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Einleitung

Das Heinrichslied De Heinrico  handelt in erster Linie von zwei Herrschern, einem namensgebenden
Heinrich und einem Otto. Das Lied De Heinrico stellt einen Teil der Cambridger Lieder dar. Die
Sammlung Cambridger Lieder ist auch als Carmina Cantabrigiensia bekannt. Es handelt sich dabei
um einen Vorgänger der Carmina Burana, welche im Allgemeinen einen höheren Bekanntheitsgrad
erlangen konnten. Fürstenpreis und Liebesdichtung bilden sammlungsintern schwerwiegende
Themenbereiche der Zusammenstellung. Die Handschrift der Sammlung ist sehr unkenntlich und an
einer Stelle komplett zerstört. Die Cambridger Lieder wurden nicht nach dem Ort ihrer Niederschrift,
sondern nach ihrem Aufbewahrungs- und Fundort benannt.
De Heinrico wurde in lateinisch-deutscher Mischsprache verfasst. Die Abfassung fand
wahrscheinlich um die Jahre 986/1039 herum im rheinischen Raum statt. Das Gedicht wurde 1720
von Johann Georg Eccard entdeckt. Diesem Historiker und Sprachforscher ist unter anderem auch die
Kenntnis des Hildebrandsliedes zuzuschreiben.

Form und Sprache


De Heinrico setzt sich aus acht Strophen zusammen. Diese enthalten jeweils drei bis vier
Reimpaare. Wie bereits angemerkt, enthält der Text eine lateinisch-deutsche Mischsprache. Diese
gestaltet sich wie folgt: Die Anverse sind in lateinischer Sprache verfasst, während die Abverse im
Althochdeutschen auftreten. Charakteristisch für das Lied ist eine einfache Ausdrucksweise, welche
an einen politischen Geschäftston erinnert. Der Rezipient erlebt die Handlung von De Heinrico aus
einer rückblickenden Perspektive. Dies lässt sich an den Tempora der Verben bestimmen.

Struktur und knappe Inhaltsangabe


Das Lied De Heinrico verfügt über eine dreiteilige Struktur. Der anfängliche dieser drei Teile ist die
erste Strophe. Diese stellt eine Art einführenden Prolog dar, in welchem Jesus Christus um Hilfe beim
Verfassen des Textes gebeten wird. Zudem wird in dieser Strophe der dem Lied seinen Namen
gebende Protagonist Heinrich zum ersten Mal erwähnt. Der zweite Teil des Textes, der Hauptteil,
besteht aus den Strophen 2, 3, 4 und 5. Dieser Abschnitt handelt von dem Empfang eines Herzogs
Heinrich von Bayern durch einen Kaiser mit dem Namen Otto. Der Hauptteil lässt sich als szenisch-
dialogisch bezeichnen. In diesem Abschnitt geschieht es zum Beispiel innerhalb der Handlung, dass
Otto Heinrich und dessen gleichnamigen Begleiter begrüßt. Ein Erwidern des Grußes durch Heinrich
und ein gemeinsamer Kirchgang sind ebenfalls Teil der Szene. Auch beten sie gemeinsam. Otto
geleitet Heinrich in den Rat und vertraut ihm dort die Leitung über diesen an. Der letzte Textteil,
bestehend aus den Strophen 6, 7 und 8, bietet einen historischen Ausblick. Dieser erwächst aus der im
Hauptteil dargestellten Empfangsszene. In der Endszene werden Zeugen für den postulierten Umstand
aufgerufen, dass Heinrich jedem sein Recht zuteilwerden ließ.
Nach Herweg wird Heinrichs Amts- bzw. Wirkungsraum dadurch sicher festgelegt, dass er im vierten
Vers genauer bezeichnet wird, welcher wie folgt lautet: „qui cum dignitate thero Beiaro riche
bevvarode.“ Der Gebrauch eines Präteritums im Text lässt vermuten, dass der genannte Heinrich zur
Abfassungszeit des De Heinrico bereits gestorben war. Von Otto, dem im Text als Kaiser
bezeichneten Herrscher, ist hingegen anzunehmen, dass er zum Zeitpunkt der Niederschrift des Liedes
noch lebte.
Es gab zwischen den Jahren 936 und 1002 drei verschiedene Ottonenkaiser als Regenten des
römischen Reiches. Bei diesen handelte es sich um Otto I., den Großen, um dessen Sohn Otto II.,
sowie um den Sohn von Otto II., Otto III. Zudem herrschten zu dieser Zeit ebenfalls vier
Bayernherzöge hintereinander in Folge, die alle den Namen Heinrich trugen ( Heinrich I, Heinrich II,
Heinrich III, Heinrich IV).

Deutungen der Kernszene


Die Kernszene lässt mehrere Deutungen zu, die anhand von unterschiedlichen Versen im Text in den
Bereich des Realistischen gerückt werden: Vers 7 legt einen am Hofe stattfindenden Empfang des
Herzogs an vorderster Front eines Heeres nahe. Es ist allerdings auch möglich, dass an dieser
Textstelle gar kein Heer gemeint ist und man stattdessen von der Übersetzung des althochdeutschen
Wortes hera ausgeht. Dieses Wort bedeutet ‘Ehrfurcht’ oder ‘Ehrerbietung’. Ein ‘Heer’ wird
aus hera nur über die Ableitungen exercitus von here und zuvor here aus hera. Die Verse 19 und 20
hingegen sprechen für die Aufnahme in einen Rat des Kaisers. Der darauffolgende Vers 21 lässt
allerdings die Deutung zu, dass es sich bei der Kernszene um eine Versöhnung handelt, und zwar
nach einem Eklat und damit einhergehender Distanzierung voneinander. Die Zwistigkeiten sind dabei
entweder politisch oder familiär begründet. Innere Distanz oder Feindschaft des Kaisers gegenüber
dem Protagonisten ließe sich insofern in die Szene hineininterpretieren, als dass der Kaiser erst für
den gebührenden Empfang bereit ist, nachdem dieser dazu aufgefordert wird. Im Folgenden ist die
Stimmung zwischen Protagonist und Kaiser harmonisch. Dies spricht für eine dazwischen erfolgte
Versöhnung.
Eine weitere potenzielle Deutung der Szene ist, dass es sich um eine „öffentliche Belehnung“ handelt,
wie es Vers 20 nahelegt. Es kann sich hierbei um eine neue Belehnung, eine Bestätigung eines vorher
bestehenden Lehens oder aber auch um eine Belehnung, die zusätzlich zu einem bestehenden Lehen
erfolgte, handeln.

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