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WANN SPIELT

B E R L I N A U C H
IN
I R T S C H A F T
DIE W
E I N E R O L L E ?

WACHSTUM
UND WETTBEWERB
Liberale Wirtschaftspolitik für Berlin
Positionspapier
„Wohlstand für alle und Wohlstand durch Wettbewerb
gehören untrennbar zusammen;
das erste Postulat kennzeichnet das Ziel,
das zweite den Weg, der zu diesem Ziel führt.“

Ludwig Erhard

INHALT

Einleitung..................................................................................................................... 4

1. Berlin als Bundesland und Hauptstadt............................................................. 5


1.1 Bundespolitische Rahmenbedingungen als Voraussetzung für wirtschaftliche Prosperität,
auch in Berlin...........................................................................................................................5
1.2 Der Bund als Akteur in Berlin....................................................................................................5

2. Rahmenbedingungen (für Wachstum setzen).................................................. 7


2.1 Staat als Dienstleister statt bürokratischer Doppelstrukturen! – Modernisierung der
Berliner Verwaltung und Verwaltungsstrukturen........................................................................7
2.1.1 Einstellungswandel in der Berliner Verwaltung und Politik.........................................................7
2.1.2 Verwaltungsreform und Bürokratieabbau..................................................................................8
2.1.3 Bürokratiekostenabbau für Unternehmen............................................................................... 10
2.1.4 Die öffentliche Hand als Auftraggeber (mittel- und unmittelbar).............................................. 10
2.2 Landesbeteiligungen: Wettbewerb statt verfilzter Staatswirtschaft.......................................... 11
2.2.1 Beteiligungsportfolio.............................................................................................................. 11
2.2.2 Beteiligungsmanagement....................................................................................................... 12
2.3 Verbundene Politikfelder − ganzheitlich übergreifender liberaler Politikansatz statt
sozialistischer Kleinstversuche............................................................................................... 12
2.3.1 Stadtentwicklung, Infrastruktur und Verkehr........................................................................... 12

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2.3.2 Arbeitsmarktpolitik................................................................................................................. 13
2.3.3 Bildungspolitik. Kita – Schule – berufliche Bildung und Hochschulen....................................... 14
2.3.4 Entschieden dem Fachkräftemangel begegnen....................................................................... 15
2.4 Haushalts- und Finanzpolitik................................................................................................... 16
2.4.1 Haushaltskonsolidierung........................................................................................................ 16
2.4.2 Steuer- und Abgabenpolitik in Berlin....................................................................................... 16
2.5 Schattenwirtschaft eindämmen – Leistungserschleichung, Schwarzarbeit und
Steuerhinterziehung bekämpfen............................................................................................. 17
2.6 Unternehmensgründungen und Förderpolitik.......................................................................... 18
2.6.1 Unternehmensgründungen..................................................................................................... 18
2.6.2 Förderpolitik.......................................................................................................................... 18
2.7 Industriepolitik und produzierendes Gewerbe......................................................................... 19

3. Bestandsmanagement/Unternehmensservice.............................................. 21
3.1 Entwicklungen als Chance nutzen.......................................................................................... 21
3.2 Wirtschaftscluster..................................................................................................................22
3.2.1 Gesundheitswirtschaft...........................................................................................................22
3.2.2 Kommunikation, Medien und Kulturwirtschaft.........................................................................23
3.2.3 Verkehr und Mobilität.............................................................................................................23
3.3 Handwerk und KMU............................................................................................................... 24
3.4 Tourismuswirtschaft............................................................................................................... 24
3.5 Immobilienwirtschaft..............................................................................................................25
3.6 Energiewirtschaft...................................................................................................................26
3.7 Ethnische Ökonomie..............................................................................................................27

4. Standortmarketing........................................................................................... 28

5. Berlins Potentiale aktivieren .......................................................................... 29


5.1 Berlins Wissenschaftspotentiale ausschöpfen ........................................................................29
5.2 Berlins Messe- und Kongressstandorte gezielt stärken............................................................30
5.3 Berlins Wirtschaftsansiedlung konzentrieren...........................................................................30
5.4 Metropolregion Berlin/Brandenburg im Herzen Europas......................................................... 31

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Einleitung

Berlin schneidet im bundesweiten Vergleich bei fast allen volkswirtschaftlichen Kennziffern am schlech-
testen ab. Die Folge ist ein unterdurchschnittlicher Lebensstandard und die höchste Zahl an – meist
geringqualifizierten – arbeitslosen und armen Menschen. In keinem anderen Bundesland leben so viele
Menschen von staatlichen Transferleistungen, sind die sozialen Brennpunkte und Problemkieze so groß
wie hier.

Zwar belegen jüngste Studien einen dynamischen Aufholprozess in einigen Feldern, dies lässt sich aber
nicht auf die gesamte Wirtschaft übertragen. Auch das relativ bessere Wachstum des Bruttoinlandspro-
duktes (BIP) im Vergleich zu den anderen Bundesländern in den letzten Jahren ist primär durch eine der
Hauptschwäche Berlins, nämlich der mangelnden Exportorientierung, begründet. Mit dem Überwinden
der weltweiten Wirtschaftskrise wird die Wachstumsrate in Berlin voraussichtlich wieder deutlich zu-
rückfallen.

Die Ursache des Problems ist die mangelnde wirtschaftliche Prosperität in unserer Stadt. Berlin fehlt
es an Unternehmern genauso wie an privatem Kapital, das in der Stadt investiert wird. Die Menge an
Vorschriften und Regelungen macht Berlin ferner zu dem Bundesland mit der höchsten wirtschaftlichen
Unfreiheit des Einzelnen. Die politischen Wettbewerber haben sich mit dieser Situation abgefunden und
beschäftigen sich im Rahmen ihrer Sozial-, Arbeitsmarkt- oder Integrationspolitik mit der Bekämpfung
von Symptomen dieser Situation. Lediglich wir Liberale konzentrieren uns darauf, die Ursachen zu ana-
lysieren und Lösungen zu entwickeln, die Wachstum erzeugen.

Ziel liberaler Politik ist die Entwicklung einer prosperierenden, wachsenden Metropole, in der der Le-
bensstandard der Menschen insgesamt wächst, ausreichend Erwerbschancen für alle bestehen und sich
jedem die Chance bietet, seinen Lebensweg eigenverantwortlich und selbstbestimmt zu beschreiten.

Die Voraussetzung hierfür ist Wirtschaftswachstum. Die Politik in Berlin hat sich dafür wieder stärker an
den Grundlagen unserer marktwirtschaftlichen Ordnung auszurichten (siehe Fraktionspapier „Grundla-
gen der Sozialen Marktwirtschaft“ von Volker Thiel). Nicht der Staat kann kontinuierliche Wachstumsef-
fekte erzeugen, sondern nur die Unternehmen und Bürger. Der Staat hat Rahmenbedingungen zu schaf-
fen, um die weitestgehend von staatlichen Einflüssen freie wirtschaftliche Betätigung des Einzelnen zu
ermöglichen.

Jede Entscheidung, die Wachstum fördert und damit Arbeit und Wohlstand schafft, ist dabei von der
Politik zu unterstützen. Jede Maßnahme, die Arbeit und Wohlstand schadet, ist zu unterlassen.

Alle Politikfelder und die Verwaltung haben sich an diesem Leitmotiv zu orientieren. Nach sozialistischer
Politik in der geteilten Stadt, zur Zeit der großen Koalition und vor allem des rot-roten Senats in den
letzten zehn Jahren ist die Politik an den Grundlagen der Sozialen Marktwirtschaft neu auszurichten!

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1. Berlin als Bundesland und Hauptstadt

Berlin ist zugleich Kommune, Bundesland und deutsche Hauptstadt. Im Vergleich mit den beiden an-
deren Stadtstaaten Hamburg und Bremen zeigen sich Besonderheiten: Berlins Pro-Kopf-Verschuldung
ist im Verhältnis zu Hamburg um ein Viertel höher, während das Pro-Kopf-BIP nur 48 % des Hamburger
Niveaus erreicht. Im Verhältnis zur Bevölkerung hat Berlin einen Öffentlichen Dienst, der um mindestens
20.000 Vollzeitstellen zu groß ist. Daraus ergeben sich drei grundsätzliche Forderungen:

1. Verschlankung und Professionalisierung des Öffentlichen Dienstes,


2. Schaffung wirtschaftsfreundlicherer Rahmenbedingungen und
3. Zurückführung der Verschuldung durch Ausgabenkürzungen, Personalabbau und Ver-
mögensaktivierung.

Berlin ist eine sehr kreative Stadt. Berlin wird jedoch nicht als ein zukünftig prosperierender Wirtschafts-
standort für lohnende Investitionen wahrgenommen. Darunter leiden die Attraktivität und die Vermark-
tungsfähigkeit der Stadt. Berlin ist als Wirtschafts- und Investitionsstandort in Deutschland und Europa
bewusst weiter zu entwickeln und zu vermarkten.

1.1 Bundespolitische Rahmenbedingungen als Voraussetzung für wirtschaftliche Pros-


perität, auch in Berlin
Die bundesrechtlichen Rahmensetzungen haben einen bedeutenden Anteil für die wirtschaftliche Ent-
wicklung, auch in Berlin. Es ist daher entscheidend, dass die von der FDP auf Bundesebene im Koaliti-
onsvertrag durchgesetzten Inhalte umgesetzt werden. Dazu gehören v.a. Änderungen im Unternehmens-
steuerrecht und die beabsichtigte Steuerentlastung und -vereinfachung. Ebenso ein durchgreifender
Bürokratieabbau sowie Rahmen-setzungen, die die Kreditvergabe verbessern. Förderpolitik muss auf
Anschubförderungen für mittelständische Unternehmen konzentriert werden.

Grundsätzlich gilt, dass ein stabiles Wachstum der bundesdeutschen Wirtschaft die Voraussetzung für
die Möglichkeit einer positiven Entwicklung auch in Berlin ist.

1.2 Der Bund als Akteur in Berlin


Der Bund und die übrigen Bundesländer leisten mit jährlich über 5 Mrd. EUR einen nicht unerheblichen
Beitrag zur Finanzierung Berlins. Leider haben der rot-rote Senat und der Regierende Bürgermeister
immer noch nicht begriffen, dass eine weitergehende Unterstützung Berlins auch vom Auftreten des Se-
nats auf der Bundesebene abhängt. Wer kontinuierlich mit einer Mischung aus Forderungen, Anfeindun-
gen und Drohungen an den Bund herantritt, die Solidarpakt-II-Mittel in den letzten Jahren zweckwidrig
verkonsumiert hat, im Sozialbereich verschwenderischer als die übrigen Bundesländer ist und auch im
Übrigen seine Hausaufgaben vor Ort nicht macht, ist ein schlechter Sachwalter der Berliner Interessen
auf Bundesebene.

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So sind nur geringe Konsolidierungshilfen, mangelndes Entgegenkommen bei den hauptstadtbedingten
Sicherheitsausgaben und das Infragestellen des Länderfinanzausgleichs durch die Geberländer auch
eine Konsequenz des kurzsichtigen Auftretens des rot-roten Senats.

Zur Verfügung gestellte Bundesmittel, wie bspw. für den wichtigen Weiterbau der A100, sind vom Se-
nat zügig einzusetzen und nicht durch eine jahrelang andauernde, ideologisch-motivierte Debatte, zum
Schaden der Stadt zu blockieren.

Der Nachzug der übrigen Bundesministerien aus Bonn nach Berlin ist zu unterstützen und mit einem
konkreten Umsetzungsvorschlag von Seiten Berlins zu begleiten.

Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung wurde die verstärkte Schaffung von Modellregionen verein-
bart, um exemplarisch innovative Regelungen in der Praxis zu überprüfen. Der Senat ist aufgefordert,
sich bei der Bundesregierung aktiv um den Status als Modellregion zu bewerben, dies gilt z.B. für die
Bereiche Bürokratiekostenabbau, Verkehrslogistik, Arbeitsmarkt- und Wirtschaftsförderpolitik.

Key Essentials 1:

• Die Rolle Berlins als Kommune, Bundesland und Bundeshauptstadt würdigen.


• Berlin als Wirtschafts- und Investitionsstandort weiter entwickeln und vermarkten.
• Die Bundesrepublik setzt wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen auch für Berlin.
• Umsetzung der Forderungen aus dem Koalitionsvertrag der Bundesregierung (Unter-
nehmenssteuerrecht, Steuerentlastung und -vereinfachung, Bürokratieabbau, Kredit-
versorgung, Konzentration auf Anschubförderungen).
• Der Senat muss die Interessen Berlins bei der Bemühung um Zuwendung des Bundes
stärker berücksichtigen.
• Der Nachzug der übrigen Bundesministerien nach Berlin ist voranzutreiben.
• Der Senat muss sich aktiv um den Status einer Modellregion bewerben.

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2. Rahmenbedingungen (für Wachstum setzen)

Die Politik muss auch in Berlin wieder ein Garant für eine freiheitliche Wirtschaftsordnung werden. Das
Leistungsprinzip und der Aufbau von Wettbewerbsstrukturen sind elementare Grundlagen, die im Ergeb-
nis auch zu unterschiedlichen Lebenssituationen führen können. Der Begriff der „Gerechtigkeit“ darf
daher nicht länger für Neiddebatten missbraucht werden, sondern ist auf die Bedeutung von Startchan-
cengerechtigkeit in unserer Gesellschaft auszurichten.

Die immer weitergreifende staatliche Bevormundung, die Tendenz immer mehr Lebensräume zu regeln
und zu reglementieren („Verbieten lässt sich alles!“) ist einzustellen. Die ökologisch sinnlose Umweltzo-
ne, das restriktive Nichtraucherschutzgesetz oder das geplante Klimaschutzgesetz zu Lasten der Eigen-
tümer und Mieter stehen beispielhaft für diese Entwicklung. Liberale Politik bedeutet: Im Zweifel für die
freie Verantwortlichkeit des Einzelnen!

2.1 Staat als Dienstleister statt bürokratischer Doppelstrukturen! – Modernisierung


der Berliner Verwaltung und Verwaltungsstrukturen

2.1.1 Einstellungswandel in der Berliner Verwaltung und Politik


Eine nachhaltige Verbesserung der wirtschaftlichen Perspektiven der Stadt benötigt einen tiefgreifen-
den Mentalitätswechsel bei den politischen Entscheidungsträgern und den einzelnen Verwaltungsmit-
arbeitern.

Das Verständnis für betriebswirtschaftliche Grundregeln ist dafür Voraussetzung. Jede Entscheidung
muss unter der Fragestellung, ob wirtschaftliches Handeln erleichtert oder erschwert wird, getroffen
werden.

Die Berliner Verwaltung und Politik darf Unternehmer und wirtschaftlich Handelnde nicht zunächst als
lästige Bittsteller oder gar unerwünschten „Klassenfeind“ begreifen. Vielmehr müssen die Leistungsträ-
ger in unserer Gesellschaft wieder viel stärker gewürdigt werden. Durch ihre unternehmerische Betä-
tigung ermöglichen sie eine auskömmliche Finanzierung unseres Gemeinwesens und geben durch das
Angebot von Arbeitsplätzen vielen Menschen eine Perspektive. Wertungen über einzelne Unternehmun-
gen haben zu unterbleiben. Berlin kann es sich nicht leisten in „gute“ und „schlechte“ Unternehmen zu
unterteilen. Jede Arbeit und damit jeder Arbeitsplatz in Berlin ist gute Arbeit. Dies gilt auch für Zeitarbeit.

Alle politisch und gesellschaftlich Verantwortlichen in Berlin müssen sich darüber klar werden, dass
nur mit der Einbindung von Privaten den Anforderungen an unser Gemeinwesen effizient entsprochen
werden kann. Eine effektive Zusammenarbeit mit Privaten erfolgt auch durch Übertragung von Aufgaben
oder Nutzung von Investitionskapital, etwa über Öffentlich-private-Partnerschaften (ÖPP).

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2.1.2 Verwaltungsreform und Bürokratieabbau
Nur mit einer grundlegenden Reform seiner Verwaltung wird sich Berlin dynamisch zu einer zukunftsfä-
higen Metropole entwickeln können. Die Berliner Verwaltung muss Dienstleister für Bürger und Unter-
nehmen werden. Die andauernde und perspektivisch nicht endende Diskussion über mehr Zentralismus
oder mehr Dezentralisierung ist durch eine klare Output-Orientierung pragmatisch aufzulösen. Die Ver-
waltung muss dazu an ihrem Output als Dienstleister gemessen werden. Schnelligkeit, Servicegrad und
Zuverlässigkeit aus der Sicht von Bürgern und Unternehmen sind dafür die entscheidenden Faktoren.
Gleichzeitig ist eine möglichst hohe Effizienz des Verwaltungshandelns zu sichern. Dazu sind transpa-
rente,

leistungsbezogene Kosten- und Ergebnisrechnungen sowie regelmäßig durchzuführende valide Verglei-


che von Kosten und Servicequalität einzuführen.

Grundlage einer Optimierung der Verwaltung ist zum Ersten die konsequente Fortführung der Staats-
aufgabenkritik. Die Zuständigkeiten und Kompetenzen der Verwaltung müssen auf das notwendige Maß
begrenzt werden. Vorschläge wurden in den letzten Jahren zur Genüge erarbeitet, es fehlt jedoch am
politischen Willen diese umzusetzen (dies gilt z.B. für die Vorschläge der „Scholz-Kommission“ oder
der Enquete-Kommission „Eine Zukunft für Berlin“). Bisherige staatliche Aufgaben sollten so weit wie
möglich im Wettbewerb auf private Anbieter übertragen werden. Zudem muss nicht die Abschaffung,
sondern die Schaffung und Erhaltung von Regelungen begründet werden.

Sämtliche Genehmigungsverfahren sind dahingehend zu überprüfen, ob eine Umwandlung in ein An-


zeigeverfahren erfolgen kann. Ausnahmen, also die Beibehaltung der Genehmigungs-pflicht, bedürfen
einer Begründung. Für alle Genehmigungs- und Verwaltungsverfahren ist eine Genehmigungsfiktion ein-
zuführen. D.h., wenn innerhalb einer festgesetzten Frist kein Bescheid erfolgt, gilt die Genehmigung
automatisch als erteilt. Neue Gesetze oder Verordnungen sollen wenn möglich auf fünf Jahre befristet
werden, bestehende Vorschriften überprüft und ggf. nochmals bestätigt werden. Evaluationen sind da-
bei auf das Wesentliche zu konzentrieren.

Zweitens müssen die Verwaltungsabläufe und -strukturen reformiert werden: Die bestehenden Verwal-
tungsprozesse sind deutlich zu vereinfachen und zu straffen. Eine standardisierte und abgestimmte
Vollziehung der Verwaltungsvorschriften ist vorzunehmen, damit keine ungleichen Wettbewerbsbedin-
gungen entstehen.

Darüber hinaus ist die Anzahl beteiligter Organisationseinheiten auf das mögliche Mindestmaß zu be-
grenzen. Wann immer möglich, ist die Bearbeitung von Verwaltungsvorgängen auf eine einzige Orga-
nisationseinheit zu beschränken bzw. zu bündeln. Um effiziente Ergebnisse zu erzielen, ist nach dem
Prinzip Frontoffice/Backoffice vorzugehen. Grundsätzlich gilt: Keine Verantwortung ohne ausreichende
Kompetenz.

Die bestehende komplizierte Verflechtung gesamtstädtischer und örtlicher Aufgaben in der Verwaltung
ist weitestgehend aufzulösen. Der Verwaltungsapparat mit Senats- und Bezirksbehörden sowie Lan-

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desämtern und für einzelne Verwaltungsaufgaben gegründeten Landesunternehmen ist unflexibel und
ineffektiv. Ziel ist die einstufige Verwaltung, d.h. die abschließende Erbringung von Leistungen entwe-
der auf Landes- oder Bezirksebene. Neben der Begründung von eindeutigen Kompetenzbereichen mit
entsprechender Budgethoheit für die zu erfüllenden Aufgaben ist Schlechterfüllung grundsätzlich zu
sanktionieren. Diese Grundsätze müssen auch in der Abstimmung zwischen Senatsverwaltungen gelten.
Die schon bestehenden Tätigkeitsbereiche mit einheitlichen Ansprechpartnern (ZAB, bezirkliche ZABs,
Bürgerämter, einheitlicher Ansprechpartner nach EU-Dienstleistungsrichtlinie) sind auszuweiten und zu
ergänzen.

Verantwortlichkeiten, die eindeutig gesamtstädtischen Charakter haben, sind in einem Aufgabenkata-


log aufzulisten und in einer gesamtstädtischen Zuständigkeit zu konzentrieren. Dazu gehören u.a. die
Verwaltung der Kultur- und Sportstätten, die Flächennutzungsplanung, die Bauleitplanung für zu definie-
rende hauptstadtrelevante Gebiete sowie das Standortmarketing bzw. die Wirtschaftsförderung und das
Flächenmanagement für Wirtschaftsansiedlungen. Auch

eine Orientierung an bestimmten Bauvolumen oder der Mitarbeiterzahl zur Begründung einer ge-
samtstädtischen Zuständigkeit ist denkbar.

Das Liegenschafts- und Facility-Management im Land Berlin ist komplett neu zu organisieren. In einem
ersten Schritt sind dafür die Gebäudebewirtschaftung (heute BIM), die Liegenschaften

(heute Liegenschaftsfonds) und die Gebäudeplanung (Hochbauamt) auf Landesebene im Sinne eines
Public Real Estate Management zentral in eine neue BIM zusammenzufassen. Dies ist in anderen Bun-
desländern, wie bspw. Rheinland-Pfalz oder Nordrhein-Westfalen, aber auch in privaten Unternehmen,
wie z. B. Siemens, seit Jahren Standard. Dabei muss das langfristige Ziel die Optimierung des Berliner
Immobilien- und Liegenschaftsportfolios sein. Insbesondere im Rahmen von Baumaßnahmen liegen hier
das zentrale Projektmanagement sowie die Projektsteuerung. Zentrale Aufgabe ist die Einhaltung des
vorgegebenen Zeit- und Kostenrahmens bei Sicherstellung der vereinbarten Qualität.

Die neue BIM trägt dafür Sorge, dass alle Aufgaben, die nicht zur Kernaufgabe hoheitlichen Handelns
gehören, im Wettbewerb an Private ausgeschrieben werden. Sie ist Dienstleister für alle Senatsverwal-
tungen und kann von den Bezirken optional genutzt werden.

Des Weiteren muss ein landesweites Gewerbe- und Industrieflächenkataster erstellt werden, das von
der neuen BIM und der neuen, konzentrierten Standortmarketing Agentur (siehe unten) gemeinsam be-
trieben wird, um eine engere Verzahnung der Wirtschafts- und Flächenvorratspolitik zu gewährleisten.
Zusätzliche Koordinationsgremien, wie der Rat der Bürgermeister und ad hoc geschaffene Verwaltungs-
strukturen, wie das „Forum City West“ sind umgehend aufzulösen.

Drittens sollen verstärkt moderne IuK-Technologien des eGovernments genutzt werden. Der Online-
Zugriff auf möglichst viele Verwaltungsleistungen ist zu ermöglichen. Hierbei müssen von der Gewerbe-
anmeldung bis hin zur Visa-Beantragung für ausländische Unternehmer alle Prozesse online ermöglicht
werden. Dazu sind die Erfahrungen mit der Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie zu evaluieren und

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die Online-Zugriffe für andere Nutzer zu öffnen. Dies erhöht den Servicegrad der Verwaltung, senkt die
Kosten der Leistungserbringung und erhöht die Transparenz der Verwaltungsprozesse.

2.1.3 Bürokratiekostenabbau für Unternehmen


Die FDP fordert zudem die umfassende Senkung der Bürokratiekosten für Unternehmen in Berlin, denn
der Abbau von Bürokratie ist das effektivste Wachstumsprogramm für die Berliner Unternehmen.

Zur Bezifferung der Bürokratiekosten insbesondere bei neuen Regelungsvorhaben oder bei Änderungen
bestehender Vorschriften muss die Abschätzung nach dem Standardkosten-Modell landesweit einge-
führt werden. Alle Recht setzenden Dienststellen müssen zukünftig die Bürokratiekosten für Informa-
tionspflichten ausweisen. Aus den hieraus erlangten Erkenntnissen müssen tatsächliche Entlastungen
folgen.

Im Bereich der betrieblichen Informationspflichten ist auf der Grundlage der Vorschläge der Wirtschafts-
verbände ein verbindlicher Umsetzungszeitplan zu erarbeiten.

Neben der Entlastung der Wirtschaft durch Abbau von Informationspflichten sind in einem zweiten
Schritt die Kosten für gesetzliche Handlungspflichten zu messen und einer kritischen Überprüfung zu
unterziehen. Dabei ist die Möglichkeit von Öffnungsklauseln für kleine Unternehmen (bis 50 Mitarbeiter)
zu verbessern. Das Land Berlin soll sich bei der Bundesregierung aktiv um den Status einer Modellregion
„Bürokratiekostenabbau“ bemühen.

Bei neuen Normsetzungen ist die Gesetzesfolgenabschätzung in Bezug auf die Belastung von Unterneh-
men nicht nur theoretisch zu stärken, sondern im Normsetzungsverfahren auch praktisch stärker zu
berücksichtigen.

2.1.4 Die öffentliche Hand als Auftraggeber (mittel- und unmittelbar)


Die öffentliche Hand ist aufgrund des jährlichen Auftragsvolumens von ca. 5 Mrd. EUR ein wichtiger
Akteur im Wirtschaftsleben Berlins. Die FDP tritt für ein einfaches und transparentes Vergaberecht ein.
Das Berliner Vergabegesetz ist daher abzuschaffen. Es genügen die bundesrechtlichen Vorschriften.
Das Land muss sich für die Fälle der Nichterfüllung transparente Ausstiegsklauseln offen halten. Alle
vergabefremden Erwägungen, die nicht die Qualität, den Preis und die Leistungsfähigkeit des Auftrag-
nehmers betreffen, sind bei Vergabeentscheidungen außer Acht zu lassen. Die Einführung von transpa-
renten, einheitlichen Vergabekriterien bei den Landesbeteiligungen ist überfällig.

Auftragsgrößen sind mittelstandsfreundlich zu gestalten, damit auch regionale Betriebe die Chance auf
einen Zuschlag haben. Die öffentliche Hand in Berlin ist zunächst Sachwalter der Interessen der in
Berlin angesiedelten Unternehmen. Benachteiligungen, die bei Vergaben in Brandenburger Gemeinden
bestehen, sind durch die wechselseitige Anerkennung der Unternehmer- und Lieferantenverzeichnisse
in Berlin und Brandenburg zu beseitigen.

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Die immer noch schlechte Zahlungsmoral der öffentlichen Hand muss verbessert werden. Zahlungsziele
von mehr als 30 Tagen sind nicht zu akzeptieren. Verwaltungsinterne Sanktionen bei Säumigkeit sind
einzuführen. So könnten die Haushaltsansätze der verantwortlichen Kostenstelle im Folgejahr gekürzt
werden.

Key Essentials 2.1:

• Reform und Mentalitätswechsel in der Berliner Verwaltung und Politik: Unternehmen


sind keine lästigen Bittsteller; Berliner Verwaltung als Dienstleister für Bürger und Un-
ternehmen.
• Förderung von ÖPP und Nutzung von Investitionskapital.
• Bürokratie(kosten)abbau, Bürokratiekosten für Unternehmen senken.
• Einstufige Verwaltung, Erbringung von Verwaltungsleistungen aus einer Hand.
• Gesamtstädtische Zuständigkeit für gesamtstädtische Aufgaben.
• Einführung von eGovernment-Elementen.
• Einfaches, transparentes und mittelstandsfreundliches Vergaberecht.
• Zahlungsmoral der öffentlichen Hand verbessern.

2.2 Landesbeteiligungen: Wettbewerb statt verfilzter Staatswirtschaft

2.2.1 Beteiligungsportfolio
Die FDP stellt alle Beteiligungen des Landes Berlin zur Disposition. Grundsätzlich gilt: die öffentliche
Hand hat sich nicht als Wettbewerber am Markt unternehmerisch zu betätigen.

In einem Privatisierungskataster ist ein Leitfaden für die Trennung des Landes von den bestehenden
Beteiligungen zu erstellen. Dabei ist die Marktfähigkeit z.B. durch Rechtsformänderungen zu priorisie-
ren. Der zu erwartende Veräußerungserlös ist in Relation zu einer möglichen Wertsteigerung bei einer
späteren Veräußerung zu stellen und in einer betriebswirtschaftlichen Gesamtbetrachtung abzuwägen.
Beteiligungsveräußerungen leisten einen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung. Zudem ziehen private In-
vestitionen immer weiteres Kapital nach Berlin. Alle durch landeseigene Unternehmen und die öffent-
liche Hand unmittelbar erbrachten Leistungen sind darauf zu überprüfen, inwieweit diese nicht auch
durch private Anbieter im Wettbewerb erbracht werden könnten. Dies gilt auch für den Bereich der
sogenannten Daseinsvorsorge. Hier hat die öffentliche Hand die Organisation der Leistungserbringung
sicherzustellen, diese aber nicht selbst direkt oder über Beteiligungen anzubieten. Wenn möglich, sind
die Leistungen auszuschreiben und zeitlich befristet im Wettbewerb zu vergeben.

Dabei ist dafür Sorge zu tragen, dass ein staatliches Monopol nicht auf Dauer von einem privaten Mo-
nopol abgelöst wird. Der Staat hat gerade im Bereich der sogenannten Daseinsvorsorge klare Regeln für
die Anbieter zu definieren und deren Einhaltung zu überwachen.

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2.2.2 Beteiligungsmanagement
Alle Landesbeteiligungen sind ausschließlich nach betriebswirtschaftlichen und nicht nach gesellschafts-
politischen Kriterien zu führen. Das Erwirtschaften einer „Stadtrendite“, das Festhalten an unprodukti-
ven Arbeitsplätzen, das Konkurrieren mit Privaten in zusätzlichen Geschäftsfeldern oder sonstige Akti-
vitäten, die nicht den unmittelbaren Unternehmenszielen dienen, sind einzustellen. Die Aufsichts- und
Leitungsgremien der Unternehmen sind zu professionalisieren und nicht nach Parteizugehörigkeiten zu
besetzen.

Wertstärkung der Unternehmen geht vor Gewinnabführungen an den Landeshaushalt.

Key Essentials 2.2:

• Beteiligungen des Landes Berlin zur Disposition stellen/ Privatisierungskataster.


• Mehr Wettbewerb in der sogenannten Daseinsvorsorge.
• Staatliche Monopole nicht durch private Monopole ersetzen.
• Landesbeteiligungen nach betriebswirtschaftlichen Kriterien führen.
• Besetzung von Aufsichts- und Leitungsgremien nach Profession, nicht nach Proporz.

2.3 Verbundene Politikfelder − ganzheitlich übergreifender liberaler Politikansatz statt


sozialistischer Kleinstversuche

2.3.1 Stadtentwicklung, Infrastruktur und Verkehr


Die Stadtentwicklungs- und Infrastrukturpolitik muss sich der besonderen Verantwortung für den Wirt-
schaftsstandort stellen. Die Landesplanung muss wieder die „Unternehmensplanung der Stadt“ werden.
Sie ist am Leitbild einer wachsenden Stadt und an den Belangen der Wirtschaft zu orientieren. Dazu ist
ein ganzheitliches Flächenmanagement- und Stadtentwicklungskonzept notwendig.

In einer vorausschauenden Rahmenplanung sind die unterschiedlichen Nutzungen und Bedarfe der
Stadt zu definieren. Hierzu gehört auch die Ausweisung von Flächen für Industrie, verarbeitendem Ge-
werbe und weitere Wirtschaftsbereiche. Ein aktuelles Bauflächenkataster und die gezielte Entwicklung,
Vermarktung und Bevorratung von Liegenschaften ist durch einen Ansprechpartner sicherzustellen. Es
ist eine abgestimmte, priorisierende Entwicklungsplanung für alle großen Freiflächen (z.B. Mediaspree,
Tempelhofer Feld, Heidestraße und Flughafen Tegel) zu entwerfen.

Planungsleistungen, die nicht durch die öffentliche Hand geleistet werden können, sind auszuschreiben,
statt an eine landeseigene Entwicklungsgesellschaft außerhalb der Kontrolle des Parlaments zu übertra-
gen. Eine fachgerechte Kontrolle der Planungsleistungen durch die Senatsverwaltung und das Parlament
muss sichergestellt werden.

Jedes Unternehmen ist bei der logistischen Abwicklung seiner Geschäftstätigkeit auf den Straßentrans-
port angewiesen. Der Wirtschaftsverkehr macht ein Drittel der Gesamtfahrleistung in Berlin aus. Die
Qualität der Verkehrsinfrastruktur ist daher ein herausragender Standortfaktor. Der Instandhaltungs-

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rückstau im Straßennetz ist aufzulösen. Der öffentliche Personennahverkehr ist nach dem Kopenhage-
ner Modell in ein Wettbewerbssystem zu überführen. Die großen Verkehrswegeprojekte sind durch die
Berliner Politik zu befördern und nicht aus ideologischen Gründen zu blockieren. Dies gilt insbesondere
für den Weiterbau der A100, auch über den 16. Bauabschnitt hinaus und die Tangential-Verbindung-Ost
(TVO). Das Wasserstraßenprojekt DE 17 ist am tatsächlichen Bedarf auszurichten und zügig zu realisie-
ren. Berlin hat sich in den letzten Jahren zu einem Logistikzentrum zwischen Ost und West entwickelt.
Die Weiterentwicklung der Verkehrsinfrastruktur hat diesem Umstand Rechnung zu tragen.

Zur Verfügung gestellte Finanzmittel, bspw. vom Bund, sind zugunsten der Bürgerinnen und Bürger in
Berlin in Anspruch zu nehmen und nicht aus ideologischen Gründen zu Lasten der Berliner auszuschla-
gen.

Die Schließung des Flughafens Tempelhof und die Übernahme durch das Land Berlin hat die Kosten für
die Unterhaltung der Liegenschaften in erster Linie vom Bund auf das Land verlagert. Nutzungen, die in
keinem Verhältnis zu der wirtschaftlichen Verwertbarkeit des Areals stehen sind zu unterbinden.

Die bestehende Umweltzone ist in ihrer Lenkungswirkung verfehlt und hat zu erheblichen Belastungen
geführt. Statt teurer und aufwendiger Ausnahmeregelungen gehört die Umweltzone abgeschafft.

Gerade für Handwerksbetriebe ist die unbürokratische Erteilung von Handwerker-parkausweisen ohne
Begrenzungen im ganzen Stadtgebiet zu ermöglichen. Eine Ausweitung von Tempo-30-Zonen auf das
Hauptstraßennetz und weitere Einschränkungen des motorisierten Verkehrs werden abgelehnt.

Die Investitionen in neue Infrastruktur-Projekte wird Berlin auf absehbare Zeit nicht mehr finanzieren
können. Daher ist die Einbeziehung von privatem Kapital, z. B. durch Öffentlich-private Partnerschaften
(ÖPP) aktiv zu prüfen und umzusetzen.

2.3.2 Arbeitsmarktpolitik
Die beste Arbeitsmarktpolitik ist es, die Schaffung von sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen im
ersten Arbeitsmarkt zu fördern (dazu ausführlicher im Fraktionspapier „Grundlagen der Sozialen Markt-
wirtschaft“ von Volker Thiel). Arbeitsmarktpolitik kann daher immer nur Annex der Wirtschaftspolitik
sein.

Alle Eingliederungs- und Qualifizierungsprogramme sowie Umschulungen machen nur Sinn, wenn sie die
Möglichkeit zur raschen Wiedereingliederung in den ersten Arbeitsmarkt eröffnen. Alle Programme, die
nicht diesem Zweck dienen, sind ersatzlos zu streichen. Dies gilt insbesondere dann, wenn andauernde
Lohnkostenzuschüsse für einzelne Unternehmer eine Marktverzerrung darstellen. Öffentlich und dauer-
geförderte Beschäftigung, wie z. B. beim öffentlich geförderten Beschäftigungssektor (ÖBS), bedeutet
auch immer eine teure Bevorzugung einer Minderheit, gegenüber der Mehrheit anderer Arbeitssuchen-
der. Dieses Ungleichgewicht lehnt die FDP ab.

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2.3.3 Bildungspolitik. Kita – Schule – berufliche Bildung und Hochschulen
Eine der größten Gefahren für die Zukunftsfähigkeit auch der Berliner Wirtschaft ist der Mangel an
ausreichend gebildeten jungen Menschen. Ziel liberaler Bildungspolitik ist es, dem einzelnen Menschen
die Möglichkeit zu eröffnen, selbstbestimmt und eigenverantwortlich seinen Lebensweg beschreiten zu
können (siehe Fraktionspapier Bildungspolitik von Mieke Senftleben). Die Kenntnis der Zusammenhänge
und grundlegenden Mechanismen unserer Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung sowie die Rolle des
unternehmerisch Tätigen sind dazu elementare Voraussetzung. Nach dem Prinzip des „Förderns und
Forderns“ hat der Staat gerade Kindern aus bildungsfernen Schichten schon im vorschulischen Bereich
Hilfen an die Hand zu geben, um bestehende Defizite abzubauen. In erster Linie gilt aber der Grundsatz:
Der Einzelne ist für seine Leistungen selbst verantwortlich. Begabten- und Elitenförderung muss wieder
selbstverständlicher Bestandteil der Bildungspolitik werden.

Das Berliner Bildungssystem nivelliert den Bildungsstand immer weiter nach unten und sorgt dafür, dass
immer weniger Schulabgänger als ausbildungs- bzw. einstellungsfähig gelten. Dies hat auch Auswirkun-
gen auf die Attraktivität des Standortes insgesamt; schlechte Schulen und willkürliche Restriktionen
beim Zugang zu Gymnasien wirken abschreckend auf zuziehende Arbeitskräfte mit Familien.

Die Verbesserung der Ausbildungsfähigkeit muss eine der Kernaufgaben der Berliner Bildungspolitik
werden. Insbesondere müssen die grundlegenden Prinzipien unserer Wirtschaftsordnung wieder den
Jugendlichen vermittelt werden. Die Berufsorientierung und -beratung in den Schulen ist dringend zu
optimieren.

Die FDP will einen Paradigmenwechsel in der beruflichen Bildung. Eine Ausbildung in einem Hand-
werksberuf muss auch leistungsstarke Jugendliche ansprechen und ist in Verbindung mit der beruflichen
Fortbildung, gegebenenfalls sogar eine Alternative zum Hochschulstudium. Sich für eine berufliche Aus-
bildung und Fortbildung zu entscheiden, bedeutet in einem unternehmerischen Umfeld zu lernen und zu
arbeiten, das vielfältige Karrierechancen, Selbständigkeit und Aufstiegsmöglichkeiten bietet.

Die duale Ausbildung im Betrieb muss gegenüber der arbeitsmarktfernen, außerbetrieblichen Ausbil-
dung bei und durch freie Beschäftigungsträger wieder in das Zentrum der Ausbildungspolitik gerückt
werden. Die berufliche Bildung ist stärker zu modularisieren, um allen Auszubildenden, je nach individu-
eller Fähigkeit, einen beruflichen Abschluss zu ermöglichen.

Die Berufsausbildung ist so zu modularisieren, dass geringer qualifizierte Bewerber eine einjährige Aus-
bildung absolvieren können, die sie mit fortlaufender Berufserfahrung um weitere Module aufstocken
können. Beispielhaft kann eine einjährige Pflegehelfer-Ausbildung eingeführt werden.

Denkbar ist auch die Etablierung einer theoriereduzierten zweijährigen Berufsausbildung und die Ein-
führung des Modells „Dual mit Wahl“, das eine stärkere Flexibilisierung und Modularisierung der Berufs-
ausbildung bei gleichzeitiger Beibehaltung einer bundesweit einheitlichen Abschlussprüfung ermöglicht.
Besonders für leistungsschwächere Schulabgänger stehen mit der theoriereduzierten zweijährigen Be-

14
rufsausbildung und der Einstiegsqualifizierung (EQ) im Modell „Dual nach Wahl“ integrative Instrumente
zur Verfügung.

Die Durchlässigkeit zum Hochschulsystem ist durch eine bessere Verzahnung von Aus-, Fort- und Hoch-
schulbildung zu erhöhen. Ebenso müssen die Hochschulen zum einen in die Eigenständigkeit entlassen
werden und zum anderen noch stärker mit der Wirtschaft bei Forschungs- und Entwicklungsprojekten
kooperieren.

2.3.4 Entschieden dem Fachkräftemangel begegnen


Auch die Berliner Wirtschaft muss sich dem demographischen Wandel stellen. Bereits jetzt klagen Ber-
liner und Brandenburger Unternehmen darüber, dass sie Stellen nicht besetzen können, da der Arbeits-
markt nicht genügend Fachkräfte zur Verfügung stellt, und das, obwohl Berlin die bundesweit höchste
Arbeitslosigkeit aufweist.

Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, müssen alle ungenutzten Potentiale, die auf und außerhalb des
Arbeitsmarktes vorhanden sind, gehoben werden. Dazu gehören Frauen, ältere Arbeitnehmer, bisher
nicht ausreichend ausgebildete Arbeitslose und ausländische Arbeitskräfte.

Um die Beschäftigungsquote von Frauen zu erhöhen, müssen vorrangig nicht mehr, sondern flexiblere
Angebote der Kinderbetreuung zur Verfügung gestellt werden, die sich an den immer

flexibler werdenden Arbeitsstrukturen in der Wirtschaft orientieren. Um die Erfahrungen und Kompetenz
von älteren Arbeitnehmern stärker für die Unternehmen bewahren zu können, muss die Möglichkeit
der Schaffung von individuellen Arbeitszeitmodellen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern vom
Staat positiv begleitet werden. Das Potential unter den Arbeitslosen ist durch Nachqualifizierungen zu
erschließen, dabei hat eine Priorisierung auf die jungen Menschen zu erfolgen.

Bei allen Potentialen, die es auf dem einheimischen Arbeitsmarkt zu heben gilt, wird die Wirtschaft auf
qualifizierte Zuwanderung aus dem Ausland nicht verzichten können. Bundespolitisch ist entsprechend
das Zuwanderungsrecht so zu gestalten, dass dem Fachkräftebedarf der Wirtschaft Rechnung getragen
werden kann. Die Anerkennung von ausländischen Bildungsabschlüssen ist zu vereinfachen.

Key Essentials 2.3:

• „Unternehmensplanung der Stadt“ als Leitbild für die Landesplanung.


• Vorausschauende Rahmenplanung.
• Abgestimmte, priorisierende Entwicklungsplanung für alle großen Freiflächen.
• Die großen Verkehrswegeprojekte befördern.
• Öffentlichen Personennahverkehr wettbewerbsfähig machen.
• Umweltzone abschaffen.
• Arbeitsmarktpolitik am Arbeitsmarkt orientieren.
• Verbesserung der Ausbildungsfähigkeit von Jugendlichen.

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• Ausbildung im Handwerk fördern.
• Einjährige Ausbildung für geringer Qualifizierte.
• Berufsorientierung und -beratung in Schulen optimieren.
• Duale Ausbildung im Betrieb wieder ins Zentrum der Ausbildungspolitik.
• Durchlässigkeit zum Hochschulsystem durch eine bessere Verzahnung von Aus-, Fort-
und Hochschulbildung erhöhen.
• Mehr Eigenständigkeit für Hochschulen.
• Stärkere Kooperation mit der Wirtschaft bei Forschungs- und Entwicklungsprojekten.
• Flexiblere Angebote bei der Kinderbetreuung.

2.4 Haushalts- und Finanzpolitik

2.4.1 Haushaltskonsolidierung
Berlin hat aufgrund der schwachen Exportorientierung die Wirtschafts- und Finanzkrise relativ gut über-
standen, dennoch befindet sich die Stadt weiterhin in einer Haushaltsnotlage. Der Senat hat die letzten
fünf Jahre nicht genutzt, die Ausgabenseite des Haushalts nachhaltig zu konsolidieren.

Das Maß der öffentlichen Verschuldung, das Gebaren der Politiker aller anderen Parteien, die Öffent-
lichkeit über den Umfang der Konsolidierungsnotwendigkeiten im Unklaren zu lassen, sowie die Abhän-
gigkeit Berlins von Hilfsleistungen des übrigen Bundesgebiets, lassen einen Vergleich mit der Situation
von Griechenland in der EU zu. Eine weitere Verlagerung der Haushaltskonsolidierung in die Zukunft, wie
von SPD und Linken geplant, führt zur vollständigen Überschuldung des Landes und damit zur Hand-
lungsunfähigkeit. Daher fordert die FDP bereits seit längerem eine mittelfristige Entschuldungsstrategie
des Landes (siehe „Liberales Sparbuch 2010 - 2011“ der FDP-Fraktion im Abgeordnetenhaus Berlin).
Ausgaben, die die Wachstumsperspektiven der Stadt verbessern, dies sind v.a. Investitions- und Bil-
dungsmittel, sind zu priorisieren. Der Personalbestand der Verwaltung ist unter das Niveau der anderen
Stadtstaaten zu senken; soziale, soziokulturelle und arbeitsmarktpolitische konsumtive Ausgaben sind
zu evaluieren und ggf. zu streichen.

Durch eine umfassende Staatsaufgabenkritik und Aufgabenbündelung ist die Verwaltung zu entlasten
und Aufgaben auf Private zu übertragen. Innerhalb der nächsten fünf Jahre sind die Ausgaben der Stadt
um 1 Mrd. EUR zu senken (ca. 5 % des Gesamtetats). Die bundesstaatliche Schuldenbremse ist auch in
Berlin strikt einzuhalten und in die Landesverfassung zu übernehmen. Laufende Einnahmeerhöhungen
sind ausschließlich aus dem höheren Wachstum zu generieren.

2.4.2 Steuer- und Abgabenpolitik in Berlin


Die Last von Landessteuern und -abgaben ist in Berlin zu hoch. Der Weg, sinnlose Ausgaben des Staats
durch immer höhere Belastungen zu finanzieren, muss beendet werden. Die FDP fordert auch auf Lan-
desebene ein einfaches System von niedrigen Steuern und Abgaben.

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Die Grund- und Grunderwerbssteuer sind an dem Niveau anderer deutscher Großstädte zu orientieren.
Eine grundlegende bundesweite Reform des Grundsteuerrechts ist aufkommensneutral zu gestalten.
Die Gewerbesteuer ist mittelfristig abzuschaffen und durch einen kommunalen Aufschlag auf die Ein-
kommens- und Körperschaftssteuer zu ersetzen. In einem ersten Schritt ist die Gewerbesteuer auf den
Durchschnitt des Brandenburger Umlands zu reduzieren. Insbesondere das Grundwasserentnahmeent-
gelt ist stufenweise auf null zu reduzieren, auch um eine Entlastung der wasserintensiven Unternehmun-
gen zu erreichen.

Key Essentials 2.4:

• Mittelfristige Entschuldungsstrategie für Berlin.


• Umsetzung der Vorschläge aus dem Liberalen Sparbuch.
• Fokus auf Wachstumsperspektiven in Bildung und Innovation.
• Personalbestand der Verwaltung senken.
• Landessteuern und -abgaben senken, für ein einfaches System von niedrigen Steuern
und Abgaben.
• Grund- und Grunderwerbssteuer angleichen.
• Gewerbesteuer mittelfristig abschaffen.
• Grundwasserentnahmeentgelt abschaffen.

2.5 Schattenwirtschaft eindämmen – Leistungserschleichung, Schwarzarbeit und


Steuerhinterziehung bekämpfen
Schätzungsweise 20 % des Berliner BIPs werden im Bereich der Schattenwirtschaft erwirtschaftet.
Schwarzarbeit geht in der Regel mit der Erschleichung von Sozialleistungen und Steuerhinterziehung
Hand in Hand. Die Untätigkeit des Senats belastet nicht nur den Berliner Haushalt durch weniger Ein-
nahmen und mehr Sozialausgaben, sondern stellt auch eine Markt- und Wettbewerbsverzerrung für am
Markt tätige Unternehmen dar.

Der Senat hat dafür Sorge zu tragen, dass die Vergabe von Leistungen der öffentlichen Hand nicht mit-
telbar Schwarzarbeit fördern. Die Kontrollmöglichkeiten in besonders anfälligen Branchen, wie der Bau-,
Reinigungs- und Gastronomiewirtschaft müssen durch eine weiter zu verstärkende Zusammenarbeit
von Zoll, Job-Centern, Arbeitsagenturen und Finanz- und Ordnungsämtern aktiv gefördert werden. Zu
prüfen ist, inwieweit eine Kooperation mit den Gesundheitsämtern sinnvoll ist. Bestimmten Transferleis-
tungsempfängern muss auch durch das Angebot von verpflichtenden Maßnahmen die Möglichkeit zur
Schwarzarbeit erschwert werden.

Key Essentials 2.5:

• Schwarzarbeit bekämpfen.
• Erschleichung von Sozialleistungen bekämpfen.
• Steuerhinterziehung bekämpfen.
• Zusammenarbeit von Zoll, Job-Centern, Arbeitsagenturen und Finanz- und Ordnungsäm-
tern weiter verstärken.

17
2.6 Unternehmensgründungen und Förderpolitik

2.6.1 Unternehmensgründungen
Die Gründertätigkeit hat in absoluten Zahlen in den letzten Jahren in Berlin zugenommen. Betrachtet
man aber die Zahl der „echten“ Gründungen, d.h. Unternehmungen, die sozialversicherungspflichtige
Arbeitsplätze schaffen, entwickelt sich Berlin auch weiterhin unterdurchschnittlich.

Die gesellschaftliche Anerkennung von Gründungsaktivitäten ist Aufgabe der Politik. Hemmnisse bei der
Gründung von Unternehmen sind abzubauen. Hierzu ist eine zentral übergreifende Anlaufstelle zu schaf-
fen, bei der auch Netzwerke und sonstige Kontakte (Kapitalgeber etc.) zentralisiert sind. Anbieten würde
sich hierbei eine Ankopplung an die zentral einzurichtende Standortmarketing- und Unternehmensser-
viceeinrichtung. In einem Gründerleitfaden sind alle relevanten Rechtsnormen und Verwaltungsabläufe
gebündelt darzustellen, nachdem diese an die Erfordernisse von Unternehmensgründungen angepasst
wurden.

Insbesondere die Entwicklung von Spin - Offs aus der Wissenschaftslandschaft und dem damit verbun-
denen Wissens- und Technologietransfer ist ohne fachfeldbezogene Ressentiments gezielt zu fördern.
Förderprogramme und -wettbewerbe sind zu bündeln und zu fokussieren.

2.6.2 Förderpolitik
Fördermaßnahmen und andere Subventionierungen bergen immer das Risiko der Marktverzerrung in
sich. Deshalb sind alle Förderprogramme hinsichtlich der tatsächlichen Kosten und der dauerhaft ge-
schaffenen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze zu evaluieren. Dies gilt insbesondere auch für
Maßnahmen mit kofinanzierten EU-Mitteln. Der Abgleich der Fördersystematik mit Brandenburg, um
einen Wettlauf der Fördergeber zu verhindern, ist notwendig.

Förderprogramme, die zur Daueralimentation für bestimmte Gruppen aufgelegt worden sind, wie z.B.
das Atelierförderprogramm, sind degressiv innerhalb von fünf Jahren einzustellen. Die Fördermaßnah-
men des Landes sind noch stärker unter der Regie der Investitionsbank Berlin (IBB) zu bündeln. Die
IBB ist als reine Förderbank aufzustellen, Maßnahmen und Programme, welche auf politischen Druck
und/oder ohne Evaluation aufgenommen wurden, sind abzuwickeln. Der Förderprogrammkatalog ist zu
straffen und zu bündeln, kleinteilige Programme sind zu streichen. Eine angemessene Eigenkapitalaus-
stattung der IBB geht vor Abführungen an den Landeshaushalt.

Kernaufgabe der Förderung muss das Erschließen von privatem Kapital für Investitionen in Berlin sein.
Hierbei ist besonders auf die Wirtschaftsbereiche abzustellen, die eine hohe Wertschöpfung und somit
gut bezahlte Arbeitsplätze generieren. Die Fördermittelvergabe ist dabei wo möglich auf Kredithilfen
und Bürgschaftsgarantien umzustellen, nicht rückzahlbare Zuschüsse sind weitestgehend abzuschaffen,
revolvierende Fonds sind auszuweiten. Ein negativer Effekt auf die finanzielle Ausstattung von kleinen
Unternehmen mit technologischen Innovationen in frühen Entwicklungsphasen ist jedoch zu vermeiden.

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Direkte Kreditfinanzierungen für Landesbeteiligungen sind transparent zu gestalten, die Refinanzierungs-
vorteile sind in den jeweiligen Geschäftsberichten auszuweisen und ggf. durch das Land abzuschöpfen.
Die IBB darf nicht die Refinanzierungskosten der Beteiligungen senken um Wettbewerbsvorteile zu gene-
rieren, Marktmechanismen auszuhebeln oder den Sanierungsdruck von den Unternehmen zu nehmen.
Im Bereich der Entwicklung staatlicher Infrastrukturprojekte ist die Bank nur in Ausnahmefällen in die
Projektverantwortung aufzunehmen.

Das im Zuge der Wirtschafts- und Finanzkrise erweiterte Betriebsmittelkreditprogramm und das Mikro-
kreditprogramm sind zur Sicherstellung der Refinanzierungsfähigkeit der Unternehmen bis auf Weiteres
in ihrer Ausgestaltung zu belassen, aber auf ihre Sinnhaftigkeit hin zu evaluieren.

Die Einführung eines Innovationsgutscheins für kleine Unternehmen zur Einführung neuer Produkte ist
zu prüfen.

Key Essentials 2.6:

• Zentrale Standortmarketing- und Unternehmensserviceeinrichtung.


• Spin-Off-Entwicklung aus der Berliner Wissenschaftslandschaft ideologiefrei und gezielt
fördern.
• Förderprogramme und -wettbewerbe bündeln.
• Fördermaßnahmen und andere Subventionierungen, auch europaweite, evaluieren.
• Abgleich der Fördersystematik mit Brandenburg.
• Förderprogramme zur Daueralimentation einstellen.
• Förderprogramme bei der Investitionsbank Berlin (IBB) als reine Förderbank bündeln.
• Kernaufgabe der Förderung ist das Erschließen von privatem Investitionskapital für Ber-
lin.
• Revolvierende Fonds ausweiten, nicht rückzahlbare Zuschüsse weitestgehend reduzie-
ren.
• Innovationsgutscheine für kleine Unternehmen.

2.7 Industriepolitik und produzierendes Gewerbe


Der Erkenntnisprozess, dass Berlin ohne Industriearbeitsplätze nicht zukunftsfähig ist, hat 20 Jahre ge-
dauert, die zu Lasten der Wirtschaftsentwicklung vertan wurden.

Der endlich im Sommer 2010 vorgelegte „Masterplan Industrie“ enthält vor allem eine Sammlung von
Selbstverständlichkeiten, die für die gesamte Wirtschaftspolitik des Landes Gültigkeit haben müssen
(wie z.B. das „Verständnis für Unternehmensbelange und Bearbeitungsgeschwindigkeiten“ bei Verwal-
tungsmitarbeiterinnen und -mitarbeitern in Landes- und Bezirksverwaltungen für unternehmerische Be-
lange zu stärken). Eine durchgreifende Umsetzung der identifizierten Defizite steht in Frage; daher sind
kleinteilige Alibiprojekte zu vermeiden. In einem ersten Schritt müssen die Rahmenbedingungen in Ber-
lin angepasst werden. Berlin braucht eine einheitliche und standardisierte Vollzugsverwaltung. Die Berli-
ner Verwaltung muss die Ansiedlung von Industrie fördern und nicht erschweren. Besonders mangelt es

19
an kompetenten Ansprechpartnern für ansiedlungswillige Industrie-unternehmen. Die FDP unterstützt
dabei die genannten Maßnahmen (Bürokratieabbau, Zusammenlegung von Wirtschaftsförderung und
Standortmarketing, Einrichtung eines Bau- und Liegenschaftsbetriebes) zur Ansiedlung von produzieren-
dem Gewerbe in Berlin, um neue direkte und mittelbare Arbeitsplätze zu schaffen.

Die FDP fordert zudem, dass sich Berlin verstärkt um Pilotprojekte bewirbt, um frühzeitig in Wachstums-
branchen, wie beispielsweise Elektromobilität, intelligente Netze oder Cloud Computing, als Standortal-
ternative wahrgenommen zu werden. Die längst überfällige Außenwirtschaftsstrategie ist vorzulegen.

Einen privatwirtschaftlich geführten, landeseignen Entwicklungsträger zur Planung der Nachnutzung des
Flughafens Tegel lehnt die FDP ab.

Berlin braucht nicht Insellösungen, sondern eine gesamtstädtische Entwicklungsplanung aus einer Hand,
in der auch die Areale Mediaspree, Tempelhofer Feld und Heidestraße ihre Berücksichtigung finden.

Maßnahmen zur Sicherung des Fachkräftenachwuchses werden unterstützt. Sie lösen aber nicht das
Problem der bereits bestehenden und sich verstärkenden Nachfrage nach Fachkräften. Die FDP fordert
auf Grundlage der Niederlassungsfreiheit in der EU eine europaweite Anwerbekampagne für gesuchte
Fachkräfte in Berlin.

Key Essentials 2.7:

• Ansiedlung von produzierendem Gewerbe in Berlin.


• Entwicklung einer Außenwirtschaftsstrategie.
• Gesamtstädtische Entwicklungsplanung aus einer Hand.
• Kein landeseigner Entwicklungsträger für die Nachnutzung des Flughafens Tegel.
• Europaweite Anwerbekampagne für gesuchte Fachkräfte in Berlin.

20
3. Bestandsmanagement/Unternehmensservice

Damit Berliner Unternehmen ihr Entwicklungspotential besser erschließen können, ist die bereits vor-
genommene Neustrukturierung der Betreuung der ansässigen Unternehmen weiter zu professionalisie-
ren und zu bündeln. Die Technologiestiftung Berlin und die bezirklichen Wirtschaftsförderungen sind in
den Bereich Unternehmensservice der in diesem Sinne weiterzuentwickelnden Berlin Partner GmbH
zu integrieren. Diese neue Standortmarketing Agentur hat auch die Koordination von Genehmigungs-
verfahren, an denen unterschiedliche Behörden zu beteiligen sind, zu gewährleisten. Die bestehende
Kooperation mit der Investitionsbank Berlin ist weiter auszubauen. Die Standortmarketing Agentur und
die Wirtschaftsverwaltung (in welche die Arbeitsverwaltung zu integrieren ist) müssen künftig als direkte
Ansprechpartner und Dienstleister allen Unternehmen zur Verfügung stehen.

Im Hinblick auf eine kontinuierliche Entwicklung des Wirtschaftsraums der Metropolregion ist die Zu-
sammenarbeit mit der Zukunftsagentur Brandenburg unabdingbar und mittelfristig institutionell zu ver-
ankern.

3.1 Entwicklungen als Chance nutzen


Regionale Wirtschaftspolitik kann nur dann erfolgreich sein, wenn die eigenen Stärken systematisch
genutzt und die eigenen Schwächen realistisch eingeschätzt werden. Die begrenzten Ressourcen der
regionalen Entwicklung sind auf die Felder zu konzentrieren, in denen das Land bereits eine aussichts-
reiche Positionierung besitzt.

Dagegen würde eine Ausrichtung auf die von CDU und Grünen propagierte „green economy“ die Regi-
onalentwicklung Berlins und die Schaffung neuer Arbeitsplätze behindern: Die verschiedenen Bereiche
der Energie- und Umwelttechnik besitzen keine ausreichenden Gemeinsamkeiten, um einen Cluster
bilden zu können. Zwar haben sich aus Berlin in diesen Feldern einige Weltmarktführer etabliert, dies gilt
aber nicht für die Masse an Unternehmungen. Eine ausreichende Wertschöpfungskette zur Identifikation
eines so benannten Clusters ist in Berlin gerade nicht vorhanden.

„Green economy“ ist ein rein ideologischer Begriff, eine Worthülse ohne industriepolitische Substanz,
die lediglich Willkürhandeln in der Ansiedlungspolitik fördert und deshalb keine Orientierung für die
Regionalentwicklung geben wird. Die Ressourcen, die CDU und Grüne auf die inhaltslose Version ei-
ner „green economy“ verschwenden wollen, würden für die Ausweitung und Bestandsentwicklung der
bestehenden Cluster fehlen. So werden wichtige Chancen für Berlin vertan. Statt wolkigen Visionen
hinterherzujagen, sollte Berlin die Ansiedlung und das Wachstum emissionsarmer und energieeffizienter
Unternehmen innerhalb der bestehenden Cluster unterstützen.

Die FDP wendet sich gegen die absurde Annahme von Grünen, Linkspartei und SPD, dass eine einseitige
immer weitergehende Verschärfung von Umwelt- und Energieauflagen in Berlin eine Entwicklung der
regionalen Umweltindustrien fördern würde.

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Unzumutbare Belastungen der Wirtschaft wie das einst geplante „Klimaschutzgesetz“ führen nicht zu
einer „green economy“, sondern zum Verlust von Arbeitsplätzen und zur Verhinderung von Investitionen
und erhöhen die bürokratischen Belastungen für Unternehmen.

Die FDP stellt sich nicht gegen die Förderung von Unternehmen im Wachstumsmarkt Umweltwirtschaft.
Doch sollen Unternehmen der Umwelt- oder Energietechnik lediglich von den gleichen Rahmenbedin-
gungen wie alle anderen profitieren. Es kommt deshalb darauf an, die Rahmenbedingungen (Abgaben,
Auflagen, Infrastruktur, Ausbildung) für alle Unternehmen zu verbessern. Dies ist in Berlin dringend
nötig, denn die wirtschaftliche Position Berlins bezogen auf die Gesamtheit an Wertschöpfungsketten,
Forschungsaktivitäten, Fachkräften und vorhandenen Firmen bleibt weiter hinter den Entwicklungsmög-
lichkeiten zurück.

Zusätzlich zum weiteren Ausbau der bestehenden Cluster muss Berlin die Rahmenbedingungen verbes-
sern, ohne sich durch das Vorgeben zahlloser weiterer Prioritäten zu verzetteln. So können die Möglich-
keiten zu einer eigenständigen Entwicklung der Berliner Wirtschaft genutzt werden.

Key Essentials 3.1:

• Neustrukturierung zur Betreuung der in Berlin ansässigen Unternehmen bei der neu
konzentrierten Standortmarketing Agentur.
• Bezirkliche Wirtschaftsförderungen und die Technologiestiftung Berlin in die neue
Standortmarketing Agentur eingliedern.
• Bestehende Kooperation mit der Investitionsbank Berlin weiter ausbauen.
• Die neue Standortmarketing Agentur und die Wirtschaftsverwaltung sind künftig direk-
te Ansprechpartner und Dienstleister für alle Unternehmen.
• Zusammenarbeit mit der Zukunftsagentur Brandenburg institutionell verankern.
• Ausrichtung auf „green economy“ behindert die Regionalentwicklung Berlins und die
Schaffung neuer Arbeitsplätze.
• „Klimaschutzgesetz“ führt zum Verlust von Arbeitsplätzen und verhindert Investitionen.
• Rahmenbedingungen für alle Unternehmen verbessern.

3.2 Wirtschaftscluster
Um die Stärken der Berliner Wirtschaft in den definierten Clustern noch stärker zu unterstützen, sind die
zusätzlich definierten Kompetenz- und Handlungsfelder zu integrieren. Analog zum Gesundheitscluster
ist für jedes Cluster ein direkter Ansprechpartner zu benennen und beim Wirtschaftssenat anzusiedeln.
Ein fortlaufendes Monitoring der Entwicklungen der Cluster ist einzurichten. Die Vermarktung ist zu zen-
tralisieren und auf die gesamte Wertschöpfungskette auszuweiten.

3.2.1 Gesundheitswirtschaft
Der Investitionsstau in der Berliner Universitätsmedizin und in der landeseigenen Krankenhausgesell-
schaft ist aufzulösen. Die klinische Arbeit der Charité ist dazu auf einen Standort zu konzentrieren (siehe

22
Fraktionspapier „Charité-Konzept“ von Kai Gersch), welcher auch die Entwicklung von Life-Science-
Aktivitäten im Umfeld ermöglicht. Vivantes ist für private Kapitalgeber zu öffnen, um so den Sanierungs-
bedarf zu decken.

Der Masterplan Gesundheitswirtschaft ist fortzuschreiben und die anstehenden Aufgaben, wie z.B. ein
tragfähiger Zukunftsplan für die Charité und ihr Verhältnis zu Vivantes, sind konsequent zu lösen.

3.2.2 Kommunikation, Medien und Kulturwirtschaft


Auch für Unternehmen im Bereich Kreativwirtschaft und neue Medien gelten betriebswirtschaftliche
Regeln. Ziel ist die Gewinnerwirtschaftung. Die bereits vorhandenen Programme zur Existenz- bzw. Un-
ternehmensgründungsberatung sowie zur Förderung klein- und mittelständischer Unternehmen sind in
ihrer Gültigkeit auch für die Kreativwirtschaft und Medien herauszustellen.

Im Rahmen einer gesamtstädtischen Flächenvorratsplanung ist der Senat aufgefordert, auf bereits exis-
tierende kreative Schwerpunktansiedlungen Rücksicht zu nehmen und diese durch entsprechende Rah-
menbedingungen zu unterstützen.

3.2.3 Verkehr und Mobilität


Die weitere Vernetzung der im Cluster „Verkehrstechnologien“ tätigen Unternehmen ist durch Schaffung
klarer Strukturen zu fördern. Ein wichtiges Ziel sollte es sein, die verschiedenen Verkehrsträger besser
zu verknüpfen sowie Verkehrsströme intelligent zu steuern, um den Verbund der Berliner Unternehmen
untereinander und mit den bestehenden Forschungseinrichtungen zu stärken.

Für den Stadtverkehr bekommt die Elektromobilität zunehmende Bedeutung. Berlin kann hier eine Vor-
reiterfunktion übernehmen und damit die Ansiedlung und den Ausbau relevanter Industrien fördern. Zu
einem zu entwickelnden Elektromobilitätskonzept gehören die Fortentwicklung der Batterietechnik, die
Entwicklung und Implementierung von Standards für Ladeeinrichtungen, die Anpassung der Fahrzeug-
technik, die Entwicklung von Abrechnungsverfahren und die Ausbildung für die Wartung von Elektrofahr-
zeugen.

Bei der Entwicklung von Ladeinfrastruktur sind Genehmigungsverfahren zu vereinfachen und der Wett-
bewerb der Anbieter zu gewährleisten. Welche Antriebstechnologien sich langfristig am Markt durchset-
zen werden ist allerdings ungewiss. Daher sollte eine Fokussierung ausschließlich auf Elektromobilität
unterbleiben.

Key Essentials 3.2:

• Wirtschaftscluster stärken und Kooperation mit der Zukunftsagentur Brandenburg aus-


bauen.
• Charité auf einen Standort konzentrieren.
• Vivantes für private Kapitalgeber öffnen.

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• Masterplan Gesundheitswirtschaft fortschreiben.
• Existenz- bzw. Unternehmensgründungsprogramme auch für Kreativwirtschaft und Me-
dien.
• Bereits existierende kreative Schwerpunktansiedlungen unterstützen.
• Entwicklung von Konzepten zur Verknüpfung verschiedener Verkehrsträger und zur
Steuerung von Verkehrsströmen.
• Elektromobilität in Berlin als Chance für industrielle Ansiedlung.

3.3 Handwerk und KMU


Die Berliner Wirtschaft ist geprägt durch die Kleinen Mittelständischen Unternehmen (KMU), Freiberufler
und das Handwerk. Aber gerade diese Unternehmen werden durch überflüssige Bürokratieforderungen
besonders belastet. Deshalb fordert die FDP eine Überprüfung aller Meldepflichten und eine Beschrän-
kung auf die unbedingt gesetzlich notwendigen. Zudem sind Ausschreibungen mittelstandsfreundlich zu
gestalten, d.h. zusätzliche Anforderungen an die Betriebe, wie Frauenquote oder Weiterbildungsnach-
weise, lehnt die FDP ebenso wie einen gesetzlichen Mindestlohnnachweis ab. Zur ungehinderten Mo-
bilität für Handwerker aber auch anderer Unternehmungen fordern wir einen einheitlichen Parkausweis
für ganz Berlin.

Key Essentials 3.3:

• Überflüssige Bürokratie abschaffen.


• Ausschreibungen mittelstandsfreundlich gestalten.
• Einheitlicher Parkausweis für ganz Berlin.

3.4 Tourismuswirtschaft
Der Tourismus hat sich in den letzten Jahren zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor in Berlin entwickelt,
in dem gerade auch geringqualifizierte Menschen Arbeit finden. Das Tourismuskonzept des Landes ist
konsequent fortzuentwickeln.

Alle Formen der Anreise nach Berlin sind zu optimieren, im Bereich des privaten Bustourismus sind eine
bessere Verkehrsführung und weitere Haltepunkte in der Innenstadt anzustreben.

Die Arbeit der früheren Berlin Tourismus und Marketing GmbH (jetzt: visitBerlin) ist besser mit der neu-
strukturierten Standortmarketing Agentur abzustimmen.

Die stadtweite Gästeinformation ist zu verbessern und auch auf die Außenrandbezirke und weitere Tou-
rismusfelder auszudehnen. Die Zusammenarbeit mit Brandenburg ist ebenfalls weiter zu verbessern.

Vor allem in den Bereichen Beherbergung und Gastronomie, Einzelhandel und Kulturbetrieb sind die
Vorschriften noch stärker an den touristischen Bedürfnissen auszurichten. Das Ladenöffnungsgesetz
muss weiter liberalisiert werden. Eine Sortimentseinschränkung an Sonntagen am Hauptbahnhof und
anderen überregionalbedeutsamen Fernbahnhöfen ist aufzuheben. Verbote, die der Attraktivität der

24
Stadt schaden, wie etwa die Untersagung der Nutzung von Heizpilzen, sind zurückzunehmen. Belastun-
gen für das Übernachtungsgewerbe bzw. die Berlin-Besucher, wie die Einführung einer „City-Tax“, sind
zu unterlassen.

Spielpläne der Bühnen und Opern sind so aufeinander abzustimmen, dass auch in den Sommermonaten
der Spielbetrieb möglich ist.

Key Essentials 3.4:

• Tourismuskonzept konsequent fortentwickeln.


• Alle Formen der Anreise nach Berlin optimieren.
• Bessere Verkehrsführung für privaten Bustourismus.
• Stadtweite Gästeinformation verbessern, auch auf die Außenrandbezirke ausdehnen.
• Zusammenarbeit mit Brandenburg weiter verbessern.
• Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten, besonders in Fernverkehrseinrichtungen mit
überregionaler Bedeutung.
• Spielbetrieb an Bühnen und Opern in den Sommermonaten.

3.5 Immobilienwirtschaft
Die Immobilienwirtschaft ist eine der wichtigsten Wirtschaftszweige Berlins. Laufende Investitionen in
nachhaltige Sanierung und Modernisierung des Gebäudebestands sind für eine prosperierende Stadt
ebenso notwendig wie Neubauaktivitäten. Diese müssen sich zunächst betriebswirtschaftlich darstellen
lassen.

Die FDP lehnt daher alle Markteingriffe, die diesen Grundzusammenhang zu ignorieren versuchen, ab.
Dazu gehört z.B. die geplante Einführung von Obergrenzen bei Neuvertragsmieten, die Forderung nach
generellen gesetzlichen Mietpreisdeckelungen, die geplante Abschaffung bzw. Reduzierung der gesetz-
lichen Modernisierungsumlage, staatliche Zwangsmaßnahmen im Bereich der energetischen Sanierung,
die Wiederaufnahme der Fehlsubventionierung von Großwohnsiedlungen im Rahmen von sogenannten
„Mietenkonzepten“ und die Verlängerung von Belegungsbindungsfristen nach Ablauf von Förderpro-
grammen.

Die Politik muss private Investitionen in diesem Segment gezielt ermöglichen und aktivieren, statt Ver-
drängungsängste in der Bevölkerung mutwillig zu schüren. Die Aufwertung von Stadtquartieren durch
mitunter hochwertige Angebote von privaten Investoren ist als ein Schlüssel zur Stärkung der volks-
wirtschaftlichen Grunddaten der Stadt zu begrüßen. Stadtentwicklungspolitische Investitionsmittel sind
gezielt zur Schaffung des Infrastrukturrahmens zur Förderung von privater Investitionstätigkeit einzuset-
zen.

25
Key Essentials 3.5:

• Private Investitionen in der Immobilienwirtschaft gezielt ermöglichen und aktivieren.


• Stadtentwicklungspolitische Investitionsmittel gezielt zur Förderung von privater Inves-
titionstätigkeit einsetzen.

3.6 Energiewirtschaft
Die Energieversorgung Berlins steht vor einer Neuorientierung, die als einmalige Chance zur Gestaltung
der energetischen Zukunft der Stadt genutzt werden muss. Nach dem Auslaufen der Konzessionsver-
träge von Fernwärme, Gas und Strom in den kommenden Jahren müssen diese neu im Wettbewerb für
einen maximalen Zeitraum von 15 Jahren vergeben werden. Bei der Neuvergabe ist abzusichern, dass
ein freier ungehinderter Zugang auch kleiner Strom- und Wärmeerzeuger zu den Netzen gewährleistet
wird. Auch im Fernwärmenetz soll Durchleitung möglich werden. Einen Anschluss- und Benutzungs-
zwang lehnt die FDP ab.

Eine Rekommunalisierung des Netzbetriebs und eine eigene kommunale Strom- und Wärmeerzeugung
(z.B. in Verbindung mit der Gründung eines Stadtwerks) wird von der FDP abgelehnt. Im Bereich der
Energieerzeugung bedarf es keines zusätzlichen kommunalen Angebots.

Zur Senkung des Wärmeenergieverbrauchs soll die energetische Sanierung von Gebäuden dort gezielt
angestoßen werden, wo sie sich wirtschaftlich rechnet. Dazu bedarf es jedoch keiner finanziellen Zu-
schüsse des Landes Berlin. Energetische Standards für Neubauten auch auf Altbauten zu übertragen
(wie im „Klimaschutzgesetz“ vorgesehen), lehnt die FDP ab, da diese in Altbauten technisch kaum um-
setzbar und extrem unwirtschaftlich wären. Das Land Berlin soll ein energiewirtschaftliches Konzept
entwickeln, das Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Umweltfreundlichkeit der Energieversor-
gung vorantreibt und den Berliner Unternehmen der Energiewirtschaft und der energetischen Dienst-
leistungen neue Entwicklungsmöglichkeiten eröffnet. Dazu soll eine verstärkte dezentrale Energieerzeu-
gung ermöglicht, der technische Fortschritt gefördert, Bedingungen für Durchleitung und Speicherung
von Energie geschaffen, eine optimale Steuerung der Netze ermöglicht und die Einführung neuer tech-
nischer Standards, z.B. für Smart Grids vorangetrieben werden. Die CCS-Technologie muss in Branden-
burg weiter erforscht und erprobt werden, um Arbeitsplätze der Energiewirtschaft in der Wirtschaftsre-
gion Berlin-Brandenburg zu erhalten und die Energiesicherheit zu erhöhen.

Key Essentials 3.6:

• Neuvergabe der Konzessionsverträge von Fernwärme, Gas und Strom gestalten.


• Freier, ungehinderter Netzzugang auch kleiner Strom- und Wärmeerzeuger.
• Keine Rekommunalisierung des Netzbetriebs.
• Keine kommunale Strom- und Wärmeerzeugung.

26
3.7 Ethnische Ökonomie
Unternehmer mit ethnischem Hintergrund sind uns willkommen und bereichern die Wirtschaft und Ge-
sellschaft unserer Stadt. Sie sind ein Beispiel für gelungene Integration und aufgrund ihres Engagements
ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für Berlin. Für gewöhnlich haben diese Unternehmer dieselben Forderun-
gen und Erwartungen an die Politik und die Verwaltung wie jeder Unternehmer in Berlin. Sie haben daher
auch einen Anspruch entsprechend behandelt zu werden.

Für Berlin bietet sich die Chance, Unternehmen der ethnischen Ökonomie noch deutlich stärker als
Scharniere zwischen der Stadt und dem jeweiligen Herkunftsland zu nutzen. Dies gilt für die Förderung
von möglichen ausländischen Unternehmensansiedlungen in Berlin genauso wie für die Stärkung der
unter-entwickelten Exportorientierung von Berliner Unternehmen. Gründer sind gezielt bei Verwaltungs-
vorgängen zu Beginn der Geschäftsaktivität z.B. durch den Einsatz von sog. Business-Angels zu unter-
stützen. Die bestehenden Vernetzungsmöglichkeiten sind in diesem Sinne gezielt weiter zu fördern und
bewusst auch auf die Hauptstadtrolle der Stadt auszulegen.

Bestehende Hemmnisse bei der Anerkennung von ausländischen Abschlüssen und Qualifikationen sind
genauso abzubauen, wie im Bereich der Visa-Erteilung bei Geschäftsreisen. Fortbildungs- und Qualifizie-
rungsangebote sind genauso wie die Ausbildungssituation auf die jeweiligen Bedarfe abzustimmen. Die
Federführung muss gezielt beim Wirtschaftssenat angesiedelt werden.

Key Essentials 3.7:

• Unternehmen der ethnischen Ökonomie deutlich stärker als Scharniere zwischen Stadt
und Herkunftsland nutzen.
• Gründer durch sog. Business-Angels unterstützen
• Förderung von ausländischen Unternehmensansiedlungen.
• Stärkung der Exportorientierung Berliner Unternehmen.
• Anerkennung von ausländischen Abschlüssen und Qualifikationen fördern.
• Erleichterte Visa-Erteilung bei Geschäftsreisen.
• Gründer in Migrantencommunitys gezielt unterstützen.

27
4. Standortmarketing

Die Außenvermarktung Berlins muss weiter professionalisiert werden. Dazu ist eine Konzentration aller
Vermarktungsaktivitäten auf eine Standortmarketinggesellschaft unter dem Dach des Unternehmens-
service und unter der politischen Verantwortung des Wirtschaftssenators erforderlich.

Die Fertigstellung des Flughafens BBI als wichtigstes Infrastrukturprojekt der Region hat oberste Prio-
rität vor allen anderen wirtschaftspolitischen Vorhaben. Die entstandene Verzögerung bedeutet auch
einen Imageschaden für die Stadt. Der jetzt erarbeitete Zeitplan ist in jedem Fall einzuhalten, der Kos-
tenrahmen darf nicht überschritten werden.

Die Bahnverbindungen, insbesondere nach Mittel- und Osteuropa, sind weiter zu modernisieren bzw.
neu herzustellen (z.B. die Erneuerung der Bahntrasse Richtung Cottbus und FF/Oder weiter Richtung
Breslau).Der ehemalige Fernbahnhof „Zoologischer Garten“ bietet sich besonders an, um eine Öffnung
des Fernverkehrsnetzes für Wettbewerber der Deutschen Bahn zu ermöglichen. Um der wachsenden
Bedeutung des Busreiseverkehrs gerecht zu werden, muss sichergestellt werden, dass ein sowohl an
die Autobahn als auch an den ÖPNV und den Fernverkehr der Bahn angebundener Omnibusbahnhof be-
steht. Hierzu muss das Land Berlin eine geeignete Fläche planungsrechtlich vorsehen und von privaten
Dritten betreiben lassen.

Der jetzige Busbahnhof am Messedamm muss dabei in den Planungen berücksichtigt werden und bei
einem Weiterbetrieb auch in private Trägerschaft überführt werden. Ein Chaos unterschiedlicher, nicht
miteinander vernetzter Busbahnhöfe muss verhindert werden.

Key Essentials 4:

• Außenvermarktung Berlins weiter professionalisieren.


• Konzentration aller Vermarktungsaktivitäten und Unternehmensservices unter einem
Dach.
• Fertigstellung des Flughafens BBI hat oberste Priorität.
• Bahnverbindungen nach Mittel- und Osteuropa modernisieren.
• „Zoologischer Garten“ zur Öffnung des Fernverkehrsnetzes für Wettbewerber nutzen.

28
5. Berlins Potentiale aktivieren

5.1 Berlins Wissenschaftspotentiale ausschöpfen


Die Berliner Forschungs- und Wissenschaftslandschaft zählt zu den stärksten Europas. Jedoch wird das
große Angebot gut ausgebildeter junger Akademiker sowie die Kooperationsmöglichkeiten mit hochka-
rätigen Wissenschaftlern und Wissenschafts¬institutionen für wirtschaftliches Wachstum bislang man-
gelhaft ausgeschöpft. Die wirtschaftliche Verwertung und Vermarktung dieser Standortfaktoren muss
deutlich verbessert werden.

Auch die betriebswirtschaftliche Verwertung in der Region von neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen
aus den Berliner Wissenschaftseinrichtungen ist zu verbessern. Die Standortmarketing Agentur und
die IBB haben für eine noch bessere Vernetzung der Hochschulen und außeruniversitären Forschungs-
einrichtungen mit Partnern aus der Wirtschaft und der Wissenschaft Sorge zu tragen. Die Rahmenbe-
dingungen für Ausgründungen (Spin-Offs) und Neugründungen sind dabei weiter zu verbessern und zu
vereinfachen. Durch die Erschließung und die Bereitstellung von Risikokapital (z.B. über Fonds) ist die
Wertschöpfung in dem Bereich in der Region deutlich zu erhöhen.

Die Rahmenbedingungen für die Forschung sind kontinuierlich fortzuentwickeln, um bei der Gewin-
nung von Spitzenwissenschaftlern für Berlin international konkurrenzfähig zu werden. Die Freiheit
der Forschung und Lehre muss dabei Leitbild sein, eine politische Bewertung oder gar Steuerung von
Forschungsinhalten hat zu unterbleiben. Globalhaushalte, kaufmännische Buchführung und ein ei-
genständiges Tarif- und Vergütungssystem mit der Möglichkeit für individuelle Nebenabreden sind zu
implementieren. Diskriminierende Altersgrenzen und Beschränkungen im Aufenthalts- und Arbeitsrecht
sind abzuschaffen. Der Zuzug von Wissenschaftlern ist neben einer wettbewerbsfähigen Entlohnung z.B.
durch besondere Berücksichtigung von dualen Karrieren von Wissenschaftlerpaaren oder einer Berück-
sichtigung der internationalen Mobilität bei der Altersversorgung zu fördern.

Key Essentials 5.1:

• Berliner Forschungs- und Wissenschaftslandschaft ist eine Stärke der Region und muss
besser ausgeschöpft werden.
• Bessere Vernetzung von Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen
mit Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft.
• Rahmenbedingungen für Ausgründungen und Neugründungen verbessern.
• Erschließung und Zurverfügungstellung von Risikokapital fördern.
• Rahmenbedingen für Forschung kontinuierlich fortentwickeln.
• Freiheit von Forschung und Lehre muss Leitbild bleiben.
• Diskriminierende Altersgrenzen und Beschränkungen im Aufenthalts- und Arbeitsrecht
abschaffen.

29
5.2 Berlins Messe- und Kongressstandorte gezielt stärken
Die Attraktivität des Messe- und Kongressstandortes Berlin ist in den letzten Jahren im internationalen
Vergleich weiter gestiegen. Um diese Position auszubauen ist die Messe Berlin gezielt zu stärken. Die
Vermarktung des Flugfelds Tempelhof ist daher bis zur Entwicklung einer Endnutzung auf die Messe
Berlin zu übertragen. Der Senat hat dafür Sorge zu tragen, dass am zukünftigen Flughafen BBI keine
Kongresskonkurrenz durch die Flughafenbetriebe oder das Land Brandenburg initiiert wird. Die ILA ist
auch über das Jahr 2020 in der Region zu halten. Der Standort Charlottenburg/Funkturm ist konsequent
auszubauen und zu ertüchtigen. Die Frage der ICC-Sanierung ist pragmatisch aber zügig zu lösen. Für
den Betrieb des ICC wird ein privater Betreiber gesucht. Falls ein Kongressbetrieb hier betriebswirt-
schaftlich nicht darstellbar ist, muss eine andere Nutzung bei Wahrung der äußeren Kubatur des ICC
ermöglicht werden.

Der Bau einer Ausweichhalle mindestens für die Sanierungszeit ist unumgänglich. Zur besseren Refinan-
zierung der Messe Berlin sind die Liegenschaften auf diese zu übertragen. Das Umfeld muss gezielt auf
die Messe- und Kongresstätigkeit hin vermarktet werden.

Key Essentials 5.2:

• Messe Berlin gezielt stärken.


• Vermarktung des Flugfelds Tempelhof auf die Messe Berlin übertragen.
• Kongresskonkurrenz am Flughafen BBI oder in Brandenburg verhindern.
• ILA über 2020 hinaus in der Region halten.
• Standort Charlottenburg/Funkturm konsequent ausbauen.
• Frage der ICC-Sanierung pragmatisch aber zügig lösen und Bau einer Ausweichhalle für
die Sanierungszeit.
• Suche nach privatem Betreiber für ICC.
• Liegenschaften auf Messe Berlin übertragen.

5.3 Berlins Wirtschaftsansiedlung konzentrieren


Die Wirtschaftsansiedlungsaktivität und das Standortmarketing, sowie die Technologie-förderung, wer-
den einheitlich unter dem Dach der neuen Standortmarketing Agentur eingegliedert. Hierzu wird die
Technologiestiftung Berlin in diese eingegliedert, die auch federführend für die Umsetzung der Kam-
pagne „be berlin“ zuständig sein soll. Zentrale Entwicklungsbereiche, wie der Wissenschaftsstandort
Adlershof, die MediaSpree, das Tempelhofer Feld, der Flughafen Tegel, Clean Tech Business Park Ber-
lin-Marzahn, Buch, Karow, TU-Campus etc. werden aufeinander abgestimmt entwickelt. Kern ist ein
definiertes Leistungsspektrum und eine präzise Aufgabenstellung, die in einem stringenten Projektma-
nagement endet. Analog zum in der Industrie praktizierten Beschwerdemanagement ist eine auf die
tatsächliche Problemlösungskompetenz abzustellende Erfolgskontrolle einzuführen.

30
Key Essentials 5.3:

• Wirtschaftsansiedlungsaktivität, Standortmarketing und Technologieförderung einheit-


lich in einer neuen Standortmarketing Agentur zusammenfassen.
• Technologiestiftung Berlin und Kampagne „be berlin“ bei der Standortmarketing Agen-
tur ansiedeln.
• Entwicklungsbereiche werden zentral entwickelt.

5.4 Metropolregion Berlin/Brandenburg im Herzen Europas


Die Metropolregion Berlin muss verstärkt gemeinsam international beworben werden. Dafür ist eine
verstärkte Zusammenarbeit und spätere Fusion mit der Zukunftsagentur Brandenburg und der Berliner
Standortmarketing Agentur anzustreben.

Ebenso muss die Verwaltungszusammenarbeit und die gemeinsame Entwicklung von länderübergrei-
fenden Gewerbegebieten mit einheitlichen Steuersätzen vorangetrieben werden. In einer gemeinsamen
Kommission sind weitere Möglichkeiten der Zusammenarbeit bis hin zu einer Länderfusion zu prüfen.

Key Essentials 5.4:

• Metropolregion Berlin verstärkt gemeinsam international bewerben.


• Verstärkte Zusammenarbeit und Fusion der Zukunftsagentur Brandenburg und der Ber-
liner Standortmarketing Agentur.
• Verwaltungszusammenarbeit und gemeinsame Entwicklung von länderübergreifenden
Gewerbegebieten mit einheitlichen Steuersätzen vorantreiben.
• Erneuten Anlauf für eine Länderfusion prüfen.

Beschlossen zu Berlin im November 2010.

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ANSPRECHPARTNER

Christoph Meyer MdA


Fraktionsvorsitzender und haushaltspolitischer Sprecher

FDP-Fraktion im Abgeordnetenhaus von Berlin


Preußischer Landtag
10111 Berlin

Telefon: 030 2325 2300


Telefax: 030 2325 2309

meyer@fdp.parlament-berlin.de
www.fdp-fraktion-berlin.de

Volker Thiel MdA


Wirtschaftspolitischer Sprecher

FDP-Fraktion im Abgeordnetenhaus von Berlin


Preußischer Landtag
10111 Berlin

Telefon: 030 2325 2317


Telefax: 030 2325 2329

thiel@fdp.parlament-berlin.de
www.fdp-fraktion-berlin.de

Diese Publikation dient ausschließlich der In-


formation über die parlamentarische Arbeit der
FDP- Fraktion im Abgeordnetenhaus von Berlin.
Sie darf nicht zu Wahlkampfzwecken verwendet
werden.

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