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Modul – Pflegetherapeutisches Handeln bei Menschen mit

Erkrankungen des Herz- und Kreislaufsystems

Die Erkrankungen des Herzens haben in Deutschland eine große Bedeutung. Die häufigste
herzbedingte Todesursache ist die Koronare Herzkrankheit (KHK). Die KHK führt häufig zum
Herzinfarkt, es starben bundesweit im Jahr 2015 insgesamt 128.230 Menschen. (Herzbericht
2017/Deutsche Herzstiftung)
Die zweithäufigste herzbedingte Todesursache ist die Herzinsuffizienz (Herzschwäche), es starben im
Jahr 2015 ca. 47.400 Menschen. Die Herzinsuffizienz ist auch ein der häufigsten Gründe, warum
Menschen in einer Klinik behandelt werden. Häufig sind Herzrhythmusstörungen und
Herzklappenerkrankungen.

Auf Grund dieser Daten ist es wichtig die Ursachen zu erkennen und präventiv zu handeln.
Erkrankungen die das Herz belasten, wie Hypertonie, Adipositas, Diabetes mellitus,
Fettstoffwechselstörungen (z.B. erhöhte Cholesterinwerte) müssen frühzeitig erkannt und behandelt
werden. Eine Aufklärung über Maßnahmen der Prävention und Risikofaktoren in der Bevölkerung ist
wichtig.
In der Statistik der Deutschen Herzstiftung ist ersichtlich, dass 2015 mehr Frauen (117.518) als
Männer/103.993) an einer Koronaren Herzkrankheit starben. Die Prognose für die anderen
Herzerkrankungen ist für Frauen auch schlechter.

In den vergangenen 25 Jahren ist eine Verringerung der herzbedingten Sterbefälle zu erkennen:
1990 = pro 100.000 Einwohner ca. 500 Todesfälle durch Herzerkrankungen
2015 = pro 100.000 Einwohner ca. 247 Todesfälle durch Herzerkrankungen

Die Deutsche Herzstiftung sieht dafür folgende Gründe:


 Die Menschen rauchen weniger
 Bessere Diagnoseverfahren
 Verbesserte Therapien
 Spezialisierung und Vernetzung im Gesundheitswesen (z.B. Rehabilitationsmaßnahmen für
Betroffene, Herzsportgruppen u.a.)
 Verbesserte Notarztsysteme

Krankheitsbilder:
(1) Koronare Herzkrankheit (KHK)

Definition:
Mangeldurchblutung (Ischämie) des Herzmuskels durch die fortschreitende arteriosklerotische
Verengung der Herzkranzgefäße, es kommt zur Durchblutungsstörung in den Herzmuskelarealen. Es
kommt zum Sauerstoffmangel im Myokard (Herzmuskel).

Leitsymptom: Angina pectoris-Anfälle


 Brustenge und Angina pectoris Schmerz (Stenokardie)
 Brustschmerzen (retrosternal): strahlen in linken Arm aus, Engegefühl, Todesangst

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Hauptrisikofaktoren, zur Entstehung einer Koronaren Herzerkrankung sind:
 Nikotinkonsum
 Östrogenhaltige Ovulationshemmer
 Arterielle Hypertonie
 Diabetes mellitus
 Adipositas
 Fettstoffwechselstörungen (Hypercholesterinämie)
 Bewegungsmangel
 Familiäre Disposition (erstgradige Familienangehörige)

Therapieansätze:
 Behebung der Schmerzsymptomatik im akuten Anfall
 Medikamentöse Langzeittherapie
 Herzinfarktprophylaxe: Vorbeugung der thrombotisch bedingten Koronarverschlüsse
 Gewichtsreduktion
 Ernährungsumstellung
 Lebensgewohnheiten ändern (viel Bewegung, geregelter Tagesablauf, weniger Stress u.a.)

Medikamente:
 Nitrate
 ACE-Hemmer
 Betarezeptorenblocker
 Kalziumantagonisten
 Azetylsalizylsäure

(2) Herzinfarkt (Myokardinfarkt)

Akute und schwerste Form der KHK


 es kommt zu einem akuten Verschluss eines oder mehrerer Koronargefäße und setzt damit die
Durchblutung des zu versorgenden Herzmuskelgewebes kritisch herab:
 mit umschriebener Nekrose des Herzmuskelgewebes infolge der Ischämie
 Narbengewebe kann nicht aktiv an der Pumpleistung des Herzens mitarbeiten
 der linke Ventrikel ist häufig betroffen
 nach einen Myokardinfarkt kommt es in der Akutphase der Versorgung oft zu einem weiteren
Infarkt/ Zweitinfarkt) oder nach mehreren Wochen ( Re-Infarkt)

Der Myokardinfarkt ist die häufigste Todesursache in Deutschland!

Herzrhythmusstörungen, Nachlassen der Pumpfunktion des Herzens und Herzwandschäden sind die
Ursachen der Letalität.

Leitsymptome:
 Akut auftretender retrosternaler (hinter dem Brustbein) Schmerz
 Ausstrahlender Schmerz in den linken Arm, Hals, Unterkiefer, Rücken oder Oberbauch
 Angstgefühl (Vernichtungsgefühl), Todesangst
 Atemnot und Unruhe
 Hypotonie
 Herzrhythmusstörungen
 Übelkeit, Erbrechen
 Schweißausbrüche
Merke: Nichtansprechen von Nitrospray!

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Risikofaktoren: entsprechen der Koronaren Herzkrankheit

Komplikationen: (akut)
 Kammerflimmern / kardiogener Schock sind die häufigsten Komplikationen
 Herzwandrupturen mit Herzbeuteltamponaden
 Septumperforationen

Spätkomplikationen:
 Arterielle Embolien
 Perikarditis
 Arrhythmien
 Herzinsuffizienz

Therapie:
 Reperfusionstherapie = systemische Thrombolysetherapie zur Wiedereröffnung des/der
verschlossenen Koronargefäße (Lysetherapie) mittels Fibrinolytika/ Thrombolytika
 PTCA mit oder ohne Stentimplantation
 Monitoring / Überwachung der Vitalfunktionen
 Schmerztherapie / evtl. Sedierung
 Sauerstoffgabe
 Bettruhe (körperliche Entlastung)
 Heparinisierung

Medikamente:
 Nitrate
 ACE-Hemmer
 Betarezeptorenblocker
 Cholesterin-Aufnahme-Hemmer (CSE-Hemmer z.B. Sortis®, später: Azetylsalizylsäure)

(3) Herzinsuffizienz (Herzmuskelschwäche)

WHO-Definition:
Eine verminderte körperliche Belastbarkeit aufgrund einer ventrikulären Funktionsstörung.

 Unfähigkeit des Herzens, das vom Organismus benötigte Herzzeitvolumen bereitzustellen


 Unfähigkeit des Herzens, den in Ruhe oder bei Belastung für den Energiebedarf der Organe
und Gewebe erforderlichen Blutauswurf bereitzustellen und / oder den venösen Rückfluss
aufzunehmen
 pro Jahr erkranken ca. 320 von 100.000 Menschen in Deutschland neu an Herzinsuffizienz
 viele Menschen sind 70- bis 80 Jahre alt
 Männer anderthalb mal so oft wie Frauen und eher krank
 Herzinsuffizienz ist in Deutschland bei Männern die vierthäufigste Ursache und bei Frauen die
zweithäufigste Todesursache
 häufig beruht die chronische Herzinsuffizienz auf einer Hypertonie
 Lebenserwartung und Lebensqualität haben sich in den letzten Jahren verbessert, durch eine
effizientere medizinische Versorgung

Unvermögen des Herzens, das zur Versorgung des Körpers erforderliche Blutvolumen zu fördern.

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Einteilungen der Herzinsuffizienz:

1. Nach betroffener Herzkammer


 Rechtherzinsuffizienz
 Linksherzinsuffizienz
 Globalinsuffizienz

2. Nach dem zeitlichen Verlauf der Symptome


 Akute Herzinsuffizienz
 Chronische Herzinsuffizienz

3. Nach Auswirkung auf die Leistungsfähigkeit


 Kompensierte Herzinsuffizienz
 Dekompensierte Herzinsuffizienz

Differenzierung der Herzinsuffizienzen

Linksherzinsuffizienz

Ursachen: arterielle Hypertonie, Herzklapppenfehler (linkes Herz), KHK, Herzinfarkt,


Rhythmusstörungen

Symptome:
 Belastungsdyspnoe, Ruhedyspnoe, Orthopnoe
 Rasselgeräuche über der Lunge, Husten
 Lungenödeme
 Einsatz der Atemhilfsmuskulatur

Rechtherzinsuffizienz

Ursachen: Linksherzinsuffizienz, Herzklappenfehler (rechtes Herz), Lungenerkrankungen

Symptome:
 Gestaute, erweiterte Halsvenen
 Ödeme (Bauch, Unterschenkel, Füße)
 Gewichtszunahme
 Leber- und Milzvergrößerung
 Aszites
 „Magenbeschwerden“ (Stauung im Pfortaderkreislauf)

Gemeinsame Symptome:
 Eingeschränkte Leistungsfähigkeit
 Nykturie
 Tachycardie bei Belastung, Herzrhythmusstörungen
 Herzvergrößerung, Pleura- und Perikarderguss
 Im Spätstadium niedriger Blutdruck (niedrigers Herzminutenvolumen)

Globalinsuffizienz
Die Ursachen und Zeichen der Links- und Rechtsherzinsuffizienz sind vorhanden

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NYHA = New York Heart Association

 = Allgemeingültige Klassifikation der Herzinsuffizienz

NYHA I = keine körperlichen Symptome (Ruhe + Belastung)


NYHA II = leichte Einschränkungen bei Belastung, keine Symptome in Ruhe
NYHA III = bei alltäglicher Belastung hohe Einschränkungen, lässt bei Ruhe nach
(Luftnot, Angina pectoris, Ödeme)
NYHA IV = Symptome bei Belastung und in Ruhe, Betroffene sind immobil und auf Hilfe
angewiesen

Therapie:

NYHA I
 Ursachen behandeln
 Risikofaktoren senken
 Körperliche Aktivität erhöhen
 Emotionale Entlastung
 salzarme / fettarme Kost
 frühzeitig ACE-Hemmer

NYHA II
 wie NYHA I
+
 ACE-Hemmer
 bei Bedarf = Diuretika; Herzglykoside

NYHA III
 wie NYHA II
+
 Dauertherapie mit ACE-Hemmer
 bei Bedarf = Diuretika, Herzglykoside. evtl. Nitrate / Betablocker

NYHA IV
 wie NYHA III
+
 akut = Katecholamine
 ggf. Pacemaker, Kunstherz, Herztransplantation

Medikamentöse Therapie:

ACE-Hemmer
= hemmen die Angiotensin converting Enzyme, aus den Angiotensin I kann nicht mehr das Angiotensin
II gebildet werden, dadurch wird der periphere Gefäßwiderstand gemindert, es kommt zur
Blutdrucksenkung und Entlastung des Herzens

Beispiele für ACE-Hemmer:


Captopril z.B. Lopirin®, Tensobon®
Enalapril z.B. Pres®, Xanef®
Lisinopril z.B. Acerbon®, Coric®

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Nebenwirkungen: chronischer Reizhusten, Geschmackstörungen, Obstipation, Hautausschläge, Abfall
der weißen Blutkörperchen

ß – Blocker
= Einsatz, wenn gleichzeitig eine KHK oder Koronare Herzkrankheit besteht, sie gehören zu den
Sympatholytika und führen zur Verminderung der Herzfrequenz und der Herzkraft, damit senkt sich
das Herzzeitvolumen und der Blutdruck

Beispiele für ß-Blocker:


Atenolol z.B. Tenormin®
Metoprolol z.B. Beloc®, Lopresor®
Pindolol z.B Visken®
Propranolol z.B. Dociton®

Nebenwirkungen: Blutdruck- und Herzfrequenzabfälle, Müdigkeit , Magendarmbeschwerden,


Verschleierung einen Hypoglykämie bei Diabetikern

Kalziumantagonisten / Kalziumkanal-Blocker
=erweitern die peripheren Blutgefäße, senken damit den Widerstand im Gefäßsystem und den
Blutdruck, sie verringern die Herzkraft und die Herzarbeit sowie den Sauerstoffverbrauch des Herzens,
eingesetzt bei KHK

Beispiele für Kalziumantagonisten:


Nifedipin z.B. Adalat®
Nitrendipin z.B. Bayotensin®
Diltiazem z.B. Dilzem®
Verapamil z.B. Isoptin®

Nebenwirkungen: bei Herzinsuffizienz nur unter Kontrolle = Herzkraftschwächung, Kopfschmerzen,


Hitzegefühl, Beinödeme, Magen- und Darmbeschwerden, Herzrhythmusstörungen

Herzglykoside
=steigern die Kontraktionskraft des Herzmuskels, verlangsamen die Herzschlagfrequenz, steigern die
Reizbildung und verzögern die Erregungsleitung, damit kann das geschwächte Herz mehr Blut
auswerfen, es arbeitet ökonomischer, periphere Organe werden besser durchblutet

Beispiele für Herzglykoside:


Digitoxin z.B. Digimerck®
Digoxin z.B. Lamicor®, Lenoxin®
Überdosierung möglich!  Bradykardie, Sehstörungen/Farbsehen, Kopfschmerz

Nebenwirkungen: Veränderungen der Pulsqualitäten, Müdigkeit, Verwirrtheit, Magen- und


Darmbeschwerden, Depressionen

Diuretika
=harntreibende Wirkung, verstärken die Wasser- und Mineralstoffausscheidung
(Thiazidabkömmlinge)

Beispiele für Diuretika:


Hydrochlorothiazid z.B. Esidrix®
Schleifendiuretika z.B. Furosemid®, Lasix®
Kaliumsparende Diuretika ( bei Herzinsuffizienz)

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Thiaziden z.B. Jatropur®
Nebenwirkungen: Elektrolytentgleisungen, Hypokaliämie / Herzrhythmusstörungen / Muskelkrämpfe,
Blutzucker- oder Harnsäureanstieg, Thrombosegefahr, Obstipation

Nitrate
=erweitern die venösen Kapazitätsgefäße, dabei wird der Blutrückstrom zum Herzen geringer (die
Vorlast sinkt) und sie dilatieren die peripheren Gefäße im arteriellen System, dadurch sinkt der
Widerstand gegen den das Herz anpumpen muss (die Nachlast)

Nitrate zur Anfallsbehandlung:


Glyceroltrinitrat (Nitroglycerin) z.B. Nitrolingual®, Coro Nitro®
= Spray oder Zerbeißkapseln

Nitrate zur Anfallsprophylaxe:


Isosorbidmononitrat z.B. Ismo®, Mono-Mack®, Corangin®
Isosorbiddinitrat z.B. Isoket®, ISDN - Stada®, Iso - Mack®
= Tablettengabe mit nächtlicher Pause / sonst Gewöhnung

Nebenwirkungen: Kopfschmerz, Blutdruckabfall

Allgemeine Pflegeschwerpunkte bei Herzinsuffizienz:

 Unterstützung bei der Selbstpflege / Aktivitäten


 Belastungsgrenzen beachten!
 Sinnhafte Förderung und Schonung
 Flüssigkeitsbilanzierung
 Ernährungsberatung
 Puls- und Blutdruckkontrollen
 Tägliche Gewichtskontrolle
 Atemerleichternde Maßnahmen / Sauerstoffgabe
 Prophylaxen

Literatur
Lehrbuch: Pflege heute Verlag Urban & Fischer
Lehrbuch: Thiemes Pflege 12. Auflage
Lehrbuch: I care / Pflege + Krankheitslehre / Thieme – Verlag

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