Sie sind auf Seite 1von 13

Karlsruher Institut für Technologie

Institut für Finanzwirtschaft, Banken und Versicherungen


Lehrstuhl Financial Engineering und Derivate
Prof. Dr. Marliese Uhrig-Homburg

Zusammenfassung der Diplomarbeit

Bestimmung der Ausfallintensitätsdynamik


von Einzelschuldnern in
Top-Down-Ansätzen

Verfasser: Thomas Schön


Winnenden, den 23. 7. 2010
1 MOTIVATION UND ZIELSETZUNG 1

1 Motivation und Zielsetzung


Im Zeitraum von Oktober 2007 bis Oktober 2008 erlitten Anleger in amerikanischen
Aktienwerten einen Verlust von ca. 8 Billionen US-Dollar1 . Diese Abwärtsbewegung ist
auf mehrere Ursachen im US-Markt für Subprime-Hypotheken zurückzuführen, die die
Weltwirtschaft in die schwerste Krise seit der Großen Depression stürzten und erheb-
liche Auswirkungen auf die Realwirtschaft hatten und immer noch haben2 . In diesem
Zusammenhang sind besonders die Modelle zu hinterfragen, die zur Bewertung von
Kreditportefeuilles verwendet wurden und ob sie den Ausfall mehrerer Schuldner aus-
reichend modellieren können.
So wird an marktüblichen Ansätzen3 kritisiert, dass sie extreme Ereignisse wie z. B.
die Finanzkrise unterschätzen können und dadurch zu starken Fehlbewertungen führen
können4 . Abhilfe bietet hier die sog. Top-Modellierung, bei der Portefeuillerisiken un-
ter Beachtung von Ansteckungs- und Clusteringeffekten modelliert werden können und
extreme Ereignisse somit in die Modellierung einfließen5 . Ein weiterer Vorteil der Top-
Modellierung liegt in der einfachen Kalibrierung des Modells, da im Gegensatz zu
marktüblichen Ansätzen nicht alle Abhängigkeiten zwischen den Einzelschuldnern eines
Portefeuilles explizit modelliert werden müssen6 . Jedoch ist es mit einem Top-Modell
nicht ohne weiteres möglich, die Portefeuillerisiken auf die Einzelschuldner des Porte-
feuilles aufzuteilen, was gerade in Hinblick auf das Hedging von Portefeuilleprodukten
mit Credit Default Swaps von Interesse sein kann. Diese Aufteilung ist erst mit einem
zweiten Modell, dem sog. Down-Schritt, durchführbar, das die Portefeuillerisiken auf
die Einzelschuldner des Portefeuilles verdünnt 7 .
In der bestehenden Literatur wurde ein komplettes Top-Down-Modell bislang nicht
an Marktdaten umgesetzt und untersucht. Um die Praxistauglichkeit eines Top-Down-
Modells zu analysieren, befasst sich der Hauptteil der vorliegenden Arbeit mit der
komparativ-statischen Untersuchung eines Top-Down-Modells, dessen Kalibrierung an
iTraxx-Marktdaten, dessen Validierung und der Untersuchung von Hedging-Strategien,
die darauf abzielen, Indexkontrakte mit Credit Default Swaps abzusichern.
1
Vgl. Brunnermeier (2009), S. 77.
2
Vgl. Brunnermeier (2009), S. 77.
3
Als marktüblicher Ansatz gilt z. B. der Basiskorrelationsansatz.
Vgl. O’Kane und Livesey (2004), S. 1f.
4
Vgl. Kole et al. (2006), S. 18.
5
Vgl. Errais et al. (2007), S. 1f.
6
Vgl. Bielecki et al. (2008), S. 7.
7
Vgl. Bielecki et al. (2008), S. 5f.
2 BEWERTUNGSFORMELN FÜR KREDITDERIVATE 2

2 Bewertungsformeln für Kreditderivate


Da das Top-Down-Modell anhand von iTraxx-Marktdaten untersucht werden soll, müssen
die Zahlungsströme von CDS- und CDO-Kontrakten mathematisch modelliert werden,
um Bewertungsformeln herleiten zu können, die für die Kalibrierung des Top-Down-
Modells notwendig sind.

2.1 Credit Default Swaps


Ein Credit Default Swap ist ein bilateraler Kontrakt zwischen zwei Gegenparteien A
und B. Oftmals ist A ein Kreditgeber, der sich gegen den Ausfall eines einzelnen
Kreditnehmers mit Nominal N absichern möchte. Hierzu geht er einen Credit Default
Swap mit B ein, der A gegen den Ausfall des Nominals N versichert8 .
Seien T die Laufzeit des Kontrakts, τ der Ausfallzeitpunkt des Kreditnehmers und
∆i = ti+1 − ti die Dauer von Quartal i, dann entrichtet A in jedem Quartal i eine
Prämie c · ∆i an B, bis entweder der Kredit in τ < T ausfällt oder das Laufzeitende
des Kontrakts vor dem Ausfall erreicht wird. Fällt der Kredit vor Laufzeitende aus, so
zahlt B an A den absoluten Betrag N (1 − ϕ), wobei 1 − ϕ die Verlustquote ist. Es
kann gezeigt werden, dass der faire Wert der Prämie c durch Gleichung 1 gegeben ist9 :


" #
− r(s)ds
(1 − ϕ) · E0Q e 0 · 1{τ ≤T }
c=  . (1)
Rti
4T
P − r(s)ds
∆i · E0Q e 0 · 1{ti <τ } 
i=1

Über Gleichung 1 kann nun ein Ausfallmodell an die Marktprämie c kalibriert werden,
indem zunächst ein Zinsmodell für den Prozess r(t) spezifiziert wird und im Anschluss
aus dem Ausfallmodell die Ausfallwahrscheinlichkeiten 1{ti <τ } und 1{τ ≤T } hergeleitet
werden.

2.2 Synthetische Collateralized Debt Obligations


Wenn ein Kreditgeber A sich gegen Ausfälle in einem Kreditportefeuille absichern
möchte, kann er CDS-Kontrakte an eine Special Purpose Vehicle genannte Zweckge-
sellschaft verkaufen. Auf der Gegenseite kann B sog. Tranchen-Kontrakte der Zweck-
8
Vgl. Herbertsson (2007), S. 5f.
9
Vgl. Herbertsson (2007), S. 6.
2 BEWERTUNGSFORMELN FÜR KREDITDERIVATE 3

gesellschaft erwerben, die es ihm erlauben, Teile des Zahlungsstroms aus dem CDS-
Portefeuille zu erhalten. Im Gegenzug kann B sein eingesetztes Kapital verlieren, wenn
es zu Ausfällen im Portefeuille kommt.10
Der prozentuale, akkumulierte Verlustprozess eines Portefeuilles im Zeitpunkt t lässt
sich als

m
X (1 − ϕj )
L(t) = · 1{τj ≤t}
j=1
m

ausdrücken11 . Seien 0 < x < y ≤ 1, dann ist der akkumulierte Verlust einer Tranche
[x, y] gegeben durch

L(t, x, y) = max {0, L(t) − x} − max {0, L(t) − y} ,

d. h. eine Tranche verliert dann an Wert, wenn der akkumulierte Portefeuilleverlust-


prozess die Schwelle x überschreitet12 . Ferner ist der maximale Verlust einer Tranche
durch die Schwelle y begrenzt. Ein Investor B kann also maximal einen prozentualen
Verlust i. H. v. y − x des Portefeuillenominals erleiden13 .
Als Ausgleich für dieses Risiko wird B mit der Zahlung einer quartalsweisen Prämie
c(ti , x, y) kompensiert, die mit dem realisierten Tranchenverlust abnimmt14 . Demzufol-
ge ist im Gegensatz zur Prämie eines Credit Default Swaps die Prämie einer Tranche
bis zum Ausfall nicht konstant und kann danach weiterlaufen. Die anfängliche faire
Prämie c(0, x, y) einer Tranche [x, y] hat bei Vertragsabschluss in t = 0 den Wert15

Rt
" #
RT − r(s)ds
E0Q e 0 dL(t, x, y)
t=0
c(0, x, y) =  . (2)
Rti
4T
P − r(s)ds
∆i · E0Q {(y − x) − L(ti , x, y)} · e 0 
i=1

Für die Bewertung einer Prämie bedarf es demnach einer Modellierung von L(t). Sie
wird im Folgenden über ein Top-Modell vorgenommen.
10
Vgl. Schön und Cortez (2009), S. 12f.
11
Vgl. Herbertsson (2007), S. 10.
12
Vgl. Herbertsson (2007), S. 10.
13
Vgl. Herbertsson (2007), S. 10.
14
Vgl. Herbertsson (2007), S. 11.
15
Vgl. Herbertsson (2007), S. 12.
3 KONKRETE MODELLIERUNG EINES TOP-DOWN-MODELLS 4

3 Konkrete Modellierung eines Top-Down-Modells


Das untersuchte Top-Down-Modell besteht aus einem Top-Modell und einem Down-
Schritt. Für die Umsetzung des Top-Modells wird auf den Ansatz nach Longstaff und
Rajan (2008) zurückgegriffen. Der Down-Schritt basiert im wesentlichen auf der Idee
nach Halperin und Tomecek (2008). Außerdem wird ein eigener Ansatz umgesetzt, der
es erlaubt, die beiden Komponenten koppeln zu können.

3.1 Top-Modell
Das 3-Faktor-Modell nach Longstaff und Rajan (2008) erlaubt es, Collateralized Debt
Obligations zu bewerten und korrelierte Ausfälle zu berücksichtigen. Die Modellierung
der Ausfälle geschieht dabei über drei Poisson-Prozesse, die unterschiedliche Sprunghöhen
aufweisen können und somit den Portefeuilleverlustprozess in unterschiedlicher Weise
beeinflussen16 . Der Portefeuilleverlustprozess wird über

3
X
(1 − e−γi ) · dNi (t)
 
dL(t) = (1 − L(t)) · (3)
i=1

direkt modelliert. Hierdurch wird sichergestellt, dass der Portefeuilleverlustprozess 100%


nie überschreitet, weil die Inkremente proportional zum noch vorhandenen Kapital
1 − L(t) sind. Über γi werden die Verlusthöhen der Poisson-Prozesse Ni (t) spezifi-
ziert, sodass bei einem Sprung des i-ten Prozesses γi Teile des verbliebenen Kapitals
ausfallen17 . Außerdem werden die Intensitäten der Poisson-Prozesse mit jeweils einem
Prozess nach Cox et al. (1985) formuliert

p
dλi (t) = σi λi (t)dWi (t), i = 1, 2, 3, (4)

wobei dWi (t) die Inkremente von drei unabhängigen Brown’schen Bewegungen sind.
Damit das Top-Modell nach Longstaff und Rajan (2008) an den Down-Schritt nach
Halperin und Tomecek (2008) gekoppelt werden kann, bedarf es der Berechnung der
Ausfallwahrscheinlichkeiten wj (t) aus dem Top-Modell. Die Ausfallwahrscheinlichkei-
ten wj (t) geben an, mit welcher Wahrscheinlichkeit mindestens j Ausfälle im Porte-
feuille im Zeitintervall [t, T ] stattfinden, wobei mit T das Laufzeitende der Kontrakte
bezeichnet wird. wj (t) sind aus dem Top-Modell nicht ohne weiteres bestimmbar, da
16
Vgl. Longstaff und Rajan (2008), S. 529f.
Q3
17
Die Lösung von Gleichung 3 ist L(t) = 1 − i=1 e−γi ·Ni (t) , vgl. Longstaff und Rajan (2008), S.
541.
3 KONKRETE MODELLIERUNG EINES TOP-DOWN-MODELLS 5

mit dem Modell der Portefeuilleverlustprozess L(t) modelliert wird, jedoch nicht die
Anzahl der Ausfälle.

3.2 Down-Schritt
Um wj (t) aus dem Modell nach Longstaff und Rajan (2008) berechnen zu können,
wird in der vorliegenden Arbeit ein Ansatz zur Diskretisierung von L(t) entwickelt.
Mit diesem Ansatz ist es ohne weiteres möglich, wj (t) aus L(t) zu bestimmen und
das Top-Modell an den Down-Schritt nach Halperin und Tomecek (2008) zu koppeln.
Die Kernidee des Ansatzes liegt in der passenden Diskretisierung der Verteilung des
Portefeuilleverlustprozesses L(t). Im wesentlichen geht es dabei um eine Unterteilung
von L(t) in diskrete Abschnitte, die den Ausfällen auf Portefeuille-Ebene entsprechen.
Die Wahrscheinlichkeit für die Realisierung von j Ausfällen erhält man dann durch
Integration über die Dichtefunktion von L(t) im Abschnitt j.
Weil die über die Diskretisierung gewonnenen Ausfallwahrscheinlichkeiten wj (t) nur
Informationen darüber liefern, wieviele Einzelschuldner im Portefeuille ausfallen, aber
nicht welche Einzelschuldner dies sein werden, bedarf es einer Verdünnung der wj (t)
auf die Einzelschuldner des Portefeuilles. Die Verdünnung wird über den Down-Schritt
nach Halperin und Tomecek (2008) vorgenommen. Er basiert im wesentlichen auf einer
Ausfallmatrix, die die Wahrscheinlichkeiten wj (t) auf die Einzelschuldner aufteilt. Um
die Einzelschuldnerdynamiken von den Portefeuilledynamiken zu dekorrelieren, wird
ein dynamischer Filter in die Ausfallmatrix eingebettet.

3.2.1 Ausfallmatrix

Die Elemente der Ausfallmatrix pi|j (t) geben die bedingte Wahrscheinlichkeit an, dass
der Einzelschuldner i ausfällt, gesetzt den Fall, dass j Ausfälle im Portefeuille statt-
gefunden haben. Wenn Qi (t) die Wahrscheinlichkeit angibt, dass Einzelschuldner i im
Zeitintervall [t, T ] ausfällt, dann ergibt sich folgender, elementarer Zusammenhang18 :

m
X
pi|j (t) · wj (t) = Qi (t). (5)
j=1

Über Gleichung 5 wird also das Zusammenspiel von Top-Modell und Down-Schritt
definiert. Die Ausfallwahrscheinlichkeiten der Einzelschuldner Qi (t) werden demnach
von allen j = 1, . . . , m Ausfallwahrscheinlichkeiten wj (t) des Top-Modells beeinflusst
18
Vgl. Halperin und Tomecek (2008), S. 5.
3 KONKRETE MODELLIERUNG EINES TOP-DOWN-MODELLS 6

und ergeben sich aus dem Skalarprodukt von wj (t) und der i-ten Zeile der bedingten
Ausfallmatrix pi|j (t). Außerdem wird klar, dass alle Qi (t) ähnlich auf Schwankungen in
wj (t) reagieren, wenn die Ausfallmatrizen pi|j (t) über die Zeit konstant sind. Hieraus
ergäbe sich eine perfekte Korrelation aller Einzelschuldnerdynamiken, was nicht realis-
tisch erscheint.

3.2.2 Bestimmung der Einzelschuldnerdynamiken

Um die Einzelschuldnerdynamiken zu dekorrelieren, wird zunächst ein m-dimensionaler


Informationsprozess X(t) mit den Inkrementen

dX(t) = Θ(t)dt + ΓdW (t) (6)

simuliert. Dabei enthält der Driftterm Θ(t) die Information, welcher Einzelschuldner
als nächstes ausfallen wird. Fällt z. B. der dritte Einzelschuldner als nächstes aus, so
ist Θ(t) ein Vektor, dessen drittes Element den Wert 1 besitzt. Die restlichen Elemente
besitzen jeweils den Wert 0, weil die entsprechenden Einzelschuldner nicht als nächstes
ausfallen werden. Da jedoch nie eindeutig vorhergesagt werden kann, welcher Einzel-
schuldner als nächstes ausfällt, wird über die Brown’sche Bewegung dW (t) Unschärfe
in den Informationsprozess X(t) gebracht. Anhand der Elemente von X(t) kann dann
nicht mehr eindeutig vorhergesagt werden, welcher Einzelschuldner als nächstes ausfal-
len wird19 .
Im zweiten Schritt werden die in X(t) enthaltenen Informationen durch Anwendung
eines Filters in die Ausfallmatrix pi|j (t) eingearbeitet, wodurch schließlich die Ein-
zelschuldnerdynamiken dekorreliert werden. Die Schwierigkeit besteht nun darin, die
Ausfallmatrix pi|j (t) und die Volatilitätsmatrix Γ so zu kalibrieren, dass die mit dem
Top-Down-Modell erzeugten Einzelschuldnerdynamiken mit den am Markt beobacht-
baren übereinstimmen20 .
19
Vgl. Halperin und Tomecek (2008), S. 21f.
20
Vgl. Halperin und Tomecek (2008), S. 7f und S. 26f.
4 KALIBRIERUNG UND UMSETZUNG DES SPEZIFIZIERTEN TOP-DOWN-MODELLS7

4 Kalibrierung und Umsetzung des spezifizierten


Top-Down-Modells

4.1 Kalibrierung des Top-Modells


Für die Kalibrierung des Top-Modells wird ein eigenes Kalibrierungsschema, entwi-
ckelt, mit dem Ziel, die Kalibrierung möglichst schnell und effizient durchzuführen.
Prinzipiell handelt es sich dabei um eine abwechselnde Kalibrierung von Parametern
und Startwerten, um Komplexität und Rechenaufwand zu reduzieren. Bei der Kali-
brierung an Marktdaten zeigt sich, dass das Kalibrierungsschema eine höhere Effizienz
und eine höhere Schnelligkeit als alternative Ansätze aufweist. So kann das Modell auf
einem handelsüblichen Rechner in sechs Stunden vollständig kalibriert werden. Außer-
dem konvergieren sowohl die Prozessparameter als auch die λi (t), weshalb das Schema
als durchaus praxistauglich erscheint.

4.2 Kalibrierung des Down-Schritts


Um den Down-Schritt kalibrieren zu können, müssen einerseits die Ausfallwahrschein-
lichkeiten wj (t) des Top-Modells bekannt sein, andererseits die Ausfallwahrscheinlich-
keiten Qi (t) jedes Einzelschuldners.
Für die Berechnung der Qi (t) stehen mehrere Modelle wie z. B. Longstaff et al. (2005)
oder Modelle, die im Rahmen der Bewertung nach Lando (1998) eingesetzt werden, zur
Auswahl. In der vorliegenden Arbeit wird das Ausfallrisiko jedes Einzelschuldners mit
einem punktweise homogenen Poisson-Prozess modelliert, weil sich die entsprechenden
Intensitäten aus dem Top-Down-Modell leicht herleiten lassen und die Validierung des
Modells dann einfacher vorgenommen werden kann.
Nach der Kalibrierung von Qi (t) wird zuerst die Ausfallmatrix pi|j (t) über einen Algo-
rithmus berechnet, der die Elemente von pi|j (t) aus den wj (t) und den Qi (t) iterativ
skaliert. Der Algorithmus stellt dabei sicher, dass die kalibrierte Matrix Gleichung 5
erfüllt und weitere benötigte Eigenschaften aufweist21 . Erst im Anschluss kann die
Volatilitätsmatrix Γ kalibriert werden, da hierfür neben den Renditen der Index- und
Einzelschuldnerintensitäten auch die Werte der Ausfallmatrix benötigt werden. Bei der
Kalibrierung von Γ ist insbesondere darauf zu achten, dass die Eigenwerte von Γ in
einem gewissen Bereich liegen, da sonst das Filterverfahren während der Simulation in
21
Vgl. Halperin und Tomecek (2008), S. 7f.
5 EMPIRISCHE ERGEBNISSE 8

manchen Fällen keine dekorrelierten Einzelschuldnerdynamiken erzeugt22 .

5 Empirische Ergebnisse
Für die Umsetzung an Marktdaten wird auf tägliche Schlusspreise von Einzelschuldner-
und Portefeuilleprodukten des iTraxx-6 mit einer Laufzeit von fünf Jahren für den Zeit-
raum vom 21. September 2006 bis zum 21. März 2007 zurückgegriffen. Durch die Wahl
des iTraxx-6 mit fünf Jahren Laufzeit wird gewährleistet, dass die Prämien sehr liquide
und somit nicht verrauscht sind23 . Des weiteren liegt der 21. September 2006 deutlich
vor Beginn der Finanzkrise im Jahr 200724 , wodurch der Einfluss von Marktunsicher-
heiten und Liquiditätsengpässen als eher gering betrachtet werden kann25 .
Die Diskontstruktur wird für jeden der 130 Beobachtungszeitpunkte aus den EURIBOR-
Zins- und Swapsätzen mittels kubischer Spline-Interpolation gewonnen. Es werden die
EURIBOR-Zinssätze mit einer Fristigkeit von 1, 2, 3, 4, 5, 6 und 9 Monaten für die
Interpolation herangezogen. Die Diskontstruktur wird für den Zeitraum danach aus
den 1-, 2-, 3-, 4- und 5-jährigen Swapsätzen interpoliert.

5.1 Ergebnisse der Kalibrierung


In Tabelle 1 sind die mittleren quadratischen Abweichungen zwischen kalibrierten
Modell- und Marktprämien für Portefeuilleprodukte aufgeführt. Da sich die Modell-
prämien in den meisten Fällen um weniger als 1 Basispunkt von den Marktprämien un-
terscheiden, ist mit dem Kalibrierungsschema eine recht genaue Kalibrierung möglich,
was neben der hohen Kalibrierungsgeschwindigkeit ein weiteres Indiz für dessen Pra-
xistauglichkeit ist.

Index 0% − 3% 3% − 6% 6% − 9% 9% − 12% 12% − 22%


RMSE 1, 1006 0, 0246 0, 2058 0, 9118 1, 3477 0, 6703

Tabelle 1: RMSE der Differenzen zwischen Markt- und Modellprämien von Portefeuil-
leprodukten in Basispunkten.

22
Vgl. Halperin und Tomecek (2008), S. 26f.
23
Vgl. Blanco et al. (2005), S. 2260.
24
Vgl. Brunnermeier (2009), S. 82f.
25
Vgl. Diamond und Rajan (2005), S. 615f.
5 EMPIRISCHE ERGEBNISSE 9

5.2 Validierung des Modells


Um die Ergebnisse zu validieren, werden mit dem Top-Down-Modell 10.000 Pfade für
die Ausfallintensitäten aller Einzelschuldner während des Kalibrierungszeitraums simu-
liert. Die simulierten, logarithmierten Ausfallintensitäten weisen eine deutliche Rechts-
schiefe auf, obwohl die Einzelschuldnerdynamiken im wesentlichen von normalverteilten
Zufallsvariablen abhängen.
Die Durchführung der Kolmogorow-Smirnow-Tests ergibt, dass die logarithmierten
Ausfallintensitäten in den meisten Fällen asymmetrischen Normalverteilungen entspre-
chen. Bei der Untersuchung der asymmetrischen Normalverteilungen fallen zwei Beson-
derheiten auf. Zum einen nimmt die Schiefe der Verteilungen mit der Zeit zu. Hierdurch
werden höhere Ausfallintensitäten gegenüber der Normalverteilung wahrscheinlicher
und es steigt die Wahrscheinlichkeit eines Ausfalls. Das Top-Down-Modell eignet sich
daher für die Modellierung von oberen Tail-Risiken der Einzelschuldnerintensitäten.
Zum anderen folgen die Lokalisationsparameter aller Einzelschuldnerverteilungen dem
Verlauf des Poisson-Prozesses des Top-Modells mit der niedrigsten Sprunghöhe. Die
simulierten Einzelschuldnerintensitäten hängen also im wesentlichen von den in den
Indexkontrakten eingepreisten idiosynkratischen Risiken ab. Etwaige systemische Risi-
ken haben keinen nennenswerten Einfluss auf die Einzelschuldnerintensitäten.

(a) 3D-Ansicht der Ausfallinten- (b) Lokalisationsparameter aller (c) Kolmogorow-Smirnow-Tests


sitätsverteilungen von Dia- Einzelschuldnerverteilungen. zum Konfidenzniveau α = 5%
geo. für alle Einzelschuldner.

Abbildung 1: Abbildungen der simulierten, logarithmierten Ausfallintensitätsverteilun-


gen in jedem Zeitpunkt t sowie die zugehörigen Kolmogorow-Smirnow-Tests, wobei rot
die Ablehnung der Nullhypothese bedeutet und blau das Gegenteil.
6 FAZIT 10

5.3 Hedging von Index-CDS


Aus dem Top-Down-Modell werden Hedge-Ratios für das Delta-Hedging von Porte-
feuilleprodukten mit Credit Default Swaps hergeleitet. Beim Hedging von Portefeuil-
leprodukten stellt sich heraus, dass der relative Hedge-Fehler durch das Bilden eines
Hedge-Portefeuilles aus Credit Default Swaps deutlich reduziert werden kann. Jedoch
nimmt die Volatilität des Portefeuilles deutlich zu. Diese Volatilitätszunahme ist auf
Schwankungen im Hedge-Portefeuille zurückzuführen. Denn durch das Hedging mit
Credit Default Swaps werden zusätzliche Risiken eingegangen, die in den Portefeuille-
produkten nicht reflektiert werden und die somit zu einer höheren Volatilität führen.

(a) Equity-Tranche (b) Junior-Mezzanine-Tranche (c) Index

Abbildung 2: Punktwolken der täglichen GuV von Portefeuilleprodukten (x-Achse) und


der zugehörigen Hedge-Portefeuilles (y-Achse).

6 Fazit
Die vorliegende Diplomarbeit ergänzt die bestehende Literatur um die konkrete Um-
setzung eines Top-Down-Modells anhand von Marktdaten. Das hierfür entwickelte Ka-
librierungsschema erweist sich als besonders praxistauglich, da es eine sehr schnelle und
akkurate Kalibrierung an Marktdaten gewährleistet. Ein weiterer wichtiger Aspekt be-
trifft die Kopplung des Top-Modells mit dem Down-Schritt, die über einen selbstent-
wickelten Kopplungsansatz erfolgreich umgesetzt werden kann. Die erzeugten Einzel-
schuldnerdynamiken weisen eine starke Rechtsschiefe auf, weshalb sich das Top-Down-
Modell für die Modellierung von Tail-Risiken eignet. Die qualitativen Eigenschaften
der Einzelschuldnerdynamiken stimmen jedoch größtenteils miteinander überein, so-
dass eine differenzierte Modellierung nicht möglich erscheint. Beim Hedging mit Credit
Default Swaps führt der Einsatz des Modells zwar zu einer Volatilitätszunahme, jedoch
kann der Hedge-Fehler um bis zu 80% reduziert werden.
LITERATUR 11

Literatur
Bielecki, Tomasz R.; Crépey, Stéphane und Jeanblanc, Monique, 2008, Up and Down
Credit Risk, Working Paper, 1–36.

Blanco, Roberto; Brennan, Simon und Marsh, Ian W., 2005, An Empirical Analysis of
the Dynamic Relation between Investment-Grade Bonds and Credit Default Swaps,
The Journal of Finance Vol. LX, Nr. 5, 2255–2281.

Brunnermeier, Markus K., 2009, Deciphering the Liquidity and Credit Crunch 2007-
2008, Journal of Economic Perspectives 23, 77–100.

Cox, John C.; Ingersoll, Jonathan E. und Ross, Stephan A., 1985, A Theory of the
Term-Structure of Interest Rates, Econometrica Vol. 53, Nr. 2, 385–407.

Diamond, Douglas W. und Rajan, Raghuram G., 2005, Liquidity Shortages and Ban-
king Crises, The Journal of Finance Vol. LX, Nr. 2, 615–647.

Errais, Eymen; Giesecke, Kay; und Goldberg, Lisa, 2007, Pricing Credit from the Top
Down with Affine Point Processes, Working Paper, Stanford University, 1–29.

Giesecke, Kay und Goldberg, Lisa, 2008, A Top-Down Approach to Multi-Name Credit,
Working Paper, Stanford University, 1–30.

Halperin, Igor und Tomecek, Pascal, 2008, Climbing Down from the Top: Single Name
Dynamics in Credit Top Down Models, Working Paper, JP Morgan Quantitative
Research, 1–33.

Herbertsson, Alexander, 2007, Pricing Portfolio Credit Derivatives, PhD Thesis, Göte-
borg University.

Kole, Erik; Keodijk, Kees und Verbeek, Marno, 2006, Selecting Copulas for Risk Ma-
nagement, Working Paper, Erasmus University Rotterdam, 1–23.

Lando, David, 1998, On Cox Processes and Credit Risky Securities, Review of Deriva-
tives Research Vol. 2, 99–120.

Longstaff, Francis A.; Mithal, Sanjay und Neis, Eric, 2005, Corporate Yield Spreads:
Default Risk or Liquidity? New Evidence from the Credit Default Swap Market, The
Journal of Finance Vol. LX, Nr. 5, 2213–2251.
LITERATUR 12

Longstaff, Francis A. und Rajan, Arvind, 2008, An Empirical Analysis of the Pricing of
Collateralized Debt Obligations, The Journal of Finance Vol. LXIII, Nr. 2, 529–563.

O’Kane, Dominic und Livesey, Matthew, 2004, Base Correlation Explained, Lehman
Brothers Quantitative Credit Research Quarterly Vol. 2004-Q3/4, 1–18.

Schön, Stephan und Cortez, Benjamin, 2009, Finanzmarktkrise als Vertrauenskrise,


Zeitschrift für Internationale Rechnungslegung, Heft 1/2009, 11–17.

Das könnte Ihnen auch gefallen