
HL7-Nachrichten liegen textuell vor und werden meist als Datei (z.B. über FTP) oder noch häufiger
über das sogenannte MLL-Protokoll (Minimal Lower Layer Protokoll) übertragen. Dieses Protokoll
setzt direkt auf TCP/IP auf und stellt eine Socket-Verbindung dar, bei der der „HL7-Text“ mit
einem Start- und Endbyte zu Beginn bzw. Ende der Nachricht begrenzt und durch ein weiteres
Byte ("kleiner"CR"größer") abgeschlossen werden.
6.6. DICOM
6.6.1. Einführung
6.6.1.1. Hintergrund
DICOM ist ein Standard, dessen Ursprünge bereits in die 70er Jahre zurückreichen, als die
Vereinigungen der US-amerikanische Radiologen und Medizintechnikhersteller die
Austauschbarkeit v.a. von CT-Bildern herstellerübergreifend gewährleisten wollten.
6.6.1.2. Begriffe Foundation Level
Conformance Statement
6.6.1.3. Begriffe Advanced Level
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DICOM
Conformance Statement
6.6.1.4. Einsatzgebiet von DICOM
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M6-LE6.1-1-1 Wissen wo und wofür DICOM eingesetzt wird. K1 W
Lehrinhalte Foundation Level
DICOM ist ein weltweit eingesetzter Standard, der gewährleisten soll, dass Informationen im
Kontext der medizinischen Bildgebung (z.B. Bilder, Befunde) herstellerübergreifend gespeichert,
übertragen, angefordert, gesucht, gedruckt usw. werden können. DICOM standardisiert somit
mehr als nur ein Datenformat, sondern auch die Kommandos und Nachrichten zum Suchen,
Drucken, Beauftragen von Untersuchungen usw.
Seinen Ursprung hat DICOM in dem ACR-NEMA-Standard, der in den 80er Jahren des 20.
Jahrhunderts durch eine Arbeitsgruppe entwickelt wurde, die aus dem American College of
Radiology (ACR) als Interessenvertretung der Anwender und der National Electrical
Manufacturers Association (NEMA) als Berufsverband des nordamerikanischen
Herstellerverbands.
Lehrinhalte Advanced Level
Wiederholung FL
6.6.1.5. DICOM Conformance Statement
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M6-LE6.1-2-1 Wissen, was ein DICOM Conformance Statement ist: -- K1
Lehrinhalte Advanced Level
Ein Gerät oder Hersteller ist nicht per se DICOM konform. Vielmehr gibt der Hersteller für jedes
Gerät in einem sogenannten DICOM Conformance Statement an, für welche „Bildtypen“
(Information Objects) er welche Dienste wie Drucken, Abspeichern entweder anbietet oder nutzt.
Damit können Käufer von Medizingeräten anhand dieses Conformance Statements prüfen, ob die
Geräte zueinander interoperabel sind, ob beispielsweise das PACS den Dienst „MRT Bild
speichern“ anbietet, den das MRT zum Speichern benötigt.
6.6.2. Datenstruktur und Datenmodell
6.6.2.1. Hintergrund
Das Datenmodell orientiert sich an objektorientierten Konzepten.
6.6.2.2. Begriffe Advanced Level
IOD: Information Object (Definition)
IE: Information Entity
Real World Information Model
6.6.2.3. Binäre Datenstruktur
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M6-LE6.2-1-1 Die Datenstruktur auf binärer Ebene kennen. Wissen, -- K1
was ein Data-Tag ist.
Lehrinhalte Advanced Level
DICOM Information Objects (beispielsweise ein Bilddatensatz) besteht meistens aus einer Vielzahl
von Quadrupel aus Data-Tag, Datentyp, Länge des Werts und der Wert selbst. Beispielsweise
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besteht ein Quadrupel mit dem Patientennamen aus dem Tag (0010,0010), dem Datentyp PN
(„Person Name“), der Länge des Namens und dem Namen selbst.
DICOM spezifiziert für jeden Tag den Datentypen wie
LO (Long String),
CS (Code String, d.h. mit Verweis auf eine Kodiertabelle) und
DA (Date).
Der Standard legt auch für jedes Tag die mögliche Kardinalität fest.
6.6.2.4. IOD, IE, Patient, Studie, Serie
Lehrziele
Nummer Lehrziel FL AL
M6-LE6.2-2-1 Die Begriffe IOD und IE kennen. -- K1
M6-LE6.2-2-1 Beispiele für IODs und IEs nennen und mit dem Real -- K1
World Information Model in Beziehung setzen
können.
M6-LE6.2-2-1 Verstehen, dass der DICOM-Standard festlegt, aus -- K2
welchen Attributen, Modulen und Information Entities
ein IOD eines bestimmten Typs (z.B. CT-Bild) besteht.
M6-LE6.2-2-1 Verstehen, dass ein DICOM-Objekt aus vielen -- K2
Quadrupeln aus Tag, Datentyp, Länge und Wert
aufgebaut ist.
Lehrinhalte Advanced Level
Ein DICOM-Objekt wie ein Bild (z.B CT-Bild, Röntgenbild, EKG-Kurve oder histologisches Bilde)
nennt man bei DICOM Information Object Definition IOD
Ein IOD besteht aus mehreren dieser Information Entities IE z.B. Patient, Studie, Serie. Die
Information Entities bilden DICOMs Modell der Welt ab ("Real World Information Model").
Für jeden dieser Patienten können eine oder mehrere Studien angelegt werden. Beispielsweise
könnte es eine Studie im Kontext eines Motorradunfalls geben.
Für jede dieser Studien kann es eine oder mehrere Serien geben. Eine neue Serie wird
beispielsweise für jedes Untersuchungsverfahren begonnen, aber auch wenn sich bei gleichem
Untersuchungsverfahren Messparameter ändern, wenn beispielsweise dem Patienten
Kontrastmittel gegeben wird.
Jede dieser Serien besteht aus einem oder mehreren Bildern (IODs).
Jedes einzelne CT-, Röntgen- oder MRT-Bild, also jedes IOD, besteht aus IE, die alle Informationen
über Studie, Serie und die Bildinformationen selbst enthalten.
Zudem enthält jedes dieser IODs eine IE die eigentlichen Bildinformationen.
Die IEs bestehen selbst wieder aus Modulen, die wiederum aus Quadrupeln zusammengesetzt
sind. Jedes dieser Quadrupel besteht aus einem Tag (eine ID des "Parameters", die pro IOD nur
einmal vorkommen darf), dem Datentyp (des Parameters), der Länge der Nutzlast/des Werts, und
der Nutzlast/dem Wert selbst.
Auch die Bildinformationen finden sich als Wert eines Quadrupels.
Der DICOM Standard legt fest, aus welchen IEs eine IOD besteht, welche Module diese IEs jeweils
enthalten müssen und welche Attribute zu einem Modul gehören.
DICOM legt auch fest, ob die Attribute optional oder verpflichtend sind.
6.6.3. Kommunikation mit DICOM
6.6.3.1. Hintergrund
DICOM definiert nicht nur ein Datenformat sondern auch einen Standard zum Datenaustausch.
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