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Außerklinische Beatmung

Hartmut Lang
Hrsg.

Außerklinische
­Beatmung
Basisqualifikation für die Pflege heimbeatmeter Menschen

Mit 175 Abbildungen


Herausgeber
Hartmut Lang
Hamburg
Deutschland

ISBN 978-3-662-53995-8     ISBN 978-3-662-53996-5 (eBook)


DOI 10.1007/978-3-662-53996-5

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V

Vorwort

Außerklinische Beatmung vertritt den Anspruch, ein Begleitbuch für die Kollegen zu sein, die
die Fortbildung „Basisqualifikation außerklinische Beatmung“ DIGAB akkreditierter Anbieter
besuchen. Die Deutsche interdisziplinäre Gesellschaft für außerklinische Beatmung e. V. erstellt
seit 2011 (2012) ein Curriculum, in dem die Inhalte der Fortbildung erarbeitet sind. Teilneh-
merinnen und Teilnehmer dieser Fortbildung sollen für die Versorgung beatmungsabhängiger
Menschen umfangreiche Kenntnisse erwerben. Das Buch richtet sich daher an alle beruflich
pflegenden Kolleginnen und Kollegen, die diese Fortbildung besuchen, und zusätzlich auch
an diejenigen, die sich unsicher in der Betreuung dieser Menschen, Patienten und Bewohner
fühlen.

Das Anliegen meiner Ko-Autoren und mir ist, eine nachvollziehbare Orientierung zum Thema
künstliche Beatmung im Rahmen der außerklinischen Versorgung zu geben.

Außerklinische Beatmung ist didaktisch in sechs Sektionen aufgeteilt und richtet sich nach den
Anforderungen des DIGAB-Curriculums:
44Sektion I: Grundlagen der Atmung und des respiratorischen Versagens
44Sektion II: Möglichkeiten der Beatmung
44Sektion III: Beatmungsformen und Muster
44Sektion IV: Weitere Behandlungsmaßnahmen
44Sektion V: Überwachung und pflegerische Versorgung des Patienten und der Beatmung
44Sektion VI: Rechtsgrundlagen außerklinische Beatmung

Sektion I behandelt die anatomischen und physiologischen Grundlagen der Atmung, erläutert
das respiratorische Versagen und beschreibt Erkrankungen, die zu einer Beatmungspflichtigkeit
führen können.

Sektion II gibt eine Übersicht der unterschiedlichen Beatmungsmöglichkeiten, die entweder


als nichtinvasive Beatmung oder als invasive Beatmung mit Trachealkanüle durchgeführt wird.

Sektion III erläutert die unterschiedlichen Beatmungsformen, deren Nomenklatur, die Ein-
stellungen und Funktionen der einzelnen Einstellungen. Anhand von Fallbeispielen wird der
Zweck der unterschiedlichen Beatmungsformen verdeutlicht.

Sektion IV gibt eine Übersicht über weitere Behandlungsmaßnahmen, die außerklinisch beat-
mete Menschen zusätzlich erhalten, dazu gehören unterschiedliche Medikamente und oft eine
Sauerstofftherapie. Die betroffenen Menschen leiden unter Schluckstörungen, müssen künst-
lich ernährt werden und bedürfen einer psychosozialen Betreuung, die auch die Angehörigen
mit einschließen muss.

Sektion V stellt die umfassende Betreuung und Überwachung der Menschen dar. Sie gibt einen
Überblick über Begriffe, die in der Beatmung genutzt werden, und beschreibt die Alarm- und
Messwerte der Beatmung. Hinzu kommen atmungstherapeutische Maßnahmen, die in der
laufenden Versorgung einen hohen Stellenwert haben, so die Atemgasklimatisierung, das Se-
kretmanagement und das Weaning.
VI Vorwort

Sektion VI fasst die rechtlichen Grundlagen der außerklinischen Beatmung zusammen. Ein ge-
ordnetes Entlassungsmanagement stellt die Überleitung in die Häuslichkeit sicher. Haftung und
Medizinproduktegesetz sind unmittelbare Themen für beruflich Pflegende. Für alle Menschen
bedeutsam sind Themen zur Betreuung oder das Patiententestament.

Außerklinisch beatmete Patienten stellen hohe Herausforderungen an alle beruflich Pflegenden


dar. Die Gründe der Beatmung nachzuvollziehen, die Arten der Atemwegszugangsmöglichkei-
ten zu erfassen, die unterschiedlichen Beatmungsmodi zu unterscheiden sowie die umfassende
Betreuung der Patienten durchzuführen, sind sehr umfangreiche und komplexe Aspekte. Dies
darzustellen, ist der Anspruch unseres Buches und wir möchten uns gerne an Ihren, den Er-
fahrungen der Leserinnen und Leser messen lassen.

Ich wünsche allen Lesern eine spannende Lektüre in einem nicht immer leicht verständlichen
Bereich und dass all diejenigen, die an und mit Beatmungspatienten arbeiten, eine gemeinsame
Arbeitsgrundlage und Arbeitssprache finden, in der die fachlichen und sachlichen Unklarheiten
beseitigt sind.

Hartmut Lang
Hamburg, Januar 2017
VII

Danksagung

Ohne die Hilfe von vielen Menschen und Firmen wäre das Buch nicht so entstanden, wie es
nun vor Ihnen liegt. Zu allererst möchte ich mich ganz herzlich bei allen meinen Ko-Autoren
bedanken, die an dem Entstehen von „Außerklinische Beatmung“ mitgeschrieben haben. Dank
ihrer Mitwirkung konnte ein kompetentes und für ihren jeweiligen Bereich spezialisiertes Fach-
wissen eingebracht werden: Herr Dr. Huhn (Krankenhaus Friedrichstadt Dresden, Oberarzt
der Abteilung Pneumologie, Dresden), Herr Dr. Schröter (Klinik Hohen Meißner, Chefarzt
der Abteilung Neurologie, Bad Sooden-Allendorf), Herr Malte Voth (Lehrrettungsassistent,
Bad Bramstedt (sicher-im-notfall)), Frau Britta Behrens (Apothekerin, Dorfplatz-Apotheke
Hamburg), Frau Mona van den Boom (Logopädin und Sprachtherapeutin, Viapallia Wedel/
Holstein), Herr Peter Otte (Diplom Pädagoge, Detmold), Herr Michael Thoms (Fachkranken-
pfleger, MediClin Lingen), Frau Elke Strelow (Pflegepädagogin, Bad Segeberg), Herr Andreas
Böhme (Pflegepädagoge, Hamburg).

Bei meinen Kollegen Martin Effenhauser, Franziska Hummel, Claudia Hajabatsch bedanke ich
mich für deren unermüdliches Gegenlesen und deren fachliche Korrektur. Ein besonderer Dank
gilt unserer Freundin Frau Brigitte Poggemeier, die unentwegt nach überflüssigen Füllwörtern,
Satzstellungen, Orthographie und Ausdruck Ausschau gehalten hat. Ein riesengroßer Dank
geht an meine Mitarbeiterin und Illustratorin Frau Isabel Guckes, die sehr viele Abbildungen
erstellt und alle meine Zeichnungen bearbeitet hat.

Für die Erlaubnis, Abbildungen und Bilder des Uniklinikums Hamburg Eppendorf zu nutzen,
möchte ich mich ganz herzlich bei Herrn Prof. Dr. Stefan Kluge, Chefarzt der Klinik Intensiv-
medizin am UKE-Hamburg, bedanken.

Viele Firmen und Institutionen waren ebenfalls bereit, Bildmaterial und Tabellen für das Buch
zur Verfügung zu stellen:
44idiag ag, Mülistrasse 18, CH-8320 Fehraltorf
44IFP - Internationale Stiftung für Forschung in Paraplegie, Rämistrasse 5, 8001 Zürich
44Prof. Martin E. Schwab, Institut für Hirnforschung, Universität Zürich
44Prof. Dr. med. T.O.F. Wagner, Abteilung Pneumologie/Allergologie des Universitäts-
klinikums Frankfurt
44R. Cegla GmbH & CO. KG, Horresser Berg 1, 56410 Montabaur
44Bundesverband „Schädel-Hirnpatienten in Not e.V.“, DEUTSCHE WACHKOMA
Gesellschaft
44HEIMOMED Heinze GmbH & Co. KG, HELPING INNOVATION®, Kerpen
44GHP Pflegedienst - Gesellschaft für häusliche Pflege in Hamburg und Umgebung“
44Covidien Deutschland GmbH, Neustadt/Donau
44Fa. ResMed GmbH & Co. KG, Martinsried
44Fa. Phillips GmbH Respironics, Herrsching
44Zentrum der Gesundheitsdienste Dresden, Pflegedienst Dresden
44Fa. Radiometer GmbH, Willich
44Fa. Medtronic GmbH, Meerbusch
44Seilnacht Verlag & Atelier, Thomas Seilnacht, Bern
44Fa. Gründler, ResMed Martinsried
VIII Danksagung

44Fa. Intersurgical, Sankt Augustin


44Fa. Medisize Deutschland, Siegburg
44Fa. Trudell Medical, Ontario Canada
44Fa. P.J. Dahlhausen & Co. GmbH, Köln
44Fa. INSPIRATION Medical GmbH, Bochum
44Kassenärztliche Bundesvereinigung, Berlin

Allen ein ganz herzliches Danke für Ihre Unterstützung!

Zu guter Letzt gilt mein Dank Frau Sarah Busch vom Springer Verlag für ihr Vertrauen in
meine Arbeit. Frau Busch hat meine Arbeit immer anregend begleitet. Sie hat wesentlich zum
didaktischen Aufbau beigetragen. Meiner Lektorin Frau Ute Villwock möchte ich ebenfalls
einen großen Dank für ihre Korrekturen und die Gliederung aussprechen.

Hartmut Lang
IX

Inhaltsverzeichnis

I Grundlagen der Atmung und des respiratorischen Versagens

1 Anatomie und Physiologie der Atmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3


Hartmut Lang
1.1 Obere Atemwege. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
1.2 Untere Atemwege. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
1.3 Atemhilfsmuskulatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
1.4 Physiologie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
1.5 Zentrales und peripheres Nervensystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
1.6 Rückenmark. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
1.7 Nervus phrenicus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
1.8 Verschaltung der Nervenbahnen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

2 Indikationen und Ziele der Beatmung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31


Hartmut Lang
2.1 Respiratorische Insuffizienz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
2.2 Ziele der Beatmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

3 Krankheitslehre. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
Matthias Huhn
3.1 Grundlagen und Diagnostik von Atemstörungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
3.2 Erkrankungen und Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

II Möglichkeiten der Beatmung

4 Tracheotomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
Hartmut Lang
4.1 Begrifflichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
4.2 Tracheotomieverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
4.3 Verschiedene Trachealkanülen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78
4.4 Verbandswechsel bei Trachealkanülen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84
4.5 Wechsel der Trachealkanüle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86
4.6 Verschluss des Tracheotomas. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88

5 NIV (nichtinvasive Beatmung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89


Hartmut Lang
5.1 Indikationen und Kontraindikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90
5.2 Charakteristika der NIV. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92
5.3 Verschiedene Maskensysteme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92
X Inhaltsverzeichnis

5.4 Moderne NIV-Masken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94


5.5 Typische Einsatzmöglichkeiten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95
5.6 Beurteilung einer angepassten Beatmungseinstellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97
5.7 Beatmungseinstellung der NIV. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97
Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98

III Beatmungsformen und Muster

6 Respiratormodelle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101
Hartmut Lang
6.1 Modell der Luft- oder Kolbenpumpe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102
6.2 Modell Ambubeutel (Beatmungsbeutel). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102
6.3 Modell der offenen/halboffenen Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102
6.4 Modell eines Wasserschlosses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103
6.5 Respiratormodell eines Intensivbeatmungsgerätes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103
6.6 Intensiv- und turbinengesteuerte Beatmungsgeräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104
6.7 Beatmungsschlauchsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
6.8 Atemgaskonditionierung – Atemgasbefeuchtung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106
Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107

7 Spontanatmung und Überdruckbeatmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109


Hartmut Lang
7.1 Atemmuster am Respirator. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110
7.2 Überdruckbeatmung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111
Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111

8 Beatmungsformen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113
Hartmut Lang
8.1 Unterscheidungsmerkmale der Beatmungsformen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114
8.2 Beatmungskurven. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114
Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117

9 Druckkontrollierte Beatmung (PCV/A-PCV). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119


Hartmut Lang
9.1 Nomenklatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120
9.2 Parameter-Einstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120
9.3 Ablauf der druckkontrollierten Beatmung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129
9.4 Anwendung der PCV-Beatmung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130
9.5 Fallbeispiel: PB 560 (Fa. Covidien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130
Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131

10 Volumenkontrollierte Beatmung (VCV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133


Hartmut Lang
10.1 Nomenklatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134
10.2 Parameter-Einstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134
XI
Inhaltsverzeichnis

10.3 Ablauf einer volumenkontrollierten Beatmung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135


10.4 Probleme der volumenkontrollierten Beatmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136
10.5 Anwendung der VCV-Beatmung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138
10.6 Fallbeispiel: Astral 150 (Fa. ResMed). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139
Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140

11 Druckregulierte-volumenkontrollierte Beatmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141


Hartmut Lang
11.1 Nomenklatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142
11.2 Parameter-Einstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142
11.3 Selbstständige Beatmungsdruckniveau-Einstellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143
11.4 Anwendung der druckregulierten-volumenkontrollierten Beatmung. . . . . . . . . . . . . . . . . 143
11.5 Fallbeispiel: PB 560 (Fa. Covidien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144
Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144

12 Druckunterstützende Beatmung (PSV). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145


Hartmut Lang
12.1 Nomenklatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146
12.2 Parameter-Einstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146
12.3 Druckunterstützung der Atmung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146
12.4 Fallbeispiel: PSV-Atmung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150
12.5 Exspirationstrigger. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151
12.6 Vor- und Nachteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152
12.7 ST-Modus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152
Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155

13 SIMV (Synchronized Intermittent Mechanical Ventilation) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157


Hartmut Lang
13.1 Volumenkontrolliertes SIMV (VC-SIMV). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158
13.2 Druckkontrolliertes SIMV (PC SIMV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159
13.3 Vorteile und Nachteile von SIMV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160
13.4 Anwendung in der außerklinischen Beatmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161
Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161

14 AVAPS (Average Volume Assured Pressure Support) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163


Hartmut Lang
14.1 Druckkontrollierte Beatmung und AVAPS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164
14.2 Parameter-Einstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164
14.3 Fallbeispiel: Trilogy 100 (Fa. Phillips Respironics) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164
14.4 Anwendung von AVAPS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165
Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166

15 Notfallmanagement. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167
Malte Voth
15.1 Was ist ein Notfall? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169
15.2 Wer ist wann zuständig?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169
15.3 Patienteneinschätzung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171
XII Inhaltsverzeichnis

15.4 Roter Faden der Notfallversorgung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172


15.5 Beatmungsprobleme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173
15.6 Zerebraler Krampfanfall. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174
15.7 Reanimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177
15.8 Kinderreanimation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179
Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180

IV Weitere Behandlungsmaßnahmen

16 Pharmakologie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183
Britta Behrens
16.1 Einführung in die Medikamentenkunde. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184
16.2 Medikamentengruppen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189
Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211

17 Sauerstofftherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213
Hartmut Lang
17.1 Aufgaben der Atmung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214
17.2 Symptome von Sauerstoffmangel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216
17.3 Messmethoden zur Sauerstoffmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216
17.4 Indikationen für eine Sauerstoffgabe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218
17.5 Geräte zur Sauerstoffversorgung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220
17.6 Applikationssysteme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224
17.7 Sicherheit gegen Feuer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224
Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225

18 Dysphagie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227
Mona van den Boom
18.1 Physiologischer Schluckvorgang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228
18.2 Gestörter Schluckakt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229
18.3 Ursachen von Dysphagien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229
18.4 Diagnostik von Dysphagien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231
18.5 Therapie von Dysphagien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233
18.6 Trachealkanülenmanagement. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234
Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238

19 Kommunikation in Pflegebeziehungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239


Peter Otte
19.1 Kommunikationspartner. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240
19.2 Theorie der kognizierten Kontrolle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240
19.3 Sender-Empfänger-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242
19.4 Theorien der Kommunikationswissenschaft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244
19.5 Kommunikationsmodell der Transaktionsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248
Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256
XIII
Inhaltsverzeichnis

V Überwachung und pflegerische Versorgung des Patienten


und der Beatmung

20 Hygiene. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259
Michael Thoms
20.1 Einleitung in die Hygiene. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261
20.2 Standzeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261
20.3 Trockenbeatmungssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262
20.4 Schläuche mit Atemgasbefeuchter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264
20.5 HME-Filter und Gänsegurgel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266
20.6 Beatmungsmasken. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267
20.7 Trachealkanülenmanagement. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267
20.8 Gerätepflege. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268
20.9 Händewaschen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270
Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270

21 Resistance und Compliance. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273


Hartmut Lang
21.1 Resistance. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274
21.2 Compliance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277
21.3 Resistance und Compliance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281
Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281

22 Kontrollmechanismen und Steuerungsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283


Hartmut Lang
22.1 Kontrollmechanismen der Beatmung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284
22.2 Steuerungsarten der Beatmung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284
22.3 Praxisrelevante Beatmungsformen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284
Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285

23 Flow und Flowkurven. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287


Hartmut Lang
23.1 Sinusflow, konstanter Flow, dezelerierender Flow . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288
23.2 Flow bei volumenkontrollierter Beatmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289
23.3 Flow bei druckkontrollierter Beatmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290
23.4 Flowkurve im PSV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295
Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298

24 Alarme und Alarmeinstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299


Hartmut Lang
24.1 Stufen der Alarmmitteilungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300
24.2 Spezielle Alarme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300
Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303

25 Messwerte der Beatmung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305


Hartmut Lang
25.1 Messwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306
XIV Inhaltsverzeichnis

25.2 Beatmungsprotokoll . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309


Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310

26 Monitoring . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311
Malte Voth
26.1 Klinischer Blick/klinisches Monitoring. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312
26.2 Pulsoxymetrie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312
26.3 Kapnometrie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313
26.4 Kreislauf, Puls und Blutdruck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313
Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314

27 Blutgasanalyse (BGA). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315


Hartmut Lang
27.1 Beurteilung einer BGA. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316
27.2 Sauerstoff und Kohlendioxid. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316
27.3 Säure-Basen-Haushalt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326
27.4 Auswirkungen von Azidose und Alkalose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337
27.5 Lesen einer BGA. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339
Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339

28 Atemgaskonditionierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341
Hartmut Lang
28.1 Aufgaben der Atemwege. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342
28.2 Absolute und relative Feuchte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342
28.3 Aktive Atemgasbefeuchtung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343
28.4 Beatmungsfilter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344
28.5 Passive Atemgasbefeuchtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345
28.6 Aktive versus passive Befeuchtung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346
Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348

29 Sekretmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349
Hartmut Lang
29.1 Hustenfähigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350
29.2 Unterstützung beim Husten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351
29.3 Die endobronchiale/endotracheale Absaugung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355
29.4 Inhalationstherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357
Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365

30 Weaning . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367
Hartmut Lang
30.1 Weaning-Prozess. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368
30.2 Weaning-Klassifikation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368
30.3 Voraussetzungen für eine erfolgreiche Entwöhnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368
30.4 Pflegerische Maßnahmen zur Stärkung der Atemmuskulatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371
30.5 Weaning-Strategien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371
30.6 Entwöhnungsindex (RSB-Index). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373
30.7 Entwöhnung von langzeitbeatmeten Patienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374
Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377
XV
Inhaltsverzeichnis

VI Rechtsgrundlagen außerklinische Beatmung

31 Entlassungsmanagement in der Pflege. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381


Elke Strelow
31.1 Gesetzliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382
31.2 Entlassungsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 384
31.3 Ausblick. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 390
Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 390

32 Straf- und haftungsrechtliche Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 393


Andreas Böhme
32.1 Die Rechtsquellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394
32.2 Prüfungsschema für eine Haftung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394
32.3 Rechtfertigungsgründe zum Verschuldensausschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394
32.4 Vorsatz und Fahrlässigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 396
32.5 Körperverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 396
32.6 Unterlassungsdelikt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397
Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397

33 Umsetzung von MPG/Betreiberverordnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399


Andreas Böhme
33.1 Gründe für ein Medizinproduktegesetz (MPG). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400
33.2 Sinn und Zweck des Medizinproduktegesetzes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400
33.3 Anwenden von Medizinprodukten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401
33.4 Medizinprodukte Betreiberverordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401
Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402

34 Betreuung, Vollmacht und Patientenverfügung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403


Andreas Böhme
34.1 Allgemeines zu Betreuung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 404
34.2 Vorsorgevollmacht und Generalvollmacht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 404
34.3 Allgemeines zur Patientenverfügung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 404
Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 405

Serviceteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 407
Anhang. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 408
Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 416
Autorenverzeichnis

Lang, Hartmut Böhme, Andreas


Erich-Ziegel-Ring 52 Saseler Chaussee 227b
22309 Hamburg 22393 Hamburg

Schröter, Carsten, Dr. med. Huhn, Matthias, Dr. med.


Klinik Hoher Meißner W. und M. Wicker GmbH Fachkrankenhaus Coswig GmbH
Neurologishe Abteilung Zentrum für Pneumologie und Thoraxchirurgie,
Hardstr-36 Intensivstation
37242 Bad Soden-Allendorf Neucoswiger Str. 21
01640 Coswig
Voth, Malte
Notfallmedizinische Fortbildungen Buchli, Anita, Dr.
Else-Wex-Ring 23 Universität Zürich
23843 Bad Oldesloe Institut für Hirnforschung
Winterthurerstrasse 190
Raupers, Arne CH-8092 Zürich
Lübecker Straße 51
23628 Krummesse Schwab, Martin E., Prof.
Universität Zürich
Behrens, Britta Institut für Hirnforschung
Am Ecksoll 21 Winterthurerstrasse 190
22145 Stapelfeld CH-8092 Zürich

v.d. Boom, Mona


Viapalla Reha GmbH
Gärtnerstraße 16
22880 Wedel

Otte, Peter
Westfälische Wilhelms Universität Münster
Rosenstraße 20
3256 Detmold

Thoms, Michael
Hygiene
Schwarzenbergweg 59
49740 Haselüne

Strelow, Elke
Kurhausstraße 46
23795 Bad Segeberg
1 I

Grundlagen der
Atmung und des
­respiratorischen
­Versagens
Kapitel 1 Anatomie und Physiologie der Atmung – 3
Hartmut Lang

Kapitel 2 Indikationen und Ziele der Beatmung – 31


Hartmut Lang

Kapitel 3 Krankheitslehre – 39
Matthias Huhn
3 1

Anatomie und Physiologie der


Atmung
Hartmut Lang

1.1 Obere Atemwege – 5


1.1.1 Nase – 5
1.1.2 Kehlkopf und Stimmbänder – 5

1.2 Untere Atemwege – 8


1.2.1 Luftröhre (Trachea) – 8
1.2.2 Carina – 8
1.2.3 Bronchialbaum (Bronchialsystem) – 8
1.2.4 Mukoziliäre Clearence – 10
1.2.5 Lage der Lungen im Körper – 10
1.2.6 Lungenflügel, Lungenlappen und Lungensegmente – 12
1.2.7 Alveolen und Surfactant – 14
1.2.8 Lungengefäße – 15

1.3 Atemhilfsmuskulatur – 15
1.3.1 Inspiration – 15
1.3.2 Exspiration – 16

1.4 Physiologie – 17
1.4.1 Atemluft – 17
1.4.2 Diffusionszeit – Diffusionsstrecke – 18
1.4.3 Atemregulation – 18
1.4.4 Physiologisches Shuntvolumen – 19
1.4.5 Atemmechanik – 19

1.5 Zentrales und peripheres Nervensystem – 20


1.5.1 Anatomie Gehirn – 21
1.5.2 Hirnaufbau – 21
1.5.3 Hirnlappen und Hirnregionen – 23

© Springer-Verlag GmbH Deutschland 2017


H. Lang (Hrsg.), Außerklinische Beatmung,
DOI 10.1007/978-3-662-53996-5_1
1.5.4 Pyramidales und extrapyramidales System – 23
1.5.5 Blutversorgung des Hirns – 24

1.6 Rückenmark – 24
1.6.1 Aufbau des Rückenmarks – 24
1.6.2 Innere Struktur des Rückenmarks – 27
1.6.3 Aufbau einer Nervenzelle – 28

1.7 Nervus phrenicus – 28

1.8 Verschaltung der Nervenbahnen – 28

Weiterführende Literatur – 29
1.1 · Obere Atemwege
5 1
Die Atmung hat die Aufgabe, durch Einatmung z Bezug zur künstlichen Beatmung
Sauerstoff aufzunehmen und durch Ausatmung Koh- Die oberen Atemwege können diese Aufgaben
lendioxid abzugeben. Sauerstoff benötigt man für die nicht mehr erfüllen, wenn sie mittels Trachealka-
Zellatmung bzw. den Stoffwechsel. Kohlendioxid ist nüle umgangen werden. Hier muss die künstliche
ein Endprodukt des Stoffwechsels und muss mit Hilfe Beatmung technische Hilfsmittel bereitstellen, um
der Atmung abgegeben werden. Die Sauerstoffauf- die oben genannten Aufgaben zu übernehmen. Es
nahme wird Oxygenierung genannt. Die Abgabe von werden aktive oder passive Befeuchtungssysteme
CO2 wird Decarboxylierung genannt. genutzt.
Anatomisch lassen sich unsere Atemwege in die
oberen und die unteren Atemwege unterteilen. Phy-
siologisch erfüllen sie unterschiedliche Aufgaben, die 1.1.1 Nase
im Folgenden erläutert werden sollen. Der normale
Weg der Atemluft wird nachvollzogen. Dabei soll auch An der Seitenwand jeder Nasenhöhle befinden
immer ein Blick auf die künstliche Beatmung fallen, sich drei übereinander liegende Nasenmuscheln
d. h., es wird erläutert, welche Aufgaben die künstliche ( . Abb. 1.2). Die Nasenschleimhaut besteht aus
Beatmung erfüllen muss, falls die normale Atmung einem Flimmerepithel mit vielen Schleimdrüsen.
von den Menschen nicht mehr ausgeübt werden kann. Das Flimmerepithel schlägt den Schleimfilm nach
hinten in Richtung Rachen. Im oberen Raum der
Nasenhöhle befindet sich die Riechschleimhaut.
1.1 Obere Atemwege Unter der Schleimhaut verläuft ein dichtes Kapillar-
netz, teilweise als volumenreicher Venenplexus (Sep-
tumschwellkörper). Nasenbluten entsteht zumeist im
Bestandteile der oberen Atemwege vorderen Abschnitt der Nasenschleimhaut.
(. Abb. 1.1)
55Nase und Nasenhöhle
55Mund 1.1.2 Kehlkopf und Stimmbänder
55Rachen (Pharynx)
55Kehlkopf (Larynx) Der Kehlkopf (Larynx) trennt den Rachen von der
Luftröhre (. Abb. 1.3). Er liegt vorne tastbar am Hals.
Der Kehlkopf hat drei Funktionen:
z Aufgaben der oberen Atemwege
1. Schutz vor Aspiration beim Schlucken:
Bei normaler Atmung hat der obere Respira- Beim Schlucken wird der Kehlkopf (Larynx)
tionstrakt vier Aufgaben ( . Tab. 1.1 ): Erwär- nach vorne und nach oben gezogen. Dadurch
mung, Anfeuchtung, Filterung und Turbulenz des verschließt der Kehldeckel (Epiglottis)
Atemgases. die Luftröhre (Trachea). Speisen und

. Abb. 1.1  Obere Atemwege (mit


freundlicher Genehmigung: Isabel
Guckes)
6 Kapitel 1 · Anatomie und Physiologie der Atmung

42
1 . Tab. 1.1  Aufgaben der oberen Atemwege

Erwärmung Eingeatmete Luft wird erwärmt und kann so mehr Wasserdampf aufnehmen
Anfeuchtung Mit wässrigem Sekret aus den Drüsen des oberen Respirationstrakts, Selbstreinigungsmechanismus
wird so aufrechterhalten
Filterung Abfangen größerer Partikel durch Nasenhaare und durch den Schleimüberzug der Nasen- und
Tracheobronchialschleimhaut
Turbulenz Bewirkt einen größtmöglichen Kontakt zwischen Luft und Schleimhaut

Ausatemluft fließt jedes Mal durch die


Stimmritze hindurch. Der Durchmesser ist
jedoch groß genug, dass die Atmung ohne
Anstrengung und respiratorische Erschöpfung
möglich ist.
3. Stimm- und Sprachbildung
Mit Hilfe der Stimmlippen wird der Strom der
Atemluft reguliert. Die Stimmlippen werden so
in Schwingung versetzt und dadurch wird die
Stimme und Sprache gebildet (. Abb. 1.4).

Die Darstellung der Stimmlippen erfolgt mittels Spie-


gelung des Kehlkopfes (Laryngoskopie). Bei ruhiger
Atmung stehen die Stimmlippen in einem ausrei-
chenden Abstand zueinander. Die Öffnung zwischen
den Stimmlippen wird Stimmritze genannt.
Die Stimmlippen liegen bei der Stimm- und
Sprachbildung eng beieinander. Somit verengt sich
die Stimmritze. Stimme und Sprache werden mit dem
Ausatemluftstrom erzeugt, nicht während der Ein-
atmung. Der Ausatemluftstrom wird reguliert, mal
. Abb. 1.2  Nasenhöhle - Nasenmuscheln (mit freundlicher fließt die Luft rascher, mal langsamer und bringt die
Genehmigung: Isabel Guckes) Stimmlippen in Schwingung. Je nach Ton und Stimme
verengt sich die Stimmritze, sodass eine sehr vielfältige
Getränke werden dadurch in die Speiseröhre Ton- und Stimmbildung möglich ist. Gleichzeitig wird
(Ösophagus) geleitet. Das schützt die unteren der Ausatemluftstrom verzögert; so ist es dem Men-
Atemwege vor Aspiration. Die Aspiration schen möglich, sehr lange Sätze zu bilden oder lange
beschreibt das Eindringen von Fremdkörpern Liedstrophen zu singen. Die Ausatmung mit Stimm-
in die unteren Atemwege. Erwachsene und Sprachbildung kann somit durchaus 10–20
Menschen haben – im Gegensatz zu Säuglingen Sekunden betragen. Es verlängert sich somit auch das
– nicht das Vermögen, gleichzeitig schlucken I:E-Verhältnis von regulär 1:2 auf 1:10 oder 1:20.
und atmen zu können, was zur Aspiration
führen kann. z Bezug zur künstlichen Beatmung mit
2. Übergang von oberen und unteren Trachealkanüle
Atemwegen Eine Trachealkanüle wird unterhalb des Kehl-
Die Stimmritze ist bei erwachsenen Menschen kopfes in die Trachea eingeführt (7 Kap. 4). Eine
die engste Stelle der Atemwege. Die Ein- und Sprachbildung ist bei entblockter Kanüle möglich.
1.1 · Obere Atemwege
7 1

Zungenbein
Durchtrittsöffnung für den (Os hyoideum)
N. laryngealis superior

Membran zwischen Kehldeckel


Zungenbein und (Epiglottis)
Schildknorpel
(Membrana thyrohyoidea)

Schildknorpel
(Cartilago thyroidea) Stimmband
(Ligamentum vocale)

Stellknorpel
(Plural: Cartilagines Membran
arytaenoideae Stimmritze und
Singular: Cartilago Ringknorpel
arytaenoidea) (Conus elasticus)

Knorpelspange der
Ringknorpel Luftröhre
(Cartilago cricoidea) (Cartilago trachealis)

. Abb. 1.3  Kehlkopf (aus Spornitz, 2010, Anatomie und Physiologie, Lehrbuch und Atlas für Pflege- und Gesundheitsberufe,
6. Aufl. Springer, Heidelberg Berlin)

. Abb. 1.4  Stimmritze beim Sprechen (links) und Atmen (rechts) (mit freundlicher Genehmigung: Isabel Guckes)
8 Kapitel 1 · Anatomie und Physiologie der Atmung

Bei Schluckstörungen sammelt sich das Sekret der Netz durchzogen. Wird die Carina von aspirierten
42
1 oberen Atemwege auch unterhalb des Kehlkopfes Fremdkörpern gereizt, entsteht ein Hustenreiz.
(subglottisch) und oberhalb der Trachealkanüle und Dieser kann auch durch eine endobronchiale Absau-
kann zu Mikroaspirationen führen. gung ausgelöst werden.

1.2 Untere Atemwege 1.2.3 Bronchialbaum


(Bronchialsystem)

Bestandteile der unteren Atemwege Der rechte, etwas stärkere Hauptbronchus ist
55Trachea (Luftröhre) 1–2,5 cm lang. Er verläuft etwas gerader als der
55Bronchien linke Stammbronchus und hat eine Abknickung
55Bronchiolen von nur ca. 20 % gegenüber der Trachea. Der linke,
55Alveolen (nur sie dienen dem schwächere Hauptbronchus ist 4,5–5 cm lang. Seine
Gasaustausch) Abwinklung beträgt mindestens 35 % gegenüber der
Trachea (bedingt durch Aortenbogen). Aspirierte
Fremdkörper gelangen durch den Winkel zwischen
Trachea und Bronchien häufiger in den rechten als
1.2.1 Luftröhre (Trachea) in den linken Hauptbronchus.
Trachea und Bronchien weiten sich bei der Ein-
Die Trachea spannt sich als Rohr zwischen dem Kehl- atmung leicht. Dadurch steigt der Innendurch-
kopf und den Stammbronchien. Sie ist ca. 10–12 cm messer der Atemwege und Einatmung erfolgt ohne
lang, elastisch und besitzt zur Vorderseite hin 12–20 Anstrengung. Während der Ausatmung verengen
hufeisenförmige Knorpelspangen, die von außen sich Trachea und Bronchien leicht. Dadurch sinkt der
tastbar sind. Sie verhindern ein Kollabieren der Trachea. Innendurchmesser der Atemwege. Die Ausatmung
Die Hinterwand ist elastisch und besteht aus Bindege- dauert im Ruhezustand dadurch auch etwas länger
webe und Muskulatur. Daran grenzt die Speiseröhre. als die Einatmung. So entsteht ein Ruhe-Atemzeit-
Durch die Elastizität der Hinterwand kann der verhältnis von I:E = 1:2. Durch die Knorpelspangen
Innendurchmesser der Trachea auf ca. ¼ verengt und -platten bleiben die Atemwege gesichert offen.
werden. Das hat seine Bedeutung beim Husten und Die Wände der Bronchien sind aus 3 Schichten
Niesen, bei dem die Luft mit hohem Druck heraus- aufgebaut (. Tab. 1.2)
gepresst wird (. Abb. 1.5 rechts).
. Tab. 1.2  Aufbau der Bronchialwände
1.2.2 Carina
Innen Zylinderepithel und Flimmerhärchen
Mitte Drüsen für Feuchtigkeit und Schleimbildung
Die erste Aufzweigung von der Trachea zu den
Außen Knorpel (Knorpelspangen) zum Offenhalten
beiden Stammbronchien (Hauptbronchien) wird
und zur äußeren Schienung
„Carina“ genannt. Sie ist von einem dichten nervalen

. Abb. 1.5  Querschnitt Trachea


(mit freundlicher Genehmigung: Isabel
Guckes)
1.2 · Untere Atemwege
9 1
1.-16. Abzweigung (Generation) 17.-23. Abzweigung (Generation)

Kehlkopf – Larynx
Luftröhre – Trachea 17. - 19. Abzweigung
1. Abzweigung Bronchiolen
Stammbronchus rechts
Stammbronchus links
2. Abzweigung 20. - 22. Abzweigung
Lappenbronchien links Bronchioli respiratorii

Alveolargang – Ductus alveolaris


23. Abzweigung
Aveolen
Lappenbronchien rechts
3. - 16. Abzweigung
Segmentbronchien bis
Bronchioli terminalis

. Abb. 1.6  Bronchialsystem, links 1.–16. Generation und rechts 17.–23. Generation (mit freundlicher Genehmigung: Isabel
Guckes)

z Totraum
Der Bronchialbaum dient dem Transport der
eingeatmeten Luft. Er zweigt sich immer weiter auf, Die Luft, die sich ab Nase bzw. Mund bis zu den
insgesamt 23 Mal. Jede Verzweigung wird Genera- Bronchiolen der 16. Generation befindet, wird
tion genannt. Bis zur 16. Generation dient der Bron- Totraum genannt. Es ist der Anteil des Atemsys-
chialbaum ausschließlich dem Lufttransport. Ab tems, der zwar belüftet wird jedoch nicht am Gas-
der 17. Generation beginnt der Bereich, in dem der austausch beteiligt ist. Der Totraum kann weiter
Gasaustausch möglich ist. Dort beginnt der alveolare unterteilt werden.
Bereich (. Abb. 1.6).
Das Gesamtvolumen des Bronchialsystems ist z z Anatomischer Totraum
recht klein, nur 100 ml. Somit ist ein Eintritt von Dazu gehören die oberen Atemwege des Naso-
Flüssigkeiten und Fremdkörpern für den Menschen pharynx, Larynx, Trachea, Bronchien bis zur 16.
gefährlich, da das Volumen rasch ausgefüllt werden Generation. Sie dienen dem Lufttransport, der Rei-
kann. nigung, Anfeuchtung und Erwärmung der Atem-
luft. Der anatomische Totraum beträgt ca. 2 ml/kg
Körpergewicht. Für einen erwachsenen Menschen
mit einem Gewicht von 75 kg beträgt der Totraum
Anatomische Einteilung des Bronchialsys- somit ca. 150 ml Luft. Die Luft des anatomischen
tems (. Abb. 1.7) Totraumes ist die letzte Menge Luft, die eingeat-
55Hauptbronchus met wird. Und auch die erste, die wieder ausgeat-
55Lappenbronchien (rechts 3, links 2) met wird.
55Segmentbronchien (rechts 10, links 9)
55Mittlere und kleine Bronchien z z Alveolärer Totraum
55Bronchioli (alle Knorpelelemente fehlen) Ein Teil der Alveolen wird nur unzureichend durch-
55Bronchioli terminales blutet. Beim lungengesunden Menschen sind das ca.
55Bronchioli respiratorii (Beginn des 2 % des Atemzugvolumens (Tidalvolumen). Atem-
respiratorischen Teils des luft, die in die Alveolen gelangt, nimmt somit nicht
Bronchialbaumes) am Gasaustausch teil.
55Ductus alveolaris
55Azini (1 Acinus umfasst 1500–4000 z z Funktioneller Totraum
Alveolen, Durchmesser 2,5–5 mm) Ist die Summe des anatomischen und alveolären Tot-
raums und beträgt ca. 30 % des Tidalvolumens.
10 Kapitel 1 · Anatomie und Physiologie der Atmung

. Abb. 1.7  Bronchialsystem, Mittlere und kleine Bronchiolen mit


42
1 mittlere Bronchien bis zu Alveolen
(mit freundlicher Genehmigung: Isabel
Knorpelplatten

Guckes) Bronchialmuskulatur

Terminale Bronchiolen

Bronchioli respiratorii

Alveolargang – Ductus alveolaris

Alveolarsäckchen – Azinus

Kapillarsystem

z Alveoläre Ventilation
Die meisten Fremdpartikel, die durch die
Der Anteil der Atemluft, der in die Alveolen gelangt Atmung in die luftleitenden Atemwege gelangen,
und somit am Gasaustausch teilnehmen kann, also werden so innerhalb von 24 Stunden abtranspor-
die Differenz aus Atemminutenvolumen minus Tot- tiert. Längere Transportzeiten betreffen Fremdpar-
raumvolumen. Die alveoläre Ventilation beträgt tikel, die im Alveolarbereich abgelagert wurden. Die
beim Erwachsenen ca. 4500 ml/min bzw. 60 ml/ Zilienbeweglichkeit ist abhängig von der Luftfeuch-
kg KG/min, beim Neugeborenen ca. 400 ml/min tigkeit. Ist die Luftfeuchtigkeit nicht ausreichend und
bzw. 100–150 ml/kg KG/min und ist somit mehr als die Temperatur zu niedrig, wird der Reinigungsme-
doppelt so groß wie die des Erwachsenen. chanismus behindert.

z Bezug zur künstlichen Beatmung


1.2.4 Mukoziliäre Clearence Ohne Befeuchtung und Erwärmung kann der Respi-
rationstrakt seine Clearence-Aufgaben nicht wahr-
Die Fähigkeit des Respirationstraktes zur Selbstrei- nehmen. Schon die Senkung der Luftfeuchtigkeit auf
nigung wird mukoziliäre Clearence genannt. Die 90 % kann die Beweglichkeit der Flimmerhärchen
Innenwände der Atemwege sind durchgängig mit stark beeinträchtigen. Jedoch ist die Beweglichkeit der
Flimmerepithel, den Zilien, ausgekleidet, durch- Zilien bei einer vorübergehenden unzureichenden
setzt von schleimproduzierenden Zellen (. Abb. 1.8). Befeuchtung und Erwärmung der Atemluft reversibel.
Der Schleim setzt sich als muköse Schicht auf die
Flimmerhärchen und dient der Selbstreinigung der
Atemwege. 1.2.5 Lage der Lungen im Körper
Die Zilien bewegen sich peitschenartig hin und
her, etwa 30-mal pro Sekunde (30 Herz). Sie sorgen Die Lunge liegt im Brustkorb (Thorax) (. Abb. 1.9).
somit für einen Transport des Schleims und der Tastet man oberhalb des Schlüsselbeins (Clavicula),
Fremdpartikel in Richtung Kehlkopf. Es findet eine befindet sich darunter die obere Lungenspitze. Das
fortwährende Schleimsekretion statt. Die Schleim- Zwerchfell (Diaphragma) begrenzt die Lunge nach
schicht fängt Fremdpartikel ein und umschließt sie. unten hin und trennt gleichzeitig den Thorax vom
Schließlich werden sie nach oben Richtung Luftröhre Bauchraum (Abdomen). Nach vorne, seitlich und
(Trachea) transportiert. hinten ist die Lunge durch die Rippen, das Brustbein
1.2 · Untere Atemwege
11 1

äußere Bronchialwand

Epithelzellen mit
Flimmerhärchen – Zilien

Drüsenzellen

produzieren dünnflüssiges Sekret,


in denen sich die Zilien befinden

zähere Gel- bzw. Schleimschicht,


in denen sich die eingeatmeten
Fremdteilchen verfangen

Atemwegsgang

. Abb. 1.8  Mukoziliäres Transportsystem (mit freundlicher Genehmigung: Isabel Guckes)

. Abb. 1.9  Rumpfansicht (mit


freundlicher Genehmigung: Isabel
Guckes)

und die Wirbelsäule begrenzt. Gleichzeitig bilden die Brustkorb aufgespannt, sie kann nicht kollabieren.
Rippen einen Schutz der Lunge und der Herzens. Nur durch die Eintrittspforte für Blutgefäße und die
Die Lunge ist von einer Haut, dem Brustfell Stammbronchien (Hilus) ist die Lunge fest mit dem
bzw. der Pleura umschlossen und besteht aus zwei Thorax verbunden.
„Blättern“. Das innere Blatt, das Lungenfell bzw. die Die beiden Blätter können sich gegeneinander
Pleura viszeralis, liegt der Lunge an (. Abb. 1.10). verschieben. Hierdurch ist die Lunge atemverschieb-
Das äußere Blatt, das Rippenfell bzw. die Pleura lich. Die Lunge folgt somit passiv der Bewegung des
parietalis, kleidet den Thorax von innen aus. Zwi- Brustkorbs, der bei der Atmung aktiv bewegt wird.
schen beiden Blättern befindet sich der Pleuraspalt, Die Lunge selbst hat keine Muskulatur, die eine aktive
der mit Flüssigkeit gefüllt ist. Damit ist die Lunge am Bewegung erzeugen kann.
12 Kapitel 1 · Anatomie und Physiologie der Atmung

. Abb. 1.10  Pleura und Pleuraspalt


42
1 (mit freundlicher Genehmigung: Isabel
Guckes)

Innerhalb des Pleuraspalts besteht ein negativer, mittelbar gemessen werden. Bei großer Einatem-
subatmosphärischer Druck. Er beträgt während der anstrengung ist zu erwarten, dass der intrapleurale
Ausatmung ca. -5 cm H2O und bei der Einatmung Druck einen größeren Unterschied aufweisen wird.
ca. -8 cm H2O. Durch ihre elastischen Fasern neigt Der Brustkorb weitet sich, Zwerchfell kontrahiert bei
die Lunge dazu, sich zusammenziehen zu wollen. der Einatmung, aber die Lunge kann der Bewegung
Sie folgt bei der Einatmung aber der Bewegung des nicht unmittelbar folgen, da sie bei Lungenerkran-
Brustkorbs und des Zwerchfells, dadurch vergrößert kungen weniger elastisch und starrer ist. Je größer
sich ihr Volumen. Damit sinkt der negative intra- der negative Pleura- bzw. der Ösophagusdruck, desto
pleurale Druck während der Einatmung. Bei stärke- mehr strengt sich der Patient bei der Atmung an. Er
rer Einatemanstrengung (z. B. forcierte Einatmung droht sich dabei zu respiratorisch zu erschöpfen.
bei körperlicher Belastung) sinkt der intrapleurale Die künstliche Beatmung soll dazu beitragen,
Druck stärker. Während der Ausatmung verkleinert dass sich respiratorisch erschöpfte Patienten bei der
sich der Brustkorb, das Zwerchfell erschlafft. Die Atemarbeit nicht so stark anstrengen müssen. Luft
Lunge verkleinert sich ebenfalls und der intrapleu- wird mit Überdruck in die Lungen gepresst, das ent-
rale Druck steigt wieder an. lastet die Atemarbeit der Patienten. Bei der künstli-
chen Beatmung ist der Druck innerhalb der Lunge
z Messung des intrapleuralen Drucks (intrapulmonal) somit immer im positiven Bereich.
Der intrapleurale Druck kann mittels Sonden direkt im Ebenso der intrapleurale Druck, da die mit Luft
Pleuraspalt gemessen werden. Eine indirekte, jedoch gefüllte Lunge auf den Pleuraspalt drückt. Somit
zuverlässige Messmethode ist die Anwendung von befindet sich der transpulmonale Druck ebenso im
Ösophagusdrucksonden. Am Ende der Speiseröhre positiven Bereich.
herrscht ein vergleichbarer Druck. Der Druckunter-
schied von intrapulmonalem Druck und intrapleu-
ralem Druck wird transpulmonaler Druck genannt. 1.2.6 Lungenflügel, Lungenlappen
Dieser ist bei spontaner Atmung immer negativ. und Lungensegmente

z Bezug zur künstlichen Beatmung Die Lunge besteht aus einem rechten und einem
Patienten, deren Lungengewebe erkrankt ist, müssen linken Lungenflügel. Der rechte Lungenflügel hat
sich bei der Atmung mehr anstrengen. Mittels Öso- drei Lungenlappen, der linke Lungenflügel zwei
phagusdrucksonden kann diese Anstrengung (. Abb. 1.11).
1.2 · Untere Atemwege
13 1
. Abb. 1.11  Lungenflügel und
Lungenlappen (mit freundlicher
Genehmigung: Isabel Guckes)

. Abb. 1.12  Lungensegmente (mit freundlicher Genehmigung: Isabel Guckes)

Die Lungenlappen teilen sich noch einmal in Der linke Lungenflügel ist kleiner als der rechte
Segmente auf (. Abb. 1.12). Der rechte ­Lungenflügel Lungenflügel und besteht aus 9 Segmenten. Er hat
besteht aus 10 Lungensegmenten: keinen Mittellappen. Somit ergibt sich eine andere
443 gehören dem Oberlappen an, Einteilung:
442 dem Mittellappen, 445 gehören dem Oberlappen an und
445 dem Unterlappen. 444 dem Unterlappen
14 Kapitel 1 · Anatomie und Physiologie der Atmung

Die Segmente 4 und 5 werden Lingua genannt. Millionen Alveolen haben zusammen eine Oberflä-
42
1 Segment 7 ist links nicht ausgebildet. che von ca. 60–80 m². Die einzelne Alveole hat keinen
einzelnen eigenen Bronchioli. Ungefähr 1500–4000
z Bezug zur künstlichen Beatmung Alveolen bilden Alveolen-Säckchen, ein Azinus
Bei der normalen Einatmung gelingt es, dass sich (Mehrzahl Azini). Die Alveolen eines Azinus sind
die Luft gleichmäßig in alle Lungenlappen und -seg- untereinander mit Öffnungen, den Kohnschen-­Poren,
mente verteilt. Bei der künstlichen Beatmung gelingt verbunden. Die eingeatmete Luft kann sich somit
diese gleiche Verteilung der Inspirationsluft nicht innerhalb dieser kleinen Einheit gleichmäßig verteilen.
immer. Die Luft der künstlichen Beatmung wird mit
Überdruck in die Lungen gepresst und neigt dazu, z Bezug zur künstlichen Beatmung
sich ungleichmäßig zu verteilen, meistens mit einer Bei der künstlichen Beatmung besteht wiederum
guten Belüftung der oberen apikalen Lungenseg- das Problem, dass sich die mit Überdruck inspi-
mente und mit einer unzureichenden Belüftung der rierte Luft ungleichmäßig verteilt. Dabei werden
unteren basalen und dorso-basalen Lungensegmente. kleine Alveolen oft gar nicht belüftet bzw. min-
Bei einigen Beatmungsgeräten findet man derbelüftet und große und größere Alveolen sogar
über 10 verschiedene Beatmungsformen. Dies soll überbläht. Eine potenzielle Folge ist der Verlust von
dazu dienen, mithilfe der unterschiedlichen Beat- Gasaustauschfläche.
mungsformen eine gleichmäßige Luftverteilung zu
erreichen. Die Alveolen sind ausgekleidet mit Lungenzellen,
den Pneumozyten Typ I. Sie bilden die innere Wand
der Alveolen, das Alveolarepithel (. Abb. 1.14).
1.2.7 Alveolen und Surfactant Zusätzlich gibt es den Pneumozyt Typ II. Dieser
bildet das Surfactant, welches
Die insgesamt ca. 300–400 Millionen Alveolen 44als dünner Film die innere Oberfläche der
werden von einem feinen Kapillarnetz überspannt. Alveolen auskleidet,
Zwischen den luftgefüllten Alveolen und den Kapil- 44die Oberflächenspannung herabsetzt,
laren, die aus der Pulmonalarterie hervorgehen, 44das Kollabieren der Alveolen verhindert.
findet dann der eigentliche Gasaustausch statt.
Gäbe es kein Surfactant, müsste ein wesentlich
> Der Gasaustausch in der Lunge wird äußere höherer Druck für die Wiedereröffnung der Alveo-
Atmung genannt. Der Gasaustausch im len aufgewendet werden, bzw. in der Inspiration
Gewebe bzw. an den einzelnen Körperzellen wäre eine größere Kraft der Atemmuskulatur erfor-
wird innere Atmung genannt. derlich. Das Surfactant bildet die Grenze zwischen
Atemluft und Gewebe. Surfactant wird schon intra-
Eine einzelne Alveole hat einen Durchmesser von uterin vom Fötus ab der 23. Schwangerschaftswo-
10–25 Mikrometer (. Abb. 1.13). Die ca. 300–400 che produziert. Surfactant besteht zu ca. 90 % aus

. Abb. 1.13  Azinus (mit


freundlicher Genehmigung: Isabel
Guckes)
1.3 · Atemhilfsmuskulatur
15 1
. Abb. 1.14  Alveole (mit
freundlicher Genehmigung: Isabel
Guckes)

Lipiden (Fetten), zu 10 % aus Proteinen (Eiweißen) künstlichen Beatmung muss das durch die aktiven
und Kalziumionen. oder passiven Befeuchtungssysteme erfolgen.

Funktionen des Surfactant 1.2.8 Lungengefäße


55Erniedrigung der Oberflächenspannung des
Flüssigkeitsfilms auf dem Alveolarepithel → z Vasa privata
antiatelektatische Funktion Das Lungengewebe bzw. das Lungenparenchym
55Flüssigkeitstransport vom Alveolarraum und das Bronchialsystem werden selbst mit Blut,
in den Zwischenraum von Alveolen Sauerstoff und Nährstoffen aus der Bronchial-
und Kapillaren bzw. ins Interstitium → arterie versorgt. Diese entspringt der Brustaorta
antiödematöse Funktion oder einer Zwischenrippenarterie bzw. Interkos-
55Flüssigkeits- und Sekrettransport in talarterie. Dieses Blut ist am Gasaustausch nicht
Richtung Trachea → Clearencefunktion beteiligt.
55Interaktion mit Infektionserregern →
direkte Abwehrfunktion z Vasa publica
55Regulation der intrapulmonalen Das Blut, das vom rechten Herzen über die Pulmo-
Immunantwort → immunregulatorische nalarterie in die Lunge gelangt, versorgt das Lungen-
Funktion gewebe nicht mit Blut und Nährstoffen. Dieses Blut
55Schutz vor Sauerstoffradikalen, die soll die Lungenstrombahn passieren, um mit Sauer-
Zellmembranen und Erbgut schädigen stoff angereichert zu werden.
können

1.3 Atemhilfsmuskulatur

z Bezug zur künstlichen Beatmung 1.3.1 Inspiration


Damit das Surfactant seine Funktion vollständig
erfüllen kann, ist es notwendig, dass die eingeat- An der Inspiration sind beteiligt:
mete Luft bzw. Beatmungsluft warm und feucht ist. 44Zwerchfell
Bei der normalen physiologischen Atmung wird das 44Äußere Rippenmuskulatur
durch die oberen Atemwege gewährleistet: Bei der 44Halsmuskulatur sowie Atemhilfsmuskeln
16 Kapitel 1 · Anatomie und Physiologie der Atmung

Circa 2/3 der Atemarbeit wird durch Kontraktion des innerhalb der Lungen in alle Bereiche verteilen. So
42
1 Zwerchfells geleistet (. Abb. 1.15). Wenn die äußere gibt es nahezu keine Bereiche, die minderbelüftet
Rippenmuskulatur arbeitet, wird der Thorax ange- sind.
hoben und die Luft strömt in die Lungen ein. Ein
gewisses Halten der Inspiration (vergleichbar dem z Bezug zur künstlichen Beatmung
Plateau 7 Kap. 12) erfolgt durch die Halsmuskeln. Die künstliche Beatmung bewirkt keine gleichmä-
Weitere Hilfsmuskeln zur Inspiration, die in der Lage ßige Dehnung der Lunge. Die durch Überdruck ver-
sind, die Rippen anzuheben, sind die Mm. pectoralis abreichte Luft verteilt sich oft ungleichmäßig in den
major und minor, Mm. scaleni, M. sternocleidomas- Lungenbereichen. Das führt dazu, dass einige Berei-
toideus. Die gleichzeitige Muskelarbeit von Zwerch- che überdehnt, andere minder- oder gar nicht belüf-
fell und äußerer Zwischenrippenmuskulatur bewirkt, tet werden. Die Oberkörperhochlagerung des Patien-
dass sich die Lunge im Thorax gleichmäßig weitet ten auf 30–45°, ebenso die Hoch- bzw. Unterlagerung
und ausdehnt. der Arme unterstützt und ermöglicht ein optima-
Das Zwerchfell bildet im nicht kontrahierten les Einsetzen der Atemhilfsmuskulatur. Assistierte
Zustand jeweils Kuppen unterhalb der beiden Lun- Spontanatmung des Patienten bewirkt eine gleich-
genflügel. Die Kontraktion des Zwerchfells bewirkt, mäßige Verteilung der Beatmungsluft in der Lunge.
dass die Kuppen sich glätten. Damit bildet das kon-
trahierte Zwerchfell bei der Einatmung ein abge-
flachtes Trapez. Dadurch werden die Abdominalor- 1.3.2 Exspiration
gane nach unten und nach vorne verdrängt. Daran
erkennt man die „Bauchatmung“. An der Exspiration beteiligte Muskeln (. Abb. 1.16):
Das Zwerchfell zieht die Lungenflügel in die 44Innere Zwischenrippenmuskulatur
Länge. Es erfolgt eine gleichmäßige vertikale 44Schräger Brustmuskel
Dehnung. Die äußere Zwischenrippenmuskulatur 44Gerader Bauchmuskel
dehnt den Brustkorb nahezu zirkulär. Der Brustkorb
wird nach vorne, zur Seite und nach hinten hin ange- Die Ausatmung ist vorwiegend ein passiver Vorgang.
hoben. Die Lungenflügel werden dadurch gleichmä- Das kontrahierte Zwerchfell erschlafft und die Lun-
ßig horizontal gedehnt. Durch die vertikale und die genflügel werden leicht zusammengestaucht. Die
horizontale Dehnung entsteht ein leichter Unter- äußere Zwischenrippenmuskulatur erschlafft und
druck in der Lunge im Vergleich zur Außenluft und die zirkuläre Dehnung wird zurückgenommen. Auch
Atemluft strömt über die Atemwege in die Lunge das führt zu einem Zusammenstauchen der Lunge.
ein. Im Prinzip wird bei der Einatmung Luft „ein- Dadurch entsteht innerhalb der Lungen ein leich-
gesaugt“. Die eingeatmete Luft kann sich durch die ter Überdruck. Daher strömt die Luft leicht aus den
gleichmäßige Dehnung der Lunge auch gleichmäßig Lungen heraus.

. Abb. 1.15  Zwerchfellkuppen bei


In- und Exspiration (mit freundlicher
Genehmigung: Isabel Guckes)
1.4 · Physiologie
17 1

Einatmung Ausatmung

Kopfmuskeln
(Sternocleidomastoideus)
Treppenmuskeln (Scalenen)
innere
Zwischenrippenmuskeln
Sägezahnmuskel (Serratus)

schräger Brustmuskel

äußerer
Zwischenrippenmuskeln

äußerer schräger
Bauchmuskel

Zwerchfell gerader
Bauchmuskel

innerer schräger
Bauchmuskel

. Abb. 1.16  Ein- und Ausatemmuskeln (mit freundlicher Genehmigung: idiag ag)

Atemarbeit ist ein energiesparender Vorgang. Atemmuskeltätigkeiten bewirken eine bessere Ver-
Nur ca. 2–3 % des täglichen Energiebedarfs eines teilung der Beatmungsluft innerhalb der Lungen.
erwachsenen Menschen wird für die Atemarbeit Bei schwerer Ateminsuffizienz wird sehr viel mehr
aufgebracht. Benötigt ein Mensch ca. 2000 kcal/ Energie zur Atemarbeit benötig, mit einem Anteil
Tag, so werden für die Atemarbeit nur 40–60 kcal/ von 20–30 %. Die künstliche Beatmung soll diesen
Tag gebraucht. Da Atemarbeit wenig Energie ver- hohen Energieverbrauch der Atmung senken und
braucht, können wir ohne Anstrengung 24 Stunden dient damit auch der Erholung bei Ateminsuffizienz.
rund um die Uhr atmen, ohne dass wir uns respira-
torisch erschöpfen.
1.4 Physiologie
z Bezug zur künstlichen Beatmung
Die spontane eigene Atmung ermöglicht bei der 1.4.1 Atemluft
Einatmung eine gleichmäßige Verteilung der Luft
in alle Lungenbereiche und ein gleichmäßiges Aus- Die Atemluft besteht zu einem großen Anteil aus
strömen der Luft während der Ausatmung. Eine Stickstoff (78 %). Sauerstoff ist nur mit einem Anteil
Konsequenz für die künstliche Beatmung ist, dass von 21% in der Einatemluft vertreten. Wir leben
die unterstützende Spontanatmung der Patien- demnach in einer Stickstoffatmosphäre. Jedoch
ten so früh wie möglich beginnen soll. Auch kleine wird der Stickstoff unverändert wieder ausgeatmet.
18 Kapitel 1 · Anatomie und Physiologie der Atmung

Diese Kontaktzeit reicht jedoch für die Aufsättigung


42
1 . Tab. 1.3  Bestandteile der Atemluft
der Erythrozyten mit Sauerstoff aus. Diese Kontakt-
Einatmung Ausatmung zeit reicht ebenfalls für den Gasaustausch des Koh-
lendioxid (CO2) aus.
Stickstoff 78% 78% In der Lunge sind die Entfernungen für die Dif-
Sauerstoff 21% 16% fusion der Gase sehr kurz. Sauerstoff muss vom
Kohlendioxid 0,03% 4% Inneren der Alveole die Diffusionsstrecke über-
Andere/Edelgase 1% 1%
winden, um an Hämoglobin gebunden werden zu
können, d. h.
44das Alveolarepithel,
Ebenso werden die 1 % Edelgase in unserer Atmo- 44das Interstitium zwischen Alveole und
sphäre eingeatmet und unverändert wieder ausgeat- Kapillare,
met. Diese beiden Bestandteile nehmen somit nicht 44das Kapillarendothel,
am Gasaustausch teil. 44das Blutplasma und
Sauerstoff wird für die Stoffwechselprozesse im 44die Erythrozytenmembran.
Körper gebraucht und nimmt am Gasaustausch teil.
In der Ausatemluft ist der Anteil von Sauerstoff auf 16 Die Gesamtstrecke beträgt ca. 1 μm (zum Vergleich:
% abgefallen. Als ein Endprodukt des Stoffwechsels die Größe eines Erythrozyten beträgt 7 μm).
entsteht Kohlendioxid, das mit einem Anteil von 4 %
in der Ausatemluft abgegeben wird. Die Bestandteile
der Atemluft sind in . Tab. 1.3 aufgeführt. 1.4.3 Atemregulation

z Bezug zur künstlichen Beatmung – Die Zentrale der Atemregulation ist das Stammhirn
Blutgasanalyse bzw. das Atemzentrum im verlängerten Rücken-
Sauerstoff wird für die Stoffwechselprozesse benötigt mark (Medulla oblongata). Chemorezeptoren an der
und verbraucht („aerober Stoffwechsel“). Das End- Aorta messen die Konzentration der im Blut gelösten
produkt des aeroben Stoffwechsels ist Kohlendioxid Gase Sauerstoff und Kohlendioxid. Diese Informa-
(CO2), das bei jeder Ausatmung abgeatmet wird. tion wird durch nervale Reize über den 10. Hirnnerv
Daher ist der Anteil des CO2 an der Ausatemluft (N. vagus) und 11. Hirnnerv (N. accessorius) zum
so stark gestiegen. Beim „anaeroben Stoffwechsel“ Atemzentrum im Stammhirn geleitet. Im Stammhirn
laufen Stoffwechselprozesse zur Energiegewinnung selbst existieren Chemorezeptoren, die auf pH, pCO2
auch ohne Sauerstoff ab. Das Endprodukt ist Milch- und pO2 direkt reagieren.
säure (Laktat). Laktat entsteht somit immer bei Stoff- Primärer Antrieb für die Atemarbeit ist der Par-
wechselprozessen ohne Anwesenheit von Sauerstoff. tialdruck pCO2. Steigt der pCO2, wird die Atem-
Blut transportiert Sauerstoff zu den Zellen. Steigt in arbeit verstärkt. Sinkt der pCO2, wird die Atemarbeit
der Blutgasanalyse (BGA) der Laktatgehalt, so ist reduziert. Der Partialdruck beschreibt den Druck in
daraus zu schließen, dass der O2-Verbrauch höher einer Blutgasanalyse, der dem Gas CO2 zugeordnet
als das O2-Angebot ist, dies kann durch eine Störung werden kann (7 Kap. 27). Die Befehle der zu leisten-
der Durchblutung entstehen. den Atemarbeit werden erneut durch nervale Reize
zum Rückenmark und weiter an die motorischen
Fasern der Interkostalnerven geleitet. Dies sind die
1.4.2 Diffusionszeit – Spinalganglien der Brustwirbelkörper (BWK) 1–12.
Diffusionsstrecke Impulse werden auch über den Zwerchfellnerv bzw.
N. phrenicus zum Zwerchfell geleitet.
Die Diffusionszeit beschreibt die Zeit, die der Gas- Die Ein- und Ausatmung unterliegt dem sog.
austausch beim lungengesunden Menschen benö- Hering-Breuer-Reflex . Dehnungsreflexe setzen
tigt. Sie beträgt max. 0,75 Sek. Ein Erythrozyt hält einen Vagusreiz. Bei erfolgter Dehnung erfolgt ein
sich nur für ca. 0,3 Sek. in den Lungenkapillaren auf. „Umschalten“ auf Exspiration.
1.4 · Physiologie
19 1
1.4.4 Physiologisches Shuntvolumen es Abweichungen gibt. Das Atemminutenvolumen
(AMV) ist das Produkt aus Atemzugvolumen (Vt) ×
Dieses ist das im Lungenkreislauf zirkulierende Blut- Atemfrequenz (f). In Atemruhelage atmet man ca.
volumen, das nicht am Gasaustausch teilnimmt und 15-mal pro Minute 500 ml Luft ein. Das ergibt ein
beträgt 3–5 %. Bei einem Herzzeitvolumen (HZV) Atemminutenvolumen von 7.500 ml.
von 5 l/min werden somit 150–250 ml Blut nicht mit Körperliche Anstrengung bewirkt, dass sich
Sauerstoff angereichert. Auch kann kein Kohlendi- das Atemzugvolumen erhöht. Damit das geleistet
oxid abgegeben werden. werden kann, verfügt die Lunge über ein inspirato-
risches Reservevolumen (IRV) und ein exspiratori-
sches Reservevolumen (ERV). Die maximale Ein-
1.4.5 Atemmechanik oder Ausatmung wird jedoch sehr selten erreicht
(. Abb. 1.17).
Die Atemmechanik beschreibt die Zusammenhänge, Zur Übersicht der einzelnen Volumina der Spi-
wie Luft bei der Atmung in die Lunge gelangt. Sie rometrie . Tab. 1.5.
ist zusammengesetzt aus der Atemfrequenz, dem
Atemzugvolumen und dem Atemminutenvolumen z Bezug zur künstlichen Beatmung
(. Tab. 1.4). Auch Patienten mit künstlicher Beatmung sind
durch verschiedene Maßnahmen einer körperli-
z Lungenvolumina chen Anstrengung ausgesetzt. Körperliche Anstren-
Die Atemruhelage ist die normale Atmung eines gung bewirkt auch, dass sich die Atemfrequenz pro
Menschen ohne Anstrengung (Abb. 1.17). Dabei Minute und möglicherweise auch das Atemzugvolu-
entsteht ein Atemzugvolumen (AZV oder Vt) von men erhöht. Künstliche Beatmung muss das zulas-
ca. 450–600 ml. Dieses Atemzugvolumen wird sen können.
durchschnittlich in der Beatmung erzeugt, wobei
Die Summe von Atemzugvolumen in Ruhelage und
inspiratorischem Reservevolumen ergibt die inspi-
. Tab. 1.4  Atemmechanik Erwachsene und Kinder ratorische Kapazität. Auch bei maximalster Ausat-
mung verbleibt noch eine restliche Menge Luft in den
Erwachsene Neugeborene
Lungen, die nicht ausgeatmet werden kann. Das ist
Atemfrequenz 15–20/min 40–50/min das Residualvolumen und beträgt ca. 1000–1200 ml.
Atemzugvolu- 450–600 ml 20 ml In der Atemruhelage verbleibt am Ende der norma-
men len Ausatmung noch sehr viel Luft in den Lungen
Atemminuten- 6–10 l/min 800–1000 ml/min
und Atemwegen. Diese Menge Luft wird funktio-
volumen nelle Residualkapazität (FRC) genannt. Sie beträgt
ca. 2000–2400 ml.

. Abb. 1.17  Atemzugvolumina


– Spirometrie (eigene Darstellung,
Bearbeitung Isabel Guckes)
20 Kapitel 1 · Anatomie und Physiologie der Atmung

42
1 . Tab. 1.5  Atemzugvolumina

Atemzugvolumen (AZV) ~ 450–600 ml


Inspiratorisches Reservevolumen (IRV): Luftmenge, die maximal eingeatmet werden kann ~ 2500–3000 ml
Exspiratorisches Reservevolumen (ERV): Luftmenge, die maximal ausgeatmet werden kann ~ 1200–1500 ml
Residualvolumen (RV): Luftvolumen, das bei maximaler Ausatmung in der Lunge verbleibt ~ 1000–1200 ml
Inspiratorische Kapazität: AZV + IRV ~ bis 3500 ml
Vitalkapazität (VC): AZV + IRV + ERV ~ 4000–4500 ml
Funktionelle Residualkapazität (FRC): ERV + RV ~ 2400 ml
Totalkapazität: IRV +AZV + ERV + RV ~ 5000–6000 ml

z Die funktionelle Residualkapazität (FRC) Fazit


44Die Menge Luft, die am Ende unserer Die Kenntnis von Anatomie und Physiologie der
Ausatmung in den Lungen verbleibt. Atmung stellt die Voraussetzung für das Verständ-
44Dient dem Gasaustausch auch während der nis der Beatmung und seiner Aufgaben dar. Die
Ausatemphase. Beatmungsluft gelangt über die gleichen Wege in
44Diese Menge Luft, die am Ende unserer die Lunge. Sie muss angewärmt und feucht sein,
Ausatmung in den Lungen verbleibt, übt einen sonst werden viele Aufgaben der Atemwege nicht
kleinen Luftdruck aus, ca. 1–2 mb. aufrechterhalten, so die Selbstreinigung, der Gas-
44Dieser Luftdruck hält die Alveolen und die austausch und das Offenhalten der Atemwege und
Atemwege offen. Alveolen. Beatmungsluft muss sich gleichmäßig in
44Sie sorgt für eine Vordehnung der Alveolen und alle Bereiche der Lunge verteilen, damit es nicht zu
Atemwege, sodass die kommende Einatmung einem Verlust von Gasaustauschfläche kommt.
leicht fällt.
44Sie bewirkt, dass auch während der Ausatem-
phase der Gasaustausch in den Alveolen 1.5 Zentrales und peripheres
gesichert ist Nervensystem

z Bezug zur künstlichen Beatmung Das zentrale Nervensystem, auch ZNS genannt,
Bei Patienten, die invasiv beatmet werden, also einen hängt sehr eng mit dem peripheren Nervensys-
Tubus oder eine Trachealkanüle haben, besteht das tem zusammen und lässt sich daher auch nur topo-
Risiko, dass die FRC reduziert wird. Ist sie zu stark grafisch trennen. Zum ZNS gehören das Gehirn
reduziert, sind die Alveolen und Atemwege unter und das Rückenmark. Zum peripheren Nervensys-
Umständen nicht ausreichend offen für die kom- tem gehören alle vom ZNS abgehenden und ankom-
mende Inspiration und kollabieren. Bei der künst- menden Nervenbahnen des Körpers.
lichen Beatmung wird dem entgegengewirkt, indem Aufgaben des zentralen Nervensystems:
ein PEEP bzw. EPAP am Beatmungsgerät eingestellt 44Kontrolle der Motorik, also von Körperhaltung
wird. und Bewegungen
44Kontrolliertes Zusammenspiel aller lebensnot-
Die Summe aus Atemzugvolumen, inspiratorischem wendigen Systeme – von den Organfunktionen
und exspiratorischem Reservevolumen ergibt die über Hormonhaushalt und Atmung bis hin
Vitalkapazität. Diese beträgt ca. 4000–4500 ml. Die zum Schlaf-Wach-Rhythmus
Summe aus Atemzugvolumen, inspiratorischem und 44Verarbeitung von eintreffenden Informationen
exspiratorischem Reservevolumen und Residualvo- aus der Umwelt und dem Körperinneren
lumen ergibt die Totalkapazität. Diese beträgt ca. 44Alle kognitiven Funktionen – also
5000–6000 ml. Bewusstsein, Sprache, Denken, Lern- und
1.5 · Zentrales und peripheres Nervensystem
21 1
Erinnerungsvermögen, Aufmerksamkeit und befindet sich der sog. Subarachnoidalraum. Dieser
Vorstellungsvermögen ist mit Hirn-Rückenmarksflüssigkeit, dem sog.
44Gefühle und Triebe Liquor, gefüllt. Der Liquor schützt das Hirn vor
Erschütterungen.
Das periphere Nervensystem lässt sich wie folgt
weiter unterteilen: z z Weiche Hirnhaut (Pia mater)
44Somatisches Nervensystem (willkürliches Sie liegt der Hirnsubstanz und dem Rückenmark
Nervensystem) direkt auf und folgt auch deren vielen Krümmun-
44Vegetatives Nervensystem (unwillkürliches gen und Kurvaturen. Die Pia mater versorgt das Hirn
Nervensystem) wird weiter unterteilt in: mit Nährstoffen aus dem Liquor.
44Sympathisches Nervensystem
(Sympathikus)
44Parasympathisches Nervensystem 1.5.2 Hirnaufbau
(Parasympathikus)
44Enterisches Nervensystem (ENS) . Abb. 1.18

z Stammhirn
1.5.1 Anatomie Gehirn Zum Hirnstamm zählen folgende Strukturen:
44Medulla oblongata (verlängertes Rückenmark)
Das Gehirn eines erwachsenen Menschen wiegt ca. 44Pons (Brücke)
1400 Gramm, benötigt aber ca. 20 % des gesamten 44Mesencephalon (Mittelhirn), z. B. Substantia
Energiebedarfes. Es besteht aus rund 100 Milliarden nigra
einzelnen Nervenzellen, die miteinander in Verbin-
dung stehen. Unzählige Verbindungen können ent- Aus dem Hirnstamm treten die 12 Hirnnervenpaare
stehen und sich weiterentwickeln. Die Möglichkeit, aus. Im Stammhirn befindet sich die Formatio reticu-
Verknüpfungen herzustellen, ist dynamisch und laris, ein für die Motorik wichtiges System aus Fasern
nicht von vornherein festgelegt, also nicht statisch. und Nervenzellen.

z Hirnhäute (Meningen) z z Aufgaben des Stammhirns


Das Gehirn und auch das Rückenmark im Wirbel- Das Stammhirn (Hirnstamm) ist der entwicklungs-
säulenkanal sind schützend von drei Hirnhäuten geschichtlich älteste Teil des Gehirns. Es ist für die
(Meningen) umgeben. essenziellen Lebensfunktionen zuständig und steuert
Herzfrequenz, Blutdruck und Atmung. Zudem ist
z z Harte Hirnhaut (Dura mater) es für einige wichtige Reflexe wie den Lidschluss-,
Sie ist die äußerste Hirnhaut. Sie besteht aus einem Schluck- oder Hustenreflex verantwortlich. Das
inneren und einem äußeren Blatt und liegt von innen Stammhirn bildet die Schnittstelle zwischen dem
dem Schädelknochen an. Die Dura mater ist in der übrigen Gehirn und dem Rückenmark. Eintreffende
Wirbelsäule nicht mit dem Wirbelkanal verbunden. Informationen leitet es überkreuz weiter, daher wird
So gibt es zwischen dem Wirbelkanal und der Dura die linke Körperhälfte von der rechten Gehirnhälfte
mater ein Zwischenraum, den sog. Periduralraum gesteuert und umgekehrt.
bzw. Epiduralraum. Dies ist der Ort der Peridural-
bzw. Epiduralanästhesie. z Zwischenhirn (Diencephalon)
Folgende Strukturen bilden das Zwischenhirn:
z z Spinngewebshaut (Arachnoidea) 44Epithalamus
Sie ist die mittlere Hirnhaut. Sie liegt an der Dura 44Thalamus: bilateral angelegter Komplex
mater ist aber auch durch einen dünnen Spalt, verschiedener Nervenkerngruppen; Umschalt-
dem sog. Subduralraum, getrennt. Die Arachnoi- punkt für die meisten sensorischen Bahnen;
dea zeigt ein spinngewebsartiges Aussehen, daher von allen Kerngebieten des Thalamus bestehen
die Namensgebung. Unterhalb der Arachnoidea Faserverbindungen zur Großhirnrinde (und
22 Kapitel 1 · Anatomie und Physiologie der Atmung

. Abb. 1.18  Hirnaufbau (mit


42
1 freundlicher Genehmigung: Isabel
Guckes)

zu anderen Strukturen); wichtiges regulatives Kleinhirnhemisphären gegliedert und liegt in der


System hinteren Schädelgrube.
44Subthalamus: z. B. Globus pallidus (Pallidum),
Capsula interna z z Aufgaben des Kleinhirns
44Hypothalamus Das Kleinhirn erfüllt wichtige Funktionen bei
der Kontrolle und Koordination motorischer
z z Aufgaben Zwischenhirn Aktivitäten. Es koordiniert die Bewegungen, das
An das Stammhirn schließt sich das Zwischenhirn Gleichgewicht und die Koordination, sorgt für
an. Hier hat der Thalamus seinen Sitz, das Tor zum einen flüssigen Bewegungsablauf und reguliert
Bewusstsein. Er fungiert als Filter und Verteiler, ent- die Grundspannung der Muskeln. Störungen in
scheidet, welche Sinneseindrücke ins Bewusstsein diesem Bereich können dazu führen, dass Betrof-
dringen sollen und leitet sie an die entsprechenden fene unter Bewegungs- und Gleichgewichtsstörun-
Verarbeitungszentren weiter. Ein weiterer wichti- gen leiden.
ger Bereich des Zwischenhirns ist der Hypothala-
mus. Er dient als Vermittler zwischen Hormon- und z Endhirn (Cerebrum, Großhirn,
Nervensystem. Dabei steuert er z. B. den Schlaf- Telencephalon)
Wach-Rhythmus, Hunger und Durst, aber auch Das Großhirn ist in zwei Hemisphären geglie-
den Sexualtrieb und verarbeitet Schmerz- und dert, die durch eine Furche entlang der Längsachse
Temperaturempfinden. (Fissura longitudinalis cerebri) getrennt werden.
Die Hauptverbindung zwischen den Hemisphä-
z Kleinhirn (Cerebellum) ren ist der sog. Balken (Corpus callosum), der aus
Das Kleinhirn ist über die Kleinhirnschenkel mit dicht zusammenliegenden Nervenfasern besteht, die
dem Hirnstamm verbunden. Es ist in einen Mittel- gleichartige Hirnteile auf beiden Seiten verbinden
teil, dem sog. Wurm (Vermis cerebelli), und zwei (Kommissurenfasern).
1.5 · Zentrales und peripheres Nervensystem
23 1
44Stirnlappen (Lobus frontalis)
44Scheitellappen (Lobus parietalis)
44Schläfenlappen(Lobus temporalis)
44Hinterhauptslappen(Lobus occipitalis)

Jede Hirnhälfte ist auf bestimmte Aufgaben spe-


zialisiert (. Abb. 1.20). Links sitzen in der Regel
die Sprache und Logik, rechts die Kreativität und
der Orientierungssinn. Die vielfach gefaltete Hirn-
rinde (Neocortex) bildet die äußerste Schicht des
Großhirns. Sie ist zwischen zwei und fünf Millime-
tern dick und beherbergt unter anderem die Lern-,
Sprech- und Denkfähigkeit sowie das Bewusstsein
und Gedächtnis. In der Hirnrinde laufen die Infor-
mationen aus den Sinnesorganen ein, werden ver-
arbeitet und schließlich im Gedächtnis gespeichert.
. Abb. 1.19  Hirnlappen (mit freundlicher Genehmigung:
Isabel Guckes)
1.5.4 Pyramidales und
extrapyramidales System

1.5.3 Hirnlappen und Hirnregionen Das pyramidale System bezeichnet die direkte Ver-
bindung des motorischen Kortex mit den Neuronen
Die Hirnrinde (Kortex), deren Oberfläche durch des entsprechenden Segments im Rückenmark. Es
Furchen (Sulci) und Windungen (Gyri) struktu- besteht aus ca. 1 Million Axonen, die ohne Unterbre-
riert ist, wird in vier sog. Hirnlappen (. Abb. 1.19) chung bis ins Rückenmark verlaufen und z. T. über
eingeteilt: 1 m lang sind, und steuert die bewusste Bewegung.

. Abb. 1.20  Hirnregionen (mit Geschmackszentrum


freundlicher Genehmigung: Isabel primärer
somatosensorischer motorischer Bereich
Guckes) Bereich
Wernike-Areal
(sprachverstehen)

sekundäres
Sehzentrum

primäres
Sehzentrum Broca-Areal
Sprachbildung

primäres
Hörzentrum
sekundäres
Hörzentrum
24 Kapitel 1 · Anatomie und Physiologie der Atmung

Die Bahnen ziehen durch die Capsula interna und die 44Hals- oder Zervikalmark mit Spinalnerven
42
1 Pons bis in die Medulla oblongata, wo die meisten auf C1–C8
die Gegenseite kreuzen und als Seitenstrang in der 44Brust- oder Thorakalmark mit Spinalnerven
Wirbelsäule abwärts laufen. Die Axone der Pyrami- T1–T12
denbahn enden z. T. direkt an den sog. alpha-Mo- 44Lenden- oder Lumbalmark mit Spinalnerven
toneuronen, die ohne weitere Zwischenstation mit L1–L5
den entsprechenden Muskelfasern verbunden sind. 44Kreuz- oder Sakralmark mit Spinalnerven
Meistens läuft die Verbindung jedoch über sog. Zwi- S1–S5
schenneurone, die in den Wirbelsäulensegmenten 44Schwanzmark
den alpha-Motoneuronen benachbart liegen.
Das extrapyramidale System ist ein indirektes Jeder Spinalnerv versorgt einen bestimmten Körper-
System; die Vermittlung zwischen Großhirn und teil oder ein bestimmtes Organ:
alpha-Motoneuronen läuft über viele Zwischensta- 44Die zervikalen Spinalnerven den Hals, die
tionen, d. h. synaptische Verbindungen zwischen Arme und die Atmungsorgane
Neuronen in verschiedenen Kernen des Gehirns. Es 44Die thorakalen Spinalnerven die Haltung und
steuert die unwillkürliche Bewegung, kann aber auch viele der inneren Organe
in die Willkürmotorik eingreifen. 44Die lumbalen Spinalnerven die Beine und
Das pyramidale und das extrapyramidale System Füße
sind somit parallel geschaltet. 44Die sakralen Spinalnerven die Blase, den Darm
und die Sexualorgane

1.5.5 Blutversorgung des Hirns Interessanterweise ist das Rückenmark deutlich


verdickt an denjenigen Stellen, wo die Spinalner-
Für die Blutversorgung des Gehirns sind vier große ven, welche in die Arme und in die Beine laufen,
Gefäße zuständig, die vom Rumpf in den Kopf das Rückenmark verlassen. Dies deutet daraufhin,
ziehen. Vorne am Hals liegen die rechte und linke dass die Bewegungskontrolle der Arme und Beine
innere Halsschlagader (Arteria carotis interna), komplex ist und eine große Anzahl motorischer
hinten die rechte und linke Wirbelarterie (Arteria Nervenzellen (Motoneurone) und Schaltkreise
vertebralis) (. Abb. 1.21). erfordert.
Beim Erwachsenen endet das Rückenmark
auf Höhe des ersten Lendenwirbels, aber vor der
1.6 Rückenmark Geburt reicht es bis zum Kreuzbein und beim Säug-
ling bis zu den unteren Lendenwirbeln. Dies, weil
Anita Buchli und Martin E. Schwab die Wirbelsäule während der Entwicklung schnel-
ler wächst als das Rückenmark. Dieses Phänomen
1.6.1 Aufbau des Rückenmarks hat zur Folge, dass die Spinalnerven – das sind
diejenigen Nerven, die aus dem Wirbelkanal aus-
Das Rückenmark besteht aus fünf Bereichen: Hals- treten und in die Peripherie des Körpers führen
mark, Brustmark, Lendenmark, Sakralmark und – im unteren Bereich einen immer länger wer-
Schwanzmark. Die Spinalnerven verlassen das denden Weg innerhalb des Wirbelkanals zurück-
Rückenmark durch die Zwischenwirbelräume und legen, bevor sie ihn verlassen können. Am Ende des
leiten Nervenimpuls zu bestimmten Organen des Rückenmarks – also ab dem ersten Lendenwirbel
Körpers, sog. ableitende Leitungsbahnen. Auf- – verlaufen im Wirbelkanal nur noch die Spinal-
steigende Bahnen leiten Nervenimpulse von den nerven. Sie bilden die Cauda equina, was „Pferde-
Organen zum ZNS. schweif “ bedeutet.
Die anatomische Gliederung des Rückenmarks Motoneurone sind Nervenzellen, die im Rücken-
in fünf Abschnitte erfolgt entsprechend der Austritts- mark liegen und deren Nervenfortsatz zu den
tellen der Spinalnerven (. Abb. 1.22): Muskeln führt
1.6 · Rückenmark
25 1

Apac
Afip Aprcu
Apo

Afim
Apo
Acam
Acal Aca
Afia Achp Acoa
Apca

Afp Aci Acha


N. lll Acop
Atip Acp
Aol N. IV
Afbm Aom
Atia Aces
Aca Acp
N. V
Aci Acop Ap
N. VIII Ab
Asc Aspc N. VII
Asprc Asm Aceia
N. VI
N. IX
Aprf
N. XII Aceip
Aga
N. X
Av
N. XI

Aspa

Afbl Ato
Atpo Atp
Atim
Acm
b Ata

. Abb. 1.21  Hirndurchblutung, a. Circulus arteriosus Willisi und seine Zuflüsse, b. Hirnarterien in der Ansicht basal (aus Zilles
et al., Anatomie – Springer Lehrbuch, 2010, Abb. 17,46 (S. 658) und Abb. 17.47c (S. 660))
26 Kapitel 1 · Anatomie und Physiologie der Atmung

. Abb. 1.22  Hirn- und Rückenmark


42
1 (mit freundlicher Genehmigung: IFP -
Internationale Stiftung für Forschung
in Paraplegie und Prof. Martin E.
Schwab)

Rückenmarksnerven
(Spinalnerven)
C1 betroffene Funktionen
C2
Zählung der Wirbel C1 Atmen (C1 bis C4);
C3 Bewegen von Kopf und Hals (C2)
C4
Halsmark Herzrate (C4 bis C6);
(cervikale Segmente) C5 Bewegen der Schultern (C5)
C6
Bewegen von Ellenbogen und
C7 Handgelenk (C6 bis C7)

T1 C8
T1 Bewegen von Hand und
Fingern (C7 bis T1)
T2

Brustmark T3
(thorakale Segmente)
T4
T5
T6 sympathischer Tonus (T1 bis T12)
(einschließlich Temperaturregulation);
T7 Rumpfstabilität (T2 bis T12)
T8
T9

T10

T11
Lendenmark
(Lumbal-Segmente)
T12
Ejakulation (T11 bis L2);
L1 L1 Huftbewegung (L12)
Sakralmark
L2

L3
Strecken des Knies ( L3)
L4

S1 Bewegen des Fußes (L4 bis S1);


L5 Beugen des Knies (L5)
S1

S2
S3 Erektion (S2 bis S4); S4);
Steuerung von Hamblase und
S4 Enddarm (S2 bis S3)
S5
1.6 · Rückenmark
27 1
1.6.2 Innere Struktur des Informationen wie Tast-, Druck-, Hitze- oder
Rückenmarks Schmerzempfindungen aus dem Körper und der
Haut. Die Zellkörper dieser Axone (. Abb. 1.23)
Die Zellkörper der Nerven der absteigenden motori- liegen im Spinalganglion, also außerhalb des Rücken-
schen Bahnen liegen im Gehirn. Ihr Axon verbindet marks aber innerhalb des Wirbelkanals. Die auf-
sie mit einem spezifischen Motoneuron oder Schalt- steigenden, zum Hirn führenden dorsalen Bahnen
kreis eines bestimmten Rückenmarksegments. Das übertragen sensorische Signale aus der Haut und
Signal gelangt somit vom Gehirn über das Moto- den Organen auf die Nervenzellen spezifischer Seg-
neuron in die Peripherie und löst dort im Muskel mente des Rückenmarks und leiten sie von dort zum
eine Kontraktion aus. Die aufsteigenden sensori- Gehirn. Die sensorischen Reize stammen von ver-
schen Bahnen leiten sensorische Signale aus der Peri- schiedenen spezialisierten Rezeptoren z. B. in der
pherie über das Rückenmark ins Gehirn. Haut, wo sie Druckunterschiede oder die Tempera-
. Abb. 1.23 zeigt einen Querschnitt durch das tur wahrnehmen, oder von Zellen, welche z. B. einen
Rückenmark. Es gibt ventrale und dorsale Bereiche. vollen Magen registrieren und somit den Zustand der
44ventral = bauchwärts bzw. nach vorne zum inneren Organe überwachen.
Bauch hin gerichtet Im Vorderhorn liegen die Zellkörper der Moto-
44dorsal = rückenwärts bzw. nach hinten zum neurone, deren Fasern die Befehle für die Bewegun-
Rücken hin gerichtet gen zu den Muskeln weiterleiten. Die absteigenden,
vom Hirn kommenden motorischen Bahnen verlau-
Die schmetterlingsförmige Region in der Mitte nennt fen ventral (bauchseitig) und kontrollieren die Bewe-
man graue Substanz. Sie enthält Nervenzellkörper. gungen der glatten Muskeln der inneren Organe sowie
Den vorderen ventralen Teil der grauen Substanz der gestreiften Muskeln, die zum Bewegungsapparat
nennt man Vorderhorn, den hinteren dorsalen Teil gehören. Sie unterstützen zudem das autonome Ner-
Hinterhorn. vensystem bei der Regulation von Blutdruck, Tem-
Das Hinterhorn erhält über die dorsale (nach peratur und der Reaktion auf Stress. Die Zellkörper
hinten weisende) Wurzel des Spinalnervs sensible dieser motorischen Nerven liegen im Gehirn und
vom Hirn

zum Hirn

Vorderhorn
Motoneuron
ventral

zum
Muskel
graue Substanz

weiße Substanz

Hinterhorn
dorsal
. Abb. 1.23  Rückenmarksquerschnitt (mit freundlicher Genehmigung: IFP - Internationale Stiftung für Forschung in
Paraplegie und Prof. Martin E. Schwab)
28 Kapitel 1 · Anatomie und Physiologie der Atmung

senden elektrische Signale entlang ihres Axons zu Signale aus der Peripherie aktiviert werden können.
42
1 bestimmten Segmenten des Rückenmarks, wo das Dazu gehören unter anderem die Reflexe. Ein weite-
Signal auf ein Motoneuron übertragen wird. Dieses res Beispiel ist die Schreitbewegung, die schon beim
Motoneuron leitet das Signal weiter in die Peripherie Neugeborenen ausgeprägt ist: Hält man ein neuge-
des Körpers und löst dort eine Muskelkontraktion aus. borenes Kind unter den Armen und lässt seine Füße
In der außen liegenden weißen Substanz des den Boden berühren, so beginnt es, Schreitbewegun-
Rückenmarks verlaufen dagegen die Nervenfa- gen zu machen. Zu diesem Zeitpunkt der Entwick-
serbahnen von vielen tausenden Fasern (Axone), lung sind die Nervenverbindungen, die das Gehirn
genauer die aufsteigenden sensorischen Fasern und mit dem Rückenmark verbinden, noch wenig aus-
die absteigenden motorischen Fasern. Die hellere gereift. Die im Rückenmark liegenden, neuronalen
Farbe der weißen Substanz ist auf die Myelinschicht Netzwerke hingegen sind schon funktionstüchtig.
zurückzuführen. Diese wird von Oligodendrozyten
gebildet, die bis zu 40 verschiedene Nervenfasern
gleichzeitig ummanteln. 1.6.3 Aufbau einer Nervenzelle
Das Myelin ist für eine rasche Übertragung des
Nervensignals unerlässlich (. Abb. 1.24). Sowohl Der Zellkörper der Nervenzelle hat verschiedene
in der weißen als auch in der grauen Substanz sind Fortsätze: Mehrere Dendriten empfangen Nerven-
weitere Zelltypen vorhanden wie Blutgefäßzellen signale von anderen Zellen, das Axon ist von einer
oder verschiedene Typen Gliazellen, welche die Ner- Myelinschicht umgeben und leitet das Signal weiter
venzellen ernähren und unterhalten. Oligodendrozy- zur nächsten Zelle (. Abb. 1.24). Die Synapse ist der
ten gehören beispielsweise zu den Gliazellen. Ort der Erregungsübertragung von einer Zelle zur
Im Rückenmark gibt es zudem neuronale Netz- nächsten.
werke, die unabhängig vom Gehirn durch sensorische

1.7 Nervus phrenicus

Der Nervus phrenicus (Zwerchfellnerv) ist ein


Zellkörper Rückenmarknerv, der dem Halsbereich entspringt
und das Zwerchfell innerviert. Beim Menschen ent-
Dendrit springt der Nerv (zusammen mit anderen Nerven-
fasern als ein Bündel) von C1 bis C4 (. Abb. 1.25).
Der Nervus phrenicus läuft beim Menschen vor
Axon Myelin dem Musculus scalenus anterior und hinter der tiefen
Halsfaszie sowie dem Musculus sternocleidomastoi-
deus nach unten, um dann, begleitet von der Arterie
Synapse und Vena subclavia, in die obere Thoraxapertur ein-
zutreten. Dort befindet er sich zunächst vor der Pleu-
rakuppel, um dann zwischen der Pleura mediastina-
lis und dem Herzbeutel zum Zwerchfell zu gelangen.

1.8 Verschaltung der Nervenbahnen

Eine schematische Übersicht der Verschaltung von


ZNS und PNS findet sich in . Abb. 1.26. Die Kreise
. Abb. 1.24  Nervenzelle – Neuron (mit freundlicher
mit den Dreiecken repräsentieren eine Nervenzelle.
Genehmigung: IFP - Internationale Stiftung für Forschung in Stellvertretend für viele Nervenzellen und -fasern
Paraplegie und Prof. Martin E. Schwab) sind jeweils das 1. Motoneuron im Bereich der
Weiterführende Literatur
29 1

Gehirn

Rückenmark

Amyotrophische
Lateralsklerose

Polyneuropathien,
Neurale Muskelatrophie
(Charcot, Marie, Tooth)
(HMSN)

Spinale
Muskelatrophie,
Poliomyelitis

Nerv
Myasthenia
gravis

Muskel
. Abb. 1.25  Nervus phrenicus (mit freundlicher
Genehmigung: Isabel Guckes) Muskeldystrophie, Myotonie,
Myositis

sogenannten motorischen Rinde des Gehirns und . Abb. 1.26  Verschaltung ZNS und PNS (mit freundlicher
das 2. Motoneuron im Bereich des Rückenmarks Genehmigung: Dr. med. Carsten Schröter)
dargestellt. Die aus den Dreiecken entspringenden
Linien repräsentieren die Nervenfasern, die Axone. man motorische Endplatte. Eine Nervenfaser ver-
Die Pfeile weisen auf die bei der Erkrankung betrof- sorgt (innerviert) aber mehrere Muskelfasern eines
fenen Strukturen hin. Das Schema zeigt die an der Muskels.
Motorik beteiligten Strukturen: An allen Stellen der Verschaltung von ZNS und
44das Gehirn, PNS können Störungen und Erkrankungen auftre-
44das Rückenmark, ten, die in 7 Abschn. 3.2.4 erläutert werden.
44die Nervenfasern und
44die Muskeln.
Weiterführende Literatur
Der Ausläufer der Nervenzelle im Gehirn (erstes
Büchli A, Schwab ME, Querschnittlähmung - Problemstellung
oder zentrales motorisches Neuron) zieht in den und wissenschaftliche Ansätze für eine Therapie, 2006.
Hirnstamm oder das Rückenmark und ist dort mit Institut für Hirnforschung, Universität Zürich in: BioFokus
einer zweiten Nervenzelle verknüpft. Von dieser 73/2006, Hg: Verein fürs Leben, Zürich.
Nervenzelle (zweites oder peripheres motorisches Klinke R, Pape H-C, Kurtz A, 2009. Physiologie,;6. vollständig
überarb. Aufl. Thieme Verlag
Neuron oder alpha-Motoneuron) zieht wiederum
Mutschler E, Schaible H-G, Vaupel P, 2007. Anatomie, Physio-
ein Ausläufer (Nervenfaser = Axon) bis zu einem logie, Pathophysiologie des Menschen, 6.völlig neu
Muskel. Hierbei handelt es sich um die Nervenfa- überarb. und erw. Aufl. Wissenschaftliche Verlagsgesell-
sern, die als Bündel beispielsweise an Armen und schaft
Beinen verlaufen (z. B. Medianus-Nerv). Die Ver- Schmidt R, Lang F, 2011. Physiologie des Menschen: mit
Pathophysiologie, 31. Aufl. Springer Verlag
knüpfungsstelle der Nervenfaser zum Muskel nennt
30 Kapitel 1 · Anatomie und Physiologie der Atmung

Spornitz U, 2010. Anatomie und Physiologie: Lehrbuch und


42
1 Atlas für Pflege- und Gesundheitsfachberufe,; 6. überarb.
und erw. Aufl. Springer Verlag
Zilles K, Tillmann B, 2010. Anatomie – Springer Lehrbuch,
Springer Verlag
http://www.irp-zh.ch/index.php?id=322
http://www.irp-zh.ch/uploads/media/BioFokus73.pdf
31 2

Indikationen und Ziele der


Beatmung
Hartmut Lang

2.1 Respiratorische Insuffizienz – 32


2.1.1 Versagen der Atempumpe – 32
2.1.2 Versagen des pulmonalen Gasaustausches – 35
2.1.3 Störung des pulmonalen Gasaustausches – 35
2.1.4 Interaktion zwischen Lunge und Atempumpe – 36

2.2 Ziele der Beatmung – 37

Weiterführende Literatur – 37

© Springer-Verlag GmbH Deutschland 2017


H. Lang (Hrsg.), Außerklinische Beatmung,
DOI 10.1007/978-3-662-53996-5_2
32 Kapitel 2 · Indikationen und Ziele der Beatmung

2.1 Respiratorische Insuffizienz 7 Abschn. 1.3) entsteht innerhalb der Lungen und
Alveolen ein Unterdruck, ein „alveolärer Unter-
Die Beatmungspflichtigkeit eines Patienten ergibt druck“. Dies führt dann zur Einatmung. Das Einströ-
2 sich aus der respiratorischen Insuffizienz. Die respi- men von Luft während der Einatmung nennt man
ratorische Insuffizienz ist der Verlust der Fähigkeit, auch Ventilation, also Belüftung.
selbstständig und zuverlässig atmen zu können, wie Störungen des Systems Atempumpe führen zu
es Menschen unter physiologischen Bedingungen einer Störung der Belüftung und somit zu einer
tun. Aus der respiratorischen Insuffizienz ergeben Störung der Ventilation. Ein synonym genutzter
sich die Beatmungsindikationen. Ein Beatmungszu- Begriff für das Versagen der Atempumpe ist das „ven-
gang via Trachealkanüle direkt in die unteren Atem- tilatorische Versagen“ oder die „ventilatorische Insuf-
wege wird invasive Beatmung genannt. Wird die fizienz“. Leitsymptom der ventilatorischen Insuffi-
Beatmung mit Hilfe von Beatmungsmasken über die zienz ist die Hyperkapnie, der Anstieg des CO 2
oberen Atemwege durchgeführt, erfolgt eine nicht- Gehaltes, nachweisbar in einer Blutgasanalyse (BGA)
invasive Beatmung (NIV). als pCO2. Der Impuls zur zu leistenden Atemarbeit
Die respiratorische Insuffizienz wird unterteilt in: ist der Gehalt an Kohlendioxid im Blut, das pCO2. Je
44Versagen der Atempumpe höher der Gehalt an Kohlendioxid, desto größer der
44Versagen des pulmonalen Gasaustausches Atemantrieb. Je geringer der Gehalt an CO2, umso
geringer der Atemantrieb.
Wird die Atemmuskulatur andauernd zu stark
2.1.1 Versagen der Atempumpe beansprucht, so führt das zu einer Ermüdung der
Atemmuskulatur. Das kann eine ventilatorische
Die gesamte Atemmuskulatur dient funktionell als Insuffizienz verursachen. Eine erhöhte Beanspru-
Atempumpe. Durch die Atemmuskulatur wird die chung der Atempumpe führt somit zu ihrem Versa-
Atemarbeit geleistet. Die Atemmuskulatur bildet gen. Die nötige Atemarbeit kann nicht mehr geleis-
jedoch nur einen Teil der Atempumpe. Die Atem- tet werden. Um der ventilatorischen Insuffizienz zu
pumpe ist das Zusammenspiel von Atemzentrum, entgehen, ist eine Zeit der Erholung mit reduzier-
Nerven, dem knöchernen Thorax und der Atemmus- ter Atemfrequenz und Atemtiefe besonders wichtig!
kulatur (7 Kap. 1, . Abb. 2.1).
z Die Atempumpe beeinträchtigende Faktoren
z Funktionsweise der Atempumpe Die Funktion der Atempumpe kann durch ver-
Das Atemzentrum gibt autonom die Impulse für schiedene Faktoren beeinträchtigt sein oder ganz
die zu leistende Atemarbeit. Die Atemarbeit wird ausfallen.
durch die gegenwärtige körperliche oder seelische
Belastung bestimmt. Ist man in einem entspann- z z Atemzentrum
ten ruhigen Zustand, so sind Atemtiefe/Atem- Das Atemzentrum kann durch Störungen des Atem-
zugvolumen und Atemfrequenz niedrig. Befin- antriebs ausfallen. Diese können z. B. durch Trau-
det man sich in einer körperlich oder seelisch mata, Blutungen oder Insulte des Gehirns oder
angestrengten Situation, so steigen Atemzugvo- dauerhafte hypoxische Hirnschädigungen bedingt
lumen und Atemfrequenz. Damit steigt auch das sein. Ebenso haben diverse Medikamente einen Ein-
Atemminutenvolumen. fluss auf das Atemzentrum: Opiate, Benzodiazepine,
Die Impulse über die zu leistende Atemarbeit Narkotika dämpfen das Atemzentrum.
werden über Nervenbahnen, auch Motoneurone
genannt, zu der Atemmuskulatur weitergeleitet. Der z z Motoneurone
N. phrenicus regt das Zwerchfell zur Kontraktion an. Eine Beeinträchtigung der Funktion der Nervenbah-
Entsprechende Nervenbahnen entlang der Rippen- nen kann durch vielzählige neuromuskuläre Erkran-
bögen regen die Zwischenrippenmuskeln zur Kon- kungen erfolgen. Die normale Überleitgeschwin-
traktion an. Durch Kontraktion der Atemmuskulatur digkeit von Nervenimpulsen beträgt ca. 100–120
(Zwerchfell und äußere Zwischenrippenmuskulatur Meter pro Sekunde. Ist z. B. die Myelinschicht
2.1 · Respiratorische Insuffizienz
33 2

. Abb. 2.1  Modell Atempumpe (eigene Darstellung, Bearbeitung: Isabel Guckes)

(Markscheide) der Nervenfasern degenerativ z z Alveolärer Unterdruck


erkrankt, so verringert sich die Überleitgeschwindig- Die Erzeugung eines alveolären Unterdrucks durch
keit. Ursachen eines Abbaus der Markscheide können die Atemmuskulatur führt zum Einströmen der Luft
sowohl entzündlich als auch autoimmun sein. in die Lunge. Deformitäten des Rumpfes oder des
Die Überleitung der nervalen Impulse auf die Thorax beeinträchtigen den alveolären Unterdruck.
Muskulatur erfolgt an den Synapsen (Endknöpfen) Die Atemmuskeln sind nicht direkt beteiligt, doch
der Nervenfasern. Dort werden Neurotransmit- kann durch die Deformation keine ausreichende
ter (Botenstoffe) in den synaptischen Spalt freige- Atemarbeit geleistet werden. Schwere Skoliosen,
setzt. Diese „docken“ an Rezeptoren der Muskelzel- Kyphoskoliosen, post-traumatische Thoraxdefor-
len an und leiten die Erregung weiter. Der Muskel mität sowie Morbus Bechterew sind einige Beispiele
kontrahiert. Auch hier können entzündliche oder für Thorakal-Restriktive Erkrankungen.
autoimmune Ursachen die Freisetzung der Neuro- Eine dauerhafte Überblähung des Thorax, die bei
transmitter behindern. Ebenso können die Rezep- einem Emphysem besteht, beeinträchtigt die Belüf-
toren inaktiviert werden, sodass Neurotransmitter tung ebenso wie die Erzeugung des zur Einatmung
nicht „andocken“ können (7 Kap. 16). Medikamen- notwendigen alveolären Unterdruckes. Eine vermin-
tös können Anästhetika die Reizweiterleitung beein- derte Atemmuskulatur erzeugt auf Dauer nicht genü-
trächtigen oder gar ganz unterbinden. gend Kraft für die Atmung. Menschen mit Obesitas
Hypoventilations-Syndrom (OHS) nehmen bis zur
z z Atemmuskulatur Adipositas an Körpergewicht zu, verlieren jedoch
Erfolgt keine Erregung der Muskulatur, unterbleibt Muskelmasse und damit die Kraft, alveolären Unter-
die Kontraktion. Es kann keine Atemarbeit stattfin- druck zu erzeugen.
den. Eine alleinige Erkrankung des Muskels, z. B. als
Muskeldystrophie oder Myositis, kann die Kontrak- z z Ventilation
tion unterbinden. Wie oben beschrieben wird die Das Ziel des Gesamtsystems Atempumpe ist das
Kontraktion ausbleiben, wenn die Transmitter nicht Einströmen von Luft in die Lunge, die Ventilation.
freigesetzt oder an Rezeptoren „andocken“ können. Eine Ventilationsstörung kann durch eine funktio-
An diesen Stellen setzen Muskelrelaxanzien an und nelle Verlegung der Atemwege erfolgen, z. B. durch
unterbinden eine Weiterleitung der Impulse. Tumore oder andere Verengungen der Atemwege.
34 Kapitel 2 · Indikationen und Ziele der Beatmung

Das obstruktive Schlafapnoesyndrom (OSAS) behin- Ausdauer. Die muskuläre Belastung bedeutet eine
dert ebenfalls die Belüftung, die Ventilation. erhöhte Atemarbeit über die verfügbare Kraft und
Eine Störung der Belüftung/Ventilation ist die letzte Ausdauer hinaus. Normalerweise befinden sich
2 Konsequenz, falls ein oder mehrere Anteile des Systems Kapazität und Belastung in einem Gleichgewicht
Atempumpe beeinträchtigt sind oder ganz ausfallen. Es (. Abb. 2.2).
kann keine ausreichende Atemtiefe, kein ausreichendes Ist die Belastung höher als die Kapazität, schwin-
Atemzugvolumen aus eigener Kraft erzeugt werden. det das Gleichgewicht und dem Menschen droht die
Kann kein ausreichendes Atemzugvolumen (AZV) respiratorische Erschöpfung. Nimmt die Kapazität
erzeugt werden, ist das Abatmen von Kohlendioxid ab, ist die Belastung automatisch höher. In dem in
(CO2) gestört. Das führt zur Hyperkapnie. . Abb. 2.2 dargestellten Waagemodell wiegt die
Einen erhöhten CO2-Gehalt kann der Körper Belastung schwerer und die Kapazität leichter. Das
bis zu einem gewissen Grad tolerieren, jedoch nicht Resultat ist ein Ungleichgewicht.
dauerhaft. Normalerweise reagiert der Körper mit Ursachen des Ungleichgewichts sind:
verstärkter Atmung durch erhöhte Atemtiefe und a. Kapazitätsabnahme der Atempumpe:
erhöhter Atemfrequenz. Sind die kompensatorischen 44zentral
Möglichkeiten des Menschen erschöpft, so kann 44neuromuskulär
die notwendige erhöhte Atemarbeit nicht erbracht 44muskulär
werden. Der erhöhte CO2-Gehalt macht müde, trübt b. Zunahme der Atemlast:
das Bewusstsein, es resultiert ein CO2-Koma bzw. 44bronchiale Obstruktion
eine CO2-Narkose. 44Compliance- bzw. Dehnungsstörung der
Lunge
> Leitsymptom des Versagens der Atempumpe 44Compliancestörung der Thoraxwand
ist die Hyperkapnie (BGA: pCO2 > 55 mmHg). 44gesteigerte Ventilation
Dies führt zur ventilatorischen Insuffizienz,
zur Hyperkapnie und unbehandelt zur Belastungen resultieren auch aus sportlicher Akti-
Hypoxämie (BGA: pO2 < 55 mmHg). Das vität oder schwerer körperlicher Arbeit. Zur Erho-
ventilatorische Versagen (Insuffizienz) wird lung braucht der Mensch irgendwann eine Pause.
mit künstlicher Beatmung behandelt. Menschen mit zu großer Belastung der Atempumpe
benötigen ebenso eine Pause. Die Pause der Atem-
z Muskuläre Kapazität und Belastung arbeit ist die Apnoe (wörtlich: keine Luft, Atemstill-
Die muskuläre Kapazität beschreibt, was die Atem- stand) und kann nur mit Hilfe der künstlichen Beat-
muskulatur zu leisten in der Lage ist, die Kraft und mung behandelt werden.

. Abb. 2.2  Kapazität – Belastung


(eigene Darstellung, Bearbeitung:
Isabel Guckes)
2.1 · Respiratorische Insuffizienz
35 2
2.1.2 Versagen des pulmonalen Eine Verteilungsstörung liegt vor, wenn das Verhält-
Gasaustausches nis von alveolärer Ventilation und Perfusion gestört
ist (. Abb. 2.3).
Unter physiologischen Bedingungen befinden sich
Lungenbelüftung und Lungendurchblutung in einem
ausgeglichenen Verhältnis. Wichtig bei der Lungen- 2.1.3 Störung des pulmonalen
belüftung ist die alveoläre Ventilation. Das ist Luft, Gasaustausches
die tatsächlich in die Alveolen bei der Atmung ein-
strömt (7 Kap. 1). Bei einer alveolären Ventilation z Störungen der Ventilation: Hypoventilation
von ca. 4–5 Litern/Minute und einer Lungendurch- Hypoventilation bedeutet eine zu geringe Belüf-
blutung (Perfusion) von ca. 5 Litern/Minute findet tung der Alveolen. Der Patient atmet zu flach und
ein optimaler pulmonaler Gasaustausch statt. Die zu selten. Die Ursachen hierfür sind ganz unter-
Perfusion (Lungendurchblutung) ergibt sich aus dem schiedlich (. Tab. 2.1). Eine zu geringe Belüftung
Herz-Zeit-Volumen (HZV). resultiert unter künstlicher Beatmung häufig aus
Ein ausgeglichenes Verhältnis von Belüftung und einer Verlegung der Atemwege durch Schleim und
Durchblutung bleibt bei gesunden Menschen auch Sekrete.
im Zustand der körperlichen Belastung erhalten. Bei Störungen der Ventilation geht der Quo-
Die Atmung ist schneller und tiefer, das Herz schlägt tient aus alveolärer Ventilation und Perfusion gegen
schneller und kräftiger. Das Verhältnis von alveolä- Null.
rer Ventilation (Belüftung) und Perfusion (Durch-
blutung) ist als Quotient errechenbar: z Diffusionsstörungen
Die Diffusion des Sauerstoffs von der Alveole in
alveoläre Ventilation (4 l / min.) die Kapillare ist behindert, weil die Diffusions-
0, 8 =
Perfusion (5 l / min.)  strecke durch Verdickung der Membran verlän-
gert oder die Kontaktzeit der Erythrozyten für die
Abweichungen von diesem Quotienten bedeuten eine Aufsättigung des Blutes in den Kapillaren verkürzt
Beeinträchtigung des pulmonalen Gasaustausches. ist. Daraus resultiert eine Hypoxie. Die Diffusion
44Geht der Quotient gegen 0, so ist die Venti- von CO 2 ist noch nicht gestört, denn CO 2 kann
lation gestört. bis zu 20-mal schneller und damit auch leichter
44Geht der Quotient gegen unendlich, so ist die durch die Membranen von Alveolen und Kapilla-
Durchblutung gestört. ren diffundieren.

. Abb. 2.3  Verteilungsstörungen, links: gleichgewichtiges Durchblutungs- und Belüftungsverhältnis; Mitte: eingeschränkte
Belüftung, das erhöht den Shunt; rechts: eingeschränkte Durchblutung, das erhöht den Totraum (mit freundlicher
Genehmigung: Isabel Guckes)
36 Kapitel 2 · Indikationen und Ziele der Beatmung

. Tab. 2.1  Ursachen für Hypoventilation

– zentrale Atemdepression – durch Sedativa, Schädel-Hirn-Trauma


2 – schmerzbedingte Schonatmung – bei Thorax- oder Rippenserienfrakturen
– neuromuskuläre Störung – durch Muskelrelaxantien, Myasthenia gravis
– Obstruktion der Atemwege – durch Asthma, COPD, Lungenemphysem, Sekrete, Fremdkör-
per, Entzündungen, Bronchospasmus
– Restriktion der Atemwege – durch Lungengerüsterkrankungen (Fibrose, ARDS, Alveolitis)
– mechanische Begrenzung des Lungenvolumens – Zwerchfellhochstand, Pneumothorax, Pleuraerguss, schwerstes
Übergewicht

Auslösende Ursachen: Blut bleibt sauerstoffarm und vermischt sich mit dem
44Bindegewebe im Interstitium gesättigten arteriellen Blut. Es entsteht primär eine
44Verkürzung der Kontaktzeit Hypoxie und später eine Hyperkapnie. Der CO2-
44Fibrose, Sarkoidose Anstieg wird meist durch eine Tachypnoe (Steige-
44Emphysem bei COPD rung der Atemfrequenz) ausgeglichen.
44Blutungen/chronische Anämie Ein Shunt kann auch entstehen, wenn ein Teil der
Niedriger Blut-Hämoglobin (Hb) Alveolen noch durchblutet, aber nicht mehr belüftet
44Ansammlung von Flüssigkeit wird. Eine zu geringe Belüftung resultiert in Beat-
Lungenödem, pneumonische Infiltrate mungssituationen oft aus einer Verlegung der Atem-
wege durch Schleim und Sekrete. Das Blut, das die
z Störungen der Lungendurchblutung Lungenstrombahn passiert, kann somit nicht voll-
Eine verringerte Durchblutung resultiert aus einer ständig mit Sauerstoff gesättigt werden. Daraus resul-
Störung der Perfusion in der Lungenstrombahn. tiert eine globale Ateminsuffizienz mit Hypoxie und
Hierdurch werden auch die Kapillaren der Alveole Hyperkapnie.
schlecht durchblutet und der Gasaustausch, v. a. die Auslösende Ursachen:
Aufnahme von Sauerstoff, ist verzögert oder unter- 44Alveolarkollaps durch Atelektasen, Pneumo-
brochen, obwohl die Alveolen gut belüftet sind. Die thorax, Pleuraerguss
Luft nimmt nicht am Gasaustausch teil, damit steigt 44Alveolen mit Sekreten gefüllt, beim
auch der Totraum. Es entsteht primär eine Hypoxie Lungenödem, Pneumonie, Aspiration
und dann eine Hyperkapnie.
Ursachen der Störung der Lungendurchblutung: Ein Shuntvolumen von ca. 2–3 % erscheint unbe-
44Mikroembolien denklich: Bei 5 Liter HZV werden somit ca.
44Schwere Lungenembolie 100–150 ml Blut nicht mit Sauerstoff gesättigt. Steigt
44Kompression der Lungenkapillaren bei der Shuntanteil jedoch über 5–6 %, ist dies klinisch
Überblähung am Abfall einer Sauerstoffsättigung und am Sinken
44Verringerung des Kapillarbetts bei fibröser des pO2 in der BGA feststellbar.
Umstrukturierung des Lungengewebes

Bei Störungen der Perfusion geht der Quotient 2.1.4 Interaktion zwischen Lunge
aus alveolärer Ventilation und Perfusion gegen und Atempumpe
unendlich.
Eine Übersicht über die Interaktion zwischen Lunge
z Pulmonaler Rechts-Links-Shunt und Atempumpe gibt . Abb. 2.4.
Ein Shunt beschreibt die Menge Blut im Lungen- Leitsymptom des Versagens des pulmonalen
kreislauf, die nicht mit Sauerstoff gesättigt wird. Gasaustausches ist die Hypoxie/Hypoxämie. Lun-
Einige Blutgefäße umströmen die Alveole nicht. Das genparemchym-Erkrankungen führen zu Oxygenie-
Weiterführende Literatur
37 2
. Abb. 2.4  Schaubild Lunge –
Atempumpe (eigene Darstellung,
Bearbeitung: Isabel Guckes)

rungsstörungen und damit zu einer Hypoxämie/ 44zur Verhinderung oder Wiedereröffnung


Hypoxie. Der Sauerstoffmangel wird von den Men- von Atelektasen
schen als Luftnot wahrgenommen und sie versu- 44um weitere Schädigungen der Lunge gering
chen, diese durch vermehrte Atemarbeit auszuglei- zu halten
chen. Diese Hyperventilation kann zu einem Abfall 44Verminderung der Atemarbeit:
des pCO2 führen. Es steigt damit auch die Belastung, 44Überbrücken von Erschöpfungszuständen
was zum venitlatorischen Versagen und zur Hyper- des Patienten bei der Atmung
kapnie führen kann. Diese Form des pulmonalen 44Erholung einer erschöpften
Versagens wird mit einer Sauerstofftherapie behan- Atemhilfsmuskulatur
delt. Leitsymptom einer erkrankten Atempumpe ist 44Beseitigung der Atemnot
das ventilatorische Versagen mit Hyperkapnie. Dies
wird mit der künstlichen Beatmung behandelt. Weitere Ziele der Heimbeatmung:
44Verminderung der Anzahl bronchopulmonaler
>> Respiratorische Partialinsuffizienz: Infekte
beschreibt die Störung der Oxygenierung 44Verminderung des systemischen oder myokar-
und führt zum Abfall des pO2 → Hypoxie. dialen Sauerstoffbedarfs
44 Respiratorische Globalinsuffizienz: 44Verbessern der Schlafdauer und Schlafqualität
beschreibt die Störung der Ventilation und 44Maximieren der Lebensqualität
führt Anstieg des pCO2 und Abfall des pO2 44Verbessern des allgemeinen
→ Hyperkapnie und Hypoxie. Gesundheitszustandes
44Verlängern der Überlebenszeit!

2.2 Ziele der Beatmung


Weiterführende Literatur
Die Ziele der künstlichen Beatmung ergeben sich aus
Crieé CP, Laier-Groeneveld G, 1995. Die Atempumpe, Thieme
den Störungen von Ventilation und Gasaustausch. Verlag
Erreicht werden sollen: Larsen R, 2012. Anästhesie und Intensivmedizin für die Fach-
44Sicherung des pulmonalen Gasaustausches: pflege, 8. vollständig überarb. Aufl., Springer Verlag
44ausreichende alveoläre Ventilation, d.h.: Matthys H, Seeger W, 2008. Klinische Pneumologie, 4. Aufl.,
Springer Verlag
44O2-Aufnahme soll verbessert werden
Rathgeber J (Hsg.), 2010. Grundlagen der maschinellen Beat-
44CO2-Elimination soll verbessert werden mung, Einführung in die Beatmung für Ärzte und Pflege-
44Erhöhung des Lungenvolumens: kräfte, Kapitel 1.8 Der alveolo-kapilläre Gasaustausch,
44durch individuell angepasste Wahl der S.37–48, Thieme Verlag
Volumengabe und der Beatmungsdrücke
44zur ausreichenden alveolären Ventilation
44zur Verbesserung der Compliance
(Dehnbarkeit der Lungen, 7 Kap. 26)
39 3

Krankheitslehre
Matthias Huhn

3.1 Grundlagen und Diagnostik von Atemstörungen – 40


3.1.1 Arten und Häufigkeit von häuslicher Beatmung – 40
3.1.2 Zentrale Atemregulation – 40
3.1.3 Atemwege – 41
3.1.4 Atemmechanik – 43
3.1.5 Lunge – 43
3.1.6 Gasaustausch – 44

3.2 Erkrankungen und Behandlung – 45


3.2.1 Hypoxischer Hirnschaden – 45
3.2.2 Schlaganfall – ischämischer Insult – 47
3.2.3 Querschnittlähmung – 48
3.2.4 Neuromuskuläre Erkrankungen (NME) – 50
3.2.5 COPD – 59
3.2.6 Obesitas Hypoventilationssyndrom (OHS) – 63
3.2.7 Thorakal restriktive Erkrankungen – 65

Weiterführende Literatur – 66

© Springer-Verlag GmbH Deutschland 2017


H. Lang (Hrsg.), Außerklinische Beatmung,
DOI 10.1007/978-3-662-53996-5_3
40 Kapitel 3 · Krankheitslehre

3.1 Grundlagen und Diagnostik von Atemzentrum am schnellsten, wesentlich langsamer


Atemstörungen auf einen Abfall des pH-Wertes oder des Partialdruck
O2 (. Abb. 3.1).
Viele Erkrankungen des Menschen können zu Die Bedeutung der zentralen unwillkürlichen
einer signifikanten chronischen Beeinflussung des Atemregulation durch den CO2-Partialdruck ver-
Atmungssystems führen. Diese Erkrankungen betref- deutlicht der Apnoetest, welcher als Teilbestandteil
3 fen die Störung der zentralen Atemregulation, der der Hirntoddiagnostik durchgeführt wird. Es kann
Atemwege, der Atemmechanik oder des pulmona- sekundär bei Nachweis des Ausfalls der zerebralen
len Gasaustausches. Durchblutung auf eine zentrale Apnoe geschlossen
werden. Der Apnoetest ist kein Bestandteil eines
üblichen klinischen Funktionstests.
3.1.1 Arten und Häufigkeit von
häuslicher Beatmung z Prüfung des Atemstillstandes
Der Apnoe-Test ist für die Feststellung des Hirntodes
Nach einer europäischen Erhebung aus dem Jahr obligatorisch (7 Exkurs „Hirntod“). Er kann wegen
2005 in 16 Ländern (Lloyd et al.) ergab sich für die der physiologischen Wirkungen der Hyperkapnie
häusliche Beatmung folgende Einteilung (. Tab. 3.1): erst als letzte klinische Untersuchung des Hirnfunk-
Erkrankungen, die zu einer Beatmungspflichtig- tionsausfalls durchgeführt werden.
keit führen können, betreffen die Störung: Ein zentraler Atemstillstand liegt vor, wenn
44der zentralen Atemregulation, bei bisher gesunden Menschen bei einem pCO2
44der Atemwege bzw. der Atemleitungen, 60 mmHg (8 kPa) keine Eigenatmung einsetzt. Die
44der Atemmechanik und Hyperkapnie von mindestens 60 mmHg (8 kPa) kann
44des pulmonalen Gasaustausches. nach einer O2-Gaswechselstörung entweder durch
Diskonnektion vom Respirator oder durch Hypo-
ventilation herbeigeführt werden. Eine hinreichende
3.1.2 Zentrale Atemregulation Oxygenierung ist durch intratracheale O2-Insuffla-
tion oder Beatmung mit 100 % O2 zu gewährleisten.
Die Zentrale der Atemregulation ist das Stammhirn Normalerweise beginnt der unwillkürliche
beziehungsweise das Atemzentrum im verlängerten Atemreflex bei gesunden Menschen, wenn der pCO2
Rückenmark (Medulla oblongata). Durch Messung Wert ansteigt. Unterbleibt das Einsetzen der Atmung
verschiedener Parameter, z. B. pH-Wert, Sauer- bei einem pCO2 größer als 60 mmHg (8 kPa), so ist
stoffpartialdruck und Kohlendioxidpartialdruck, von einer irreversiblen Schädigung des Atemzent-
wird unsere Atmung reguliert (7 Abschn. 1.4.3). Die rums auszugehen. Sind Menschen aufgrund einer
unwillkürliche Atmung wird primär durch die Kon- kardio-pulmonalen Erkrankung auf höhere pCO2-
zentration bzw. den Partialdruck CO2 gesteuert. Werte als 45 mmHg (6 kPa) angepasst, so kann der
Auf eine Erhöhung des CO2-Gehaltes reagiert das unwillkürliche Atemreflex auch einsetzen, wenn der

. Tab. 3.1  Häufigkeit häuslicher Beatmung

Europa Deutschland

Auftreten der außerklinischen Beatmung 6,6 Patienten/100.000 6,5 Patienten/100.000


Einwohner Einwohner
Patienten mit Lungen- und Atemwegserkrankungen inkl. 35,45 % 42 %
COPD
Patienten mit neuromuskulären Erkrankungen 34,5 % 25 %
Patienten mit Thoraxdeformität und OHS 31 % 33 %
3.1 · Grundlagen und Diagnostik von Atemstörungen
41 3

. Abb. 3.1  Chemischer Atemantrieb (aus Schmidt et al. (Hrsg.). Physiologie des Menschen mit Pathophysiologie, 31.,
überarbeitete und aktualisierte Auflage, Springer 2010, Abb. 33.8, S. 736 Atmung)

Wert deutlich über 60 mmHg (8 kPa) ansteigt. Auch ca. 2–2,5 cm. Die Stamm- und Lappenbronchien
hier ist bei einem Nichteinsetzen des Atemreflexes haben einen Durchmesser von ca. 8–12 mm. Je
von einer irreversiblen Schädigung des Atemzent- weiter sich das Bronchialsystem aufzweigt (insge-
rums auszugehen. samt bis zu 23 Mal), umso kleiner wird der Durch-
messer der Bronchiolen. Die terminalen Bronchio-
Hirntod len weisen nur noch einen Durchmesser von weniger
Insbesondere bei der abschließenden Hirntoddiagnostik wird
als allerletzte Überprüfung des unwillkürlichen Atemreflexes
als 1 mm auf, die darauffolgenden Bronchiolen
ein Anstieg des CO2-Gehaltes durch einen Apnoe-Test provo- und Alveolargänge sogar nur noch 0,4–0,01 mm
ziert. Der Hirntod wird definiert als Zustand der irreversibel (7 Abschn. 1.2.3).
erloschenen Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns Physiologisch ist eine leichte Ausdehnung der
und des Hirnstamms. Dabei kann durch kontrollierte Beat-
Durchmesser bei der Einatmung. Somit strömt Luft
mung die Herz- und Kreislauffunktion noch künstlich auf-
rechterhalten werden.
gut während der Inspiration in die Lunge. Bei der
Ausatmung verengen sich die Atemwege ein wenig,
Alle physiologischen und pathophysiologischen die Ausatmung im Ruhezustand dauert etwa doppelt
Änderungen der Atmung werden nicht erst durch so lang wie die Einatmung. Sie bleiben jedoch gesi-
den Kohlendioxidpartialdruck gesteuert, sondern chert offen.
sind willkürlich und unwillkürlich änderbar z. B. Bei Atemwegserkrankungen können die Durch-
durch Emotionen, Muskelaktivität, Berührungen, messer der Atemwege akut oder chronisch verengt
Schmerzen, Entzündungen und Temperatur. sein, so dass sowohl die Inspiration als auch die
Exspiration erschwert sind (. Tab. 3.2).

3.1.3 Atemwege z Diagnostik


44Anamnese: Wann, warum und wo tritt Luftnot
Als Atemwege werden „statische“, anatomisch vor- auf? Wodurch wird sie besser?
gegebene Räume bezeichnet. Durch diese kann 44Auskultation: Deutlich akustische Zeichen sind
Ein- und Ausatmungsluft strömen. Die Atemwege Atemgeräusche, sog. inspiratorischer und/oder
werden in obere und untere unterteilt. Die oberen exspiratorischer Stridor.
Atemwege beginnen an der Körperaußengrenze von 44Bodyplethysmografie: Mit Hilfe der Bodyplet-
Nase und Mund. Sie setzen sich fort über Rachen hysmografie werden alle Lungenvolumina
und Kehlkopf zur Trachea. An dieser beginnen die ermittelt, stationäres System (7 Abschn. 1.4.5
unteren Atemwege, sie hat einen Durchmesser von und Abb. 1.17).
42 Kapitel 3 · Krankheitslehre

. Tab. 3.2  Ursachen einer unteren Atemwegsverengung

Akute Entzündungen der Atemwege (Bronchitis) Mit Schleimhautschwellung und vermehrter


Sekretproduktion
Akute Verengung der Atemwege (Obstruktion bei Verengung der Atemwege durch Verkrampfung der Bron-
Asthma bronchiale) chialmuskulatur bei gleichzeitiger Schleimhautschwellung
3 und vermehrter Sekretproduktion.
Chronische Verengung der Atemwege (exspiratorischer Verengung der Atemwege bei der Exspiration. Kleine und
Kollaps der Atemwege bei COPD) kleinste Atemwege kollabieren zu Beginn und während
der Ausatmung.

44Spirometrie: Mit Hilfe der Spirometrie können Asthma bronchiale auftreten kann. Sowohl die
Teilvolumina ermittelt werden, transportables Einatem- als auch die Ausatemkurve sind kleiner
System. als die Referenzkurve. Das deutet auf eine perma-
44Lungenfunktionsprüfung (. Abb. 3.2) nente Luftflussstörung hin. Man kann ebenso einen
inspiratorischen wie einen exspiratorischen Stridor
. Abb. 3.2 zeigt links einen normalen Befund einer hören.
Lungenfunktionsprüfung. Die Graphik zeigt das Ver- Die dritte Darstellung von links zeigt eine typi-
hältnis von Atemzugvolumen (horizontale Achse) sche Ventilationsstörung, die z. B. bei Lungenfibrose
und der Luftflussgeschwindigkeit, dem Flow (ver- oder mechanischer Atembehinderung (schweres
tikale Achse). Es entsteht eine sog. Flow-Volu- Übergewicht, Thorax-Rumpf-Erkrankungen) auf-
men-Kurve. Ein Patient der untersucht wird, muss tritt. Hier ist die Kurve in Verhältnis zur Referenz
maximal einatmen und dann mit voller Kraft schnell kleiner und enger. Das ist charakteristisch für eine
ausatmen. Bei der maximalen Einatmung ergibt sich restriktive Belüftungsstörung, bei der die Gasaus-
ein typischer Halbkreis, der unterhalb der Volumen- tauschfläche verringert oder verkleinert ist. Es gibt in
achse dargestellt wird. Bei der maximalen Ausatmung der Abbildung keinen Hinweis auf eine Verengung/
wird eine typische Kurve oberhalb der Volumenachse Obstruktion. Diese kann jedoch bei restriktiven Ven-
angezeigt. Zu Beginn der Ausatmung mit maxima- tilationsstörungen ebenfalls auftreten.
ler Kraft erfolgt eine rasante Steigerung des Luftflus- Die Darstellung ganz rechts zeigt ebenfalls eine
ses. Der Flow steigt zuerst schnell nach oben, bis ein Verengung der Atemwege, wie sie typischerweise bei
Maximum erreicht ist. Diese Kurve fällt im Verlauf der COPD mit Lungenemphysem auftritt. Sowohl
der weiteren Ausatmung nach rechts hin stetig ab. Sie die Einatem- als auch die Ausatemkurve sind kleiner
verläuft dezelerierend (ständig abnehmend). als die Referenzkurve. Bei der Ausatemkurve tritt
In der zweiten Darstellung von links ist eine zusätzlich ein charakteristischer Knick auf, der als
Verengung der Atemwege dargestellt, wie sie beim Emphysemknick beschrieben wird. Dieser ist ein

. Abb. 3.2  Lungenfunktionsprüfung (mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. med. Wagner)
3.1 · Grundlagen und Diagnostik von Atemstörungen
43 3
Hinweis auf den raschen Kollaps der Atemwege bei Hypoventilationen sind Hinweise auf eine gestörte
der Ausatmung. Atemmuskelkraft unterschiedlichster Ursache.

> Obstruktion = Verengung der Atemwege → z z Zwerchfelldurchleuchtung/


behinderter Atemfluss. Restriktion = Zwerchfellultraschall
Verringerung oder Verkleinerung der Die Zwerchfelle sind die wichtigsten Muskeln zur
Gasaustauschfläche durch Ausdehnungs- Lungenentfaltung bei der Inspiration. Sie werden
behinderung der Lunge → limitierter aktiviert durch die paarigen Phrenikusnerven. Ver-
Atemfluss. Beides führt zu Belüftungs- bzw. schiedenste Erkrankungen führen einseitig oder
Ventilationsstörungen. beidseitig zur Störung, Behinderung der Zwerch-
fellkontraktion. Dadurch kann eine Ateminsuffi-
zienz verursacht werden. Zur Objektivierung einer
3.1.4 Atemmechanik Zwerchfelldysfunktion kann eine röntgenologische
Durchleuchtung der Zwerchfellbeweglichkeit in In-
7 Abschn. 1.4.5 beschreibt die Atemmechanik als und Exspiration erfolgen. Strahlungsexpositionsfrei
die Zusammenhänge, durch deren Zusammenspiel kann diese Untersuchung mit Ultraschall durchge-
Luft bei der Atmung in die Lunge aufgenommen und führt werden. Die Ergebnisse sollten im Kontext mit
abgegeben wird. Sie ist zusammengesetzt aus den der Bodyplethysmografieuntersuchung bewertet
messbaren Parametern Atemfrequenz und Atem- werden.
zugvolumen. Daraus resultiert das Atemminuten-
volumen (7 Tab. 1.4).
Voraussetzung für eine funktionierende Atmung 3.1.5 Lunge
ist eine gesunde „Atempumpe“. Störungen der
Atempumpe resultieren aus einem Ausfall der Das Gesamtorgan Lunge ist sowohl an der Atem-
Nerven, die die Atemmuskulatur anregen, aus einer gasleitung durch das Bronchialsystem beteiligt, im
Erkrankung der Atemmuskeln selbst, aus einer Besonderen und ausschließlich aber für den Gas-
Deformität des Brutkorbes oder einer Strukturstö- austausch am Lungenparenchym, der alveolokapil-
rung der Lunge, sodass die Atemarbeit erschwert lären Membran verantwortlich. Das Gesamtsystem
oder nur unzureichend ist oder gar nicht mehr Lunge kann durch unterschiedlichste eigene, vasku-
geleistet werden kann. läre, pleurale, abdominale und Thoraxwanderkran-
kungen so beeinflusst sein, dass Ventilations- und
z Diagnostik Gasaustauschfunktionen einzeln oder gemeinsam
behindert sind. Die stellenweise komplexe Überlap-
z z Kapnometrie/Kapnografie pung der Fehlfunktionen benötigt eine erfahrene
Unter Kapnometrie wird die Messung und grafische, pneumologische Kenntnis, um eine Erklärung für
numerische Darstellung der CO2-Konzentration eine chronische Ateminsuffizienz und deren Prog-
in der Ausatemluft bezeichnet. Diese erfolgt im nose zu geben.
intensivmedizinischen Bereich bei jeder Exspira-
tion. Kapnografie bezeichnet die Darstellung der z Diagnostik
CO2-Konzentration im gesamten Atemzyklus. Die
CO2-Konzentration in der Ausatemluft ist ein Maß z z Radiologische Diagnostik (Thoraxröntgen,
für die CO2-Konzentration des Blutes. Diese steht Lungencomputertomografie)
in direktem Zusammenhang mit der Atemzug- Bei Verdacht auf Vorliegen einer Lungengewebser-
tiefe. Eine Hypokapnie ist Hinweis auf eine Hyper- krankung erfolgt die Visualisierung zunächst mit
ventilation (unangepasst zu schnelle Atmung), eine einem Röntgen der Thoraxorgane. In diesem sind
Hyperkapnie vereinbar mit einer Hypoventilation. Makroeffekte der wichtigsten Lungenerkrankungen
44 Kapitel 3 · Krankheitslehre

(Pneumonie, Emphysem, Pleuraschwarte, Lungen- Lungenbelüftung und Lungendurchblutung


fibrosen) nachweisbar. Der zeitgemäße Standard zur stehen in einem spezifischen Gleichgewicht (7 Abschn.
Beurteilung spezieller Lungenstruktur- und Gefäß- 2.1.2). Ist dieses Gleichgewicht gestört, so resultieren
erkrankungen ist die Computertomografie, Schnitt- daraus Änderungen einzelner oder beider Gase.
bilddiagnostik, mit hochauflösenden Formaten.
Durch spezifische Lungenstrukturänderungsmus- z Diagnostik
3 ter kann auf das Vorliegen einzelner Krankheitsen- 44Messung der Sauerstoffsättigung (7 Kap. 17)
titäten geschlossen werden. 44BGA (7 Kap. 27)
44Messung der Diffusionskapazität (TLCO/VA)
z z Bronchoskopie
Die Spiegelung der Lungenwege wird durchgeführt z z Diffusionskapazität
in starrer und flexibler Technik. Sie ist essentiell zur Diese Messung wird durchgeführt zur Beurteilung
Klärung von Lungenstrukturerkrankungen (Lungen- der Schwere von Lungengewebserkrankungen.
fibrosen, benignen und malignen Raumforderun- Gemessen wird der sog. Transferfaktor für Kohlen-
gen). Dafür erfolgt eine Oberflächenspülung der monoxid (TLCO). Sauerstoff wandert bzw. diffun-
kleinen Atemwege und des Alveolenraumes (BAL). diert durch die Membranen zwischen den Alveolen
Die qualitative und quantitative Änderung spezifi- und den Kapillaren (alveolokapilläre Membran). Das
scher Zellpopulationen ist Kennzeichen von intersti- Molekül Kohlenmonoxid (CO) diffundiert ähnlich
tiellen Lungenerkrankungen. Parallel erfolgen in der wie Sauerstoff und wird daher alternativ eingesetzt,
gleichen Untersuchung Lungenbiopsien für histolo- da es gemessen werden kann. Im Test wird der Atem-
gische und zytologische Untersuchungen. Außerdem luft 0,3 % CO und Helium zugeführt. Mit Helium
werden Sekretanalysen für mikrobiologische Unter- wird das Alveolarvolumen (VA) bestimmt. Im Test
suchungen durchgeführt. wird der Luft 10 % Helium zugeführt. Beide Werte,
TLCO und VA können in ein rechnerisches Verhält-
z z Thorakoskopie nis gesetzt werden, man erhält den sog. Transferko-
Eine Vielzahl von Erkrankungen äußert sich in Ver- effizient (TLCO/VA).
änderungen nahe oder an der Lungenoberfläche. Messmethode: Ein Patient wird aufgefordert,
Diese sind zugänglich durch eine Spiegelung des maximal einzuatmen und für 10 Sekunden die Luft
Pleuraraumes für Inspektion und Gewebsentnahme. anzuhalten und erst danach wieder auszuatmen. Das
eingeatmete Gasgemisch enthält die o. g. 0,3 % CO
und 10 % Helium. Die ausgeatmeten Mengen können
3.1.6 Gasaustausch ebenfalls gemessen werden.
Interpretation: Je kleiner die ausgeatmete Menge
Der Gasaustausch ist die gegensätzliche Diffusion der an CO ist, desto besser kann CO durch die alveoloka-
Gase Sauerstoff und Kohlendioxid durch die alveo- pilläre Membran in den Lungen- und Körperkreis-
lokapilläre Membranen im funktionalen Lungenge- lauf diffundieren. Je größer die ausgeatmete Menge
webe. Die Diffusion geschieht passiv durch die Par- an CO ist, desto geringer ist die Durchlässigkeit bzw.
tialdruckdifferenzen der Gase an dieser Membran. Permeabilität auch für Sauerstoff O2.
Bezogen auf den Sauerstoff ist in der Alveole ein Sinkt die TLCO, spricht man von einer verminder-
höherer Druck als in den Kapillaren, daher wandert ten Diffusionskapazität. Die Oxygenierungsfähigkeit
(diffundiert) Sauerstoff von der Alveole hin zum Blut. ist vermindert und führt zum Sauerstoffmangel, zur
Sauerstoff wird ans Hämoglobin gebunden und vom Hypoxämie. Sinkt gleichzeitig das Verhältnis TLCO/
Blut weiter zu den Körperzellen transportiert. Koh- VA, handelt es sich um eine echte Diffusionsstörung,
lendioxid weist einen höheren Druck in den Kapil- wie sie bei Lungengewebserkrankungen auftritt, z. B.
laren auf als in der Alveole, daher diffundiert Koh- bei Pneumonie, Lungenödem oder Lungenfibrose.
lendioxid vom Blut in die Alveole. So kann CO2 mit Sinkt nur die TLCO, aber das Verhältnis TLCO/
jeder Ausatmung aus dem Körper entfernt werden. VA bleibt gleich, geht man von einer Verteilungsstö-
Der physiologische Gasaustausch setzt eine spezifi- rung aus, bei der die Belüftung bzw. die Ventilation
sche Lungendurchblutung voraus. gestört ist.
3.2 · Erkrankungen und Behandlung
45 3
Fazit Sauerstoffvorrat im Hirn und nach ca. 5 Minuten
Das respiratorische System wird als sog. 2-Kom- sind die anderen Energiereserven, Glukose und ATP
partiment-System definiert. Bei Störungen der Re- (Adenosintriphosphat), vollständig aufgebraucht.
spiration ist die Lunge erkrankt mit der Folge des Nach einer vollständigen Unterbrechung der Blut-
Sauerstoffmangels (Hypoxie). Treten Störungen der und damit der Sauerstoffzufuhr tritt bereits nach
Ventilation auf, so ist die Atemluftbewegung nicht wenigen Sekunden eine Bewusstlosigkeit ein und
gewährleistet (. Tab. 3.3). Betroffene Strukturen nach 3–6 Minuten irreversible Schädigungen und
sind das Atemzentrum, die Nerven, die die Atem- Zelluntergänge auf.
muskulatur des Thorax bewegen. Folge ist eine Die häufigsten zerebralen Durchblutungsstörun-
Hyperkapnie. gen führen nur zu lokalisierten peripheren Hirnde-
fekten mit manigfaltigen Defektsyndromen z. B.
des motorischen oder sensiblen Leitungssystems.
3.2 Erkrankungen und Behandlung Das sich hieraus ergebende Krankheitsbild wird
als hypoxische Hirnschädigung bzw. als postan-
Bevor eine außerklinische Beatmung eingeleitet oxische Enzephalopathie (Erkrankung des Hirns
wird, müssen Grundsatzfragen geklärt werden: nach Sauerstoffmangel) bezeichnet. In der Regel ist
44Liegt ein chronisches Krankheitsbild vor, das Atmungsregulationssystem des Hirnstamms
welches die Atmung beeinträchtigt? nicht mit chronischen Ausfällen betroffen (außer
44Welcher Anteil der Atmung ist gestört, Basilaristhrombose).
die Atemregulation, die Atemwege bzw. Ursache einer schwersten generalisierten Durch-
Atemleitungen, die Atemmechanik oder der blutungsstörung des gesamten ZNS ist zumeist ein
Gasaustausch? Kreislaufstillstand durch verschiedene Formen
des Pumpversagens des Herzens. Trotz durchge-
führter kardiopulmonaler Reanimationsmaßnah-
3.2.1 Hypoxischer Hirnschaden men können schwerste neurologische Folgeschä-
den bleiben. Ähnliche generalisierte hypoxische
Das Gehirn hat von allen Organen den höchsten Zustände des ZNS treten durch eine plötzliche Atem-
Sauerstoffbedarf. Ca. 20 % des Tagesenergiebedarfs wegverlegung beim Ertrinken, Bolusaspiration,
benötigt das Gehirn. Das Hirn hat eine durchschnitt- Schwellung des Kehlkopfes bei Insektenstich oder
liche Durchblutung von 50 ml Blut pro 100 g Hirn- generalisierte Atemwegsobstruktion beim Status
gewebe. Es benötigt fast ausschließlich Glukose als asthmaticus auf.
Energiestoff, ca. 115 g Glukose pro Tag bzw. 5,3 g Verbleibt eine irreversible ZNS-Schädigung mit
Glukose/100 g Hirngewebe pro Minute. Das Gehirn Ausfall der Großhirnfunktion, wird dies als „Apal-
hat nur minimale Energiereserven. Es ist daher auf lisches Syndrom“ bezeichnet. Hirnstammzentren
einen ständigen Blutzustrom angewiesen. Nach können noch basale lebenserhaltende Funktionen
ca. 20 Sekunden ohne Durchblutung versiegt der regulieren, also den Kreislauf und den Stoffwechsel,
die Atmung jedoch nicht immer zuverlässig.
. Tab. 3.3  Respiratorisches System

Respiration Ventilation Anoxie oder Asphyxie


Durch Anoxie und Asphyxie entstehen verschie-
Funktion Gasaustausch Atemluftbewegung dene Arten von Organsauerstoffmangelsituatio-
Organ Lunge Atemzentrum nen. Die Anoxie bezeichnet den Erstickungstod. Es
Nerven besteht eine ungenügende Sauerstoffkonzentration
Atemmuskulatur in der Einatemluft. Dies führt zu einem sekundä-
Thorax ren Herz-Kreislauf-Stillstand mit Gewebehypoxie.
Die Asphyxie bezeichnet einen primären Kreis-
Hauptpara- Sauerstoff Kohlendioxid
meter laufstillstand mit sekundärem Atemstillstand sowie
Organsauerstoffmangel.
46 Kapitel 3 · Krankheitslehre

In beiden Situationen werden CO2, Kohlensäure beschrieben. Dabei müssen nicht notwendigerweise
und andere saure Stoffwechselprodukte angereichert. alle Phasen nacheinander durchlaufen werden. Die
Statistisch ist die Asphyxie die häufigste Form des Behandlung richtet sich nach dem Genesungszu-
Sauerstoffmangels im Hirn. Es entsteht dadurch stand und den wiedererlangten Fähigkeiten des
eine Azidose (Übersäuerung). Diese Übersäue- Betroffenen, welche Phase genutzt und welche über-
rung schädigt die Nerven, Nervenmembranen und sprungen wird (. Tab. 3.4).
3 die Wände der Kapillaren. Dadurch bricht die Blut-
Hirn-Schranke zusammen, Wasser tritt ins intersti-
tielle Hirngewebe ein und es entsteht ein Hirnödem. Klinik
Die Hirnschwellung wiederum verringert die Hirn- Seit dem Jahr 1994 veröffentlichte eine Arbeits-
perfusion, es kommt zur sekundären Ischämie. gruppe, die Multi-Society Task Force on PVS, eine
genauere Unterscheidung der Klinik des Wachkomas
(engl. PVS). Es wird unterschieden in
Wachkoma 44„persistent vegetative state“, eine teilweise
Rehabilitationsphasenmodell rückbildungsfähige Hirnschädigung und
Der typische Verlauf der Behandlung für Schwerst- 44„permanent vegetative state“, eine dauerhaft
Schädel-Hirnverletzte wird in einem Phasenmodell irreversible Hirnschädigung.

. Tab. 3.4  Reha-Phasenmodell

Phase A Akutbehandlung Neurologische neurochirurgische, internistische Klinik (Intensivstation)


Phase B Frührehabilita- Der Patient ist inkontinent, künstlich ernährt, intensivmedizinische Behandlungs-
tion mit noch möglichkeiten sollten noch vorgehalten werden. Durch umfangreiche rehabilitative
meist schweren Maßnahmen (Behandlungspflege, Therapien) soll eine Besserung des Bewusstseins-
Bewusstseinsstö- zustandes und die Herstellung der Mitarbeit des Komapatienten an den Therapien
rungen erreicht werden. Aufnahmekriterien: Nicht mehr dauerbeatmungspflichtig, kreislauf-
stabil, Verletzungen versorgt, Knochenbrüche übungsstabil. Kein Hirndruck.
Phase C Weiterführende Der Patient kann in der Therapie bereits mitarbeiten, muss aber noch mit hohem
Rehabilitation pflegerischem Aufwand betreut werden. Durch umfangreiche Reha-Maßnahmen
soll die Teilmobilisierung erreicht werden.
Phase D Medizinische Tritt nach Abschluss der Frühmobilisierung ein und stellt die medizinische Reha-
Rehabilitation bilitation im bisherigen Sinne dar. Hier ist die Rentenversicherung der zuständige
Leistungsträger, bzw. die Unfall- oder Krankenversicherung (bei besonderen ver-
sicherungsrechtlichen Voraussetzungen).
Phase E Nachgehende Hier geht es insbesondere bei den Behandlungszielen um die Sicherung des
Rehabilitation und medizinischen Behandlungserfolges, bzw. um Vorbeugung oder Besserung einer
berufliche Reha Behinderung (bzw. Verhütung), von deren Verschlimmerung sowie Vermeidung oder
Minderung von Pflegebedürftigkeit und um die berufliche Wiedereingliederung (1.
oder 2. Arbeitsmarkt) sowie die soziale und häusliche Wiedereingliederung.
Phase F Aktivierende Trotz aller medizinischen und rehabilitativen Bemühungen in der Akutbehandlung
Rehabilitation und in den nachfolgenden Behandlungsphasen (meist schon nach Phase B) bleiben
bei einer Reihe von neurologischen Patienten schwerste Schädigungen bestehen,
vom Apallischen Syndrom bis zu verschiedenen Graden von Fähigkeitsstörungen
(oft auch mit Mehrfachbehinderungen). Diese Reha-Phase ist auf Langzeit angelegt.
Ein Patient im Wachkoma muss von der Pflegekasse in Stufe 3+ (Härtefall) eingestuft
sein. Die Behandlung wird zu Hause (70%!), in Fachpflege Einrichtungen und auch in
Seniorenheimen geleistet.

Quelle: http://www.schaedel-hirnpatienten.de/unterstuetzen/rehabilitation/das-phasenmodell/phasenmodell.pdf,
Recherche 29.02.2016
3.2 · Erkrankungen und Behandlung
47 3
Im Rahmen dieser Unterscheidung wurden zudem Ursachen
klinische Kriterien für das Wachkoma definiert: Die häufigste Ursache des Schlaganfalls ist bei 80 %
44Vollständiger Verlust des Bewusstseins über aller Patienten der ischämische Hirninfarkt. Hierbei
sich selbst oder die Umwelt und über die ist eine Hirnarterie durch einen Thrombus oder einen
Fähigkeit, zu kommunizieren Embolus verlegt. Die Durchblutung in den betrof-
44Verlust der Fähigkeit zu willkürlichen oder fenen Hirnarealen ist unterbrochen. Das führt zu
sinnvollen Verhaltensänderungen infolge einem Funktionsverlust und ggf. zu einem Abster-
externer Stimulation ben von Hirngewebe. Bei etwa 15 % der Patienten
44Verlust von Sprachverständnis und Sprach- tritt eine Hirnblutung durch rupturierte arterielle
produktion (Aphasie) Gefäße auf. Das Blut dringt dann in das umgebende
44Harnblasen- bzw. Darminkontinenz Hirngewebe ein. Ca. 5 % der Schlaganfälle haben ihre
44Gestörter Schlaf-, Wachrhythmus Ursache in der Subarachnoidalblutung. Hierbei tritt
44Weitgehend erhaltene hirnstammgezogene, Blut in den Liquorraum ein und verdrängt das Hirn,
spinale, hypothalamische und autonome sodass es „eingequetscht“ wird (. Abb. 3.3, . Tab. 3.5).
Reflexe

Klinik und Symptome


Beatmung bei hypoxischem Da unterschiedliche Hirnareale betroffen sein
Hirnschaden können, ist das klinische Erscheinungsbild nicht ein-
Ist die Hirnschädigung gravierend, kann die Atmung heitlich. Typische Anfangsanzeichen sind:
akut beeinträchtigt sein. Bei der Entscheidung, wie 44Plötzlich auftretender Kopfschmerz
beatmet wird, muss geklärt sein, welcher Anteil der 44Gangunsicherheit mit evtl. begleitendem Sturz
Atmung gestört ist (Atemregulation, Atemwege 44Plötzlich auftretende Lähmungserscheinungen
bzw. -leitung, Atemmechanik und Gasaustausch). in einer Körperhälfte (Hemiplegie)
In diesem Fall ist die Atemregulation betroffen. Alle 44Plötzlich auftretender Schwindel
anderen Anteile sind nicht beeinträchtigt. 44Plötzliche Gefühlsstörungen einer Körperhälfte
44Sprach- oder Sprechstörungen (Aphasie,
> Die Behandlung erfolgt durch kontrollierte Dysarthrie)
Beatmung, bei der es eine vollständige 44Schluckstörungen
Übernahme der Atemzüge gibt, in der Regel
ohne Sauerstoffgabe (Gasaustausch ist Dauern die Symptome nur einige Minuten bis maximal
meistens nicht gestört). 24 Stunden an, so nennt man es „transitorisch ischä-
mische Attacke“ – TIA. Die Beschwerden nach einem
Schlaganfall hängen davon ab, welche Gefäße und
Gehirnareale betroffen sind (7 Abschn. 1.5.1).
3.2.2 Schlaganfall – ischämischer
Insult
Beatmung bei Schlaganfall
Bei einem Schlaganfall handelt es sich um eine Ist der Schlaganfall gravierend, kann die Atmung
Durchblutungsstörung des Gehirns, die zu einer beeinträchtigt sein. Eine chronische Beeinflussung
mangelnden Blut- und Sauerstoffversorgung führt. der Atmung tritt nur bei einer schwersten generali-
Es ist in akutes Ereignis, das als Notfall anzusehen sierten Durchblutungsstörung (Kreislaufstillstand)
ist und die betroffenen Patienten sollten in speziali- auf. Bei der Entscheidung, wie beatmet wird, muss
sierten Schlaganfallstationen, sog. „stroke units“ ver- geklärt sein, welcher Anteil der Atmung gestört ist
sorgt werden. Dadurch kann die Sterblichkeit und (Atemregulation, Atemwege bzw. -leitung, Atem-
die vollständige Abhängigkeit von einer Versorgung mechanik oder Gasaustausch. In diesem Fall ist die
in Pflegeheimen oder in der häuslichen Pflege redu- Atemregulation gestört. Alle anderen Anteile sind
ziert werden. nicht beeinträchtigt.
48 Kapitel 3 · Krankheitslehre

Durchblutungs- Blutung
störung

Thrombus Verletzung

angeschwemmter
Imbolus Halsarterie

. Abb. 3.3  Durchblutungsstörungen des Hirns (mit freundlicher Genehmigung: Isabel Guckes)

. Tab. 3.5  Durchblutungsstörungen des Hirns

Betroffenes Gefäß Beschwerden

Arteria cerebri anterior Halbseitenlähmung bzw. Hemiparese, v. a. beinbetont auf der Gegenseite
Arteria cerebri media Halbseitenlähmung bzw. Hemiparese, v. a. gesichts- und armbetont auf der Gegenseite
mit einhergehenden Gesichtsfeldstörungen und Sprachstörungen (Aphasie)
Arteria cerebri posterior Halbseitige Sehstörungen mit Einschränkungen des Gesichtsfeldes auf der Gegenseite
Arteria vertebralis Störung der Bewegungsabläufe (Ataxie), Gefühlsstörungen, Schluckstörungen, Schwin-
del mit Übelkeit und Erbrechen, herabhängendes Augenlid mit Verengung der Pupille
(Horner-Syndrom), Störung der Sprechmotorik (Dysarthrie).
Arteria basilaris Lähmung beider Arme und Beine, Gefühlsstörungen am gesamten Körper, Schluckstö-
rungen, Störungen der Atmung, Störungen des Bewusstseins
Die Basilaristhrombose stellt die schwerste Form des Schlaganfalls dar und führt
zu Ischämien des Stammhirns, des Kleinhirns und weiterer Hirnareale, sie hat eine
schlechte Prognose mit hoher Sterblichkeit der Patienten

> Die Behandlung erfolgt durch kontrollierte Rückenmarks in unterschiedlichem Maß unterbro-
Beatmung, bei der es eine vollständige chen, sodass eine Weiterleitung von motorischen
Übernahme der Atemzüge und Impulsen des Gehirns zu den Erfolgsorganen nicht
Atemfrequenz gibt, in der Regel ohne mehr möglich ist. Ebenso können sensorische Ner-
Sauerstoffgabe (Gasaustausch ist meistens venbahnen unterbrochen werden, sodass keine
nicht gestört). Rückmeldungen mehr zum Gehirn erfolgt.

3.2.3 Querschnittlähmung Ursachen und Häufigkeit


Häufigste Ursache der Rückenmarksschädigung
Bei einer Querschnittslähmung wird das Rücken- (Läsion) sind Verletzungen durch Unfälle beim
mark geschädigt. Dabei werden Nervenbahnen des Sport, Verkehr, bei der Arbeit oder im Haushalt.
3.2 · Erkrankungen und Behandlung
49 3
Wesentlich seltener sind nichttraumatische Schä- 44Je nach Läsionshöhe können auch Inter-
digungen durch Tumore oder Entzündungen. In kostalnerven betroffen sein, die die Atmung
Deutschland gibt es pro Jahr ca. 1500 neu aufgetre- beeinträchtigt.
tenen Querschnittslähmungen. Davon sind etwa 2/3 44Unterhalb des Thoraxmarks ist die
traumatischer Genese. Eine Paraplegie (Lähmung Atmung nicht betroffen und es gibt keine
des unteren Körpers, Bauch, Hüfte, Beine, Füße) Beatmungsnotwendigkeit
ist mit ca. 60 % häufiger als die Tetraplegie (40 %)
(Lähmung auch der Arme, Finger und der Atmung) Die Tetraplegie wird durch Schädigungen auf
(Kaps 2004). Höhe des unteren Zervikalmarks verursacht. Die
Schwere der Lähmung ist abhängig von der Höhe
der Rückenmarksschädigung:
Klinik und Symptome 44Schädigung unterhalb von C8: Atmung
Die Symptome sind sehr variabel, da entweder iso- ist möglich, da der N. phrenicus intakt ist,
liert oder kombiniert motorische, sensible und auto- jedoch sind die Interkostalnerven schon jetzt
nome Funktionen betroffen sind. Die typischen betroffen, das erschwert die Atmung; möglich
Merkmale können unterschieden werden als: sind Bewegungen der Schultern, der Arme, der
44Motorische Störungen, dabei treten initial Hände und der Finger
schlaffe Lähmungen, später dann spastische 44Schädigung unterhalb C7: Atmung und
Lähmungen als Para- oder Tetraplegie auf. Bewegung der Schultern und der Arme und
44Sensible Störungen mit verminderter oder Hände ist möglich, die Fingerbeweglichkeit ist
ausbleibender Gefühlsstörung (Hyp- oder eingeschränkt
Anästhesie) und mit verminderter oder 44Schädigung unterhalb C6: Beweglichkeit der
ausbleibenden Schmerzempfinden (Hyp- oder Hände ist erschwert, Atmung ist möglich
Analgesie) 44Schädigung unterhalb C5: Schulterbeweg-
44Autonome Funktionsstörungen mit Fehlre- lichkeit ist erschwert, Atmung ist schon
gulation (Dysfunktion) von Blasen- und eingeschränkt
Darmkontrolle, Sexualfunktionsstörungen und 44Schädigung unterhalb C4: meist vollständige
Störungen des Herz-Kreislauf-Systems. Pflegeabhängigkeit, Kopfkontrolle ist noch
vorhanden, Atmung kann schon stark einge-
Unterhalb der Rückenmarkläsion kommt es daher schränkt sein
zu vielfältigen klinischen Ausfallssyndromen. Die 44Schädigungen unterhalb von C3: Atmung
Schwere der Ausfälle hängt von der Höhe, Vollstän- ist beeinträchtigt, da es zum Ausfall des N.
digkeit und Akuität der Rückenmarkläsion ab. phrenicus kommt
44Schädigung oberhalb von C3: meist
vollständige Atemlähmung, falls eine
Tetra- und Paraplegie vollständige Rückenmarksläsion auftritt
Je nach der Höhe der Rückenmarksläsion unterschei- (7 Abschn. 1.6.1, . Abb. 1.22)
det man zwischen Paraplegie und Tetraplegie.
Läsionen auf Höhe der Brust- oder Lendenwir-
belsäule führen zu einer Paraplegie. Diese Lähmung z Einteilung der Rückenmarksläsion nach ASIA
betrifft die Rumpf- und Beinmuskulatur mit folgen- Die Klassifikation der erworbenen Querschnittsläh-
den Auswirkungen: mung erfolgt mit Hilfe des ASIA-Schemas der Ame-
44Verlust des Berührungs-, Schmerz- und rican Spinal Injury Association. Die Lähmungen
Temperaturempfindens werden anhand der Funktion des letzten Segments
44Verlust des Lagesinns, des Rückenmarks (S5) in komplette und inkomplette
44Störung der Blasen-, Mastdarm- und Läsionen eingeteilt (. Tab. 3.6).
Sexualfunktion Der Muskelkraftgrad wird wie folgt eingeteilt
44Arme und Hände sind frei beweglich (. Tab. 3.7).
50 Kapitel 3 · Krankheitslehre

. Tab. 3.6  Einteilung der Rückenmarksläsion nach ASIA

A – komplett Keine sensible oder motorische Funktion ist in den sakralen Segmenten S4 bis S5 erhalten.
B – inkomplett Sensible, aber keine motorische Funktion ist unterhalb des neurologischen Niveaus erhalten und
dehnt sich bis in die sakralen Segmente S4/S5 aus.

3 C – inkomplett Motorische Funktion ist unterhalb des neurologischen Niveaus erhalten und die Mehrzahl der Kenn-
muskeln unterhalb des neurologischen Niveaus hat einen Muskelkraftgrad von weniger als 3.
D – inkomplett Motorische Funktion ist unterhalb des Schädigungsniveaus erhalten und die Mehrheit der Kenn-
muskeln unterhalb des neurologischen Niveaus hat einen Muskelkraftgrad größer oder entspre-
chend 3.
E – inkomplett Sensible und motorische Funktionen sind normal.

(nach American Spinal Injury Association, International Standards for Neurological Classification of Spinal Cord Injury)

. Tab. 3.7  Muskelkraftgrad

0 Keine Kontraktion zu fühlen.


1 Eine schwache Kontraktion ist tastbar oder die Sehne wird während der Muskelanspannung deutlich sichtbar,
aber eine beobachtbare Bewegung des Körperteils findet nicht statt.
2 Eine Bewegung ist unter Aufhebung der Schwerkraft möglich, aber nicht gegen leichten Widerstand.
3 Fähigkeit, eine Position gegen die Schwerkraft zu halten oder in die Testposition zu bewegen und zu halten.
4 Testposition kann gegen mäßigen Widerstand gehalten werden.
5 Testposition kann gegen die Schwerkraft und maximalen Widerstand gehalten werden.

Beatmung bei hoher 3.2.4 Neuromuskuläre Erkrankungen


Querschnittlähmung (NME)
Ist bei der hohen Querschnittlähmung (Schädi-
gung ab C4) die Atmung beeinträchtigt, muss bei Carsten Schröter
der Entscheidung, wie beatmet wird, geklärt sein,
welcher Anteil der Atmung gestört ist (Atemregu- Definition
lation, Atemwege bzw. -leitung, Atemmechanik Oft wird vereinfachend von Muskelkrankheiten oder
oder Gasaustausch). In diesem Fall ist die Atemre- Muskelschwund gesprochen, es werden aber die
gulation zentral vorhanden aber die Atemmecha- neuromuskulären Erkrankungen gemeint. Muskel-
nik peripher gestört. Alle anderen Anteile sind nicht krankheiten sind streng genommen nur die Erkran-
beeinträchtigt. kungen des Muskels selbst. Hierbei handelt es sich
insbesondere um die Muskeldystrophien, die Myo-
> Die Behandlung erfolgt durch kontrollierte tonien, die entzündlichen Muskelerkrankungen
Beatmung, bei der es eine vollständige (Myositiden) und die Stoffwechselerkrankungen des
Übernahme der Atemzüge gibt, in der Regel Muskels, die metabolischen Myopathien.
ohne Sauerstoffgabe (Gasaustausch ist Zu den neuromuskulären Erkrankungen sind
meistens nicht gestört). darüber hinaus auch die Erkrankungen der den
3.2 · Erkrankungen und Behandlung
51 3
Muskel innervierenden Nervenfasern zu rechnen.
Hierzu gehören zum Beispiel die neuralen und die Gehirn
spinalen Muskelatrophien. Ebenso sind die Erkran-
kungen der Kontaktstelle zwischen Nerv und Muskel,
die Myasthenien, hierzu zu zählen. Bei diesen Erkran-
kungen ist der Muskel das Organ, durch dessen Rückenmark
Schwäche die Erkrankung auffällt. Er ist aber nur
Amyotrophische
indirekt betroffen durch die Erkrankung der Nerven. Lateralsklerose
Im Folgenden wird ein Überblick über die
verschiedenen neuromuskulären Erkrankungen
gegeben (. Abb. 3.4). Das Schema zeigt die an der Polyneuropathien,
Motorik beteiligten Strukturen: das Gehirn, das Neurale Muskelatrophie
(Charcot, Marie, Tooth)
Rückenmark, die Nervenfasern und die Muskeln.
(HMSN)
Die Pfeile weisen auf die bei den jeweiligen Erkran-
kungen betroffenen Strukturen hin. Spinale
Muskelatrophie,
Stellvertretend für viele Nervenzellen und - Poliomyelitis
fasern sind jeweils eine Nervenfaser mit Zellkör-
per im Bereich der motorischen Rinde des Gehirns Nerv
(erstes motorisches Neuron) und eine im Bereich des Myasthenia
Rückenmarks (zweites motorisches Neuron) darge- gravis
stellt. Der Ausläufer des ersten motorischen Neurons
zieht zum Hirnstamm oder zum Rückenmark. Dort Muskel
wird der Impuls auf das zweite motorische Neuron
(Vorderhornzelle, alpha-Motoneuron) weitergege- Muskeldystrophie, Myotonie,
Myositis
ben. Dessen Axon zieht bis zu einem Muskel. Die
Verknüpfungsstelle der Nervenfaser zum Muskel . Abb. 3.4  Schematische Übersicht: die Muskelkrankheiten
nennt man motorische Endplatte. Eine Nervenfa- (mit freundlicher Genehmigung: Dr. med. Carsten Schröter)
ser innerviert mehrere Muskelfasern eines Muskels.
Eine Nervenfaser und die zugehörigen Muskelfa-
sern werden zusammen als eine motorische Einheit phien. Unter der amyotrophen Lateralsklerose leiden
bezeichnet. etwa 3–8 pro 100.000 Einwohner, unter der spinalen
Muskelatrophie vom Typ Kugelberg-Welander etwa
0,3 pro 100.000. Wegen der Seltenheit der Erkran-
Übersicht kungen wurden vor allem an Universitäten Muskel-
Die tabellarische Übersicht lässt die neuen human- zentren, insbesondere zur Diagnostik, aufgebaut.
genetischen Erkenntnisse der letzte Jahre außer
Betracht, erlaubt aber eine systematische Zuord-
nung der Erkrankungen zu den erkrankten Struk- Allgemeine Symptome
turen (. Tab. 3.8). Typische Symptome der meisten neuromuskulären
Erkrankungen sind in unterschiedlichem Ausmaß
Paresen und rasche Ermüdbarkeit, Muskelatrophien,
Vorkommen und Häufigkeit bei einigen Erkrankungen auch Muskelschmerzen
Neuromuskuläre Erkrankungen sind selten. So (Myalgien) und Muskelkrämpfe (Crampi). Bei Poly-
kommt bei 4 bis 5 von 100.000 Einwohnern in neuropathien können zudem Gefühlsstörungen
Deutschland eine Muskeldystrophie vom Typ (Hypästhesie, Hypalgesie) auftreten, vornehmlich
Duchenne vor, der häufigsten Form der Muskeldystro- distal, also an den Füßen.
52 Kapitel 3 · Krankheitslehre

. Tab. 3.8  Übersicht neuromuskulärer Erkrankungen (modifiziert nach John Walton)

1. Muskelkrankheit (Myopathie) Muskeldystrophien:


– Typ Duchenne
– Typ Becker-Kiener
– Gliedergürteltyp
3 – Fazio-skapulo-humerale Muskeldystrophie
– Typ Emery-Dreifuss
– andere
Myotone Myopathien:
– Myotone Dystrophie Typ 1 (Curschmann, Steinert)
– Myotone Dystrophie Typ 2 (PROMM)
– Myotonia congenita (Thomsen)
– Myotonia congenita (Becker)
– andere
Erbliche metabolische Myopathien (Glykogenspeichererkrankungen):
– Glykogenose Typ 2 (M. Pompe)
– Glykogenose Typ 5 (McArdle)
– Lipidspeichererkrankungen
– Mitochondriale Myopathien
Endokrine Myopathien:
– bei Schilddrüsenerkrankungen
– bei M. Cushing (Überfunktion der Nebennierenrinde)
– andere
Kongenitale Myopathien
Entzündliche Myopathien
– Autoimmunerkrankungen (Polymyositis, Dermatomyositis)
– Einschlusskörpermyositis
2. Neuromuskulärer Übergang Myasthenia gravis
Lambert-Eaton-myasthenes Syndrom (LEMS)
3. Erkrankungen der Nervenfasern 3.1 Spinale Muskelatrophien und Motoneuronerkrankungen:
Poliomyelitis (Kinderlähmung)
Spinale Muskelatrophien (SMA):
– infantile Form (Werdnig, Hoffmann)
– intermediäre Form
– juvenile oder adulte Form (Kugelberg, Welander)
– andere
Sporadische spinale Muskelatrophien:
– Peronaeus-Typ
– Typ Aran-Duchenne
– Typ Vulpian-Bernhardt
Amyotrophe Lateralsklerose (ALS)
3.2 Polyneuropathien:
Neurale Muskelatrophien (Charcot, Marie, Tooth):
– HMSN (hereditäre sensomotorische Neuropathie) Typ 1
– HMSN Typ 2
andere vererbliche Polyneuropathien
Guillain-Barré-Syndrom
Chronische inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie (CIDP)
andere Polyneuropathien (diabetisch, alkoholisch …)
3.2 · Erkrankungen und Behandlung
53 3
Beschreibung verschiedener Die paretische Muskulatur wird vermehrt belastet,
Erkrankungen um die gestellten Aufgaben, beispielsweise eine auf-
rechte Haltung des Körpers, zu bewältigen. Hier-
z Muskeldystrophien durch kann es zu Verspannungen der Muskulatur
Muskeldystrophien sind genetisch bedingte Erkran- kommen. Zudem ist durch die Paresen die Führung
kungen, die zu einem Untergang von Muskelfasern der Gelenke beeinträchtigt, und die Bänder werden
führen. Paresen stehen im Vordergrund, oft beson- besonders belastet. Hieraus resultieren Schmerzen,
ders die proximale Muskulatur betreffend. Bei den die wiederum zu einer Verstärkung der Verspannun-
Muskeldystrophien vom Typ Becker-Kiener und gen führen können.
vom Typ Duchenne, beide durch eine Mutation des Zu beachten ist auch eine bei einigen Muskel-
Dystrophin-Gens bedingt, ist zunächst die Becken- dystrophien auftretende Beteiligung der Herzmus-
gürtelmuskulatur betroffen. kulatur. Die resultierende Herzinsuffizienz und evtl.
Bei den Muskeldystrophien vom Gliedergürtel- Herzrhythmusstörungen sind insbesondere bei der
typ wird je nachdem, ob vorwiegend die Hüft- und Therapie zu berücksichtigen. Ebenso kann die Atem-
Beckenmuskulatur oder die Schultermuskulatur muskulatur betroffen sein, was zu restriktiven Venti-
betroffen ist, vom Beckengürtel- oder Schultergürtel- lationsstörungen führen kann.
Typ gesprochen. Je nach Art und Verlauf der jewei-
ligen Muskeldystrophie können sich die Schwächen z Myotonien
aber auf andere Muskelgruppen ausbreiten. Die Mus- Die myotonen Erkrankungen zeichnen sich durch
keldystrophien vom Gliedergürteltyp haben viele eine Steifigkeit der Muskulatur aus. Bewegungen
verschiedene genetische Ursachen, die als LGMD1 können zum Teil nur zäh und langsam durchge-
für autosomal dominante und LGMD2 als autosomal führt werden. Dies steht bei der Myotonia conge-
rezessive Vererbung klassifiziert werden. Ein weite- nita, sowohl beim Typ Thomsen wie auch beim Typ
rer Buchstabe, z. B. LGMD2A, klassifiziert dann die Becker im Vordergrund.
genaue Erkrankung, im Beispiel eine Störung des Bei der myotonen Dystrophie Typ 1 (Cur-
Calpains. schmann, Steinert) ist diese Komponente dagegen
Bei der fazioskapulohumeralen Muskeldystro- in der Regel nur gering ausgeprägt. Wenn sie in rele-
phie (FSHD) sind entsprechend dem Namen meist vantem Ausmaß vorliegt, betrifft sie typischerweise
die Gesichts-, Schulter- und Oberarmmuskulatur vor allem die Handmuskulatur. Paresen treten bei
betroffen. Aber auch die Rumpfmuskulatur und dieser Erkrankung vorwiegend in den rumpffernen
die Fußheber sind häufig paretisch, diese Paresen Muskeln auf, an den Händen und den Fußhebern,
können auch isoliert bestehen ohne Paresen im können aber auch generalisiert vorliegen und aus-
Bereich der typischen Regionen. geprägt die Rumpfmuskulatur betreffen. Bei dieser
Welche Muskelgruppen vordringlich betroffen sind Multisystemerkrankung können auch andere Organ-
und die Krankheitsdynamik hängen von der jeweiligen systeme betroffen sein, z. B. das Herz (Herzrhyth-
Erkrankung ab. Die Verläufe sind aber oft sehr varia- musstörungen, Herzinsuffizienz), die Augen (grauer
bel, selbst in einer Familie. Die betroffene Muskulatur Star) und der Hormonstatus.
atrophiert, allerdings können bestimmte Muskelgrup- Bei der myotonen Dystrophie Typ 2 (auch proxi-
pen sogar äußerlich sehr kräftig erscheinen, wenn das male myotone Dystrophie, PROMM) sind dagegen
Muskelgewebe durch Binde- und Fettgewebe ersetzt die sehr unterschiedlich, zumeist aber gering ausge-
ist. Besonders typisch ist dies bei den Waden zu beob- prägten Schwächen rumpfnah lokalisiert. Auch hier
achten. Hier wird auch von einer sogenannten Pseudo- können u. a. Herz und Augen betroffen sein. Zudem
hypertrophie gesprochen, denn die Kraft der Muskel- werden hier häufig Muskelschmerzen geschildert.
gruppen ist durch den Umbau reduziert. Patienten mit myotoner Dystrophie sowohl Typ 1 wie
Besonders durch Fehl- und Überbelastung auch insbesondere Typ 2 haben ein erhöhtes Risiko,
kommt es oft zu Schmerzen des Bewegungsapparates. einen Diabetes mellitus zu entwickeln.
54 Kapitel 3 · Krankheitslehre

z Metabolische Myopathien hinzutreten. Treten dagegen weitere Symptome wie


Sie zeichnen sich durch eine Störung der Energie- Gelenkschmerzen oder Durchblutungsstörungen
zufuhr oder -gewinnung aus. So werden zwar Koh- hinzu, muss auch an eine andere entzündliche Bin-
lenhydrate und Fette in die Muskelfaser aufgenom- degewebserkrankung mit Beteiligung der Muskula-
men und dort gespeichert. Sie können aber bei den tur gedacht werden, wie die Sklerodermie und den
Glykogenspeicher- oder den Lipidspeichererkran- Lupus erythematodes. Als Autoimmunerkrankung
3 kungen nicht abgebaut und in den Energiekreislauf werden die Myositiden immunsuppressiv behandelt.
eingespeist werden. Je nach Art der verschiedenen In den Kreis der Myositiden gehört auch die Ein-
Erkrankungen liegen Schwächen der rumpfnahen schlusskörpermyositis, obwohl der Entzündungs-
Muskulatur, eine verminderte Ausdauerleistung oder prozess von degenerativen Veränderungen begleitet
belastungsabhängige Muskelschmerzen vor. Auch wird. Die chronisch verlaufende Erkrankung, die vor
hier ist das Ausmaß der Symptome der verschiede- allem bei älteren Menschen und bei Männern häu-
nen Erkrankungen sehr unterschiedlich, von nur figer als bei Frauen vorkommt, ist gekennzeichnet
leichten Beeinträchtigungen bis hin zum Tod schon durch Paresen der Unterarm- und Handmuskulatur,
im Kindesalter. insbesondere der Fingerbeuger, sowie Atrophien und
Bei den Glykogenosen sind der Typ 2 (M. Pompe) Paresen des M. quadriceps femoris. Die Schwächen
und der Typ 5 (McArdle-Erkrankung) hervorzu- können sich auf andere Muskelgruppen ausbreiten.
heben. Der M Pompe zeigt sich typischerweise bei Und auch die Atem- und Schluckmuskulatur kann im
Beginn im Erwachsenenalter mit einer Schwäche Verlauf mit betroffen sein. Die intravenöse Behand-
der Rumpf- und Beckenmuskulatur sowie früh der lung mit Immunglobulinen wird oft probatorisch
Atemmuskulatur. Bei Vorliegen schon bei Geburt (probeweise) durchgeführt, Kortikoide und andere
führt die Erkrankung unbehandelt rasch zum Immunsuppressiva sind offenbar nicht wirksam.
Tode. Eine Behandlung ist bei Kindern wie auch
bei Erwachsenen durch eine Enzymersatztherapie z Myasthenia gravis und Lambert-Eaton-
möglich. Hierfür wird alle 2 Wochen das fehlende Syndrom
Enzym venös infundiert. Die McArdle-Erkrankung Sowohl die Myasthenia gravis wie auch das Lam-
ist durch eine geringe Belastungstoleranz, Muskel- bert-Eaton-myasthenische Syndrom (LEMS) sind
schmerzen und Kontrakturen bei Belastung charakte- klassische Autoimmunkrankheiten und betref-
risiert. Nach einigen Minuten geringer Belastbarkeit fen den neuromuskulären Übergang. Während bei
nimmt dann die Leistungsfähigkeit der Muskeln zu, der Myasthenia gravis die Antikörper Strukturen
das Phänomen wird second wind benannt und lässt der motorischen Endplatte auf der Membran des
sich gezielt beüben. Bei Überlastung kann es zu einer Muskels (postsynaptische Störung) beeinträchtigen,
Rhabdomyolyse (Muskelfaserzerfall) mit resultieren- sind bei dem Lambert-Eaton-Syndrom Kalziumka-
der dialysepflichtiger Niereninsuffizienz kommen. näle in der Membran der Nervenfaser (präsynapti-
sche Störung) Ziele der Antikörper.
z Muskelentzündungen (Myositiden) Bei der Myasthenia gravis lässt typischerweise
Die Muskelentzündungen stellen eine uneinheitliche bei Belastung die Kraft der Muskulatur rasch nach,
Gruppe dar. Bei der Polymyositis und der Dermato- nach ausreichender Ruhe kann die Muskulatur dann
myosits handelt sich um klassische Autoimmuner- je nach Schwere der Erkrankung wieder eingesetzt
krankungen. Typischerweise treten vor allem Paresen werden. Typischerweise sind besonders die Augen-
der proximalen Muskulatur, also im Schulter- und muskeln und die Lidheber wie auch die Gesichtsmus-
Beckengürtelbereich, auf. Die Symptome entwi- kulatur betroffen. Die Schwäche kann sich auch auf
ckeln sich bei den Erkrankungen akut bis subakut die rumpfnahe Muskulatur, insbesondere des Schul-
über Wochen und Monate progredient. Gelegent- ter- und Nackenbereichs ausdehnen oder generali-
lich werden zusätzlich Muskelschmerzen berich- sieren. Bei schweren Verläufen kann auch die Atem-
tet. Auch eine Beteiligung der Herzmuskulatur im muskulatur mit betroffen sein. Meist lässt sich die
Sinne einer Myokarditis kommt vor. Bei der Derma- Erkrankung medikamentös durch eine Immunsup-
tomyositis können entzündliche Hautveränderungen pression gut beeinflussen.
3.2 · Erkrankungen und Behandlung
55 3
Im Vordergrund stehende Symptome des Lam- Die jährliche Neuerkrankungsrate (Inzidenz)
bert-Eaton-Syndroms sind Schwächen und vorzei- beträgt weltweit 0,6 bis 2,4 Personen pro 100.000
tige Ermüdbarkeit der rumpfnahen Muskulatur, Einwohner pro Jahr. Insgesamt wird davon ausge-
insbesondere der Becken- und Oberschenkelmusku- gangen, dass etwa 30 bis 80 von 1.000.000 Einwoh-
latur. Schwächen der Augen-, Sprech- und Schluck- nern unter der Erkrankung leiden. Diese Zahlen
muskulatur kommen vor. Bei der Prüfung ist die zugrunde legend werden in Deutschland etwa
Kraft typischerweise zunächst sehr gering, nimmt 6000 Menschen mit der Erkrankung angenommen.
dann einige Sekunden zu, bevor wieder eine vorzei- Genaue Zahlen liegen dazu aber nicht vor. Die Häu-
tige Erschöpfung eintritt. Auch vegetative Störun- figkeit der amyotrophen Lateralsklerose nimmt mit
gen wie Mundtrockenheit, vermindertes Schwit- dem Alter zu, der Gipfel liegt zwischen dem 50.–70.
zen, Blasenentleerungsstörungen und Verstopfung Lebensjahr.
kommen vor. Etwa bei der Hälfte der Patienten tritt Die Lebenserwartung ist deutlich reduziert und
die Erkrankung als Folge einer Tumorerkrankung wird meist mit 3 bis 5 Jahren angegeben, allerdings
als sogenanntes paraneoplastisches Syndrom auf. ist die Varianz groß. Circa 10 % der Patienten leben
Das Lambert-Eaton-Syndrom ist in der Regel einer länger als 10 Jahre. Die amyotrophe Lateralsklerose
medikamentösen Behandlung mit Amifampridin beginnt meist lokal mit Paresen, am häufigsten am
zugänglich. Unterarm und Handbereich (40–50 %), seltener an
den Beinen (25–30 %), hier oft mit einer Fußheber-
z Spinale Muskelatrophien parese. Meist beginnt die Symptomatik einseitig und
Die Störungen bei den spinalen Muskelatrophien breitet sich auf die gleiche Extremität der Gegen-
sind sehr ähnlich denen bei den Muskeldystro- seite oder die andere Extremität der gleichen Seite
phien. Ursache ist eine Erkrankung des zweiten aus. In den genannten Verlaufsformen wird von
motorischen Neurons. Durch den Untergang dieser einer spinalen Verlaufsform gesprochen. Bei der in
Zellen werden die Muskeln nicht mehr innerviert, ca. 25 % der Fälle vorkommenden bulbären Ver-
dadurch paretisch und atrophieren. Auch hier sind laufsform beginnt die Erkrankung mit Funktions-
meist die proximalen Muskelgruppen betroffen. Es störungen der bulbären Muskulatur mit Dysarthrie
gibt Verlaufsformen der autosomal rezessiv vererb- und Dysphagie sowie im Verlauf Ateminsuffizienz.
ten Erkrankung, die bereits bei Geburt vorliegen Die Schließmuskeln von Blase und Darm sind
und rasch fortschreiten (Typ Werdnig, Hoffmann). dagegen ebenso wie die Augenmuskeln in der Regel
Andere Verlaufsformen treten erst im Jugend- oder nicht betroffen.
Erwachsenenalter mit langsamer Progredienz und Der häufig genutzte Begriff der Motoneuron-
normaler Lebenserwartung auf (Typ Kugelberg- Erkrankungen umfasst alle Krankheiten des ersten
Welander). Eine besondere Facette stellt die bulbo- und/oder zweiten motorischen Neurons. In der Regel
spinale Muskelatrophie (Typ Kennedy) dar, die als werden darunter die spinalen Muskelatrophien und
X-chromosomal vererbte Erkrankung bei Männern die amyotrophe Lateralsklerose zusammengefasst.
auftritt und auch die Schluckmuskulatur mit betrifft. Häufig wird er genutzt, wenn der Verdacht besteht,
eine klare Zuordnung zur amyotrophen Lateral-
z Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) sklerose aber noch nicht möglich ist. Die progres-
Die amyotrophe Lateralsklerose ist eine progrediente sive Muskelatrophie, die primäre Lateralsklerose und
degenerative motorische Systemerkrankung, die die Bulbärparalyse sind Varianten der amyotrophen
häufigste neuromuskuläre Erkrankung bei Erwach- Lateralsklerose. Unter einer progressiven Muskel-
senen. Sie ist bedingt durch eine Erkrankung des atrophie versteht man einen Krankheitsverlauf, bei
ersten und zweiten motorischen Neurons. Durch dem das zweite motorische Neuron betroffen ist mit
die Degeneration des zweiten motorischen Neurons atrophischen Paresen. Bei der primären Lateralskle-
kommt es zu schlaffen und atrophischen, bei vorwie- rose ist das erste motorische Neuron geschädigt mit
gender Beteiligung des ersten motorischen Neurons resultierender Spastik, ohne Zeichen einer Schädi-
zu spastischen Paresen. gung des zweiten Neurons. Unter einer progressiven
56 Kapitel 3 · Krankheitslehre

Bulbärparalyse wird ein Krankheitsverlauf verstan- Insgesamt handelt es sich bei der Behandlung, wenn
den, der hauptsächlich die Sprech- und Schluckmus- die Diagnose gestellt ist, bis hin zum Lebensende um
kulatur, aber nicht die Arm- oder Beinmuskulatur eine palliative Therapie. Reichlich wertvolle Infor-
betrifft. mationen auch für Therapeuten bietet die Deutsche
Die Diagnosestellung der amyotrophen Late- Gesellschaft für Muskelkranke (www.dgm.org).
ralsklerose erfolgt unter Berücksichtigung der
3 Anamnese und der ausführlichen körperlich- z Poliomyelitis und Postpoliomyelitis-Syndrom
neurologischen Untersuchung sowie apparativen Die Poliomyelitis acuta anterior (kurz: Polio, Kin-
Zusatzuntersuchungen. Hier sind besonders die derlähmung) ist eine virusbedingte Erkrankung des
Elektroneurografie, die Elektromyografie sowie die zweiten motorischen Neurons. Heute ist die Erkran-
evozierten Potentiale zu benennen. Weitere wich- kung noch vorwiegend in Afghanistan und Pakistan
tige Untersuchungen können Kernspintomografien in Asien und in Nigeria in Afrika aktiv. In Europa
(MRT) von Gehirn und Halswirbelsäule sein, um gilt sie als ausgestorben. Auch in Afrika ist aktuell
andere Ursachen der Paresen auszuschließen. die Hoffnung groß, dort die Erkrankung bald aus-
Über 90 % der Patienten mit amyotropher Late- gerottet zu haben. Da auch heute die Gefahr einer
ralsklerose leiden unter der sporadischen Form, bei Einschleppung der Viren aus Asien und Afrika auf
5 bis 10 % liegt eine familiäre, also vererbliche Form dem Wege des Tourismus besteht, wird von der Stän-
vor. Erste Hinweise auf eine Ursache der familiären digen Impfkommission (STIKO) des Robert-Koch-
Form ergab eine im Jahre 1993 veröffentlichte Unter- Institutes für Kinder und Jugendliche die Grundim-
suchung, die eine Mutation im Gen der Cu/Zn-SOD munisierung regelmäßig und für Erwachsene, die in
(Kupfer-Zink-Superoxid-Dismutase) auf dem Chro- entsprechende Regionen reisen, die Impfung alle 10
mosom 21 nachwies. Inzwischen sind aber eine Reihe Jahre weiterhin empfohlen.
weiterer Gene bekannt, deren Mutation zum Auf- Auch wenn die Erkrankung heute als Neuerkran-
treten einer ALS führen kann. Diese Formen geben kung in Europa nicht mehr auftritt, haben wir aber
die Möglichkeit, im Tiermodell spezifische Therapie- mit den Folgen insbesondere der Epidemien Ende
Konzepte zu entwickeln. der 50er und Anfang der 60er Jahre zu tun. Zum
Eine mehrmonatige Verlängerung der Lebens- einen wird durch die nach Auftreten der Erkrankung
dauer ist durch die Gabe von Riluzol belegt. Ebenfalls fortbestehenden Paresen, Atrophien und Verände-
geht man davon aus, dass der Erhalt des Körperge- rungen des Bewegungsapparate (sogenannter Polio-
wichts, ggfs. mit kalorienreicher Kost, prognostisch Restzustand) der Bewegungsapparat fehlbelastet,
günstig ist. Die Behandlung ist im Übrigen symp- dadurch können vorzeitiger Gelenkverschleiß (Arth-
tomatisch. Je nach Symptomatik sollten Physio- rose) und Störungen mit Schmerzen im Bereich der
therapeuten, Ergotherapeuten und Logopäden in Wirbelsäule auftreten.
Abstimmung miteinander den Patienten betreuen. Davon abzugrenzen ist das sogenannte Post-
Hauptziele sind dabei die Verbesserung der Lebens- poliomyelitis-Syndrom (oder kürzer Postpoliosyn-
qualität in jeder Phase der Erkrankung, die Ver- drom oder PPS). Jahrzehnte nach der Polio kann es
meidung von Komplikationen sowie die Verlänge- zu einem Auftreten und langsamen Fortschreiten
rung der Lebensdauer. Ein Auftrainieren von Kraft von Paresen kommen. Dabei sind besonders Muskel-
ist nicht möglich, dabei ist die Gefahr der Überlas- gruppen betroffen, die häufig primär schwer betrof-
tung und dadurch bedingte Zunahme der Paresen fen waren, sich aber gut erholt haben. Die Patienten
groß. Das Aufrechterhalten der motorischen Funk- berichten dazu oft zunächst über eine Abnahme der
tionen und der Atmung, des Abhustens und des Spre- Ausdauerleistungen und Belastbarkeit. Im Verlauf
chens sind zentrale Therapieinhalte. Pathologisches werden dann auch zunehmende Paresen beob-
Lachen und Weinen, also Lachen oder Weinen, das achtet. Es werden darüber hinaus auch allgemeine
nicht der Intensität einer Stimmung entspricht, aber Erschöpflichkeit, Schlafstörungen und andere Stö-
vom Patienten nicht unterdrückt werden kann, kann rungen geschildert. Wenn primär im Rahmen der
im Kontakt mit anderen Menschen ein Problem sein, Polio die Atemmuskulatur betroffen war, kann es im
hier ist eine medikamentöse Behandlung möglich. Verlauf auch zu einer abnehmenden Vitalkapazität
3.2 · Erkrankungen und Behandlung
57 3
(siehe . Tab. 1.5) und damit zu einer pulmonalen kausale Therapieansätze sind für genetisch bedingte
Insuffizienz kommen. Oft versuchen die Patienten Erkrankungen zugelassen. Durch die Fortschritte
wie in der Phase nach der akuten Polio, bei Auftre- in der Genetik sind im Verlauf der nächsten Jahr-
ten neuer Paresen im Rahmen des PPS intensiv zu zehnte auch weitere molekulargenetische Therapien
trainieren und erleben eine weitere Verschlechte- zu erwarten.
rung der muskulären Funktionen. Hier kann nur ein
dosiertes und moderates Übungsprogramm durch- z Muskuläre Schwäche
geführt werden, Überlastungen sind zu vermeiden. Paresen sind die wesentliche Ursache der meisten
Probleme bei neuromuskulären Erkrankungen. Es
z Neurale Muskelatrophien (hereditäre gibt eine Reihe gut kontrollierter Studien, die die
sensomotorische Neuropathien, HMSN) Effekte von Übung und Training auf die Kraft und
Bei den neuralen Muskelatrophien handelt sich vor- Funktion untersucht haben. Bei langsam fortschrei-
nehmlich um eine Erkrankung der Axone und/oder tenden neuromuskulären Erkrankungen ist durch
der Markscheiden. Die längsten Nervenfasern haben ein angepasstes Übungsprogramm eine Verbesse-
dabei das größte Risiko, zu erkranken. Deshalb rung von Funktionen zu erwarten ohne Hinweise auf
finden sich die Symptome distal betont. Etabliert ist eine Schwäche durch Überbelastung. Im Langzeit-
für diese Erkrankungen auch der Ausdruck der here- verlauf ist aber auch durch optimale Behandlungs-
ditären sensomotorischen Neuropathien (HMSN). maßnahmen ein Fortschreiten der Erkrankung nicht
Oft wird die Diagnose durch die Namen der Erstbe- zu verhindern. Es gibt ebenfalls Hinweise, dass die
schreiber ergänzt: Charcot, Marie und Tooth. Therapieverfahren für die verschiedenen neuromus-
Meist sind besonders die Unterschenkel und kulären Erkrankungen unterschiedlich effektiv sind,
Füße sowie die Hände mit atrophen Paresen betrof- hier müssen aber weitere Untersuchungen abgewar-
fen. Häufig sind Fußheberparesen das führende tet werden, bis gesicherte Daten vorliegen.
Symptom. Auch können Gefühlsstörungen an den Bei rasch fortschreitenden neuromuskulären
Füßen auftreten, sie sind jedoch in der Regel gering Erkrankungen ist das Risiko einer ausgeprägteren
ausgeprägt. Lagesinnstörungen führen zu einer Progredienz der Paresen durch Überlastung groß.
Gangunsicherheit, besonders im Dunklen. Ebenso Mit dem Ziel der Funktionsbesserung durchgeführt
sind oft Veränderungen des Fußskeletts vorhanden, ist das Risiko der Überlastung durch die Behandlung
insbesondere Hackenhohlfüße mit Hammerzehen. geringer. Patienten mit neuromuskulären Erkran-
Die Symptomatik kann sehr stark variieren, selbst kungen sollten angehalten werden, nicht bis zur
innerhalb einer Familie. Selten wird eine Phrenicus- Erschöpfung zu üben. Sie sollten über die Warnzei-
Parese beobachtet mit einseitigem Zwerchfellhoch- chen einer Überbelastung informiert werden. Hierzu
stand. Die Atmung ist sonst in der Regel aber nicht gehören ein vermehrtes Schwächegefühl nach der
betroffen. Übung oder Muskelschmerzen 24 bis 48 Stunden
nach dem Training. Andere Warnsignale beinhalten
ausgeprägtere Muskelkrämpfe, Schweregefühl von
Therapie Armen und Beinen und anhaltende Kurzatmigkeit.
Entzündliche Erkrankungen werden primär immun- Durch ein angepasstes Übungsprogramm mit
suppressiv oder immunmodulierend behandelt. leichter bis mäßiger aerober Belastung wie Gehen,
Ziele der Therapie und insbesondere der Rehabili- Schwimmen und Fahren auf dem Ergometer, wenn
tation bei Patienten mit degenerativen neuromus- es der Schweregrad der Erkrankung zulässt, ist eine
kulären Erkrankungen sind die Verbesserung und Verbesserung der muskulären Ausdauer und Funk-
das Erhalten der Selbstständigkeit in der Beweg- tion sowie der Leistungsfähigkeit des Herz-Kreislauf-
lichkeit und Selbstversorgung sowie der Teilhabe Systems bei vielen neuromuskulären Erkrankungen
am sozialen Leben. Die Behandlung der hereditären zu erreichen. Neben umschriebenen Paresen sind
neuromuskulären Erkrankungen ist derzeit sympto- auch eine generalisiert verminderte Belastbarkeit
matisch, am wichtigsten sind in der Regel die Physio- sowie reduzierte Leistungsfähigkeit der Herz- und
therapie, die Ergotherapie und die Logopädie. Erste Lungenfunktion zu beachten. Das Übungsprogramm
58 Kapitel 3 · Krankheitslehre

trägt dazu bei, die Funktionen zu stabilisieren und aufzuwachen, ein nicht erholsamer Schlaf und eine
zu verbessern, das ideale Körpergewicht zu halten vermehrte Tagesmüdigkeit. Das Erfassen der Beein-
und Schmerzen durch Fehlbelastungen zu mindern. trächtigungen ist notwendig, um rechtzeitig eine
nichtinvasive Heimbeatmung initiieren zu können.
z Kontrakturen und Skoliose
Bei einer Reihe neuromuskulärer Erkrankungen z Komplikationen der Herzfunktion
3 sind Kontrakturen und Skoliosen häufige Probleme. Bei verschiedenen Erkrankungen der Muskulatur, so
Besonders groß ist die Gefahr bei Rollstuhlabhän- z. B. bei den Muskeldystrophien vom Typ Duchenne
gigkeit und zunehmender Rumpfmuskelschwä- und Becker oder bei der Muskeldystrophie vom Glie-
che, ebenso in der Zeit der Wachstumsschübe. Vor- dergürteltyp LGMD2I und bei den myotonen Dys-
sichtiges Dehnen der betroffenen oder gefährdeten trophien können Funktionsstörungen des Herzens
Gelenke reduziert das Risiko des Auftretens von auftreten. Hierbei kann es sich um eine Herzinsuf-
Kontrakturen und verlangsamt das Fortschreiten. fizienz oder um Herzrhythmusstörungen handeln.
Durch die regelmäßigen krankengymnastischen Hinweise können das Elektrokardiogramm (EKG),
Übungen sollte eine vorsichtige symmetrische Sta- das Langzeit-EKG oder das Echokardiogramm
bilisierung oder Erhalt der Rumpfmuskulatur ange- geben. Besonders bei den genannten Erkrankun-
strebt werden, um Skoliosen vorzubeugen oder das gen muss vor Einleitung eines Übungsprogramms
Fortschreiten zu vermindern. auch die Belastbarkeit der Herzfunktion überprüft
Forst und Rideau konnten zeigen, dass das ope- werden. Bei Herzrhythmusstörungen muss der
rative Lösen von Kontrakturen bei der Muskeldys- rechtzeitige Einsatz eines Herzschrittmachers beach-
trophie vom Typ Duchenne die Zeit der Gehfähig- tet werden.
keit verlängern kann. Auch bei Skoliosen besteht die
Möglichkeit eines operativen Eingreifens. Möglicher- z Störungen des Schluckens
weise können Orthesen durch eine Verlängerung der Störungen des Schluckens kommen besonders bei
Dauer der Gehfähigkeit dem Entstehen von Skolio- der amyotrophen Lateralsklerose, bei der bulbospi-
sen entgegenwirken. Hier sind aber weitere Unter- nalen Muskelatrophie und auch einzelnen Muskel-
suchungen nötig, um sichere Aussagen machen zu dystrophien vor. Erste Hinweise können sich aus
können. Die Orthesen sollten möglichst leicht sein, Veränderungen der Stimme, wie Heiserkeit, und ver-
um durch ihr Gewicht die Gehfähigkeit nicht zusätz- mehrtem Verschlucken ergeben. Genauere Beurtei-
lich zu beeinträchtigen. Auch mit optimal durchge- lungen können durch endoskopische und Röntgen-
führter Physiotherapie sind Kontrakturen und Sko- Untersuchungen erfolgen. Schluckstörungen sind
liosen bei rascher fortschreitenden neuromuskulären eine Indikation für logopädische Behandlungen.
Erkrankungen nicht zu verhindern. Ziel kann es nur Das Andicken von Flüssigkeiten und die Zuberei-
sein, den Verlauf günstig zu beeinflussen. tung leicht zu schluckender Speisen sind wichtige
Hilfen. Ist das Schlucken nicht mehr ausreichend
z Störungen der Lungenfunktion möglich, kann eine perkutane endoskopische Gast-
Schwächen des Zwerchfells, der Interkostal- und der rostomie (PEG) notwendig werden. Hier wird mittels
Bauchmuskulatur können Störungen der Lungen- einer Magenspiegelung eine dünne Sonde durch die
funktion zur Folge haben. Die verschiedenen neuro- Bauchdecke in den Magen bzw. den Dünndarm
muskulären Erkrankungen können in unterschiedli- gelegt.
chem Ausmaß zu diesen Beeinträchtigen führen. Bei
Erkrankungen, die die Atemmuskulatur im Verlauf
regelmäßig mit betreffen, sind regelmäßige Lungen- Beatmung
funktionsuntersuchungen notwendig. Erste klinische Ist bei den verschiedenen neuromuskuläre Erkran-
Zeichen einer Atemfunktionsstörung können nächt- kungen die Atmung beeinträchtigt, muss bei der
liche Störungen der Atmung sein: regelmäßiger mor- Entscheidung, wie beatmet wird, geklärt sein,
gendlicher Kopfschmerz, Unruhe oder Albträume welcher Anteil der Atmung gestört ist (Atemregu-
in der Nacht, das Gefühl, morgens wie gerädert lation, Atemwege bzw. -leitung, Atemmechanik
3.2 · Erkrankungen und Behandlung
59 3
oder Gasaustausch). Ist als Folge einer neuromus- Kennzeichen der COPD
kulären Erkrankung die Atmung beeinträchtigt, 44Hypertrophie (abnorme Vergrößerung) und
sind in der Regel die Atemregulation und der Gas- Hyperplasie (abnorme Vermehrung) der
austausch nicht betroffen. Im Vordergrund steht die bronchialen Schleimdrüsen
beeinträchtigte Atempumpe bzw. die Atemmecha- 44Produktion von zähem, glasigem Schleim (sog.
nik. Die Beeinträchtigung sollte durch die Lungen- Dyskrinie)
funktionsmessung objektiviert und in der Schwere 44Das führt dazu, dass sehr viel Schleim in
beurteilt werden. den Atemwegen produziert wird, der nicht
mobilisiert und durch das mukoziliäre Trans-
> Die Behandlung besteht in einer portsystem abtransportiert wird. Der Schleim
kontrollierten Beatmung, bei der es eine verbleibt somit in den Atemwegen (sog.
vollständige Übernahme der Atemzüge Mukostase).
gibt, in der Regel ohne Sauerstoffgabe, 44Zudem kommt es zu einer Erweiterung der
es sei denn es besteht eine zusätzliche Lufträume distal (also hinter) der terminalen
Lungenerkrankung (COPD). Bronchiolen.
44Das führt im Endeffekt zu einer Destruktion
(Zerstörung) von Lungenparenchym (intaktem
3.2.5 COPD Lungengewebe).

Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung ist


ein häufiger Grund für die Beatmung in der außer- Pathophysiologie der COPD
klinischen Versorgung. Gebräuchlich sind zwei Die anhaltende, chronische Entzündung ist das
Abkürzungen: typische Merkmal dieser Erkrankung. Diese wird
44COPD (englisch): chronic obstructive durch langjährige Inhalation von Noxen (schäd-
pulmonary disease liche Stoffe) verschiedenster Art initiiert und
44COLD (seltener): chronic obstructive lung unterhalten. Dabei entwickelt sich in Laufe der
disease Erkrankung z. B. eine Zunahme des Atemwegswi-
derstandes durch:
Die COPD beschreibt eine 44Bronchokonstriktion (krampfhafte Verengung
44irreversible (durch Behandlung nicht der Atemwege, -leitungen)
umkehrbar), 44Hypertrophie und Hyperplasie der bronchialen
44progressive (immer weiter fortschreitende) Schleimdrüsen
Luftflusslimitierung der Atemwege 44Schleimhautödem der Bronchien
44durch chronische (dauerhaft bestehende),
44obstruktive (verengte Atemwege), Die Zunahme des Atemwegswiderstandes wird
44entzündliche Bronchiolitis (Bronchiolifi- zudem verstärkt durch:
brose) und Lungenparenchymdestruktion 44Atemwegsdeformationen (mechanische
(Emphysem), Verlegung der Atemwege)
44hervorgerufen durch langanhaltende, 44Überblähung, d. h. Betroffene können die
inhalative Noxen. eingeatmete Luft nur teilweise ausatmen, da die
kleinen und kleinsten Atemwege kollabieren
Gruppe von Lungenkrankheiten, die durch und Restluft in der Lunge verbleibt
44Atemnot bei Belastung, (. Abb. 3.5).
44Husten und
44vermehrten Auswurf gekennzeichnet sind (sog. Der Kollaps der Atemwege, die v. a. während der Aus-
AHA-Symptome). atemphase der Exspiration erfolgt, bewirkt dass die
44Sie behindert ist vor allem die Ausatmung Luft in den Lungenbläschen, den Alveolen, „gefan-
(Exspiration). gen“ bleibt.
60 Kapitel 3 · Krankheitslehre

. Abb. 3.5  Endexspiratorischer Endexspiratorischer Kollaps


Kollaps (mit freundlicher Die kleinen und kleinsten
Genehmigung: Isabel Guckes) Atemwege, Bronchioli und
Ductus alveolaris, kollabieren
während der Ausatmung bzw.
der Exspiration.

> Dieses Phänomen nennt man Airtrapping ist eine verringerte Durchblutung der Lunge,
(gefangene Luft in den Alveolen). Die Luft also eine Störung der Perfusion.
kann zwar bei der Einatmung ein-, bei 44Die verringerte Durchblutung der Lunge führt
der Ausatmung aber nur sehr erschwert dann zu einer Rarifizierung der pulmonalen
ausströmen. Kapillaren. Diese nehmen in der Anzahl ab.
Damit verringert sich die Oxygenierung. Die
Diese gefangene Luft führt zu einer Überblähung der Sauerstoffaufnahme wird beeinträchtigt und
Alveolen und zu einem intrinsischen PEEP (PEEPi = der Gefäßwiderstand steigt an.
intrinsic PEEP). Dieses Phänomen behindert den an 44Die Blutmenge, die der rechte Ventrikel in
COPD Erkrankten insbesondere unter Belastungs- die Lunge pumpt, muss gleich derjenigen
bedingungen, das Atemminutenvolumen nicht sein, welche der linke Ventrikel in den großen
durch eine Erhöhung der Atemfrequenz anpassen Körperkreislauf pumpt. Erhöht sich der
zu können. Widerstand im Lungengefäßsystem, muss der
44Der intrinsische PEEP, der sog. innere dauerhafte rechte Ventrikel eine verstärkte Pumpkraft
Überdruck in den Alveolen der Lunge, führt zu aufbringen. Wenn der Lungenhochdruck durch
einer messbaren Zunahme der FRC, RV/TLC in die Rarifizierung der Kapillaren zur Rechts-
der Bodyplethysmografie (7 Abschn. 1.4.5). herzschwäche führt, kann die Blutmenge nicht
44Die chronische Überblähung der ganzen Lunge mehr transportiert werden und es entstehen
begrenzt schrittweise das Einatemvolumen. periphere Ödeme.
44Die Überbähung kann zu einer Kapillarkom-
pression führen. Die kleinen Blutgefäße der Die . Abb. 3.6 bis . Abb. 3.8 sollen die Problematik
Lunge werden zusammengedrückt. Die Folge der COPD verdeutlichen:

. Abb. 3.6  Atemwegskollaps – Obstruktion (= Verengung) (mit freundlicher Genehmigung: Isabel Guckes)
3.2 · Erkrankungen und Behandlung
61 3

. Abb. 3.7  Intrinsic PEEP (= PEEPi) (mit freundlicher Genehmigung: Isabel Guckes)

Die Luft verbleibt in den Alveolen und ist dort


gefangen (Airtrapping). Das erhöht ­innerhalb der
Lungenbläschen (intraalveolär) den Luftdruck, der
„intrinsic PEEP“ entsteht. Der „intrinsic PEEP“ führt
zur Überblähung der Alveolen. Diese Überblähung
der Alveolen führt zum Emphysem (. Abb. 3.7).
Um den Atemwegskollaps bei der Ausatmung
zu vermeiden, muss der Erkrankte rasches Atmen
vermeiden und die Ausatemzeit verlängern. Dies
führt zu einer eingeschränkten Ventilation (Belüf-
tung). Eine unzureichende Belüftung hat zur Folge,
dass nicht ausreichend „alte Luft“ aus den Alveolen
abgeatmet wird und nicht ausreichend „neue Luft“ in
. Abb. 3.8  Hyperkapnie (mit freundlicher Genehmigung: die Alveolen aufgenommen werden kann. Eine unzu-
Isabel Guckes)
reichende Ventilation erhöht den CO2-Wert in der
Alveole. Der pCO2-Wert steigt auch in der Kapillare
Bei der Einatmung kann die Luft gut in die und bedeutet eine „Hyperkapnie“ (. Abb. 3.8). Diese
Alveolen ein- (symbolisiert durch den hineingehen- wird auch dadurch hervorgerufen, dass die Alveolar-
den Pfeil), bei der Ausatmung jedoch nur erschwert oberfläche durch das Emphysem reduziert und die
wieder ausströmen, weil die kleinen Atemwege kol- alveolokapilläre Membran fibrosiert ist.
labieren (Pfeil, der an der gestrichelten Linie stoppt).
Zusätzlich sind die verengten obstruktiven Atem-
wege gekennzeichnet durch die engen wellig-gestri- Klinische Symptome der COPD
chelten Linien der Atemwege (. Abb. 3.6). Durch Die erkennbaren Symptome der COPD sind die sog.
einen Bronchospasmus, eine Hypertrophie und „AHA”-Symptome:
Hyperplasie der bronchialen Schleimdrüsen und 44Atemnot
ein Schleimhautödem verengen sich die Atemwege 44Husten
dauerhaft (→ Obstruktion). 44Auswurf
62 Kapitel 3 · Krankheitslehre

Bestehen diese über einen längeren Zeitraum fort, flussunwirksame Anstrengung der Atemmuskula-
ohne nachzulassen, besteht bei entsprechender tur) → eine erhöhte Atemanstrengung, die musku-
Risikoanamnese die Verdachtsdiagnose COPD. Im läre Belastung ist größer als die muskuläre Kapazität.
Verlauf der Erkrankung zeigen sich weitere Krank-
heitsfolgen, so dass man von einer Systemerkran-
kung spricht: Beatmung bei COPD
3 44Chronische, rezidivierende Infekte Bei der COPD ist die Atmung multifaktoriell beein-
44Chronische Luftnot trächtigt. Zunächst sind alle konservativen medizi-
44Ggf. Gewichtsabnahme und muskuläre nischen Maßnahmen auszuschöpfen, um eine Nor-
Erschöpfung malisierung der Atemfunktion zu erreichen. Dies
44Osteoporose betrifft die geschulte Verwendung von Antiobstruk-
44Ängste tiva, Krankheitsaufklärung, Nikotinentwöhnungs-
44Gefäßsklerosierungen programme, Immunisierung, stationäre und ambu-
44Herzinsuffizienz lante Rehabilitationsmaßnahmen. Sollte dennoch
44Depression eine gehäufte Exazerbationsrate auftreten oder eine
44Stoffwechselstörungen deutliche pulmonale/muskuläre Erschöpfung mit
Hyperkapnie nachweisbar sein, sollte eine Heimbeat-
mung angeboten werden. Bei der Entscheidung, wie
Stadieneinteilung beatmet wird, muss geklärt sein, welcher Anteil der
Die Stadieneinteilung richtet sich nach der Klinik des Atmung (Atemregulation, Atemwege bzw. -leitung,
Patienten, Exazerbationshäufigkeit und den Ergebnis- Atemmechanik oder Gasaustausch) gestört ist. In
sen einer Lungenfunktionsdiagnostik (. Tab. 3.9). Bei diesem Fall ist die Atemregulation erhalten. Jedoch
der neuen COPD-Einteilung, die seit 2012 gilt, werden sind die Atemwege bzw. -leitungen, die Atemmecha-
die Anzahl der Exazerbationen (akute Verschlechte- nik und der Gasaustausch gestört.
rung der COPD-Erkrankung) sowie der CAT- oder 44Der Atemantrieb durch das Atemzentrum ist
MRC-Score mit einbezogen. Die CAT- und MRC- nicht gestört.
Skalen sind Beurteilungsinstrumente zur Beurtei- 44Die Atemwege sind aufgrund der chronischen
lung der Luftnot (. Abb. 3.9, . Tab. 3.9, . Tab. 3.10 Obstruktion verengt.
und . Tab. 3.11). 44Die Atemmechanik ist aufgrund der dauer-
COPD Patienten müssen viel „isometrische haften Überblähung gestört. Das Zwerchfell,
Atemarbeit” leisten, um den intrinsischen PEEP als Hauptatemmuskel, ist stetig überdehnt,
zu überwinden („isometrische Atemarbeit” = abgeflacht. Das erschwert die Atemarbeit.

. Tab. 3.9  Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease (GOLD) – alte Einteilung (mit freundlicher
Genehmigung: R. Cegla GmbH & CO.KG, Horresser Berg 1, 56410 Montabaur http://www.leichter-atmen.de/copd-
gold-stadien

COPD-Stadium FEV1 (Sollwert = 100 %) FEV1/FVC

I (leicht) ≥ 80 % Soll < 70 %


II (mittel) 50–80 % Soll < 70 %
III (schwer) 30–50 % Soll < 70 %
IV (sehr schwer) ≤ 30 % Soll oder < 70 %
< 50 % Soll plus chronische respiratorische Insuffizienz
3.2 · Erkrankungen und Behandlung
63 3

. Abb. 3.9  CAT-Skala

44Der Gasaustausch ist gestört. Es besteht eine 3.2.6 Obesitas


Hypoxie wegen der Lungendestruktion und Hypoventilationssyndrom (OHS)
der Rarifizierung der Lungenkapillaren und
eine Hyperkapnie wegen der unzureichenden Das Obesitas Hypoventilationssyndrom (OHS)
Ventilation. beschreibt das Vorhandensein einer Adipositas mit
einem erhöhten Body-Mass-Index (BMI) > 30 kg/m2
> Die Behandlung erfolgt durch assistierte und einer chronischen alveolären Hypoventilation.
und teilkontrollierte Beatmung mit Daraus resultiert eine Hypoxämie und eine Hyper-
verstärkten Atemzügen und zusätzlicher kapnie (PaCO2 > 45 mmHg/6 kPa) im Wachzustand
Sauerstoffgabe. oder Schlaf unter Ruheatmung. Die Betroffenen
64 Kapitel 3 · Krankheitslehre

. Tab. 3.10  Neue COPD Einteilung (seit 2012) (mit freundlicher Genehmigung: R. Cegla GmbH & CO.KG, Horresser
Berg 1, 56410 Montabaur http://www.leichter-atmen.de/copd-gold-stadien

Schweregrad COPD-Stadium Exazerbationsrisiko Symptomatik

A I–II Niedrig (0–1 Exazerbationen/Jahr) Wenige Symptome


3 CAT < 10
mMRC 0–1
B I–II Niedrig (0–1 Exazerbationen/Jahr) Vermehrte Symptome
CAT ≥ 10
mMRC ≥ 2
C III–IV Hoch (≥ 2 Exazerbationen/Jahr) Wenige Symptome
CAT < 10
mMRC 0–1
D III–IV Hoch (≥ 2 Exazerbationen/Jahr) Vermehrte Symptome
CAT ≥ 10
mMRC ≥ 2

. Tab. 3.11  MCR-Skala

Atemnot Punkte

Nie Atemnot, außer bei maximaler körperlicher Anstrengung 0


Atemnot bei Anstrengung in der Ebene oder leichter Steigung 1
Atemnot bei normalem Gehtempo (altersentsprechend) oder häufigere Atempausen 2
Atemnot nach 100 Metern in der Ebene oder wenigen Minuten 3
Atemnot beim Anziehen, Patient kann das Haus nicht verlassen 4

sind formal nicht lungenkrank. Lungenfunktionell 44Polyglobulie (Vermehrung der roten


ist dennoch eine Restriktion (Lungenausdehnungs- ­Blutkörperchen/Erythrozyten größer als
behinderung) nachweisbar. Normwerte)

Klinik und Symptome Weitere pathophysiologische


44Tagesschläfrigkeit Mechanismen
44Rasche Erschöpfung 44Regelhaft nachweisbare obstruktive Schlaf-
44Atemnot bei leichter Belastung apnoe (oSAS)
44Kopfschmerzen 44Gestörte Atemmechanik, extrathorakal
44Zeichen einer rechtskardialen mit restriktiver Ventilationsstörung,
Dekompensation instabile Atemwege mit exspiratorischem
44Pulmonalen Hypertonie Kollapsphänomen
3.2 · Erkrankungen und Behandlung
65 3
44Erhöhte Atemarbeit Beatmung sein. Eine Beatmungspflichtigkeit resul-
44Gestörte zentrale Atemregulation mit einem tiert bei Nachweis einer restriktiven Ventilations-
verminderten Atemantrieb auf hypoxische und störung, Hypoxämie oder Hyperkapnie und den
hyperkapnische Stimuli klinischen Beschwerden, Müdigkeit, Luftnot und
Leistungseinschränkung. Die Dehnungsfähigkeit
der Lunge oder der Thoraxwand (Compliance) ist bei
Beatmung bei OHS diesen Krankheitsbildern erheblich eingeschränkt.
Ist bei Adipositas die Atmung beeinträchtigt, muss Es besteht außerdem eine Einschränkung des Ven-
bei der Entscheidung, wie beatmet wird, geklärt tilationsvermögens durch eine erhöhte Atemarbeit.
sein, welcher Anteil der Atmung (Atemregulation,
Atemwege bzw. -leitung, Atemmechanik oder Gas-
austausch) gestört ist. Bei bestehender Überlappung Thorakal restriktiven Erkrankungen
zu einer nächtlichen obstruktiven Atemstörung emp- Mögliche Indikation für die Beatmung
fiehlt sich eine Polygrafie bzw. Polysomnografie. Bei (Übersicht aus der S2 Leitlinie Nichtinvasive und
OHS ist die Atemregulation zentral oft gestört, bei invasive Beatmung als Therapie der chronischen
der eine Hyperkapnie oder eine Hypoxie einen nor- respiratorischen Insuffizienz, DGP 2009):
malen Atemantrieb nicht veranlasst. Ursache st die 55Skoliosen
langanhaltende Atemmechanikstörung durch das 55Kyphose
sehr hohe Übergewicht. 55Kielbrust
55Trichterbrust
> Die Behandlung erfolgt primär bei Nachweis 55Morbus Bechterew
eines oSAS durch eine nasale CPAP-Therapie 55Restriktive Pleuraerkrankungen
zur Beseitigung der nächtlichen Hypoxie. 55Post-Tbc-Syndrom
55Post-traumatische Thoraxdeformität
Bei Ausbleiben einer Besserung der nächtlichen 55Post-operative Thoraxdeformität, bei
Hyperkapnie wird eine NIV-Beatmung (nichtin- Thorakoplastik
vasive Beatmung) als kontrollierte Beatmung emp-
fohlen, bei der es eine vollständige Übernahme der
Atemzüge gibt, eine zusätzliche Sauerstoffsubstitu-
tion ist häufig notwendig. Probleme der thorakal restriktiven
Kriterien: Erkrankungen
44Anhaltend > 5 min. nächtliches pCO2 > Anatomische Änderungen der Wirbelsäule und des
55 mmHg/7,3 kPa Thorax führen zu funktionellen Einschränkungen:
44pCO2 > 10 mmHg/1,3 kPa nachts im Vergleich 44Torsion der Atemwege (Verdrehung der
zum Wachzustand Atemwege)
44Entsättigung SpO2 < 80 % für mehr als 10 min. 44Verringerung des Lungenvolumens
44Zwerchfellfunktionsbehinderungen
44Geänderte Rippenstellung
3.2.7 Thorakal restriktive
Erkrankungen Bodyplethysmografisch stellt sich eine restriktive
Ventilationsstörung dar, die eine Verringerung des
Thorakal restriktive Erkrankungen beinhalten funktionellen Lungenvolumens anzeigt und einer
schwere Verformungen des Rumpfskeletts durch reduzierten Compliance (Dehnungsfähigkeit) von
Änderung der Wirbelsäulenform (Beugung Kyphose, Lunge und Thoraxwand entspricht. Ist das Lungen-
Verdrehung Skoliose) oder der Thoraxwand. Diese volumen kleiner als 50 % der normalen totalen Lun-
Verformungen können die Atmung behindern und genkapazität (TLC), spricht man von einer schwe-
eine Indikation für eine dauerhafte außerklinische ren restriktiven Ventilationsstörung. Eine ungünstige
66 Kapitel 3 · Krankheitslehre

Atemmechanik kann zu Entsättigungen und Hyper- Fazit


kapnie führen. 55Die nichtinvasive Beatmung ist ein
Indikationen zur NIV: Angebot bei Betroffenen mit schweren,
Klinische Symptome der Hypoventilation und fortgeschrittenen chronischen Erkrankungen,
mindestens einer der folgenden Befunde: die das Atmungssystem betreffen, zunächst das
44Chronische Tages-Hyperkapnie mit pCO2 ≥ subjektive Erleiden von Luftnot zu lindern und
3 45 mmHg/6 kPa damit eine Verbesserung der Lebensqualität zu
44Nächtliche Hyperkapnie mit pCO2 ≥ erreichen.
50 mmHg/6,6 kPa 55Eine Klärung der Erkrankungsentität, welche zur
44Bei Normokapnie am Tag mit Anstieg des Ateminsuffizienz geführt hat, ist obligat. Eine
pTcCO2 um ≥ 10 mmHg/1,3 kPa in der Nacht entsprechende fachspezifische Behandlung ist
44Rasche relevante Abnahme der VC einzuleiten.
55Die Objektivierung subjektiver Atembeschwerden
Ziele der Beatmung bei thorakal restriktiven muss durch entsprechende Funktionsunter-
Erkrankungen: suchungen bewiesen werden.
44Beseitigung der Hypoventilation 55Die Kenntnis des krankheitsspezifischen
44Verhinderung der Hyperkapnie Funktionsausfalls bestimmt die Beatmungsform.
44Übernahme der Atemarbeit 55Bei Erkrankungen, die die zentrale Atemregulation
44Ggf. Versorgung mit Sauerstoff betreffen, wird die Beatmung als kontrollierte
Beatmung durchgeführt.
55Bei Erkrankungen, die die Atemwege oder die
Beatmung bei thorakal restriktiven Atemmechanik betreffen, ist die Beatmung
Erkrankungen zunächst assistiert, später kontrolliert. Es steht
Ist bei thorakal restriktiven Erkrankungen die die Verabreichung vertiefter Atemzüge im
Atmung beeinträchtigt, muss bei der Entscheidung, Vordergrund.
wie beatmet wird, geklärt sein, welcher Anteil der 55Bei Erkrankungen, bei denen eine
Atmung gestört ist (Atemregulation, Atemwege Gasaustauschstörung im Vordergrund steht,
bzw. -leitung, Atemmechanik oder Gasaustausch). wird eine assistierte oder kontrollierte Beatmung
In diesem Fall ist die Atemregulation erhalten. Die durchgeführt mit zusätzlicher Sauerstoffgabe.
Atemwege sind erhalten, eine Beeinträchtigung Störungen des Gasaustausches weisen auf eine
ergibt sich ggf. aus der Torsion der Atemwege. Die erkrankte Lunge hin.
Atemmechanik ist restriktiv gestört. Der Gasaus- 55Die durchgeführten Beatmungstherapien sind
tausch ist nicht gestört. individuell anzupassen.

> Die Behandlung erfolgt durch eine


assistierte oder kontrollierte Beatmung, Weiterführende Literatur
mit vergrößerten Atemhüben, ggf. mit
Artmann F, Hader C, Rühle KH und Rasche K (2009). Die
Sauerstoffgabe, falls dieser wegen der Diffusionskapazität in der täglichen Praxis, Atemw.-
Restriktion dauerhaft gestört ist. Lungenkrkh., Jahrgang 35, Nr. 1/2009, S. 10–17. http://
lungenfunktion.eu/grundlagen/diffusion.htm, Recherche
Kriterien für eine Beatmung: 28.02.2016.
ASIA American Spinal Injury Association http://www.asia-
Symptome der Hypoventilation bei mindestens
spinalinjury.org/elearning/International%20Stds%20
einem der folgenden Befunde: Diagram%20Worksheet%2011.2015%20opt.pdf, http://
44Chronische Tages-Hyperkapnie mit pCO2 ≥ www.asia-spinalinjury.org/index.php, Recherche 3.3.2016
45 mmHg/6 kPa Brodbeck DK (2010). Die psychosoziale Anpassung an
44Nächtliche Hyperkapnie mit pCO2 ≥ Querschnittslähmung: Eine empirische Untersuchung
Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades
50 mmHg/6,6 kPa