Sie sind auf Seite 1von 75

WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT I
Inhalt
1. Einführung in das Privatrecht................................................................................................................................................2
1.1 Begriffe und Abgrenzung.................................................................................................................................................2
1.2 Privatrechtssubjekte.......................................................................................................................................................3
1.3 Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit.........................................................................................................................4
2. Grundsätze des Vertragsrechts..............................................................................................................................................8
2.1 Grundsätze des Vertragsrechts.......................................................................................................................................8
2.2 Rechtsgeschäftslehre....................................................................................................................................................10
2.3 Allgemeine Geschäftsbedingungen...............................................................................................................................16
2.4 Inhaltliche Mängel des Vertrages..................................................................................................................................18
2.5 Verbraucherschutz........................................................................................................................................................19
3. Grundlagen des Schuldrechts..............................................................................................................................................22
3.1 Leistungsstörungen.......................................................................................................................................................22
3.2 Verzug........................................................................................................................................................................... 23
3.3 Gewährleistung............................................................................................................................................................. 27
3.4 Insolvenz....................................................................................................................................................................... 32
3.5 Verjährung eines Schuldverhältnisses...........................................................................................................................33
4. Vertragliche Schuldverhältnisse...........................................................................................................................................36
4.1 Veräußerungsverträge..................................................................................................................................................36
4.2 Gebrauchsüberlassungen..............................................................................................................................................38
4.3 Dienstleistungsverträge................................................................................................................................................42
5. Schadenersatzrecht............................................................................................................................................................. 45
5.1 Grundlagen................................................................................................................................................................... 45
5.2 Verschuldenshaftung....................................................................................................................................................46
5.3 Gefährdungshaftung.....................................................................................................................................................47
5.4 Eisenbahnen- und Kraftfahrzeugshaftpflichtgesetz EKHG.............................................................................................50
6. Sachenrecht......................................................................................................................................................................... 52
6.1 Eigentum....................................................................................................................................................................... 52
6.2 Eigentumserwerb.......................................................................................................................................................... 54
6.3 Eigentumsvorbehalt......................................................................................................................................................60
6.4 Pfandrecht.................................................................................................................................................................... 61
6.5 Hypothek....................................................................................................................................................................... 66
7. Mehrpersonalität................................................................................................................................................................. 69
7.1 Abtretung, Zession, Gläubigerwechsel..........................................................................................................................69
7.2 Bürgschaft..................................................................................................................................................................... 72
7.3 Garantie........................................................................................................................................................................ 74

1
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

1. Einführung in das Privatrecht


1.1 Begriffe und Abgrenzung

Privatrecht-Begriffe und Abgrenzungen

 ordnet Rechtsbeziehungen zwischen Bürgern


 kein mit Hoheitsgewalt ausgestattetes Rechtssubjekt (im Unterschied zum
öffentlichen Recht)
 Gleichrangigkeit des Privatrechts
Privatrecht

 ordentliche Gerichte
 Bund hat Gesetzgebungskompetenz
Staat privatrechtlich tätig: allgemeines Schadensersatzrecht
Staat in Vollziehung der Gesetze tätig: Amtshaftungsgesetz
Einteilung des Privatrechts

 allgemeines Privatrecht
Zivilrecht, bürgerliches Recht, Rechtverhältnisse, die für jedermann bedeutsam
werden können.

 Sonderprivatrecht
besondere Vorschriften für bestimmte Personenkreise oder spezielle Sachgebiete,
z.B. Arbeitsrecht, Unternehmensrecht, Gesellschaftsrecht,
Versicherungsvertragsrecht
Einteilung des Bürgerlichen Rechts (=Pandektensystem)

 Allgemeiner Teil: zivilrechtliche Fragestellungen, die eine übergreifende Bedeutung


haben, Methodenlehre, Rechts- und Handlungsfähigkeit, Rechtsgeschäftslehre,
Verjährung.
 Schuldrecht: Regelt die Frage wann eine Person einer anderen zu einer Leistung
verpflichtet ist, welche Konsequenzen sich daraus ergeben.
 Sachenrecht: regelt Zuordnung von Rechten an körperlichen Sachen (Eigentum,
Pfandrecht)
 Familienrecht: Konsequenzen von Verwandtschaft, Ehe und Partnerschaft, Rechte
und Pflichten von Ehegatten, Partnern, zwischen Eltern und Kindern
 Erbrecht: behandelt die Rechte und Pflichten eines Verstorbenen, Rechtsnachfolge
und Pflichtteilsrecht, wer in welchem Umfang für Verstorbene haftet
Stammgesetz des bürgerlichen Rechts: Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (ABGB)
wichtige Bestimmungen des ABGB basieren nicht auf Entscheidungen des österreichischen
Gesetzgebers sondern auf Richtlinien der EU
Gliederung des ABGB
2
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

 1. Teil: Personenrechte: Familienrecht des ABGB, Bestimmungen über die Rechts-


und Handlungsfähigkeit
 2. Teil: Sachenrechte: regeln Zuordnung von Rechten an körperlichen Sachen
(Eigentum, Pfandrecht), Erbrecht, Schuldrecht
 3. Teil: gemeinschaftliche Bestimmungen der Personen- und Sachenrechte
Internationales Privatrecht
Beschäftigt sich mit Fällen, die einen grenzüberschreitenden Bezug aufweisen, regelt Frage
nach wessen Privatrecht solche Fälle zu beurteilen sind.
Stellt Verweisungsnorm bereit, die das Privatrecht eines bestimmten Staates zur Lösung der
Frage berufen
Zivilverfahrensrecht
Ergänzung zum materiellen Privatrecht, regelt die Durchsetzung privatrechtlicher Rechte und
Pflichten
Ordentliche Gerichte: Durchsetzung von privatrechtlichen Verpflichtungen findet stehts vor
Gerichten statt, Geltendmachung erfolgt mit Klage oder Antrag, Entscheidung mit Urteil oder
Beschluss
Gerichtsentscheidungen ≠ Gesetzeskraft: Richter sind nur an Gesetze gebunden,
Vorrausgegangene gerichtliche Entscheidungen entfalten keine Bedeutung, haben keine
Gesetzeskraft (= keine Präjudizien)
Zuständige Gerichte: Bezirksgerichte (BG) (bis 15.000 €), Landesgerichte (LG),
Oberlandesgerichte (OLG), Oberster Gerichts Hof (OGH)
Eigene Gerichte: Arbeits- und Sozialgerichte, Handelsgericht
Rechtszug an OGH nur bei Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung

1.2 Privatrechtssubjekte

Rechtsfähigkeit: Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu sein, alle natürlichen und
juristischen Personen
Handlungsfähigkeit: Fähigkeit Rechte und Pflichten durch eigenes Handeln begründen zu
können; nur wer rechtsfähig ist, kann auch handlungsfähig sein
Natürliche Personen
beginnt mit Geburt, endet mit Tod

 noch nicht geborene Kinder sind bedingt und beschränkt rechtsfähig


bedingt: ist schon im Mutterlaib Träger von Rechten, aber nur wenn es lebend
geboren wird
3
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

beschränkt: kann nur Rechte, keine Pflichten haben


Ende: (Hirn)-Tod, oder durch gerichtlichen Beschluss, wenn Leichnam nicht vorhanden,
Todeserklärung bei Verschollenheit, normalerweise nach 10 Jahren, bei besonderen
Umständen (Flugzeugabsturz) 3 Monate.
Wenn der für Tod erklärte wieder auftaucht, haben Erben den Nachlass zurückzugeben

Juristische Personen
=Gebilde aus mehreren Menschen, die dauerhaft gleich gelagerte Interessen wirtschaftlich
selbständiger Tätigkeiten verfolgen und sich organisieren. (Personenvereinigungen oder
Vermögensmassen)
Gesetz erkennt Rechtsfähigkeit von Gebilden, die von Menschen verschieden sind an;
können Rechte und Pflichten erwerben
keine Ultra-Vires-Lehre: juristische Personen können NICHT nur Rechtsgeschäfte
abschließen, die zur Erreichung ihres Vereinszwecks notwendig sind
Trennungsprinzip: haften nur mit eigenem Vermögen, nicht mit dem der Mitglieder,
Vermögen juristischer Personen ist von dem ihrer Mitglieder zu trennen
Entstehung: ist vom Willen der Gründer abhängig
Normativsystem: Behörde legt Voraussetzungen für die Entstehung juristischer
Personen des Privatrechts fest
Anmeldesystem: Einhaltung gesetzlicher Voraussetzungen, Anmeldung bei Behörde

1.3 Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit


Entscheidungsfähigkeit
Entscheidungsfähigkeit eines Menschen:

 Bedeutung und Folgen des Handelns zu verstehen


 Wille danach zu bestimmen
 entsprechendes Verhalten
= Entscheidungsfähigkeit kann nur für einen konkreten Menschen und einen konkreten
Zusammenhang geprüft werden.
Vermutung (nach § 24 Abs 2): Volljährigkeit = Entscheidungsfähigkeit
Keine Rechtfolgen ohne Entscheidungsfähigkeit, Entscheidungsfähigkeit reicht aber nicht
immer aus, um Rechtswirkung zu begründen
Handlungsfähigkeit

4
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

Entscheidungsfähigkeit ist Vorfrage zur Handlungsfähigkeit


Fähigkeit, sich durch das eigene Handeln zu berechtigen und zu bepflichtigen

 Geschäftsfähigkeit: Fähigkeit, sich durch eigenes Verhalten zu berechtigen und zu


verpflichten
 Deliktfähigkeit: Fähigkeit, aus eigenem rechtswidrigem Verhalten
schadensersatzpflichtig zu werden
Typisiert nach Altersstufen, Entscheidungsfähigkeit ist Voraussetzung für Handlungsfähigkeit
Realakte: Rechtserwerb ohne Entscheidungsfähigkeit (z.B. Urheberrecht)
Geschäftsfähigkeit
abhängig von Alter (abstrakte Schranke) und Entscheidungsfähigkeit (konkrete Schranke)
gesetzliche Vertreter für nicht Geschäftsfähige, z.B. Eltern oder Erwachsenenvertreter

1. Geschäftsfähigkeit Minderjähriger
Grundsätzlich sind Minderjährige geschäftsunfähig
Minderjährig <7 völlig geschäftsunfähig, können sich weder berechtigen noch
e bepflichtigen, nichtige Rechtsgeschäfte

2 Ausnahmen:
 Schenkungen
 Taschengeldparagraf:
altersübliche Geschäfte, geringfügige Angelegenheiten, das
tägliche Leben betreffend
unmündige 7-13 über diese 2 Ausnahmen hinausgehende Geschäfte sind nicht mehr
Minderjährig nichtig, sondern schwebend unwirksam:
e Bis zur Entscheidung des gesetzlichen Vertreters ist der Geschäftspartner
gebunden
Kind wird Vertragspartei, kann klagen/geklagt werden
mündige 14-18 können über Einkommen und Sachen, die ihnen zur Verfügung stehen
Minderjährig verfügen, sodass sie der Befriedigung ihrer Lebendbedürfnisse dienen.
e können sich vertraglich zu Dienstleistungen verpflichten
außerordentliches Kündigungsrecht der Eltern
m. M. können sich nicht selbstständig zu Lehr- und Ausbildungsverträgen
verpflichten
Geschäftsunfähigen Schutz: Geschäftsunfähigkeit geht vor
Vertrauensschutz, Geschäftsunfähigkeit muss dem Vertragspartner nicht
erkennbar sein
Vorgetäuschte Geschäftsfähigkeit: nur Anspruch auf Vertrauensschaden

2. Geschäftsfähigkeit Volljähriger

5
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

Volljährigkeit: Vollendetes 18. Lebensjahr, Vermutung, die nötige Entscheidungsfähigkeit zu


besitzen, Gegenteil muss bewiesen werden
Geschäftsunfähigkeit: unabhängig von Dauer der Beeinträchtigung (Drogenrausch vs Demez)
Vertretung beeinträchtigter Erwachsener (EV)
Gesunde mit voller Entscheidungsfähigkeit können eine Vorsorgevollmacht errichten,
können auswählen oder ausschließen wer ihr EV (nicht) werden soll.

Gewählte EV Vertretung beeinträchtigter Erwachsener


Erhaltung der Autonomie, Vertreter zur Teilnahme am Rechtsverkehr
Vorsorgebevollmächtigte
höchstpersönliche und schriftliche Einbringung der VV im
österreichischen zentralen Vertretungsverzeichnis.

Gewählte EV: für Personen mit geminderter Entscheidungsfähigkeit,


regeln gemeinsam Befugnisse mit gewähltem EV

Gesetzliche EV Wenn es zu spät ist eine Vollsorgevollmacht einzureichen:

ohne Vorsorgebevollmächtigten oder gewählten


Erwachsenenvertreter: gesetzliche EV, nächster Angehörige
Möglichkeit der Ablehnung des Betroffenen

Gerichtliche EV erst notwendig, wenn anderweitig kein EV gefunden werden kann


(§ 271) flexibel soll auf den Einzelfall zugeschnitten werden
Darf nur einzelne und nicht alle Angelegenheiten besorgen
endet nach 3 Jahren

Geschäftsfähigkeit beeinträchtigter Erwachsener

 Entscheidungsfähig im Einzelfall = keine Geschäftsunfähigkeit


 entscheidungs- und geschäftsunfähig, schwebend unwirksamer Vertrag, kann von EV
genehmigt werden, muss auf Wünsche und Bedürfnisse des Betroffenen Rücksicht
nehmen
Genehmigungsvorbehalt: bei gerichtlichen EV darf in Ausnahmesituationen ein
Genehmigungsvorbehalt angeordnet werden, um Gefahren abzuwenden. Dadurch sind ihre
Entscheidungen schwebend unwirksam und müssen genehmigt werden.
Alltagsgeschäfte: Alle Rechtsgeschäfte des täglichen Lebens, soweit sie die
Lebensverhältnisse nicht übersteigen dürfen durchgeführt werden
Gericht kann bei Bedarf auch Genehmigungsvorbehalt für Alltagsgeschäfte anordnen,
Genehmigung des Vertreters, Taschengeldparagraf gilt nach wie vor.

6
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

Einwilligung in Medizinische Behandlung


Autonomie: Grundsatz der Selbstbestimmung, Ablehnung medizinisch sinnvoller
Behandlungen
Patientenverfügung: Entscheidung über Ablehnung zukünftiger medizinischer Behandlungen,
für den Fall, das im Krisenfall nicht mehr entschieden werden kann
Minderjährige: kommt auf Entscheidungsfähigkeit an, Mündigkeit: Entscheidungsfähigkeit
wird vermutet, Einwilligung kann entscheidungsfähiges Kind nur selbst erteilen.
Bei schweren Beeinträchtigungen der körperlichen Unversehrtheit: Zustimmung eines
Obsorgeberechtigten
Ist sie dringend notwendig da es sonst durch Verzögerungen zu Gefährdung des Lebens
käme ist weder Zustimmung noch Einwilligung notwendig.
Werden wissenschaftlich sinnvolle und besonders schwerwiegende Handlungen verweigert,
kann Gericht Zustimmung ersetzen.

7
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

2. Grundsätze des Vertragsrechts


2.1 Grundsätze des Vertragsrechts

Privatautonomie
Möglichkeit jedes Rechtssubjekts, seine rechtlichen Beziehungen nach freiem Willen zu
gestalten

 Abschlussfreiheit: Jeder hat die Entscheidungsfreiheit, ob und mit wem etwas


vereinbart wird
 Inhaltsfreiheit: Jeder hat die Entscheidungsfreiheit, was vereinbart wird
Staatliche Durchsetzung der Privatautonomie: Parteien schaffen untereinander Rechte, die
mit Hilfe staatlicher Behörden vollzogen werden, setzt Privatautonomie allerdings Schranken
Dispositives Recht: Parteien können von den vertragsrechtlichen Bestimmungen des ABGB
abweichen:
Ergänzt unvollständige Verträge, hilft bei ihrer Auslegung
indiziert Richtigkeitsgewähr, herauslesbar, was sich der Gesetzgeber als sachgerechte
Lösung vorstellt, grobe Abweichungen sind sittenwidrig
Schranken der Privatautonomie
manche Vereinbarungen werden inhaltlich missbilligt, staatliche Behörden werden nicht für
Durchsetzung solcher Vereinbarungen zur Verfügung gestellt. Grenzen der Privatautonomie

 allgemeine Grenzen
 besondere Grenzen zum Schutz Schwächerer
Allgemeine Grenzen
Allgemeininteresse: Manche Vorschriften sind nicht dispositiv, sondern zwingen, wegen
übergeordnetem Interesse der Allgemeinheit (z.B. Normen über die Eingehung einer Ehe)
Inhaltskontrolle (§ 879) : inhaltlich nicht erwünschte Vereinbarungen, Rechtsgeschäfte die
der Rechtsordnung selbst oder ihren Grundwerten widersprechen, solche Vereinbarungen
sind nicht wirksam (z.B. private Belohnung für Gesichtslifting)
Rechtssphäre Dritter: Verbot eines Vertrages zur Lasten Dritter (z.B. 2 Personen können
keine Schuld einer dritten vereinbaren)
Schutz des Schwächeren
greift, wenn Selbstbestimmung stark eingeschränkt oder überhaupt nicht vorhanden ist
Privatautonomie schützt den schlampigen Teilnehmer nicht, jeder muss seine Konsequenzen
tragen

8
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

Allgemeiner Schutz:
Geschäftsunfähigkeit: Personen, die ihre Interessen überhaupt nicht wahren können
Kontrahierungszwang: Abschlussfreiheit wird eingeschränkt. Bei bestimmten
Vorsorgeleistungen (Eisenbahn, Post, Energie) auf die jeder angewiesen ist, keine freie Wahl
einen Vertrag zu schließen, Verpflichtung mit üblichen Bedingungen zu kontrahieren.
Abschlusszwang: Monopolunternehmen dürfen Erbringung öffentlich angebotener
Leistungen nur aus sachlichen Gründen verweigern.
Gleichbehandlungsgesetz(GlBG): Verbietet Diskriminierung aufgrund des Geschlechts/Rasse,
keine Verwaltungsstrafen oder Schadensersatzansprüche, nur Kontrahierungszwang
Arbeitsrecht: erweiterter Diskriminierungsschutz, umfasst ebenfalls Religion,
Weltanschauung, Sexualität, Alter, Privatautonomie verliert durch Diskriminierungsverbote
immer mehr an Bedeutung
Sektoraler Schutz: Privatrechtliche Bestimmungen, die den Schutz Schwächerer
übernehmen, z.B. Verbraucherschutzrecht, Arbeitsrecht, Mietrecht, einseitig zwingendes
Recht, soll einen Mindeststandard zugunsten eines Beteiligten garantieren

Verbraucherschutzrecht
Soll Ungleichgewichte zwischen Unternehmer und Verbraucher ausgleichen
KSchG: Konsumentenschutzgesetz, Regeln zu Verbrauchergeschäften, Verträge zwischen
Unternehmen und Verbrauchern
Querschnittsmaterie: kein sachlicher Zusammenhang zwischen den einzelnen Bestimmungen
einseitig zwingend, es können nur Bestimmungen aufgenommen werden, die die Rechtslage
der Konsumenten verbessern
Vorbereitungsgeschäft: Geschäfte, die vor Aufnahme des Betriebes als Vorbereitung getätigt
werden, Unternehmer gilt als Verbraucher. Bei Abschluss danach: kein KSchG. Bei Zweifel ist
anzunehmen, dass ein bestimmtes Geschäft zum Betrieb des Unternehmens gehört, nicht
zwischen Unternehmen anwendbar.
Dual Use: wenn jemand ein Rechtsgeschäft abschließt, das zugleich privaten und
unternehmerischen Zwecken dient (§ 344 UGB), Verbraucher, wenn der gewerbliche Zweck
des Geschäfts nicht überwiegt
Verbandsklage: bestimmten Einrichtungen wird die Chance gegeben, die Interessen der
Gemeinschaft der Verbraucher wirksam durchzusetzen.

Verbraucherrechtliche Sondergesetze

9
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

Fern- und Auswärtsgeschäftegesetz (FAGG)


Schützt Verbraucher bei Fernabsatzgeschäften, die unter der Verwendung von
Fernkommunikationsmittel zustande gekommen sind, viele Informationspflichten, 14 Tage
Rücktrittsrecht

Verbraucherkreditgesetz (VKrG)/Hypotheken- und Immobilienkreditgesetz (HIKrG)


setzen EU-Richtlinien zum Verbraucherkreditrecht um,
VKrG: allgemein für Kreditverträge von Verbrauchern
HIKrG: Spezialvorschrift für Kreditverträge mit Immobilienbezug (für Immobilien-
Beschaffung, oder mit Immobilien besichert)
Rücktrittsrecht, ohne Angabe von Gründen

Fernfinanzdienstleistungsgesetz (FernFinG)
Schützt Vertrieb unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln,
Aufklärungspflichten und Rücktrittsrecht

Pauschalreisengesetz (PRG)
kein reines Verbrauchergesetz, bezieht auch Geschäftsreisende mit ein, Vertragliche
Informationspflichten, leistungsstörungsrechtliche Besonderheiten

2.2 Rechtsgeschäftslehre

Willenserklärung
Rechtsgeschäfte: Willenserklärungen, die Rechtsfolgen herbeiführen
Vertrag:
übereinstimmende Willenserklärung, stellt ein Rechtsgeschäft dar, Vertragspartner schaffen
verbindliches Recht (individuelle Rechtsquelle) können nicht mehr einseitig rückgängig
gemacht werden
Rechtsgeschäft: Überbegriff für privatrechtliche Institute, die eine oder mehrere
Willenserklärungen enthalten

 ein- und zweiseitige Rechtsgeschäfte


Einseitig: Rechtsgeschäft kommt nur durch Willenserklärung einer Partei zustande
(Testamente, Kündigungen)
Mehrseitig: Rechtsgeschäft bedarf Zustimmung (Schenkung) Vertrag

 Ein- und zweiseitig verpflichtende Rechtsgeschäfte (Schenkung vs. Kaufvertrag)

 Entgeltliche und unentgeltliche Rechtsgeschäfte


Leistungen mit bzw. Leistungen ohne Gegenleistung

10
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

 Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte


Verpflichtungsgeschäfte: sind auf die Begründung der künftigen Leistungspflicht
gerichtet (Kaufvertrag)
Verfügungsgeschäfte: wirken unmittelbar auf ein Recht ein (Übergabe des Autos)
Verpflichtungsgeschäft alleine bewirkt noch keinen Rechtsübergang, Wirksamkeit
hängt vom Bestehen eines Rechtsgrundes ab

 Abstrakte und kausale Geschäfte


Kausal: Verpflichtung, aus der ein wirtschaftlich erklärbarer Zweck hervorgeht
abstraktes Versprechen: Schuld soll vom konkreten wirtschaftlichen Hintergrund
losgelöst werden, unzulässig, gesetzes- und sittenwidrige Geschäfte
Prinzip der kausalen Tradition: es gibt grundsätzlich keine abstrakten Verfügungsgeschäfte,
ungültiger Kaufvertrag -> ungültiges Verfügungsgeschäft -> kein Eigentumsübergang

Willenserklärung
Rechtsfolgewillen: rechtserhebliche Willenserklärung liegt dann vor, wenn die Parteien den
Willen haben müssen rechtliche Wirkung auszulösen
strenge Rechtsfolgentheorie: die Parteien müssen sich nicht jeder Rechtsfolge
bewusst sein
gemäßigte Rechtsfolgentheorie: das Bewusstsein, dass Rechte bergründet, geändert
oder aufgehoben werden sollen darf aber auch nicht erkennbar fehlen

Ausdrückliche und schlüssige Willenserklärungen


Willenserklärungen könne nach § 863 ausdrücklich oder stillschweigen (konkludent,
schlüssig) sein
1. ausdrücklich: durch gesprochene/geschriebene Worte bzw. allgemein
angenommene Zeichen
2. stillschweigend: ist bei Handlungen anzunehmen, welche keinen Grund daran
zu zweifeln lassen, dass ein rechtsgeschäftlicher Wille vorliegt
Schweigen ist idR nicht als konkludente Willenserklärung des Schweigenden zu verstehen,
weil es verschiedene Bedeutungen haben kann
normierte Willenserklärung: wenn das Gesetz eine Willenserklärung mit bestimmten
Inhalten annimmt, dadurch Zweifel entkräftet

Geltung von Willenserklärungen – Zugangsprinzip

11
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

Willenserklärungen, die sich an eine bestimmte Person richten, sind dann wirksam, wenn sie
zur Kenntnis genommen wurden, tatsächliche Kenntnis ist nicht erforderlich
Zugang: Willenserklärungen werden rechtlich ab dem Zeitpunkt wirksam, indem sie in den
Machtbereich des Empfängers gelangen (sobald der Empfänger die Möglichkeit hat sie zur
Kenntnis zu nehmen)
Widerruf:
Zugegangene, aber nicht zur Kenntnis genommene Willenserklärungen könne
widerrufen werden (hat sich noch kein Vertrauen gebildet, muss dies nicht geschützt
werden)
Risiko:
Da Erklärung erst mit Zugang wirksam wird, reist sie auf Risiko des Erklärenden,
Verlust oder Entstellung der Erklärung gehen zu Lasten des Erklärenden
Regeln, über die Wirksamkeit von Willenserklärungen sind dispositiv
Ausnahme von Zugangserfordernis: nicht-empfangsbedürftige-Willenserklärungen,
Aussagen, die nur die Rechtssphäre des Erklärenden berühren, nicht in fremde
Rechtssphären eingreifen (z.B. Testament).
Andere Formen privatrechtlichen Handelns

 Willensbetätigung
bewusste Vornahme einer Handlung mit Rechtsfolgewillen, Kein Kundgabezweck,
kein Vertrauensschutz
z.B. Dereliktion (Abgabe von Eigentum), Okkupation, stille Annahme

 Willensmitteilung
Wille wird erklärt, aber für das Eintreten der Rechtsfolge bedarf es keines
Rechtsfolgewillens, es reicht aus, dass der Wille auf rein tatsächliches gerichtet ist
z.B. Mahnung

 Wissenserklärung
schlichte Information, die ebenfalls rechtliche Bedeutung haben kann, enthält
keine Willensäußerung sondern nur eine Nachricht über eine Tatsache
z.B. Mahnrüge

 Realakt
erlaubtes, aber bloß tatsächliches Verhalten, das Rechtsfolgen auslöst (Malen eines
Bildes, Ansichnahme einer gefundenen Sache)
z.B. Fund
Vertragsabschluss
Vertrag: kommt durch übereinstimmende Willenserklärung zustande
12
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

einleitende Willenserklärung: Angebot


zustimmende Willenserklärung: Annahme
Beide Willenserklärungen (Angebot und Annahme) müssen bestimmt sein und
Bindungswillen zum Ausdruck bringen.

Bestimmt Angebot ist bestimmt, wenn es einen eindeutigen, durch Auslegung zu


ermittelnden Inhalt hat und die wesentliche Vertragspunkte enthält
Bindungswille Angebot wird mit Bindungswille abgegeben, wenn der Anbietende zum
Abschluss endgültig bereit ist

Liegt ein bindendes (bestimmtes und bindungswilliges) Angebot vor, kommt ein vertrag
durch rechtzeitige Annahme zustande, Annahme muss ohne Zusätze erklärt werden,
Deckungsgleichheit zwischen Angebot und Annahme. Annahme muss ohne Zusätze oder
Abweichungen erklärt werden, sonst ist Dissens anzunehmen.
Rechtzeitiger Zugang: Annahme ist rechtzeitig, wenn sie innerhalb der Bindungswirkung des
Angebots stattfindet
Unter Anwesenden: Angebot muss sofort angenommen werden, sonst erlischt es
Trotz verspäteter Annahmeerklärung kommt ein Vertrag zu Stande, wenn

 die Annahmeerklärung rechtzeitig abgesendet wurde


 der Rücktritt nicht unverzüglich erklärt wurde
Stille Annahme
wenn eine gesonderte Annahme gar nicht erwartet wird, Vertrag kommt durch
tatsächliches Entsprechen (=Erfüllen oder Aneignen) innerhalb einer bestimmten Frist
zustande (z.B. Cola-Automat)
§ 864 Abs 1: Annahme wird nach der Natur des Geschäfts oder der Verkehrssitte
nicht erwartet.
ermöglicht unkomplizierten Vertragsabschluss
Realangebot (§ 864 Abs 2)
Behalten, Verwenden und Verbrauche zugesandter Sachen darf nicht immer als
Annahme der Offerte verstanden werden. Empfänger ist nicht verpflichtet Sache zu
verwahren oder zurückzuleiten, darf sich ihrer Entledigen
Muss ihm auffallen, dass sie Sache irrtümlich an ihn gelangt ist, hat er sie
zurückzuleiten
Widerruf
Widerruf der Willenserklärung ist unproblematisch, solange der andere noch keine
Kenntnis davon hat. Es hat sich noch kein zu schützendes Vertrauen gebildet
13
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

Natürlicher Konsens
Wenn beide Personen tatsächlich dasselbe wollen
Offener Dissens
Erklärungen decken sich nicht, Annahme entspricht nicht dem Angebot (600 vs 10%
Rabatt)
Vertrauenstheorie (§ 914, 915)
Gibt es weder natürlichen Konsens noch offenen Dissens, fragt man sich, wie diese
Erklärung unter Berücksichtigung aller Umstände objektiv verstanden worden wäre.
Ohne natürlichem Konsens muss die Frage, ob eine Willenserklärung vorliegt mit der
Vertrauenstheorie beantwortet werden:

 Liegt eine Willenserklärung vor?


 Welchen Inhalt hat diese Willenserklärung?
normativer Konsens: durch Rechtsordnung erzeugter Konsens, bindet einen Teil an den
Willen des anderen. Scheitert normativer Konsens, liegt Dissens vor
Auslegungsregeln der Vertrauenstheorie:
1. Einfache Auslegung
Wortsinn der Erklärung ist zu befolgen

2. Dispositives Recht
Wurde über den eingetretenen Konfliktfall nicht gesprochen kommt dispositives
Recht zur Anwendung (z.B. Gewährleistungs- und Schadensersatzrecht)
Nachrangigkeit des dispositiven Rechts

3. Ergänzende Auslegung
wurde über das aufgetretene Problem nicht gesprochen, so ist eine ergänzende
Auslegung der Vereinbarung möglich
richtet sich nach hypothetischen Parteiwillen („Was hätten vernünftige Parteien
vereinbart, wenn sie vom Problemfall gewusst hätten?“)

4. Unklarheitsregeln (§ 915)
bei unentgeltlichen Rechtsgeschäften ist im Zweifel anzunehmen, dass sich der
Verpflichtende eher die geringe als die schwere Last auferlegen wollte.

5. Dissens
lassen sich trotz dieser Auslegungsregeln kein eindeutiger Erklärungssinn ermitteln,
ist das Geschäft wegen Unbestimmtheit nichtig

14
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

Formfreiheit
Form: Art, wie das Rechtsgeschäft zu einem Abschluss gelangt
Grundsatz der Formfreiheit: Gesetz überlässt den Parteien, in welcher Form sie ein
Rechtsgeschäft schließen wollen
Formzwang:

 Schriftform: Verpflichtungserklärungen, Schriftform verlangt Unterschrift,


 Notariatsakt: Eheschließung, Schenkungsverträge, Aufklärungs- und
Nachforschungspflichten des Notars
 Notarielle Beurkundung: Einverleibungen im Grundbuch,
 Letztwillige Verfügungen, Eheschließungen
Formzwecke

 Schutz vor Übereilung, Warnfunktion


 Beweiszwecke

Formmangel
Geschäft ist grundsätzlich unwirksam
sind nicht absolut nichtig, bilden eine Naturalobligation, Geschäft wird nachträglich
gültig, Formmangel heilt, wenn die formungültig versprochene Leistung tatsächlich
erbracht wurde
Heilung ist dort ausgeschlossen, wo der Formzweck ihr entgegensteht
gewillkürte Form: Parteien vereinbaren eine bestimmte Form, ohne dass das Gesetz diese
besondere Form verlangt, Parteien können ihr wieder einvernehmlich abgehen
Scheingeschäft
=Parteien schließen einen Vertrag nur zum Schein ab, obwohl er in Wirklichkeit gar
nicht gewollt ist
absolutes Scheingeschäft: Parteien wollen gar nicht kontrahieren (Arbeitsvertrag zur
Beruhigung der Mutter)
relatives Scheingeschäft: Parteien wollen ein anderes, wirklich gewolltes Geschäft
verbergen (Kokain, Mehl)
Rechtsfolgen: Geschäft wirkt nicht,
Dritter: Für einen Dritten, der im Vertrauen auf das Scheingeschäft Rechte erworben
hat, ist diese jedoch wirksam. (§ 916 Abs 2)
1. Gutglaubenserwerb ermöglicht Forderungen
2. Entgeltlichkeit wird nicht vorausgesetzt
15
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

Scheingeschäfte verlangt, dass beide Parteien zum Schein ihre Erklärung abgeben. Gibt nur
eine Partei eine Erklärung zum Schein ab, liegt eine Mentalreservation vor. Vertraut
Geschäftspartner auf die zum Schein abgegebene Erklärung, kommt die Vereinbarung in
seinem Sinne zustande.
Digitaler Vertragsabschluss
Technikneutrale ABGB
ABGB differenziert nicht nach Art und Weise des Vertragsabschlusses, gleiche Regeln
für digital und analog
AGB müssen so zur Verfügung gestellt werden, dass sie gespeichert und
wiedergegeben werden können, Zuwiderhandeln ist nur verwaltungsrechtlich
strafbar, macht AGBs nicht ungeschehen
Smart Contract: Vertrag wird nicht von (selbstbestellenden) Kühlschränken, sondern
von dahinterstehenden Personen geschlossen
Transparenz
Kunde muss wissen mit wem er was worüber vereinbart hat, Informationspflichten über den
Vertragspartner und die angebotene Leistung
Zahlungspflicht: Verbraucher muss ausdrücklich bestätigen, dass er eine Zahlungspflicht
eingeht, sonst ist der Verbraucher nicht an den Vertrag gebunden
Vertragspartner

 Vermittlungsplattformen (Willhaben), bringt Vertragspartner zusammen


 Webshop (Amazon) Verkäufer
Produkte des Händlers sind kein Angebot, ablegen im Warenkorb ist kein Angebot des
Kunden, Bindung erst mit zahlungspflichtigem bestellen

2.3 Allgemeine Geschäftsbedingungen


Grundlagen
Vorformulierte Vertragsbedingungen, die einer Vertragspartei eine Vielzahl von Verträgen
zugrunde legen will
Vereinbarung: können nicht aufgezwungen werden, unerheblich ob die AGBs tatsächlich
gelesen werden, Kunde muss Möglichkeit haben sie zur Kenntnis zu nehmen
Battle of Forms: widersprechen AGBs einander, ist zuerst zu ermitteln welche Auswirkungen
das auf den Vertrag hat
beginnen Vertragspartner trotzdem mit Vertragserfüllung, lehnen sie die
Unwirksamkeit ab, Vertrag ist gültig

16
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

Einseitige Änderung: können nicht einseitig geändert werden, Vertragsänderungen müssen


vereinbart werden
Auslegung
AGBs sind nach § 914 und § 915 ABGB auszulegen

 AGBs sind wie Vertragsbestimmungen auszulegen


 Unklarheitsregel: undeutliche Erklärungen gehen zulasten derer, die die sich ihr
bedient haben
 Beförderungsbedingungen von Bus/Bahn gelten schon Kraft Gesetzes, müssen
nicht erst vereinbart werden
Gefahren von AGB
nachteilig für Kunden, Gefahr das AGBs mehrdeutig, unverständlich formuliert, oder
unübersichtlich sind
Manche AGB Klauseln sind unwirksam: Geltungskontrolle, Transparenzgebot,
Inhaltskontrolle

Geltungskontrolle ungewöhnliche Klausel werden nicht Vertragsbestandteil, wenn sie


§ 864 a dem anderen Teil nachteilig sind,
Anhaltspunkt für die Unwirksamkeit ist das Erscheinen der Klausel im
Gesamtzusammenhang der Urkunde
Bestimmung muss nicht inhaltlich bedenklich sein, bloße
Nachteiligkeit reicht
Unwirksamkeit kann durch Fettdruck vermieden werden
Transparenzgebo kann einer Klausel kein eindeutiger Inhalt nach den allgemeinen
t Auslegeregeln (§ 914 und 915) beigelegt werden, ist sie unwirksam,
§ 6 Abs 3 KSchG da zu unbestimmt
Bestimmungen, die unklar und unverständlich gefasst sind, sind
unwirksam (§ 6 Abs 3 KSchG)
iSd § 915 bleiben unklare Formulierungen aufrecht, wenn sie den
Kunden besser schützt als das dispositive Recht
Inhaltskontrolle bestimmte, inhaltlich verpönte Klauseln können nicht Inhalt des
§ 879 Abs 3 Vertrags werden
§ 6 Abs 1,2 KSchG nichtig, wenn sie einen Teil grob benachteiligt
Sittenwidrigkeitskontrolle: Betrifft Nebenbestimmungen
grobe Benachteiligung: großer Ermessensspielraum, grobe inhaltliche
Benachteiligung reicht für Sittenwidrigkeit aus
grobe Benachteiligung kann durch Vergleich mit dispositivem Recht
ermittelt werden
Auch Unternehmer können sich darauf berufen
Abs 3 ist strenger als Abs 1, da nach Abs 3, lt Abs. 3 jedenfalls eine
gröbliche Benachteiligung ausreicht.

Verbraucherschutz:
17
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

 § 6 Abs 1: Klauseln, die gegen § 6 Abs 1 KSchG verstoßen, sind


jedenfalls unwirksam, unabhängig davon, ob die in AGBs
stehen oder einzelvertraglich vereinbart wurden, z.B.
Beschränkung der Gewährleistung
 § 6 Abs 2 KSchG enthält auch Vertragsbestimmungen, die
unwirksam sind, solange sie nur in den AGBs stehen, aber
wirksam sobald der Unternehmer darauf hinweist. Klauseln
aus § 6 Abs 2 KSchG können im Einzelnen ausgehandelt
werden

2.4 Inhaltliche Mängel des Vertrages

pacta sunt servanda: einigen sich die Parteien auf bestimmte Inhalte müssen sich beide
daranhalten, haben eine bindende Rechtsquelle geschaffen (lex contractus)
Durchsetzbarkeit: Einhaltung von Verträgen kann gerichtlich verlangt werden

Ausnahmen von der Bindung

 Wurzelmangel: Fehler im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses


 Leistungsstörung: Fehler, der nach Vertragsabschluss bei dessen Erfüllung auftritt,
sofern ein gültig zustande gekommenes Schuldverhältnis nicht erfüllt wird
Wurzelmangel

 Unwirksamkeit: Vereinbarungen, die schon gar nicht wirksam werden, z.B. Dissens,
Vertragsabschluss durch einen völlig Geschäftsunfähigen, inhaltlich verpönte Gesetze
(z.B. Werkvertrag über Mord)
 Berufung auf Unwirksamkeit durch eine Partei: relativ nichtig, Ungültigkeit zum
Schutz eines Vertragspartners
 Gestaltungsrecht: Vertrag ist zunächst wirksam, Rechtsordnung gewährt einer Partei
allerdings das Recht sich von der Vereinbarung zu lösen
Anfechtung wegen Willensmängeln: § 870 ff
Anfechtung wegen laesio enormis: § 934
Anfechtungsrecht verjähren relativ schnell, 3 Jahre (§ 1487)

2.5 Verbraucherschutz

Verbrauchergeschäft: jene Geschäfte, an denen ein Unternehmer und ein Verbraucher


teilnehmen. Kontrahieren zwei Verbraucher, liegt kein Verbrauchergeschäft vor.

18
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

beide Parteien sind grundsätzlich an den Vertrag gebunden, können sich aber auf die im
ABGB geregelten Rechtsbehelfe wegen inhaltlicher Mängel des Vertrages berufen.
2 Gruppen von Schutzmechanismen im Verbraucherrecht, die großteils auf europäische
Verbraucherschutz-RL beruhen

 Informationen: Unternehmer ist verpflichtet, dem Verbraucher gewisse


Informationen vor Vertragsabschluss mitzuteilen
 Rücktritt: Verbraucher hat die Möglichkeit, innerhalb einer gewissen Frist ohne
Angabe von Gründen aus einem Vertrag zurückzutreten
Rücktrittsmöglichkeit nur bei besonderen Informationsungleichgewichten bei
Vertragsabschluss
Allgemeines Verbraucherrecht
§ 5 a KSchG

 Unternehmer muss dem Verbraucher vertragsbezogene Informationen erteilen:


Wesentliche Eigenschaften, Name der Firma, Preis, Zahlungs- Liefer- und
Leistungsbedingungen…
 Nimmt zahlreiche Bereiche aus (z.B. Geschäfte des täglichen Lebens),
Informationen müssen nur dann erteilt werden, wenn sie sich nicht unmittelbar aus
den Umständen ergeben
Informationspflichten bei Fern- und Auswärtsgeschäften
höhere Informationspflichten
Fernabsatzrecht anwendbar, wenn ein Unternehmer einen Vertrag mit einem Verbraucher
unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmittel schließt
Unternehmer muss Verbraucher vor Vertragsabschluss zahlreiche vertragsbezogene
Informationen geben
§ 4 Abs 1 FAGG:

 allgemeine Informationspflichten des § 5 a KSchG


 Unternehmer muss über das Bestehen eines Rücktrittsrechts informieren, Muster
Widerrufungsbelehrung (§ 4 Abs 3 FAGG)
Verletzung der Informationspflichten führt zu Sanktionen

 Verwaltungsstrafe § 19 FAGG
 Unternehmer muss über Lieferkosten informieren, sonst hat er sie selbst zu tragen
 culpa in contrahendo und Irrtumsanfechtung kommen in Betracht
Ausnahmen von FAGG

 Bagatellgrenze bei Auswärtsgeschäften von 50,00€ (gilt nicht im online shop)


 Lieferung von Lebensmitteln oder Haushaltsgeräten des täglichen Bedarfs

19
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

 Verträge über Personenbeförderungen, wenn nicht elektronisch gebucht

Rücktritt bei Fern- und Auswärtsgeschäften


FAGG enthält Rücktrittsrechte, die der Verbraucher ohne Gründe ausüben kann

 14 Tage Rücktrittsfrist
 Verletzt Unternehmer Pflicht zur Information über das Rücktrittsrecht: Rücktrittsfrist
verlängert sich um max. 12 Monate (§ 12 FAGG)
§ 13 FAGG: Rücktritt ist formlos möglich, Rücktrittsfrist ist gewahrt, wenn die Erklärung
innerhalb der Frist abgesendet wurde
Folgen des Rücktritts
Rücktritt lässt alle vertraglichen Verpflichtungen erlöschen

 Warenlieferung:
Verbraucher muss Ware zurücksenden (§ 15 Abs 1 FAGG) Kosten trägt Verbraucher,
Unternehmer muss dem Verbraucher Zahlung erstatten

 Dienstleistungen:
vertragliche Verpflichtungen erlöschen, Zahlungen sind zu erstatten
Besonderheiten beim Rücktritt von Dienstleistungen, die bereits begonnen wurden

 § 10 FAGG: Rücktritt ist schon vor Ablauf der 14-tägigen Frist ausgeschlossen, wenn
der Verbraucher ausdrücklich ein auf vorzeitige Erfüllung gerichtetes Verlangen
erklärt.
 Hat Unternehmer diesen Vorgaben entsprochen, mit der Leistungserbringung
begonnen, aber noch nicht vollendet, hat er einen anteiligen Entgeltanspruch.
 Hat Unternehmer diesen Vorgaben nicht entsprochen, kann der Verbraucher
zurücktreten und ist keinem Bereicherungsanspruch ausgesetzt.
Kein Rücktritt(lt. § 18 FAGG):

 Bei bestimmten Geschäften, bei denen der Verbraucher das mit einem Vertrag
verbundene typische Risiko nicht einfach auf den Unternehmer überwälzen soll, z.B.
Aktienkauf
 Verbraucher soll nicht gratis Leistungen beziehen dürfen
 Verbraucher soll nicht von Verträgen über Waren zurücktreten, von denen der
Unternehmer nach Rücksendung keine Verwendung mehr hat (z.B. Maßanzug)
Haustürgeschäft (§ 3 KSchG): Rücktrittsrecht des Verbrauchers für Fälle, die vom
Anwendungsbereich des FAGG ausgenommen, aber ähnlich sind.
Rücktritt ist ausgeschlossen, wenn der Verbraucher selbst die geschäftliche Verbindung
angebahnt hat.

20
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

Typenrücktrittsrechte
Situativ: nicht Vertragstyp, sondern Situation des Vertragsabschlusses machen Schutz
notwendig
typenbezogen: Vertragsbezogene Rücktrittsrechte bei Finanzprodukten,
Kreditverträge: § 12 VKrG gibt Möglichkeit, sich innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von
Gründen aus einem Kreditvertrag zurückzuziehen, Verbraucher hat Kreditgeber den
ausbezahlten Betrag samt angefallener Zinsen zurückzuzahlen (§ 12 Abs 3 VKrG)
Hypothekar- und Immobilienkredite: § 13 HIKrG: 2 Tage Rücktrittsrecht

Versicherungsverträge: § 5 c VersVG gewährt 14-tägiges (LV: 30-tägiges) Rücktrittsrecht, gilt


sowohl für Verbraucher als auch für Unternehmer
Rücktritt nur in schriftlicher Form möglich

21
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

3. Grundlagen des Schuldrechts

3.1 Leistungsstörungen

Leitungsstörungen: Fehler beim Abwickeln eines gültigen Vertrages


Störungen bei der Erfüllung des Schuldverhältnisses:

 Nichterfüllung: Leistung wurde nicht erbracht


o nachträgliche Unmöglichkeit: Vertrag wird gar nicht erfüllt, Leistung wurde
noch nicht erbracht und kann endgültig nicht mehr erbracht werden
o Verzug: Leistung wurde zwar erbracht, aber nicht zeitgerecht

 Schlechterfüllung: Leistung wurde zwar erbracht, aber mangelhaft


o Gewährleistung

Leistungszeit
Zeitpunkt, indem die Leistung fällig wird
richtet sich nach Fälligkeit der Parteienvereinbarung oder nach Zweck der Leistung,
Mahnung (§ 904): notfalls kann die Leistung sogleich, ohne unnötigen Aufschub gefordert
werden, Gläubiger kann Leistung durch Mahnung fällig stellen, § 7 KSchG: maximale
Zeitspanne von 30 Tagen
Stundung: Fälligkeit wird nachträglich nach hinten verschoben

 Volle Stundung: Verzug wird beendet, neuer Fälligkeitstermin


 Reine Stundung: Geltendmachung wird hinausgeschoben, Fälligkeit bleibt
unverändert (Verzugszinsen)

Leistungsort
Ort, an dem der Schuldner die Leistung anbietet und der Gläubiger sie abnehmen soll

 Schuldnerverzug (§ 918): rechtzeitiges Angebot der richtigen Leistung am


falschen Ort
 Gläubigerverzug (§ 1419): Versuch, die Leistung am falschen Ort abzuholen
Erfüllungsort richtet sich nach Parteienvereinbarung, 3 verschiedene Vereinbarungen

 Holschuld: Gläubiger muss die Leistung beim Schuldner abholen, Schuldner muss
Leistung bereithalten

22
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

 Bringschuld: Schuldner muss die Leistung am Sitz des Gläubigers erbringen, ist dafür
verantwortlich, dass die Leistung ankommt
 Schickschuld: Gläubiger muss die Sache nicht abholen, Schuldner trifft die
Verpflichtung es abzuschicken
Zweifel: Hol- vor Schick- vor Bringschuld

Erfolgsverbindlichkeit – Sorgfaltsverbindlichkeit
Schuldet der Schuldner Erfolg oder sorgfältiges Bemühen?

 Sorgfaltsverbindlichkeit: bloßes Bemühen reicht aus, Risiko trägt


Leistungsempfänger, z.B. Operation (Dienstverträge)
 Erfolgsverbindlichkeit: Erfolg ist geschuldet, sorgfältiges Bemühen reicht nicht, Risiko
trägt der Leistende (Werkverträge)
Gattungsschuld ̶ Stückschuld
Wir eine Sache einer Gattung geschuldet: Genusschuld, Sache wird nur nach generellen
Merkmalen umschrieben (Gattungsschuld), Massenprodukte, Austausch kommt in Betracht
Wird ein bestimmtes Stück geschuldet: Spezialschuld, Sache wird individuell beschrieben
(Stückschuld), z.B. Gebrauchtwägen
Wahlschuld (§ 906)
Geschuldet wird entweder Leistung A oder Leistung B

 Wahlrecht des Schuldners, eventuell vereinbartes Wahlrecht des Gläubigers (lt. § 906
Abs 2),
 Mit Ausübung des Wahlrechts wird die Wahlschuld zur Speziesschuld, bei
Unmöglichkeit kann nicht auf die andere Sache umgestellt werden
Spezifikationskauf (§ 1063 b): Käufer kann die näheren Bestimmungen über Form, Masse
usw. vornehmen, Käufer ist zur vornahmen der Spezifikation verpflichtet, kommt er dieser
Pflicht nicht nach, kann der Verkäufer die Wahl selbst vornehmen, oder vom Vertrag
zurücktreten und Schadenersatz verlangen

3.2 Verzug

Schuldnerverzug: der Schuldner kann seine Verbindlichkeit entweder nicht zur gehörigen
Zeit, am gehörigen Ort oder auf die bedungene Weise erfüllen
Gläubigerverzug: der Gläubiger nimmt die vom Schuldner vereinbarungsgemäß angebotene
Leistung nicht an
Objektiver Schuldnerverzug
23
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

Dem Schuldner ist der Verzug nicht vorwerfbar, unverschuldeter objektiver Verzug (§ 918)
Gläubiger kann:

 am Verzug Festhalten
 unter Setzung einer Nachfrist vom Vertrag zurücktreten
Nachfristsetzung: soll dem Schuldner eine zweite Chance gewähren, Vertrag soll nicht sofort
aufgelöst werden
Nachfrist läuft ab Rücktrittserklärung, Nachfrist soll angemessen sein
Verstreicht die Nachfrist ungenützt: Vertrag wird durch Rücktritt beseitigt
Risiko eines zufälligen Sachuntergangs liegt beim Schuldner,
Subjektiver Schuldnerverzug
Dem Schuldner ist der Verzug vorwerfbar
Auch hier kann Gläubiger auf Erfüllung bestehen oder unter Setzung einer Nachfrist
zurücktreten, in beiden Fällen hat Gläubiger Schadensersatzanspruch (§ 918, 921 )

Verspätungsschaden ist zu ersetzen, Tritt Gläubiger zurück, kann er das Erfüllungsinteresse


(Schadensersatz wegen Nichterfüllung) verlangen
Fixgeschäfte
= Geschäfte, die entweder jetzt oder nie erfüllt werden müssen
Charakter ergibt sich aus ausdrücklicher Abrede der Parteien, Zweck der Leistung, Gläubiger
hat an verspäteter Leistung kein Interesse (z.B. Hochzeitstorte)
Weder Nachfristsetzung noch Rücktrittserklärung, Vertrag zerfällt (§ 919)
relatives Fixgeschäft: wenn Gläubiger die Leistung lieber später als gar nicht haben möchte
Teilverzug
= wenn Schuldner Leistung bei Fälligkeit unvollständig anbietet, Gläubiger kann Annahme
verweigern und vollständige Erfüllung verlangen, oder unter Setzung einer Nachfrist vom
Vertrag zurücktreten.

 unteilbare Leistung: Verzug berechtigt zum Rücktritt vom gesamten Vertrag


 teilbare Leistung: Gläubiger kann nach § 918 Abs 2 hinsichtlich aller noch
ausstehenden Leistungen zurücktreten,
Sukzessivlieferung: mehrere Lieferungen sind zeitlich gestaffelt, Rücktritt ist nicht nur
hinsichtlich fälliger Leistungen, sondern auch hinsichtlich noch offener Leistungen möglich

Verzug mit Nebenpflichten

24
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

wesentliche, selbstständige Pflichten, die Inhalt des Austauschverhältnisses sind, auf die ein
Teil des Entgeltes fällt
Verzug berechtigt Gläubiger zum Teilrücktritt, ggf. Gesamtrücktritt, wenn
Hauptleistung ohne Nebenleistung nicht verwendet werden kann.
Abgrenzung Hauptleistungspficht: Einvernehmen der Parteien über die Bedeutung einer
Pflicht
Unselbstständige Nebenleistungspflichten: Nebenleistungspflichten ohne eigenen Wert,
Schadensersatzansprüche können entstehen
ist Nebenpflicht so wichtig, dass Vertragszweck vereitelt, kommt es zum
Gesamtrücktritt
Geldschulden
Bringschuld (§ 907 a, Abs 1), Schuldner trägt Risiko von Verzögerung und Verlust
Geldschuldner hat Wahlrecht zwischen Überweisung oder Barzahlung

Verbrauchergeschäft:
2 Sonderbestimmungen gem. § 6 a KSchG, wenn ein Verbraucher einem Unternehmer Geld
schuldet

 Abs 1: Unternehmer hat dem Verbraucher ein Bankkonto bekanntzugeben, sofern


Barzahlung nicht als verkehrsüblich gilt
 Es reicht, wenn Verbraucher am Tag der Fälligkeit den Überweisungsauftrag erteilt

Verzugsfolgen:

 Höhe der Verzugszinsen:


KSchG: nicht höher als 5,00 % über den vertraglich vereinbarten Verzugszinsen, falls
solche vereinbart wurden (§ 6 Abs 1 Z 13 KSchG)
§ 1335: Verbot des ultra alterum tantum: Keine weiteren Zinsen, wenn die
Zinsen bereits bis auf den Betrag der Hauptschuld angestiegen sind ohne die
Forderung einzuklagen

 Ersatz für sonstige Nachteile


z.B. Überbrückungskredite

 Ersatz für die Kosten der Eintreibung


hängt von subjektiven oder objektiven Schuldnerverzug ab

Objektiver Verzug Subjektiver Verzug


Leistungsverzögerung ist dem Schuldner Leistungsverzögerung ist dem Schuldner
25
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

nicht vorwerfbar vorwerfbar


Verzugszinsen 4,00 p.a. Verzugszinsen B2B: bis zu 9,2 % über
(§ 1333, 1000 Abs 1) dem Basiszinssatz (- 0,62% p.a.)
Sonstige Nachteile des Gläubigers
werden nicht ersetzt Verzugszinsen B2C oder C2C: 4,00% p.a.

Gläubigerverzug (§ 1419)
Nimmt der Gläubiger die Leistung nicht an, so ist er im Verzug

 Gläubiger kann nur in Verzug geraten, wenn der Schuldner nicht in Verzug ist
 Gläubiger ist nicht verpflichtet, die angebotene Sache anzunehmen, kein
rechtswidriges Handeln, Obliegenheitsverzug (= keine Schadensersatzpflichten)
 Folgen fallen auf denjenigen, der gezögert hat die Leistung anzunehmen

Folgen des Gläubigerverzugs

 Gefahrenübergang
Geht die Sache im Gläubigerverzug unter (Diebstahl durch einen 3.), ist der Gläubiger
verpflichtet, die Sache zu bezahlen, obwohl er nichts dafür bekommt, Risiko geht auf
den Gläubiger über

 Haftungsminderung
Gläubigerverzug reduziert den Sorgfaltsmaßstab des Schuldners
Schuldner haftet nur mehr für grobes Verschulden, nicht mehr für leichte
Fahrlässigkeit

 Hinterlegung
Falls Schuldner nicht ewig erfüllungsbereit sein will/kann: gerichtliche Hinterlegung
(§ 1425) Befreit den Schuldner von seiner Verbindlichkeit

 Aufwandsersatz
Ersatz für anfällige Aufwendungen kann über die Geschäftsführung ohne Auftrag
zugesprochen werden (§ 1035)

Selbsthilfeverkauf:
Verkäufer kann die vom Käufer nicht abgenommene Ware öffentlich Versteigern oder
freihändig verkaufen, muss vorher angedroht werden (geht nur, wenn Kauf zumindest ein
einseitiges Unternehmensgeschäft ist, B2B, B2B, nicht C2C

3.3 Gewährleistung

26
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

= eine verschuldungsunabhängige Haftung des Schuldners für Mängel, die seine Leistung
nach Erbringung aufweist
Zweck: Wiederherstellung des Gleichgewichts zwischen Leistung und Gegenleistung

 subjektive Äquivalenz: für beide Seiten wird ein tragbarer Kompromiss gefunden
 objektive Äquivalenz: tatsächliches Übereinstimmen der Wertverhältnisse, spielt nur
bei Wucher eine Rolle
Wiederherstellung der subjektiven Äquivalenz: Aufgabe des Gewährleistungsrechts,
Mangel muss beseitigt oder Gegenleistung (z.B. Preisminderung) angepasst werden
Keine Gewährleistung bei unentgeltlichen Geschäften

Mangel
= Abweichung des vertraglich Geschuldeten.
Prüfung der Mangelhaftigkeit ist abhängig von

 eigens bedungene Eigenschaften


 gewöhnlich vorausgesetzte Eigenschaften
IKEA-Klausel: fehlende Montageanleitung stellt einen Mangel dar (§ 9 KSchG)

 Sachmangel: Mängel, die der Sache körperlich anhaften


 Rechtsmangel: richtige Sache wurde übergeben, dem Erwerber wurde aber nicht die
notwendige Rechtsposition verschafft
Maßgebender Zeitpunkt: Übergeber leistet Gewähr für Mängel, die bei der Übergabe
vorhanden sind.
Gefahrenübergang: Wenn der Übernehmer bereits vor Übergabe da Risiko einer
Verschlechterung trägt, kann er sich nach der Übergabe nicht auf eine Verschlechterung
berufen (z.B. Übernehmer erscheint nicht zur geplanten Übergabe)
Vermutung der Mangelhaftigkeit (§ 924)
Es ist Sache des Übernehmers zu beweisen, dass ein Mangel vorliegt und dass der
Mangel schon zum Zeitpunkt der Übernahme vorhanden war.

Kommt der Mangel jedoch innerhalb der ersten 6 Monate nach der Übergabe vor,
muss der Übergeber beweisen, dass der Mangel nicht schon zum Zeitpunkt der
Übergabe vorhanden war (§ 924 Abs 2)

Rechtsfolgen
Wenn Mangel vorliegt, der schon bei Übergabe vorlag: Gewährleistung

27
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

 Primäre Behelfe: Verbesserung/Austausch


 Sekundäre Behelfe: Preisminderung/Wandel
Kein Vorrang von Nacherfüllungsanspruch bei:

 Unmöglichkeit
 Unverhältnismäßigkeit für den Übergeber
 Verzug mit der Nacherfüllung/Verweigerung der Nacherfüllung durch den Übergeber
 erhebliche Unannehmlichkeiten für den Übernehmer
 Unzumutbarkeit für den Übernehmer wegen triftiger Gründe

1. Primäre Behelfe: Verbesserung und Austausch (§ 932 Abs 2)

Verbesserung Austausch
Übergeber stellt den vertragskonformen der fehlende Leistungsgegenstand wird
Zustand wieder her, Mangel beheben/ durch einen anderen (mangelfreien)
Fehlendes nachgetragen ersetzt, nur bei Gattungsschuld möglich

Übernehmer hat das Wahlrecht zwischen Verbesserung und Austausch, sofern eine
Alternative nicht unmöglich oder mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden sind
Sind auf Kosten des Übergebers durchzuführen
Verbesserung und Austausch sind am Erfüllungsort der ursprünglichen Leistung
durchzuführen
2. Sekundäre Behelfe: Preisminderung und Wandlung (§ 932 Abs 4)
Umstieg auf sekundäre Behelfe:
Übernehmer ist nicht an primäre Behelfe gebunden, bei triftigen Gründen, die die Person
der Übergebers betreffen und die Nacherfüllung unzumutbar machen.

 wenn Übergerber in Verzug geratet oder sich weigert die Nacherfüllung


vorzunehmen
 wenn die Unannehmlichkeiten für den Übernehmer nicht zumutbar
(unverhältnismäßig hoher Aufwand) sind
Bei geringfügigem Mangel ist nur eine Preisminderung, keine Wandlung möglich
Je höher die subjektive Wertminderung, desto eher ist der Mangel nicht mehr geringfügig

Preisminderung Wandlung
Herabsetzung des Entgeltes, nach relativen Aufhebung des Vertrages
Berechnungsmethoden zu ermitteln: Keine Rechtsgrundlage mehr für weitere
P : p=W :w Leistungen
28
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

Preis der mangelfreien Sache muss sich zum


Preis der mangelhaften Sache wie der Wert
der mangelfreien Sache zum Wert der
mangelhaften Sache verhalten.

Selbstverbesserung:
Übernehmer führt Verbesserung selbst durch, oder beauftragt einen Dritten und verlangt
vom Übergeber eine Kostenrückerstattung, werden nicht voll rückerstattet, das Konzept der
zweiten Chance würde ausgehöhlt werden

 § 1042: Übernehmer hat Anspruch auf den Aufwand, den der Übergeber nach dem
Gesetz hätte machen müssen.
 § 1168: Unmöglichkeit der Leistung beim Werkvertrag, Unternehmer erhält sein
Entgelt, muss sich seine Ersparnis aber abziehen lassen
Fristen
Gewährleistungsfrist ab Übergabe

 § 933: 2 Jahre bei beweglichen Sachen, 3 Jahre bei unbeweglichen Sachen (inkl.
Arbeiten an unbeweglichen Sachen)
 stillschweigende Verlängerung bei eigens zugesagten Eigenschaften, deren Fehlen
während der normalen Frist nicht vorkommen würde
Fristbeginn: mit Besitzverschaffung, stillschweigende Verlängerung („10 Jahre rostfrei“)
nur gerichtliche Geltendmachung ist fristenwahrend, außergerichtliche Anzeige hat keine
Auswirkung auf die Frist
Außergerichtliche anzeige hat aber Bedeutung, wenn der Übernehmer die Gegenleistung
noch nicht erbracht hat.
Neubeginn der Frist: Wenn Übergeber den Mangel ausgebessert hat, beginnt die Frist erneut
zu laufen. Wird nur ein Teil ausgebessert, beginnt die Frist nur für den verbesserten Teil neu
zu laufen.
Rügeobliegenheit
strengere Regeln, wenn der Kauf für beide Teile ein unternehmensbezogenes Geschäft ist (§
377 UBG)
Käufer hat Mängel binnen angemessener Frist (kürzer) anzuzeigen
Unterlässt er die Anzeige, können Ansprüche über Gewährleistung, auf
Schadensersatz, sowie Irrtum über Mangelfreiheit nicht geltend gemacht werden
Ersatz für Folgeschäden anderer Güter kann als Mangelfolgeschäden verlangt werden

29
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

Händlerregress
Jeder Absatzvorgang in Absatzketten (Großhändler – Zwischenhändler – Kleinhändler –
Nahversorger – Kunde) ist ein Kaufvertrag
Besonderer Rückgriff in der Vertragskette: Muss ein Unternehmer einem Verbraucher
Gewähr leisten, kann er von seinem Vormann auch nach Ablauf der einjährigen
Gewährleistungsfrist Gewährleistung fordern.
Dafür muss sich der Unternehmer allerdings spätestens 2 Monate ab Erbringung der eigenen
Gewährleistung an den Vordermann wenden, absolute Frist 5 Jahre
Ausschluss

 vertraglicher Gewährleistungsausschluss (z.B. Verzicht)


Verzicht: Bei Verzicht gibt es keinen Anspruch auf Gewährleistung, nur B2B
Gewährleistungsrecht im Verbrauchergeschäft zwingend (§ 9 Abs 1 KSchG)

 Kauf in Pausch und Bogen (§ 930)


Pausch und Bogen: Kauf einer großen Menge an Sachen, aufgrund der ungeheuren
Vielzahl, kann keine genaue Beschreibung und Inventarisierung der Sachen erfolgen.
Übergeber haftet nur für Mängel an der Gesamtsache, nicht an einzelnen Sachen

 offenkundige Mängel (§ 928)


Keine Gewährleistung für Mängel, die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ins
Auge fallen, solche Mängel wurden bei Preishöhe ohnehin bereits berücksichtigt
Schadensersatz statt Gewährleistung (§ 933 a)
kann kurze Gewährleistungsfristen erheblich verlängern und dem Übernehmer wesentliche
Vorteile verschaffen.
Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch:

 Schaden
Übergeber hat vertragswidrig gehandelt, Übernehmer hat dadurch einen
Vermögensnachteil erlitten

 Kausalität
Schaden wurde zweifellos vom Übergeber verursacht

 Rechtswidrigkeit
Schlechterfüllung ist vertragswidrig

 Verschulden
Schlechterfüllung kann dem Übergeber vorgeworfen werden

30
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

Verjährungsfristen

 Schadensersatzansprüche: in 3 Jahren ab Kenntnisnahme von Schaden und Schädiger


Primat der Nacherfüllung: Rechtsfolgen von Schadensersatz sind gleich jenen der
Gewährleistung
Bei Geldersatz: Erfüllungsinteresse

 Schadensersatzrechtliche Preisminderung,
 Schadensersatzrechtliche Wandlung
 konkrete Kosten der Verbesserung
Ersatz für Mangelfolgeschäden
Allgemeines Schadensersatzrecht,
Haftung ex contractu: Übergeber haftete dem Übernehmer aus Vertrag heraus,
Mangelfolgeschäden sind ebenfalls auf 10 Jahre begrenzt,
Begleitschaden: Unsorgfältiges Verhalten während der Erfüllung verursacht den Schaden,
werden nach dem allgemeinen Schadensersatzrecht ersetzt (Monteur zerstört etwas
anderes)

Abgrenzung und Konkurrenzen


Irrtum, Garantie, laesio enormis (Wucher), Nichterfüllung
1. Irrtum:
Fehlvorstellung von der Wirklichkeit, Eigenschaftsirrtum
Übernehmer kann sich Wahlweise auf Gewährleistung oder auf Irrtum stützen
Irrtumsanfechtung steht binnen 3 Jahre nach Vertragsabschluss zu
Grenzen des Irrtums: Mangelhafte Lieferung beim Gattungskauf: kein
Geschäftsirrtum, Geschäftsirrtum kann nur dann vorliegen, wenn die ganze Gattung
mangelhaft ist
2. Garantie
Garantie Verkäufer: Übernahme der Haftung für die Mangelfreiheit der Leistung, nur
sinnvoll, wenn sie über das bestehende Gewährleistungsrecht hinausgeht
Herstellergarantie: Versprechen des Herstellers, dass sein Produkt mangelfrei ist,
keine direkten Ansprüche des Letztabnehmers gegenüber dem Hersteller, Hersteller
geht mit Garantie diese Verpflichtung freiwillig ein
Laesio enormis: ist die Leistung wegen eines Mangels nicht einmal die Hälfte der
Gegenleistung wert, kommt auch eine Verkürzung um die Hälfte in Frage

31
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

Wucher: bei grober Leistungs-Inäquivalenz (§ 879, Abs. 2 Z 4) kann der Übernehmer


alternativ zur Gewährleistung den Vertrag wegen Wucher anfechten
Alidu-Lieferung (Anderslieferung) Übergeber leistet nicht eine mangelhafte Sache, sondern
etwas ganz anderes als geschuldet wurde, Übergeber ist nach wie vor in Verzug
Quantitätsmangel: Verzug: Abgrenzung von Schlechterfüllung und Nichterfüllung,
Stückschuld: jedes andere Stück als das Geschuldete ist ein Alidu
Bsp. Bestellung von 10 Kisten Rotwein, Lieferung von 10 Kisten Weißwein:
Gewährleistungsrecht: mangelhafter Lieferung von 10 Kisten
Nichterfüllungsrecht: fehlender Lieferung von 10 Kisten

3.4 Insolvenz

Insolvenz: Situation der Knappheit, Schuldner hat nicht genug Geld, um Gläubiger zu
befriedigen
Insolvenzordnung (IO) regelt Konflikte, Gesamtvollstreckung unter gerichtlicher Aufsicht um
Schuldnervermögen gerecht zu verteilen

Starke und schwache Rechte

 starke Rechte: absolute Rechte: Sachenrechte, keine Kürzungen


 schwache Rechte: relative Rechte: Forderungsrechte, werden nur anteilig befriedigt
par condito creditorum: Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung
Erweiterungen von Rücktrittsrechten der Masse
Vorleistung Insolvenzschuldner: hat Insolvenzschuldner vorgeleistet, besteht die
Forderung trotz Insolvenz
Vorleistung Vertragspartner: Anspruch auf Gegenleistung wird zu Insolvenzforderung,
Unsicherheitseinrede: Vorleistung muss nicht erbracht werden, wenn die Erbringung der
Gegenleistung in Gefahr ist.
Beiderseitig nicht erfüllte Verträge: Insolvenzverwalter kann aussuchen, ob

 er in den Vertrag eintritt und ihn erfüllt: Vertragspartner enthält Masseforderung auf
die volle Leistung, § 46 Z 4 IO
 Insolvenzverwalter tritt vom Vertrag zurück: es entsteht ein Schadensersatzanspruch
des Vertragspartners § 21 IO
Beschränkung von Rücktrittsrechten des Vertragspartners

32
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

Rücktrittsrechte werden eingeschränkt, dass für die Masse wichtige Verträge aufgelöst
werden und die Fortführung der Sanierung gefährdet wird.
Vertragsauflösungssperre (§ 25 a IO):
in den ersten 6 Monaten ab Insolvenzeröffnung dürfen Verträge, die die Fortführung
des Unternehmens gefährden würden, nicht aufgelöst werden.

Auflösung ist nur auf wichtigem Grund möglich

gilt nicht, wenn dem Vertragspartner beim Festhalten am Vertrag schwere


wirtschaftliche und/oder persönliche Nachteile drohen würden

Lösungsklausel: Anwendung der Vertragsauflösungssperre (§ 21 bis § 25 a IO) kann


vertraglich weder ausgeschlossen noch beschränkt werden
Sonstige Beschränkungen:
Aussonderungsrechte: Verfolgung des Eigentums (§ 44 IO)
Absonderungsrechte: Pfandrechte, bevorzugte Befriedigung (§ 10, § 48 IO)
Zwangsstundung: sechsmonatige Zwangsstundung, wenn die Geltendmachung der
Aus- und Absonderungsrechte die Fortführung des Unternehmens gefährden würden
(§ 11, Abs 2 IO)

3.5 Verjährung eines Schuldverhältnisses


Verjährung: Rechtsverlust wegen Nichtausübung eines Rechts durch eine bestimmte Zeit
= Naturalobligationen: Recht erlischt dadurch nicht, verliert nur die Klagbarkeit, Zahlung
trotz Verjährung: nicht zurückforderbar
Weitere Naturalobligationen:

 Formunwirksame Versprechen: mündliche Autoschenkung, bei tatsächlicher


Übergabe: Heilung des formunwirksamen Schenkungsvertrags
 Wettschulden: Gewinn kann nicht eingeklagt werden, bei Bezahlung kann jedoch
auch nicht zurückgefordert werden, bei Einsatz ist Gewinn einklagbar

Rechtfertigungen von Verjährungsfristen

 Selbstverantwortung des Gläubigers:


Verjährung von schadensersatzrechtlichen Ansprüchen von 3 Jahren ab Kenntnis von
Schaden und Schädiger, Wer weiß, dass und gegen wen er Anspruch hat, soll tätig
werden.

33
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

 Schutz der Erwartungen des Schuldners


Schuldner muss in seinem Vertrauen geschützt werden, dass eine Sache einmal
vorbei ist

 Prozessökonomie und Schutz des Rechtsverkehrs


Ermittlung eines Sachverhalts wird umso schwieriger, je länger die Ereignisse
zurückliegen
Verjährung wird nicht von Amts wegen betrachtet, muss eingewendet werden (§ 1501)
Gericht darf nicht von selbst die Verjährung berücksichtigen

Unverjährbare Rechte

 Hoheitsrechte des Staates: Staat verliert trotz längerer Untätigkeit nicht das Recht
Steuern auszuschreiben (§ 1456), Einzelne aus diesem Recht entspringende
Ansprüche verjähren allerdings, z.B. Steuerforderungen

 Sachenrechte: Besuch des Ferienhauses verjährt nicht, trotz längerer Nichtnutzung

 Freiheitsrechte: Recht auf Selbstbestimmung verjährt nicht, wenn es längere Zeit


nicht wahrgenommen wird

 Personen und Familienrechte (§ 1481) : Unterhaltsanspruch

Beginn und Dauer der Verjährung


Verjährung beginnt mit jenem Zeitpunkt, in welchem das Recht an sich schon hätte ausgeübt
werden können (§ 1478)

 lange Verjährung
Regelfall, grundsätzlich 30 Jahre, juristische Personen: 40 Jahre (Juristischen
Personen fällt aufgrund ihrer komplexeren Struktur die Wahrung ihrer Rechte
schwerer)

 kurze Verjährung
Sonderfall, gilt für Recht, bei denen Beweisschwierigkeiten sehr hoch sind

o Regelmäßig wiederkehrende Einzelleistungen: Zinsen, 3 Jahre


o Forderungen des täglichen Lebens: Lieferforderung, 3 Jahre
o Gestaltungsrechte des Vertragsrechts: Geltendmachung des Irrtums, Recht
auf Verkürzung um die Hälfte 3 Jahre
o Gewährleistungsrecht für Sachmängel: 2 Jahre beweglich, 3 Jahre
unbeweglich
o Schadenersatzansprüche: 3 Jahre ab Kenntnis, absolut: 30 Jahre
34
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

Unterbrechung der Verjährung (§ 1497)


laufende Verjährung wird unterbrochen, nach Wegfall des Unterbrechungsgrunds läuft sie
erneut

 Anerkenntnis durch den Verpflichteten


Ab Zeitpunkt der Anerkennung einer Schuld läuft die Verjährung, nicht ab z.B. dem
Unfall
deklarative Anerkenntnis
konstitutive Anerkenntnis: 30 Jährige Verjährungsfrist

 Geltendmachung durch Klage


Klage innerhalb der Verjährungsfrist: Anspruch kann im laufenden Prozess nicht
verjähren, unabhängig vom Ausgang des Verfahrens, Verfahren muss aber vom
Kläger fortgesetzt werden, kein bewusstes Verzögern möglich
Geht der Prozess verloren, hat die Klage die Verjährung nicht unterbrochen
Hemmung der Verjährung (§§ 1494 f)
= Eingriff in den Beginn, den Weiterlauf oder den Ablauf einer Verjährungsfrist

 Fortslaufhemmung: Verjährung ruht, Verjährungsfrist wird um die Zeit der


Fortslaufhemmung verlängert

 Ablaufshemmung
Verhindert den Ablauf der Verjährung bis zum Wegfall des Hemmungsgrundes
z. B. Vergleichsverhandlungen
Brechen beide Parteien die Vergleichsverhandlungen ab, nachdem die Frist
rechnerisch schon abgelaufen ist, muss der Gläubiger seinen Anspruch unverzüglich
geltend machen
Präklusion
Verjährung: Leistungsverweigerungsrecht des Schuldners, von der Forderung bleibt eine
Naturalobligation übrig
Präklusion: begrenzt die Lebensdauer eines Rechts von vorhinein, wird von Amts wegen
wahrgenommen

35
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

4. Vertragliche Schuldverhältnisse

4.1 Veräußerungsverträge

Tausch und Kauf


formfreier Konsensualvertrag,
Abschlusswille: Bei Uneinigkeit in einem bestimmten Punkt kommt es trotz Einigkeit über
Ware und Preis (=essentialia negotii) nicht zum Kaufvertrag, da kein Abschlusswille
vorhanden war.
Verpflichtungsgeschäft: Kaufvertrag ist ein Verpflichtungsgeschäft, Ansprüche auf
Übereignung einer Kaufsache
Preis: in Geld bestehen, bestimmbar

Verkauf fremder Sachen


Kaufvertrag ist trotzdem gültig (§ 923), Verkäufer könnte ja vor der Übergabe
Eigentum an der Sache erwerben, gutgläubiger Eigentumserwerb an fremder Sache
Problem: Verfügungsgeschäft findet auch über eine fremde Sache statt, die dem
Verkäufer nicht gehört, über die er auch nicht verfügen kann. Verkäufer kann den
Vertrag nicht erfüllen
Ungültig, wenn Erwerber von Dieb kauft und darüber Bescheid weiß (§ 879)

Mehrfachverkauf
=Sachen werden mehrfach verkauft
Problem: es werden mehr Sachen verkauft als geliefert werden können trotzdem gültiger
Kaufvertrag, dem Verkäufer drohen Nichterfüllungsansprüche durch die Erwerber
prior tempore prior iure: Eigentum erwirbt jener, dem die Sache zuerst übergeben wird,
anderer Erwerber hat vertragliche Nichterfüllungsansprüche (§ 920) gegenüber dem
Verkäufer
Verleitung zum Vertragsbruch: verleitet der spätere Käufer zum Vertragsbruch wird die
Ungültigkeit des späteren Angebots angenommen (§ 879)
Liegenschaften: durch Besitz verstärkte Forderung ist schadensersatzpflichtig, Zweiter
Erwerber muss die Sache herausgaben, Nichterfüllungsansprüche gegen Verkäufer

36
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

Rechte und Pflichten


Verkäufer muss Ware zum freien Besitz übergeben, muss dem Käufer lastenfreies Eigentum
und freie Innehabung verschaffen
Zwei Zweifelregeln lt § 928
1. Sind auf einem Grundstück haftende Lasten aus dem Grundbuch ersichtlich,
übernimmt der Käufer diese Lasten (Sofern nicht Lastenfreiheit zugesichert wurde).
Gesetz geht davon aus, dass diese schon im Preis berücksichtigt wurden.
2. Schulden und Rückstände sind stehts vom Verkäufer zu vertreten (z.B. Hypotheken)
Verkäufer muss sich darum kümmern solche Verbindlichkeiten zu begleichen
Nebenpflichten: Schutz- und Sorgfaltspflicht, Pflicht zur Verpackung, Versendung, Kosten
trägt Verkäufer (§ 1063 a)
Übernahme: keine Pflicht des Käufers, bloße Obliegenheit, Nichterscheinen zur Übernahme
kann nicht geklagt werden, Kaufpreis kann verlangt werden

Eigentumsvorbehalt
Eigentum geht mit Übergabe auf den Käufer über, unabhängig davon, ob Kaufpreis bereits
bezahlt wurde, Verkäufer verliert (absolutes) Eigentumsrecht, hat nur mehr (relativen)
schuldrechtlichen Kaufpreisanspruch.
Sicherheit für Verkäufer: In der Praxis geht Eigentum meist erst nach Kaufpreiszahlung über
Gerät Käufer mit Ratenzahlung in Rückstand, kann Verkäufer vom Vertrag zurücktreten und
sein Eigentum herausverlangen (§ 918)

Besondere Formen des Kaufs


= Nebenvereinbarungen beim Kauf

 Rückverkaufsrecht (§ 1071)
gibt dem Käufer das Recht, die erworbene Sache dem Verkäufer zurückzuverkaufen,

 Wiederkaufsrecht (§ 1068 ff)


Gibt dem Verkäufer die Möglichkeit, die verkaufte Sache zurückzukaufen, wirkt nur
gegen Vertragspartner, höchstpersönliches Recht, nicht gegen Dritte beim
Weiterverkauft

 Vorkaufsrecht (§ 1072 ff)


Gibt dem Berechtigten das Recht, eine Sache einzulösen, wenn der Verpflichtete sie
verkaufen möchte
Einlösungsfrist bei beweglichen Sachen: 24h, bei unbeweglichen Sachen 30 Tage

37
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

Vorkaufsrecht kann verdinglich sein, d.h. in Grundbuch eingetragen,


Vorkaufsberechtigte kann Grundstück von jedem Dritten herausfordern
Gilt nur bei Verkauf, nicht bei Schenkung/Tausch, Recht bleibt aber bestehen
§ 1075: Einlösfrist bei beweglichen Sache: 24 h, bei Liegenschaften: 30 Tage
Vorkaufsrecht kann im Grundbuch eingetragen werden

 Umtauschvorbehalt
Kauf mit Umtauschvorbehalt= unbedingter Kauf, bei dem der Käufer das Recht hat,
die Sache gegen eine andere umzutauschen
gewährleistungsrechtlicher Austausch = nur bei Mangel
Umtausch = auch bei Nichtgefallen

 Kauf auf Probe (§ 1088 ff)


Käufe hat die Gelegenheit, die Ware eine Zeitlang zu probieren, Kauf steht unter
Bedingung der Genehmigung durch den Käufer

 Besserer Käufer
Kauf mit Vorbehalt des bessern Käufers: Verkäufer hat das Recht, bei Kauf mit
Vorbehalt den Kaufvertrag aufzulösen, wenn sich innerhalb einer bestimmten Frist
ein besserer Käufer findet

Tausch
Sache gegen Sache
Kauf lt. ABGB ein Spezialfall des Tausches, selbe Regeln wie beim Verkauf
Sache gegen Sache und Geld:
handelt es sich um zwei Vereinbarungen mit teilweiser Verrechnung des Kaufpreises?
(=Doppelkauf) oder
handelt es sich um eine einheitliche Vereinbarung
Absorptionstheorie (§ 1075 ABGB): Überwiegt Wert der Sachleistung auf Seite dessen, der
Sache und Geld gibt: Tausch; Gleicher Wert: Kauf

4.2 Gebrauchsüberlassungen

Kreditverträge
Kreditvertrag: Vorleistung eines Vertragspartners, trägt das Insolvenzrisiko des
Kreditnehmers
Darlehen und Kredit

38
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

 Darlehensvertrag: Vereinbarung der Überlassung vertretbarer (=nach Maß, Zahl oder


Gewicht bestimmbar) Sachen an einen Darlehensnehmer. Nach Vertragsende soll
gleichviel von dieser Sache zurückgegeben werden. Darlehensnehmer wird
Eigentümer.

 Kreditvertrag : entgeltlicher Darlehensvertrag über Geld (§ 988). Mangelt es bei einer


Vereinbarung an der Höhe der Zinsen: 4,00% Jahreszins, Entgelt richtet sich nach
Vertrag; im Zweifel entgeltlich (§ 984 Abs 1 Z 3)
Unentgeltliche Darlehensverträge: riskant, bedarf Übergabe der Valuta oder Schriftform
Rechte und Pflichten: Darlehensnehmer erwirbt Eigentum, trägt Risiko des Verlustes, muss
nach Vertragsende dieselbe Menge, Gattung und Güte zurückgeben
Beendigung:

 befristete Darlehensverträge (§ 986 Abs 3): durch Zeitablauf


 Unbefristete Darlehensverträge (§ 986 Abs 2): durch ordentliche Kündigung,
einvernehmliche Auflösung oder außerordentliche Kündigung, wenn
Aufrechterhaltung aus wichtigen Gründen unzumutbar wäre.
Terminverlust: Terminverlust für den Fall des Verzugs mit der Rückzahlung, Kreditgeber wird
berechtigt, alle offenen Raten sofort fällig zu stellen,
Vertrag wird nicht aufgelöst, sondern Fälligkeit geändert
Auflagen:

 Kreditgeber muss Leistung bereits vollständig erbracht haben


 Leistung des Verbrauchers muss mind. 6 Wochen fällig sein
 Kreditgeber muss Schuldner unter Setzung einer Nachfrist (2 W) unter Androhung
des Terminverlusts ermahnen
Verbraucherkreditvertrag
Verbraucherkreditgesetz (VKrG), Hypothekar- und Immobilienkreditgesetz (HIKrG)
Schützen Verbraucher durch Informationspflicht, Rücktrittsrecht und Bonitätsprüfung
VKrG: anwendbar, wenn ein Unternehmer einem Verbraucher einen Kredit oder einen
entgeltlichen Zahlungsaufschub von mind. 200€ gewährt.
HIKrG: wird bei Verbraucherkreditverträgen angewandt, wenn ein Sicherungsrecht an einer
unbeweglichen Sache vereinbart wird, oder die Kredite für den Erwerb unbeweglicher
Sachen bestimmt sind.
Informationspflichten
Informationen, die Kreditgeber den Verbrauchern vor Bindung zur Verfügung stellen müssen

39
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

 § 6 VKrG und § 8 HIKrG: Information über Identität des Kreditgebers (Name,


Anschrift), Inhalt des Kreditvertrages (Kreditart, Zinssatz) und Rechte des
Verbrauchers (Rücktrittsrechte)
 Pflicht zur Dokumentation
Unternehmen muss Kreditvertrag auf Papier oder einem dauerhaften Datenträger
zur Verfügung stellen.
Verletzung der Informationspflicht: Sanktionen bis zu 10.000€ Verwaltungsstrafe oder
Vertragskorrekturen

Bonitätsprüfung (§ 7 VKrG und § 9 HIKrG):


Kreditgeber ist zur Prüfung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers verpflichtet,
müssen Informationen über Einkommen und Vermögensverhältnisse einholen
negativer Ausgang: Warnpflicht, darf ggf. nicht gewährt werden
Verstöße: Verwaltungsrechtliche Sanktionen

Rücktrittsrecht

 § 12 VKrG: 14 Tage Rücktrittsrecht ohne Angabe von Gründen


 HIKrG: 2 Tage ab erhalt des Standartformulars,

Beendigung
Verbraucher hat das Recht zur vorzeitigen Rückzahlung des gesamten Kredites/eines
Teilbetrages unter entsprechender Minderung der Gesamtbelastung

Leasing
Grundlagen
Leasingnehmer kann den Gegenstand nutzen, wird aber nicht Eigentümer, muss das Entgelt
nicht auf einmal Zahlen, bietet steuerliche Vorteile.

 unmittelbares Leasing: Produzent/Händler nimmt das Leasinggeschäft selbst vor


 mittelbares Leasing: eine Leasingfirma kauft die Sache und schließt das Geschäft mit
dem Leasingnehmer
Mobilienleasing: bewegliche Güter; Immobilienleasing: unbewegliche Güter
Sale-and-lease-back-Geschäft: Eigentümer verkauft an den Leasingnehmer und least selbst
zurück (Finanzierungsfunktion)

40
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

Cross-Border: Wirtschaftsgut wird an ausländische Investoren verkauft und zurückgeleast


(steuerliche Erwägungen)
Leasingarten

 Operatingleasing
dem Leasingnehmer wird nur der vorrübergehende, kurzfristige Gebrauch
eingeräumt, Leasinggeber bleibt nach Vertragsablauf Eigentümer

 Finanzierungsleasing
Leasingnehmer wird nicht Eigentümer, hat nur ein Gebrauchsrecht, Leasingnehmer
trägt wirtschaftliches Risiko

o Vollamorisation
vereinbarte Vertragsdauer kommt der wirtschaftlichen Lebensdauer nahe ( bis
zu 90%), Leasingentgelt deckt Anschaffungs- und Finanzierungskosten

o Teilamorisation
kürzere Laufzeit, Risiko wird auf Leasingnehmer übergewälzt, oft mit
Kaufoption am Ende.

Konsequenzen der Einordnung


Leasingvertrag muss als Miet- oder Kaufvertrag eingeordnet werden,

 Anwendung MRG
Operatingleasing an unbeweglichen Sachen: MRG ist anzuwenden, Kündigungsschutz
lt. MRG

 Anwendung VKrG
Leasingverträge zwischen Unternehmen und Verbrauchern unterliegen dem VKrG,
wenn Verbraucher zum Erwerb der Sache verpflichtet ist,

§ 9 KschG: Zu Lasten des Verbrauchers kann nicht vom Gewährleistungsrecht


abgewichen werden
Schadensersatz des Leasingnehmers

 Ansprüche gegen Vertragspartner: Ansprüche gegen den Leasinggeber sind normale


Schadenersatzansprüche
 Ansprüche gegen Produzenten: Vertrag zwischen Produzenten und Leasinggeber
entfaltet Schutzwirkung gegenüber dem Leasingnehmer, kann Ansprüche gegen
Produzenten geltend machen, obwohl er mit diesem keinen Vertrag hat

41
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

 Gegen Dritte: deliktischer Schadensersatzanspruch: Leasingnehmer erhebt


Ansprüche gegen Beschädigung des Leasinggutes durch einen Dritten,
Schadensersatzanspruch bei Drittschadensliquidation

4.3 Dienstleistungsverträge

Werkvertrag
Werkunternehmer verpflichtet sich gegenüber dem Werkbesteller zur Herstellung eines
Erfolges. (§ 1151 Abs 1)
tatsächlicher Erfolg wird geschuldet, kein bloßes Bemühen (sonst Dienstvertrag)
Beendigung:
Werkvertrag ist Zielschuldverhältnis, Tod des Werkbestellers hat keinen Einfluss auf noch
nicht erfüllte Werkverträge . Tod des Werkunternehmers beendet den Vertrag nicht,
abgesehen von höchstpersönlichen Leistungen
Recht und Pflichten
Werkunternehmer ist verpflichtet das Werk persönlich auszuführen oder unter seiner
persönlichen Verantwortung ausführen zu lassen, steht für Verschulden von Gehilfen ein

 Werklohnzahlung: Werkbesteller ist verpflichtet Entgelt zu zahlen. Werkvertrag


kommt auch dass zustande, wenn das zu zahlende Entgelt nicht bestimmbar ist, es ist
ein angemessenes Entgelt zu leisten.
 Fälligkeit: Werklohn ist nach Vollendung des Werkes fällig, Werk mangelhaft:
Werklohn wird zurückbehalten
 Verjährung: beginnt ab dem Zeitpunkt, ab dem Rechnungslegung möglich wäre,
3-jährige Verjährfrist
 Bauhandwerkersicherung: Werkunternehmer, der ein Bauwerk errichtet, hat das
Recht ab Vertragsabschluss eine Sicherstellung von 1/5 des vereinbarten Entgelts zu
verlangen; 2/5, wenn der Vertrag innerhalb von 3 Monaten zu erfüllen ist, gilt nicht,
wenn Werkbesteller eine juristische öffentlichen Rechts Person ist.
Kommt der Besteller dem Verlangen nicht nach, kann Werkunternehmer Arbeit verweigern
und unter Setzung einer Nachfrist vom Werkvertrag zurücktreten
Kostenvoranschlag, Pauschale, Regiepreis
Kostenvoranschlag: Aufstellung der mit Ausführung des Werkes verbundenen Kosten
ohne Gewähr: § 1170 a Abs 2, geringfügige Überschreitungen sind unproblematisch,
beträchtliche Überschreitungen (10-15%) müssen angezeigt werden. Werkbesteller
kann zurücktreten und bisherigen Aufwand bezahlen, wird Überschreitung nicht
angezeigt, fällt Anspruch weg.

42
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

mit Gewähr § 1170 a Abs 1: Kostenvoranschlag stellt Obergrenze dar.


Entgeltlich: im Zweifel entgeltlich, um von einem Verbraucher eine Vergütung zu
erhalten, muss der Unternehmer ich darauf hinweisen
Pauschale: Entgelt als Fixpreis, unabhängig vom konkreten Aufwand
Regiepreis: Preis pro Einheit (z.B. Leistungsstunde) wird vereinbart und mit dem
tatsächlichen Aufwand verrechnet, keine Anzeigepflichten, meist mit Dokumentationspflicht
Sphärentheorie
Leistungsstörungsrecht gemäß § 917 ff kommt zur Anwendung, gilt für das Unterbleiben
einer Werkherstellung
Träger des Risikos des Scheiterns richtet sich danach, aus welchen Sphären der Grund
kommt. Bestellersphäre, Unternehmersphäre, neutrale Sphäre

 Bestellersphäre
Werk scheitert auf Seiten des Bestellers, muss bezahlen, obwohl nichts ankommt
Unternehmen muss sich Ersparnisse durch das Ausbleiben der Werksausführung
anrechnen lassen. (§ 1168 Abs 1)

 Unternehmersphäre
Werk scheitert auf Seiten des Unternehmers, Entgeltanspruch entfällt

 Neutrale Sphäre
Werk scheitert aus Gründen, die weder Besteller- noch Unternehmersphäre
zugerechnet werden können. Werkunternehmer trägt das Risiko des Ausbleibens

Stoff/hergestelltes Werk
Gefahr für den zufälligen Verlust des Stoffes: trägt bereitstellender Teil;
Preisgefahr für ein bereits hergestelltes Werk wird wie beim Kauf verteilt,

Bis zur Übergabe trägt der Werkunternehmer die Preisgefahr, danach der
Werkbesteller
Warnpflichten des Werkunternehmers
§ 1168 a: modifiziert die Sphärentheorie: Ist der vom Besteller bestellte Stoff untauglich,
trifft den Werkunternehmer die Pflicht den Besteller zu warnen, sonst kein Entgeltanspruch.
Wurde das Werk bereits geliefert, so hat der Werkbesteller Gewährleistungsrechte,
Werkunternehmer ist schadenersatzpflichtig
Wird keine Warnpflicht verletzt: Sphärentheorie bleibt aufrecht

43
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

Sowiesokosten
Stoff oder Anweisung des Werkbestellers sind Umstände, die aus seiner Sphäre kommen.
Tragen diese zum Scheitern bei, so trägt er das Risiko, außer der Werkunternehmer hätte die
Untauglichkeit erkennen müssen und hat dadurch seine Warnpflicht verletzt.
Widersprüchlicher Werkvertrag: wenn Spezialeigenschaft (z.B. Flachdach) nicht mit
vorausgesetzter Eigenschaft (z.B. Schnee tragen) vereinbar sind. Innerhalb des Vertrages
kann es somit keine Verbesserungen geben.
Werkunternehmer würde Vertrag nur gegen entsprechende Vergütung abändern. Es bedarf
keiner neuen Parteinenvereinbarung, da der widersprüchliche Vertrag irrtumsrechtlich
angepasst werden kann.

§ 872:
Rechtsfolgen des Irrtums: hängen davon ab, was die Parteien vereinbart haben, i.d.R.
Vertragsanpassung
Sowiesokosten: Erhöhung der Leistung des Werkunternehmers gehen mit einer Erhöhung
der Leistung des Werkbestellers einher.
Werkbesteller kann sich auch darauf berufen, dass die Verbesserung unmöglich ist und auf
sekundäre Gewehrleistungsbehelfe umsteigen.

44
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

5. Schadenersatzrecht

5.1 Grundlagen

Schadensersatzrecht regelt Voraussetzungen, unter denen jemand von jemand anderen


Ausgleich für eine Schädigung verlangen kann.
§ 1311: casum sentit dominus: Jeder trägt das allgemeine Lebensrisiko und damit seinen
Schaden selbst
Voraussetzung für Schadensersatzrecht: Zurechnungsgrund, um einen anderen zum Ersatz
verpflichten zu können, zweiseitige Rechtfertigung, Anspruch des Geschädigten und Pflicht
des Schädigers
Zurechnungsgründe

 Verschulden (§ 1293 ff)


Verschuldungshaftung ermöglicht Überwälzung auf den rechtswidrig und schuldhaft
handelnden Schädiger

 Gefährdung
keine Überwälzung schuldhaften Handelns
Ersatz wird gewährt, da die Rechtsordnung jemanden erlaubt eine vorhersehbare,
gefährliche Tätigkeit auszuüben
PGH und EKHG

 Eingriffshaftung
ermöglicht Ersatz bei Schadenszufügung durch eine konkret erlaubte Handlung
konkreter Eingriff, der zur Schädigung führt kann erlaubt sein
Gesetzliches Schuldverhältnis
Schadensersatzanspruch ist in Schuldverhältnis begründet. Diese ist unabhängig von einer
darauf gerichteten Parteienvereinbarung.

 deliktischer Schadensersatzanspruch: ex delicto, entsteht aus der Verletzung von


Pflichten , die jedermann treffen
 vertraglicher Schadensersatzanspruch: ex contractu, entsteht aus einer Verletzung
von Pflichten aus einem vertraglichen Schuldverhältnis
Funktionen des Schadensersatzrecht

 Ausgleichsfunktion
der Geschädigte soll durch die Ersatzleistung des Schädigers einen Ausgleich für den
erlittenen Schaden erhalten

45
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

 Präventionsfunktion
fördert sorgfältige Verhalten, schafft Anreiz nicht zu schädigen
spielt nur in der Verschuldenshaftung eine Rolle

 Sanktionsfunktion
auf Rechtswidrige und schuldhafte Schadenszufügungen wird mit einer Ersatzpflicht
reagiert
kein Strafschadensersatz: über den tatsächlichen Schaden hinausgehender Ersatz

5.2 Verschuldenshaftung

Anspruchsvoraussetzungen für die Ersatzfähigkeit eines Schadens (alle 4 müssen vorliegen)

 Schaden
 Verursachung
 Rechtswidrigkeit
 Verschulden
Inhalt des Anspruchs
Naturalrestitution (§ 1323): Grundsatz der Wiederherstellung des vorherigen Zustandes,
Integritätsinteresse wurde betätigt, indem der reale Schaden beseitigt wird
Geldersatz: gebührt nur, wenn Naturalrestitution unmöglich/untunlich ist. möglich, wenn
der Geschädigte Naturalrestitution nicht wünscht
untunlich: Wiederherstellung würde unverhältnismäßig mehr Kosten, als das
geschädigte Gut wert ist (Totalschadenseinwand)
Schädiger muss meist Kosten der Naturalrestitution ersetzen
Sonderregeln:

 Tiere
kein Totalschaden,
§ 1332a: tatsächlich aufgewendeten Kosten der versuchten Heilung gebühren, auch
wenn diese den Wert überstiegen

 Fiktive Reparaturkosten
soll keine Reparatur durchgeführt werden, ersetzt Rechtsprechung fiktive
Reparaturkosten,
Ersatz wird nur bis, zur Höhe der objektiven Wertminderung zugesprochen, obwohl
Reparaturkosten darüber hinausgehen könnten.

 Fiktive Heilungskosten (§ 1325)

46
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

fiktive Heilungskosten bei Körperverletzungen werden nicht ersetzt, Behandlung


muss gewollt werden

Verjährung des Anspruchs


Durchsetzbarkeit geht verloren, wenn sie nicht innerhalb der Verjährfrist geltend gemacht
wird
Verjährungsfrist: dauert 3 Jahre ab Kenntnis des Geschädigten von Schaden und Schädiger
Primärschäden und Folgeschäden: bilden verjährungsrechtliche Einheit, wenn der
Schadenseintritt für den Geschädigten vorhersehbar war. Obwohl der Folgeschaden noch
nicht eingetreten ist, kann er verjähren
fortgesetzte Schäden: jede rechtswidrige Handlung löste neue Verjährungsfristen aus: z.B.
Dauerdelikte, Emissionen
§ 1489 Abs 2: Absolute Verjährungsfrist von 30 Jahren
gerichtlich strafbare Handlungen: auch bei Kenntnis von Schaden und Schädiger verjährt der
Anspruch erst nach 30 Jahren
Abgrenzungen von Unterlassungsanspruch und Beteiligungsanspruch

 Unterlassungsanspruch
ist dem Schadensersatzanspruch chronisch vorgelagert
greift vor Entstehung des Schadens, wenn ein Schaden droht, oder bereits
eingetreten ist und Wiederholungsgefahr besteht
Unterlassungspflicht belastet weniger als den Schadenersatzpflicht

 Beseitigungsanspruch
Rückgängigmachen der rechtswidrigen Inanspruchnahme einer fremden
Vermögensphäre
ist vom Verschulden des Störers unabhängig
richtet sich nur an Rückgängigmachen eines Zustandes, nicht
Nachteilsausgleich
Bereicherungsanspruch: Ersatzverpflichtung ohne Schädigung (z.B. fremde Marken)

5.3 Gefährdungshaftung

besondere Haftungsgrundlagen, es bedarf weder rechtwidriges noch schuldhaftes Verhalten,


gefährliche, aber erlaubte Tätigkeit reicht aus
Diejenigen, die einen Vorteil aus einer Gefährdung tragen, sollten auch die damit
verbundenen Nachteile tragen
Sondergesetze der Gefährdungshaftung
47
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

Gefährdungshaftung ist nicht im ABGB geregelt, sondern in Sondergesetzen

 Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftungspflichtgesetz (EKHG): Schäden aus dem Betrieb


von Kraftfahrzeugen und Eisenbahnen
 Luftfahrtgesetz: Schäden durch Luftfahrtzeuge
 Gentechnikgesetz: Schäden durch Arbeiten mit gentechnisch veränderten
Organismen
 Atomhaftpflichtgesetz: Schäden durch Kernanlagen oder Kernmaterialien
 Produkthaftungsgesetz: Schädigung durch Produkte
Produkthaftung
Schadenersatzrecht lässt Lücken in der Produzentenhaftung, daher muss der Vertrag
zwischen Hersteller und Händler auch Schutzwirkung gegenüber dem Letztabnehmer
entfalten.
2 Probleme des Schadensersatzrecht

 innocent bystander: Unschuldige Dritte werden vom Schadenersatzrecht nicht erfasst


 Ausreißer: Schäden, für die dem Hersteller kein Verschulden nachgewiesen werden
kann, keine Verschuldenshaftung
§ 16 PHG: verpflichtet Hersteller zu Versicherung gegen Schäden durch Ausreißer

Grundtatbestand
Produkthaftung: zwingende, verschuldensunabhängige Haftung des Herstellers gegenüber
jemanden für die Gefährlichkeit seiner Produkte.
Produkte: Haftung besteht nur für bewegliche körperliche Sachen einschließlich Energie
unbewegliche Sachen: keine Produkte
mit unbeweglichen Sachen verbundene Produkte bleiben lt. § 4 PHG ein Produkt

Fehler im PHG
Fehlerhaft, wenn ein Produkt nicht die Sicherheit bietet, die zu erwarten wäre

 Konstruktionsfehler
Fehler in der Planung und Entwicklung, führt zu Fehlerhaftigkeit jedes einzelnen
Stückes, das nach diesem Konzept hergestellt wurde

 Produktionsfehler

48
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

ein konkretes Stück ist nicht sicher, da die Produktion mangelhaft war,
Ausführungsfehler

 Instruktionsfehler
notwendige Hinweise auf gefährliche Eigenschaften wurden unterlassen

 Wirkungslosigkeit

Ersatzfähige Schäden
§ 1 PGH: Gehaftet wird für Personen- und Sachschäden,
Sachschäden werden ersetzt, soweit sie an vom Produkt verschiedenen körperlichen
Sachen eintreten, keine Weiterfressschäden
PHG schützt Verbraucher, nicht Unternehmer, die eine beschädigte Sache betrieblich nutzen
Sachschäden werden mit Substanzwert ersetzt, Sachfolgeschäden gar nicht
Selbstbehalt: Sachschäden mit Selbstbeteiligung des Geschädigten 500€
Personenschäden: Umfang richtet sich nach allgemeinen Regeln, Verdienstentgang,
Heilungskosten, Schmerzensgeld lt. § 1325, kein Selbstbehalt, gilt nicht nur für Verbraucher
§ 11 PHG: Trifft den Geschädigten der Vorwurf der Sorglosigkeit, ist der Ersatz
entsprechend zu mildern
Haftpflichtige
Schadensersatz nach dem PHG hat zu leisten (bei mehreren Haftungspflichtigen haften alle
solidarisch):

 Hersteller: Primär Haftungspflichtiger: Unternehmer, der Endprodukt, Grundstoff


oder Teilprodukt herstellt und in Verkehr bringt
 Importeur: der Unternehmer, der es zum Vertrieb in den EWR eingeführt hat
 Händler: haftete grundsätzlich nicht für Produktfehler
haftet nur, wenn Hersteller oder Importeur nicht ausfindig gemacht werden können,
bzw. vom Händler nicht genannt werden
Haftungsbefreiung
Gesetzliche Vorschriften: Hersteller ist haftungsfrei, wenn Produktfehler auf die Einhaltung
zwingender Sicherheitsvorschriften zurückzuführen ist (§ 8 Z 1 PHG)
Entwicklungsrisiko: Hersteller ist haftungsfrei, wenn er beweisen kann, dass der Fehler nach
Stand der Wissenschaft und Technik zu dem Zeitpunkt nicht erkannt werden konnte.
(höchster Stand von Wissenschaft und Technik, nicht Durchschnittsstand) (§ 8 Z 2 PHG)
Ausreißer: Haftung besteht, wenn Gefährlichkeit abstrakt bekannt, aber nicht konkret
beherrscht werden kann.
49
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

Inverkehrbringen
Haftung nach dem PHG setzt das Inverkehrbringen (= einem anderen überlassen) einer
Sache voraus
Werktorprinzip: Hersteller verliert Verfügung über das Produkt, sobald es die Fabrik verlässt
Verjährung: Haftungsansprüche nach dem PHG verjähren, wie normale
Schadensersatzansprüche in 3 Jahren ab Kenntnis von Schaden und Schädiger, Haftung nach
dem PHG endet jedenfalls nach 10 Jahren
deliktische Produktbeobachtungspflicht: ab Inverkehrbringen muss der Hersteller bei
Anlässen an der Sicherheit zu zweifeln aktiv werden, z. B. Rückrufe

5.4 Eisenbahnen- und Kraftfahrzeugshaftpflichtgesetz EKHG

Regelzweck: da die mit dem Verkehr verbundenen Risiken so hoch sind, gibt es ein
schärferes Haftungsregime als die Verschuldenshaftung.
Grundtatbestände des EKHG: Unfälle beim Betrieb eines Kfzs oder einer Eisenbahn
Unfall: plötzliches, von außen wirkendes Ereignis
Kfz: Fahrzeug, dass zur Verwendung auf Straßen bestimmtes, durch technisch
freigemacht Energie mehr als 10 km/h fährt
Betrieb: Fortbewegung aus eigener Motorkraft, bzw. am Verkehr beteiligt
Ersatzfähige Schäden
Haftung für Personen- und Sachschäden
Personenschäden: Haftungssauschluss gegenüber Personen, die ohne Willen des Halters
befördert wurden oder beim Betrieb tätige Personen (Lenker)
Geschützt werden beförderte Passagiere, die nicht beim Betrieb beteiligt sind
Sachschäden: Ersatz richtet sich nach den allgemeinen Regeln des ABGB, entgangener
Gewinn ist nicht zu ersetzten, nur bei grobem Verschulden, Kein Anspruch über das EKHG für
die transportierenden Sachen
Haftpflichtiger
Haftpflichtig: Halter eines KFZs, Halter ist, wer die Verfügungsmacht über ein KFZ verfügt und
es auf seine Rechnung betreibt, mehrere Halter haften solidarisch
mehrere Unfallbeteiligte: Solidarhaftung gegenüber dem Geschädigten,
Schwarzfahrer: Halter haftete nicht, wenn jemand das KFZ ohne Wissen und Willen des
Halters in Betrieb nimmt, haftet allerdings solidarisch, wenn er die Schwarzfahrt schuldhaft
ermöglicht hat

50
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

angestellter Schwarzfahrer: Halter haftete auch, wenn Fahrzeug theoretisch


überlassen wurde, aber keine Erlaubnis für die konkrete Fahrt vorliegt.
Angestellter Schwarzfahrer muss beweisen, dass ihn am Unfall kein Verschulden trifft
Haftungsbefreiung
Unfall beim Betrieb
Prüfen, ob der Unfall beim Betrieb eines KFZ vorliegt, Es wird grundsätzlich gehaftet, außer
der Unfall wurde durch ein unabwendbares Ereignis verursacht
Trotz unabwendbarem Ereignis wird gehaftet, wenn der Unfall auf eine außergewöhnliche
Betriebsgefahr zurückzuführen ist
Unabwendbares Ereignis: außergewöhnliches, von außen kommendes Ereignis, das trotz
Sorgfalt nicht abgewendet werden konnte, Unfall auf Verhalten des Geschädigten
zurückführbar
Einhaltung aller Sorgfalt: geringe Verstöße führen zur Haftung
technisch einwandfreies Fahrzeug
außergewöhnliche Betriebsgefahr: alles was gefährlicher ist, als eine normale Betriebsgefahr
z.B. Ohnmacht des Lenkers, Herzinfarkt
Keine Haftung gegenüber demjenigen, der die außergewöhnliche Betriebsgefahr auslöst,
z.B. Selbstmörder, der vors Auto springt.
Ist die Sphäre des KFZ-Halters völlig mängelfrei, wird nicht gehaftet, auch wenn eine
außergewöhnliche Betriebsgefahr besteht.

51
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

6. Sachenrecht

6.1 Eigentum

Begriff: Eigentum ist das Recht mit einer Sache nach Willkür zu schalten und jeden anderen
davon auszuschließen
Schranken des Eigentums

 gesetzliche Schranken: Denkmalschutzgesetz, Bauordnung


 Vereinbarte Schranken: Privatautonomie des Eigentumes, Vermietende müssen
Nutzung des Mieters dulden, bei verpfändeten Sachen muss die Verwertung durch
den Pfandgläubiger geduldet werden
relatives Recht: Schuldrecht
absolutes Recht: Sachenrecht
Sachenrecht kann nicht nur gegen Eigentümer, sondern auch gegen einen späteren Erwerber
wirken, stellt ein absolutes Recht dar.
Unterscheidung zwischen absolut und relativ hängt von der Parteienvereinbarung ab
Elastizität des Eigentums: fallen dringlich wirksame Beschränkungen wieder weg, dehnt sich
das Eigentum wieder aus

Rei vindicatio (Eigentumsklage) § 366


Gibt dem Eigentümer das Recht, dass er eine Sache, die er nicht bei sich hat von jedem
herausverlangen kann:

 Herausgabe einer Sache


 Räumung einer Liegenschaft
Richtet sich gegen den Inhaber einer Sache, kann Klage dadurch abwenden, dass er sein
Recht zum Besitz beweist, Einwendung, dass er die Sache zu Recht bei sich trägt.
Richtet sich auf die Herausgabe der Sache in dem Zustand, in dem sie sich gerade befindet,
Ausgleich von Beschädigungen ist Aufgabe des Schadensersatzrecht. Ist die
herauszugebende Sache bereits untergegangen, ist § 366 wirkungslos
Richtet sich allerdings auf die Herausgabe einer Sache samt Zuwachs
Gegenansprüche: dem zur Herausgabe verpflichteten Besitzer können Gegenansprüche
zustehen, nur für von ihm getätigte, notwendige und nützliche Aufwendungen, die noch
fortwirken, Zurückbehaltungsrecht

52
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

Aussonderung: Eigentümer kann seine Sache auch in der Insolvenz des Inhabers
herausverlangen, absolut wirksames Aussonderungsrecht § 44 IO
Konkurrenzansprüche von § 366

 Besitzstörung
Wurde dem besitzenden Eigentümer die Sache entzogen, liegt eine Verletzung des
Eigentumsrechts und eine Besitzstörung vor.
Geltendmachung der Besitzstörung ist einfacher, Eigentümer erspart sich
Eigentumsbeweis, muss nur ruhigen Besitzstand beweisen

 actio publiciana (§ 372)


rechtmäßiger und echter Besitzer kann die Sache von jedem nicht oder schlecht
berechtigten Besitzer herausverlangen
Gleich wie die Eigentumsklage, verlangt aber nicht Eigentum, sondern nur besseres
Besitzrecht, kann Eigentumsklage stützen

 Bereicherungsansprüche
Vermögensverschiebungen sollen rückgängig gemacht werden, Rückgabe in natura
gefordert oder Vermögensverschiebung muss auf andere Weise rückgängig gemacht
werden (Wertersatz)
Können auch dann geltend gemacht werden, wenn die Sache untergegangen ist

 Schadensersatz
Wer sich schuldhaft einer fremden Sache bemächtigt muss Ersatz leisten,
Causa-mixtus-Haftung (§ 355): trifft unredlichen Besitzer, muss alle durch seinen
Besitz auch zufällig entstandene Schäden ersetzen, durch Naturalrestitution oder
notfalls Wertersatz

Actio Negatoria: Eigentumsfreiheitsklage


Eigentümer kann sich nicht nur gegen Entziehung des Eigentums, sondern auch gegen
sonstige Störungen wehren.
Voraussetzung für actio negatoia: Beweis des Eigentums und der Störung
Actio Negatoria richtet sich auf:

 Unterlassung von Störungen (bei Wiederholungsgefahr)


 Wiederherstellung des Zustandes vor der Störung
Beseitigungsanspruch: Eingreifer soll sich aus dem Rechtskreis des Eigentümers
zurückziehen, setzt kein Verschulden des Eingreifers voraus

53
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

Nachbarrecht (§ 364- 364 b)


regelt Beziehungen der Eigentümer verschiedener Liegenschaften zueinander
Nachbarrecht schwächt den grundsätzlichen Rechtsschutz gegen jede Beeinträchtigung des
Eigentums, manche Beeinträchtigungen sind zu dulden
Regelungsproblem des Nachbarrechts: Immissionen, Einwirkungen auf ein Grundstück, die
von einem anderen Grundstück ausgehen
Niemals dulden muss der Eigentümer: unmittelbare Zuleitungen, grobkörperliche
Einwirkungen, gesundheitsgefährdende Einwirkungen
ortsübliches Maß: Abwägung bei übrigen Emissionen, unzulässig, wenn das ortsübliche Maß
überschritten wird, und dadurch die ortsübliche Nutzung der Liegenschaft beeinträchtigt
wird (§ 364 Abs 2)
Nachbar ist, wer auch immer durch die Emissionen beeinträchtigt ist (Eigentümer u Mieter)
Verbot von negativen Emissionen:

 Entzug von Licht und Luft, Emission muss zu unzumutbarer Einschränkung der
Nutzung führen
Genehmigte Anlagen (§ 364 a): Sonderregel, Emissionen aus genehmigten Anlagen (z.B.
Flugplätze, Industrieanlagen) sind für Anrainer auch dann zu dulden, wenn sie das
ortsübliche Maß übersteigt und die Nutzung der Liegenschaft beeinträchtigt. Nur die
Grenzen der (gewerberechtlichen) (Betriebsanlagen)-Genehmigung müssen eingehalten
werden.
Ausgleichsanspruch gegenüber dem Anlagenbetreiber

6.2 Eigentumserwerb

Zwei Arten des Eigentumserwerb


1. derivativer Erwerb
Recht wird von einer Person auf eine andere übertragen, Erwerber leitet seine
Rechtsposition von seinem Vormann ab

2. originärer Erwerb
Recht entsteht beim neuen Eigentümer, wird von niemandem abgeleitet
originärer Erwerb ist entweder
o gutgläubiger Erwerb
o sonstiger originärer Erwerb

Derivativer Erwerb
54
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

§ 380: Prinzip der kausalen Tradition: ohne Titel und rechtliche Erwerbungsart, kann kein
Eigentum erlangt werden.
Voraussetzungen des derivativen Eigentumserwerb:

 Titel
 Modus
 Berechtigung des Vormanns

1. Titel
=Jedes Rechtsgeschäft, dass auf Eigentumsverschaffung gerichtet ist, z.B. Verträge
(Schenkung, Kauf…) Titel muss gültig sein
Anfechtung eines Vertrags mit sachenrechtlicher Ex-tunct Wirkung: es wird davon
ausgegangen, dass ein solcher Vertrag nie existiert hat, Eigentum ist nie übergegangen

 Willensmängel (Irrtum)
 relative Nichtigkeitsründe (Wucher)
Wird Vertrag ohne sachenrechtliche Wirkung beseitigt, bleibt Übereignung wirksam, muss
durch Rückübertragung rückgängig gemacht werden

 Wandlung
 Rücktritt wegen Verzugs
 Rücktritt wegen nachträglicher Unmöglichkeit

2. Modus
= äußerlicher Vorgang, der den Titel durchführen soll, besteht bei beweglichen Sachen durch
körperliche Übergabe (§ 426), bei Liegenschaften durch Eintragung im Grundbuch (§ 431)
Besitzverschaffung kann auch Übergabesurrogate erfolgen:

 Übergabe durch Zeichen (§ 427): nur möglich, falls eine körperliche Übergabe
untunlich oder unmöglich ist

 Übergabe durch Erklärung (§ 428): sollen ein unnützes Hin- und Herschieben der
Sache verhindern
o Übergabe kurzer Hand: Sache ist schon dort wo sie hin soll, beim Erwerber.
War bislang nicht Eigentümer, sondern nur z.B. Mieter
o Besitzkonstitut: Sache soll bleiben, wo sie herkommt: Früherer Eigentümer will
sein Eigentum aufgeben, aber die Sache weiter innehaben
o Besitzanweisung: Dritter hat die Sache für den Eigentümer inne
 Versendung (§ 429)
Der Erwerber erwirbt Eigentum bereits bei der Übergabe an den Transporteur.
Verbraucherrecht: Eigentumserwerb erst bei Ablieferung.
55
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

3. Berechtigung des Vormanns


Nur möglich, wenn der Vormann

 selbst Eigentümer war


 eine Verfügungsermächtigung des Eigentümers hatte
mangelnde sachenrechtliche Berechtigung hat keine Auswirkung auf das Titelgeschäft:
Sachen, die einem noch nicht gehören, können sehr wohl verkauft werden, Titel und Modus
müssen zeitlich nicht zusammenfallen
Sonderproblem Doppelverkauf: Eigentümer einer Sache schließt hintereinander zwei oder
mehrere Kaufverträge ab, Vertrag mit erstem Käufer hindert Vertrag mit zweitem Käufer
nicht. Eigentümer wird der Käufer, dem die Sache zuerst übergeben wird. Zweiter Käufe hat
Ansprüche wegen Nichterfüllung.
Gutgläubiger Mobiliarerwerb
wenn es keinen berechtigten Vormann gibt, kein derivativer Eigentumserwerb
z.B. Besitzer verkauft Eigentum eines anderen weiter. Eigentümer und Käufer haben ein
gleich hohes Interesse auf das Gut
§ 367: regelt den Glutglaubenserwerb an beweglichen, körperlichen Sachen, Forderungen
können nicht gutgläubig erworben werden. Problem der Interessensabwägung zwischen
Eigentümer und Erwerber.
Interesse des Eigentums ist nur dann schützenswert, wenn entgeltliches Geschäft. Kein
Gutglaubenserwerb bei unentgeltlichen Geschäften.

 1. Voraussetzung: Entgeltlichkeit (Kauf oder Tausch)


 2. Voraussetzung: Rechtschaffenheit und Ehrlichkeit des Erwerbers im Zeitpunkt der
Übergabe, späte Kenntnis der fehlenden Berechtigung des Vordermanns schadet
nicht
 Geschützt wird nur, wer darauf vertraut vom Eigentümer zu kaufen, Fahrlässigkeit
schadet.
Übergabe: Übergabe der Sache für gutgläubigen Eigentumserwerb

Gutgläubiger Erwerb Originärer Erwerb


ein entgeltliches, gültiges Titelgeschäft Erwerb in einer öffentlichen Versteigerung
über eine bewegliche körperliche Sache Erwerb von Unternehmer im Betrieb des
liegt vor, die bereits übergeben wurde Unternehmens
Erwerb vom Vertrauensmann

 öffentliche Versteigerung: mit behördlicher Genehmigung nach ordnungsgemäßer


Bekanntgabe durch die befugte Stelle
 vom Unternehmer im gewöhnlichen Betrieb seines Unternehmens: Endet bei
Geschäftsfällen, die nicht zum Unternehmen gehören
56
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

 Erwerb von Vertrauenspersonen: Vertrauensmann ist, wer dem Eigentümer seine


Sache willentlich und wissentliche übergeben hat, Vertrauensmannkette
Gutglaubenserwerb an Geld und anderen nicht-individualisierbaren Sachen: Erwerber kann
auch dann Eigentum erwerben, wenn der Übergeber kein Vertrauensmann ist.
Gutgläubiger Eigentumserwerb führt zum Erlöschen des Rechts des vorherigen Eigentümers.
Neuer Eigentümer muss keine Ansprüche des früheren fürchten

Gutgläubiger Erwerb von Liegenschaften


kann nicht nach § 367 erfolgen, besondere Grundrechtliche Regelungen
gutgläubiger Erwerb im Vertrauen auf das Grundbuch setzt eine falsche
Grundbucheintragung voraus.
Redlich: der, der die Unrichtigkeit des Grundbuches bei gehöriger Aufmerksamkeit nicht
erkennen konnte, leichte Fahrlässigkeit schadet, tatsächliche Einsicht nicht erforderlich
Streitanmerkung: Mittel, zur Zerstörung des guten Glaubens auf das Grundbuch,
wenn darüber gestritten wird, ob ein im Grundbauch eingetragenes Recht gültig ist, wird
diese vermerkt, § 61 GBG: Erwerber kann sich nicht darauf verlassen, dass ihm dieses Recht
zusteht.
Erwerber kann sich durch Vertrauensgrundsatz auf die Richtigkeit des Grundbuches
verlassen, allerdings ist nur der entgeltliche Erwerb durch Dritte geschützt
Für gutgläubigen Erwerb ist zu differenzieren:

 War die Eintragungen, auf die der Erwerber vertraute, ursprünglich richtig:
Der gutgläubige Dritte erwirbt sofort mit Eintragung

 War die Eintragungen, auf die der Erwerber vertraute, ursprünglich nicht richtig:
Eintragung kommt in Betracht
möglich, dass der wirklich Berechtigte besonders schützenswert ist

Verständigung des Berechtigten bei unrichtiger Eintragung


Für den Dritten gilt: Was im Grundbuch eingetragen ist, gilt
Rechtsposition des Eigentümers gegenüber dem gutgläubigen Dritten hängt davon ab, ob er
von der Eintragung seines Nachmannes vom Gericht verständigt wurde

 Rekursfristen:
Voreigentümer wurde von der Eintragung seines Nachmannes verständigt:
Voreigentümer muss im Verfahren über die Eintragung seines Nachmannes während
laufender Rekursfrist (30/60/90 Tage) eine Streitanmerkung einwirken.

57
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

Längstens 60 Tage nach Ablauf dieser Frist muss er gegen Voreigentümer


Löschungsklage erheben

 Schreijahre
Voreigentümer wurde nicht über die Eintragung seines Nachmannes verständigt:
Dritte Person kann Löschung binnen drei Jahren ab Einlangen des Antrags beantragen
Gutgläubiger Erwerb bei ursprünglich unrichtiger Grundbucheintragung
Ist gegen den Dritten keine Löschungsklage mehr möglich, ist seine Stellung unanfechtbar
Voreigentümer erwirkt nicht innerhalb einer Rekursfrist eine Streinanmerkung und
anschließend nicht rechtzeitig die Löschungsklage erhebt
Seitdem Einlagen des Grundbuchgesuchs des Nachmannes sind 3 Jahre vergangen,

Erwerb von Scheinerben


gilt bei beweglichen und unbeweglichen Sachen eines Verstorbenen (§ 824 Abs 2),
Scheinerbe ist, wer zu Unrecht handelt und in Wahrheit nicht Erbe ist, unrechtmäßiges
Handeln mit dem Eigentum des Verstorbenen
gutgläubiger Erwerb von Scheinerben wird geschützt, auch unentgeltlicher Erwerb sowohl an
körperlichen als auch an unkörperlichen Sachen wird geschützt.

Ersitzung
= Rechtserwerb durch qualifizierten Besitz während einer gesetzlich bestimmten Zeit

 kommt in Betracht, wenn der gutgläubige Erwerb scheitert


 Redlichkeit während der gesamten Ersitzungsfrist
Eigentliche und uneigentliche Ersitzung

 Eigentliche Ersitzung: fordert einen rechtmäßigen, redlichen und echten Besitz und
einen Titel
 Uneigentliche Ersitzung: fordert keinen Titel, damit keinen rechtmäßigen nur
redlichen Besitz

Ersitzungsfristen

 Bewegliche Sachen und Titel vorhanden: 3 Jahre (§ 1466)


 Bewegliche Sachen und Titel vorhanden, unechter oder unredlicher Vormann: 6 Jahre
(§ 1476)
 ohne Titel: 30 Jahre (§ 1477)
 unbewegliche Sachen: stehts 30 Jahre, unabhängig ob mit oder ohne Titel
58
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

Gegen juristische Personen: kurze Frist 6 Jahre, lange Frist 40 Jahre (§ 1472)

Sonstiger originärer Erwerb


z.B. Vermengung, Verarbeitung, Bauführung, Zueignung, Fund, Enteignung
Vermengung (§ 141 ff): ununterscheidbare Sachen verschiedenen Eigentums werden
miteinander vermengt, alle Eigentümer enthalten Miteigentum an der Gesamtsache
(Quantitätseigentum) z.B. Rohstoffe werden beim Verladen vermengt
Alleineigentum (§ 1371): wenn jemand seine Sache mit der eines anderen vermengt, sodass
die Anteile nicht mehr feststellbar sind. Solange der Anteilsnachweis gelingt, kommt das
Quantitätseigentum in Betracht
Verarbeitung: Herstellung einer neuen Sache durch Umgestaltung, Materialeigentümer
bleibt Eigentümer, wenn es eine Vereinbarung (z.B. Werkvertrag) darüber gibt;
Ohne Vereinbarung: Wenn die Vereinbarung nicht ohne Wertverlust rückgängig gemacht
werden kann, entsteht Miteigentum im Verhältnis des wirtschaftlichen Wertes
Bauen: eigentumsrechtliche Probleme, wenn Grundstücke und Material nicht derselben
Person gehören,

 Fremdes Material – eigener Grund


Grundeigentümer erwirbt originär Eigentum am Material, muss aber Ersatz für das
Material leisten

 Eigenes Material – fremder Grund


Eigentümer des Grundstücks wird Eigentümer des Bauwerks,
Grundeigentümer kann Beeinträchtigung seines Eigentums aber auch beseitigen
lassen (§ 523), sonst muss er dem Bauführer Ersatz für seine Aufwendungen Leisten

Wenn Grundeigentümer von Bauausübung wusste und sie nicht untersagte:


Bauführer erwirbt Eigentum am fremden Grund und muss dem früheren Eigentümer
den Wert der verbauten Liegenschaft ersetzen

Grenzüberbau: außerbürgerliches Miteigentum am Gebäude und an der verbauten


Fläche, Bauführer übernimmt Alleineigentum am Bauwerk, muss dem enteigneten
Nachbarn Ersatz leisten
Zueignung: Besitzergreifung an einer herrenlosen Sache, mit dem Willen daran Eigentum zu
erwerben (Okkupation, § 381)
Einschränkungen:

 Schatz: Hälfte Entdecker, Hälfte Grundeigentümer (§ 398 f)

59
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

 Fund: verlorene oder vergessene Sachen: Fundrecht: muss Fund anzeigen und die
Sache abgeben, nach einem Jahr: Eigentum. (§ 388 ff)
o Finderlohn: verloren: 10 %, vergessen 5%, ab 2000€, nur 5% und 2,5 %

Enteignung: Art. 5 StGG: sieht nicht zwingend eine Entschädigung vor, in den meisten
einzelnen Gesetzen allerding schon.

6.3 Eigentumsvorbehalt

Funktion und Wirkung


Regel, das Eigentum auch bei Zielkäufen bei Übergabe übergeht soll abgewählt werden, um
bei Kreditkäufen das Insolvenzrisiko zu minimieren.
Eigentum geht erst dann über, wenn der Verkaufspreis voll bezahlt wurde,
Zahlungsverzug des Erwerbers: Verkäufer kann zurücktreten, Recht des Käufers zum
Besitz der Kaufsache wird beseitigt
Verkäufer kann mit Eigentumsklage auf die Kaufsache greifen, ist gegen Insolvenz des
Käufers abgesichert
Eigentumserwerb wird unter die Bedingung der Zahlung gestellt. Käufer ist schon vor dem
Eigentumserwerb Rechtsbesitzer und genießt Besitzschutz, sowie den Schutz der Actio
publiciana.
Weiterveräußerung durch den Verkäufer

 Sache ist beim Käufer


Tauglicher Modus für die Veräußerung an einen Dritten: Besitzanweisung an den
Vorbehaltskäufer

 Sache ist beim Verkäufer


der Dritte kann derivativ nur das belastete Eigentum erwerben, wusste er das nicht,
ist ein gutgläubiger, lastenfreier Erwerb möglich
Weiterveräußerung durch den Käufer
Interessenskonflikt: Weiterveräußerung der Ware durch den Vorbehaltskäufer ist für den
Käufer gefährlich, er könnte sein Eigentum verlieren
Lösungen:

 Veräußerung der Anwartschaft


 Veräußerung des Eigentums und gleichzeitige Bestellung einer Ersatzeinheit
 Veräußerung des Eigentums unter neuerlichem Eigentumsvorbehalt

60
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

Weiterleitung: Veräußerung der Anwartschaft wird als weitergeleiteter Eigentumsvorbehalt


bezeichnet, tatsächlich leitet der Vorbehaltskäufer nur seine Rechtsposition weiter.
Verlängerung: Vorbehaltsverkäufer gestatten es Vorbehaltskäufern die Sache in eigenem
Namen weiterzuveräußern und Eigentum zu übertragen
Nachschaltung: der Vorbehaltskäufer verhält sich gegenüber dem Zweitkäufer sein Eigentum
vor, zwei Eigentumsvorbehalte; Vorbehaltskäufer bedarf bei der Veräußerung stehts der
Erlaubnis des Vorbehaltsverkäufers
Veräußert der Vorbehaltskäufer das Vorbehaltsgut ohne entsprechende
Veräußerungsermächtigung weiter, kann es zu einem gutgläubigen Erwerb des Dritten
kommen.
Erweiterter Eigentumsvorbehalt
Eigentumsvorbehalt dient zur Sicherung der Kaufpreisforderung. Es wäre vorteilhaft für den
Vorbehaltsverkäufer, wenn diese Sicherung ausf andere Forderungen ausgedehnt werden
könnte.
unzulässig, da es sich um eine publizitätslose Sicherheitsübereignung handelt.
Eigentumsvorbehalt gilt daher nur für die Kaufpreisforderung

6.4 Pfandrecht

Funktion und Definition


Gläubiger kann im Wege der Vollstreckung auf das gesamte Vermögen des Schuldners
zugreifen (=persönliche Haftung des Schuldners)
Insolvenzrisiko: unproblematisch, solange der Schuldner über ausreichend Vermögen verfügt
Risiko kann durch erweiterte Personenhaftung (z.B. Bürgschaft) minimiert werden
Pfandrecht ist ein dringliches, daher absolutes Recht (= Forderungen aus dem Pfandrecht
werden voll befriedigt) Absonderungsrecht
Sachhaftung: Pfandbesteller kann entweder der Personalschuldner oder ein Dritter sein
(Drittbesteller) haftet gegenüber dem Gläubiger nur mit der Pfandsache

Prinzipien des Pfandrecht

 Akzessorietät
Entstehen und Bestand des Pfandrechts ist von der Existenz des zu sichernden Rechts
abhängig

61
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

kein Pfandrecht ohne Forderung, es reicht aber aus, wenn bestimmte Forderungen
gesichert werden sollen

 Recht an Fremder Sache


dem Gläubiger dienen nur fremde Sachen als Kreditsicherung, kein Pfandrecht an
eigener Sache

 Spezialität
kein Generalpfandrecht am gesamten Vermögen, Pfandrecht kann nur an einzelnen
Gegenständen des Gesamtvermögens einer Person begründet sein

 Ungeteilte Pfandhaftung
kein anteiliges Freigeben des Pfandes

Pfandobjekt
jene Sachen, die im Verkehr sind, verwertbar sind und durch Nutzung oder Veräußerung
befriedigungstauglich sind (§ 448)
beweglich, unbeweglich, körperlich, unkörperlich
Verpfändung künftiger Forderungen (z.B. Arbeitseinkommen): zulässig, sofern die
Forderungen durch Gläubiger und Rechtsgrund ausreichend individualisiert sind.
Geldpfand:

 regelmäßiger Geldpfand (pignus regulare): Gläubiger hat kein Recht, den Pfand zu
gebrauchen
 unregelmäßiger Pfand (pignus irregulare): Geld geht in das Eigentum des Gläubigers
über, der es verwenden darf, muss trotzdem nach Rechtserlöschen zurückzahlen
Zurückbehaltung: Wenn die Sache keinen (legalen) Vermögenswert hat, die der
Druckausübung, z.B. Reisepässe, Typenscheine

Pfandrechtswandlung:
wenn sich das Pfandrechtsobjekt ändert, bleibt das Pfandrecht aufrecht
Brennt Haus ab, Pfandrechtsforderung gegen den Versicherer
Vorzeitige Pfandverwertung: Pfandrechtswandlung,
Afterpfand: Verpfändetes Pfandrecht eines Pfandgläubigers an einen Dritten (§ 454 f)
Afterpfandgläubiger muss bei Zahlung des Schuldners an den Pfandgläubiger zustimmen
Pfanderwerb: Pfandbestellung
Titel für den Pfandrechtserwerb ist der Pfandbestellungsvertrag (§ 449)
62
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

Vertragsinhalt

 Hauptpflicht: Bestellung des Pfandes: sorgfältige Verwahrung und Rückgabe nach


Begleichung der Forderung
 § 1371: Lex Comissoria (Verfallsklausel) Gläubiger darf den Pfand, wenn die
Forderung nicht rechtzeitig beglichen nicht behalten. Schützt leichtfertige Schuldner
 § 1372: Fruchtnießung: abstraktes Wucherverbot durch den Pfandgläubiger

Pfandverschlechterung: Wertveränderungen des Pfandes sind Risiko des Gläubigers


2 Fälle zur Bestellung eines Ersatzpfandes, wenn sich der ursprüngliche Pfand verschlechtert
hat und die Schuld nicht mehr gut genug gesichert ist: (lt. § 458)

 Pfand war bei Bestellung mangelhaft: verschuldungsunabhängiger Anspruch,


Sondergewährleistung
 Wert des Pfandes wird durch ein Verschulden des Pfandbestellers gemindert,
Schadensersatz, Beseitigung der Verschlechterung oder Ersatzpfand
Gläubiger kann bei drohender Verschlechterung schadensersatzrechtlich gegen Besteller
vorgehen, Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche geltend machen oder gegen Dritte
vorgehen.

Publizität
Faustpfandprinzip: Modus des Erwerbes des Pfandrechts, Gläubiger muss bewegliche,
verpfändete Sache in Verwahrung nehmen. Es soll kein falscher Eindruck der Vermögenslage
des Pfandschuldners entstehen.
gilt bei beweglichen Sachen, Liegenschaften, Forderungen oder sonstigen Rechten
bewegliche Sachen (§ 1451) sind dem Pfandgläubiger körperlich zu übergeben, Pfandrecht
erlischt, wenn der Pfand dem Schuldner zurückgegeben wurde
ist Pfand nicht mobil (§ 452): Markierung mittel Zeichen, Pfandschuldnern wird Zugang zu
Warenlager entzogen
Entfernt Pfandschuldner die Zeichen, erlischt das Pfandrecht, Pfandgläubiger hat
Anspruch auf Wiederherstellung der Publizität. Wird der Pfandbesteller vorher
insolvent, oder erwerben Dritte Recht, hat der Gläubiger das Nachsehen.
Publizität bei Forderungen:
keine expliziten gesetzlichen Regelungen
Setzung eines Zeichens nach § 452: Dritter kann entweder nur Gläubiger oder
Schuldner nach Bestehen der Verpfändung fragen, daher….

63
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

…Drittschuldnerverständigung: Drittschuldner wird davon verständigt, dass die


Forderung gegen ihn nun verpfändet ist.
Buchvermerk: einsehbar in den Geschäftsbüchern, welche Forderungen schon
verpfändet wurden
Publizität ist bei Forderungen nicht im selben Maße möglich wie bei körperlichen Sachen

Kritik des Publizitätskonzept:

 Kreditvergabe funktioniert auch ohne Publizität, dort entsteht ebenfalls ein falscher
Eindruck der Vermögenslage des Schuldners
 Problematisches Faustpfandprinzip, das wirtschaftliche Einheiten zerstört und so die
finanzielle Lage des Schuldners verschlimmert

Gutgläubiger Pfandrechtserwerb
Ist Verpfänder nicht Eigentümer: kein derivativer Pfandrechtserwerb (§ 442)
Voraussetzungen: gültiger Pfandbestellungsvertrag über eine bewegliche körperliche Sache,
die bereits übergeben wurde, Gutgläubigkeit des Erwerbers

Richterliche und gesetzliche Pfandrechte


Richterliche Pfandrechte: Pfändungspfandrechte, Entstehen durch Pfändung, Gläubiger muss
bereits ein vollstreckbares Urteil haben, indem die Forderung bestätigt wird,
Befriedigungsfunktion
Pfändung beweglicher Sachen durch Gerichtsvollzieher durch Aufnahme im
Pfändungsprotokoll, bei unbeweglichen Sachen durch Grundbuchvermerk

Gesetzliche Pfandrechte
Gesetz gewährt bestimmten Personen ein Pfandrecht:

 Vermieter für Mietzinsforderungen an eingebrachten Sachen des Mieters


 Rechtsanwälte für ihre Kosten an Geld, die ihnen Mandate überwiesen haben
 Frachtführer und Spediteure für ihre Kosten an den ihnen übergebenen Sachen
Rechtsposition des Pfandgläubigers

Vor Fälligkeit: Pfandgläubiger hat Pfandsache sorgfältig zu verwahren, keine Früchte daraus
ziehen, nicht ohne Erlaubnis nutzen

64
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

Pfandklage: Pfandsache kann von einem Dritten herausverlangt werden, der kein
Recht zum Besitz hat
Devastationsklage: bewirkt die Unterlassung faktischer und rechtlicher Einwirkungen
auf das Pfand.
Pfandverschlechternde Vermietung: Vermietung zu unüblichen Konditionen kann zu
Unterlassungs- und Beseitigungsansprüchen führen
Nach Fälligkeit: Pfandgläubiger kann Pfand verwerten lassen, unzulässig vor Fälligkeit, außer
der Pfand würde verderben oder an Wert verlieren
Gerichtliche und außergerichtliche Pfandverwertung
Gerichtliche Pfandverwertung
Pfandgläubiger muss ein Urteil einwirken
Gläubiger klagt auf Zahlung, kann mit Urteil in das Gesamte Vermögen, auch in Pfandsache
vollstrecken,
Ist Pfandbesteller Drittpfadbesteller: kein Vermögenszugriff
Gerichtliche Pfandverwertung erfolgt durch Exekution in der Pfandsache durch die
Zwangsversteigerung, bei Sachen mit Markt oder Börsenpreis der Freihandverkauf.
Bei Liegenschaften kann es auch zur Zwangsverwaltung kommen, Schuld wird durch Erträge
aus der Liegenschaft getilgt.
Außergerichtliche Pfandverwertung
§ 466 a ff: verpfändete, bewegliche körperliche Sachen können auch ohne Gericht durch
einen befugten Unternehmer versteigert werden. Bei Börsen- oder Marktwert greift man
zum Freihandverkauf (höhere Erlöse als Versteigerung)
Pfandrecht inkludiert eine Verfügungsermächtigung, wodurch das Eigentum auf den
Pfandgläubiger übertragen werden kann.
Parteien können auf Vereinbarungen über die Pfandverwertung treffen. Sie sind nur durch §
1371 ABGB eingeschränkt, der den Pfandbestelle vor Willkür schützt.

Verteilung des Erlöses

 Ein Pfandgläubiger:

Erlös dient der Befriedigung des Pfandgläubigers, was übrig bleibt (superfluum,
hyperocha) gehört dem Pfandbesteller.
65
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

Reicht der Erlös nicht auf, bleibt die Personalhaftung aufrecht

 Mehrere Pfandgläubiger:

Wert des Pfandgutes > Summe der Forderungen: keine Probleme

Wert des Pfandgutes < Summe der Forderungen: Begleichung nach Pfandrang, richtet
sich nach dem Zeitpunkt der Begründung des Pfandrechts. Je weiter hinten im
Pfandrang desto wahrscheinlicher wird die Personalhaftung

Einlösungsrecht § 462 (ius offerendi): Recht eines nachrangigen Pfandgläubigers, der


sich bei einer späteren Verwertung einen höheren Erlös erwartet hat dieses Recht.
Übertragung des Pfandrechts
Will man Forderung abtreten, will man meist Pfandrecht auf den Zessionar übertragen.
erfolgt bei gesetzlichen und richterlichen Pfandrechten automatisch, bei vertraglichen
Pfandverhältnissen ist ein gesonderter Übertragungsakt notwendig
Automatischer Übergang, wenn die Forderung aufgrund einer Legalzession § 1358/1422
erfolgt
2 Meinungen

 Sachenrechtlicher Übertragungsakt: Eintragung des neuen Hypothekar auf der


Pfandliegenschaft
 Hypothekar geht automatisch mit der Zession über

Teilschuldverschreibung und Pfandbriefe


Teilschuldverschreiben: zur Finanzierung größerer Projekte der öffentlichen Hand, der aus
dem Papier Berechtigte ist nur Teil der Gesamtkreditforderung,
Teilschuldverschreiben können hypothekarisch besichert werden: Pfandrecht auf der
Liegenschaft wird zugunsten der jeweiligen Besitzer der Schuldverschreiben für einen
Gesamtbetrag einverleibt, Gläubigerinteressen werden durch gemeinsamen Kurator
vertreten
Pfandbriefe: werden von Hypothekarbanken ausgegeben, Pfandgläubiger haben bei
Insolvenz der Bank die Stellung von Absonderungsgläubigern

6.5 Hypothek

Hypothek: Pfandrecht an Liegenschaften, vorteilhaft, da erheblicher Wert, unkomplizierte


Verpfändung
Lockerung der Akzessorität

66
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

akzessorisches Pfandrecht: Entstehen und Bestehen des Pfandrechts hängt von besicherten
Forderungen ab. Gilt grundsätzlich auch für Hypotheken
Hypothek besteht nach Tilgung der Forderung materiell nicht mehr, muss allerdings noch aus
Grundbuch gelöscht werden (=Löschung muss der Hypothek einverleibt werden)
Löschquittungsausstellung durch Gläubiger
forderungsentkleidete Eigentümerhypothek: besteht bis zur Einverleibung der Löschung,
Gefahr für den Liegenschaftseigentümer falls der immer noch eingetragene
Hypothekargläubiger über eine nicht mehr existierende Hypothekarforderung verfügt und
sie an einen Dritten abtritt. Dritter kann auf Bestand der Hypothek vertrauen,
Verfügungsrecht:
Verfügungsrecht des Eigentümers resultiert aus § 469, wenn er sich dieses Verfügungsrecht
vorbehalten und im Grundbuch vermerkt hat. Eigentümer kann über die freiwerdende
Hypothekarstelle frei verfügen, kann im selben Rang und bis zur selben Höhe eine neue
Hypothek vergeben
Rangvorbehalt:
wenn Eigentümer nicht sofort eine neue Hypothek einverleiben lassen will. Kann durch
Rangvorbehalt anmerken lassen, dass die alte Forderung gelöscht wurde, und in dieser Stelle
binnen 3 Jahren eine neue Forderung eingetragen wird (§ 58 GBG)

bedingte Pflichteintragung:
Eintragung der neuen Hypothek kann auch vor Löschung der alten erfolgen (§
59 GBG)
Forderungsbekleidende Eigentümerhypothek:
Wenn der Drittpfandbesteller Gläubiger des Personalschuldners wird. Rechtsposition von
Pfandgläubiger und Pfandbesteller werden vereint

 Abtretung
A stellt für die Verbindlichkeiten des B gegenüber C sein Grundstücke als Hypothek
zur Verfügung. Wenn B nicht zahlen kann, begleicht A die Forderung um sein
Grundstück zu behalten. A ist ab jetzt Gläubiger gegenüber B.

 Erbgang
A bestellt für die Verbindlichkeiten des B gegenüber C eine Hypothek auf seiner
Liegenschaft, A beerbt C

Simultanhypothek

67
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

= für eine Forderung werden mehrere Liegenschaften verpfändet, erhöhte Sicherheit für die
Gläubiger, kann auf jede Liegenschaft greifen und aus ihr die gesamte Forderung befriedigen
nachrangige Berechtigte: nachrangig bücherlich Berechtigte, oder Liegenschaft gehört
verschiedenen Personen, Simultanhypothek mit verschiedenen Gläubigern
Ausgleichsansprüche: Fall die Liegenschaft verschiedenen Eigentümern gehört, gibt es
Regress. Bei nachrangigen Berechtigungen gibt es einen Ausgleichsanspruch zwischen den
Hypothekargläubigern, haben Anspruch auf Ersatzhypotheken, wenn sich andere
Pfandgläubiger übermäßig aus einer Liegenschaft befriedigen.
Höchstbetragshypothek
Hypotheken können grundsätzlich nur für bestimmte Forderungen bestellt werden.
Bei der Höchstbetragshypothek wird für Forderungen aus bestimmten Grundverhältnissen
ein Pfandrecht für einen Höchstbetrag eingeräumt.
Gläubiger kann mittels Höchstbetragshypothek eine Wertsicherung des Hypothekargutes
festmachen
Höchstbetragshypothek kann begründet werden, wenn Gläubiger und Rechtsgrund
feststehen, aber die Höhe der Forderung noch nicht angegeben werden kann

68
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

7. Mehrpersonalität

7.1 Abtretung, Zession, Gläubigerwechsel

Grundlagen: Abtretung (=Zession) ist die Übertragung einer Forderung durch den Gläubiger
auf einen neuen Gläubiger (§ 1392 ff)

 Altgläubiger (Zedent)
 Neugläubiger (Zessionar)
 Schuldner (Zessus)
Gegenstand der Zession
Geldforderungen oder schuldrechtliche Ansprüche
keine Sachenrechte
zukünftige Forderungen können auch zediert werden, Forderung muss bestimmt oder
bestimmbar sein
Zessionsverbote: unbetretbare Forderungen durch Parteienvereinbarungen
§ 1396 a: Zessionsverbote zwischen Unternehmen sind nur verbindlich, wenn sie

 … im einzelnen ausgehandelt wurden


 … nicht gröblich benachteiligend sind
Zessionsverbote wirken nur relativ, Wenn Altgläubiger Forderung an Neugläubiger zediert,
ist die Zession gültig. Zessus ist auf Schadensersatzansprüche gegen den Zedenten
beschränkt.
Rechtsstellung des Schuldners
Verschlechterungsverbot (§ 1052): Schuldner muss weder zustimmen noch über Abtretung
informiert werden. Forderung muss unverändert bleiben, Schuldner behält alle Einwäde:

 Anfechtung wegen Willensmangel


 Aufhebung wegen Wandlung oder Rücktritt
 Einrede des nicht gehörig erfüllten Vertrags bei mangelhafter Leistung
 Einrede der Verjährung
Aufrechnung: Erhaltung von Aufrechnungslagen, Aufrechnung ist Bezahlung einer eigenen
Verbindlichkeit durch eine Gegenforderung gegen den Gläubiger
Aufrechnungsmöglichkeit ist zentral für Schuldner, da er durch die Gegenforderung
im Ausmaß dieser Forderung gesichert ist
Aufrechnung ist nur mit Forderungen möglich, die dem Zessus entstanden sind bevor
er von der Abtretung erfahren hat.
69
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

Verständigung des Schuldners von zentraler Bedeutung, da der Zessus von der
Abtretung wissen muss, um seinen neuen Gläubiger zu kennen. Es besteht die
Gefahr, dass er in Unkenntnis des Gläubigerwechsel an den Zedenten leistet.
Vertrauensschutz:§ 1395: Eine solche Leistung an den Zedenten vor Verständigung ist
schuldbefreiend.
Zessus wird im Vertrauen auf die noch bestehende Gläubigerstellung seines Altgläubigers
geschützt. Sobald der Zessus wirksam verständigt wurde, kann er nur mehr an den
Neugläubiger leisten.
Falsche Verständigung: Wird Zessus fälschlicherweise von einer Zession verständigt, die nicht
stattgefunden hat (Putativzession) greift der Gutglaubensschutz
Rechtsstellung des Neugläubigers
Rechtsstellung des Zessionars gegenüber dem Zessus wird durch das
Verschlechterungsverbot geprägt.
Ausnahme vom Grundsatz: Zessus erkennt anlässlich der Abtretung die (so) nicht
bestandene Forderung als Richtig, haftet schadensersatzrechtlich für die falsche Auskunft
Gewährleistung: Wurde die Forderung entgeltliche abgetreten, steht dem Neugläubiger
Gewährleistung zu. Der Altgläubiger haftet für

 Richtigkeit der Forderung: z.B. Mängel


 Einbringlichkeit der Forderung: z.B. Durchsetzbarkeit
Rechtsfolge primär: Verbesserung
Rechtsfolge subsidiär: Geldersatz, nicht mehr als für die Abtretung bezahlt wurde
Übergeber (Zedent) haftet nur für Mängel im Zeitpunkt des Rechtsübergangs
Rückabwicklung
besonderes Problem, wenn Zessus Rechtsgrundlos an Neugläubiger leistet, weil z.B. sein
Vertrag mit dem Altgläubiger ungültig war

 Für Rückforderung vom Altgläubiger


Zessus übernimmt nun dessen Insolvenzrisiko, kannte den Neugläubiger nicht einmal

 Für Rückforderung vom Neugläubiger


der Zessus wollte ihm die Leistung erbringen
Doppelzession
treffen mehrere Zessionen einer Forderung zusammen, erwirbt der erste Zessionar die
Forderung
Zessus kann schuldbefreiend an den Putativzessionar leisten

70
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

Verwendungsanspruch: Wird Forderung von einem Dritten einbezogen, der nicht berechtigt
ist, hat der wirkliche Gläubiger gegen ihn einen Verwendungsanspruch nach § 1041, weil
eine Sache rechtsgrundlos verwendet wurde.
Sonderformen der Zession

 Inkassozession
Abtretung der Forderung an einen Neugläubiger, der nur die Eintreibung der
Forderung übernehmen soll. Zedent bleibt Gläubiger,

 Factoring
Gewerblicher Ankauf von Forderungen aus Dienstleistungen oder Warenlieferungen
Echtes Factoring: Neugläubiger übernimmt Risiko der Uneinbringlichkeit, keine
Gewährleistung für Uneinbringlichkeit

 Stille Zession
Zessus wird bewusst nicht verständigt, um Rufschädigungen wegen der
Forderungsabtretung zu vermeiden
Schuldner kann nach wie vor Schuldbefreiend an Altgläubiger leisten

 Sicherungszession
Eine Forderung wird einem Neugläubiger als Kreditsicherung übertragen
Drittschuldnerverständigung: bewirkt gültiges Zustandekommen der Zession und
nimmt dem Drittschuldner die Möglichkeit noch an den Altgläubiger zu leisten.

Gesetzliche und notwendige Zessionen


gesetzliche Zession: Abtretung bedarf nicht Parteieneinigung, Gesetz ordnet
Forderungsübergang (cessio legis) an

 Bürgerregress (§ 1358): Rückgriff des Bügen/Drittpfandbestellers gegenüber dem


Hauptschuldner

 Versicherungsrecht: § 332 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG): Anspruch


auf Ersatz der Heilungskosten wegen einer Körperverletzung geht auf den
Sozialversicherungsträger über, soweit er zur Erbringung der Leistung verpflichtet ist
§ 67 Versicherungsvertretungsgesetz (VersVG): Ersatzansprüche eines Geschädigten
gehen auf den Versicherer über, soweit er den Schaden liquidiert

 Notwendige Zession. § 1422 Einlösung: Bezahlt jemand eine fremde Schuld, für die er
nicht persönlich haftet, kann er bei der Bezahlung die Abtretung verlangen, also die
Forderung einlösen

71
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

7.2 Bürgschaft

klassisches Mittel der Kreditsicherung, Bürge verpflichtet sich zur Befriedigung des
Gläubigers, falls der Hauptschuldner nicht zahlt, Bürge geht Personalhaftung ein, haftet mit
seinem gesamten Vermögen
Schriftform: Vertrag zwischen Gläubiger und Bürge
Akzessorietät
Bürgschaft ist akzessorische, d.h. Bürgschaft ist vom Entstehen und weiten Bestehen der
Hauptforderung abhängig, Bürge haftet niemals strenger als Hauptschuldner
Schuldbeitritt: nur beim Beitritt akzessorisch, Verpflichtung von Hauptschuldner und
Beigetretenem können sich verschieden entwickeln.
Einwendung: Bürge kann sich nicht zu mehr verpflichten als der Hauptschuldner schuldet,
Bürge kann nach Verjährung nicht mehr in Anspruch genommen werden, verjährt nach 30
Jahren
Bürgschaft für Geschäftsunfähige: Bürge haftet unabhängig davon, ob ihm die
Geschäftsunfähigkeit bekannt war.
Subsidiarität

 Gemeiner Bürge: Bürge haftet nur subsidiär, er kann erst dann bezahlt werden, wenn
der Hauptschuldner trotz Mahnung nicht bezahlt hat
 Ausfallsbürge: kann nur in Anspruch genommen werden, wenn der Hauptschuldner
ausgefallen ist, Inanspruchnahme des Hauptschuldners muss durch Exekution
gescheitert sein
Gläubiger kann jedoch bei Gemeinem und Ausfallsbürgen sofort auf Bürgen greifen,
wenn Hauptschuldner insolvent oder unbekannten Aufenthalts ist
 Nachbürge
Bürgt für den Bürgen, kann erst dann herangezogen werden, wenn der Bürge nicht
mehr leistet
 Entschädigungsbürgen: kein Vertrag mit Gläubiger, verpflichtet sich gegenüber dem
Bürgen ihn schadlos zu halten, ersetzt all jene Nachteile, die ihm durch die Bürgschaft
entstehen
Interzedentenschutz
besondere Schutzmechanismen des Bürgen, Erstrecken sich über alle Fälle der Übernahme
persönlicher Haftung (Interzession).
1. Aufklärung
Gesetzgeber verpflichtet den Gläubiger zur Aufklärung, um dem Bürgen die
Tragweite und Gefahr vor Augen zu führen
§ 25a KSchG: Ehe gatten stehen gemeinsam ein (auch nach Scheidung)

72
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

§ 25c KSchG: Gläubiger muss Intezedenten über wirtschaftliche Lage des


Schuldners aufklären, wenn er weiß, dass dieser voraussichtlich nicht zahlen
kann

2. Wuchertatbestand § 879 Abs 2 Z 4


Interzessionen naher Angehöriger des Hauptschuldners sind sittenwidrig, wenn
Gläubiger bei Vertragsabschluss erkennen konnte, dass Interzedent
o … durch seine Verpflichtung krass überfordert wurde
o … sich in einer psychischen Zwangslage befand, das Risiko heruntergespielt
wurde (verdünnte Willensfreiheit)

3. Mäßigung
steht Verbindlichkeit des Interzedenten in einem unbilligen Missverhältnis zu seiner
Leistungsfähigkeit, kann der Richter sie mäßigen oder erlassen.

Richter hat zu berücksichtigen:


o berechtigtes Interesse des Gläubigers an der Begründung der Haftung (z.B.
Vermögensverschiebungen in der Familie)
o Verschulden des Interzedenten am Missverhältnis
o Nutzen aus der Leistung des Gläubigers
o Elemente, die auch beim Wuchertatbestand eine Rolle spielen (Leichtsinn,
Zwangslage, Unerfahrenheit…)
Pfandbestellung: Interzedenteschutz wird nicht auf Pfandbestellung angewandt, da mangels
persönlicher Haftung die Gefährdung als geringer eingeschätzt wird
Regress
Auftrag: Auftragsvertrag gibt dem Auftragnehmer Anspruch auf Ersatz der getätigten
Aufwendungen, Vertrag bildet Grundlage für den Regress
§ 1358: ordnet gesetzliche Zession an, wen keine vertragliche Regressgrundlage besteht, wer
eine fremde Schuld bezahlt, für die er persönlich haftet, tritt in die Rechtsgrundlage des
Gläubigers, Forderung geht auf ihn über.
Mehrheit von Sicherungsrechten
Mehrere Bürgen für eine Schuld: Solidarhaftung, Gläubiger kann entscheiden, wen er in
Anspruch nimmt
Mitbürgen können sich anteilig regressieren, kann Regress am zweiten Mitbürgen nehmen,
muss aber im Zweifel seinen Anteil selbst tragen
Entlassung eines Bürgen (§ 1363): Wurde Bürge von Gläubiger aus Haftung entlassen, kann
der Gläubiger ihn zwar nicht mehr in Anspruch nehmen, Regressmöglichkeit besteht
weiterhin.

73
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

7.3 Garantie

Garant verspricht dem Begünstigten für einen bestimmten Erfolg einzustehen. Tritt der
Erfolg nicht ein, muss der Garant leisten. Er haftet auf volle Genugtuung.
Zweipersonale Garantie: Garant gibt Garantie, allein aufgrund seines Verhältnisses zum
Begünstigten (z.B. Herstellergarantie)

Dreipersonale Garantie
z.B. Bankkredit
schließt einen Garantievertrag ab, der den Begünstigten absichert. Haftungsgegenstand
ergibt sich aus dem Valutaverhältnis zwischen Garantiegeber (Schuldner) und Begünstigtem,
Bezug auf ein fremdes Rechtsverhältnis
Geschuldeter Erfolg kann verschieden sein, Garant haftet nur auf Geld
Grund für den Abschluss der Garantie: Vertrag zwischen Garanten und Garantiegeber
(Deckungsverhältnis)

Abstraktheit
Garantie soll dem Begünstigten höchstmögliche Sicherheit verschaffen
fehlende Akzessorietät der Garantie: Dreipersonale Garantien sind meist abstrakt: Bei einem
gültigen Garantievertrag muss der Garant auch dass leisten, wenn Deckungsverhältnis
und/oder Valutaverhältnis mangelhaft sind.
Garant muss auch dann leisten, wenn der Kaufvertrag z.B. vollmachtlos abgeschlossen
wurde und somit ungültig ist.
Funktionen der Garantie: Sicherungsfunktion ist ohne Abstraktheit gewahrt, Bürge kann sich
weigern zu zahlen, wenn der Kaufvertrag ungültig ist.
Bargeldfunktion der Garantie: Begünstigter soll so gestellt werden, als verfüge er über
Bargeld
Trotz Abstraktheit kann der Garant folgende Einwendungen geltend machen

 Garantievertrag: Einwende aus dem Garantievertrag selbst (z.B. Vollmachtlosigkeit


beim Abschluss)
 Rechtsmissbräuchlicher Abruf der Garantie: Abruf von Bankgarantien für
Gewährleistungsfälle, die keine Mangelhaftigkeit darstellen

74
WIRTSCHAFTSPRIVATRECHT 1 WPR I März 2021

Abstraktion wirkt systemwidrig, da abstrakte Verpflichtungsgeschäfte grundsätzlich


unzulässig sind. Wirksam, da die Garantie einen klar dokumentierten, wirtschaftlichen Zweck
hat.
Rückabwicklung der Garantie
Stellt sich später heraus, dass die Leistung des Garanten im Valutaverhältnis nicht geschuldet
war, muss das Erhaltene herausgerückt werden.
Einmal abstrakt, immer abstrakt: Garant ist abstrakt verpflichtet, was vor der Leistung gilt,
gilt auch danach. Garant hat keinen Rückforderungsanspruch, zwischen Garant und
Begünstigtem, ist die Leistung durch abstraktes Schuldverhältnis gerechtfertigt.
Herausgabeanspruch steht dem Garantieauftraggeber, nicht dem Garanten zu
Bei Insolvenz des Garantieauftraggebers geht der Aufwandersatzanspruch des Garanten ins
Leere, die Kondiktion steht meist trotzdem dem Garantieauftraggeber zu
Rechtsmissbrauch: ist der Abruf der Garantie rechtsmissbräuchlich, so ist die Leistung
ungerechtfertigt. Garant hat einen Bereicherungsanspruch gegen den Begünstigten (§ 1431)
Immer dann, wenn der Garant nicht hätte zahlen müssen, kann er auch zurückfordern

75

Das könnte Ihnen auch gefallen