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Sabine Ellsässer

Körperpflegekunde und Kosmetik


Sabine Ellsässer

Körperpflegekunde
und Kosmetik
Ein Lehrbuch für die PTA-Ausbildung
und die Beratung in der Apothekenpraxis

2. überarbeitete und erweiterte Auflage

Mit 74 Abbildungen und 167 Tabellen

123
Sabine Ellsässer
c/o Springer Medizin Verlag GmbH
Tiergartenstraße 17
69121 Heidelberg

ISBN 978-3-540-76523-3 Springer Medizin Verlag Heidelberg

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SPIN: 12062775

Gedruckt auf säurefreiem Papier 106/2111wi – 5 4 3 2 1 0


V

Dieses Buch ist meinen Eltern


Irene und Werner Ellsässer
gewidmet
VII

Vorwort zur 2. Auflage

Seit der ersten Auflage haben schon einige PTA-Lehrgänge in meinem Unterricht erfolgreich mit
diesem Buch gearbeitet. Da sich der Aufbau und die Themenauswahl im Unterricht und der
Praxis bewährt haben, wurde daran in der 2. Auflage auch nichts geändert. Es ist jedoch durch
einige neue Themen erweitert worden:
4 Das Kapitel über die Gesetze wurde auf den neuesten Stand gebracht.
4 Die Naturkosmetik wird ausführlicher behandelt, da sich dieses Körperpflegesegment in den
letzten Jahren immer mehr etablierte und die Auswahl und Nachfrage stark gestiegen sind.
4 In das Kapitel 4 wurden verschiedene neue Wirkstoffe aufgenommen und es wurde durch
ein neues Unterkapitel »Wirkstoffe gegen oxidativen Stress und Hautalterung« erweitert.
4 Die Regelungen, Prüfmethoden und Anforderungen an Sonnenschutzprodukte wurden
überarbeitet und erneuert, um das Deklarations-Chaos dieser Produkte durchschaubarer zu
machen.
4 Durch ein Projekt im galenischen Unterricht habe ich mich zu einem neuen Kapitel inspirie-
ren lassen: »Baupläne für Kosmetikrezepturen«. In diesem soll Ihnen das Erfinden und
»Selbstrühren« von Körperpflegeprodukten näher gebracht werden.
4 Die INCI-Liste wurde von ca. 800 Stoffen auf knapp 1000 Stoffe erweitert und auch das
Kapitel »Fachbegriffe« ist um etwa ein Drittel gewachsen.
4 Soweit es mir möglich war, wurden auch die Produktlisten der Firmen überarbeitet.

Ich möchte mich bei allen bedanken, die mich bei meiner Arbeit unterstützt haben; besonders
bei meiner Schwester Iris Schröter und bei Klaus Skarabis, die meine neu hinzugekommenen
Texte korrigiert haben. Ich möchte mich auch bei allen MitarbeiterInnen der Kosmetikfirmen
und -hersteller, mit denen ich telefonischen Kontakt hatte, für ihre freundliche Mitarbeit und
das Zusenden ihrer Produktunterlagen bedanken. Ein besonderes Dankeschön geht an meine
Schüler der letzten Jahre, die mich in der Projektarbeit und auch im Unterricht immer wieder
mit neuen Ideen überraschten, die ich teilweise auch in diesem Buch verarbeitet habe.

Sabine Ellsässer
IX

Vorwort zur 1. Auflage

Der Anlaß, dieses Buch zu schreiben, war die Änderung der Ausbildungs- und Prüfungsordnung
für pharmazeutisch-technische Assistenten. Ein neues Fach – Körperpflegekunde – wurde in den
Lehrplan aufgenommen. Bis dahin wurde Kosmetik bzw. Körperpflege in den anderen Fächern
kaum berücksichtigt. Die Haut und ihre Behandlung wurde wenn, dann nur vom dermatologi-
schen Standpunkt aus betrachtet. Doch wie ich aus eigener Erfahrung als praktizierende Apothe-
kerin weiß, kommen immer mehr Kunden mit Haut- und Haarproblemen in die Apotheke und
hoffen hier auf eine kompetente kosmetisch-dermatologische Beratung. Vielen ist der Weg zum
Arzt zu weit, und häufig ist er auch unnötig.
Als Lehrerin stand ich nun vor dem Problem, daß es an einem einfachen – aber wissenschaft-
lich fundierten – Schulbuch mangelte, in dem das Nötige für eine Kosmetik-Beratung nachzu-
lesen ist, wie:
4 Wissen über den Aufbau von Haut, Haaren, Nägeln und Zähnen und deren Biochemie,
4 Einschätzung des »Hauttyps« und entsprechende Pflegeanleitungen,
4 Zahnpflege und Fluoridierung,
4 Beschreibung der unterschiedlichen Inhaltsstoffe (Zusatzstoffe, Wirkstoffe, Hilfsstoffe,
Grundlagen, etc.),
4 Stofftabellen mit den INCI-Bezeichnungen, den deutschen Begriffen, den Pflanzennamen
und Wirkungsweisen,
4 Produktübersichten für eine schnelle Auswahl,
4 eine Vokabeltabelle französisch-deutsch-englisch, um die Packungsbeschriftungen besser
zu verstehen.

Andererseits sollte die Theorie, die in anderen Fächern ausführlich besprochen wird (z. B.
Galenik oder galenische Übungen), nicht noch einmal neu aufbereitet werden. In diesem Werk
sind deshalb verschiedene physikalisch-chemische Grundlagen oder galenische Qualitäts-
prüfungen und Herstellungsmethoden außen vor gelassen, da hier ausreichend Literatur zur
Verfügung steht, und dies für das Verständnis des Buches und eine spätere Beratung nicht von
Bedeutung ist.
Das nach diesen Vorstellungen zusammengestellte Schulbuch ist in erster Linie für die
PTA-Ausbildung vorgesehen, doch sicher ist es auch eine wertvolle »Beratungshilfe« für das
Apothekenfachpersonal. Damit das Wissen auch einem breiteren nicht-pharmazeutischen Publi-
kum zugänglich wird (z.B. Kosmetikerinnen, Drogistinnen), sind am Ende des Buches ein Ver-
zeichnis wichtiger Fachbegriffe und deren vereinfachte Erklärungen aufgenommen worden.
Ich möchte mich bei Herrn Dr. Göbel, Frau Göbel, Herrn Dr. Klingenfuß, Frau Bittner,
Herrn Dr. Eitz und Frau Grantze dafür bedanken, daß sie meine Idee befürworteten und mir
bei der Entstehung des Buches zur Seite gestanden haben, mir bei den organisatorischen Belan-
gen zur Hand gingen und mich mit Textmaterial versorgten. Besonderer Dank gebührt Martin
Kranich und Dorothee Menden für die Aufarbeitung und Durchsicht meines Manuskripts.
Weiter möchte ich mich bei allen Firmen, die mir auf meine Anfrage hin ausführliches Infor-
mationsmaterial zur Verfügung stellten, und bei Fr. Ziehe und Fr. Riegelmann vom Museum
europäischer Kulturen für die freundliche Zusammenarbeit bedanken.

Sabine Ellsässer
XI

Inhaltsverzeichnis

1 Geschichtliche Entwicklung 2.5.6 Keratin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24


und heutige Gesetzgebung . . . . . . . 1 2.5.7 Hyaluronsäure . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
1.1 Geschichtliche Entwicklung 2.5.8 Kollagen, Elastin . . . . . . . . . . . . . . . . 25
der Kosmetik und Körperpflege . . . . . . 2 2.6 Funktionen der Haut . . . . . . . . . . . . . 25
1.1.1 Frühe Menschheitsgeschichte . . . . . . . 2 2.6.1 Schutz- und Barrierefunktion . . . . . . . 25
1.1.2 Frühe Hochkulturen, Altertum 2.6.2 Stoffwechselfunktion . . . . . . . . . . . . 26
und Antike . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 2.6.3 Immunabwehr . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
1.1.3 Mittelalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 2.6.4 Sinnesorgan . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
1.1.4 Neuzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 2.6.5 Psycho-soziale Funktion . . . . . . . . . . . 27
1.1.5 20. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . 3 2.7 Hautzustand und Hautveränderungen . 28
1.2 Gesetzliche Bestimmungen . . . . . . . . 4 2.7.1 Verändernde Einflüsse des Haut-
1.2.1 Lebensmittel- und Bedarfsgegenstände- zustands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
gesetz (LMBG) . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 2.7.2 Die verschiedenen Hautareale . . . . . . . 29
1.2.2 EU-Kosmetik-Richtlinie . . . . . . . . . . . 4 2.7.3 Normale Haut . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
1.2.3 Kosmetik-Verordnung (KVO) . . . . . . . . 5 2.7.4 Mischhaut. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
1.3 Naturkosmetik . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2.7.5 Fettige Haut, fett-feuchter Zustand . . . . 30
1.3.1 Was ist Naturkosmetik? . . . . . . . . . . . 7 2.7.6 Trockene Haut, fettarmer-trockener
1.3.2 Regelwerke und Bewertungskriterien . . 8 Zustand, Sebostase . . . . . . . . . . . . . . 33
2.7.7 Altershaut oder reife Haut
2 Die Haut und ihre Anhangsgebilde: und Faltenbildung . . . . . . . . . . . . . . 33
Drüsen, Haare, Nägel . . . . . . . . . . . 11 2.7.8 Empfindliche Haut, sensible Haut,
2.1 Die Haut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Problemhaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
2.1.1 Epidermis, Oberhaut . . . . . . . . . . . . . 13 2.7.9 Neurodermitis, atopisches Ekzem . . . . 34
2.1.2 Corium, Lederhaut . . . . . . . . . . . . . . 16 2.7.10 Psoriasis, Schuppenflechte . . . . . . . . . 36
2.1.3 Subkutis, Unterhautfettgewebe . . . . . . 17 2.7.11 Baby- und Kinderhaut . . . . . . . . . . . . 38
2.2 Die Drüsen der Haut . . . . . . . . . . . . . 17
2.2.1 Talgdrüsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 3 Zusatzstoffe in Kosmetika . . . . . . . . 39
2.2.2 Duftdrüsen oder apokrine Drüsen . . . . 18 3.1 Konservierungsstoffe . . . . . . . . . . . . 40
2.2.3 Ekkrine Schweißdrüsen . . . . . . . . . . . 18 3.1.1 Einsatz von Konservierungsstoffen . . . . 40
2.3 Die Haare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 3.1.2 Wirkmechanismus . . . . . . . . . . . . . . 42
2.3.1 Haartypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 3.1.3 Gesetzliche Grundlagen . . . . . . . . . . . 43
2.3.2 Aufbau des Haares und des Haarfollikels 19 3.1.4 Einteilung der Konservierungsmittel . . . 43
2.3.3 Wachstumsstadien der Haare . . . . . . . 21 3.1.5 Stabile Formulierungen ohne
2.4 Die Nägel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Konservierung . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
2.4.1 Aufbau des Nagels . . . . . . . . . . . . . . 22 3.1.6 Weitere Stoffe mit konservierenden
2.4.2 Wachstum des Nagels . . . . . . . . . . . . 22 Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
2.5 Biochemische Grundsubstanzen der Haut 3.2 Antioxidantien . . . . . . . . . . . . . . . . 46
und der Anhangsgebilde . . . . . . . . . . 22 3.3 Komplexbildner . . . . . . . . . . . . . . . . 48
2.5.1 Talg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 3.4 Puffersubstanzen und pH-Regulatoren . 48
2.5.2 Schweiß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 3.5 Duft- und Farbstoffe . . . . . . . . . . . . . 49
2.5.3 Hydrolipidfilm . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 3.5.1 Farbstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
2.5.4 NMF (Natural Moisturizing Factors, 3.5.2 Duftstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
natürliche Feuchthaltefaktoren) . . . . . . 24 3.6 Lösungsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
2.5.5 Melanin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
XII Inhaltsverzeichnis

4 Wirkstoffe in Kosmetika . . . . . . . . . 55 4.6.10 Polyphenole . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88


4.1 Vitamine, Provitamine . . . . . . . . . . . . 58 4.6.11 Phytoestrogene und Phytohormone . . . 90
4.1.1 Ascorbinsäure, Vitamin C . . . . . . . . . . 58 4.7 Exfoliation und Peelingsubstanzen . . . . 91
4.1.2 Nicotinamid, Vitamin B3 . . . . . . . . . . . 58 4.8 Komedogene Stoffe . . . . . . . . . . . . . 93
4.1.3 Panthenol, Provitamin B5 . . . . . . . . . . 62
4.1.4 Pyridoxin, Vitamin B6 . . . . . . . . . . . . . 62 5 Reinigung der Haut und der Haare . . 95
4.1.5 Retinol, Vitamin A . . . . . . . . . . . . . . . 62 5.1 Das Prinzip des Reinigens . . . . . . . . . . 96
4.1.6 Carotinoide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 5.2 Waschsubstanzen . . . . . . . . . . . . . . 96
4.1.7 Tocopherol, Vitamin E . . . . . . . . . . . . 63 5.2.1 Seife oder Fettsäurealkalisalze . . . . . . . 97
4.2 Feuchtigkeitsspendende Substanzen, 5.2.2 Moderne Tenside . . . . . . . . . . . . . . . 98
Feuchthaltesubstanzen, Moisturizer . . . 64 5.3 Waschpräparate . . . . . . . . . . . . . . . . 105
4.2.1 NMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 5.3.1 Seife . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106
4.2.2 Alkohole, Humectants . . . . . . . . . . . . 66 5.3.2 Syndet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106
4.2.3 Salz des Toten Meeres (TMS) . . . . . . . . 66 5.3.3 Duschzusätze . . . . . . . . . . . . . . . . . 108
4.2.4 Proteine, Eiweiße . . . . . . . . . . . . . . . 67 5.3.4 Badezusätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109
4.2.5 Hyaluronsäure . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 5.3.5 Haarshampoo . . . . . . . . . . . . . . . . . 109
4.3 Alpha-Hydroxysäuren, Fruchtsäuren, 5.4 Zusammensetzung der Waschpräparate 110
»AHA« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 5.4.1 Waschsubstanzen . . . . . . . . . . . . . . 110
4.4 Hautpflegende Wirkstoffe, Emollentien, 5.4.2 Zusatzstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110
Wirkstoff-Lipide . . . . . . . . . . . . . . . . 71 5.4.3 Hilfsstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111
4.4.1 Ceramide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 5.4.4 Wirkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111
4.4.2 Liposome und Nanopartikel . . . . . . . . 72
4.4.3 Fette Öle als Wirkstoffe . . . . . . . . . . . 75 6 Pflegesysteme: ihr Aufbau
4.5 Pflanzliche, tierische und biologische und ihre Inhaltsstoffe . . . . . . . . . . . 113
Stoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 6.1 Das Emulsionssystem . . . . . . . . . . . . 115
4.5.1 Allantoin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 6.1.1 Aufbau einer Emulsion . . . . . . . . . . . 116
4.5.2 Aloe vera . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 6.1.2 Spezielle Emulsionssysteme . . . . . . . . 116
4.5.3 α-Bisabolol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 6.1.3 Oberflächenaktivität . . . . . . . . . . . . . 117
4.5.4 Coffein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 6.1.4 Amphiphiler Charakter der Emulgatoren 118
4.5.5 Grüner Tee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 6.1.5 Physikalische Instabilitäten in
4.5.6 Hamamelis, virginische Zaubernuss . . . 81 Emulsionssystemen . . . . . . . . . . . . . 118
4.5.7 Kamille . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 6.2 Einteilung der Emulgatoren . . . . . . . . 119
4.5.8 Kristall-Mittagsblume . . . . . . . . . . . . 82 6.2.1 Anionische Emulgatoren . . . . . . . . . . 119
4.5.9 Madecassoside, Centella asiatica 6.2.2 Kationische Emulgatoren . . . . . . . . . . 119
oder Tigerkraut . . . . . . . . . . . . . . . . 83 6.2.3 Amphotere Emulgatoren . . . . . . . . . . 119
4.5.10 Propolis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 6.2.4 Neutrale Emulgatoren . . . . . . . . . . . . 123
4.5.11 Teebaum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 6.2.5 Koemulgatoren . . . . . . . . . . . . . . . . 123
4.6 Stoffe zum Schutz vor oxidativem Stress, 6.2.6 Komplexemulgatoren . . . . . . . . . . . . 123
Lichtschäden und Hautalterung . . . . . 84 6.2.7 Quasiemulgatoren . . . . . . . . . . . . . . 123
4.6.1 Vitamine gegen oxidativen Stress . . . . 85 6.2.8 Konsistenzgeber . . . . . . . . . . . . . . . 125
4.6.2 Selen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 6.3 Die Lipidkomponenten . . . . . . . . . . . 125
4.6.3 Adenosin und Magnesium . . . . . . . . . 85 6.3.1 Neutralfette . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126
4.6.4 UV-Filter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 6.3.2 Wachse und wachsähnliche
4.6.5 Photolyase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 Verbindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 134
4.6.6 Superoxiddismutase (SOD) . . . . . . . . . 86 6.3.3 Fettalkohole . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137
4.6.7 α-Liponsäure . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 6.3.4 Sterole . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138
4.6.8 Squalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 6.3.5 Gesättigte und ungesättigte Kohlen-
4.6.9 Coenzym Q10 . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 wasserstoffe, Paraffine . . . . . . . . . . . . 138
XIII
Inhaltsverzeichnis

6.3.6 Silikone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 7.4.6 Cellulitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186


6.4 Hydrophile Phase und wässrige 7.5 Hautpflege im Winter . . . . . . . . . . . . 191
Lösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 7.6 Insektenschutz, Repellentien . . . . . . . 191
6.4.1 Wasserqualitäten . . . . . . . . . . . . . . . 141
6.4.2 Hydrophile Lösungsmittel . . . . . . . . . 142 8 Sonne, Sonnenschutz und Selbst-
6.4.3 Lösungsvermittlung . . . . . . . . . . . . . 143 bräunung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195
6.5 Gele, Gelbildner und andere Viskositäts- 8.1 Physikalische Grundlagen . . . . . . . . . 196
erhöher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 8.1.1 Die Sonne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196
6.5.1 Aufbau eines Geles . . . . . . . . . . . . . . 144 8.1.2 Sonnenstrahlen, Sonnenenergie . . . . . 196
6.5.2 Gelbildner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 8.1.3 Beeinflussung der Sonnenenergie . . . . 197
6.5.3 Weitere viskositäts-erhöhende Stoffe . . 150 8.2 Physiologische Grundlagen . . . . . . . . 200
6.6 Zusatzstoffe und Wirkstoffe in Haut- 8.2.1 Wirkungen der UV-Strahlen auf der Haut 200
pflegeprodukten . . . . . . . . . . . . . . . 151 8.2.2 Haarschäden durch UV-Licht . . . . . . . . 203
6.6.1 Zusatzstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 8.2.3 Wirkungen der IR-Strahlen . . . . . . . . . 204
6.6.2 Wirkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 8.3 Sonnenschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . 204
6.7 Pflegepräparate . . . . . . . . . . . . . . . . 152 8.3.1 Sonnenfilter . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204
6.7.1 Bezeichnungen der Präparationen . . . . 152 8.3.2 Testmethoden für Sonnenschutzmittel
6.7.2 Pflegeprodukte . . . . . . . . . . . . . . . . 152 und deren Deklaration . . . . . . . . . . . 212
6.8 Vokabeltabelle kosmetischer 8.4 Sonnenschutzprodukte . . . . . . . . . . . 217
Beschriftungen in französisch, englisch, 8.4.1 Wirkstoffe und Zusatzstoffe in Sonnen-
deutsch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 schutzprodukten . . . . . . . . . . . . . . . 217
8.4.2 Produktgruppen . . . . . . . . . . . . . . . 218
7 Pflegeanleitungen und Hautschutz 8.5 Sonnenberatung . . . . . . . . . . . . . . . 220
für den ganzen Körper . . . . . . . . . . 159 8.5.1 Pigmentierungstypen . . . . . . . . . . . . 220
7.1 Pflege in Abhängigkeit vom 8.5.2 Wahl des LSF und PPD . . . . . . . . . . . . 221
Hautzustand . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 8.5.3 Wahl der galenischen Form und des
7.1.1 Normaler Hautzustand . . . . . . . . . . . 160 passenden Produktes . . . . . . . . . . . . 225
7.1.2 Fett-feuchter Hautzustand . . . . . . . . . 162 8.5.4 Der richtige Umgang mit der Sonne
7.1.3 Mischhaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 und dem Sonnenschutz . . . . . . . . . . . 227
7.1.4 Unreine Haut, Präakne und Akne . . . . . 164 8.5.5 After-sun-Pflege . . . . . . . . . . . . . . . 231
7.1.5 Trocken-fettarmer Hautzustand . . . . . . 165 8.5.6 Sonnenbrand – was dann? . . . . . . . . . 231
7.1.6 Reife Haut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 8.6 Solarien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232
7.1.7 Altershaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 8.7 Selbstbräunung . . . . . . . . . . . . . . . . 233
7.1.8 Empfindliche Haut . . . . . . . . . . . . . . 172
7.1.9 Neurodermitis . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 9 Haare und Nägel . . . . . . . . . . . . . . 235
7.1.10 Psoriasis, Schuppenflechte . . . . . . . . . 176 9.1 Besondere Hilfsstoffe und
7.2 Pflege der Baby- und Kinderhaut . . . . . 177 Wirksubstanzen in der Haarkosmetik . . 237
7.2.1 Babyhaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 9.1.1 Tenside . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237
7.2.2 Kinderhaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 9.1.2 Konditionierungsmittel, »Weich-
7.3 Pflege der Haut während der macher« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237
Schwangerschaft . . . . . . . . . . . . . . . 179 9.1.3 Festigersubstanzen . . . . . . . . . . . . . . 237
7.4 Besondere Körperregionen 9.1.4 Rückfetter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237
und ihre Pflege . . . . . . . . . . . . . . . . 180 9.1.5 Strukturverbessernde und schützende
7.4.1 Augenpartie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 Substanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237
7.4.2 Lippen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 9.1.6 Pflanzenextrakte . . . . . . . . . . . . . . . 240
7.4.3 Hände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 9.1.7 Antischuppenmittel . . . . . . . . . . . . . 240
7.4.4 Füße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 9.1.8 UV-Filtersubstanzen . . . . . . . . . . . . . 240
7.4.5 Intimbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 9.1.9 Schaumstabilisatoren . . . . . . . . . . . . 240
XIV Inhaltsverzeichnis

9.2 Pflege- und Stylingprodukte für 10.2.3 Praktische Durchführung . . . . . . . . . . 260


die Kopfhaut und die Haare . . . . . . . . 240 10.3 Produkte mit geruchshemmender
9.2.1 Shampoos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260
9.2.2 Spülungen und Kuren, »Weichmacher« . 242 10.3.1 Deo: Antiperspirantien und
9.2.3 Wässer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 Deodorantien . . . . . . . . . . . . . . . . . 260
9.2.4 Stylingprodukte . . . . . . . . . . . . . . . . 243 10.3.2 Weitere deodorierende Produkte . . . . . 262
9.3 Zustand der Haare und der Kopfhaut
und deren Pflege . . . . . . . . . . . . . . . 243 11 Mundhygiene und Zahnpflege . . . . 265
9.3.1 Schäden an den Haaren . . . . . . . . . . . 243 11.1 Zahn und Mundhöhle . . . . . . . . . . . . 266
9.3.2 Normale Haare, gesunde Kopfhaut . . . . 244 11.1.1 Zähne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266
9.3.3 Feine Haare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 11.1.2 Zahnfleisch und Mundschleimhaut . . . 266
9.3.4 Sprödes, trockenes Haar, Spliss . . . . . . 245 11.1.3 Speichel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266
9.3.5 Strapaziertes, gefärbtes, dauer- 11.2 Karies und ihre Folgeerscheinungen . . . 267
gewelltes Haar . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 11.2.1 Voraussetzungen für die Entstehung
9.3.6 Spliss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 von Karies . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268
9.3.7 Graue Haare . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 11.2.2 Die Kariesentstehung beeinflussende
9.3.8 Schuppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 Faktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269
9.3.9 Fettiges Haar, Seborrhoe . . . . . . . . . . 246 11.2.3 Plaque (Zahnbelag) und Zahnstein . . . . 270
9.4 Färben der Haare . . . . . . . . . . . . . . . 247 11.2.4 Gingivitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271
9.4.1 Blondierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 11.2.5 Parodontitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271
9.4.2 Blondierungen mit anschließender 11.2.6 Mundgeruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271
Färbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 11.3 Oralprophylaxe . . . . . . . . . . . . . . . . 271
9.4.3 Färbung mit Pflanzenfarben . . . . . . . . 247 11.3.1 Ernährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272
9.4.4 Tönung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 11.3.2 Beseitigen von Retentionsstellen . . . . . 272
9.4.5 Kurzfristige, auswaschbare Farbeffekte . 247 11.3.3 Mund- und Zahnhygiene . . . . . . . . . . 272
9.5 Haarausfall (Alopezie) . . . . . . . . . . . . 248 11.3.4 Fluoridierung . . . . . . . . . . . . . . . . . 274
9.5.1 Diffuse Alopezie . . . . . . . . . . . . . . . . 248 11.4 Mund- und Zahnpflegeprodukte . . . . .
9.5.2 Androgenetischer Haarausfall . . . . . . . 249 und ihre Inhaltstoffe . . . . . . . . . . . . . 274
9.5.3 Kreisrunder Haarausfall, Alopezia 11.4.1 Pflegeprodukte . . . . . . . . . . . . . . . . 274
areata . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 11.4.2 Inhaltsstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276
9.6 Die Rasur und die Nachpflege . . . . . . . 249 11.5 Die dritten Zähne und Zahnspangen . . 279
9.6.1 Trockenrasur . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 11.5.1 Reinigung von Zahnprothesen
9.6.2 Nassrasur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 und Zahnspangen . . . . . . . . . . . . . . 279
9.7 Entfernung der Körperhaare . . . . . . . . 250 11.5.2 Haftmittel für Prothesen . . . . . . . . . . 280
9.8 Nagelpflege . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252
9.8.1 Nagelveränderungen . . . . . . . . . . . . 252 12 Baupläne für Kosmetikrezepturen . . 281
9.8.2 Maniküre, Pediküre . . . . . . . . . . . . . . 252 12.1 Entwickeln eines Rezeptur-Bauplans . . . 284
9.8.3 Produkte zur Nagelpflege . . . . . . . . . . 253 12.2 1. Baustein: Wirkstoffe . . . . . . . . . . . . 285
12.3 2. Baustein: Basisrezepturen, Grund-
10 Schweißbildung und Geruchs- lagen und Lösungsmittel . . . . . . . . . . 288
hemmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 12.3.1 Aufbau der Rezepturen . . . . . . . . . . . 289
10.1 Geruchsentwicklung . . . . . . . . . . . . . 256 12.3.2 Hydrophile Lösungsmittel (LM)
10.1.1 Die Schweißdrüsen . . . . . . . . . . . . . . 256 und Flüssigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . 289
10.1.2 Der Schweißgeruch . . . . . . . . . . . . . 257 12.3.3 Flüssige Lipide, viskositätserniedrigende
10.2 Geruchshemmung . . . . . . . . . . . . . . 257 Substanzen, Spreitmittel . . . . . . . . . . 290
10.2.1 Eingriffe in die Geruchsentwicklung . . . 257 12.3.4 Gelbildner und Verdickungsmittel . . . . 291
10.2.2 Wirkstoffe mit geruchsmindernden 12.3.5 Lipide für lipophile, feste oder halbfeste
Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 1- und 2-Phasensysteme . . . . . . . . . . 291
XV
Inhaltsverzeichnis

12.3.6 Emulgatoren, Waschrohstoffe, 12.7.6 Emulsionssysteme, Cremes, Lotionen,


Lösungsvermittler . . . . . . . . . . . . . . 292 Milchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302
12.4 3. Baustein: Zusatzstoffe . . . . . . . . . . 293 12.8 7. Baustein: Primärpackmittel
12.4.1 Parfum – angenehmer Geruch . . . . . . 293 und Etikett . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304
12.4.2 Farbstoffe, Perlglanzmittel – 12.9 Ausgewählte Rezepturbeispiele . . . . . 304
Farbeffekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 12.9.1 Basisgrundlagen aus dem DAB
12.4.3 pH-Regulatoren, Puffer – Einstellen und DAC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304
des physiologischen Haut-pH . . . . . . . 294 12.9.2 Erfundene und abgewandelte
12.4.4 Spreitmittel – leichtere Verteilung Rezepturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305
von Lotionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 12.10 Literatur, Internetseiten, Bezugsquellen 309
12.4.5 Konditionierungsmittel – damit die 12.10.1 Bücher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310
Haare leichter kämmbar sind . . . . . . . 295 12.10.2 Internetseiten: Rezepturen, Bezugs-
12.5 4. Baustein: Stabilisierung . . . . . . . . . . 295 quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310
12.5.1 Mikrobiologische Stabilität . . . . . . . . . 295
12.5.2 Chemische Stabilität . . . . . . . . . . . . . 296 13 Stoffgruppenverzeichnis
12.6 5. Baustein: Inkompatibilitäten . . . . . . 297 und -abkürzungen . . . . . . . . . . . . . 311
12.6.1 Kationen-Anionen-Reaktionen . . . . . . 298 13.1 Stoffgruppendefinitionen . . . . . . . . . 312
12.6.2 pH-abhängige Reaktionen . . . . . . . . . 298 13.2 Abkürzungen der Stoffklassen,
12.6.3 Phenol-Ether-Wechselwirkungen . . . . . 298 wichtiger Wirkungen und Funktionen
12.6.4 Grenzflächenaktive Stoffe . . . . . . . . . 298 in den Tabellen und Texten . . . . . . . . . 315
12.7 6. Baustein: Allgemeine Herstellungs-
regeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 14 Alphabetische Liste der
12.7.1 Vorbereitungen . . . . . . . . . . . . . . . . 299 INCI-Bezeichnungen . . . . . . . . . . . . 317
12.7.2 Wässrige Lösungen, Waschprodukte . . . 299
15 Fachbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . 349
12.7.3 Ölige Lösungen, Massageöle, Badeöle . . 300
12.7.4 Gele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 16 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . 355
12.7.5 Feste, lipophile 1-Phasen-Produkte,
Stifte, Balsame . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . 359
XVII

Abkürzungen

Allgemeine Abkürzungen und Zeichen:

> größer als, mehr EDTA Ethylendiamintetraessigsäure


< kleiner als, weniger EG Europäische Gemeinschaft
% Prozent etc. und so weiter
§ Paragraph EU Europäsche Union
® geschütztes Warenzeichen, -namen FDA Food and Drug Administration (USA)
α alpha- fl. flüssig
β beta- Form. Formelabbildung
γ gamma- g Gramm
Abb. Abbildung gg. gegen
Abk. Abkürzung ggf. gegebenenfalls
adj. Adjektiv GLS Gamma-Linolensäure
Ambl. Amtsblatt GMP Good Manufacturing Practice
AMG Arzneimittelgesetz H. Haut
APG Alkylpolyglycoside (Tensid) i. d. R. in der Regel
ATP Adenosintriphosphat (energiereiches IKW Industrieverband Körperpflege- und
Molekül im Körper) Waschmittel e.V.
BDIH Bundesverband deutscher Industrie- INCI International Nomenclature Cosmetic
und Handelsunternehmen Ingredients
Bez. Bezeichnung IPD immediate pigment darkening, »UVA-
BfR Bundesamt für Risikoforschung Faktor«
BGBl. Bundesgesetzblatt IR Infrarot
BMG Bundesministerium für Gesundheit Jh. Jahrhundert
BQ Belastungsquotient (im Sonnenschutz) Kap. Kapitel
bzw. beziehungsweise kbA kontrolliert biologischer Anbau
°C Grad Celcius Konz. Konzentration
ca. circa, etwa, ungefähr KVO Kosmetikverordnung
cAMP cyclisches Adenosinmonophosphat LSF Lichtschutzfaktor
CI Colour-Index (Kennzeichnung von LM Lösungsmittel
Farbstoffen) LMBG Lebensmittel- und Bedarfsgegenstände-
cm Zentimeter gesetz
CPD Cyclobutan-Pyrimidin-Dimere LV Lösungsvermittler
CTFA Cosmetic, Toiletry and Fragrance m Meter
Association m. mit
Cu Kupfer max. maximal, höchstens
d. der, die, das MEA Monoethanolamin
DAB Deutsches Arzneibuch min. Minute, mindestens, am niedrigsten
DAC Deutscher Arzneimittel-Codex MIPA Monoisopropanolamin
DAZ Deutsche Apotheker Zeitung μm Mikrometer
DEA Diethanolamin mm Millimeter
DHA Dihydroxyaceton MMP-1 Matrixmetalloproteinase-1
DIN Deutsche Industrienorm Mn Mangan
DNA Erbinfo in den Zellen Mz. Mehrzahl
XVIII Abkürzungen

NaCl Natriumchlorid, Kochsalz SOD Superoxiddismutase


n. B. nach Bedarf SR- Standard-Vorschriften (Rezeptur-
nm Nanometer sammlung aus der ehemaligen DDR)
NMF Natürliche Feuchthaltefaktoren SSP sun protection factor
norm. normal Str. Stratum (Hautschicht)
Nr. Nummer, Anzahl Tab. Tabelle
O/W Öl in Wasser TEA Triethanolamin
p- para- (in der Chemie) TEWL transepidermaler Wasserverlust
P in Strukturformeln die Abk. für TMS Salz aus dem toten Meer
Phosphat Tr. Tropfen
PEG Polyethylenglycol, Macrogol trock. trocken
PGE1 Prostaglandinderivat, körpereigenes u. und
Gewebshormon u. U. unter Umständen
PLD polymorphe Lichtdermatose Üb. Übersicht
PPD persistent pigment darkening, US United States
»UVA-Faktor« usw. und so weiter
PPG Polypropylen UV Ultraviolett
PZ Pharmazeutische Zeitung UVI UV-Strahlungs-Index
R Reste (in chemischen Abbildungen) vb. Verb
RNA Erbinformation in den Zellen vgl. vergleiche
ROS reaktive Sauerstoffspezies VIS sichtbares Licht
RT Raumtemperatur, 20–25 °C Vit. Vitamin
s. siehe WHO Weltgesundheitsorganisation
SFP Sonnenschutzfaktor W/O Wasser in Öl
Sg. Singular z. B. zum Beispiel
Smp. Schmelzpunkt Zn Zink

Abkürzungen der Stoffklassen, wichtiger Wirkungen und Funktionen


in den Tabellen und Texten:

Aa Anti-aging-Wirkstoff, gegen oxidativen AS Antischaummittel


Stress Asb Antiseborrhoikum
Abr Abrasivum ASch Antischuppenwirkstoff
Abs Absorptionsmittel Asep Antiseptikum, Antimikrobiotika,
AF Antifaltenwirkstoff antibakteriell
AHA alpha-Hydroxysäure, Fruchtsäure, ASt Antistatika
beta-Hydroxysäuren, verwandte Bar Aufbau, Erhalt, Verbesserung, Schutz
Substanzen der Barriereschicht
Ahi Antiperspirans, Antihidrotikum, BM Bindemittel
Antitranspirans BT Basis-Tensid
AmS Aminosäure BZ biologischer Zusatzstoff
Aro aromatisierend, Aroma, Geschmacks- Cel Wirkstoffe gegen Cellulitis
korrigens CoT Co-Tensid
AO Antioxidans Deo Deodorierungsmittel
Aro Aromastoff, aromatisierend, Du durchblutungsfördernd
Geschmacksstoff E Emulgator
XIX
Abkürzungen

ela elastizitätsverbessernd, elastin-/kollagen- Ox Oxidationsmittel


schützend, -aufbauend Pa Parfum-, Duftstoff
Emo Emollentien, Weichmacher (Haut) Pee Peelingsubstanzen chemisch oder
Enz Enzym enzymatisch
erf erfrischend, belebend, tonisierend, PG Pudergrundlage
vitalisierend Phy Phytohormone
Est emulsionsstabilisierend Pig Pigmente, physikalischer UV-Filter
etz entzündungshemmend, antiphlogis- Po Polyphenole
tisch, antiinflammatorisch PR pH-Regulierungsmittel
Fa Farbstoff Ps bei Psoriasis
FB Filmbildner Pu Puffer
FS Feuchtigkeitsspendende Substanz PV Provitamin
Fst Festigersubstanzen reg zell-, hautregenerierend, regenerierend,
fu fungizid/fungistatisch, pilztötend/ erneuernd
pilzwachstumshemmend rei reizlindernd, beruhigend
GB Gelbildner, Gerüstbildner Rep Repellent, Mückenschutzstoff
GB(O) Gelbildner für Oleogele RF Rückfetter
HG Hautglättung Sfm Schleifmittel, Putzkörper (Zähne)
hl heilend, heilungsunterstützend, shü schützend, Haut- und Zellschutz,
wundheilungsfördernd DNA-Schutz
HP Hautpflegesubstanzen Sst schaumstabilisierend
HS Hautstraffung Sü Süßungsmittel, (Zahnpflegeprodukte)
Hu Humectants, Feuchthaltesubstanz T Tensid, Waschrohstoff
Ju Wirkstoff gegen Juckreiz Tg Treibgas
Ka Kariesprophylaxe, gegen Kariesbildung TM Trübungsmittel
Ker Keratolytikum UVA UVA-Filtersubstanz
Kg Konsistenzgeber UVB UVB-Filtersubstanz
Kom komedogener Stoff UVb biologischer UV-Schutz
Kon Konditionierungsmittel UVBr UV-Breitbandfilter
kr kräftigend, stärkend UVs schützend vor UV-Strahlung (weder
KS Konservierungsstoff chemischer noch mineralischer Filter)
Kx Komplexierungsmittel, Chelatbildner VD Verdicker, Konsistenzregulator
Li Lipide, fettartige Substanz, Lipid- Vit Vitamin
komponente Vr Viskositätsregler
LM Lösungsmittel Vst viskositätsstabilisierend, viskositäts-
Lpo Liposomenbestandteil erhöhend
LV Lösungsvermittler, Solubilisator wa zellwachstumsfördernd, Förderung
Mi Mineral, Spurenelement der Proliferation, Zellneubildung
Mu Mundpflegemittel, Fluoridierung Xa Xanthine, Coffeinderivate
Nd bei Neurodermitis zef Anregung der Zellfunktion, -stoffwech-
NMF natural moisturizing factor, natürlicher sel, entschlackend, entstauend
Feuchthaltefaktor ZuT Zuckertensid
XX Abkürzungen

Abkürzungen von Kosmetikserien, -herstellern und -vertrieben

AWBo Frei Öl-Serie von Apotheker Walter Lav Laverana GmbH


Bouhon Lir Laboratoires Lierac, Ales Groupe
CF Claire Fischer, Dt. Chefaro Cosmetic
Cr. Creaderm L.R-P. La Roche-Posay
Dr G Dr. Grandel LW Louis Widmer
Dr H Dr. Hauschka von Wala NJJ Neutrogena von Johnson & Johnson
Du.P.F. Ducray-Serie von Pierre Fabre Ph Phyris Beaute GmbH
ETA Eau Thermale Avene -Serie von Pri Primavera Naturkosmetik
Pierre Fabre Rau Rausch
Eu Eubos-Serie, Dr. Hobein RJJ Roc von Johnson & Johnson
EcB Eucerin®-Serie von Beiersdorf seb Sebamed
Fet Fette Köln Ses Sensena Naturkosmetik
G.P.F. Galenic vonPierre Fabre STA STADA
HK Hans Karrer Wel Weleda
Hs. Hermes
1

1 Geschichtliche Entwicklung
und heutige Gesetzgebung
1.1 Geschichtliche Entwicklung der Kosmetik und Körperpflege – 2
1.1.1 Frühe Menschheitsgeschichte – 2
1.1.2 Frühe Hochkulturen, Altertum und Antike –2
1.1.3 Mittelalter – 2
1.1.4 Neuzeit – 3
1.1.5 20. Jahrhundert – 3

1.2 Gesetzliche Bestimmungen –4


1.2.1 Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz (LMBG) –4
1.2.2 EU-Kosmetik-Richtlinie – 4
1.2.3 Kosmetik-Verordnung (KVO) – 5

1.3 Naturkosmetik –7
1.3.1 Was ist Naturkosmetik? – 7
1.3.2 Regelwerke und Bewertungskriterien –8
2 Kapitel 1 · Geschichtliche Entwicklung und heutige Gesetzgebung

1.1 Geschichtliche Entwicklung 1.1.2 Frühe Hochkulturen, Altertum


1 der Kosmetik und und Antike
Körperpflege
In den frühen Hochkulturen Chinas, Indiens, Süd-
Kosmetik und Körperpflege sind für große Teile der amerikas, Ägyptens und im Zweistromland ent-
heutigen Bevölkerung selbstverständliche Begriffe. wickelte sich schon sehr früh (ab 3500 v. Chr.) ein
Die moderne Kosmetik basiert im Allgemeinen auf hoher medizinischer Wissensstand, so dass hier
modernen medizinischen Erkenntnissen und um- wichtige Grundlagen für Hygiene, Bäder, Hautpfle-
fasst zum Beispiel die Bereiche Hygiene, Hautpflege, ge und Schminke geschaffen wurden. Der Ursprung
Prophylaxe und Verminderung von Hautproblemen von Lidstrich und Lidschatten soll in antiseptischen
und -schäden. Ein anderes weites Feld ist die deko- Augenarzneien liegen, die aufgrund der verwende-
rative Kosmetik, in der vor allem Mode und Zeitgeist ten Mineralien grün, rot oder schwarz gefärbt waren.
ihren Ausdruck finden. Archäologen fanden sehr alte »Schminkpaletten«
Der Begriff Kosmetik wurde erst in den letzten (3100 v. Chr.) auf denen diese Mineralien offensicht-
zwei Jahrhunderten geprägt. Der Ursprung des lich zerrieben wurden. Dieses Wissen wurde dann in
Wortes Kosmetik liegt im Griechischen und bedeu- der römisch-griechischen Antike weiter verfeinert.
tet »die das Schmücken betreffende Kunst« und wird Hier wurden Schönheitssalons errichtet und im
von kosmos = die Ordnung, Schmuck, Weltall abge- Laufe der Zeit entstand ein regelrechter Körperkult
leitet. In älteren Schriften findet man unterschied- mit riesigen Bädern und Bassins, Schönheitspflege,
liche Begriffe aus dem Lateinischen oder in der Massagen und Gymnastik. Zum Einsatz kamen für
jeweiligen Landessprache, wie »ad decorem«, »zur jene, die es sich leisten konnten, – Eselmilch zum
Zierung«, »pour decorer«, die dem heutigen Begriff Baden, Cremes mit Lanolin, Honig, Oliven – und
Kosmetik in etwa gleichzusetzen sind. Sesamöl, Myrrhe, Rosenöl…, um nur einige Stoffe
zu nennen. Denken Sie an die legendäre Königin
Kleopatra, oder versetzen Sie sich in die Kulisse der
1.1.1 Frühe Menschheitsgeschichte Märchen »Tausend und eine Nacht«, um sich den
Luxus dieser Zeit bildhaft vorzustellen.
Schon der Mensch der Vorgeschichte versuchte sei-
nem Äußeren durch Farben, Tätowierungen und
Schmuck einen besonderen Ausdruck zu geben. Er 1.1.3 Mittelalter
wollte damit seine Stammeszugehörigkeit und seinen
Rang innerhalb eines Stammes kundtun. Zur Ab- Etwa ab dem 4. Jahrhundert zerfiel die Kultur der
schreckung diente die Kriegsbemalung, und auch für antiken Welt; die Zeit der Völkerwanderung begann.
kultische Handlungen und Riten wurden Farben ein- Das Wissen um die Kosmetik und Körperpflege ging
gesetzt. Die Tätowierung stellte eine dauerhaftere Art für das alte Europa zunächst verloren, bedingt durch
der Bemalung dar, die für die gleichen Zwecke einge- von der Kirche erlassene Gebrauchsverbote für kos-
setzt wurde. Häufig war sie auch eine Mutprobe oder metische Mittel. Für den Großteil der Bevölkerung
ein Ausdruck von Männlichkeit, »Mann konnte versank die Körperpflege im Dunkeln, zudem war
Schmerz aushalten«. Das Durchbohren von Nasen- Seife auch noch nicht allerorts bekannt. Baden und
flügeln, Ohrläppchen und Lippen mit unterschied- häufiger intensiver Kontakt mit Wasser galten als
lichen Materialien wurde ebenfalls zur Darstellung schädlich. Stellen Sie sich diesen Zustand mit un-
von Reichtum und Rang benutzt. Der Zweck dieser serem Selbstverständnis von Hygiene und Sauber-
ersten kosmetischen Eingriffe ist noch heute rudi- keit vor!
mentär in unserer Gesellschaft (Tätowierungen als Erst mit den Kreuzzügen im 11. Jahrhundert
Bandenmerkmal) oder bei Naturvölkern zu finden. wurde dieses alte Wissen zum Teil wieder aus dem
Es lag nun nicht fern, diese Schmückungen auch Orient nach Europa importiert, und zur selben Zeit
nur zur Verschönerung durchzuführen, eventuell etwa begann in Marseille, Venedig und Alicante
zur Werbung eines Geschlechtspartners. die Seifenherstellung. Kosmetik und Körperpflege
1.1 · Geschichtliche Entwicklung der Kosmetik und Körperpflege
3 1

erlebten einen neuen Aufschwung. Haare wurden mersprossen und die Färbung roter Haare, um der
gefärbt, Schminke wurde verwendet, in öffentlichen Hexenverfolgung zu entgehen, als auch die Vereh-
Badeanstalten wurde gebadet; es gab Rasier- und rung bleicher Haut. Diese galt als vornehm, weil da-
Wundsalons, in denen »zur Ader gelassen« wurde. durch eine Abgrenzung zu dem in der Sonne arbei-
Aber aufgrund der sich damals schnell verbreiten- tenden einfachen Volk möglich war.
den Geschlechtskrankheiten (vor allem der Syphilis) Ein anderer Trend im Barock und der Renais-
wurden diese öffentlichen Salons und Bäder etwa sance bestand darin, dass sich der Adel kaum mehr
im 16. Jahrhundert wieder geschlossen. wusch. Es wurden stattdessen Parfums verwendet,
um den schlechten Geruch zu übertünchen. Es
wurden lieber Flohkratzer benutzt als Wasser und
1.1.4 Neuzeit Seife!
Mit der französischen Revolution wurde ein
Die Erfindung des Buchdrucks im 15. Jahrhundert Umbruch in der Körperpflege eingeleitet. Natür-
brachte eine neue Dimension in die Aufzeichnung liches Aussehen ohne Schminke kam in Mode,
und Verbreitung von schriftlichen Inhalten. Es sind Sauberkeit und Hygiene hielten nach eineinhalb
uns deshalb erst seit dem 16. Jahrhundert nachvoll- Jahrtausenden wieder Einzug in das tägliche Leben.
ziehbare Dokumentationen über die Anwendung, Etwa Mitte des 19. Jahrhunderts erweiterten neu-
Zusammensetzung und Herstellung verschiedenster artige Stoffe, die aus Mineralölen gewonnen wurden,
Kosmetika überliefert, die uns Einblick in die da- die Rohstoffpalette und die Herstellungstechniken
malige Körperpflege liefern. Welche der aufge- für Arzneimittel und Kosmetika änderten sich
führten Rezepturen aber im Endeffekt wirklich zur grundlegend. Es ging auf ein neues Zeitalter zu.
Anwendung kamen, geht daraus nicht eindeutig
hervor.
In dieser Epoche entwickelte sich ein stetig 1.1.5 20. Jahrhundert
wachsender Konkurrenzkampf zwischen dem ge-
hobenen Bürgertum und dem feudalistisch struk- In diesem Jahrhundert fanden in allen Lebensbe-
turierten Adel um die gesellschaftliche und politi- reichen rasante Veränderungen statt, die Wissen-
sche Macht, dessen Höhepunkt in der französischen schaften erlebten einen riesigen Aufschwung. Wich-
Revolution gipfelte. Bis dahin war der französische tige medizinische Erkenntnisse, wie Sauberkeit des
Hof in Sachen Mode und Kosmetik für ganz Europa Körpers und der Umgebung, waren entscheidend
maßgebend. für die Prophylaxe von Infektionskrankheiten. Eine
Die damalige Kosmetik diente oft auch medizi- ständig verbesserte medizinische Versorgung ließ
nischen Zwecken. Dieser Zweig ist heute gesetzlich die Lebenserwartung steigen. Deshalb wurden neue
geregelt von der Kosmetik abgetrennt. Es gab Haar- Anforderungen an die Medizin und Kosmetik ge-
und Körperpuder, Haarfärbemittel, Enthaarungs- stellt, etwa Beseitigen von Falten und Verlangsamen
mittel, Haaröle, Hautbleichungsmittel, Faltenmittel, des Alterungsprozesses der Haut und des Körpers.
Sommersprossenmittel usw. Mittel gegen unreine »Jung auszusehen«, das ist die Devise, denn dies wird
Haut wurden gegen Ungeziefer und mangelnde mit Dynamik, Fitness, Gesundheit, Flexibilität und
Hygiene eingesetzt und dürfen nicht mit unserem Ideenreichtum verbunden. Die »veralteten« Erfah-
heutigen Verständnis für unreine Haut (Pickel, Mit- rungen der Älteren verloren vor allem in der tech-
esser) in Verbindung gebracht werden. nisierten Berufswelt durch die schnell erzielten
Viele der damals verwendeten Stoffe gelten heut- Fortschritte und Veränderungen ihren Stellenwert.
zutage als sehr giftig und sind im Bereich der Kos- Um mithalten zu können, muss man scheinbar
metik verboten, wie Quecksilber-, Blei-, Arsen- und »jung sein« oder wenigstens versuchen so auszu-
Antimonverbindungen. sehen. Jedenfalls will uns das die Werbung sugge-
In der Ära der Neuzeit unterlagen Schönheits- rieren. Durch veränderte gesellschaftliche Struk-
ideale und Mode durchaus der Veränderung. Durch- turen sind Kosmetikprodukte heutzutage für jeden
gängig war jedoch sowohl das Bleichen von Som- erschwinglich. Die meisten Menschen möchten
4 Kapitel 1 · Geschichtliche Entwicklung und heutige Gesetzgebung

gepflegt, attraktiv und der Situation entsprechend


1 gestylt sein. Übersicht 1.1. Einsatzzwecke von Kosmetika
Mittlerweile ist das kosmetische Wissen so weit
fortgeschritten, dass das Äußere sogar nach eigenen Pflegen
Vorstellungen modelliert werden kann. Reinigen
Schützen
Das Fachgebiet Kosmetik kann in vier Bereiche un- Erhalt eines gesunden Zustands
terteilt werden: Verändern des äußeren Erscheinungsbilds
4 Körperpflege und -hygiene mit Pflege- und Beeinflussen des Körpergeruchs
Schutzpräparaten, Parfümieren
4 dekorative Kosmetik,
4 dauerhafte dekorative Eingriffe wie Ohrlöcher,
Piercing, Tätowierungen,
4 plastische oder kosmetische Chirurgie. Übersicht 1.2. Anwendungsbereiche der
Kosmetika
Mit dem ersten Gebiet wollen wir uns in diesem
Buch genauer befassen. Haut Intimbereich
Haare Zähne
Nägel Mundhöhle
1.2 Gesetzliche Bestimmungen Lippen

Die Zusammensetzung, die Herstellung und der


Handel mit Kosmetika sowie ihre Anwendungs- Nach § 8 LMBG dürfen Erzeugnisse (in unserem
bereiche sind vor allem durch das Lebensmittel- Fall: Kosmetika) nicht so gestaltet sein, dass sie (vor
und Bedarfsgegenständegesetz (LMBG), die Kos- allem von Kindern) mit Lebensmitteln verwechselt
metik-Verordnung (KVO) und die 7. Änderung der werden und sie deshalb zum Munde geführt, gelutscht
EU-Richtlinie für kosmetische Mittel geregelt. oder geschluckt werden könnten. Eine Gefährdung
der Gesundheit soll hiermit vermieden werden.
Firmen dürfen nur mit wissenschaftlich belegten
1.2.1 Lebensmittel- und Wirkungen werben (§ 27). Durch die Bezeichnung,
Bedarfsgegenständegesetz Angaben, Aufmachung, Darstellung oder sonstigen
(LMBG) Aussagen darf nicht fälschlicherweise der Eindruck
erweckt werden, dass ein Erfolg mit Sicherheit er-
Kosmetische Mittel sind nach § 4 des LMBG Stoffe wartet werden könne.
und Zubereitungen, die dazu bestimmt sind, am
Menschen entweder äußerlich oder in seiner Mund-
höhle angewendet zu werden (7 Übersicht 1.2). Sie 1.2.2 EU-Kosmetik-Richtlinie
dienen der (7 Übersicht 1.1):
4 Pflege, Die deutsche Kosmetikverordnung basiert auf der
4 Reinigung, 7. Änderungsrichtlinie vom 27.2.2003 zur EU-Kos-
4 Beeinflussung des Aussehens, metikrichtlinie, zuletzt geändert am 19.6.2006. Ein
4 Beeinflussung des Körpergeruchs und der wichtiger Zweck der Richtlinie ist die Vereinheit-
4 Vermittlung von Geruchseindrücken. lichung der Herstellungspraktiken, des Handels und
der Deklaration der Kosmetika. Mit der 7. Änderungs-
Davon abgegrenzt werden Arzneimittel, die vor richtlinie wurde der Einsatz von Tierversuchen zur
allem Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder Überprüfung von Kosmetika oder deren Ausgangs-
krankhafte Beschwerden lindern oder beseitigen stoffen sehr stark eingeschränkt. Tierversuche sollen
helfen. Sie gelten nicht als kosmetische Mittel. im Bereich Kosmetik in den kommenden 10 Jahren
1.2 · Gesetzliche Bestimmungen
5 1

komplett gestrichen werden und durch alternative In den übrigen Teilen herrscht Übereinstimmung
Test- und Prüfmethoden ersetzt werden. Die Kosme- der beiden Nomenklaturprinzipien, so dass die
tikforschung ist aufgefordert, sichere und eindeutige amerikanische Deklaration mittlerweile von uns
Prüfverfahren zu finden und zu validieren, und dabei größtenteils verstanden werden kann.
die Sicherheit für den Anwender von Kosmetika nach Einige Bezeichnungen mussten den unter-
wie vor zu gewährleisten. Die EG-Kommission gab schiedlichen Sprachen in Europa gerecht werden. Es
am 8. Mai 1996 eine Liste der Bestandteile kosme- wurden einheitliche Begriffe festgelegt, damit ein
tischer Mittel und einer gemeinsamen Nomenklatur Hersteller nicht verschiedene Packungsbeschriftun-
heraus, die zuletzt durch den Beschluss vom 9.2.2006 gen für jedes einzelne Land in den Verkehr bringen
geändert wurde. In dieser Liste sind sämtliche zur muss:
Zeit in Europa verwendeten kosmetischen Bestand- 4 für »Bestandteile«: Ingredients
teile mit ihren gültigen INCI-Bezeichnungen (Inter- 4 für »Parfüm«: Parfum
national Nomenclature of Cosmetic Ingredients) zu 4 für »Geschmacksstoff«: Aroma
finden. »Die Liste hat nur beispielhaften Charakter 4 für »kann …… enthalten«: [+/– CI…, CI….]
und stellt nicht eine Liste der zur Verwendung in
kosmetischen Mitteln zugelassenen Stoffe dar« Die letzte Kennzeichnungsform ist bei dekorativen
(Ambl. d. EG L 132 1. Juni 1996/Ambl. d. EG L 097 Kosmetika erlaubt, welche die gleiche Grundlage be-
05.04.2006), sie muss zu gegebener Zeit dem aktuel- sitzen und sich nur in den Farbstoffzusätzen unter-
len Stand der Wissenschaft angepasst werden. scheiden (z.B. Lippenstifte, Lidschatten). In eckiger
Die Forderungen der EU bezüglich einer Verein- Klammer werden alle enthaltenen Farbstoffe aufge-
heitlichung der Kennzeichnung von Kosmetika im listet.
europäischen Handelsraum wurden in der deut-
schen Kosmetikverordnung berücksichtigt und sind
in § 5 der KVO nachzulesen. 1.2.3 Kosmetik-Verordnung (KVO)
Die vormals in den USA und in Europa verwen-
dete CTFA-Nomenklatur (Cosmetic, Toiletry and Die KVO ist eine fast identische Umsetzung der
Fragance Association) ist ungültig. EU-Kosmetikrichtlinie in deutsches Recht. In der
Die europäischen INCI-Bezeichnungen basieren Kosmetik-Verordnung sind vor allem Stofflisten,
auf dem Nomenklatursystem der USA. Es musste von Höchstgrenzen, Anwendungsbeschränkungen, An-
der EU-Kommission den europäischen Sprachgewohn- gaben zur Kennzeichnung, Bestimmungen zu Tier-
heiten angepasst werden und zeigt einige wichtige Un- versuchen und zur Herstellungspraxis zu finden.
terschiede zur gültigen amerikanischen Deklaration: In § 1 und der dazugehörigen Anlage 1 sind in
4 Farbstoffen werden Colour-Index-Nummern Teil A und B insgesamt etwa 1200 Stoffe aufgelistet,
(CI) zugewiesen, die in Anhang IV der EU-Richt- vor allem Lösungsmittel und apothekenpflichtige
linie nachzuschlagen sind. und verschreibungspflichtige Arzneistoffe, die in
4 Die INCI-Nomenklatur für Pflanzen basiert auf Kosmetika nicht enthalten sein dürfen.
dem Linné-System – entgegen den US-ameri- In § 2 und der Anlage 2 Teil A, werden etwa 97
kanischen Bezeichnungen. Sie besteht aus der Stoffgruppen aufgeführt, für welche Anwendungs-
lateinischen Gattungs- und Speziesbezeichnung, beschränkungen oder Höchstgrenzen festgelegt
ohne Angabe des verwendeten Pflanzenproduk- sind.
tes. Beispielsweise wird aus Weizen Mehl, fettes Beispiel: »Thioglykolsäure und ihre Salze« für
Öl und Eiweiße mit unterschiedlichen kosmeti- Entkräuselungs- oder Kräuselungsmittel der Haare
schen Wirkungen gewonnen. Alles wird ohne und Enthaarungsmittel, mit Warnhinweisen auf der
Differenzierung als Weizen (INCI: Triticum vul- Packung bei Berührung mit den Augen.
garis) deklariert. § 3 regelt die Anwendung von Farbstoffen in
4 Einige in Europa geltende Trivialnamen aus dem Kosmetika, nicht gemeint sind Haarfärbe- und
Europäischen Arzneibuch wurden übernom- Haartönungsmittel. In Anlage 3 sind etwa 160 Farb-
men, z.B. Wasser (INCI: Aqua). stoffe aufgelistet, die eine sogenannte Colour-Index-
6 Kapitel 1 · Geschichtliche Entwicklung und heutige Gesetzgebung

Nummer erhalten haben, ähnlich den E-Nummern ler die Verwendungsdauer nach dem Öffnen ange-
1 bei Lebensmitteln. Dieser Anlage sind zusätzlich geben werden, verdeutlicht durch das Symbol in
Höchstmengen- oder Verwendungsbeschränkungen Anlage 8a (. Abb. 1.2) in Monaten (abgekürzt: M),
zu entnehmen. Jahren (abgekürzt: J) oder Monaten und Jahren.
Nach § 3a sind Substanzen, die überwiegend die Die oben genannten Angaben müssen unver-
Entwicklung von Mikroorganismen in einem Pro- wischbar, deutlich sichtbar, leicht lesbar und in deut-
dukt hemmen sollen, Konservierungsstoffe. Nur die scher Sprache erfolgen.
etwa 57 Stoffe und ihre Salze gemäß Anlage 6 dür-
fen lediglich bis zu den angegebenen Höchstkonzen- Volldeklaration der Inhaltsstoffe
trationen und den aufgelegten Einschränkungen Weiterhin kommt die Liste der Bestandteile (§ 5, Ab-
verwendet werden (§ 3a, Abs. 5). Zu bedenken ist, satz 1 Nr. 4), wie in § 5a festgelegt, hinzu, diese muss
dass viele Stoffe, die nicht in Anlage 6 genannt wer- als Einziges nicht in deutscher Sprache sein. Die
den, ebenfalls antimikrobielle Wirkungen zeigen Kennzeichnung (fast) aller Inhaltsstoffe führt zu ei-
(7 Kap. 3.1). ner größeren Transparenz und Anwendersicherheit,
Nach § 3b, Anlage 7 sind 28 UV-Filtersubstan- vor allem bei bestehenden Allergien oder Unver-
zen bis zu bestimmten Höchstkonzentrationen zu- träglichkeiten.
lässig (7 Kap. 8), welche die Haut oder auch Stoffe Für die Deklaration der Bestandteile auf Kos-
vor den schädlichen Einwirkungen der UV-Strahlen metikverpackungen bzw. Abgabegefäßen gelten
schützen. nach § 5a folgende Regeln:
Die Art der Kennzeichnung von Kosmetika hat 4 Kenntlichmachen der Inhaltsstoffliste durch
sich seit 1997 grundlegend geändert und gilt für Voranstellen der Begriffe »Bestandteile« oder
alle Kosmetika seit Juni 1998. Zu den üblichen Warn- »Ingredients«.
hinweisen, den Angaben über den Hersteller und den 4 Verwendung der INCI-Bezeichnungen für die
Verwendungszweck müssen genaue Angaben zur Inhaltsstoffe.
Haltbarkeit und den Inhaltsstoffen gemacht werden. 4 Auflistung der Bestandteile nach abnehmendem
Gewichtsanteil. Bei einem Massenanteil unter
Mindesthaltbarkeit 1 % können diese ungeordnet am Ende folgen.
Es ist ein »unverschlüsseltes« Mindesthaltbarkeits- 4 Bei Farbstoffen reicht die Colour-Index-Num-
datum (Monat, Jahr oder Tag, Monat, Jahr) mit den mer, Abk. CI.
Worten »mindestens haltbar bis …« anzugeben, 4 Riech- oder Aromastoffe benötigen nur die An-
wenn die Zubereitung eine Mindesthaltbarkeit von gabe »Parfum«, »Parfüm« oder »Aroma«, mit
30 Monaten oder weniger aufweist (§ 5 KVO). Ist Ausnahme der in Anlage 2 Teil A Nr. 67–92 an-
diese Mindesthaltbarkeitsdauer nur mit bestimmten gegebenen Substanzen (7 Übersicht 1.3). Über-
Aufbewahrungsbedingungen verbunden, müssen steigen diese in Kosmetika eine Konzentration
diese angegeben werden. von 0,001 % und bei Mitteln, die ausgespült wer-
Ist die Mindesthaltbarkeitsdauer bei einem Kos- den, eine Konzentration von 0,01 % müssen sie
metikum länger als 30 Monate, so muss vom Herstel- namentlich deklariert werden (7 Kap. 3.5.2).

. Abb. 1.1. Hinweissymbol auf bestimmte Angaben bei . Abb. 1.2. Hinweissymbol der Verwendungsdauer nach
Kosmetika nach KVO § 4 Abs. 2 und § 5 Abs. 1, Anlage 8 dem Öffnen nach KVO § 5 Abs. 2a, Anlage 8a
1.3 · Naturkosmetik
7 1

Übersicht 1.3. Deklarationspflichtige Duftstoffe nach KVO § 5a, Anlage 2 Teil A

Amylcinnamal Cinnamylalkohol Geraniol


Amylcinnamylalkohol Hexyl-cinnamaldehyd Farnesol
Anisylalkohol Citral Linalool
Benzylalkohol Citronellol d-Limonen
Benzylbenzoat Hydroxycitronellal Methylheptincarbonat
Benzylcinnamat Cumarin Eichenmoosextrakt
Benzylsalicylat Eugenol Baummoosextrakt
Cinnamal Isoeugenol
3-Methyl-4-(2,6,6-trimethyl-2- Hydroxymethyl-pentyl-cyclo- 2-(4-tert.-Butylbenzyl)-
cyclohexen-1-yl)-3-buten-2-on hexen-carboxaldehyd Propionaldehyd

4 Auf Antrag ist die Angabe einer Registriernum- »Bio« bedeutete. Auch bestanden über die vermeint-
mer für eine Substanz zum Schutz des Firmen- liche Bio-Qualität oft kontroverse Vorstellungen bei
geheimnisses möglich. Herstellern und Verbrauchern. Letztere konnten nur
4 Trägerstoffe für Riech- oder Aromastoffe müssen blind den Angaben vertrauen, sie nachzuprüfen war
nicht genannt werden, wenn diese in bestimm- unmöglich, und eine Absicherung durch gesetzliche
ten Mengen technologisch erforderlich sind. Verordnungen existierte noch nicht.
4 Existiert für eine Substanz keine INCI-Bezeich- Heute ist vor allem der Anbau und der Handel
nung, kann die Ph.Eur.-Bezeichnung, der INN- mit Nahrungsmitteln strengen Gesetzen und Kon-
Name, die chemische oder eine andere, eindeu- trollen unterworfen, was für die Naturkosmetik
tige Bezeichnung für den Bestandteil verwendet noch nicht zutrifft.
werden.

Diese sehr umfangreichen Angaben können auch 1.3.1 Was ist Naturkosmetik?
auf einer Packungsbeilage, einem Etikett, Papierstrei-
fen oder Kärtchen aufgeführt werden, dazu sollte ein Unter Naturkosmetik stellt sich ein Kunde in der Re-
Hinweis auf der Verpackung oder folgendes Symbol gel etwas anderes vor als ein Wissenschaftler oder
abgedruckt sein (. Abb. 1.1). Hersteller. Der Laie denkt bei »Natur« meist nur an
pflanzliche Rohstoffe und verbindet diese oft noch
mit dem Homöopathie-Begriff. Auch tierische und
1.3 Naturkosmetik mineralische Substanzen sind natürlich vorkom-
mende Stoffklassen. Konservierungsstoffe, Farb-
In den letzten Jahrzehnten hat das Umweltbewusst- stoffe, Emulgatoren und Tenside sind, weil Hinter-
sein der Bevölkerung immer mehr zugenommen, grundwissen über ihren Nutzen oder ihren even-
was zu einer verstärkten Forderung nach natürlichen tuellen natürlichen Ursprung fehlt, verpönt. Dafür
Produkten im täglichen Leben führte, die gesünder, steigert die Verwendung von »Kräuterextrakten«
risikoärmer und umweltverträglicher sind. ganz erheblich die Akzeptanz beim Kunden. Bei den
Einige Hersteller nutzten zu Anfang der »Biobe- meisten Verbrauchern suggeriert der Begriff »Na-
wegung« diese Umorientierung im Kaufverhalten tur«, dass keine Gesundheitsrisiken auftreten und
der Kunden aus, um mit Schlagwörtern wie: »rein keine Allergien ausgelöst werden. Doch die Tier-
biologisch«, »natürlich«, »biologisch aktiv«, »biody- und Pflanzenwelt entwickelt auch pharmakologisch
namisch«, »naturrein« oder »Bio« zu werben. Es lag hochwirksame bis toxische Inhaltsstoffe, und so
zu dieser Zeit im Ermessen der Hersteller, was für sie stammen viele Allergene aus der Natur. Man denke
8 Kapitel 1 · Geschichtliche Entwicklung und heutige Gesetzgebung

nur an die weit verbreiteten Pollenallergien (Heu- kennbar, wann sie veröffentlicht und rechtskräftig
1 schnupfen). Beim Einsatz von Naturstoffen muss wird.
außerdem auf eine ausreichende Konservierung ge- Auf Drängen der Verbraucher, der Wissenschaft,
achtet werden, denn sie bieten für viele Mikroorga- des Handels, der Industrie und der Gerichte wurde
nismen einen natürlichen Nährboden. Viele galeni- erstmals 1993 vom Bundesministerium für Gesund-
sche Formulierungen wären bei Anwendung der heit, und zwar zusätzlich zu den schon geltenden
idealisierten Vorstellungen der Verbraucher nicht Gesetzen für Kosmetika und im Einklang mit §27
möglich, wie Emulsionen, Cremes, Reinigungs- oder LMBG (7 Kap. 1.2.1) eine Definition der Naturkos-
Sonnenschutzpräparate. metik herausgegeben, um Missverständnisse und
Mittlerweile werden noch weitere Aspekte in Irreführungen zu vermeiden. Diese wurde späteren
Anbau und Handel mit Naturwaren berücksichtigt, Richtlinien als Mindestanforderung zugrunde ge-
z. B.: legt.
4 keine gentechnologisch veränderten Rohstoffe
einsetzen, »Kontrollierte Naturkosmetik«
4 keine Tierversuche, Im Jahre 1999 entwickelte die Arbeitsgruppe »Na-
4 keine radioaktive Bearbeitung der Rohstoffe, turkosmetik« des Bundesverbandes deutscher In-
4 so sparsam wie möglich mit Verpackungsmate- dustrie- und Handelsunternehmen (BDIH) in An-
rial umgehen, das auch recyclingfähig sein soll, lehnung an die Definition des BMG von 1993 eine
4 »fairer Handel« mit sogenannten Dritte-Welt- wesentlich differenziertere Richtlinie und vergibt
Ländern. nach Zertifizierung der Produkte nun ein Gütesiegel
(. Abb. 1.3) mit dem Namen: »kontrollierte Natur-
Es musste ein für alle Seiten (Anwender, Biobauern, kosmetik« (7 Übersicht 1.4).
Hersteller, Wissenschaftler, Galeniker) vertretbarer
und technologisch durchführbarer Kompromiss ge-
funden werden, der die Gesundheit des Anwenders Übersicht 1.4. Auswahl von Naturkosmetik-
nicht gefährdet, das ökologische Gleichgewicht nicht Herstellern z.T. BDIH-zertifiziert
stört und eine große Palette unterschiedlicher Pro-
duktformulierungen erlaubt. Weleda
Dr. Hauschka von Wala
Lavera Naturkosmetik
1.3.2 Regelwerke und Pharmos Natur
Bewertungskriterien Primavera
Töpfer Allgäu
Für viele Produktgruppen und auch für die Ver- Schupp Freudenstadt
wendung qualitätsorientierter Begriffe im Sektor Speikwerk Walter Rau
der Naturwaren, gibt es heute gesetzliche Bestim- Sensena (noch nicht zertifiziert)
mungen, die den Verbraucher unter Umständen
vor einer irreführenden Werbung schützen und
einen fairen Wettbewerb auf einem hohen Niveau
ermöglichen sollen. Viele Vereine oder Verbände
vergeben zusätzlich geschützte oder zertifizierte
Gütesiegel für Bio- und Naturwaren, die in fest-
gelegten Zeiträumen überprüft werden. Die Prüf-
kriterien dieser Organisationen sind oft stren-
ger und umfangreicher als die gesetzlichen Vor-
gaben, obwohl es für die Naturkosmetik bis jetzt
noch keine gesetzliche Regelung gibt, auch wenn
an einer gearbeitet wird. Zurzeit ist nicht er- . Abb. 1.3. BDIH-Label-kontrollierte Naturkosmetik
1.3 · Naturkosmetik
9 1

Die Richtlinie des BDIH beschreibt Standards Verfügbarkeit oder aus kontrolliert-biologischer
für Naturkosmetik, die sich auf die Gewinnung und Wildsammlung sein.
auch Erzeugung der Kosmetikrohstoffe sowie auf 2. Weder bei der Herstellung noch bei der Entwick-
deren Verarbeitung und Verkauf beziehen. Bei der lung oder Prüfung der Endprodukte werden
Gewinnung der Rohstoffe soll die Natur nur wenig Tierversuche durchgeführt oder in Auftrag ge-
gestört werden, und zwar unter besonderer Berück- geben.
sichtigung des Tier- und Artenschutzes. Genmani- 3. Rohstoffe, die vor dem 1.1.1998 noch nicht auf
pulation bei Tieren und Pflanzen wird abgelehnt. dem Markt vorhanden waren, dürfen nur dann
Die Umwandlung der Rohstoffe zu Kosmetika soll verwendet werden, wenn sie nicht im Tierver-
schonend und mit wenigen chemischen Prozessen such getestet worden sind. Außer Betracht
erfolgen. Verpackungen sollen sparsam und um- bleiben hierbei Tierversuche, die durch Dritte
weltverträglich sein. Die eingesetzten Substanzen durchgeführt wurden, die weder im Auftrag
stammen zum Großteil aus dem Pflanzenreich, mit noch auf Veranlassung des Naturkosmetik-Her-
einigen Ergänzungen mineralischen und tierischen stellers gehandelt haben, noch mit diesem ge-
Ursprungs (7 Übersicht 1.5). Dazu kommt eine eng sellschaftsrechtlich oder vertraglich verbunden
begrenzte Auswahl synthetisch hergestellter Stoffe, sind.
auf die wegen heutiger Verbrauchererwartungen 4. Tierische Rohstoffe müssen von lebenden Tie-
und der galenischen Bedingungen nicht völlig ver- ren gewonnen werden, z. B. Bienenwachs, Woll-
zichtet werden kann, die mit reinen Naturerzeugnis- wachs (aus der Wolle des Schafs). Der Einsatz
sen nicht erfüllbar wären. von Rohstoffen toter Wirbeltiere ist nicht ge-
stattet, wie z. B. Walrat, Schildkrötenöl, Nerzöl,
Murmeltierfett, tierische Fette, tierisches Kolla-
Übersicht 1.5. Beispiele für Stoffe in der gen, Frischzellen.
Naturkosmetik 5. Der Einsatz anorganischer Salze (z. B. Magne-
siumsulfat) und mineralischer Rohstoffe (z. B.
tierisch: Natriumchlorid) ist grundsätzlich gestattet.
Bienenwachs 6. Für die Herstellung von Naturkosmetika können
Propolis Bestandteile verwendet werden, die durch Hy-
Wollwachs drolyse, Hydrierung, Veresterung, Umesterung
mineralisch: oder sonstige Spaltungen und Kondensationen
Zinkoxid aus folgenden Naturstoffen gewonnen werden:
Titandioxid 5 Fette, Öle, Wachse,
Talkum 5 Lecithine,
Eisenoxide (Farbe) 5 Lanolin (Wollwachs),
Malachit 5 Mono-, Oligo- und Polysaccharide,
pflanzlich: 5 Proteine und Lipoproteine.
Vitamine Den konkreten Rohstoffeinsatz regelt die ak-
Wachse tuelle Positivliste für die Entwicklung und
ätherische Öle Herstellung von »kontrollierter Natur-Kosme-
Pflanzenextrakte tik«.
Fette Öle 7. Bewusster Verzicht auf:
5 synthetische organische Farbstoffe,
5 synthetische Duftstoffe,
BDIH-Kriterien 5 ethoxylierte Rohstoffe,
Die Kriterien des BDIH sind: 5 Silikone,
1. Der Einsatz pflanzlicher Rohstoffe soll soweit 5 Paraffine und andere Erdölprodukte.
wie möglich aus kontrolliert biologischem Anbau Zulassungskriterium für natürliche Riechstoffe
(kbA), unter Berücksichtigung von Qualität und ist die ISO-Norm 9235.
10 Kapitel 1 · Geschichtliche Entwicklung und heutige Gesetzgebung

8. Zur mikrobiologischen Sicherheit der Produkte Weitere Standards und Gütesiegel


1 werden, neben natürlichen Konservierungssys- In Nürnberg findet jedes Jahr die Fachmesse
temen nur einige naturidentische Konservie- BIOFACH für Naturwaren statt. Im Jahre 2007 wur-
rungsmittel zugelassen (7 Übersicht 1.6): de der Bereich Naturkosmetik und Wellness we-
5 Benzoesäure (INCI: Benzoic Acid), ihre Salze gen der steigenden Nachfrage und Vergrößerung
und Ester dieses Handelssektors als eigenständige Fachmesse
5 Salicylsäure (INCI: Salicylic Acid) und ihre VIVANESS ausgegliedert. Um zu dieser Messe als
Salze Aussteller zugelassen zu werden, müssen verschie-
5 Sorbinsäure (INCI: Sorbic Acid) und ihre dene Kriterien erfüllt werden, die von den Verant-
Salze wortlichen 1997 festgelegt wurden und die in gro-
5 Benzylalkohol (INCI: Benzyl Alcohol) ßen Teilen der »Kontrollierten Naturkosmetik« des
Beim Einsatz dieser Konservierungsstoffe ist der BDIH entsprechen. Die Zulassung zu dieser Messe
Zusatz: »konserviert mit …« erforderlich! kann fast mit einem Gütesiegel für Naturkosmetik
gleichgesetzt werden.
Ein vom Tierschutzbund e.V. streng kontrol-
Übersicht 1.6. Naturidentische Konservierungs- liertes Markenzeichen ist eine schützende Hand über
stoffe in der Naturkosmetik einem Kaninchen, welches darauf hinweist: »ohne
Tierversuche« hergestellt.
Benzoesäure, ihre Salze und Ester Die Bezeichnung »kbA« dürfen nur Rohstoffe
Benzylalkohol oder Produkte aus kontrolliert biologischem Anbau
Salicylsäure und ihre Salze tragen. In England gibt es eine besondere Kenzeich-
Sorbinsäure und ihre Salze nung für vegane Produkte (absolut ohne tierische
Bestandteile).
Wie schon anhand dieser kleinen Auswahl zu
9. Eine Entkeimung von organischen Rohstoffen sehen ist, gibt es viele unterschiedliche Kennzeich-
und kosmetischen Endprodukten durch radio- nungen, die solange keine einheitliche gesetzliche
aktive Bestrahlung ist nicht gestattet. Grundlage vorhanden ist, für den Anwender sehr
10. Die Überprüfung der oben aufgeführten Kri- verwirrend sein können. Hinzu kommen noch ver-
terien wird durch ein unabhängiges Prüfinsti- schiedene Verbraucher- und Test-Zeitschriften, die
tut gewährleistet. Die Einhaltung der Kriterien immer wieder Kosmetika testen. Hier sollten vor
wird durch das verbandseigene Prüfzeichen allem die Testkriterien besonders kritisch unter die
(. Abb. 1.3) dokumentiert. Lupe genommen werden, da sie nicht immer etwas
11. Weitere Zielsetzungen sind: über die tatsächliche Qualität und Wirksamkeit der
5 Transparenz bei der Herstellung mit durch- untersuchten Produkte aussagen.
schaubaren und umweltschonenden Ver- Die in diesem Kapitel genannten Siegel und
fahren, Standards sind jedoch streng kontrolliert und regle-
5 vollständige Verbraucheraufklärung, mentiert, so dass der Verbraucher sich in diesen
5 Unterstützung des biologischen Anbaus und Fällen darauf verlassen kann, wirklich Naturkosme-
Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen, tik zu kaufen!
5 aktiver Einsatz gegen die Gentechnik,
5 sparsame, umweltverträgliche und recycling-
fähige Verpackungen mit optimaler Abbau-
barkeit der Rohstoffe und Fertigprodukte,
5 Bezug der Rohstoffe verstärkt aus Fair-
Trade- oder Dritte-Welt-Projekten.
2

2 Die Haut und ihre


Anhangsgebilde:
Drüsen, Haare, Nägel
2.1 Die Haut – 13
2.1.1 Epidermis, Oberhaut – 13
2.1.2 Corium, Lederhaut – 16
2.1.3 Subkutis, Unterhautfettgewebe – 17

2.2 Die Drüsen der Haut – 17


2.2.1 Talgdrüsen – 18
2.2.2 Duftdrüsen oder apokrine Drüsen – 18
2.2.3 Ekkrine Schweißdrüsen – 18

2.3 Die Haare – 18


2.3.1 Haartypen – 18
2.3.2 Aufbau des Haares und des Haarfollikels – 19
2.3.3 Wachstumsstadien der Haare – 21

2.4 Die Nägel – 22


2.4.1 Aufbau des Nagels – 22
2.4.2 Wachstum des Nagels – 22

2.5 Biochemische Grundsubstanzen der Haut


und der Anhangsgebilde – 22
2.5.1 Talg – 22
2.5.2 Schweiß – 23
2.5.3 Hydrolipidfilm – 23
2.5.4 NMF (Natural Moisturizing Factors, natürliche Feuchthaltefaktoren) – 24
2.5.5 Melanin – 24
2.5.6 Keratin – 24
2.5.7 Hyaluronsäure – 25
2.5.8 Kollagen, Elastin – 25
2.6 Funktionen der Haut – 25
2.6.1 Schutz- und Barrierefunktion – 25
2.6.2 Stoffwechselfunktion – 26
2.6.3 Immunabwehr – 27
2.6.4 Sinnesorgan – 27
2.6.5 Psycho-soziale Funktion – 27

2.7 Hautzustand und Hautveränderungen – 28


2.7.1 Verändernde Einflüsse des Hautzustands – 28
2.7.2 Die verschiedenen Hautareale – 29
2.7.3 Normale Haut – 30
2.7.4 Mischhaut – 30
2.7.5 Fettige Haut, fett-feuchter Zustand – 30
2.7.6 Trockene Haut, fettarmer-trockener Zustand, Sebostase – 33
2.7.7 Altershaut oder reife Haut und Faltenbildung – 33
2.7.8 Empfindliche Haut, sensible Haut, Problemhaut – 34
2.7.9 Neurodermitis, atopisches Ekzem – 34
2.7.10 Psoriasis, Schuppenflechte – 36
2.7.11 Baby- und Kinderhaut – 38
2.1 · Die Haut
13 2
2.1 Die Haut 4 Keimschicht, Stratum basale,
4 Stachelzellschicht, Stratum spinosum,
Die Haut ist das größte Organ unseres Körpers mit 4 Körnerschicht, Stratum granulosum,
einer Oberfläche von etwa 1,5–2,0 m2, abhängig von 4 Glanzschicht, Stratum lucidum,
Größe und Umfang des Menschen. Die Masse der 4 Hornschicht, Stratum corneum.
Haut (Cutis), beträgt etwa 3–4 kg und ihre Dicke
liegt je nach Körperregion zwischen 0,3–5 mm. An Das Epidermisparenchym besteht hauptsächlich aus
die Cutis schließt sich das Unterhautfettgewebe an, den Keratinozyten. Sie werden im Stratum basale
das zur Fettspeicherung befähigt ist, wodurch es in gebildet und verändern sich in ihrer Funktion, ihrem
seiner Masse, je nach Ernährung, Geschlecht und Aussehen und ihrem Zellinhalt auf dem Weg bis zur
Typisierung (Physiognomie) der einzelnen Person, Oberfläche (. Abb. 2.2). Hier werden sie abgestoßen.
sehr variabel ist. In jeder Entwicklungsstufe bzw. Epidermisschicht
Die Haut hat einen schichtartigen Aufbau mit erhalten die Keratinozyten einen speziellen Namen:
drei funktionell voneinander getrennten Bereichen: 4 Basalzelle im Stratum basale,
4 die Epidermis, die Oberhaut, 4 Stachelzelle im Stratum spinosum,
4 das Corium, die Dermis oder Lederhaut und 4 Körnerzelle im Stratum granulosum,
4 die Subcutis, das Unterhautfettgewebe. 4 Hornzelle oder Korneozyt im Stratum corne-
um und lucidum.
Die Epidermis und das Corium werden zusammen
als Cutis bezeichnet. In die Epidermis sind vereinzelt weitere Zellgruppen
In diese Hautschichten eingebettet sind die mit besonderen Funktionen eingebettet:
Hautanhangsgebilde: die Haare, die Talg-, Schweiß- 4 Melanozyten, Pigmentierung,
und Duftdrüsen (. Abb. 2.1). 4 Langerhans-Zellen, Körperabwehr,
4 Merkel-Zellen, vermutlich Mechanorezeptoren.

2.1.1 Epidermis, Oberhaut Stratum basale, Keimschicht


Die Keimschicht grenzt an das Corium und ist von
Die Epidermis bildet die Oberfläche unseres Kör- ihr durch die Basalmembran abgetrennt. Im Stra-
pers. Sie ist gefäßlos und wird nur durch Diffusion tum basale sind hauptsächlich Basalzellen zu fin-
aus der darunterliegenden Lederhaut mit Nähr- den, durchsetzt mit 5–10 % Melanozyten und Mer-
stoffen versorgt. Durch kegelförmige Papillen, kelzellen.
Haarbälge und Drüsen ist sie mit dem Corium ver- Die Basalzelle ist die Keimzelle der Epidermis
zahnt. (. Abb. 2.2). Sie teilt sich alle 200–400 Stunden und
Die Dicke der Epidermis liegt zwischen 0,04 mm liefert dadurch neue Zellen, für die an der Ober-
an den Augenlidern bis zu 1 mm an den Fußsohlen. fläche abgestoßenen Zellen nach. Dabei wandert
Sie weist an behaarten Stellen ein rhombisches immer eine Tochterzelle in Richtung Hornschicht,
Muster auf (Felderhaut), an unbehaarten Stellen Li- die andere verbleibt in der Keimschicht und teilt sich
nien (Leistenhaut) mit unterschiedlichen, genetisch erneut.
festgelegten Mustern (vgl. Fingerabdrücke). Die Melanozyten sind in die Keimschicht einge-
Die Epidermis wächst kontinuierlich von einer bettet. In ihnen wird der braune Hautfarbstoff, das
Keimzellschicht aus Richtung Oberfläche. Auf die- Melanin von besonderen Zellorganellen, den Mela-
sem Weg verhornt sie und wird letztendlich oben nosomen synthetisiert. Die Melanosomen und das
abgestoßen. Die Wachstumsdauer beträgt etwa 14 Melanin werden auch an benachbarte Keratinozyten
Tage und bis sie abgeschilfert ist, dauert es weitere weitergegeben, wodurch trotz einer geringen Anzahl
14 Tage. von Melanozyten die Haut eine gleichmäßige Farbe
Histologisch wird die Epidermis in fünf Schich- erhält. Die Menge des produzierten Melanins und
ten unterteilt. Dies sind in Wuchsrichtung von innen somit auch die Farbe der Haut sind genetisch fest-
nach außen die: gelegt (7 Kap. 8.4).
14 Kapitel 2 · Die Haut und ihre Anhangsgebilde: Drüsen, Haare, Nägel

. Abb. 2.1. Querschnitt der Haut bis zur Subkutis mit Haar, Schweißdrüse, Talgdrüse

Die Merkelzellen sind Mechanorezeptoren, sie Stratum granulosum, Körnerschicht


nehmen Druckreize auf und leiten sie an das Gehirn Die Körnerzellen sind abgeplattet, spindelförmig
weiter. und leicht verhornt (. Abb. 2.2). Sie verlieren nach
und nach in dieser Entwicklungsstufe ihren Zell-
Stratum spinosum, Stachelzellschicht kern. Die Zellen enthalten kleine Körnchen, die
Die Stachelzellschicht besteht aus den Tochterzellen vermutlich Eleidin synthetisieren. Es ist eine
der Basalzellen. Man nennt sie Stachelzellen, da ölige Substanz, die auch als Keratohyalin bezeich-
die Zellen nur durch kleine »Stacheln«, sogenannte net wird. Sie durchtränkt die Körnerschicht und
Desmosomen, in Verbindung stehen (. Abb. 2.2). die folgende Hornschicht und hält sie dadurch
In den Spalträumen zwischen den Zellen zirku- geschmeidig. Aus dem Keratohyalin entsteht spä-
liert Lymphflüssigkeit. Durch ihren besonderen ter auf ungeklärtem Wege in der Hornschicht
Aufbau können die Stachelzellen Druck und Keratin.
Zug abfangen und verleihen der Epidermis Stabi- Die Dicke der Körnerschicht passt sich je-
lität. weils der Dicke der Hornhaut, bzw. der mechani-
In dieser Schicht sind die Langerhans-Zellen schen Belastung des jeweiligen Körperbereichs an
eingebettet, die der Immunabwehr dienen. (7 S. 15).
2.1 · Die Haut
15 2

. Abb. 2.2. Detaillierte Abbildung der Epidermisschichten/Zellen

Stratum lucidum, Glanzschicht Die Dicke des Stratum corneum liegt zwischen
Die Zellen der Glanzschicht sind platt und sie ent- 0,01 mm und 0,5 mm und ist abhängig von der
halten keinen Kern mehr. Es ist eine elastische Intensität der mechanischen Beanspruchung.
Schicht, auf der die Hornhaut tangential verschieb- Die Hornzellen enthalten Keratin statt Zyto-
bar ist und sie somit vor den Folgen plötzlicher Stöße plasma; zusätzlich sind die Zellen von einem Kera-
schützt. Diese Hautschicht wird nur an Stellen gro- tinmantel umgeben (7 Übersicht 2.1). Im Interzellu-
ßer mechanischer Beanspruchung aufgebaut wie an larraum verbindet ein spezieller »Lipidkitt« (Horn-
den Füßen oder Händen. zellkitt) die Zellen miteinander. Dieser besteht zu
30 % aus Ceramiden, zu 30 % aus freien Fettsäuren
Stratum corneum, Hornschicht und zu 40 % aus Cholesterol und seinen Deriva-
Die Hornschicht besteht aus kernlosen, zusam- ten. Vermutlich bilden die interzellulären Lipide
mengepressten, toten Korneozyten und Zellresten Bilayer aus, die es lipophilen Wirkstoffen ermög-
(Schuppen). Sie ist die oberste Barriere gegen von lichen, in und durch das Stratum corneum einzu-
außen kommende chemische und mechanische Ein- dringen. Die Lipidschicht verhindert dagegen den
flüsse und verhindert gleichzeitig ein Entweichen Durchtritt hydrophiler Substanzen in den Körper
von Wasser und Substanzen von innen nach außen. und auch eine übermäßige Wasserverdunstung
16 Kapitel 2 · Die Haut und ihre Anhangsgebilde: Drüsen, Haare, Nägel

sind diese beiden Schichten fest verzahnt. Das Co-


Übersicht 2.1. Bestandteile der Hornschicht rium ist ein gut durchblutetes Bindegewebe, welches
durch Diffusion die Versorgung der gefäßlosen Epi-
2 Keratin dermis gewährleistet und Stoffwechselprodukte da-
Proteine raus abführt. Es ist durchsetzt mit sensorischen und
Aminosäuren vegetativen Nerven. Die Zellen, die am häufigsten
NMF in der Lederhaut zu finden sind:
Wasser 4 Fibroblasten,
Ceramide 4 Histiozyten,
Sterole 4 Mastzellen.
Cholesterolderivate
Fibroblasten
Die Fibroblasten sind spindelförmige Zellen, die
(transepidermaler Wasserverlust = TEWL) von innen netzartig im Corium miteinander verbunden sind.
nach außen. Der übliche Wassergehalt der Horn- Sie synthetisieren das Prokollagen, welches aus der
schicht beträgt durch die große Wasseraufnahmefä- Zelle freigesetzt wird und im Extrazellulärraum zu
higkeit des Keratins etwa 20 %. Sinkt er auf 10 % ab, Kollagenfasern aggregiert. Im Bindegewebe der Le-
trocknet die Hornschicht aus. Die Haut wirkt stumpf derhaut finden sich außer den Kollagenfasern noch
und trocken. Retikulin- und Elastinfasern, die ebenfalls in den
In neueren Forschungen wurde die außerordent- Fibroblasten gebildet werden.
liche mechanische Stabilität der Hornschicht näher Das Kollagen in den Kollagenfasern besteht aus
untersucht, die mit dem alten »Ziegel-Mörtel-Mo- drei zu einer Tripelhelix verdrehten Polypeptidket-
dell« (nach Peter Elias) nicht erklärbar war. Es stellte ten, welche dann zu mehreren eine Kollagenfaser
sich heraus, dass die Korneozyten hakenähnliche bilden. Diese Fasern sind steif, wenig dehnbar und
Strukturen besitzen, die zu einer regelrechten Ver- besitzen Stützfunktion.
zahnung der Zellen führen. Durch Korneodesmoso- Die Retikulinfasern sind sehr feine Kollagenfa-
men (ca. 400–600 St./Zelle) wird die Stabilität zu- sern, welche bei der Wundheilung, in der embryo-
sätzlich erhöht; dies sind Verbindungsstellen von nalen Haut und an den Hautanhangsgebilden syn-
Zelle zu Zelle, die die Hornzellen untereinander thetisiert werden.
»vernieten«. Es wird vermutet, dass es für einige Die Elastinfasern sind mit 2–4 % in der Leder-
hydrophile Stoffe (z. B. Harnstoff) möglich ist, über haut enthalten und bilden ein elastisches Netz in der
die Desmosomen in die Hornschicht zu gelangen. Haut. Ab dem 30. Lebensjahr wird die Synthese
Durch die mechanischen und chemischen Be- verringert, was die Ursache für die später schlaffe
sonderheiten schützt uns die Hornschicht sehr effek- Altershaut ist.
tiv gegen irritierende Einflüsse von außen. Anderer- Die Zellen und Fasern des Coriums sind in
seits wird aber durch diese besonderen Fähigkeiten eine Grundsubstanz eingebettet, auch extrazelluläre
ein Eindringen von Wirkstoffen, gerade im kosmeti- Matrix genannt. Sie besteht aus Proteoglykan-
schen Bereich, weitestgehend verhindert. Dies sollte Hyaluronat-Komplexen, die ein hohes Wasserbin-
in Bezug auf die Wirksamkeit von Kosmetika im dungsvermögen aufweisen, und so zum Großteil für
Auge behalten werden, denn die wenigsten Stoffe ge- den Hautturgor (Gewebeinnendruck) verantwort-
langen überhaupt in die Hornschicht, geschweige lich sind.
denn in tiefere Epidermisbereiche oder das Corium!
Histiozyten
Es sind wandernde Bindegewebszellen. Sie können im
2.1.2 Corium, Lederhaut Gewebe wandern, sie können Stoffe phagozytieren
(Immunabwehr) oder dienen auch als Speicher-
Die Lederhaut schließt sich an die Basalmembran zellen. Je nach Funktion haben sie unterschiedliche
der Epidermis an. Durch fingerförmige Fortsätze histologische Bezeichnungen: Makrophagen, Mela-
2.2 · Die Drüsen der Haut
17 2

nophore, Chromatophore oder Schaumzellen. Sie befähigt und wird deshalb auch als Fettgewebe be-
sind in ihrem Aussehen den Fibroblasten sehr ähn- zeichnet. Die Dicke der Subcutis ist je nach Ernäh-
lich. rungszustand stark variabel, bei Unterernährung
verschwindet sie fast gänzlich und bei Überernäh-
Mastzellen rung kann sie enorme Ausmaße annehmen. An der
Die Mastzellen gehören zur Gruppe der Leukozyten Nase, den Augenlidern und den Ohrmuscheln fehlt
(weiße Blutkörperchen). Diese sind rund und ent- sie. Diese Fettschicht ist beim Normalgewichtigen
halten viele Granula. In Letzteren speichern sie ein mechanischer Schutz gegen Stöße und eine
Gewebshormone und andere Substanzen wie His- Barriere gegen zu starke Auskühlung. Das Unter-
tamin, Serotonin und Heparin. Sie sind die Effek- hautfettgewebe trägt zusammen mit den Muskeln
torzellen der allergischen Sofortreaktion, und ihre stark zur Ausprägung der äußeren Physiognomie
Gewebshormone sind an Entzündungsreaktionen eines Menschen bei.
beteiligt.

2.2 Die Drüsen der Haut


2.1.3 Subkutis, Unterhautfettgewebe
In der Haut finden wir drei Arten von Drüsen:
Das Corium geht fließend in die Subcutis über. Die 4 Talgdrüsen,
Subcutis ist lockeres, dehnbares Bindegewebe, 4 Duftdrüsen,
durchsetzt mit Fettzellen. Sie ist zur Fettspeicherung 4 Schweißdrüsen.

. Tabelle 2.1. Aufbau der Haut in der Übersicht (von oben nach unten)

Hautschicht (lat.) Hautschicht (dt.) Dicke Zellarten Funktionen


Epidermis Oberhaut

Str. corneum Hornschicht 0,02 – 0,5 mm Hornzelle Barrierefunktion


Schuppen

Str. lucidum Glanzschicht 1–4 Zellreihen Hornzelle Ausgleich von


Scherkräften

Str. granulosum Körnerschicht 1–2 Zellreihen Körnerzelle Synthese von Eleidin

Str. spinosum Stachelzellschicht 4–8 Zellreihen Stachelzelle Stabilität


Langerhans-Zellen Immunabwehr

Str. basale Keimschicht 1 Zellreihe Basalzelle Bildung der


Keratinozyten

Melanozyt Lichtschutz

Merkelzelle Tastsinn

Corium Lederhaut – Fibroblasten Elastizität

Histiozyten Immunabwehr

Mastzellen Immunabwehr
Ernährung der Epidermis

Subcutis Unterhautfettgewebe – Bindegewebs-


zellen

Fettzellen Energiespeicher
Wärmeisolation
Druckpolster
18 Kapitel 2 · Die Haut und ihre Anhangsgebilde: Drüsen, Haare, Nägel

2.2.1 Talgdrüsen Corium eingebettet sind. Am Grund sind sie wie ein
Knäuel geformt und münden über einen senkrech-
Die Talgdrüsen sind in der Regel funktionell mit ten, spiralig geformten Ausführungsgang in die
2 einem Haar verbunden. Ihr Ausführungsgang mün- Hautoberfläche (. Abb. 2.1).
det in einen Haarfollikelkanal (. Abb. 2.1). An un- Sie produzieren eine wässrige Salzlösung, die
behaarten Stellen sind kaum Talgdrüsen zu finden, durch die Verdunstungskälte auf der Hautoberfläche
nur an der Lippen- und Mundschleimhaut, dem die Körpertemperatur reguliert. Die Schweißpro-
Augenlid und im Genitalbereich sitzen freie Talg- duktion kann auch unabhängig von einer Thermo-
drüsen ohne Verbindung zu einem Haarfollikel. regulation durch vegetative, emotionale Reize ange-
Der Talg (Sebum) entsteht aus aufgelösten Zellen regt werden, welches in vielen Fällen unangenehm
im Inneren der Talgdrüse. Es ist ein dünnflüssiges für den Betroffenen ist, z. B. schweißnasse Hände
Gemisch aus Squalen, Triglyceriden und Wachsen, durch Aufregung, Angst.
teilweise verestert mit verzweigten Fettsäuren. Es
dient der Fettung der Haut und der Haare, um diese
vor Austrocknung zu schützen. Eine überhöhte 2.3 Die Haare
Talgproduktion wird Seborrhoe genannt, eine ver-
minderte Sebostase. Beides ist kaum durch die Er- Der Mensch besitzt seit der Geburt über den gesam-
nährung zu beeinflussen, obwohl viele »Tipps« im ten Körper verteilt etwa 2 Mio. Haarfollikel bzw.
Umlauf sind. Haare, außer an den Handinnenflächen, den Fuß-
Die volle Funktion nehmen die Talgdrüsen erst sohlen, den Augenlidern, den Schleimhäuten und
in der Pubertät auf; stimuliert durch Androgene einigen äußeren Bereiche der Genitalorgane. 80000–
(männliche Sexualhormone); gehemmt durch Ös- 140000 Stück davon befinden sich auf dem Kopf.
trogene (weibliche Sexualhormone). Die Anzahl der Haarfollikel ist von Geburt an fest-
gelegt. Sie können sich im Laufe des Lebens nicht
vermehren.
2.2.2 Duftdrüsen Der ursprünglichen Funktion eines Fells zur
oder apokrine Drüsen Isolierung gegen Wärme und Kälte können unsere
Haare nur noch sehr unzureichend nachkommen.
Sie sind ebenfalls mit dem Haarfollikel verbunden, Die Berührungssensibilität ist jedoch erhalten ge-
und ihr Ausführungsgang mündet oberhalb der blieben, wodurch die Haare zu einem großflächigen
Talgdrüse in den Haarfollikelkanal (. Abb. 2.1). Sie Sinnesorgan werden.
kommen beim Menschen nur noch in wenigen Auch wenn die Haare im physiologisch-medi-
Regionen vor: in der Achselhöhle, an den Brustdrü- zinischen Bereich eher bedeutungslos sind, besitzen
sen, um den Bauchnabel, im Gehörgang und dem sie nach wie vor eine ausgeprägte psycho-soziale
Genito-anal-Bereich. Sie bilden ein fetthaltiges, eher Bedeutung. In vielen Kulturkreisen wird die Ent-
dünnes, geruchloses Sekret, welches erst durch die fernung der Körperbehaarung aus modischen und
bakterielle Zersetzung auf der Hautoberfläche den religiösen Gründen betrieben. Andererseits kann
typischen Geruch ausströmt. Beim Menschen haben der Verlust der Kopfbehaarung aber auch eine starke
die Duftdrüsen nur noch eine rudimentäre Bedeu- psychische Belastung bedeuten.
tung beim Sexualverhalten. Ihre Produktion ist wie
die Talgsekretion hormonell gesteuert und beginnt
erst in der Pubertät und nimmt im Alter ab. 2.3.1 Haartypen

Es werden beim Menschen drei Haartypen unter-


2.2.3 Ekkrine Schweißdrüsen schieden:
4 Lanugohaare,
Über den ganzen Körper verteilt besitzen wir etwa 4 Vellushaare,
2 Mio. Schweißdrüsen. Es sind freie Drüsen, die im 4 Terminalhaare.
2.3 · Die Haare
19 2
Lanugohaare, Flaumhaare ebenso in sehr feinen Haaren. Der Cortex bildet den
Sie kommen nur während der Embryonalzeit vor Hauptanteil des Haares. Er gibt dem Haar Stabilität.
und werden teilweise noch in dieser Phase abgesto- Es erhält seine typische Färbung durch eingelagertes
ßen oder spätestens bis zum 4. Lebensmonat. Es ist Melanin oder Melanosomen. Der Cortex ist von der
feines, kurzes, dünnes, unpigmentiertes Haar. sehr widerstandsfähigen Kutikula ummantelt. Sie
besteht aus flachen, unpigmentierten Zellen, die das
Vellushaare, Wollhaare Haar unter dem Mikroskop wie einen geschlossenen
Das Lanugohaar wird zunächst durch Vellushaare Tannenzapfen wirken lassen. Die Kutikula soll den
ersetzt. Sie sind ebenfalls kurz, fein, aber leicht pig- Cortex zusammenhalten und vor Abrieb, Feuchtig-
mentiert und ist vor allem bei Kindern und teilweise keitsverlust und Schäden schützen. Durch schlechte
bei Frauen die Körperbehaarung. Haarbehandlung (z. B. Haarspangen) kann sie abge-
rieben oder aufgeraut werden, das Haar wird stumpf
Terminalhaare, Dauerhaare und spröde.
Sie sind i. d. R. lang, dick und mehr oder weniger
stark pigmentiert. Sie bilden seit der Geburt die Haarwurzel und Haarfollikel
Kopfhaare, Wimpern und Augenbrauen. Während Die Haarwurzel reicht bis in die Lederhaut oder in
der Pubertät wandeln sich die Vellushaare unter den die obersten Schichten der Subcutis. Sie verdickt sich
Achseln, im Genitalbereich und der Großteil der nach unten hin zur Haarzwiebel. Am untersten
männlichen Körperbehaarung in Terminalhaare Punkt umschließt die Haarzwiebel – wie ein Eier-
um. becher ein Ei – eine bindegewebige Einstülpung in
Ein einzelner Haarfollikel entwickelt im Laufe der Haarzwiebel, die Haarpapille.
eines Lebens häufig unterschiedliche Haartypen, Die Haarwurzel steckt in einer Bindegewebs-
vom Lanugohaar bis zum Terminalhaar; diese Ent- scheide, die das Haar umschließt. Die innerste
wicklung kann sich im Alter wiederum umkehren Schicht dieses Kanals, die das Haar berührt, ist die
vor allem bei der Glatzenbildung des Mannes. innere Wurzelscheide, darauf folgt die äußere Wur-
zelscheide. Die Gesamtheit von Haarwurzel, Haar-
zwiebel, Papille und Bindegewebsscheide bildet den
2.3.2 Aufbau des Haares Haarfollikel.
und des Haarfollikels Die Haarpapille ist ein mit vielen Blutkapillaren
durchzogener Epidermiszapfen, der die Ernährung
Der sichtbare Teil des Haares ist der Haarschaft, der Haarwurzel übernimmt und Stoffwechselpro-
die Haarwurzel, der unsichtbare Teil, der bis ins dukte abführt. Wird die Blutzufuhr unterbunden,
Corium oder in die obersten Schichten der Subcutis stirbt die Haarwurzel ab, das Haar wächst nicht
reicht. Die Dermiseinstülpung mit der verankerten mehr weiter und fällt aus. Auf der Haarpapille sitzen
Haarwurzel ist der Haarfollikel. Zu jedem Haarfol- sich schnell teilende Epithelzellen, vergleichbar dem
likel gehört eine Talgdrüse, die in den Haarkanal Stratum basale in der Epidermis. Die Zellen, die sich
mündet, und ein Haarsträubemuskel (. Abb. 2.3). an der Spitze der Papille bilden, differenzieren sich
zu Markzellen. Die seitlich von der Spitze entstehen-
Das Haar den Zellen werden zum Cortex und die am Rand
Das Terminalhaar besteht aus drei Schichten gebildeten Zellen werden später zur Kutikula. Im
(. Abb. 2.4): Bereich der Papille, wo sich die späteren Cortexzel-
4 dem inneren Mark, Medulla, len entwickeln, sind Melanozyten eingelagert, die
4 der Rinde, Cortex, je nach genetischer Veranlagung zu dunkelbraunen
4 der äußeren Schuppenschicht, Kutikula. bis hellen, rötlichen Haarpigmentierungen führen.
Weiße, graue Haare entstehen, wenn die Melano-
Das innere Mark (Medulla) ist eine lockere, unpig- zyten abgestorben sind.
mentierte Zellschicht, deren Aufgabe noch ungeklärt Die nachwachsenden Zellen schieben das Haar
ist. In den Lanugo- und Vellushaaren fehlt sie ganz, langsam durch die Bindegewebsscheide nach oben.
20 Kapitel 2 · Die Haut und ihre Anhangsgebilde: Drüsen, Haare, Nägel

. Abb. 2.3. Aufbau des Haarfollikels mit Talgdrüse

Das sichtbare Haar ist im Cortex voll keratinisiert In den Haarkanal mündet der Ausführungsgang
und eine tote Substanz. einer Talgdrüse. Der abfließende Talg ist zur Fettung
Die nach innen gerichtete Schicht der Bindege- des Haares und der Haut gedacht, damit diese glatt,
websscheide ist die innere Wurzelscheide. Sie steht geschmeidig und wasserabweisend bleiben.
in Kontakt mit der Kutikula des Haares. Die Wurzel- Die Haarwurzel steckt schräg in der Haut und
scheide ist stark verhornt, wodurch sie sich mit der kann durch einen seitlich vorhandenen Haarsträube-
Haarkutikula verzahnen kann. Auf diese Weise wird muskel aufgerichtet werden. Diese Funktion ist beim
das Haar im Haarkanal verankert, damit es nicht Menschen durch seine geringe Behaarung nicht
ausfällt. Die äußere Wurzelscheide ähnelt den Epi- mehr von Bedeutung. Sie wird vegetativ gesteuert
dermiszellen der Haut und bildet den Abschluss der und reagiert auf Kälte und psychische Empfin-
Bindegewebsscheide um das Haar. dungen.
2.3 · Die Haare
21 2

. Abb. 2.4. Aufbau des Haares im Längs- und Querschnitt

Biochemie des Haares 4 Anagenphase, Wachstumsphase,


Etwa 90 % der Haarsubstanz stellt Keratin dar. Diese 4 Katagenphase, Rückbildungsphase,
Substanz ist in einer weicheren Variante auch die 4 Telogenphase, Ruhephase.
Hauptsubstanz der Hornschicht. Keratin ist ein lan-
ges Proteinmolekül. Dieses ist in sich wie eine Spirale Wie häufig dieser Wachstumsrhythmus von einem
(α-Helix) gedreht. Die Windungen der Proteinspira- Haarfolllikel im Leben eines Menschen im Durch-
le werden durch intramolekulare Wasserstoffbrücken schnitt durchlaufen wird, ist noch nicht bekannt.
oder Ionenbindungen stabilisiert. Nebeneinanderlie-
gende Proteinspiralen werden durch Disulfidbrücken Anagenphase
verbunden. Disulfidbrücken sind kovalente Verbin- In dieser Phase produziert der Haarfollikel ein Haar,
dungen zwischen zwei Schwefelatomen. Diese Schwe- er ist in der aktiven Wachstumsphase. Sie dauert
felbrücken werden immer zwischen der Aminosäure zwischen 2–7 Jahren, mit zunehmenden Alter ver-
Cystein gebildet. Das Haar kann wegen seiner spira- kürzt sie sich. Etwa 80–85 % der Kopfhaare befinden
ligen Mikrostruktur im feuchten Zustand bis auf das sich in diesem Stadium. Die Wachstumsgeschwin-
Doppelte gedehnt werden. Vergleichbar einer ausein- digkeit eines Haares liegt bei etwa 0,3–0,4 mm pro
andergezogenen Feder. Die Wasserstoffbrücken und Tag (Körperhaare unterliegen anderen Wachstums-
Ionenbindungen werden bei diesem Vorgang zerstört zeiten).
und können nach Aufhebung der Spannung nicht
neu gebildet werden. Die Disulfidbrücken werden Katagenphase
von diesem Dehnungsvorgang nicht beeinflusst. Im Anschluss an die Anagenphase tritt der Haar-
Bei einer Dauerwelle dagegen werden die Schwe- follikel in eine zwei- bis vierwöchige Rückbil-
felbrücken chemisch gebrochen und in einer ande- dungsperiode ein, die Katagenphase. Das Haar-
ren Stellung neu geknüpft (fixiert). Es entstehen wachstum wird eingestellt, und das Haar löst sich
Locken. Ähnliches wird bei einer Entkräuselung von der Papille. Es entsteht ein Kolbenhaar. Etwa
durchgeführt. (Locken dürfen nicht mit der α-Helix ein Prozent der Kopfhaare befindet sich in dieser
der Keratinmoleküle, einer nicht sichtbaren Mikro- Phase.
struktur eines jeden Haares, verwechselt werden!).
Telogenphase
Diese ist eine bis zu drei Monate dauernde Ruhe-
2.3.3 Wachstumsstadien der Haare phase. Das Kolbenhaar sitzt etwa auf Höhe der
Talgdrüse, wird durch ein neu nachwachsendes
Jeder Haarfollikel durchläuft mehrmals im Leben Haar herausgeschoben und fällt aus. Etwa 14 % der
einen dreiphasigen Wachstumszyklus, aus einer: Haarfollikel sind in dieser Phase.
22 Kapitel 2 · Die Haut und ihre Anhangsgebilde: Drüsen, Haare, Nägel

2.4 Die Nägel

Die Nägel beim Menschen sind Rückbildungen der


2 Krallen und Klauen des Säugetieres und sind nicht
mehr zum Greifen und Klettern geeignet. Sie schüt-
zen vor allem die Zehen- und Fingerkuppen vor
Verletzungen. Zusätzlich wird der Tastsinn der . Abb. 2.5. Aufbau des Nagels an der Fingerkuppe, Seiten-
Finger und Zehen durch die Nägel intensiviert ansicht: 1 Nageltasche, 2 Nagelfalz, 3 Nagelhäutchen (Cuti-
(. Abb. 2.5). cula), 4 Nagelplatte, 5 Nagelbett

2.4.1 Aufbau des Nagels 2.5 Biochemische Grund-


substanzen der Haut
Der Nagel sitzt wie ein Haar in einer Epidermisein- und der Anhangsgebilde
stülpung. Am Grunde dieser Einstülpung liegen die
Keimzellen des Nagels, die Matrix. Die Matrix liegt In diesem Abschnitt werden wichtige Substanzen
größtenteils geschützt unter dem Nagelfalz. Ein klei- der Haut und der Haare vorgestellt, welche vor allem
ner Teil der Matrix ist manchmal außen als heller Straffheit, Hautturgor, Elastizität, Wasserbindungs-
halbmondförmiger Ausschnitt am Anfang des Na- vermögen, Widerstandskraft und Lichtschutz mit-
gels zu erkennen. Vom Nagelfalz aus verläuft ein bestimmen. Ein Großteil dieser Stoffe kann synthe-
feines Abschlusshäutchen auf den Nagel, die Nagel- tisch oder natürlich gewonnen und in Kosmetika
haut. Die Nagelplatte ist mit dem Nagelbett fest ver- eingearbeitet werden, um deren physiologische
bunden. Das Nagelbett ist gut durchblutet, wodurch Eigenschaften sinnvoll auf der Haut zu nutzen (vgl.
die durchscheinenden Nägel leicht rosa gefärbt sind. 7 Kap. 4).
Der Nagel besteht aus stark verhorntem, hartem
Keratin.
2.5.1 Talg

2.4.2 Wachstum des Nagels Talg (Sebum) wird in den Talgdrüsen gebildet
(7 Kap. 2.1). Er ist ein viskoses Gemisch aus ver-
Der Nagel wächst von der Matrix aus zur Finger- schiedenen Lipiden (. Tab. 2.2). Zusammen mit
kuppe hin. Die Wachstumsgeschwindigkeit ist Schweiß und wässrigen Sekreten bildet er eine Emul-
durchschnittlich ein Millimeter in zehn Tagen. Das sion. Bei hohen Temperaturen ist der Talg dünnflüs-
bedeutet bei einer Nagellänge von etwa 1,0–1,5 cm, sig und hat ein gutes Spreitvermögen. Das heißt, er
benötigt es 3–6 Monate bis ein vollkommen neuer verteilt sich schnell über die Haut. Bei niedrigen
Nagel gewachsen ist. Temperaturen wird der Talg dickflüssig, zäh und
Bei Durchblutungsstörungen oder im Alter ver- verteilt sich nur noch langsam. Dieses temperatur-
langsamt sich das Nagelwachstum, da die Versor- abhängige Verhalten des Talgs erfordert im Winter
gung mit Nährstoffen vermindert wird. Fingernägel einen vermehrten Lipidschutz der Haut. Besondere
wachsen in der Regel schneller als Fußnägel. Probleme treten bei trockenen Hauttypen in kaltem
Bei Schäden des Nagels im Bereich der Matrix Wasser auf. Das nur in geringen Mengen vorhan-
wird der Defekt im nächsten halben Jahr in Wuchs- dene Sebum ist zäh und verteilt sich sehr langsam;
richtung nach oben geschoben. Liegen Funktions- die Haut ist ungeschützt und kann dadurch leicht
störungen im Nagelbett vor, die nicht den Nagel durch das Wasser angegriffen werden. Es kann sich
selbst betreffen, bleibt der Defekt an dieser Stelle ein Austrocknungsekzem bilden, welches gerade bei
bestehen. Schwimmern häufig mit einer Allergie gegen Desin-
fektionsmittel verwechselt wird.
2.5 · Biochemische Grundsubstanzen der Haut und der Anhangsgebilde
23 2

. Tabelle 2.2. Zusammensetzung des Talgs Der Schweiß zusammen mit dem emulsionsbilden-
den Talg trägt zur Hydratation der Hornhaut bei und
Substanz m%
schützt sie vor Austrocknung. Sie bilden zusammen
Triglyceride 41
den Säureschutzmantel mit einem pH-Wert von
Diglyceride 2 4,5–6,9, der eine Barriere gegen Bakterien ist.
Fettsäuren 16
Wachse 25
2.5.3 Hydrolipidfilm
Cholesterin 1,5
Cholesterinester 2
Der Hydrolipidfilm auf der Haut ist ein sehr kom-
Squalen 12 plexes Gemisch aus den verschiedenen Drüsensekre-
ten, Epidermislipiden und Spaltprodukten des Ver-
hornungsprozesses (7 Übersicht 2.3). Je nach Zusam-
2.5.2 Schweiß mensetzung liegt eine O/W- oder W/O-Emulsion
auf der Hautoberfläche vor. Durch seinen Lipidge-
Der Schweiß ist eine wässrige Salzlösung, die in den halt wird die Haut widerstandsfähiger gegenüber
ekkrinen Schweißdrüsen produziert wird (7 Über- Chemikalien und Wasser. Andererseits bleibt die
sicht 2.2). Die für die Verdunstung des Schweißes auf Feuchte der Haut erhalten, weil der transepidermale
der Hautoberfläche benötigte Energie wird der Haut Wasserverlust eingeschränkt ist. Die Zusammenset-
entzogen. Die Haut kühlt ab und folglich auch das zung dieses Films kann je nach Umwelteinflüssen,
durch die Lederhaut fließende Blut. Um diesen Küh- Alter und Lebensweise stark variieren.
lungsprozess zu erleichtern, werden, gesteuert durch In tieferen Hornschichten wurde eine zweite
das vegetative Nervensystem, die Blutgefäße weit ge- Version des Hydrolipidfilms entdeckt. Er ist nahe-
stellt. Die Haut sieht gesund und rosig bis knallrot zu wasserfrei und weist liposomale Strukturen
aus, abhängig von der Temperatur und der Konstitu- auf.
tion der Person. Durch Schweißabsonderung kann Mit Hilfe von Kosmetika möchten wir den Hy-
unser Körper im Extremfall durch hohe Tempera- drolipidfilm erhalten, stabilisieren oder regenerie-
turen, gekoppelt mit körperlicher Anstrengung bis ren, da seine Zusammensetzung verantwortlich für
zu 20 l Wasser pro Tag verlieren. die Barrierefunktion der Haut ist.

Übersicht 2.2. Wichtige Bestandteile Übersicht 2.3. Bestandteile des Hydrolipidfilms


des Schweißes
Drüsensekrete:
99 % Wasser Schweiß, Talg, Duftdrüsensekret
Ionen: Hornzellkitt
Na+ , K+ , Cl– transepidermal abgegebenes Wasser
Säuren:
Milchsäure, Lactat Substanzen des Verhornungsprozesses:
Aminosäuren Keratinspaltprodukte
Fettsäuen Eiweißspaltprodukte
Urocaninsäure NMF
Sonstiges:
Ammoniak
Harnstoff
24 Kapitel 2 · Die Haut und ihre Anhangsgebilde: Drüsen, Haare, Nägel

2.5.4 NMF (Natural Moisturizing Die beiden Melanine können durch Mischung zu
Factors, natürliche unterschiedlichsten Haut- und Haartönungen füh-
Feuchthaltefaktoren) ren.
2 Die Melaninsynthese beginnt mit der Amino-
Bei den NMF (natural moisturizing factors) handelt säure Tyrosin, aus welcher zunächst enzymatisch
es sich um kleine, nichtflüchtige, hydrophile Molekü- DOPA gebildet wird, das mit Cystein (Aminosäure)
le. Durch ihre Hydrophilie bilden sie große Hydrat- zu Phaeomelanin polymerisiert. Aus DOPA kann
hüllen aus. Auf diese Weise binden sie das Wasser in durch enzymatische Reaktionen und einer ab-
der Epidermis und im Hydrolipidfilm und verhin- schließenden Polymerisation aber auch Eumelanin
dern eine Verdunstung (7 Übersicht 2.4). Sie sind ent- entstehen. Die Haut erhält durch eine Mischung
scheidend für den Wassergehalt der Hornhaut. Wenn dieser beiden Farbstoffe und über die produzierte
sie fehlen oder durch falschen Umgang mit Wasch- Menge an Melaninen ihre charakteristische Färbung.
mitteln, Wasser und Chemikalien herausgelöst wer- Beide Faktoren sind genetisch festgelegt.
den, entsteht sehr schnell ein trockener Hautzustand. Vor allem Eumelanin besitzt einen hohen Licht-
Sie sind leicht synthetisch herzustellen und werden schutzfaktor. Heute versucht man Melanin auf bio-
gern als Gemisch in Feuchtigkeitscremes verwendet. technologischem Wege für eine Verarbeitung in
Sonnencremes zu gewinnen. Ein Prozent Melanin
würde den Lichtschutz einer Creme um 30 % ver-
Übersicht 2.4. NMF (Natural moisturizing stärken.
factors)

Harnstoff 2.5.6 Keratin


Ionen: Na+ , K+ , Mg2+ , Ca2+
Pyrrolidoncarbonsäure Keratine sind hochmolekulare Polypeptide, die von
Lactat, Milchsäure den Keratinozyten der Epidermis, der Haare und der
Citrat Nägel gebildet werden. Es existieren Keratine unter-
Formiat schiedlicher Festigkeit (z. B. weiches Keratin in der
Phosphat Hornhaut, hartes im Nagel). Durch Verknüpfungen
Aminosäuren und Wechselwirkungen der einzelnen Aminosäuren
Ammoniak in den Polypeptidketten bilden sie eine stark gefal-
Harnsäure tete und geschraubte α-Helix. In feuchtem Zustand
weitere org. Säuren kann das Molekül langgezogen werden, und es ent-
steht das β-Keratin mit einer Faltblattstruktur. In
Wasser und verdünnten Säuren sind die Keratine
unlöslich. In Alkalien quellen sie oder lösen sich auf.
2.5.5 Melanin Durch die Empfindlichkeit des Keratins gegenüber
Basen erklärt sich die schädigende Wirkung von
Das Melanin ist der proteingebundene Farbstoff der alkalischen Seifen auf der Haut und den Haaren
Haut, der Haare und der Iris im Auge. Das Melanin (7 Kap. 5).
wird in spezialisierten Organellen (Melanosomen) Das Keratin der Haare erhält durch viele inter-
in den Melanozyten (Zellgruppe) gebildet. Diese molekulare Schwefelbrücken (Disulfidbrücken) ei-
Zellen befinden sich im Stratum basale, an der nen festen Zusammenhalt. Im Hautkeratin sind
Haarwurzel und in der Iris (7 Kap. 2.1.1). diese Verknüpfungen seltener zu finden. Sie können
Es werden zwei Melanintypen unterschieden: durch Reduktionsmittel, wie Thioglycolsäure oder
4 das gelbe bis rote Phaeomelanin der hellen, rot- Sulfite aufgebrochen werden, wodurch sich das
haarigen Haut- und Haartypen, Haarkeratin auflöst (7 Kap. 9).
4 das dunkelbraune bis schwarze Eumelanin der
dunkelbraunen Haut- und Haartypen.
2.6 · Funktionen der Haut
25 2
2.5.7 Hyaluronsäure 2.6 Funktionen der Haut

Es handelt sich hier um ein hochpolymeres Muco- Die Haut hat vielfältige Funktionen; sie schützt un-
polysaccharid aus β-Glucuronsäure und N-Acetyl- seren Körper vor Umwelteinflüssen, reguliert innere
glucosamin-Bausteinen und zählt zu den Proteo- Körpervorgänge und vermittelt viele Sinnesein-
glykanen. Einprozentige wässrige Lösungen bilden drücke. Das Erscheinungsbild der Haut hängt nicht
hochviskose Gele. Die Hyaluronsäure ist ein wich- nur von äußeren Faktoren oder inneren Stoffwech-
tiger Bestandteil des Bindegewebes. Sie ist extrem selreaktionen ab, sondern kann auch in erheblichem
wasser-bindend und verleiht der Haut dadurch ein Maße von der Psyche beeinflusst werden. Gefühls-
straffes, festes Aussehen. regungen können über Hautreaktionen ihr Ventil
Sie kann biotechnologisch oder aus Hahnen- finden. Der Zustand unserer Haut kann unser
kämmen gewonnen werden. psychosoziales Gesamtbild, unsere Wirkung auf
andere und unser Selbstwertgefühl beeinflussen
(. Tab. 2.3).
2.5.8 Kollagen, Elastin

Im Körper gibt es mehr als zehn verschiedene Kol- 2.6.1 Schutz- und Barrierefunktion
lagentypen, fünf davon findet man in der Haut. Das
Prokollagen besteht aus drei miteinander verdrillten Mechanischer Schutz
Polypeptidketten, die aus jeweils 1000 einzelnen Gegen Druck, Stoß und Schub ist die Haut durch
Aminosäuren bestehen. Außerhalb der Zellen ag- verschiedene physiologische Besonderheiten und
gregiert es zu Kollagen. Die Aminosäuren im Kolla- durch das Zusammenspiel der verschiedenen Haut-
gen haben überwiegend hydrophilen Charakter und schichten gut geschützt. Zuoberst fängt die dichte,
können viel Wasser an sich binden. Im Alter entsteht tote Hornschicht die gröbsten Einflüsse ab. Das
zunehmend unlösliches, weniger hydrophiles Kol- Str. lucidum, das Str. granulosum, die spezielle Ver-
lagen, welches nur noch wenig Wasser binden kann. zahnung der Epidermis mit dem Corium und das
Die Haut wird zusehens schlaffer. elastische Kollagennetz im Corium erlauben in ge-
Alle Kollagentypen sind Stützproteine. In Kosme- wissem Rahmen den Ausgleich von Scherkräften
tika wird die Wasserbindungsfähigkeit von löslichem und eine Rückstellung in den ursprünglichen Zu-
Kollagen in Feuchtigkeitscremes genutzt. stand, ohne dass unsere Haut Schaden nimmt. Druck

. Tabelle 2.3. Funktionen der Haut


Schutz- und Barrierefunktion: Mechanischer Schutz gegen Stoß, Druck
Physikalischer Schutz
Strahlenschutz
Chemische Barriere
Schutz vor Austrocknung
Mikrobiologischer Schutz
Säureschutzmantel
Stoffwechsel- und Regulationsorgan: Thermoregulation
Speicherung
Synthesevorgänge, Vitamin D
Immunabwehr: Spezifische u. unspezifische Reaktionen
Sinnesorgan: Tast- u. Berührungssinn
Wärme- u. Kältereize
Schmerzreize
Psycho-soziale Funktion: Gefühlsregungen
Körperkontakt
Körperausdruck
26 Kapitel 2 · Die Haut und ihre Anhangsgebilde: Drüsen, Haare, Nägel

und Stoß werden durch das Str. spinosum abgefedert. Diese Stoffbarriere gilt aber auch in die andere
Bei stärkerer Belastung sind das Corium und vor Richtung, von innen nach außen, und schützt un-
allem das Unterhautfettgewebe entscheidend daran seren Körper effektiv vor Austrocknung. Ein Körper
2 beteiligt, darunterliegende Gewebe vor diesen Ge- ohne Haut würde 20 l Wasser am Tag durch Verduns-
fahren zu schützen. tung verlieren. Schon kleinflächige Hautläsionen
führen zu einer Steigerung des Flüssigkeitsbedarfs.
Physikalischer- und Strahlenschutz Ein Stofftransport nach außen geschieht durch die
Die Haut soll tiefer gelegene Gewebe vor schädlicher Vielzahl der Hautdrüsen.
UV-Strahlung schützen. Noch kurzwelligere Strah- Das natürliche Resorptions- und Exkretionsver-
lung (Röntgen- und ionisierende Strahlen) kommt halten der Haut kann durchaus mit speziellen Ver-
auf der Erde hauptsächlich – künstlich geschaffen – in bandarten und »Schleppermolekülen« verändert
medizinischen oder wissenschaftlichen Laboren vor. werden. Dies wird vor allem in der Dermatologie
Gegen diese energiereiche Strahlung hat unsere Haut genutzt – weniger in der Kosmetik. Die Wirkstoffe
keine Schutzmechanismen entwickelt. Sie kann sehr gelangen bis zu den Blutgefäßen und werden im
leicht durch häufigen Kontakt mit dieser Strahlung Körper verteilt. Dies wiederum ermöglicht eine
geschädigt werden, z. B. Röntgenuntersuchungen. effektive systemische Therapie bei lokaler Anwen-
Um die negativen Effekte der täglichen UV- dung (z. B. Glucocorticoide, Sexualhomone, Herz-
Strahlen und den daraus resultierenden oxidativen mittel). Doch diese »Tricks«, die Hautbarriere
Stress zu beseitigen, hat der Mensch jedoch im Laufe zu überschreiten, gehören in den medizinischen
seiner Entwicklung verschiedenste Schutzmechanis- Bereich und dürfen in Kosmetika nicht genutzt
men entwickelt. werden.
In der Haut eingelagertes Vitamin E fängt durch
Strahlen entstandene schädliche Radikale ab. UVA- Säureschutzmantel, mikrobiologische
und UVB-Licht regen eine verstärkte Melaninbil- Barriere
dung an und führen zu einer Verdickung der Haut, Durch Schweiß und Talg der Hautdrüsen wird auf der
der Lichtschwiele; beides, im Zusammenspiel mit Hautoberfläche ein leicht saurer pH-Wert zwischen
weiteren Schutzsystemen, wirkt als Lichtfilter, um 4,5–5,5 erreicht, der bis in die unteren Hautschichten
darunterliegendes Gewebe zu schützen. Doch ist reicht. Dieser Säureschutzmantel puffert alkalische
diese Filterung nur begrenzt, so dass ab einer be- Substanzen ab und stabilisiert dadurch den sauren
stimmten Bestrahlungsdauer und -intensität mit pH-Wert, welcher als Barriere gegen eine Ansiede-
Schäden für die Haut und den gesamten Körper zu lung von Keimen in und auf der Haut wirkt. Letztere
rechnen ist (7 Kap. 8). benötigen für ihr Wachstum einen leicht alkalischen
pH-Wert. Das häufige Waschen mit alkalischen
Chemische Barriere Seifen überlastet das Alkalineutralisationsvermögen
Die Zellen des Str. corneum sind keratinisiert, tot, unserer Haut und ist ein nicht zu vernachlässigender
abgeplattet und kernlos, mit wenig Zytoplasma. Man Risikofaktor, der zur Schädigung der mikrobiellen
kann sie sich als kompakt aufeinander geschichtete Barriere unserer Haut beiträgt (7 Kap. 5).
Lipid-Doppelmembranen vorstellen. Zwischen den
Zellen ist eine Art »Lipidkitt« und hydrophiles Kera-
tohyalin (welches Wasser in der Hornhaut bindet). 2.6.2 Stoffwechselfunktion
Zusätzlich ist auf der Hornhaut das Oberflächenfett
der Talgdrüsen verteilt. Aufgrund dieser sehr vielfäl- Als Stoffwechselorgan kann die Haut aufgrund ihrer
tigen Lipide gelangen durch die Hornhaut vor allem Größe viele Reaktionen entscheidend mit beein-
lipophile Substanzen, die diese Barriere durch Dif- flussen. Wir wollen hier zunächst die Thermoregu-
fusion überwinden können. Für hydrophile Subs- lation betrachten. Durch die Stärke der Hautdurch-
tanzen und Wasser gibt es kaum Aufnahmemöglich- blutung kann der Körper die Körpertemperatur re-
keiten; eine Resorption ist haupsächlich über die gulieren. Bei niedrigen Außentemperaturen wird
Schweißkanäle oder den Haarfollikelkanal möglich. die Hautdurchblutung verringert, damit nicht so
2.6 · Funktionen der Haut
27 2

viel Wärme nach außen abgegeben wird, und um die 4 Tastsinn über Mechanorezeptoren (Tastscheib-
Kerntemperatur zu erhalten. In extremen Situati- chen, Meißnerkörperchen).
onen wird die Hautdurchblutung ganz eingestellt. 4 Temperatursinn durch zwei Typen von Thermo-
Dauert dieser Zustand länger an, kommt es zu Frost- rezeptoren für warm und kalt.
beulen oder zum Absterben ganzer Hautareale. Me- 4 Schmerzrezeptoren (Nozizeptoren) werden
dizinisch ähneln Symptome bei Erfrierungen denen durch unterschiedliche Reizqualitäten (mecha-
von Verbrennungen. nisch, chemisch, thermisch) stimuliert und lö-
Herrschen warme Außentemperaturen, werden sen Schmerz aus.
durch das vegetative Nervensystem die Blutgefäße 4 »Kitzeln« und Juckreiz sind eine abgeschwächte
weit gestellt, um Wärme nach außen abzugeben. Zu- Form von Schmerzreizen und werden über die
sätzlich fängt unser Körper an zu schwitzen, um Nozizeptoren wahrgenommen.
über die Verdunstung die Haut und das durchflie-
ßende Blut zu kühlen.
Weitere Stoffwechselreaktionen, die in der Haut 2.6.5 Psycho-soziale Funktion
ablaufen:
4 Ausscheidung von Substanzen über den Die Haut spiegelt viele unserer Gefühlsregungen wi-
Schweiß. der. Wir erröten, erblassen, bekommen hektische Fle-
4 Die Vitamin-D-Synthese aus 7-Dehydrocholes- cken, sehen krank oder übernächtigt aus. Wir haben
terin erfolgt mittels UVB-Strahlen in der Haut. kaum Möglichkeiten, diese Reaktionen zu steuern, da
Vitamin D ist wichtig für den Knochenaufbau. sie vom vegetativen Nervensystem ausgelöst werden.
4 Das Unterhautfettgewebe ist ein Speicher für In manchen Fällen können psychische Belas-
verschiedene fettlösliche Vitamine (E, K, A). tungen zu Krankheitsausbrüchen führen, wie Lip-
4 Speicher für Energie in Form von Fett. penherpes, Gürtelrose oder Neurodermitis. Ande-
4 In der Haut laufen verschiedene metabolische rerseits können schwere, sichtbare Hauterkrankun-
und enzymatische Rektionen ab. gen wie Akne oder Psoriasis das Wohlbefinden
beeinträchtigen und setzen bei vielen das Selbst-
wertgefühl herab. Man fühlt sich unrein, will die
2.6.3 Immunabwehr Haut (oder sich) verstecken. Basierend auf den Er-
kenntnissen, dass zwischen Hautsymptomen und
In den Hautschichten liegen viele für die Immun- Psyche oft ein unmittelbarer Zusammenhang be-
abwehr spezialisierte Zellen: Langerhans-Zellen, steht, wird bei einigen dermatologischen Therapien
Histiozyten, Mastzellen etc. Sie schützen uns vor erfolgreich mit Psychologen zusammengearbeitet,
dem Eindringen von Fremdkörpern und Keimen. um diesen Kreislauf zwischen Psyche und Hautreak-
Durch verschiedene Stoffe und auch kosmeti- tionen zu durchbrechen.
sche Bestandteile können unterschiedliche Allergie- Über unseren Tastsinn sind wir empfänglich für
formen ausgelöst werden. Allergische Reaktionen Berührungen. Erlebter Körperkontakt ist entschei-
sind als Überreaktion unseres Immunsystems zu dend für eine gesunde Entwicklung als Mensch.
sehen. An ihr sind vor allem Mastzellen und Anti- Bei Säuglingen und Kleinkindern, die nie
körper vom IgE-Typ beteiligt. Die Symptome dieser menschliche Nähe, Zärtlichkeiten und Berührungen
Reaktionen sind meistens Rötungen, Pusteln, Haut- erlebt haben, beobachtete man schwerste, psychische
ausschlag und Juckreiz. und seelische Schäden.
Die Menschen haben im Laufe der Zeit viele
Möglichkeiten entwickelt sich über die Haut darzu-
2.6.4 Sinnesorgan stellen, Unregelmäßigkeiten zu überdecken, sich zu
verschönern oder sogar abzuschrecken. Es ist der
Die Haut verfügt über verschiedene Zellen und Re- Teil des Körpers, der zuerst in das Blickfeld des
zeptoren, über die Sinneseindrücke wahrgenommen Betrachters fällt und ihn unbewusst in seiner Beur-
werden: teilung über eine Person beeinflussen kann.
28 Kapitel 2 · Die Haut und ihre Anhangsgebilde: Drüsen, Haare, Nägel

2.7 Hautzustand und


Hautveränderungen Übersicht 2.5. Die Haut beeinflussende
Faktoren
2 Zur Klassifizierung der Hautbeschaffenheit wurde
in der Dermakosmetik der Begriff Hautzustand ein- Innere Faktoren:
geführt. In der Umgangssprache ist diese Bezeich- Vererbung
nung vergleichbar mit Hauttyp. In diesem Buch wer- Alter
den beide Begriffe gleichwertig eingesetzt. [In der hormonelle Lage z. B.
medizinischen Dermatologie wird »der Hauttyp« – Pubertät
beziffert von I–VI – zur Charakterisierung des Bräu- Menstruationszyklus
nungsverhaltens der Haut angewandt; dies wird in Schwangerschaft
diesem Buch – um Verwechslungen zu vermeiden Erkrankungen z. B.
– »Pigmentierungstyp« genannt (7 Kap. 8)]. Allergien
Diabetes
psychische Verfassung
2.7.1 Verändernde Einflüsse
des Hautzustands Äußere Faktoren:
Klima z. B.
Die Hautbeschaffenheit ist nicht auf Dauer festgelegt UV-Strahlen
und unveränderlich. Sie wird in ihren Eigenschaften Kälte, Wind
und ihrer Qualität von vielen inneren und äußeren Luftfeuchte
Faktoren beeinflusst (7 Übersicht 2.5). Den Kindern Jahreszeit
wird über Gene die Grundbeschaffenheit der Haut Sommer
vererbt. Doch durch andere Lebensgewohnheiten, Winter
Pflege, Umwelteinflüsse oder Krankheiten kann sie Raumluft z. B.
sich ganz anders als bei den Eltern entwickeln. Zigarettenqualm
In der Regel wird die Haut im Laufe des Lebens trockene Luft
immer trockener, Unreinheiten lassen nach; ande- Hautpflege
rerseits entstehen Pigmentflecken (Altersflecken) falsche Pflege
und kleine Hautwucherungen. Bei starker Sonnen- ausgleichende Pflege
einstrahlung oder anderen extremen klimatischen aggressive Seifen
Bedingungen kann unsere Haut langfristig ihre Lebensstil
Eigenschaften ändern und schneller altern. Umwelt- Umgang mit hautschädigenden Stoffen
verschmutzung, verqualmte oder zu trockene Luft Ernährung
reizen die Haut und verändern ihr Verhalten. Hormo- Medikamente
nelle Einflüsse oder Erkrankungen können stark in
das Hautgeschehen eingreifen (Pubertät, Menstrua-
tionszyklus, Diabetes); auch eine medikamentöse des 20. Jahrhunderts entwickelt hat. Sie erforscht die
Behandlung kann zu Hautveränderungen führen. biologischen Rhythmen der Organismen. Schon
Die Kosmetikauswahl muss den aktuellen Haut- lange bekannt sind der Schlaf-Wach-Rhythmus oder
bedürfnissen angepasst werden, was bedeutet, dass der Menstruationszyklus, doch es werden immer
immer wieder neu geprüft werden muss, wie die mehr zeitliche Zusammenhänge und Rhythmen ent-
Haut aussieht, sich anfühlt und welche äußeren Be- deckt, die das Leben steuern. In einigen medizi-
dingungen zur Zeit vorherrschend sind. nischen Fachgebieten werden chronobiologische
Erkenntnisse erfolgreich in Therapien eingesetzt,
Chronobiologie der Haut z. B. kann die Wahl »des richtigen Zeitpunkts«
Die Chronobiologie ist eine recht junge naturwissen- durchaus die Wirkstärke oder die Dosis eines Arz-
schaftliche Forschungsrichtung, die sich erst Mitte neistoffs positiv beeinflussen.
2.7 · Hautzustand und Hautveränderungen
29 2

Die Chronobiologie der Haut steht erst am An- sätzlichen Pflegeprodukten wie puren Feuchtigkeits-
fang. Obwohl die Haut unser größtes Organ mit viel- gelen oder erhöhtem UV-Schutz gearbeitet werden.
fältigen Funktionen ist, hat sie in dieser Beziehung
noch nicht sehr viel Beachtung gefunden. Bis jetzt Saisonale Rhythmen
konnten einige tägliche, monatliche und saisonale Die Haut unterliegt auch im Jahresverlauf in ihren
Rhythmen entdeckt werden. Eigenschaften natürlichen Schwankungen, die durch
exogene, jahreszeitlich bedingte Umweltverände-
Tägliche, zirkadiane oder 24-Stunden-Rhythmen rungen noch verstärkt werden.
Tagsüber ist die Immunabwehr der Haut verstärkt, Im Frühjahr verstärkt sich bis zum Sommer hin
um die vielfältigen exogenen Einflüsse abwehren die Lipidperoxidation der Haut, was durch die ge-
zu können, auch ist die Proliferation der Zellen im steigerte UV-Einwirkung begünstigt wird. Deshalb
Corium verstärkt. Gegen Mittag erreicht die Sebum- sind antioxidative Stoffe (z. B. Polyphenole, Vitamin
produktion und der pH-Wert der Haut ein Maxi- E und C) und UV-Breitbandfilter für die »Sommer-
mum. Die Zusammensetzung der Tageskosmetik kosmetik« ratsam.
sollte die Arbeit des Immunsystems unterstüt- Im Winter dagegen steigt der pH-Wert der Haut,
zen (z. B. antioxidative Wirkstoffe, UV-Breitband- der Feuchtigkeits- und der Lipidgehalt sind verrin-
filter). gert. Dadurch ist die Schutzfunktion vermindert,
Nachts schwächt sich die Barrierefunktion ab und die Haut reagiert sehr empfindlich auf Irritati-
und der TEWL ist verstärkt. Wird die Hautbarriere onen.Verstärkt wird das trocken-fettarme Hautbild
abends geschädigt, erholt sie sich sehr viel langsamer noch durch die feuchtigkeitsarme Heizungsluft und
als tagsüber. Dies bedeutet für die Praxis, dass eine die niedrigen Außentemperaturen. Im Winter sind
aggressive Reinigung oder ein Peeling tagsüber deshalb fettreiche Produkte mit einem hohen Gehalt
besser vertragen wird und abends die Haut nur mit an NMF und reizlindernden Stoffen (z. B. Allantoin)
sehr milden Produkten (Reinigungscremes oder zu empfehlen.
-öle) gesäubert werden sollte.
Dagegen laufen die regenerativen Prozesse
abends auf Hochtouren, die Keratinozytenprolife- 2.7.2 Die verschiedenen Hautareale
ration, der Aminosäuregehalt der Haut, die Haut-
temperatur und die cutane Mikrozirkulation sind Wenn man die unterschiedlichen Produktgruppen
gesteigert. Deshalb sind auch die fett- und wirk- auf dem Kosmetikmarkt betrachtet, findet man eine
stoffreicheren Nachtcremes durchaus sinnvoll, die Unterteilung nach verschiedenen Hautarealen am
dagegen tagsüber weniger intensiv wirken. Körper. Es wird zwischen der Gesichtshaut, der
Auch die inflammatorische (entzündliche) Ak- empfindlichen Augenpartie, den Lippen, dem Kör-
tivität ist nachts erhöht und erreicht am Morgen per und besonderen, stark beanspruchten Bereichen
ein Minimum. Dies erklärt, warum bei Erkran- wie Händen und Füßen oder Problemzonen wie
kungen wie Neurodermitis der Juckreiz beim Dekolleté-Halsbereich, Oberschenkel-Po-Region
Zubettgehen zu einer quälenden Angelegenheit differenziert (7 Übersicht 2.6).
wird.

Monatliche Rhythmen
Viele Frauen haben schon bemerkt, dass ihre Haut Übersicht 2.6. Verschiedene Hautareale
im Laufe eines Menstruationszyklus unterschiedlich
auf exogene Faktoren reagiert und das Hautbild stark Gesicht Hände
schwankt. Es konnte z. B. beobachtet werden, dass in Augenpartie Füße
der letzten Woche des Zyklus von 28 Tagen die Haut Lippen Oberschenkel-Po-Region
empfindlicher auf UV-Strahlen reagiert und in der T-Zone Kopfhaut
1. Woche die Haut wesentlich trockener als in der Hals- u. Dekolleté Intimbereich
übrigen Zeit ist. Hier könnte phasenweise mit zu-
30 Kapitel 2 · Die Haut und ihre Anhangsgebilde: Drüsen, Haare, Nägel

Warum nun so viele verschiedene Produktva- 2.7.4 Mischhaut


rianten für unsere Haut?
Das Gesicht ist ständig den Umwelteinflüssen Bei einer Mischhaut reagiert meist die sogenannte
2 und dem Licht ausgesetzt. Um es zu schützen und T-Zone (Stirn, Nase, Kinn) fettiger als die restlichen
den gesunden Zustand zu erhalten, benötigt es meis- Gesichtspartien. Die Ausgangssituation ist in der
tens wesentlich mehr Wirkstoffe als andere Körper- Regel der normale Hautzustand, der im Bereich
bereiche. Augencremes wurden für die sehr dünne, der T-Zone aus dem Gleichgewicht geraten ist. Die
meistens trockene Augenpartie entwickelt und wir- mittlere Partie neigt zur gesteigerten Talgproduktion
ken gegen Faltenbildung, verbessern den Feuchtig- und Mitesserbildung. Durch die vermehrte Sebum-
keitsgehalt und dürfen nicht in die Augen fließen bildung glänzt die Haut an diesen Stellen.
(Reizungen). Die Seitenpartien weisen einen normalen bis
Die Hände sind noch stärker durch äußere trockenen Hautzustand auf; dabei gilt: Je älter die
Einflüsse belastet als unser Gesicht, so dass hier oft Person ist, um so eher neigt die Haut zur Trocken-
sehr fetthaltige, wirkstoffreiche, schützende Cremes heit. Ebenso führt die trockene, kalte Winterluft
zum Einsatz kommen. An den Füßen sind vor allem zu einem gesteigerten transepidermalen Wasser-
belebende Cremes beliebt, oder es werden kerato- verlust, so dass die Haut trocken reagiert (Pflege:
lytische Zubereitungen zur Hornhautentfernung 7 Kap. 7.1.3).
oder Wirkstoffe gegen Schweißbildung eingesetzt.
Unseren Körper müssen wir häufig nur ein-
cremen, weil zu oft mit aggressiven, austrocknenden 2.7.5 Fettige Haut, fett-feuchter
Waschlotionen geduscht oder gebadet wird. Zustand
Die Cellulitis ist ein Spezialfall; tiefere Gewebe-
schichten bekommen durch Wasser- und Fettein- Der fett-feuchte Zustand, die Seborrhoe, ist charak-
lagerungen ein unschönes Aussehen, welches sich in terisiert durch eine verstärkte Talg- und Schweiß-
Dellen auf der Haut bemerkbar macht. Kosmetika bildung. Die Haut glänzt stark, ist grobporig und
gelangen in der Regel nicht so tief, dass sie die verdickt. Sie weist meistens Mitesser auf, die sich bei
Cellulitis in ihren Ursachen beeinflussen könnten. entsprechender Veranlagung auch zu einer Akne
Eine rein kosmetische Behandlung der Cellulitis ist weiterentwickeln können. In der Regel treten bei
deshalb nach wie vor umstritten. diesen Personen auch fettige Haare auf. Positiv zu
bewerten ist die große Widerstandsfähigkeit der
Haut gegenüber Säuren, Laugen und Sonnen-
2.7.3 Normale Haut strahlen.
Das Eintreten dieses Hautzustands wird erst ab
Die normale Haut zeichnet sich durch ein gesun- der Pubertät bei etwa 20–30 % der Jugendlichen be-
des, junges, frisches Aussehen aus. Sie ist feinporig obachtet, da die Talgdrüsen erst durch die Sexual-
und sieht matt, samtig und rosig aus. Unreinheiten, hormone zur vollen Funktionstüchtigkeit angeregt
Flecken oder Rötungen sind nicht zu entdecken. werden. Über die Hälfte der Betroffenen neigen
Sie sollte auf alle Fälle richtig gepflegt werden, damit außerdem zu einer Akne. Im Laufe des Lebens nor-
dieser Zustand erhalten bleibt. Eine normale Haut malisiert sich diese gesteigerte Hydrolipidproduk-
muss nicht zwangsweise auch robust und gegen tion zusehend. Der fett-feuchte Zustand beschränkt
äußere Einflüsse resistent sein. Durch falsche Pfle- sich nur noch auf die T-Zone (Mischhaut), ab 50 Jah-
ge kann sich dieser Zustand auch leicht zu einem ren ist dieser Hauttyp sehr selten, ab 60 Jahren trifft
trockenen oder fettigen Typ verändern (Pflege: man nur noch den trockenen Zustand an.
7 Kap. 7.1.1). Diese fett-feuchte Haut benötigt trotz ihrer
Widerstandsfähigkeit eine ausgleichende Pflege, um
sie weitestgehend dem normalen Zustand anzu-
gleichen (Pflege: 7 Kap. 7.1.2).
2.7 · Hautzustand und Hautveränderungen
31 2

. Tabelle 2.4. Der Hautzustand und seine typischen Charakteristika


Hautzustand Hautcharakteristika
normal frisch, gesund, rosig, glatt, matt, seidig, feinporig, straff, ohne Unreinheiten,
kein Juckreiz
Mischhaut abgegrenzte T-Zone, diese meist fett-feucht, Seitenpartien eher normal
bis trocken-fettarm
fett-feucht stark glänzend, dick, weißlich, grobporig, widerstandsfähig, eventuell Komedonen
unrein, Akne Seborrhoe, glänzend, teilweise stark gerötet, Komedonen, unterschiedliche Anzahl
von Entzündungsherden, wie Papeln, Pusteln und Zysten, Narben
fettarm-trocken porzellanartig, transparent, fleckig, feinporig, schuppig, rauh, keine Mitesser,
kleine Risse, Juckreiz, sehr empfindlich
empfindliche, sensible Problemhaut reagiert empfindlich auf eine Vielzahl von Substanzen, Allergieneigung, Ekzem-
neigung, meist trocken-fettarmer Hautzustand
reife Haut, Altershaut volle Charakteristik der trocken-fettarmen Haut mit fortlaufender Falten- und
Runzelbildung, Verlust der Elastizität
Neurodermitis sehr trockene Haut, schuppig, teilweise entzündet oder infiziert, Juckreiz,
teilweise tiefe Hautrillen
Babyhaut sehr dünn, empfindlich, trocken, lockere Hornschicht, wenig widerstandsfähig,
kaum Talg- und Schweißabsonderungen

Fettig-trockene Haut Es werden der geschlossene und der offene


Betroffen sind vor allem Personen mit einem fett- Komedo unterschieden. Der geschlossene Komedo
feuchten Hauttyp, die hauptsächlich in Räumen liegt tief in der Haut, mit engem Follikelkanal und
mit trockener Luft arbeiten oder durch ständigen ist als halbkugelförmige Erhebung auf der Hautober-
Wasserkontakt die hydrophilen Bestandteile der fläche zu sehen und zu ertasten. Der offenen Ko-
Haut herauswaschen. Der Lipidgehalt der Haut ist medo liegt weit oben in der Haut. Er besitzt einen
ausreichend, doch der Feuchtigkeitsgehalt ist zu erweiterten Follikelkanal, der bis zur Hautoberfläche
gering. Die Haut wirkt schuppig und stumpf. Eine hin mit einem Hornpfropf gefüllt ist. An der Ober-
regelmäßige Feuchtigkeitzufuhr wirkt hier stabili- fläche ist dieser Pfropf durch Melanin und Oxida-
sierend. tionsprodukte der Lipide schwarz gefärbt.
Durch die Hyperkeratose bläht sich die Talgdrüse
Unreine Haut ballonartig auf. Die Follikel- und Talgdrüsenwan-
Die unreine Haut besitzt die Charakteristika einer dung kann unter Umständen reißen und der Kome-
fetten Haut und ist durch Mitesser, sogenannte Ko- doinhalt ergießt sich in das Gewebe und löst hier eine
medonen geplagt, die teilweise auch entzündete, Entzündungsreaktion mit Eiterbildung aus. Doch
kleine rötliche Pusteln bilden. Sie kann als Präakne auch ohne das Reißen der Drüsenwand kann es bei
bezeichnet werden. Aknepatienten durch die Bakterienenzyme und Li-
Zeigt ein Follikelkanal eine erhöhte Sensibilität pidspaltprodukte in der Talgdrüse zu einer Reizung
für Abbauprodukte der Sebumlipide oder für kome- der Drüsenwand kommen und zu einem Einwan-
dogene Substanzen, reagiert er mit einer vermehrten dern von Leukozyten in das die Talgdrüse umgeben-
Hornschichtbildung (Hyperkeratose) im Follikel- de Gewebe; es wird ebenfalls eine Eiterbildung und
kanal oder in der tieferliegenden Talgdrüse. Die Entzündungsreaktion ausgelöst. Die Folge davon
Talgdrüse vergrößert sich und ist mit einem Horn- sind die sehr schmerzhaften Akneknötchen und -pus-
pfropf aus Sebum, Hornzellen, Bakterien (Propioni- teln. Um ein Reißen des Komedo und eine Entzün-
bacterium acnes) und Haarresten verstopft. Ein Mit- dung nicht zu provozieren, darf an Mitessern und
esser ist entstanden. Aknepusteln nicht unsachgemäß gedrückt werden.
32 Kapitel 2 · Die Haut und ihre Anhangsgebilde: Drüsen, Haare, Nägel

Durch ein Hautpflegeprogramm soll die Ent- anfangs tritt häufig eine Verschlechterung des Haut-
wicklung einer Präeakne zu einer Akne verhindert zustands auf; die Akne »blüht auf«. Dies sind durch-
werden. aus erwünschte Effekte. Die Compliance (Mitarbeit)
2 des Patienten muss durch eine ausführliche Bera-
Akne tung unterstützt werden, damit es nicht vorzeitig zu
Die Akne zeichnet sich aus durch eine fettige Haut einem Therapieabbruch kommt.
mit einer chronischen Entzündung der Haartalgdrü- Eine spezielle Akneform, die erst ab dem 3. bis
sen, manifestiert in Form von Komedonen, Papeln, 4. Lebensjahrzehnt auftritt, ist die Acne rosacea. Sie
Pusteln, Zysten und Narben. Sie entsteht auf talgdrü- unterscheidet sich von allen anderen Formen in ver-
senreichen Hautregionen wie Gesicht, Hals, Rücken, schiedensten Punkten:
Schultern, Oberarmen und oberer Brust. Ihre zeit- 4 ungeklärte Ursachen,
liche Manifestation liegt überwiegend in der Puber- 4 tritt erst im mittleren Lebensabschnitt auf,
tät und klingt meist bis zum 3. Lebensjahrzehnt ab. 4 keine Komedonenbildung,
Jungen sind häufiger und schwerer betroffen als 4 häufiges Auftreten einer »Knollennase«,
Mädchen, weil sich bei einer Akne eine verstärkte 4 kann zu einer Erblindung führen,
Sensibilität der Talgdrüsen auf Androgene (männ- 4 Haut reagiert sehr empfindlich auf aggressive
liche Sexualhormone) nachweisen lässt. Doch auch Substanzen (z. B. Alkohol).
im Baby- und Kleinkind- oder im späteren Erwach-
senenalter kann eine Akne ausbrechen. An der Ent- Eine dermatologische Therapie ist unbedingt ange-
stehung einer Akne sind folgende Faktoren maß- raten, um eine Erblindung zu vermeiden, die auch
geblich beteiligt (Komedoentstehung: 7 S. 31; Pflege: schon bei einer leichten Ausprägung dieser Akne-
7 Kap. 7.1.4): form auftreten kann.
4 ein fett-feuchter Hautzustand oder Seborrhoe,
4 eine genetische Disposition in der Familie, Seborrhoisches Ekzem
4 eine erhöhte Empfindlichkeit auf komedogene Dieses spezielle Ekzem ist eine der häufigsten Haut-
Stoffe, erkrankungen. Die Haut juckt und ist schuppig,
4 eine Besiedelung der Follikel-Ausführungsgänge gleichzeitig aber fettig. Die befallenen Stellen sind
mit Propioni-Bakterien,
4 eine Hyperkeratose der Follikel-Ausführungs-
. Tabelle 2.5. Der Hautzustand und seine Behandlungs-
gänge,
oder Pflegemöglichkeiten
4 eine Neigung zur Bildung von Entzündungsme-
Pflegeform Hautzustand o.
diatoren bei vorhandenen Komedonen.
Erkrankung
medizinische Hyperkeratose
Klinisch werden je nach Schweregrad drei Aknefor-
Behandlung und Psoriasis
men unterschieden, die in der Regel während der unterstützende Neurodermitis
Pubertät beginnen: Kosmetik atopisches Ekzem usw.
4 Acne comedonica, kosmetische sehr trockene Haut
4 Acne papulopustulosa, Hautpflege trockene Haut
4 Acne conglobata. Altershaut
reife Haut
empfindliche Haut
(Dermatologen unterscheiden noch weitere Son-
normale Haut
derformen der Akne, die aber für die kosmetische Mischhaut
Beratung nicht von Bedeutung sind.) fette Haut
Eine Akne kann nicht mit kosmetischen Produk- unreine Haut
ten beseitigt werden. Es empfiehlt sich, schon im An- medizinische Seborrhoe
fangsstadium eine dermatologische Therapie durch- Behandlung und seborrhoisches Ekzem
zuführen, um eine Narbenbildung auf ein Minimum unterstützende Akne
Kosmetik
zu reduzieren. Aknetherapien sind langwierig, und
2.7 · Hautzustand und Hautveränderungen
33 2

die Nasolabialfalten, die Augenbrauenpartien, die Haut zusätzlich ausgewaschen werden, was auf
Retroaurikulärregion und die Schweißrinne. Gleich- lange Sicht zu einem Austrocknungsekzem führen
zeitig tritt eine starke Kopfschuppenbildung auf. Die kann. Durch niedrige Temperaturen wird der Talg
genauen Ursachen sind noch nicht bekannt. Eine zähflüssig und verteilt sich nur sehr langsam. Dies
Seborrhoe gilt nicht als Auslöser. Vermutet werden bedeutet, dass sich im Winter der Zustand der
Lücken im Säureschutzmantel der Haut und damit trockenen Haut verschlechtert – begünstigt noch
eine verstärkte Anfälligkeit gegenüber Bakterien durch die trockene Heizungsluft, die zusätzlich aus-
und vor allem Pilzen. Es sollte in jedem Fall eine trocknend wirkt.
Behandlung durch den Arzt erfolgen, da mit Corti- Die trocken-fettarme Haut unterliegt einem
coiden, Antibiotika und Antimykotika gute und schnelleren Alterungsprozess als andere Hauttypen.
rasche Erfolge erzielt werden. Die Pflege mit Kos- Sie wird oft auch als Problemhaut, empfindliche
metika gegen trockene Haut wäre ein grober Fehler oder sensible Haut bezeichnet (Pflege: 7 Kap. 7.1.5).
und könnte zu einer Verschlechterung des Zustands
führen. Der Aufenthalt an frischer Luft und in der
Sonne hilft entscheidend bei der Verbesserung des 2.7.7 Altershaut oder reife Haut
Krankheitsbildes. und Faltenbildung

Die meisten degenerativen oder Alterungsprozesse


2.7.6 Trockene Haut, fettarmer- der Haut fangen zwischen dem 3. und 4. Lebensjahr-
trockener Zustand, Sebostase zehnt an. Die Entwicklung geht sehr schleichend, so
dass die ersten Fältchen meist überraschend festge-
Liegt eine Sebostase vor, ist die Talgproduktion stark stellt werden. Die Geschwindigkeit der Alterung
vermindert. Der sonst schützende Hydrolipidfilm wird dabei von inneren (intrinsisch) und äußeren
ist instabil, da die wasserbindenden Eigenschaften (extrinsisch) Faktoren mitbestimmt. Die inneren
des Talgs fehlen. Die trockene Haut ist sehr feinpo- Ursachen sind genetisch festgelegt und betreffen den
rig, dünn, schuppig und rau, eventuell mit kleinen gesamten Körper:
Einrissen. Sie ist eher transparent, porzellanartig 4 Das Zellwachstum verlangsamt sich.
oder fleckig gefärbt. Mitesser sind nicht zu finden. 4 Es werden falsche genetische Codes weiterge-
Sie reagiert sehr sensibel auf physikalische und alka- geben.
lische Noxen. Auf Sonneneinstrahlung antwortet 4 Die Qualität des Zellmaterials lässt nach.
sie schnell mit Rötungen und Entzündungen, meist 4 Stoffwechsel- und Syntheseleistungen werden
liegt ein Pigmentierungstyp I und II vor. Bei trocke- langsamer.
ner Haut in jungen Jahren ist diese häufig kombi- 4 Das Wachstum der Epidermis verlangsamt sich.
niert mit einer erblich bedingten Atopie. Dieser 4 Die Verzahnung der Epidermis mit dem Corium
Hauttyp tritt gehäuft vor allem bei Kindern vor dem ist nur noch sehr flach.
Eintritt in die Pubertät auf. Bei allen entwickelt sich 4 Die Berührungsfläche zwischen Epidermis und
bis etwa zum 60. Lebensjahr ein fettarm-trockener Corium ist kleiner, und somit ist auch die Ver-
Hautzustand. Bei Personen, die in jungen Jahren sorgung mit Nährstoffen, die über diese Fläche
eine fett-feuchte Haut aufwiesen, verläuft dieser Ent- verläuft, verringert.
wicklungsprozess natürlicher wesentlich langsamer 4 Die Durchblutung ist allgemein verschlechtert.
als bei jenen, die schon früh unter einer trockenen 4 Die Anzahl der Fibroblasten geht zurück.
Haut zu leiden hatten. An die Pflege sind hohe An- 4 Die Syntheseleistung der Fibroblasten ist ein-
forderungen gestellt, um Einrisse und Entzündungen geschränkt; es werden weniger Kollagen- und
zu vermeiden. Der Haut müssen Fette und feuch- Elastinfasern gebildet.
tigkeitsspendende Substanzen zugeführt werden. 4 Die Elastizität der elastischen Kollagenfasern
Lange Kontakte mit Wasser sollten vermieden wer- nimmt zusehend ab.
den, da die natürliche Fettung der Haut gestört ist 4 Es werden weniger Hyaluronsäure und Chon-
und somit hydrophile Feuchthaltesubstanzen der driotinsäure (Proteoglykane der Gelmatrix in
34 Kapitel 2 · Die Haut und ihre Anhangsgebilde: Drüsen, Haare, Nägel

der Lederhaut) minderer Qualität synthetisiert, 2.7.8 Empfindliche Haut, sensible


wodurch das Wasserbindungsvermögen des Bin- Haut, Problemhaut
degewebes zunehmend geringer wird.
2 4 Die Bildung und Einlagerung von Lipiden in Diese drei Begriffe werden äquivalent verwendet. Es
den tieferen Hautschichten ist unzureichend. gibt keine festen Definitionen, wie dieser Hauttyp
4 Die Anzahl der Talg- und Schweißdrüsen und auszusehen hat. Meistens wird durch die subjektive
ihre tägliche Produktion wird weniger, so dass Empfindung des Betroffenen auf diesen Hauttyp
der Hydrolipidfilm immer unzureichender wird, geschlossen. Es wird über Rötungen, Spannungsge-
was den fettarm-trockenen Hautzustand erklärt. fühl, Schuppungen und Juckreiz geklagt. Die Haut
reagiert sehr leicht, schon bei Berührung, mit einem
Als Folge dieser inneren Alterungsprozesse verliert Flush. Das Auftragen von Pflegeprodukten oder der
die Haut ihre Elastizität, sie wird dünner, es entste- Kontakt mit verschiedensten Substanzen löst leicht
hen Falten und Runzeln. Sie ist trocken, schuppt sich ein Brennen aus, selbst bei sonst hypoallergenen
und juckt. Stoffen, und es besteht nur eine geringe Toleranz
Dieser natürliche Alterungsprozess wird durch gegenüber UV-Licht.
äußere Faktoren (Sonnenlicht, Wetter etc.) beschleu- Die Ursachen sind schwer festzustellen, da sie
nigt, so dass Symptome einer typischen Altershaut sehr vielfältig sein können. Oft ist es beim Betrof-
auch schon bei jungen Personen auftreten können. fenen auch nur ein sensorisches Missempfinden
Als Hauptfaktor ist hierbei die Bestrahlung mit ohne medizinisch ersichtliche Symptome oder Ur-
UV-Licht anzusehen. (Zur Demonstration verglei- sachen. Der häufigste Hautzustand der Betroffenen
chen Sie einmal die Haut Ihrer Hände und die Haut ist der fettarm-trockene. Begünstigt durch die ge-
an den Stellen Ihres Körpers, die meistens bedeckt störte Barriereschicht kommt beim sensiblen Haut-
sind.) Die UVB- und UVA-Strahlen dringen in die typ eine vermehrte perkutane Resorption von irritie-
Haut ein und greifen auf vielfältige Weise in die renden Stoffen hinzu, was in tieferen epidermalen
Stoffwechselprozesse der Haut ein (7 Kap. 8). Der Schichten zu Entzündungs- und Immunreaktionen
häufige Umgang mit Chemikalien, Waschmitteln führt, wodurch wiederum die Empfindlichkeit der
oder zuviel Wasser fördert ebenfalls die Alterung Haut auf sonst gut verträgliche Stoffe erhöht sein
der Haut. Rauchen, Alkohol, stressige Lebensfüh- kann. Die Auswahl der richtigen Wirkstoffe und
rung, Aufenthalt in schlechter Raumluft, minder- Pflegeprodukte ist bei diesem Hauttyp entscheidend
wertige und vitaminarme Ernährung oder falsche (7 Kap. 7.1.8).
und unzureichende Hautpflege unterstützen diesen
Prozess.
Damit die Haut auch im Alter gepflegt aussieht, 2.7.9 Neurodermitis, atopisches Ekzem
muss sie richtig und schonend behandelt werden.
Um die äußere Hautalterung zu verlangsamen und Von einer Neurodermitis oder auch Atopie sind etwa
nicht sogar noch voranzutreiben, sollte in den mitt- 10% der Kinder betroffen. Sie verschwindet häufig
leren Jahren mit einer adäquaten Pflege der stark während der Pubertät, so dass nur noch bei 1–3 %
lichtexponierten Körperregionen wie Gesicht, Hals, der Erwachsenen diese Krankheit zu beobachten
Hände und Dekolleté begonnen werden. Durch ist. Die Zahl der Neuerkrankung pro Jahr ist stei-
kosmetische Produkte können wir die Haut vor Licht gend, sie verdoppelt sich innerhalb von zehn Jahren.
und physikalisch-chemischen Noxen schützen und Medizinisch wird sie als chronisch-rezidivierende
ihr in engen Grenzen einige der fehlenden Subs- Hauterkankung mit den Leitsymptomen trockene
tanzen zuführen. Darüber hinaus ist eine Vollwert- Haut und Juckreiz definiert, die zusammen mit einer
ernährung und die Meidung der Gesellschafts- allergischen Rhinitis und allergischem Asthma zum
drogen Alkohol und Nikotin anzuraten (Pflege: atopischen Formenkreis gehört.
7 Kap. 7.1.7). Durch umfangreiche Studien wurde eine erb-
liche Disposition als eine Ursache belegt. Bei 70 %
der Erkrankten wurden in der Familie mehrfach
2.7 · Hautzustand und Hautveränderungen
35 2

. Abb. 2.6. Provokationsfaktoren einer Neurodermitis

Fälle von allergischem Asthma und anderen Aller- heute angenommen, dass durch einen Defekt im
gieformen beobachtet. Die Symptome der Neuro- Fettstoffwechsel aus Linolsäure nicht genügend
dermitis werden durch verschiedene endogene γ-Linolensäure gebildet werden kann (. Abb. 2.7).
und exogene Faktoren ausgelöst (. Abb. 2.6). Die Durch den Lipidmangel werden die Ceramide
Schwere der Symptomatik und auch der auslösende der Hornschicht quantitativ und qualitativ fehlerhaft
Schwellenwert der Reizfaktoren ist dabei sehr in- produziert, wodurch die epidermale Barrierefunk-
dividuell. tion gestört wird und der TEWL gesteigert ist. Die
Haut ist sehr trocken, reagiert schnell irritiert und
Ursachen, Pathogenese und Symptome mit Juckreiz.
Die Ursachen dieser Erkrankung sind nach wie Die γ-Linolensäure hat außerdem eine Schlüs-
vor nicht geklärt. Eine erbliche Disposition gilt als selfunktion in der Bildung des Prostaglandins PGE1
gesichert, aber ein »Neurodermitis-Gen« konnte bis inne. Das Fehlen des PGE1 erklärt einige der patho-
jetzt nicht sicher zugeordnet werden. Man vermutet logischen Erscheinungen bei einer Atopie wie z. B.
eine polygene Vererbung der Erkrankung. das geschwächte Immunsystem, die Entzündungs-
Das Krankheitsgeschehen weist auf eine Fett- bereitschaft und die erhöhten IgE-Werte.
stoffwechselstörung hin, was aber sicherlich nur IgE ist ein Immunglobulin, welches für die
einen Teilaspekt des Krankheitsverlaufs darstellt. Allergie des Soforttyps verantwortlich ist. Daraus
Neuere Untersuchungen geben auch Hinweise auf lässt sich erklären, warum Neurodermitispatienten
einen Autoimmunprozess. auf viele Allergene positiv reagieren. Zu beobach-
ten ist, dass diese Allergene in der Regel aus dem
Fettstoffwechselstörung und ihre Folgen natürlichen Umfeld stammen, z. B. Pollen, Nah-
Die Linolsäure ist eine essenzielle Fettsäure, die rungsmittel, Tierhaare, fast nie aus dem Bereich
wir durch Pflanzenöle in der Nahrung zu uns der künstlichen Chemikalien, z. B. Konservierungs-
nehmen. Sie ist ein wichtiger Ausgangsstoff für stoffe.
viele Substanzen in unserem Körper, z. B. Memb-
ranlipiddoppelschicht und Hornzellkitt. Es wird
36 Kapitel 2 · Die Haut und ihre Anhangsgebilde: Drüsen, Haare, Nägel

. Abb. 2.7. Stoffwechsel der Linolsäure und Aufgaben der Endprodukte

Erscheinungsbild Therapie, Behandlung


Das typische Erscheinungsbild des Atopikers ist Die Therapie ist vielgestaltig und muss ein ganzes
die trockene schuppige, juckende Haut. Durch das Leben lang verfolgt werden, in den symptomfreien
Fehlen wichtiger Fettsäuren ist die Hornschicht und Intervallen ebenso wie während akuter Schübe
der interzelluläre Hornzellkitt nur unzureichend (. Abb. 2.8). Sie erfolgt durch eine dermatologische
zusammengesetzt. Ein wichtiger NMF, der Harn- Behandlung durch den Arzt während der ekzema-
stoff, ist in der Epidermis des anfallsfreien Patienten tösen Phase, einer Umstellung der Lebensgewohn-
um 70 % vermindert, bei befallenen Hautarealen heiten, psychologischer Unterstützung und einer
sogar um 85 %. Die Folge ist ein gesteigerter Wasser- intensiven kosmetischen Hautpflege (Pflege: 7 Kap.
verlust, außerdem ist die Talgproduktion vermindert 7.1.9).
und die Schweißproduktion gestört. Diese verschie-
denen Faktoren führen zwangsläufig dazu, dass die
Haut sehr trocken ist und leicht durch Alkalien, 2.7.10 Psoriasis, Schuppenflechte
Chemikalien und aggressive Stoffe geschädigt wird.
Durch die gestörte Schweißbildung dringt der Die Psoriasis vulgaris oder Schuppenflechte ist
Schweiß, statt nach außen, in das umliegende Ge- eine nichtansteckende chronische Erkrankung der
webe, und löst den typischen Juckreiz aus. Wird Haut, in besonderen Fällen können auch die Nägel,
gekratzt kann es zu Hautläsionen kommen, die sich Schleimhäute oder Gelenke (Psoriasis-Arthritis)
leicht durch Bakterien infizieren, die durch das davon betroffen sein. In Deutschland sind etwa
instabile Immunsystem ein leichtes Spiel haben. 2–3 % der Bevölkerung an Psoriasis erkrankt.
Durch komplizierte physiologische Zusammen-
hänge sind vegetative, adrenerge Reaktionen (Stress, Ursache und auslösende Faktoren
Anstrengung etc.) beim Neurodermitiker Auslöser Die Wahrscheinlichkeit, an einer Psoriasis zu er-
für eine Hautreaktion; ganze Flächen, bevorzugt das kranken wird von den Eltern an die Kinder vererbt.
Gesicht, röten sich oder Ekzeme blühen auf. Selbst wenn beide Elternteile nicht erkrankt sind,
2.7 · Hautzustand und Hautveränderungen
37 2

. Abb. 2.8. Behandlungsansätze einer Neurodermitis

können sie an ihre Kinder die genetische Disposition Ausbruch der Schuppenflechte, können bis zum
weitergeben. Liegt eine Veranlagung zur Psoriasis nächsten Schub ggf. nur wenige Tage, aber auch
vor, bedeutet dies aber noch nicht, dass sie auch aus- Jahre vergehen.
bricht. Es müssen meist mehrere äußere oder/und
innere Faktoren zusammentreffen, die die Psoriasis Pathogenese und Symptome
aktivieren. Das Spektrum der Provokationsfaktoren Die Psoriasis ist nach wie vor eine in ihrem Ge-
ist sehr vielfältig (7 Übersicht 2.7) und individuell schehen weitgehend ungeklärte Erkrankung. Als
sehr unterschiedlich, ebenso die Schwere des Schubs gesichert gilt, dass eine Störung der Immunabwehr
und Größe des betroffenen Areals. Kam es zu einem mit einer Entgleisung der Entzündungsreaktion
vorliegt. Es wird vermutet, dass es sich bei der Pso-
riasis sogar um eine Autoimmunkrankheit handelt,
Übersicht 2.7. Auslöser eines Psoriasisschubs bei der die Langerhans-Zellen in der Epidermis zu-
sammen mit T-Lymphozyten eine besondere Rolle
hormonelle Umstellungen spielen.
chronische Entzündungen der Haut Bei einem Psoriasis-Schub ist die Teilungsrate
Hautverletzungen der Basalzellen der Epidermis zwanzigfach erhöht.
mechanische und physikalische Reizung Die Keratinozyten erreichen schon nach 4–6 Tagen
der Haut statt wie sonst nach vier Wochen die Hautoberfläche,
körperliche Belastung wo sie abgeschilfert werden. Die Keratinozyten sind
psychische Belastung in dieser kurzen Lebensdauer nicht voll ausgereift
Infektionskrankheiten und besitzen noch den Zellkern. Die Epidermis wird
übermäßiger Alkoholkonsum durch diesen beschleunigten Wachstumsprozess
Nikotin verdickt und aufgelockert. Durch die immunolo-
starke Gewichtszunahme, fettes Essen gischen Prozesse sind die Blutgefäße im Corium
Umweltfaktoren weit gestellt, was zu einem Austritt von Flüssigkeit
ins Gewebe führt. Das Hautareal schwillt an und ist
38 Kapitel 2 · Die Haut und ihre Anhangsgebilde: Drüsen, Haare, Nägel

stark gerötet. Die Plaques können vereinzelt punkt- 2.7.11 Baby- und Kinderhaut
förmig bis münzgroß, bevorzugt an den Gelenken,
auftreten oder die gesamte Hautoberfläche überzie- Die Babyhaut unterscheidet sich in einigen mar-
2 hen, teilweise mit Eiterherden durchsetzt. kanten Punkten von der eines Erwachsenen.
4 Sie ist wesentlich dünner.
Therapie und Hautpflege 4 Die Hornschicht ist lockerer und somit wesent-
Die Therapiemöglichkeiten sind so vielfältig wie die lich durchlässiger.
verschiedenen Varianten der Erkrankung. Es gibt 4 Die Haut enthält mehr gesättigte statt ungesät-
keine Standardtherapie, die empfohlen werden kann, tigte Fettsäuren.
sondern je nach Auslöser können auch verschiedene 4 Die Kollagenschicht ist noch unterentwickelt.
Therapien (7 Übersicht 2.8) wirksam sein. Da die 4 Talg- und Schweißdrüsen sind noch nicht voll
Ursachen der Psoriasis noch nicht klar sind, handelt ausgebildet und funktionstüchtig.
es sich im Allgemeinen um symptomatische Be- 4 Der Hydrolipidfilm ist noch nicht intakt.
handlungen, die zum Ziel haben, die unschönen 4 Der pH-Wert der Haut reguliert sich in den ers-
Plaques schnell zu beseitigen und die symptomfreien ten Wochen von 6,9 auf 5,5 herunter, deshalb ist
Intervalle möglichst zu verlängern. Für den Psoria- die Haut anfangs anfällig gegenüber Keimen.
tiker bedeutet dies, vor allem in den symptomfreien 4 Eine Lichtschwiele kann noch nicht gebildet
Zeiten, die Haut gut zu pflegen und alle möglichen werden (7 Kap. 8), wodurch UV-Strahlen und
Auslöser zu meiden (Pflege: 7 Kap. 7.1.10). Sonnenbrände Grundsteine für ein schwarzes
Melanom legen können.

Übersicht 2.8. Behandlungsansätze Aus den physiologischen Gegebenheiten leiten sich


bei einer Psoriasis folgende Probleme ab:
4 schlechtes Alkalineutralisationsvermögen,
Topika 4 Kälteanfälligkeit,
Salicylsäure 4 Empfindlichkeit gegenüber Sonnenstrahlen,
Dithranol 4 sehr langsame eigene Fettung der Haut,
Teere 4 gutes Eindringvermögen für viele Stoffe (Salicyl-
Glucocorticoide säure, Cortison etc.), was leicht zu toxischen
Vitamin-D-Derivate, Reaktionen führen kann.
Tazaroten (Vitamin-A-Säure-Derivat)
Harnstoff Die Haut entwickelt sich in den folgenden Jahren
Allantoin immer weiter, und etwa mit dem 12. Lebensjahr ist
Milchsäure sie voll ausgereift. Die Talg- und Schweißdrüsen
systemisch wirkende Arzneistoffe nehmen ihre volle Funktion durch hormonelle
Fumarsäureester Steuerung in der Pubertät auf. Ab diesem Zeitpunkt
Acitretin (Vitamin-A-Derivat) kann der vorher eher trockene Hautzustand in einen
Methotrexat fett-feuchten umschlagen.
Ciclosporin
Adalimunab, Efalizumab
physikalische Methoden
Salz und UVB-Strahlen
PUVA (UVA + Psoralen)
Klimatherapie
Aufenthalt am Toten Meer
3

3 Zusatzstoffe in Kosmetika
3.1 Konservierungsstoffe – 40
3.1.1 Einsatz von Konservierungsstoffen – 40
3.1.2 Wirkmechanismus – 42
3.1.3 Gesetzliche Grundlagen – 43
3.1.4 Einteilung der Konservierungsmittel – 43
3.1.5 Stabile Formulierungen ohne Konservierung – 43
3.1.6 Weitere Stoffe mit konservierenden Eigenschaften – 46

3.2 Antioxidantien – 46

3.3 Komplexbildner – 48

3.4 Puffersubstanzen und pH-Regulatoren – 48

3.5 Duft- und Farbstoffe – 49


3.5.1 Farbstoffe – 51
3.5.2 Duftstoffe – 51

3.6 Lösungsmittel – 52
40 Kapitel 3 · Zusatzstoffe in Kosmetika

In diesem Kapitel werden wichtige Hilfsstoffgrup- Diese oben genannten Probleme erfordern den
pen besprochen, die in fast allen kosmetischen Pro- Einsatz von Konservierungsstoffen, antimikrobiell
dukten zu finden sind. Diese Substanzen werden zur wirksamen Substanzen oder einer besonderen Her-
Verbesserung der antimikrobiellen, chemischen und stellungs- und Abpackungstechnik.
galenischen Stabilität zugesetzt. Einige dienen ledig-
3 lich dazu, das Produkt für den Verbraucher durch
3.1.1 Einsatz von
Farb- und Geruchsgebung attraktiver zu gestalten
oder einen Wiedererkennungseffekt zu erzielen. Wie Konservierungsstoffen
wir sehen werden, sind Hersteller in der Auswahl
dieser Stoffe vom Gesetzgeber teilweise stark einge- Kosmetische Produkte müssen nicht – wie einige
schränkt (z. B. Konservierungsstoffe, Farbstoffe). Arzneimittel – steril sein. Eine niedrige Konservie-
rungsmittelkonzentration, die mikrobistatisch
(wachstumshemmend) wirkt, ist in Kosmetika aus-
3.1 Konservierungsstoffe reichend. Höhere Konzentrationen desselben Kon-
servierungsstoffes wirken in der Regel mikrobizid
Alle über längere Zeiträume verwendete Produkte, (keimtötend). Der Zusatz von Konservierungsstof-
die wir z. B. auf unsere Haut und unsere Haare auf- fen in Kosmetika verhindert eine Rekontamination
tragen, werden durch ständiges Öffnen und Schlie- des Produktes mit Keimen – vorausgesetzt, die Her-
ßen der Gefäße, durch Berühren mit den Fingern stellung erfolgt hygienisch einwandfrei.
und dem Mund mit Mikroorganismen wie Bakte-
rien oder Pilzen kontaminiert. Für den Menschen Lebensbedingungen für Keime
sind nur sehr wenige der Mikroorganismen wirklich Die Verwendung von Konservierungsstoffen ist
krankheitserregend. Für Säuglinge und alte Men- grundsätzlich angezeigt bei Zubereitungen, die
schen oder schwer Kranke, deren Immunabwehr Wasser enthalten. Besonders Lotionen und Cremes,
noch nicht ausgereift oder aber geschwächt ist, die oft mehr als 80 % Wasser enthalten, sowie wäss-
können viele dieser sonst harmlosen Keime jedoch rige Lösungen sind durch einen Keimbefall gefähr-
zu gefährlichen Infektionen führen. det. In öligen und wasserarmen Produkten vermeh-
Durch die Kontamination der Produkte mit Mi- ren sich Keime dagegen nur schwer.
kroorganismen können nicht nur Krankheiten beim Viele Kosmetika beinhalten Substanzen (Ei-
Menschen ausgelöst werden. Einige Keime sondern weiße, Pflanzenextrakte, Zucker etc.), die in Verbin-
Toxine ab oder können Inhaltsstoffe der Produkte dung mit Wasser sehr gute Nährböden für Mikro-
zersetzen. Diese Toxine und Zersetzungsprodukte organismen sind.
sind in der Regel schädlich. Sie lösen reizende, toxi- Das Wachstum und die Vermehrung der Mikro-
sche oder allergische Reaktionen auf der Haut oder organismen werden in der Regel durch pH-Werte
im Körper aus. Sind Hilfsstoffe oder Wirkstoffe von zwischen 3–10 und Temperaturen von 15–40 ºC
einer Zersetzung durch Keime betroffen, kann es zu begünstigt. Im Kühlschrank kann das Keimwachs-
einer drastischen Verschlechterung der galenischen tum nur verlangsamt, nicht jedoch gestoppt werden.
Stabilität kommen. Beispielsweise sedimentiert die Aerobe Keime benötigen Sauerstoff, Anaerobier
Wasserphase, das Fett steigt auf, es entstehen Ver- vermehren sich am besten ohne Sauerstoff, z. B. in
färbungen oder unangenehme Gerüche. Vakuumverpackungen.
Durch die Verwendung natürlicher Stoffe wie Ei- Die in 7 Übersicht 3.1 erwähnten Lebensbedin-
weiße, Zucker, Glukoproteine, Vitamine, fette Öle gungen für Keime gelten für den Großteil der be-
und vor allem Wasser sind Kosmetika gute Nährbö- kannten Mikroorganismen. Einige Keime können
den für sehr viele Keime. Rohstoffe, die natürlich jedoch unter extremsten Bedingung überleben und
gewonnen werden, sind naturgemäß mit Mikroorga- sich vermehren.
nismen besiedelt. Durch die Empfindlichkeit vieler
natürlicher Stoffe gegenüber Hitze können diese oft
nur schwer von Mikroorganismen befreit werden.
3.1 · Konservierungsstoffe
41 3

. Tabelle 3.1. Die gebräuchlichsten Konservierungsstoffe in Kosmetika


KVO-Nr. KVO-Bezeichnung INCI-Bezeichnung Funktionen
1 Benzoesäure, Salze, Ester (+) Benzoic Acid KS, PR
2 Propionsäure, Salze (+) Propionic Acid KS, Asep
3 Salicylsäure, Salze (+) Salicylic Acid KS, AHA, Ker, Asb
4 2,4-Hexadiensäure, Salze (Sorbinsäure) (+) Sorbic Acid KS
7 2-Hydroxybiphenyl, Salze (+) o-Phenylphenol KS
7 Natrium-o-Phenylphenylate (+) Sodium o-Phenylphenate KS
11 Chlorbutanolum Chlorobutanol KS
12 4-Hydroxybenzoesäure, Salze, Ester (+) Alkyl-Paraben KS
13 3-Acetyl-6-methyl-2,4(3H)-pyrandion, Salze Dehydroacetic Acid KS
20 5-Brom-5-nitro-1,3-dioxan 5-Bromo-5-Nitro-1,3-Dioxane KS
21 2-Brom-2-nitro-1,3-propandiol (+) 2-Bromo-2-Nitropropane-1,3-Diol KS
25 2,4,4¢-Trichlor-2¢-hydroxy-diphenylether (+) Triclosan KS, Asep, Deo
27 1,1¢-Methylen-bis[3-(1-hydroxy-methyl- Imidazolidinyl Urea KS
2,4-dioximidazolidin-5-yl) harnstoff ] (+)
28 Poly(hexamethylendiguanid)-hydrochlorid (+) Polyaminopropyl Biguanide KS, Asep
29 2-Phenoxy-ethanol (+) Phenoxyethanol KS, Asep
31 Methanamin-3-chlorallylchlorid Quaternium 15 KS
33 1,3-bis-(hydroxy-methyl)-5,5-dimethyl- DMDM Hydantoin KS
2,4-imidazolidindion (+)
34 Benzylalkohol (+) Benzyl Alcohol KS, LM
35 1-Hydroxy-4-methyl-6-(2,4,4¢-trimethyl- Piroctone Olamine KS, ASch, Asb
pentyl)-2-pyridon, Salze (+)
36 1,2-Dibrom-2,4-dicyanobutan Methyldibromo-Glutaronitrile KS
38 3-Methyl-4-(1-methylethyl)phenol; o-Cymen-5-ol KS
4-Isopropyl-m-Kresol
39 5-Chlor-2-methyl-3(2H)-iso-thiazolon Methylchloro- o. Methylisothiazolinon KS
u. 2-methyl-3(2H)-isothiazolon
41 Chloracetamid Chloroacetamide KS
42 Chlorhexidin (+) Chlorhexidine Digluconate/-acetate KS, Asep, Mu
44 N-Alkyl(C12 – C22)trimethylammonium- Cetrimonium Chloride o. Bromide KS, Asep, E,
chlorid/bromid (+) ASt, Asch
46 N-Hydroxymethyl-N-[1,3-di(hydroxymethyl)- Diazolidinyl Urea KS
2,5-dioxo-imidazolidin-4-yl]-N¢-hydroxy-
methyl-harnstoff
50 Chlorphenesin Chlorphenesin KS
51 Natriumhydroxymethylaminoacetat Sodium Hydroxymethylglycinate KS
42 Kapitel 3 · Zusatzstoffe in Kosmetika

Alle KS gelten bei empfindlichen Personen als


Übersicht 3.1. Keimwachstum begünstigende mögliche Auslöser allergischer Reaktionen. Durch
Faktoren »ländertypischen« Einsatz bestimmter Konservie-
rungsstoffe weisen Allergiestatistiken über Konser-
Wasser vierungsstoffe von Land zu Land erhebliche Unter-
3 Temperatur 15–40 °C schiede auf. (Konservierungsstoffe, die sehr oft in
pH 3–10 verschiedensten Produkten vorkommen, rangieren
Nährboden in der Allergiestatistik sicher ganz oben, im Gegen-
Sauerstoff (nur Aerobier) satz zu Konservierungsstoffen, die nur in wenigen
Spezialprodukten vorkommen!).

Forderungen an Konservierungsstoffe 3.1.2 Wirkmechanismus


Täglich nehmen wir mit Lebensmitteln, Arzneimit-
teln und Kosmetika große Mengen an Konservie- Konservierungsmittel zeigen eine leichte Amphi-
rungsstoffen zu uns oder bringen unseren Körper philie (d. h. sie besitzen eine wasserlösliche Seite
damit in Berührung. Daher sollten sie einige wich- und eine fettlösliche) mit überwiegend lipophilem
tige Kriterien erfüllen: Charakter auf. Diese chemische Eigenschaft ermög-
4 bereits in geringsten Konzentrationen antimikro- licht es den KS, sich an die Keimzellwand zu adsor-
biell wirksam, bieren (anzulagern) und so wichtige Transportwege
4 breites Wirkspektrum, für Wasser und Nährstoffe zu blockieren. Oder sie
4 gute Wasserlöslichkeit, geringe Lipophilie (Fett- durchdringen die Zellwand und gelangen in das
löslichkeit), Zytoplasma (»Zellsaft«). Hier können sie die Keime
4 pH- unabhängiges Wirkspektrum, auf mehrere Arten schädigen:
4 geschmack- und geruchlos, 4 Reaktionen mit der DNA, RNA; dadurch Erb-
4 keine Kumulation (Anreicherung) im menschli- gutveränderungen,
chen Körper, 4 Denaturierung (Zerstörung) von Eiweißen und
4 nicht toxisch, nicht allergen, Enzymen,
4 keine Wechselwirkungen mit anderen Inhalts- 4 Strukturveränderungen wichtiger Zellbestand-
stoffen, teile,
4 keine Veränderung der galenischen Eigenschaf- 4 Zerfall von Zelleiweißen,
ten. 4 Hemmung von Stoffwechselvorgängen.

Viele KS erfüllen die oben genannten Anforde- Diese Eingriffe in die Lebensvorgänge der Mikroor-
rungen nur unzureichend. Um ein Optimum an ganismen können sich mikrobistatisch (wachstums-
Wirksamkeit, Konzentration und Verträglichkeit zu hemmend) oder mikrobizid (abtötend) auswirken.
erlangen, werden in den meisten Fällen mehrere Dies ist oft nur von der eingesetzten Konzentration
Konservierungsstoffe kombiniert. Dadurch verrin- abhängig.
gert sich die Wahrscheinlichkeit einer Resistenz- Zu beachten ist, dass Konservierungsstoffe nicht
entwicklung der Keime gegenüber den KS. Durch bei jeder Keimart gleichermaßen wirken. Manche
Kombinationen wird ein breiteres Keimspektrum Mikroorganismen reagieren auf einen bestimmten
abgedeckt. Zusätzlich wird die eingesetzte Gesamt- KS äußerst empfindlich, andere werden von der glei-
konzentration an KS durch einen Synergieeffekt chen Substanz in ihrem Wachstum nicht beeinflusst.
optimiert. (Wirkverstärkung bei gleichbleibender Häufig kann abgeschätzt werden, mit welchen Kei-
oder geringer Gesamtkonzentration an KS). Weiter- men bei einer Anwendung zu rechnen ist. Demnach
hin ist die chemische Struktur der KS im Einzelfall werden die unterschiedlichen Konservierungsstoffe
zu berücksichtigen, um Wechselwirkungen mit den ausgewählt, um eventuell auftretende Keime abzu-
Inhaltsstoffen zu vermeiden. töten.
3.1 · Konservierungsstoffe
43 3
3.1.3 Gesetzliche Grundlagen Reaktion durch Kosmetika ebenso denkbar. Nur mit
Hilfe von Allergietests kann sichergestellt werden,
In § 3a und Anlage 6 der Kosmetikverordnung wird auf welche Stoffe der Betroffene eine allergische
der Einsatz von Konservierungsstoffen geregelt. Die Reaktion zeigt. Auch mikrobielle Stoffwechselpro-
Positivliste mit Stand 03/07 weist 56 verschiedene dukte sind allergieauslösend und toxisch wirksam,
KS auf. In der Anlage sind ferner »Einschränkungen die in unzureichend konservierten Produkten ent-
und Anforderungen«, »zulässige Höchstkonzentra- stehen können.
tionen«, notwendige Warnhinweise und besondere Vor allem für jene Personen, die unter Konservie-
Anwendungsbedingungen genannt. »Als Salze von rungsmittelallergien leiden oder die leicht auf aller-
Konservierungsstoffen gelten die Salze der Kationen gene Stoffe reagieren, wurden Produkte ohne Zusatz
Natrium, Kalium, Calcium, Magnesium, Ammo- von KS entwickelt.
nium und Ethanolamin sowie die Salze der Anionen
Chlorid, Bromid, Sulfat und Acetat. Als Ester von Möglichkeiten der Herstellung
Konservierungsstoffen gelten Methyl-, Ethyl-, Pro- konservierungsstofffreier Kosmetika
pyl-, Isopropyl-, Butyl-, Isobutyl-, und Phenylester« 4 In einigen Produkten wie feste Seifen oder Syn-
(§ 3a Abs. 5). dets sind KS überflüssig, da sie kaum Wasser ent-
Nach § 3a Abs. 3 dürfen KS der Anlage 6, die mit halten und die Waschsubstanzen ebenfalls leicht
dem Zeichen (+) versehen sind, in anderen Konzen- konservierend wirken.
trationen und zu anderen Zwecken als zur Konser- 4 Die Abfüllung erfolgt keimfrei in Spendergefä-
vierung in Kosmetika enthalten sein. Diese anderen ße, Tuben oder Einmaldosisbehältnisse, so dass
Zwecke müssen sich durch die Kennzeichnung des eine rekontaminationsfreie Entnahme möglich
Produktes ergeben. wird.
4 Kosmetika mit antibakteriell wirksamen ätheri-
schen Öle oder Substanzen (z. B. Teebaumöl)
3.1.4 Einteilung der benötigen keine weitere Konservierung (7 Kap.
Konservierungsmittel 3.1.6).
4 Zubereitungen mit extremen pH-Werten <3
In . Tab. 3.1 sind die am häufigsten in Kosmetika und >10 verhindern Keimwachstum.
vertretenen Konservierungsstoffe mit KVO-Nr., 4 Wässrigen Zubereitungen wie Einreibungen,
INCI-Bezeichnung und weiteren Funktionen zu Gesichtswässern und Cremes mit kurzkettigen
finden. In . Abb. 3.1 sind die dazugehörigen chemi- Alkoholen (Ethanol, Propanol, Propylenglykol,
schen Formeln abgebildet. Glycerol etc.) in mehr als 20 %iger Konzentra-
tion benötigen keine weitere Konservierung.
4 Ein hoher osmotischer Druck aufgrund von
3.1.5 Stabile Formulierungen Salzen (NaCl) und hydrophilen, kurzkettigen
ohne Konservierung Molekülen wirkt mikrobistatisch (ähnlich dem
Pökeln zur Haltbarmachnung).
Viele Allergien werden durch die Einnahme von
Lebensmittel und Verwendung von Kosmetika und Unkonservierte, wasserhaltige, in Cremetiegel abge-
die darin befindlichen Konservierungsstoffe verur- füllte Zubereitungen, die durch keine der genannten
sacht. Verbraucher und Mediziner beurteilen des- Alternativen stabilisiert wurden, wären nach dem
halb den Einsatz von Konservierungsmitteln sehr Öffnen maximal zwei Wochen haltbar. Diese kurze
kritisch. Die Nachfrage nach konservierungsmittel- Haltbarkeit ist für den Verbraucher nicht prakti-
freien Produkten ist aus diesem Grund steigend. In kabel.
solchen Produkten sind jedoch oftmals noch mehr Einige der Methoden sind für den Anwender
allergiepotente Stoffgruppen enthalten: Farbstoffe, ebenfalls mit möglichen Hautunverträglichkeiten
Dufstoffe, Wirkstoffe, ätherische Öle, Pflanzenroh- verbunden: Ätherische Öle sind allergen, Alkohole
stoffe etc. Sie sind als Ursachen einer allergischen wirken austrocknend, Glycerin ist hautreizend.
44 Kapitel 3 · Zusatzstoffe in Kosmetika

. Abb. 3.1. Teil 1: Formeln wichtiger Konservierungsstoffe


3.1 · Konservierungsstoffe
45 3

. Abb. 3.1. Teil 2: Formeln wichtiger Konservierungsstoffe


46 Kapitel 3 · Zusatzstoffe in Kosmetika

Diese »Ersatzstoffe« für KS müssen gemäß der KVO 4 Teebaumöl (INCI: Melaleuca alternifolia), wel-
nicht als Konservierungsstoffe ausgewiesen werden, ches auch fungizid wirkt,
da die Hauptwirkung dieser Substanzen nicht die 4 Thymol (INCI: Thymol) ein Monoterpenphenol
Konservierung selbst ist. in Thymian, Oregano, Bohnenkraut.
Die Haltbarkeit der konservierungsmittelfreien
3 Produkte ist i. d. R. kürzer als die üblichen drei Jahre,
3.2 Antioxidantien
so dass die Verfallsdaten auf den Packungen einer
stärkeren Kontrolle bedürfen.
Viele kosmetische Inhaltsstoffe werden leicht durch
Luftsauerstoff oxidiert. Es entstehen unangenehm
3.1.6 Weitere Stoffe mit riechende und hautreizende Oxidations- und Spalt-
konservierenden Eigenschaften produkte (Peroxide). Das Produkt ist »ranzig« und
somit unbrauchbar. Besonders betroffen von diesem
Eine Vielzahl natürlicher Stoffe weisen eine kon- Oxidationsprozess sind Zubereitungen, die Fette
servierende Wirkung auf. Warum werden sie bei der und Wachse mit mehrfach ungesättigten Fettsäuren
Herstellung von Kosmetika nicht öfters im Aus- enthalten. »Ungesättigt« bedeutet chemisch, dass
tausch gegen die »echten Konservierungsstoffe« ver- zwischen zwei Kohlenstoffatomen eine doppelte
arbeitet? Bindung besteht. Die Doppelbindung bietet dem
Es handelt sich um Naturstoffe, deren antimikro- Sauerstoff eine gute Angriffsfläche. Die Energie, die
biellen Wirkungen noch nicht ausreichend erforscht bei einer Reaktion des Sauerstoffs mit der unge-
sind. sättigten Verbindung frei wird, kann sogar zur
4 Sind sie in höheren Konzentrationen für den Spaltung beider Bindungen zwischen den Kohlen-
Menschen unbedenklich? stoffen führen. Als Zwischenprodukte entstehen
4 Welche Konzentrationen sind nötig? Radikale, hochreaktive Verbindungen, die die an-
4 Liegen chemische Wechselwirkungen mit ande- fänglich langsame Reaktion immer mehr beschleu-
ren Bestandteilen vor? nigen, es findet eine Autoxidation statt oder Ket-
4 Wie wird eine Gehaltskontrolle und Standardi- tenreaktion. (Für den Chemieinteressierten: Radika-
sierung der pflanzlichen Extrakte erreicht? le sind einzelne, »ungepaarte« Elektronen. Elektronen
4 Werden Allergien und Unverträglichkeiten aus- sind aber nur ausreichend stabil, wenn sie paarweise
gelöst? vorliegen. Radikale zeigen deshalb eine hohe Reakti-
4 Wie gewinnt man preiswerte Rohstoffe? onsbereitschaft, um möglichst schnell den gepaarten
4 Wie ist ein möglicher Eigengeruch einzuschät- Zustand zu erreichen! Im schlimmsten Fall können
zen? sie mit dem menschlichen Erbmaterial Reaktionen
eingehen, die Mutationen und später Gewebsverände-
Die Stoffe, die zurzeit als antimikrobiell und rungen nach sich ziehen können!).
möglicherweise konservierend eingestuft werden, Eine ganze Reihe von Faktoren begünstigen die
sind: Oxidation und beschleunigen die Kettenreaktion.
4 Propolis (INCI: Propolis Cera); enthält Flavo- 4 Verwendung von Ausgangsmaterialien, in denen
noide, die antimikrobiell wirksam sein sollen die Oxidation schon eingesetzt hat, die also schon
(7 Kap. 4.5), »Peroxide« enthalten.
4 Zimtaldehyd, ein Phenylpropanderivat in Zimt- 4 Ranzige Öle sind Katalysatoren (»Beschleuni-
rinde (INCI: Cinnamomi cassia), Eugenol und ger«) der Kettenreaktion.
Isoeugenol (INCI: Eugenol, Isoeugenol), Phenyl- 4 Viel Luftsauerstoff im Gefäß.
propanderivate im Nelkenöl, 4 Schwermetallionen katalysieren die Reaktion.
4 Farnesol (INCI: Farnesol), ein C15-Terpenalko- 4 Licht, Wärme, Feuchtigkeit und freie Fettsäuren
hol in Lindenblüten, begünstigen und beschleunigen den Ablauf.
4 Phenylethylalkohol (INCI: Phenethyl Alcohol) in
Rosenöl (Rosa damascena), Als Folge davon verdirbt das Produkt.
3.2 · Antioxidantien
47 3

. Abb. 3.2. Formeln wichtiger Antioxidantien, Komplexbildner, Puffersubstanzen


Ascorbinsäure Alphahydroxysäuren
48 Kapitel 3 · Zusatzstoffe in Kosmetika

Um eine Autoxidation zu verhindern oder zu ver- Die Wirkung von Antioxidantien kann noch durch
langsamen sind folgende Herstellungs- und Lager- sogenannte Synergisten verstärkt werden, die zu-
bedingungen zu befolgen: meist den Gruppen der Komplexbildner (7 Kap. 3.3)
4 Es müssen peroxidfreie, »frische« Ausgangspro- oder Puffersubstanzen (7 Kap. 3.4) zugeordnet wer-
dukte verwendet werden. den können. Bei einigen dieser Stoffe wie z. B. der
3 4 Es dürfen nicht alte Chargen mit neuen Chargen Ascorbinsäure, überschneiden sich die Wirkungen.
von fetten Ölen gemischt werden. Die Ascorbinsäure kann nicht eindeutig in eine
4 Die Gefäße sollten vollständig gefüllt werden Gruppe eingeordnet werden. In . Tab. 3.2 werden
und möglichst aus lichtundurchlässigem Mate- die Gruppen mit ihren jeweiligen Funktionen aufge-
rial sein. listet.
4 Die Lagerung sollte trocken, kühl und dunkel
erfolgen.
4 Schwermetallspuren sind zu beseitigen. 3.3 Komplexbildner
4 Einsatz von Antioxidantien wird empfohlen.
Um die katalytische Wirkung der Metallionen wie
Um auch während der Anwendung der Reaktion mit Kupfer, Eisen, Mangan, Nickel, Cobalt etc., die den
Sauerstoff durch ständiges Öffnen des Gefäßes Ein- Verderb durch Sauerstoff vorantreiben, zu unter-
halt zu gebieten, empfiehlt es sich, Antioxidantien binden, werden Komplexbildner oder Sequestrie-
zu verwenden. Die Antioxidantien werden auch als rungsmittel eingesetzt. Sie bilden mit den Metal-
Radikalfänger bezeichnet, weil sie mit den Radikalen lionen stabile, lösliche Komplexe oder Chelate. In
des Oxidationsprozesses stabile Zwischenprodukte Form dieser Verbindungen werden die Ionen dem
bilden, die nicht mehr mit Sauerstoff reagieren und Reaktionsmilieu entzogen und können nicht mehr
dadurch einen Kettenabbruch auslösen. als Katalysatoren für die Oxidation mit Sauerstoff
Antioxidantien sollten im Herstellungsprozess fungieren. Die am häufigsten verwendete Substanz
möglichst früh eingesetzt werden, um die Bildung ist Ethylendiamintetraessigsäure (EDTA) und ihre
der katalytisch wirkenden Peroxide zu unterbinden. Salze. Sie wird ebenfalls für komplexometrische
Ab einer bestimmten Anzahl von Peroxiden sind Bestimmungen des Arzneibuchs herangezogen, um
Antioxidantien nicht mehr wirksam, die Reaktions- Ionen wie Calcium oder Magnesium quantitativ zu
kette kann nicht mehr unterbrochen werden. ermitteln.
Kosmetiksalben und -cremes benötigen auf- Weitere wichtige Komplexbildner, die teilweise-
grund ihrer typischen Betandteile (Öle, Fette, Wach- aufgrund ihres Säurecharakters auch als Puffersys-
se) grundsätzlich Antioxidantien. Auch in vielen teme wirken können, finden sich in . Tab. 3.2.
Lebensmitteln findet man diese Zusatzstoffe, um die
Reaktion der Inhaltsstoffe mit Sauerstoff zu verhin-
dern. Aufgrund dieser ständigen, unvermeidlichen 3.4 Puffersubstanzen
Anwendung der Antioxidantien in vielen Lebens- und pH-Regulatoren
bereichen müssen sie einige wichtige Forderungen
erfüllen: Der pH-Wert der Haut liegt zwischen 4,5–6,9. Der
4 gute Fettlöslichkeit, pH-Wert kosmetischer Produkte sollte sich daher
4 thermostabil sowie licht- und feuchtigkeitsbe- diesem Bereich anpassen, um eine optimale Haut-
ständig, verträglichkeit zu gewähren. Die Begriffe »Puffer«
4 keine Wechselwirkungen mit anderen Bestand- und »pH-Regulatoren« sind nicht eindeutig defi-
teilen der Produkte, niert. Mit hilfe von pH-Regulatoren wie Natronlauge
4 hohe Wirksamkeit bei niedrigen Konzentrati- oder Salzsäure werden die pH-Werte der Produkte
onen, zunächst auf den gewünschten Wert »eingestellt«.
4 gute Hautverträglichkeit, auch der Reaktionspro- Puffer stabilisieren den pH-Wert in engen Grenzen
dukte, und vermindern eine extreme pH-Wert-Änderung
4 toxikologische Unbedenklichkeit. durch Fremdsubstanzen. Puffersysteme bestehen
3.5 · Duft- und Farbstoffe
49 3

. Tabelle 3.2. Zusatzstoffe (Antioxidantien, Komplexbildner)

Dt. oder chem. Bezeichnung INCI- Bezeichnung Funktionen

Antioxidantien

Ascorbinsäure (Vitamin C) Ascorbic Acid AO, Kx, Pu


Ascorbylpalmitat (Vit. C-Verbindung) Ascorbyl Palmitate AO, Kx, Pu
Cystein Cysteine AO, ASt,
Butylhydrochinon t-Butylhydrochinone AO
Butylhydroxyanisol BHA AO
Butylhydroxytoluol BHT AO
Dodecylgallat Dodecyl Gallate AO
Magnesiumascorbat Magnesium Ascorbate AO
Octylgallat Octyl Gallate AO
Propylgallat Propyl Gallate AO
Tocofersolan Tocophersolan AO
Tocopherol (Vitamin E) Tocopherol AO
Tocopherolacetat (Vit. E-Verbindung) Tocopheryl Acetate AO
Tocopherollinoleat (Vit. E-Verbg.) Tocopheryl Linoleate AO
Tocopherolpalmitat (Vit. E-Verbg.) Tocopheryl Palmitate AO

Synergisten, Komplexbildner

Dikalium EDTA Dipotassium EDTA Kx


Dinatrium EDTA Disodium EDTA Kx
Ethylendiamintetraessigsäure EDTA Kx
Etidronisäure Etidronic Acid Kx
Natriumcalcium EDTA Calcium Disodium EDTA Kx
Natriumgluconat Sodium Gluconate Kx
Natriummetaphosphat Sodium Hexametaphosphate Kx
Trinatriumcitrat Sodium Citrate Kx, Pu
Trinatrium EDTA Trisodium EDTA Kx
Tetrahydroxypropylethylendiamin Tetrahydroxypropyl Ethylendiamine Kx
Tetranatrium EDTA Tetrasodium Ethylendiamine Kx
Tetranatriumetidronat Tetrasodium Etidronate Est, Kx,VD

aus schwachen Säuren oder Basen und deren Salzen Duft- und Farbstoffe sind die beiden Haupt-
(z. B. Essigsäure/Natriumacetat). Einige der Puffer- pfeiler der dekorativen Kosmetik. Die Anzahl der
substanzen können aufgrund ihrer Molekülstruktur Parfumsorten und farbgebenden Produkte steigt
auch Komplexbindungen mit Schwermetallionen jährlich. Ein rückläufiger Trend in der Verwendung
eingehen und erfüllen somit zwei Aufgaben (Citro- von Farb- und Parfumstoffen ist dagegen in der
nensäure, Weinsäure, vgl. 7 Kap. 3.3). Wichtige Puf- Pflegekosmetik zu beobachten. Durch häufige aller-
fersubstanzen/pH-Regulatoren sind in . Tab. 3.3 gische Reaktionen wird deren Notwendigkeit streng
aufgelistet. hinterfragt.
Neigt eine Person nicht zu Allergien und sind
bis jetzt keine Reaktionen auf Farb- und Duftstoffe
3.5 Duft- und Farbstoffe entstanden, muss sie nicht auf die wohlriechende
Creme und Lotion verzichten. Für empfindliche
Mit der Vorstellung von Kosmetik sind Duft- und Hauttypen, bei Altershaut, Neurodermitis und Baby-
Farbstoffe eng verbunden. Werden sie Pflegeproduk- haut sind parfum- und farbstofffreie Produkte vor-
ten zugesetzt, erhöhen sie den Wiedererkennungs- zuziehen.
effekt und überdecken unangenehme Gerüche.
50 Kapitel 3 · Zusatzstoffe in Kosmetika

. Tabelle 3.3. Zusatzstoffe (Puffersubstanzen, pH-Regulatoren)

Dt. oder chem. Bezeichnung INCI- Bezeichnung Funktionen


Puffersubstanzen, pH-Regulatoren

2-Aminoethanol Ethanolamine Pu
3 2-Amino-2-methyl-1-propanol Aminomethyl Propanol Pu, PR

Ammoniak Ammonia Pu

Ammoniumhydroxid Ammonium Hydroxide Pu

Apfelsäure Malic Acid AHA, Pu

Bernsteinsäure Succinic Acid Pu

Calciumcarbonat Calcium Carbonate Mu, Pu, Sfm, TM

Citronensäure Citric Acid Kx, Pu

Diammoniumcitrat Diammonium Citrate Pu

Dikaliumhydrogenphosphat Dipotassium Phosphate Pu

Dinatriumhydrogenphosphat Disodium Phosphate Pu

Essigsäure Acetic Acid Pu

Glycin Glycine Pu

Glykolsäure Glycolic Acid Pu

Kaliumcarbonat Potassium Carbonate Pu

Kaliumhydroxid Potassium Hydroxide Pu

Kaliumphosphat Potassium Phosphate Pu

Natriumacetat Sodium Acetate Pu

Natriumcitrat Sodium Citrate Pu

Natriumhydrogencarbonat Sodium Bicarbonate Pu

Natriumhydrogenphosphat Sodium Phosphate Pu

Natriumhydroxid Sodium Hydroxide Pu, PR

Magnesiumhydroxid Magnesium Hydroxide Abs, Pu

Milchsäure Lactic Acid Kx, Pu

Natriumlactat Sodium Lactate Pu

Salzsäure Hydrochloric Acid Pu

Sebacinsäure Sebacic Acid Pu

Trinatriumhydrogendicarbonat Sodium Sesquicarbonate Pu

Tris(hydroxymethyl)aminomethan Tromethamine PR

Trolamine Triethanolamine PR

Weinsäure Tartaric Acid Kx, PR


3.5 · Duft- und Farbstoffe
51 3
3.5.1 Farbstoffe 3.5.2 Duftstoffe

Den Rahmen für die Wahl von Farbstoffen gibt die Es gibt für Duftstoffe keine verbindliche Aufstellung.
Kosmetikverordnung vor. In § 3, Anlage 3 finden sich In der Liste der INCI-Bezeichnungen aus der EG-
die in Deutschland zugelassenen Farbstoffe (7 Über- Kosmetik-Richtlinie folgt im zweiten Teil eine Zu-
sicht 3.2). Auf Kosmetikpackungen sind sie als CI sammenstellung von bekannten Riech- und Aroma-
(Colour-Index)-Nr. (7 Kap. 1.2.3) ausgewiesen. Diese stoffen (7 Übersicht 3.3). Bis 2003 mussten sie jedoch
CI-Nummern sind im Gesetz verankert. Sie sind mit auf den Kosmetika nicht mit ihrem Substanznamen
dem E-Nummernsystem der Lebensmittelzusatz- angegeben werden, sondern es genügte der Sammel-
stoffe vergleichbar. begriff »Parfum« zur Kennzeichnung. Diese sehr

Übersicht 3.2. Farbstoffgruppen Übersicht 3.3. Duftstoffgruppen

synthetische Farbstoffe ätherische Öle


natürliche Farben (Chlorophyll) isolierte Duftstoffe
naturidentische Farben naturidentische Duftstoffe
Pigmente synthetische Düfte
Oxide (Eisenoxide) Duftkomponenten tierischen Ursprungs
Mineralien (Talkum)

. Tabelle 3.4. Deklarationspflichtige Duftstoffe nach KVO §5a Abs. 3, Anlage 2 Teil A

Dt. oder chem. Bezeichnung INCI-Bezeichnung Funktion


Amylcinnamal Amyl cinnamal Pa

Amylcinnamylalkohol Amylcinnamyl alcohol Pa

Anisylalkohol Anise alcohol Pa

Baummoosextrakt Evernia furfuracea extract Pa

Benzylalkohol Benzylic alcohol BZ, KS, Pa

Benzylbenzoat Benzyl benzoate Pa

Benzylcinnamat Benzyl cinnamate Pa

Benzylsalicylat Benzyl salicylate Asep, Pa

Cinnamal Cinnamal Pa

Cinnamylalkohol Cinnamyl alcohol Asep, Pa

Citral Citral Pa

Citronellol Citronellol Pa

Cumarin Coumarin Pa

Eichenmoosextrakt Evernia prunastri extract Pa

Eugenol Eugenol Asep, Pa

Farnesol Farnesol Aserp, Pa

Geraniol Geraniol Pa

Hexyl-cinnamaldehyd Hexyl cinnamal Pa


52 Kapitel 3 · Zusatzstoffe in Kosmetika

. Tabelle 3.4 (Fortsetzung)

Dt. oder chem. Bezeichnung INCI-Bezeichnung Funktion


Hydroxycitronellal Hydroxycitronellal Pa
Hydroxymethyl-pentyl-cyclohexen- Hydroxyisohexyl 3-cyclohexene- Pa
carboxaldehyd carboxaldehyde
3
Isoeugenol Isoeugenol Asep, Pa
d-Limonen Limonene Pa
Linalool Linalool Pa
Methylheptincarbonat Methyl 2-Octynoate Pa
3-Methyl-4-(2,6,6-trimethyl-2-cyclo- Alpha-isomethylionone Pa
hexen-1-yl)-3-buten-2-on
2-(4-tert.-Butylbenzyl)-Propionaldehyd Butylphenyl-methylpropional Pa

unbestimmte Deklaration erschwerte es den Ärzten werden (. Tab. 3.4). Sie sind sehr häufig für Unver-
und Apothekern bei Unverträglichkeiten das Aller- träglichkeitsreaktionen verantwortlich und stam-
gen zu ermitteln und anschließend die richtigen men zum Großteil aus der großen Stoffklasse der
Kosmetika auszuwählen! Im Februar 2003 wurde ätherischen Öle (. Abb. 3.3). Einige dieser Substan-
dieser Mangel in der neuen Richtlinie über kosme- zen kommen natürlicherweise auch in Pflanzen-
tische Mittel zum Teil behoben (7 Kap. 1.2.2, 1.2.3), auszügen, -extrakten oder deren ätherischen Ölen
und ab sofort müssen 26 Parfumstoffe namentlich vor, die genauso allergen wirken wie die Reinsubs-
genannt werden, wenn sie der Zubereitung zugesetzt tanz (. Tab. 3.5).

. Tabelle 3.5. Natürliches Vorkommen der Duftstoffe 3.6 Lösungsmittel


nach KVO § 5a Abs. 3
Dt. Bezeichnung INCI nach Linné Lösungsmittel werden in zwei Gruppen eingeteilt:
Anis Pimpinella anisum 4 hydrophile (wasserähnlich) Lösungsmittel,
Bitterorange, Pomeranze Citrus aurantium amara 4 lipophile (fettähnlich) Lösungsmittel.
Citronellgras Cymbopogon nardus
Die erstgenannte Substanzklasse wird in 7 Kap. 6.4
Eucalyptus Eucalyptus globulus
besprochen.
Fenchel Foeniculum vulgare Als lipophile Lösungsmittel können sämtliche
Grapefruit Citrus grandis flüssigen Lipide (7 Kap. 6.3) verwendet werden. Sie
Koriander Coriandrum sativum stammen aus verschiedenen chemischen Gruppen:
Lavendel Lavandula angustifolia 4 Triglyceriden (z. B. Neutralöl),
4 flüssigen Wachsen (z. B. Lanolinöl),
Limette Citrus aurantifolia
4 wachsähnlichen Verbindungen (z. B. Oleyloleat),
Melisse Melissa officinalis
4 Paraffinen (z. B. dünnflüssiges Paraffin),
Nelke Eugenia caryophyllus 4 kurzkettigen Silikonen (z. B. Dimethicone).
Orange Citrus aurantium
Rose Rosa centifolia Über ihre Chemie, Hautwirksamkeit und technolo-
Thymian Thymus vulgaris gischen Eigenschaften kann in 7 Kap. 6 nachgelesen
werden.
Zimt Cinnamomum cassia
Zitrone Citrus medica limonum
3.6 · Lösungsmittel
53 3

. Abb. 3.3. Formeln der deklarationspflichtigen Duftstoffe nach KVO § 5a Abs. 3


4

4 Wirkstoffe in Kosmetika
4.1 Vitamine, Provitamine – 58
4.1.1 Ascorbinsäure, Vitamin C – 58
4.1.2 Nicotinamid, Vitamin B3 – 58
4.1.3 Panthenol, Provitamin B5 – 62
4.1.4 Pyridoxin, Vitamin B6 – 62
4.1.5 Retinol, Vitamin A – 62
4.1.6 Carotinoide – 63
4.1.7 Tocopherol, Vitamin E – 63

4.2 Feuchtigkeitsspendende Substanzen,


Feuchthaltesubstanzen, Moisturizer – 64
4.2.1 NMF – 64
4.2.2 Alkohole, Humectants – 66
4.2.3 Salz des Toten Meeres (TMS) – 66
4.2.4 Proteine, Eiweiße – 67
4.2.5 Hyaluronsäure – 68

4.3 Alpha-Hydroxysäuren, Fruchtsäuren, »AHA« – 68

4.4 Hautpflegende Wirkstoffe, Emollentien, Wirkstoff-Lipide – 71


4.4.1 Ceramide – 71
4.4.2 Liposome und Nanopartikel – 72
4.4.3 Fette Öle als Wirkstoffe – 75

4.5 Pflanzliche, tierische und biologische Stoffe – 76


4.5.1 Allantoin – 76
4.5.2 Aloe vera – 76
4.5.3 α-Bisabolol – 80
4.5.4 Coffein – 80
4.5.5 Grüner Tee – 81
4.5.6 Hamamelis, virginische Zaubernuss – 81
4.5.7 Kamille – 82
4.5.8 Kristall-Mittagsblume – 82
4.5.9 Madecassoside, Centella asiatica oder Tigerkraut – 83
4.5.10 Propolis – 83
4.5.11 Teebaum – 84
4.6 Stoffe zum Schutz vor oxidativem Stress, Lichtschäden
und Hautalterung – 84
4.6.1 Vitamine gegen oxidativen Stress – 85
4.6.2 Selen – 85
4.6.3 Adenosin und Magnesium – 85
4.6.4 UV-Filter – 85
4.6.5 Photolyase – 85
4.6.6 Superoxiddismutase (SOD) – 86
4.6.7 α-Liponsäure – 86
4.6.8 Squalen – 86
4.6.9 Coenzym Q10 – 87
4.6.10 Polyphenole – 88
4.6.11 Phytoestrogene und Phytohormone – 90

4.7 Exfoliation und Peelingsubstanzen – 91

4.8 Komedogene Stoffe – 93


4 · Wirkstoffe in Kosmetika
57 4

Kosmetika pflegen, reinigen und schützen die Haut; handelt, sind das Eindringvermögen und die Re-
es werden das Aussehen und der Körpergeruch ver- sorption in die Haut abhängig von der Grundlage
ändert. Die Anwendungsorte sind ausschließlich die und den Begleitstoffen. Dies bedeutet, dass selbst bei
Haut- und Schleimhäute, ihre Anhangsgebilde und gleichen Wirkstoffen zwei verschiedene Kosmetik-
die Mundhöhle. produkte oder auch Arzneimittel unterschiedlich
Durch Kosmetika können unter Umständen wirken können, weil die Substanzen gar nicht, ge-
leichte dermatologische Erkrankungen verbessert ringfügig oder bis zu den Blutgefäßen vordringen
oder zum Verschwinden gebracht werden. In diesem können. Im letzteren Fall gelangen die Stoffe in den
Fall befinden sie sich rechtlich in einer Grauzone gesamten Körper (systemisch) und können auch an
zwischen Kosmetikum und Arzneimittel. In den anderer Stelle zu Wirkungen führen. Diese systemi-
USA wurde deshalb für solche Produkte und Wirk- sche Wirkung darf bei Kosmetika des täglichen Ge-
stoffe von einem anerkannten Dermatologen eine brauchs nicht auftreten.
neue Bezeichnung geschaffen die Cosmeceuticals Viele anerkannte seit Langem bewährte Wirk-
(. Abb. 4.1). stoffe in der Kosmetik können in die Gruppe der
Der Kosmetikmarkt wird immer wieder mit Cosmeceuticals eingereiht werden. Je nach Dosie-
neuen Wirkstoffen überschwemmt. Vielen wird nur rung, Anwendungshinweisen oder Verarbeitung
ein schöner, werbeträchtiger Name nachgesagt, ihre sind sie Arzneistoffe, Kosmetikwirkstoffe oder so-
Wirkungen sind kaum besser als von Placebos. An- gar nur Zusatzstoffe (z. B. Salicylsäure: Keratolyse,
deren konnte wissenschaftlich belegt eine physiolo- Moisturizer, Konservierung). In diesem Kapitel
gische Wirkung in der Haut oder sonstige begüns- werden wichtige Wirkstoffgruppen besprochen,
tigende Wirkungen nachgewiesen werden. die größtenteils Cosmeceuticals sind und in höhe-
Bei allen Stoffen, die auf der Haut und Schleim- ren Konzentrationen und anderen Applikations-
haut angewendet werden, unabhängig davon, ob es formen (oral, parenteral) in der Medizin genutzt
sich um Arzneistoffe oder kosmetische Wirkstoffe werden.

Arzneimittel, Definition

Kosmetikum, Definition

Cosmeceutical, Definition

. Abb. 4.1. Kosmetikum, Cosmeceutical, Arzneimittel


58 Kapitel 4 · Wirkstoffe in Kosmetika

4.1 Vitamine, Provitamine wird am besten durch Verkapselung in Liposomen


erreicht.
Vitamine sind essenziell für den Menschen. Das Hinreichend chemisch stabil ist es nur in Form
heißt, dass wir sie täglich mit der Nahrung zu uns seiner Ester (. Tab. 4.1).
nehmen müssen, da der Körper sie nicht selbst auf-
bauen kann. Einige Vitamine können auch in Form
sogenannter Provitamine verzehrt werden. Dies sind 4.1.2 Nicotinamid, Vitamin B3
Vorstufen des eigentlichen Vitamins, die unser Kör-
4 per zum voll wirksamen Vitamin umbauen kann Nicotinamid, Nicotinsäureamid, Niacin oder Vita-
(z. B. Carotinoide zu Vitamin A). min B3 (INCI: Niacin, Nicotinamide) ist ein Baustein
Vitamine werden in fettlösliche (A, D, E, K) und der wasserstoffübertragenden Coenzyme NAD+
wasserlösliche Vitamine (C, B-Gruppe, Biotin) un- und NADP+ (. Abb. 4.2, . Tab. 4.1). B3 ist in vielen
terteilt. Sie sind Coenzyme vieler enzymatischer Re- verschiedenen Nahrungsmitteln enthalten und kann
aktionen im Körper. Wird dem Körper ein Vitamin auch aus der Aminosäure Tryptophan synthetisiert
vorenthalten, kann dies zu schwerwiegenden Man- werden. Ein Mangel ist selten und entsteht durch
gelerscheinungen bis hin zum Tod führen. einseitige, tryptophanarme Ernährung (Mais) oder
Bei manchen Vitaminen wurden einige hervor- Isoniazid-Einnahme (Arzneistoff). Es entstehen
ragende lokale Wirkungen entdeckt, die kosmetisch Dermatiden an belichteten Stellen, Demenz und
oder therapeutisch direkt auf der Haut genutzt und Verdauungsstörungen. Eine historische Avitaminose
nicht durch eine orale Zufuhr erzielt werden. von B3 und weiteren B-Vitaminen ist Pellagra.
Topisch appliziertes Nicotinamid besitzt eine
antiinflammatorische Wirkung. In einer bei Akne-
4.1.1 Ascorbinsäure, Vitamin C patienten durchgeführten Vergleichsstudie konnte
für B3 eine ähnlich starke Wirkung wie für das Anti-
Vitamin C ist ein Redox- und Säure-Base-System biotikum (Clindamycin) nachgewiesen werden. Von
(. Abb. 4.2). Es ist an verschiedensten enzymatischen Vorteil waren auch eine bessere Compliance für
Reaktionen beteiligt, unter anderem fördert es die Niacin gegenüber Clindamycin und die fehlende Re-
Kollagensynthese und wirkt als Radikalfänger. sistenzentwicklung der Keime gegen das Vitamin.
Kosmetika und Lebensmitteln wird es vor allem Die antiphlogistische Wirkung entsteht vermut-
aufgrund seiner antioxidativen Wirkkomponente lich durch den Eingriff in mehrere immunologische
zugesetzt, um einerseits den oxidativen Verderb der Prozesse, z. B.:
Produkte zu verhindern und andererseits die Haut 4 Hemmung der Histaminfreisetzung aus Mast-
vor oxidativem Stress zu schützen. Empfehlenswert zellen,
ist die Kombination von Vitamin C mit Vitamin E, 4 Blockade des Histamin-Rezeptors,
da sich die Stoffe gegenseitig regenerieren. 4 Hemmung der Freisetzung von Entzündungs-
[Zu beachten: In Untersuchungen an der Uni- mediatoren,
versität Halle (2002) wurde festgestellt, dass Vitamin 4 Hemmung der Einwanderung von neutrophilen
C auf der Haut ohne Co-Antioxidantien zusammen Granulozyten,
mit dem in der Haut befindlichen Eisen prooxidativ 4 Unterdrückung der Lymphozytenbildung,
wirkt. Vor allem in Sonnenschutzprodukten kann 4 Hemmung der Phosphodiesterase,
diese umgekehrte Wirkung Schäden auf der Haut 4 Erhöhung der Serotoninsynthese.
auslösen. Es ist deshalb ratsam, Vitamin C immer
mit ausreichend Vitamin E oder anderen Antioxidan- Nicotinamid kann bei unreiner Haut und Akne ein-
tien zu verarbeiten, damit sie sich gegenseitig rege- gesetzt werden oder bei Entzündung der Haarbälge
nerieren.] Als Wirkstoff auf der Haut wirkt es der durch eine Rasur (Papulex® Gel/Waschlotion, Crea-
Hautalterung entgegen und vermindert die Radikal- derm).
bildung in der obersten Hautschicht. Der Transport
und die Verfügbarkeit von Vitamin C in der Haut
4.1 · Vitamine, Provitamine
59 4

Vitamine
– Strukturformeln

Ascorbinsäure

Pyridoxin

Panthenol

Carotine

Retinol

Tocopherol

Nicotinamid

. Abb. 4.2. Chemische Formeln einiger Vitamine


60 Kapitel 4 · Wirkstoffe in Kosmetika

. Tabelle 4.1. Wirkstoffe in Kosmetika


Deutsche Bezeichnung INCI Einsatzgebiet
Vitamine
Ascorbinsäure, Vitamin C Ascorbic Acid AO, Kx, Pu, Vit
Ascorbylpalmitat Ascorbyl Palmitate AO, Kx, Pu,
Magnesiumascorbylphosphat Magnesium Ascorbyl Palmitate AO, AF
β-Carotin, Provitamin A Beta Carotene AO, PV
Nikotinsäureamid, Niacin Niacinamide HP, Vit, Asep
4 D-Panthenol, Provitamin B5 Panthenol HP, PV
D-Panthenyl-Triacetat Panthenyl Triacetate HP
Pyridoxin-HCl, Vitamin B6 Pyridoxine Hydrochloride Asb, Vit
Retinol, Vitamin A Retinol AF, Vit
Retinolpalmitat Retinyl Palmitate AF, Vit
Retinaldehyd Retinaldehyd AF, Vit
Tocopherol, Vitamin E Tocopherol AO, AF, UVF, Vit
Tocopherolacetat Tocopheryl Acetate AO, AF, UVF, Vit
NMF/Aminosäuren
Alanin Alanine NMF, AmS
Arginin Arginine NMF, AmS
Argininpyrrolidincarboxylat Argininn PCA FS
Asparaginsäure Aspartic Acid FS, AmS
Citrullin Citrulline NMF, AmS
Glycin Glycine NMF, AmS
Harnstoff Urea NMF, Ker
Histidin Histidine NMF, AmS
Leucin Leucine FS, AmS
Lysin Lysine FS, AmS
Milchsäure Lactic Acid AHA, FS, Kx, NMF, Pu
Natriumlactat Sodium Lactate NMF
Natriumpyrrolidoncarboxylat Sodium PCA NMF
Pyrrolidoncarbonsäure, Pidolinsäure PCA NMF
Serin Serine NMF, AmS
Threonin Threonine NMF, AmS
Proteine und Hydrolysate
Caseinhydrolysat Hydrolyzed Casein FS, HG
Kollagen Collagen FS, HG
Kollagen-Hydrolysat Hydrolyzed Collagen FS, HG
Elastin Elastin FS, HG
Elastin-Hydrolysat Hydrolyzed Elastin FS, HG
Gerstenproteinhydrolysat Hydrolyzed Barley Protein FS, HG
Haferproteinhydrolysat Hydrolyzed Oat Protein FS, HG
Keratinhydrolysat Hydrolyzed Keratin FS, HG
Mandelproteinhydrolysat Hydrolyzed Almond Protein FS, HG
Milchprotein Milk Protein FS, HG
Milchproteinhydrolysat Hydrolyzed Milk Protein FS, HG
Weizenproteinhydrolysat Hydrolyzed Wheat Protein FS, HG
Seidenproteinhydrolysat Hydrolyzed Silk FS, HG
Sojaproteinhydrolysat Hydrolyzed Soy Protein FS, HG
Aminosäurekomplex Collagen Amino Acids FS, HG
4.1 · Vitamine, Provitamine
61 4

. Tabelle 4.1 (Fortsetzung)


Deutsche Bezeichnung INCI Einsatzgebiet
Sonstige feuchtigkeitsspendende Substanzen
Chitin, wasserlösl. Carboxymethyl Chitin FS, HG
Glycosaminglycan Glycosaminglycanes FS, HG
Hyaluronsäure Hyaluronic Acid FS, HG
Natriumhyaluronat Sodium Hyaluronate FS, HG
Phytandriol Phytandriol FS
Sorbitolpolymer, fermentiert Biosaccharide Gum-1 FS, HP
Totes Meer Salz, TMS Maris Sal FS, Nd, Ps
Alkohole, Feuchthaltemittel (Humectants)
Butylenglykol Butylene Glycol Hu, LM, LV
Fructose Fructose Hu
Glucose Glucose Hu
Glycerin Glycerin Hu, LM
Inosit Inositol Hu
Mannit Mannitol Hu
Propylenglykol Propylene Glycol Hu, LM, LV
kurzkettige PEG, Macrogole PEG-8, 12 Hu, LM
Sorbit Sorbitol Hu
AHA, Sonstige Säuren, deren Salze
Apfelsäure Malic Acid AHA, FS, Pu
Citronensäure Citric Acid AHA, FS, Pu
Glycolsäure Glycolic Acid AHA, FS, Pu
Milchsäure Lactic Acid AHA, FS, Pu
Natriumcitrat Sodium Citrate AHA, FS, Pu
Natriumlactat Sodium Lactate AHA, FS, Pu
Natriumsalicylat Sodium Salicylate AHA, Ker, KS, Asb
Salicylsäure Salicylic Acid AHA, Ker, KS, Asb
Weinsäure Tartaric Acid AHA, FS, Pu
Hautpflegende Stoffe, Emollentien
vgl. Kap. 6
natürliche Fette und Wachse . Tab. 6.9
Triglyceride . Tab. 6.13
Wachse . Tab. 6.13
Silikone . Tab. 6.13
Kohlenwasserstoffe . Tab. 6.13
Ceramidanaloges Octyldodecanol HP
Ceramid 3 Ceramid 3 HP
Cholesterol cholesterol E, Emo, Lpo
Cholesterol/Lanosterol m. C10-30 Fettsäure C10-30 Cholesterol/Lanosterol Esters E, Emo, KG
Eilecithin Phosphatidylcholin ASt, E, HP, Lpo
Glycosphingolipide Glycosphingolipids Emo, Lpo
hydriertes Lecithin Hydrogenated Lecithin E, Lpo
Lecithin Lecithin E, Emo, HP, Lpo
Phospholipide Phospholipids Emo, HP, Lpo
Polyquarternium-2 Polyquarternium-2 ASt, FB, HP
Polypropylen(2)-myristyletherpropionat PPG-2 Myristyl Ether Propionate HP
Sitosterin beta-Sitosterol HP
Sphingolipide Sphingolipids Emo, HP, Lpo
Squalan Squalane Emo, HP
Squalen Squalene Emo, HP
62 Kapitel 4 · Wirkstoffe in Kosmetika

. Tabelle 4.1 (Fortsetzung)


Deutsche Bezeichnung INCI Einsatzgebiet
Emollentien, fette Öle als Wirkstoffe
Arganbaum, Eisenholzbaum Argania spinosa Aa, Emo, HP, Li
Borretschöl Borago officinalis Emo, Li, Nd
Nachtkerzenöl Oenothera biennis Emo, Li, Nd
Olivenöl Olea europaea Aa, Emo, HP, Li
Weihrauch-Baum (Fette) Boswellia serata hl, HP, Emo
4

4.1.3 Panthenol, Provitamin B5 4.1.4 Pyridoxin, Vitamin B6

D-Panthenol, Dexpanthenol oder einfach Panthe- Pyridoxin oder Vitamin B6 ist ein Gemisch aus
nol ist eine Vorstufe des Vitamins Pantothensäure drei Derivaten: Pyridoxamin, Pyrodoxol, Pyridoxal
(. Abb. 4.2, . Tab. 4.1). Das unpolare Panthenol (. Abb. 4.2, . Tab. 4.1). Es ist maßgeblich am Amino-
dringt leicht in die Hornhaut ein und wird noch in säure- und Eiweißstoffwechsel beteiligt. Ein Mangel
der Epidermis zu Pantothensäure umgesetzt. Panto- an B6 führt zu Neuritiden, epileptoformen Krämpfen
thensäure ist der Hauptbaustein des Coenzym A, und einer seborrhoischen Dermatitis. Kommt es di-
einem zentralen Enzym vieler Stoffwechselreakti- rekt auf der Haut zur Anwendung, soll es eine über-
onen. Ein Mangel an Pantothensäure kann nur ex- mäßige Talgproduktion regulieren. Es ist deshalb in
perimentell ausgelöst werden, somit lassen sich die Produkten gegen fette, unreine Haut, Mischhaut und
Wirkungen des Panthenols auf der Haut nicht durch Akne zu finden.
eine mangelhafte Ernährung erklären. Sie werden in
diesem Maß nur durch eine lokale Gabe erreicht.
Panthenol wird in der Medizin zur Beschleuni- 4.1.5 Retinol, Vitamin A
gung der Wundheilung von Haut und Schleimhaut
verwendet. Vitamin A (Retinol) ist ein fettlösliches Vitamin,
In Kosmetika werden die beruhigende Wirkung dessen Mangel zu Verhornungsstörungen, soge-
auf gereizter Haut, die schnelle Stabilisierung einer nannten Hyperkeratosen der Haut und der Schleim-
geschädigten Hautbarriere und der feuchtigkeits- häute und zur Nachtblindheit führt (. Abb. 4.2,
spendende Effekt genutzt. Es schützt die Haut und . Tab. 4.1). Die Haut sieht faltig, schuppig und fahl
die Haare zusätzlich vor äußeren schädigenden Ein- aus. Zur Beseitigung dieser Symptome muss Retinol
flüssen. oral angewandt werden.
Die Haare bekommen ein glatteres, glänzendes In Kosmetika eingesetzt wirkt es als »antiaging-
Aussehen durch Panthenol, da es sich wie ein Film Wirkstoff«. Es ist hauterweichend, -glättend und
auf die Haare legt. Und es ermöglicht die Beseitung -epidermisverdickend. In tieferen Schichten stimu-
kleiner Haarschäden. liert es eine erhöhte Teilungsrate der Zellen, aktiviert
Allergien konnten keine festgestellt werden. Es deren Stoffwechsel, verringert die Faltentiefe und
eignet sich somit für alle Arten von kosmetischen reguliert Hyperkeratosen. Üblicherweise werden die
Zubereitungen. Besonders zu empfehlen ist die An- Ester mit Essigsäure und Palmitinsäure verarbeitet,
wendung in After-Sun-Lotionen, Haar-und Dusch- da diese Verbindungen chemisch etwas stabiler sind
gels, Kosmetik für Kinder und für trockene, gereizte, als reines Vitamin A. Durch neuere Forschungs-
sensible, juckende Haut. arbeiten stellte sich Retinaldehyd als biologisch we-
sentlich aktiver heraus als Retinolester, die nur einen
Bruchteil seiner Wirksamkeit besitzen.
Retinolderivate werden vor allem in Kosmetika
gegen trockene, schuppige Haut, unreine aknegene
4.1 · Vitamine, Provitamine
63 4

Haut, gegen Hautalterung, lichtbedingte Hautschä- abfängt, aber auch Entzündungsreaktionen ab-
den und Faltenbildung eingesetzt. schwächt und die Arterienverkalkung durch Ein-
griff in die Lipidperoxidation reduziert. Durch den
Abfang von Radikalen wird die Zellinformation ge-
4.1.6 Carotinoide schützt, und es kommt nicht so leicht zu Zellver-
änderungen.
β-Carotin ist das Provitamin A. Es kann in unserem Die Erforschung der Wirkungen von lokal auf
Körper zu zwei Molekülen Vitamin A gespalten wer- der Haut aufgetragenem α-Tocopherol ist erst sehr
den. Bei der Spaltung anderer Carotinoide entsteht jungen Datums. Es kann durch seine Lipophilie sehr
nur ein oder gar kein Molekül Vitamin A (. Abb. 4.2, gut in großen Dosen in die Hornhaut eindringen
. Tab. 4.1, 7 Kap. 4.1.5). und hier nebenwirkungsfrei angereichert werden.
Carotine werden in Kosmetika als gelbe bis rote Dies kann durch eine orale Aufnahme nicht errreicht
Farbstoffe eingesetzt. Sie üben einen geringen Licht- werden. Diese hohen Vitamin E-Gehalte in der Haut
schutz aus und wirken antioxidativ. Inwieweit sie wirken sich in vielfältiger Weise günstig für sie aus:
bei lokaler Anwendung wie reines Vitamin A wirken 4 verbesserte Hydratisierung der Hornschicht,
können, ist unklar. Bei oraler Aufnahme wirken sie 4 beseitigt kleine Fältchen, glättet die Haut,
wie Vitamin A. 4 die Haut wird widerstandsfähiger gegenüber
äußerer Noxen,
4 der Lichtschutz von Vitamin E kann je nach
4.1.7 Tocopherol, Vitamin E Konzentration bis zu LSF 10 betragen,
4 die Haut kann UV-Strahlen besser verkraften,
Vitamin E oder Tocopherole ist eine Sammelbe- Schutz vor »photo-ageing«,
zeichnung für verschiedene Vitamin-E-Derivate. 4 es verbessert die Wundheilung nach Operati-
Wie in . Abb. 4.2 zu erkennen ist, unterscheiden sich onen, und die Narbenbildung ist abgeschwächt,
die Tocopherole in ihren Substituenten am Chro- 4 es wirkt in tieferen Hautschichten entzündungs-
manring. Das zweite Unterscheidungskriterium ist hemmend, gegen Hautalterung, Faltenbildung
die Ausrichtung der Phytolkette an den chiralen und Altersflecken.
C-Atomen (*) Die höchste biologische Aktivität
beinhaltet das Enantiomer RRR-α-Tocopherol. [En- Die Wirkungen von Vitamin E auf der Haut machen
antiomere sind Spiegelbilder einer Substanz, ver- es zu einem wertvollen Wirkstoff für alle Alters-
gleichbar mit der linken und der rechten Hand. Häu- gruppen und Hauttypen. Vitamin E wird sehr gut
fig kann nur eines dieser Enantiomere im Körper vertragen. Es wirkt selbst in hohen Dosen nicht
seine volle Wirkung ausüben. Wie auch nur der irritierend, reizend oder allergisierend. In Kosmetika
rechte Handschuh auf die rechte Hand richtig passt. kommt es üblicherweise in Konzentrationen bis zu
Bevorzugt entstehen Enantiomere, wenn im Mole- 5 % zum Einsatz. Hochdosierte Cremes sind selten
kül C-Atome mit vier unterschiedlichen Substituen- und enthalten 10–25 % Vitamin E (z. B. Optovit®-
ten (chirale C-Atome) vorhanden sind]. Serie).
Das Wissen über die Wirkungen von Vitamin E In Kosmetikprodukten wirkt es außerdem als
beschränkte sich lange Zeit nur auf seine antioxida- Antioxidans und schützt die Zubereitung vor oxida-
tive Wirkung und auf die durch Fütterungsversuche tivem Verderb (. Tab. 4.1). Bei der Anwendung ver-
an Ratten ermittelte Steigerung der Fruchtbarkeit, hindert das mit aufgetragene Tocopherol die Fett-
die nie am Menschen belegt wurde. Welchen Stellen- oxidation durch den Luftsauerstoff auf der Haut.
wert die antioxidative Wirkung im menschlichen Vitamin E kann aus fetten Ölen gewonnen wer-
Körper besaß, war lange Zeit unklar. den, wozu sich besonders das Avocadoöl durch sei-
In den letzten Jahren erfuhr die Vitamin-E- nen extrem hohen Gehalt eignet. In jüngster Zeit
Forschung einen steilen Aufschwung. Es ist ein wurde ein weiteres Vitamin-E-Derivat, das γ-Toco-
wichtiges Antioxidans in unserem Körper, das durch pherol (INCI: Tocopherol), genauer untersucht und
enzymatische Reaktionen entstandene Radikale man konnte eine ebenso starke, fast stärkere anti-
64 Kapitel 4 · Wirkstoffe in Kosmetika

oxidative Wirkung wie für das α-Tocopherol nach- Lipide führen zu einem Okklusiveffekt und verhin-
weisen. Außerdem wirkt es antiphlogistisch und dern eine Verdunstung von Wasser aus der Epider-
kann Krebszellen ohne Einfluss auf gesunde Zellen mis. Diese Stoffklasse gehört nicht zu den Moisturi-
beseitigen. γ-Tocopherol ist beispielsweise in Argan- zern. Sie werden als Emollentien bezeichnet (7 Kap.
öl (INCI: Argania spinosa), Walnüssen (INCI: Juglans 4.4, 6.3).
regia), Pekannüssen (INCI: Carya illinoensis) und Einige dieser Stoffe diffundieren in die Haut
Sesamöl (INCI: Sesamum indicum) enthalten. Als und durchfeuchten sie durch mitgeschlepptes Was-
Wirkstoff für die Haut hat es die gleichen Einsatz- ser (NMF), andere binden auf der Oberfläche
4 gebiete wie das α-Tocopherol. Wasser oder bilden einen Film und verhindern
somit eine Verdunstung von Wasser aus der Epi-
dermis. Einige, wie die mehrwertigen Alkohole,
4.2 Feuchtigkeitsspendende werden auch als Feuchthaltemittel für die Zube-
Substanzen, Feuchthalte- reitung eingesetzt, um z. B. einer Eintrocknung
substanzen, Moisturizer von Gelen entgegenzuwirken. Die niedermoleku-
laren Stoffe dürfen nur mit einer ausreichenden
Eine intakte, gesunde Hornhaut besitzt einen Was- Masse an Wasser verarbeitet werden und sollten
sergehalt von etwa 20 %. Sinkt er unter 10 %, wird bestimmte Maximalkonzentrationen nicht über-
die Hornschicht trocken und stumpf und kann ihrer schreiten, da sonst ein umgekehrter Effekt ent-
Barrierefunktion nicht mehr gerecht werden (7 S. 15). steht und der Haut Wasser entzogen wird. Dies
Unsere Haut kann durch viele Einflüsse trocken wer- wiederum könnte zu Reizungen und Austrocknung
den: übermäßiges Waschen, niedrige oder sehr hohe führen.
Temperaturen oder trockene Luft. Deshalb sind die
Feuchthaltesubstanzen, Moisturizer, eine der am häu-
figsten verwendeten Stoffklassen in Kosmetika; ge- 4.2.1 NMF
eignet für und benötigt von allen Hauttypen.
In der Gruppe der feuchtigkeitsspendenden Die natürlichen Feuchthaltefaktoren der Haut wur-
Substanzen können wir mehrere Stoffklassen und den schon in 7 Kap. 2.5.4 besprochen. Zum Einsatz
Wirkprinzipien unterscheiden: kommen sie vor allem in Feuchtigkeitscremes,
4 Stoffe, die den Feuchtigkeitsgehalt der Haut
nachhaltig erhöhen und i. d. R. in die Epidermis
eindringen können:
5 die natürlichen in der Haut vorkommenden
Harnstoff
Feuchthaltefaktoren (NMF),
5 mehrwertige, kurzkettige Alkohole als hydro- Aminosäuren
phile nichtflüchtige Stoffe,
5 nichtflüchtige, hygroskopische Stoffe, Pyrrolidon-
5 Salze, carbonsäure

5 Alpha-Hydroxysäuren (7 Kap. 4.3).


4 Substanzen, die aufgrund ihrer hochmolekula-
ren Struktur nicht in die Haut eindringen kön-
nen, aber durch ein starkes Quellvermögen ein
Wasserreservoir auf der Haut anlegen. Der Effekt
hält nur einige Stunden an, es ist keine nachhal-
tige Durchfeuchtung der Haut zu erreichen:
5 natürliche und halbsynthetische Proteine PCA, s. Pyrrolidon-
und Proteide (Filmbildner auf der Haut), carbonsäure
5 Proteinhydrolysate,
5 Hyaluronsäure. . Abb. 4.3. Formeln wichtiger NMF
4.2 · Feuchtigkeitsspendende Substanzen, Feuchthaltesubstanzen, Moisturizer
65 4

Handcremes und Präparaten für trockene bis sehr 4 Er ist entzündungshemmend, antibakteriell und
trockene Haut. Sie sind in der Regel gut verträglich mild abpuffernd.
und weisen aufgrund ihres natürlichen Vorkom- 4 Ab 10 % wirkt er juckreizstillend und schuppen-
mens in der Haut in den üblichen Konzentrationen lösend.
keine Unverträglichkeiten auf. Als Stoffe kom- 4 Ab 40 % wirkt er keratolytisch und keratoplas-
men in Frage (. Tab. 4.1, . Abb. 4.3): Harnstoff, tisch und wird zur Auflösung erkrankter Nagel-
Milchsäure, Natriumlactat, Natriumpyrrolidon- platten eingesetzt.
carbonsäure, Aminosäuren (»Biostimulatoren«). Es 4 Er fördert die Penetration anderer Stoffe in die
sind kleine, hydrophile Moleküle, die große Hy- Haut, was bei Corticoid-Zubereitungen ausge-
drathüllen besitzen und sich in den Hydrolipid- nützt wird.
film integrieren. Die Haut wird nachhaltig hydrati- 4 An offenen Hautstellen stellt sich ein Brennen
siert. ein, die Haut sollte unverletzt sein bei der An-
wendung.
Harnstoff 4 Bei der Herstellung muss die schnelle Zerset-
Harnstoff (Kohlensäurediamid) ist für die Kosmetik zung des Harnstoffs durch Wärme (>40 ºC) und
– aber auch Dermatologie – der wichtigste NMF und Alkalien berücksichtigt werden.
soll deshalb an dieser Stelle ausführlicher bespro-
chen werden. In neueren Untersuchungen hat man festgestellt,
Wegen seiner fehlenden Toxizität und seiner dass Personen mit trockener Haut einen um 50 %
unterschiedlichsten Wirkungen kann er vielfältig geringeren Harnstoffgehalt in der Hornhaut auf-
eingesetzt werden (7 Übersicht 4.1, 4.2). Es werden weisen als Gesunde; Neurodermitiker 70 % weniger
keine Allergien ausgelöst, einzig auf geschädigter (selbst im symptomlosen Intervall), Psoriatiker 60 %.
Haut wird ein unangenehmes Brennen wahrge- Deshalb sollte diesen Personengruppen harnstoff-
nommen. haltige Präparate auch für die tägliche Körper- und
Wirkungen und Reaktionen des Harnstoffs: Gesichtspflege und nicht nur zur Therapie empfoh-
4 In niedrigen Konzentrationen ab 2 % feuchtig- len werden.
keitsspendend. Erhöht den Wassergehalt der Harnstoff kann in allen Bereichen von der
Hornhaut für Stunden. Die Hornhaut wird Säuglingspflege bis zur trockenen Altershaut in
glatter und ist aufgelockert. W/O-Emulsionen Konzentrationen bis zu 10 % (gesetzlich festgelegt)
wirken nachhaltiger. O/W-Emulsionen wirken in Bodylotions, Cremes, Salben, Handcremes etc.
schneller, aber nur kurzzeitig. eingearbeitet werden.

Übersicht 4.1. Wirkungen des Harnstoffs Übersicht 4.2. Einsatzgebiete des Harnstoffs

wasserbindend Bodylotion
feuchtigkeitsspendend Gesichtscreme
hautglättend Handcreme
juckreizstillend (>10%) Waschlotionen
schuppenlösend (>10%) bei trockener Haut
keratolytisch (>40%) Neurodermitis
keratoplastisch (>40%) Psoriasis
penetrationsfördernd Altershaut
entzündungshemmend raue Hände
antimikrobiell Keratolytikum
puffernd juckreizstillende Salbe
66 Kapitel 4 · Wirkstoffe in Kosmetika

4.2.2 Alkohole, Humectants 4.2.3 Salz des Toten Meeres (TMS)

Viele mehrwertige, kurzkettige Alkohole werden Das Tote Meer ist schon seit altersher für seine
wegen ihres ausgeprägten hydrophilen und hy- heilende Wirkung bei Hauterkrankungen wie der
groskopischen Charakters als Feuchthaltemittel, Psoriasis (Schuppenflechte) bekannt. Es hat einen
sogenannte Humectants eingesetzt (. Abb. 4.4, Salzgehalt von 30 %, der etwa 10-mal höher ist als in
. Tab. 4.1). Der Begriff Humectants soll sie von den Weltmeeren, wodurch ein Leben, wie der Name
den NMF und den hochmolekularen feuchtigkeits- schon sagt, im totem Meer unmöglich ist. Das Salz
4 spendenden Substanzen wie Kollagen abgrenzen. weist hohe Konzentrationen an Magnesium, Cal-
Sind es flüssige Verbindungen, werden sie meistens cium, Kalium- und Bromionen auf, die in den übri-
zusätzlich als Lösungsmittel oder Lösungsvermitt- gen Meersalzen kaum vorhanden sind (. Tab. 4.2).
ler verwendet. Sie verhindern einerseits die Aus-
trocknung der Zubereitung und verringern ande-
. Tabelle 4.2. Zusammensetzung des TMS
rerseits den transepidermalen Wasserverlust der
Hornhaut. Die stark hygroskopischen Humectants Ionen Anteil im Salz
(Glycerol, Glycole, PEG) dürfen nur in Verbindung Chlorid 45,5 %
mit Wasser angewendet werden, da sie sonst der Kalium 12,8%
Haut Wasser entziehen würden, Die Folge wäre eine Magnesium 8,5%
Austrocknung und Reizung der Haut. In Konzen-
Natrium 5,9%
trationen über 15–20 % besitzen Glycerin und
Propylenglycol eine desinfizierende Wirkung, doch Bromid 0,5%
da für eine feuchtigkeitsspendende Wirkung klei- Calcium 0,38%
nere Dosierungen ausreichen, wird dieser Effekt Carbonat 0,22%
wenig genutzt. Zum Einsatz kommen Propylen- Hydrogencarbonat 0,15%
glycol und Butylenglycol, Glycerin, kurzkettige
Sulfat 0,06%
Macrogole (PEG), Zucker und Zuckeralkohole.
Kristallwasser 25%
Weniger als 0,01 Promille:
Mangan, Strontium, Eisen, Fluorid, Jodid

Zuckeralkohole

Macrogole

PEG, s. Macrogole

Polyethylenglycole,
s. Macrogole

. Abb. 4.4. Formeln einiger Feuchthaltemittel, Humectants


4.2 · Feuchtigkeitsspendende Substanzen, Feuchthaltesubstanzen, Moisturizer
67 4

. Tabelle 4.3. Wirkungen der wichtigsten Ionen im Salz Werden die nativen (natürlich gewonnenen)
des Toten Meeres auf der Haut Proteine durch chemische oder enzymatische Pro-
Ionen Wirkungen zesse zu kürzeren Ketten gespalten, entstehen die
sogenannten Hydrolysate.
Magnesium reichert sich nachhaltig in der Epidermis
an, ein Magnesiummangel in der Haut
wird ausgeglichen, Katalysator im Zellstoff- Kollagen, Elastin
wechsel, ein Mangel an Magnesiumionen Kollagen und Elastin sind Proteine des Bindege-
ist die Ursache von Faltenbildung, der webes, die für die Festigkeit und Elastizität der Haut
Abschuppungsprozess wird normalisiert
verantwortlich sind. Gewonnen werden sie haupt-
Kalium entzündungshemmend, reguliert den sächlich aus Tierhäuten und -sehnen. Kollagen und
Wasserhaushalt, aktiviert den Hautstoff-
Elastin können durch Spaltung zu Hydrolysaten
wechsel
weiterverarbeitet werden. In Kosmetika werden vor
Calcium beruhigt die Haut, vermindert den Juck-
allem Kollagen, Kollagen-Hydrolysat und Elastin-
reiz durch Abschuppung vermindert
allergische Hautreaktionen
Hydrolysat eingesetzt. Aufgrund ihres hohen Mole-
kulargewichts ist es für sie nicht möglich, die Epider-
Bromid normalisiert den Abschuppungsprozess,
Beschleunigung der Hauterneuerung, ent-
mis zu überwinden und in der Lederhaut das Bindege-
spannend webe zu regenerieren, was vielfach durch Werbetexte
suggeriert wird. Sie bilden auf der Hornschicht einen
Film, der die Haut vor Austrocknung schützt und
Diese Salze bestehen üblicherweise aus >90 % Koch- das Wasser auf der Haut fixiert. Kollagen kann dabei
salz. Forschungen ergaben, dass vor allem die oben ge- bis zum 15-Fachen seiner Masse an Wasser aufneh-
nannten Ionen einen positiven Einfluss auf die Haut- men. Durch die hohe Substantivität der Proteine
strukur, Abschuppung, Stoffwechsel und Feuchtigkeit sieht die Haut glatter aus und fühlt sich samtiger an.
der Haut ausüben (. Tab. 4.3). Besonders eindrucks- Sind Proteine in Haarshampoos eingearbeitet,
voll und nachhaltig sind diese Effekte bei der Psoria- überziehen sie die Haare ebenfalls durch einen gut
sis, Neurodermitis und chronisch entzündeter Haut haftenden Film und schützen sie vor einer Quellung.
zu beobachten. Betroffenen Personen wird zweimal Sie sehen glatter aus und lassen sich besser kämmen.
wöchentlich ein Bad in TMS-haltigem Wasser an- Dieser filmbildende Effekt kann auch sehr gut in
empfohlen. Es gibt auch Pflegeprodukte, die TMS Waschpräparaten genutzt werden, weil dadurch die
enthalten und für den trocken-fettarmen, empfind- schädigenden Einflüsse von Tensiden herabgesetzt
lichen und problematischen Hautzustand geeignet wird. In der pharmazeutischen und kosmetischen
sind, sowie bei den oben genannten Hautproblemen. Technologie werden sie außerdem als Gelbildner
oder Verdickungsmittel verarbeitet. Ihre Verwen-
dung ist somit sehr breit gefächert (7 Übersicht 4.3).
4.2.4 Proteine, Eiweiße

Proteine bestehen aus einer langen Kette einzelner Übersicht 4.3. Einsatzgebiete von Proteinen
Aminosäuren, die über Peptidbindungen miteinan- und Proteinhydrolysaten
der verknüpft sind. Aminosäuren sind sehr hydro-
phil und besitzen Ampholytcharakter. Das bedeutet, Feuchtigkeitscreme
dass aufgrund einer Amino- und Säurefunktion das Antifaltencreme
Molekül mit Säuren und Laugen reagieren kann. After-Sun-Lotio
Proteine besitzen ebenfalls eine Pufferkapazität ggf. Altershaut
und eine ausgeprägte Hydrophilie. Je nach Herkunft Duschgel
sind sie wasserlöslich oder -unlöslich. Proteine Haarshampoo
stammen aus dem Pflanzen- oder Tierreich, selten Haarspülung
werden sie synthetisch gewonnen, auch wenn dies Haarkur
möglich ist.
68 Kapitel 4 · Wirkstoffe in Kosmetika

Sie wird für die Verwendung in Kosmetika


Übersicht 4.4. Chemische Weiterverarbeitung hauptsächlich aus Hahnenkämmen und durch Pilz-
der Proteine und Proteinhydrolysate zu neuen kulturen gewonnen. Hyaluronsäure ist nicht toxisch,
Substanzklassen allergen oder reizend, wird aber aufgrund ihres
hohen Preises nur in speziellen Antifalten- und
Tenside Feuchtigkeitscremes in einer Konzentration von
Nagellacke etwa 0,1 % verarbeitet.
Nagellackentferner
4 Haarfestigersubstanzen
4.3 Alpha-Hydroxysäuren,
Fruchtsäuren, »AHA«
Sie können aber auch chemisch mit anderen Subs-
tanzen (Fettsäuren) zu neuen, verträglichen Stoff- Chemie, Ursprung
klassen kombiniert werden, wie z. B. zu Tensiden α-Hydroxysäuren (kurz »AHA«: alpha-hydroxy-
(7 Übersicht 4.4, 7 Kap. 5.2). acids) sind kurzkettige Carbonsäuren, die am be-
nachbarten C-Atom zur Carboxylgruppe (Säure)
Proteine und Proteinhydrolysate eine Hydroxylgruppe tragen (. Abb. 4.5). Viele die-
Proteinhydrolysate werden nicht nur aus Kollagen ser Säuren sind in Pflanzen oder Früchten enthalten,
und Elastin hergestellt, sondern auch aus anderen woraus sich der Name »Fruchtsäuren« entwickelte
tierischen oder pflanzlichen Eiweißen wie Milch- (. Tab. 4.4). Besonders häufig werden die Glycolsäu-
und Weizenproteinen. Die Herstellung der Hydroly- re, Apfelsäure, Weinsäure, Milchsäure, Citronensäu-
sate kann chemisch erfolgen oder durch enzyma- re und deren Salze und Ester oder auch fruchtsäure-
tische Spaltung. Die Wirkungen und Einsatzgebiete haltige Pflanzenextrakte in Kosmetika verarbeitet
der Proteine und Hydrolysate sind gleich denen des (. Tab. 4.1). Eine den AHAs verwandte Substanz ist
Kollagens und Elastins, und auch die Aufarbeitung die Salicylsäure, die hier mit eingereiht wird. Es ist
zu neuen Stoffklassen erfolgt wie bei diesen beiden eine β-Hydroxysäure.
Stoffen. Vitamin-A-Säure (Tretinoin) – keine α-Hydroxy-
säure – ist in ihren Wirkungen den Fruchtsäuren
ähnlich. Sie weist aber wesentlich ausgeprägtere
4.2.5 Hyaluronsäure Schäleffekte auf, verbunden mit einer starken Rei-
zung der Haut. Sie wird nur in der dermatologischen
Hyaluronsäure ist ein natürlich in der Lederhaut vor- Therapie eingesetzt, da sie für den kosmetischen
kommendes Mucopolysaccharid. Sie bildet eine gel- Einsatz zu aggressiv wirkt.
artige Matrix in der Lederhaut, in welche die Kollagen-
fasern und Fibroblasten eingebettet sind (7 Kap. 2). Wirkungen
Hyaluronsäure weist ein extrem hohes Wasser- Über die Wirkung von Fruchtsäuren gibt es viele,
bindungsvermögen auf, sie kann Wasser bis zum teilweise widersprüchliche Berichte über ihre mög-
1000–4000-Fachen ihrer eigenen Masse aufnehmen. lichen Wirkungen und über das Nutzen-Risiko-
Sie bildet schon in niedrigsten Konzentrationen Verhältnis. Vermutlich liegt dies auch an der stark
(>1 %) mit Wasser ein elastisches Gel und auf der pH-, konzentrations- und strukturabhängigen Wirk-
Haut angewendet (>0,1 %) einen gut wasserbinden- weise der AHA, die viele Variationen in den Ver-
den, luftdurchlässigen, durchsichtigen Film, der die suchsbedingungen möglich machen, und die, durch
TEWL verringert und die Hydratation der Haut er- etwaige Unkenntnis der chemischen Grundlagen,
höht. Optisch wirkt die Haut glatter und gepflegter, zu einer Fehlinterpretation der Wirkungsweise füh-
doch muss die Anwendung täglich neu erfolgen, da ren können.
der Glättungseffekt nicht nachhaltig ist. Hyaluron- Basierend auf dermatologisch-pharmazeuti-
säure kann, wie Kollagen und Elastin, wegen ihrer schen Berichten kristallisieren sich verschiedene
hohen Molekülmasse nicht in die Haut eindringen. Wirkungen der AHA heraus, die um so ausgeprägter
4.3 · Alpha-Hydroxysäuren, Fruchtsäuren, »AHA«
69 4

. Abb. 4.5. α-Hydroxysäuren und wichtige keratolytische und keratoplastische Substanzen in der Aknetherapie

. Tabelle 4.4. Beispiele fruchtsäurehaltiger Pflanzen


Übersicht 4.5. Die Wirkungen der AHA hängen
INCI (Linné) dt. Bezeichnung
von folgenden Faktoren ab
Actinidia chinensis Kiwi
Citrus limonum Zitrone Art der Substanz
Passiflora edulis Passionsfrucht Art der chemischen Verbindung:
Pyrus malus Apfel Salz, Ester, freie Säure
Saccharum officinarum Zuckerrohr
pH-Wert der Zubereitung
Einsatzkonzentration
Salix alba Weide
Vitis vinifera Weintraube

sind je saurer die Zubereitung und je höher die Die physiologischen Reaktionen die durch
Konzentration an Fruchtsäure ist. Dies korreliert Fruchtsäuren stimuliert werden und die zu einer Er-
wiederum mit einer ausgeprägten irritierenden klärung der ausgeübten Wirkungen beitragen wür-
Wirkung (7 Übersicht 4.5). Auch untereinander un- den, sind noch unbekannt.
terscheiden sich die Substanzen in ihrem Wirkungs- Wirkungen:
potenzial. Bei den Estern und Salzen der Frucht- 4 Keratolyse, Epidermolyse bis zu einer Zerstö-
säuren wurden bei fast identischer Wirkstärke rung der Cutis,
weniger Hautirritationen, Rötungen, Brennen und 4 Anregung des Zellwachstums, dadurch »Verjün-
Entzüngsreaktionen dokumentiert, als bei den gung« der Zellen,
freien Säuren. 4 Steigerung der Kollagensynthese,
70 Kapitel 4 · Wirkstoffe in Kosmetika

4 vermehrte Bildung von Glucosaminglykanen die bis in die Cutis reichen (nur in der Arztpraxis),
(z. B. Hyaluronsäure), epidermale Peelings, die bis in die Epidermis gehen,
4 Beseitigung von epidermalen Pigmentflecken, und Softpeelings, die nur die Hornschicht verfei-
4 Entfernung von Hornschüppchen, nern.
4 Auflockerung der Hornschicht, Für dermale und Softpeelings werden saure
4 erhöhte Feuchtigkeitsbindung in der Horn- (pH<4) AHA-Zubereitungen von 40 %–50 % von
schicht, Kosmetikerinnen und solche bis 70 % von Dermato-
4 Vermittlung einer verbesserten Aufnahmefähig- logen eingesetzt. Sie verweilen nur kurz bis maximal
4 keit von Wirkstoffen in die Haut. 5 Minuten auf der Haut, bis eine leichte Rötung
wahrzunehmen ist; anschließend werden sie zügig
Folgende Effekte können durch die oben aufgezähl- abgewaschen oder besser mit einer Natriumhydro-
ten Wirkungen erreicht werden: gencarbonatlösung neutralisiert und dadurch in-
4 bei einer Epidermolyse: Neubildung einer fei- aktiviert.
neren Epidermis, kurzfristiges Beseitigen von Behandlungen, die zu einer Epidermolyse füh-
Falten und lichtbedingten Hautschäden, ren, sollen durch diese schädigenden Gewebereize
4 Verbesserung der Zellstrukturen der Epidermis, in der Lederhaut eine Zellneubildung anregen. Die
4 Verdickung der Epidermis und Verdünnung der Haut ist für einige Zeit entzündet und muss sehr
Hornschicht, pfleglich behandelt werden. Durch diesen Prozess
4 besserer Talgabfluss durch Öffnen verhornter werden Falten und Pigmentstörungen entfernt. Es
Follikelöffnungen (Akne), wächst eine feinere Epidermis nach. Bei Softpeelings
4 glattere, feinere, jüngere Haut, wird nur die Hornschicht verfeinert. Die glättende
4 Straffung der Haut, Wirkung dieser Peelings hält nur einige Monate an
4 Verringerung feiner Fältchen, und muss nach größeren Zeitabständen wiederholt
4 Ausbleichen von Pigment- und Altersflecken. werden. Schälkuren sind vor allem im Frühjahr
oder Herbst durchzuführen. Die feinere Hornschicht
AHA in der Dermatologie nach einer Behandlung schützt die Haut nicht mehr
Anfangs stand vor allem die keratolytische und ausreichend vor UV-Strahlen oder extremen Kälte-
keratoplastische Wirkung hochkonzentrierter AHA- reizen, so dass im Sommer und Winter mit Verbren-
Zubereitungen in der Dermatologie gegen Hyper- nungen (Sonne), Hautirritationen und Entzündun-
keratosen (Psoriasis, Ichthyosen, sehr trockene Haut, gen zu rechnen wäre.
Ekzeme) im Vordergrund. Bei Akne werden sie Für ausgeprägte Schälwirkungen und Anregung
als Ersatz für die aggressivere Vitamin-A-Säure the- einer Zellneubildung liegt der pH-Wert der Zube-
rapeutisch eingesetzt. Die Verhornungsstörungen reitungen weit unter 4; gleichzeitig steigt aber auch
können durch Fruchtsäuren reguliert und die über- die irritierende und reizende Wirkung des Produktes
mäßig verdickte, verklebte Hornschicht abgetragen, auf der Haut. Der unsachgemäße Gebrauch kann
aufgelockert und besser durchfeuchtet werden. Die bis zu einer Verätzung und einer Zerstörung der
verhornten Follikel werden geöffnet, der Talg kann Epidermis führen. In solchen Fällen kann die Haut
abfließen und die Entzündung der Talgdrüsen geht sogar bleibende Schäden in Form von Narbenge-
zurück. Auch Warzen werden durch AHA entfernt. webe oder unkontrolliertem Zellwachstum (Wuche-
rungen) davontragen.
AHA in der Dermakosmetik
Sehr bald entdeckte die Dermakosmetik diese Wirk- AHA in der Pflegekosmetik
stoffe gegen Falten, lichtbedingte Hautschäden und Heute sind viele gut verträgliche fruchtsäurehaltige
Hautalterung für sich. Es wurden Fruchtsäurepee- Tageskosmetika auf dem Markt (. Tab. 4.5). Dies
lings entwickelt, welche nur die Hornschicht ver- wird vor allem dadurch erreicht, dass die pH-Werte
dünnen oder ganze Hautschichten abtragen. Je nach der Pflegeprodukte der Haut angepasst wurden und
Behandlungsform können drei Peelingarten (»Schäl- zwischen pH 4,5–5,5 liegen und die Konzentrati-
kuren«) unterschieden werden: dermale Peelings onen an AHA bei maximal 5 % liegt. Einige Firmen
4.4 · Hautpflegende Wirkstoffe, Emollentien, Wirkstoff-Lipide
71 4

. Tabelle 4.5. AHA-haltige Produkte und ihre überwiegen- pflegen die Haut, machen sie glatter und führen ihr
den Wirkungen fehlende Fette zu. Besonders günstig sind Lipide mit
AHA-Produkte überwiegende Effekte Emulgatorcharakter, die sich mit der Feuchte der
Haut verbinden können. Einige Lipide zeichnen
hochkonzentrierte Peelings starke Schälwirkung,
(Arzt, Kosmetikerin) »Verjüngung« sich, zusätzlich zu den pflegenden und weichma-
chenden Effekten, durch besondere Wirkungen aus.
niedrigkonzentrierte Peelings leichte Schälwirkung
(Endverbraucherin) Dazu gehören z. B. Nachtkerzenöl, Borretschöl, Oli-
venöl und Arganöl, die unter 7 Kap. 4.4.3 besprochen
Fruchtsäurekuren als Pflege minimale Schälwirkung,
extreme Feuchtigkeits-
werden.
zufuhr Diese Substanzen werden Emollentien (Weich-
Tagespflegeprodukte Feuchtigkeitszufuhr
macher) oder einfach Hautpflegestoffe genannt; in
Waschlotionen, Seifen oder Haarprodukten einge-
setzt wirken sie als Rückfetter. Die verschiedenen
setzen die verträglicheren Fruchtsäuresalze ein; Lipide werden in 7 Kap. 6 ausführlich beschrieben.
diese Zubereitungen weisen, bei guter Verträglich-
keit, Konzentrationen bis zu 15 % auf. Diese Kos-
metika wirken nur noch geringfügig schälend, so 4.4.1 Ceramide
dass sich bei täglichem Gebrauch die Hornschicht
nicht gefährlich verdünnt. Inwieweit diese Produkte Die Ceramide sind Verbindungen des Aminoalko-
noch die Zellneubildung, die Synthese von Kollagen hols Sphingosin mit verschiedenen gesättigten oder
und Glucosaminglykanen anregen können, ist noch ungesättigten Fettsäuren. Jene, die Bestandteil der
umstritten. Die feuchtigkeitsbindende Wirkung ist menschlichen Haut sind, können durch ihre Fett-
dagegen im Sauren wie im Basischen gleich stark säurereste in sechs verschiedene Gruppen steigender
ausgeprägt, so dass die AHA in den Pflegeprodukten Polarität eingeteilt werden (. Abb. 4.6). Sie werden
hauptsächlich als gute Moisturizer wirken. aus zahlreichen natürlichen Quellen oder durch che-
Niedrigkonzentrierte, leicht saure Peelings wer- mische Synthesen gewonnen.
den auch an den Endverbraucher verkauft. Sie besit- Ceramide sind in der Tier- und Pflanzenwelt
zen nur einen leichten Schäleffekt und befreien die weit verbreitete Lipide. Im menschlichen Körper
Haut von losen, alten Hornschüppchen. Das Haut- sind sie Substanzen der Zellmembranen und der
bild wird klarer und die Poren verfeinert. Feine Fält- Myelinscheiden der Nervenzellen. Im Stratum cor-
chen können verringert werden. neum sind sie Hauptbestandteil des interzellulären
Bei der Verwendung von fruchtsäurehaltigen Hornzellkitts und bilden zusammen mit Cholesterin
Zubereitungen müssen die Augen und Schleimhäute und Fettsäuren liposomale Strukturen. Dieser Lipid-
großzügig ausgespart werden, außer die Kosmetika kitt kontrolliert die Barrierefunktion der Haut, ver-
sind ausdrücklich für diese Bereiche vorgesehen. bessert die Hydratation der Hornschicht und verrin-
Auf verletzten Hautstellen oder rissiger Haut kann es gert den transepidermalen Wasserverlust. Das Haut-
zum Brennen und zu Rötungen kommen. bild wird verbessert und stabilisiert.
Ist der Ceramidgehalt der Epidermis verringert,
entsteht eine schuppige, rissige, trockene Haut. Häu-
4.4 Hautpflegende Wirkstoffe, fig ist auch ein Ceramidmangel in der Altershaut zu
Emollentien, Wirkstoff-Lipide messen.
Ceramide werden in letzter Zeit vielfach in Kos-
Die Haut benötigt nicht nur Feuchtigkeit. Eine zweite metika eingesetzt und besonders werbewirksam an-
wichtige Komponente für einen intakten Hydrolipid- gepriesen. Es stellt sich in dermatologischen Kreisen
film und eine gesunde Hornschicht sind Lipide. Sie jedoch die Frage, ob lokal aufgetragene Ceramide
sind eine umfassende, heterogene Substanzgruppe, wirklich in die Hornschicht eindringen und die na-
zu der auch viele der typischen Salben- und Creme- türlichen Aufgaben übernehmen können. Die bes-
grundlagen zählen, wie z. B. Lanolin (. Tab. 4.1). Sie ten Effekte mit ceramidhaltigen Kosmetika sind bei
72 Kapitel 4 · Wirkstoffe in Kosmetika

Formel

. Abb. 4.6. Beispielhafte Strukturen der Ceramide der Haut

Personen zu erzielen, die Defekte im Lipidkitt auf- bracht. Fast fünfzehn Jahre später ist der Hinweis
weisen. Bei gesunder, normaler Haut liefern fetthal- »enthält Liposomen« obligatorisch bei Cremes gegen
tige Salbengrundlagen ohne Ceramide die gleiche Alterserscheinungen und Faltenbildung. Auch sind
Wirkung. Bei der geschädigten Haut wurde eine sie nicht mehr nur in diesen Spezialprodukten zu
positive Wirkung auf den transepidermalen Wasser- finden, sondern auch in einfachen Körper- und Ta-
verlust und die Barrierefunktion festgestellt und die gespflegeprodukten und wasserfesten Sonnencre-
Haut wurde durch eine stärkere Adhäsion der Zellen mes. Eine neue Variante des »Liposomenprinzips«
glatter. Weitere Untersuchungen ergaben, dass die sind die Nanopartikel, die aus anderen Grundsubs-
Wirkung der Ceramide abhängig ist von der Grund- tanzen zusammengesetzt sind. Die Größenordnung
lage der Zubereitung; ceramidbeladene Liposomen beider Stoffklassen ist weitestgehend identisch.
und O/W-Emulsion mit Ceramiden lieferten bei- In der Medizin und der Kosmetik wurden den
derseits bessere Ergebnisse, als die ceramidfreien Liposomen und Nanopartikeln viele verschiedene
Vergleichsprodukte oder W/O-Emulsionen. Namen gegeben, um besondere Charakteristika her-
Die Ceramide sind, im Gegensatz zu den übrigen vorzuheben oder sich von anderen Anbietern zu un-
Lipiden, die vor allem als Cremegrundlagen genutzt terscheiden. Diese Stoffgruppe lässt sich meistens
werden, Wirkstoffe, die vor allem bei Neurodermitis, an den Endungen -somen, -spheren, -particles oder
trockener Haut mit geschädigtem Lipidkitt und Alters- -pearls der Stoffbezeichnungen identifizieren.
haut sinnvoll eingesetzt werden können (. Tab. 4.1).

Liposomen
4.4.2 Liposome und Nanopartikel Liposomen sind kleine Hohlkugeln (Vesikel), deren
Hüllen aus einer den Zellmembranen ähnlichen Lipid-
Das erste liposomenhaltige Kosmetikum wurde Mit- doppelschicht, auch Bilayer genannt, bestehen. Innen
te der achtziger Jahre von Dior auf den Markt ge- sind sie mit einer wässrigen Phase gefüllt (. Abb. 4.7).
4.4 · Hautpflegende Wirkstoffe, Emollentien, Wirkstoff-Lipide
73 4
Lecithine

. Abb. 4.7. Querschnitt durch ein Liposom

Die Vesikel entstehen spontan, wenn man Leci-


thine (Phospholipide, . Abb. 4.8) in Wasser löst. Bei
diesem Prozess richten sich die hydrophilen Phos-
phatgruppen der Lecithine nach außen zur wäss-
rigen Phase aus, die lipophilen Ketten zur Innenseite
. Abb. 4.8. Lecithinmolekül und der Aufbau eines Bilayers
des Bilayer (. Abb. 4.8). Üblicherweise werden zur
Bildung der Vesikelhüllen verschiedenste pflanzliche
oder tierische Phospholipide oder andere amphi- In den Interzellularräumen der Hornschicht
phile Lipide, kombiniert mit Cholesterin und freien wurden lamellenartige Lipidstrukturen entdeckt. Es
Fettsäuren, verarbeitet. wird vermutet, dass die Liposomen durch ihre ver-
Abhängig von der Herstellungsmethode und gleichbare Struktur und Zusammensetzung mit
den verwendeten Substanzen erhält man Liposo- diesem Lipidkitt in Wechselwirkungen treten und
men von zwanzig bis zu mehreren Tausend Nano- ihrerseits Bestandteile oder Wirkstoffe weitergeben
metern Durchmesser, die einschichtig sind oder – können. Weiterhin werden auch Wechselwirkungen
wie bei einer Zwiebel – aus mehreren Schichten zwischen den Zellmembranen und den Liposomen
aufgebaute Hüllen besitzen (. Tab. 4.6, . Abb. 4.9). angenommen, was jedoch noch nicht eindeutig
Die Lipiddoppelschicht hat in der Regel eine Dicke nachgewiesen wurde.Damit die Liposomen in die
von 5–6 nm. tieferen Hautbereiche vordringen, müssen sie klei-
Liposomen werden unbeladen als leere Vesikel ner als 200 nm sein, da die Interzellularräume maxi-
oder beladen mit Wirkstoffen in Dermatika und mal diese Breite aufweisen. Liposomen transportie-
Kosmetika eingearbeitet. Hydrophile Substanzen lö- ren hydrophile Substanzen in die obersten Horn-
sen sich im wässrigen Innenraum des Vesikels, lipo- schichten, die normalerweise nicht in das eher
phile in der Lipiddoppelschicht. lipophile Stratum corneum einzudringen vermögen.

. Tabelle 4.6. Liposomengrößen

Anzahl der Schichten Durchmesser [nm] Bezeichnung Abk.


einschichtig/unilamellar 20–100 small unilamellar vesicles SUV
einschichtig/unilamellar > 100 large unilamellar vesicles LUV
mehrschichtig/multilamellar > einige hundert multilamellar vesicles MUV
multivesikulär > einige hundert multivesicular vesicles MVV
1 nm = 0,001 μm = 0,000001 mm = 0,0000001 cm
74 Kapitel 4 · Wirkstoffe in Kosmetika

Niosomen
Liposomen, deren amphiphile Hüllensubstanzen
nichtionische Tenside synthetischen Ursprungs sind,
erhielten den Namen Niosome (nicht ionische Lipo-
some). Bevorzugt werden Alkylpolyglycerylether,
Macrogolalkylether oder Macrogolfettsäureester als
neutrale Tenside herangezogen (7 Kap. 6). Die Wir-
kungen sind denen der Liposomen identisch.
4
. Abb. 4.9. Hüllenaufbau der Liposomen Sphingosomen
Werden die Lecithine bei der Herstellung von Lipo-
Die Wirkungen, die durch Liposomen erreicht wer- somen durch die natürlichen Sphingolipide (Cera-
den, sind: mide, 7 Kap. 4.4.1) ersetzt, erhält man Sphingosomen.
4 Transport hydrophiler Wirkstoffe in die Horn- Sie sind identisch in ihren Wirkungen mit den Lipo-
schicht und Epidermis, somen.
4 bessere Hydratation der Hornschicht, Glättung
der Haut, Nanopartikel
4 Anlegen eines Wirkstoffdepots und Fixierung Nanopartikel sind die Umkehrung der Liposomen.
der Wirkstoffe im Stratum corneum, Sie enthalten einen lipophilen Innenraum der durch
4 UV-Filtersubstanzen werden in der Hornschicht eine einfache Lecithinschicht von der Wasserphase
fixiert, es entsteht ein optimal wasserfestes Pro- abgegrenzt ist. Sie eignen sich zum Transport lipo-
dukt. philer Substanzen.
4 Wechselwirkungen und Austausch zwischen Eine Neuheit sind die festen Lipidnanopartikel
Zellmembranen und Liposomen denkbar, (Lipopearls®, Nanopearls®). Sie enthalten einen
4 »Verjüngungseffekte« durch Liposomen und festen lipophilen Kern in dem Wirkstoffe eingebettet
transportierte Wirkstoffe in das Stratum cor- sind, umgeben von einer Tensid- oder Polymerhülle.
neum, Der Vorteil der festen Nanopartikel ist, dass hydro-
4 Wechselwirkungen und Austausch zwischen in- lyse- und sauerstoffempfindliche Substanzen gut
terzellularem Lipidkitt und Liposomen, geschützt durch die feste Lipidphase weiterverar-
4 Barrierefunktion wird unterstützt und verbessert. beitet werden können und im Gegensatz zu einer
Verarbeitung in üblichen Emulsionen über längere
Einige der positiven Wirkungen können unabhängig Zeiträume stabil bleiben. Weitere Besonderheiten
von der besonderen Struktur der Liposomen allein dieser neuen Nanopartikel sind:
den Substanzen der Vesikelhüllen zugesprochen 4 Sie zeigen einen ausgeprägten Pigmenteffekt.
werden, die auch bei nicht intakter Hülle die gleiche Zubereitungen erhalten eine angenehme weiße
Wirkung ausüben. Tönung, unerwünschte Farben werden über-
Die Wirkung der Liposomen als Ganzes in tief- deckt.
eren Hornschichten oder bei beladenen Vesikeln 4 Durch eine sehr dichte Packung der Nanopar-
hängt sehr von ihrer Größe ab. Die Angabe »enthält tikel entsteht ein feiner Film auf der Haut, der
Liposomen« ist noch kein Garant für die bekannten den TEWL verhindert und zu einer verbesserten
Wirkungen der Mikropartikel, diese hängen vor Hydratation des Stratum corneum führt.
allem vom Durchmesser, den Grundsubstanzen und 4 Der Okklusionseffekt begünstigt die Resorption
den eingebauten Wirkstoffen der Liposomen ab, wie von Wirkstoffen.
in zahlreichen Untersuchungen ermittelt wurde. 4 Die Haut wird durch Nanopartikel nicht fettig
Zurzeit existiert noch keine Standardisierung lipo- glänzend, da die kleinen Partikel gut in die Haut
somaler Strukturen, die eine Wirkung garantieren einziehen.
würden, so dass je nach Hersteller mit unterschied- 4 Es kann eine kontrollierte Freisetzung des Wirk-
lich ausgeprägten positiven Effekten zu rechnen ist. stoffes durch entsprechende Lipide oder Hüllen-
4.4 · Hautpflegende Wirkstoffe, Emollentien, Wirkstoff-Lipide
75 4

substanzen erreicht werden, wodurch ein relativ 4 γ-Tocopherol (INCI: Tocopherole, 7 Kap. 4.1.7)
gleichmäßiges Wirkprofil über einen längeren das 75 % der Argan-Tocopherole ausmacht, ist
Zeitraum gewährleistet wird. Dies ist vor allem sehr stark radikalbindend und wirkt entzün-
in Dermatika von Vorteil. dungshemmend.
4 Einfache Phenole schützen liposomale Struk-
turen (Membranen) vor Lipidperoxidation.
4.4.3 Fette Öle als Wirkstoffe
Durch diese spezielle Zusammensetzung eignet sich
Einige Lipide zeichnen sich durch besondere Wir- das Öl besonders gegen trockene und Altershaut, als
kungen aus. Dies wird durch besondere Fettsäure- Prophylaxe gegen Schwangerschaftsstreifen (Striae
muster oder untypische Inhaltsstoffe in den unver- gravisaris) und es verringert die Faltenbildung. Der
seifbaren Anteilen bewirkt. Sie sollten nicht als heilungsfördernde Effekt ist hilfreich bei Neuro-
Grundlage bzw. Emollient bezeichnet werden, son- dermitis und als Zusatz in Sonnenschutz- und After
dern besser als Wirkstoff. In der Regel sind sie im Sun-Kosmetik, bei kleinen Verbrennungen oder
Vergleich zu den üblichen fetten Ölen als Rohstoffe Wunden. Spröde Haare und brüchige Nägel profi-
sehr teuer und müssen aufgrund der meist thermo- tieren ebenfalls von den Wirkungen des Arganöls
instabilen Inhaltsstoffe sehr schonend verarbeitet (z. B. Lipstick Novum Dr. Hauschka® Wala; Hand-
werden. kuss Handmaske Fette-Köln).

Arganöl Borretschöl
Der Argan- oder Eisenholzbaum (INCI: Argania Borretschöl (INCI: Borago officinalis) wird aus den
spinosa) wächst nur noch in einem begrenzten Ge- Samen einer einjährigen Pflanze gewonnen. Die Fett-
biet in Marokko, welches zum Schutz seiner Einzig- säurezusammensetzung der Triglyceride besteht
artigkeit seit 1998 von der UNESCO zum Biosphä- aus 12–18 % Palmitin- und Stearinsäure, bis zu 20 %
renreservat erklärt wurde. Ölsäure und bis zu 45 % Linolsäure. C20-Säuren
Der Baum wächst am Rande der Wüste und bil- sind mit 6–10 % vertreten. Durch einen extrem
det winzige mandelförmige Samen in einem sehr hohen Gehalt an γ-Linolensäure von 18–25 % ist es
harten Kern, umgeben von einer relativ großen Bee- ein besonders wichtiges Öl zum Einsatz gegen Neu-
renfrucht. Zur Gewinnung des Öls wird der Samen rodermitis (z. B. Frei Feuchtigkeits Creme).
zunächst geröstet und anschließend kalt gepresst.
Durch dieses Verfahren wird ein sehr wertvolles Öl Nachtkerzenöl
gewonnen, welches zum Verzehr geeignet ist. Für Nachtkerzenöl (INCI: Oenothera biennis) ist ein
kosmetische Zwecke kann auch ein preiswerteres Öl sehr teures Öl aus den Samen einer 2-jährigen, etwa
durch Extraktion mit organischen Lösungsmitteln 50–100 cm hohen Pflanze, es enthält bis zu 80 %
gewonnen werden. Linolsäure und bis zu 14 % γ-Linolensäure (7 Kap.
Das Öl enthält etwa 96 % Triglyceride verestert 6.3.1). Wegen der selteneren Linolensäure wird das
mit etwa 45 % Ölsäure und 35 % Linolsäure. Der Öl in kleinen Mengen (bis 5 %) gegen trockene
unverseifbare Anteil beträgt etwa 0,5–0,9 % und ent- Haut, Altershaut, Faltenbildung und Neurodermitis
hält spezielle Carotinoide (kein β-Carotin), Squalen, eingesetzt (Frei® Intensiv Creme).
α- und γ-Tocopherol, Sterole, einfache Phenole und
Triterpenalkohole. Olivenöl
Spezielle »Hautwirkungen« der Inhaltsstoffe: Olivenöl (INCI: Olea europaea) ist ein beliebtes Öl
4 Linolsäure ist essenziell und fördert die Prolife- in der mediterranen Küche und erfreut sich auch
ration und Stabilität der Keratinozyten und wird bei uns einer immer größeren Beliebtheit, vor allem
für immunologische Prozesse benötigt. auch wegen seines Geschmacks und seiner vielen
4 Squalen (INCI: Squalane, 7 Kap. 6.3.4) wirkt anti- positiven Wirkungen für die Gesundheit. Olivenöl
karzinogen, neutralisiert UV-induzierte Radikal- sehr guter Qualität wird aus den Steinfrüchten des
bildungen. Baumes durch Kaltpressung bei maximal 40 °C
76 Kapitel 4 · Wirkstoffe in Kosmetika

gewonnen. Die Triglyceride sind bis zu 83 % mit zenteil oder Extraktionsverfahren. In . Tab. 4.7 sind
Ölsäure, bis zu 21 % mit Linolsäure und bis zu 20 % viele in Kosmetika verwendete Pflanzen nach der
mit Palmitinsäure verestert. Die unverseifbaren deutschen Bezeichnung alphabetisch aufgelistet
Anteile (2–3 %) enthalten einen hohen Gehalt an und kurz ihre erfahrungsgemäß ermittelte Wir-
Squalen, Sterole, Phenole und kleine Mengen Toco- kungsweise, vervollständigt durch Substanzen aus
pherole. Vermutlich sind die antioxidativen und der Tierwelt und isolierte gereinigte Inhaltsstoffe
regenerativen Wirkungen des Öls den sekundären biologischer Extrakte. (Die Liste erhebt keinen An-
Pflanzeninhaltsstoffen zuzuschreiben (Olivenölbad, spruch auf Vollständigkeit.) Einige sehr häufig ver-
4 -Creme, -Körperlotion Fette-Köln). arbeitete biologische Zusatzstoffe, deren Wirkungen
wissenschaftlich nachgewiesen wurden, werden an-
schließend genauer besprochen. Einige biologische
4.5 Pflanzliche, tierische Zusatzstoffe wurden schon an anderer Stelle vorge-
und biologische Stoffe stellt wie z. B. Vitamin E, Hyaluronsäure, Proteine
und Proteinhydrolysate (7 Kap. 4.2).
In Pflanzen sind eine Vielzahl unterschiedlicher
Inhaltsstoffe, wie ätherische Öle, Flavonoide, Sapo-
nine, Gerbstoffe, Schleime, Fette, Eiweiße, Kohlen- 4.5.1 Allantoin
hydrate und die nicht in Kosmetika verwendeten
Alkaloide enthalten, die meistens als komplexe Ge- Allantoin (INCI: Allantoin) ist ein isolierter Wirk-
mische in der Pflanze vorkommen. Je nach ver- stoff des Beinwells. Es hat eine heilende, reizlin-
wendetem Pflanzenteil (Blätter, Blüten, Kräuter, dernde, leicht hydratisierende Wirkung und gibt der
Wurzeln, Früchte, Samen, Rinde etc.) oder Extrakti- Haut ein glatteres, zartes Aussehen. Günstig ist die
onsverfahren (Destillation, Pressung, alkoholische, Verwendung von 0,1–0,5 % in Baby- und Kinder-
ölige und wässrige Auszüge etc.) kann die Zusam- cremes, After-Sun-Präparaten und gegen unreine
mensetzung der Pflanzenextrakte stark variieren. Haut.
Einige Pflanzen können wegen ihrer unterschied-
lichsten Inhaltsstoffe auch für mehrere Einsatzmög-
lichkeiten herangezogen werden. Aus dem Tierreich 4.5.2 Aloe vera
stammen vor allem Fette, Wachse, Proteine und
Hyaluronsäure. Aloe vera (INCI: Aloe barbadensis) ist eine Pflanze
Nachteilig beim Einsatz von Extrakten biolo- der trockenen, heißen Gebiete. Der Saft des Marks
gischen Ursprungs ist, dass in den wenigsten Fällen ist seit mehr als 1000 Jahren für seine heilende
standardisierte Extrakte zur Verfügung stehen und Wirkung bekannt. Aloe-vera-Gel wird wegen sei-
über viele Wirkungen keine wissenschaftlichen ner feuchtigkeitsspendenden, antimikrobiellen und
Nachweise und Dosierungsangaben vorliegen. Auch regenerierenden Wirkung auf der Haut in Kos-
muss berücksichtigt werden, dass gerade pflanzliche metika eingesetzt. Es wirkt antiphlogistisch durch
und tierische Inhaltsstoffe häufig ein allergenes Hemmung der Bradykinin- und Prostaglandin-
Potenzial tragen (Pollenallergie!). Aus diesem Grund synthese und weist einen leichten Lichtfiltereffekt
sollten Personen, die zu Allergien neigen auf die auf, wodurch es hervorragend als Zusatz in Son-
meisten biologischen Zusatzstoffe verzichten. Wenig nenschutzprodukten und After-Sun-Lotionen ge-
Probleme in Bezug auf eine Allergie bereiten dage- eignet ist.
gen fette Öle und Wachse (Ausnahme: Bienenwachs, Das Gel eignet sich für alle Kosmetikbereiche
welches durch Pollenreste eine »Heuschnupfen«- vom Waschen bis zum Pflegen und für alle Alters-
Attacke auslösen kann.) gruppen.
Nach der neuesten Deklarationsvorschrift der
EU-Kommission werden Pflanzen durch ihren
Namen nach Linné auf der Verpackung angezeigt,
ohne weitere Angaben über das verwendete Pflan-
4.5 · Pflanzliche, tierische und biologische Stoffe
77 4

. Tabelle 4.7. Biologische Zusatzstoffe in Kosmetika und ihre Wirkungen


Deutsche Bezeichnung INCI o. »Linné«-Bezeichnung Wirkweise
Aesculin Esculin gegen Karies, UVs
Akazie Acacia farnesiana feuchtigkeitsspendend
Alantoinat Alcloxa (Ladival) heilend, pflegend, regenerierend
Meeresalgen Algae feuchtigkeitsspendend, vitalisierend
Algenenzym-Photolyase Plankton Extrakt (Photolyase) regenerierend, UV-Schutz
Allantoin Allantoin heilend, pflegend
Aloe vera Aloe barbadensis feuchtigkeitsspendend, reizlindernd
Ammoniumglycyrrhizinat Ammonium Glycyrrhizate regenerierend, reizlindernd
Ananas Ananas sativa AHA, fältchenglättend
Aprikose Prunus armeniaca pflegend
Arganbaum Argania spinosa Lipid, pflegend, gegen Hautalterung
Arnika Arnica montana durchblutungsfördernd
Augentrost Euphrasia officinalis reizlindernd, abschwellend
Azulen Azulene reizlindernd
Ballonrebe Cardiospermum halicacabum pflegend, reizlindernd
Bambus (extrakt/-cellulose/ Bambusa arundinacea abrasiv, elastizitätsverbessernd,
-Peelingkörper) gelbildend
Baummoosextrakt Evernia furfuracea Extract Bz, Pa
Beinwell Symphytum officinale heilend, pflegend
Birke Betula alba adstringierend, haarwuchsfördernd??
alpha-Bisabolol Bisabolol reizlindernd
Brennnessel Urticaria dioica durchblutungsfördernd
Buche Fagus sylvatica fältchenglättend
Campher Camphor antiseptisch, erfrischend
Centella asiatica, Tigergras Centella asiatica entzündungshemmend, heilend,
faltenmindernd
Chitin, wasserlösl. Carboxymethyl Chitin feuchtigkeitsspendend
Coffein Caffeine gegen Cellulitis, hautstraffend
Dattelpalme Phoenix dactylifera Phytohormone, feuchtigkeitsspendend
Enoxolon Glycyrrhetinic Acid hautpflegend, reizlindernd, regenerierend
Erdbeere Fragaria vesca AHA, fältchenglättend
Echiumöl Echinum plantagineum Lipid, hautpflegend, reizlindernd
Eichenmoosextrakt Evernia prunastri Extract Parfumstoff
Efeu Hedera helix Cel, HS, HG
Eucalyptus Eucalyptus globulus belebend
Farnesol Farnesol antimikrobiell, aromatisierend
Geleé Royale Royal Jelly feuchtigkeitsspendend
Gerste (Mehl, Treber) Hordeum vulgare absorbierend, reizlindernd, fettend
Ginkgo Ginkgo biloba gegen vorzeitige Hautalterung
78 Kapitel 4 · Wirkstoffe in Kosmetika

. Tabelle 4.7 (Fortsetzung)


Deutsche Bezeichnung INCI o. »Linné«-Bezeichnung Wirkweise
Ginseng Panax ginseng beruhigend, pflegend
Granatapfel Punica granatum Polyphenol, gegen oxidat. Stress
Grapefruit Citrus grandis feuchtigkeitsspendend
Grüner Tee Camelia oleifera Schutz gegen Lichtschäden, Polyphenole

4 Guarana Paullinia cupana enthält Coffein


Gurke Cucumis sativus straffend
Habichtskraut Hieracium pilosella entschlackend, entstauend
Haferproteinhydrolysat Hydrolyzed Oats durchfeuchtend, glättend
Hamamelis Hamamelis virginiana adstringierend, antiphlogistisch
Heckenrose, Hagebutte Rosa canina belebend, vitaminhaltig
Heidelbeere Vaccinium myrtillus heilend
Heliotropin Heliotropin Duftstoff
Henna Lawsonia inermis farbgebend
Heublume Elymus/Agropyron repens, heilend??
lilium perenne, Bromus hordeaceus,
Festuca pratensis
Hibiskus Hibiscus esculentus Botoxeffekt, hautglättend
Hopfen Humulus lupulus heilend, beruhigend
Huflattich Tussilago farfara reizlindernd, heilend
Iris/Schwertlilie, florentiner, deutsche Iris florentina, germanica hautstraffend, Phytohormone
Isländisch Moos Cetraria islandica antimikrobiell, reizlindernd
Schwarze Johannisbeere Ribes nigrum Lipid, hautpflegend
Johanniskraut Hypericum perforatum durchblutungsfördernd, antiphlogistisch
Kaffee Coffea arabica Polyphenole, enthält Coffein
Kakao Theobroma cacao Polyphenole, enthält Coffein
Kamille Chamomilla recutita entzündungshemmend
Karotte Daucus carota pflegend durch Carotinoide
Kartoffelstärke Potato Starch Modified gelbildend
Klettenwurzel Arctium lappa hautpflegend
Kolanuss Cola nitida Polyphenole, enthält Coffein
Koriander Coriandrum sativum Lipid, hautpflegend
Kornblume Centaurea cyanus pflegend
Kristall-Mittagsblume Mesembryanthemum crystallinum NMF, UV-schützend
Kürbis Cucurbita pepo antiseborrhoisch
Lavendel Lavandula angustifolia entspannend, deodorierend
Lemongras Cymbopogon martinii belebend
Linalool Linalool Duftstoff
Lindenblüten Tilia cordata o. vulgaris hautpflegend
Luffa-Peelingkörper Luffa cylindrica abrasiv
4.5 · Pflanzliche, tierische und biologische Stoffe
79 4

. Tabelle 4.7 (Fortsetzung)


Deutsche Bezeichnung INCI o. »Linné«-Bezeichnung Wirkweise
Lycopin Lycopin kollagenschützend
Madecassoside Madecassoside feuchtigkeitsspendend, hautstraffend,
UV-Schutz
Madonnenlilie Lilium candidum antioxidativ, regenerierend, feuchtigkeits-
spendend
Malachit Malachit Mineral, stoffwechselanregend
Malve Malva silvestris beruhigend
Mango Mangifera indica Emo, HP, HG,
Matestrauch Ilex paraguariensis Polyphenole, enthält Coffein
Weiße Maulbeere Morus alba beruhigend, schmerzlindernd
Mäusedorn-Wirkstoff Neoruscogenin hautstraffend
Mäusedorn, Ruscogenin Ruscus aculeatus, Ruscogenin hautstraffend
Melisse Melissa officinalis belebend
Menthol Menthol kühlend, erfrischend
Menthyllactat Menthyl Lactate erfrischend
Menthylsalicylat Menthyl Salicylate antimikrobiell
Milchglucoproteine Lactoferrin feuchtigkeitsspendend, hautglättend
Natternkopf (Echiumöl) Echium lycopsis Lipid, hautpflegend
Neem Azadirachata indica, antimikrobiell, entzündungshemmend,
Melia azadirachata regenerierend, gegen Haarausfall
Nelke Eugenia caryophyllus antimikrobiell
Olive (Fett, Extrakt, Schalen) Olea europaea abrasiv, hautpflegend, Polyphenole,
Phytohormone
Orangenblüten Citrus dulcis pflegend, aromatisierend
Passionsfrucht Passiflora incarnata AHA, fältchenglättend
Propolis Propolis cera antimikrobiell
Phytosphingosin Phytosphingosine Lipid, hautpflegend
Raps(-öl) Brassica campestris Sterols gegen Hautalterung, Phytohormone
Reiherschnabelkraut Erodium cicutarium Polyphenole, enthält Coffein
Ringelblume Calendula officinalis entzündungshemmend
Rosen(wasser) Rosa centifolia reizlindernd
Rose Rosa damascena antimikrobiell, aromatisierend
Rosmarin Rosmarinus officinalis kreislaufanregend
Rosskastanie Aesculus hippocastanum venentonisierend, antiphlogistisch
Rotalgen, Carrageen Chondrus crispus gelbildend
Salbei Salvia officinalis antihidrotisch, entzündungshemmend,
antibakteriell
Sanddorn Hippophae rhamnoides AHA, Emo, Li, Vit
Schachtelhalm Equisetum arvense antiphlogistisch, gewebefestigend
Schwarze amerk. Schlangenwurzel Cimicifuga racemosa Phytohormone, feuchtigkeitsspendend
80 Kapitel 4 · Wirkstoffe in Kosmetika

. Tabelle 4.7 (Fortsetzung)


Deutsche Bezeichnung INCI o. »Linné«-Bezeichnung Wirkweise
Sclerotium rolfssii Harz Sclerotium Gum gelbildend
Roter Sonnenhut Echinacea purpurea entzündungshemmend, hautpflegend,
immunstimulierend
Spitzwegerich Plantago lanceolata antimikrobiell
Süßholz Glycyrrhiza glabra pflegend
4 Süßholzwurzel, Gan-cao Glycyrrhiza uralensis hautglättend, regenerierend, reizlindernd
Süßwasser Blaualgen Phormidium uncinatum gegen Hautalterung
Weiße Sumpfblume Limnanthes alba Seed Oil Lipid, hautpflegend
Subtilisin Subtilisin Enzympeeling
Szechuan-Pfeffer-Extrakt Xanthoxylium bungeanum gegen Cellulitis, entschlackend
Tee, grün, weiß, schwarz Camelia sinensis gegen oxidativen Stress, Polyphenole
Tee, grün, weiß, schwarz Camelia assamica gegen oxidativen Stress, Polyphenole
Teebaumöl Melaleuca alternifolia stark antimikrobiell
Thymian Thymus serpyllum antimikrobiell
Traube Vitis vinifera AHA, fältchenglättend
Weihrauch-Baum (Fette) Boswellia serata Lipid, heilend, pflegend, straffend
Jogurt-Pulver Yogurt Powder feuchtigkeitsspendend, glättend
Zwergsägepalme Serrenoa serulata Barriereschutz, reizlindernd

4.5.3 α-Bisabolol weise aus Teepflanzen extrahiert oder fällt bei der
Entcoffeinierung von Kaffee an. Es ist auch eine To-
α-Bisabolol (INCI: Bisabolol) ist der Hauptwirkstoff talsynthese oder eine Herstellung aus dem weniger
der Kamille. Er ist entzündungshemmend, aber we- wertvollen Theobromin möglich.
niger allergen als der Gesamtextrakt aus der Kamille. Die systemischen Wirkungen (7 Übersicht 4.6)
Die Wirkung des Bisabolols setzt erst einige Stunden und auch einige der Wirkmechanismen des Coffeins
nach der Anwendung ein. Die günstigste Einsatz- sind hinreichend bekannt, doch der dermatologi-
konzentration liegt bei 0,8 %. Der Kamillenwirkstoff sche Nutzen wurde bis jetzt nur wenig berücksich-
eignet sich besonders für Babycremes im Windelbe- tigt. Wird Coffein in Liposomen oder ähnliche Trä-
reich, empfindliche Haut, Lippencremes und After- gersysteme verpackt, besteht die Möglichkeit, Cof-
Sun-Lotionen. fein durch die oberen Hautschichten bis in das
subcutane Fettgewebe zu schleusen. Hier verstärkt es
die Lipolyse durch Aktivierung der Triacylglycerol-
4.5.4 Coffein lipase, gleichzeitig wirkt es dehydrierend auf das Ge-
webe. Beides kann bei Cellulite genutzt werden, um
Seit vielen Jahrhunderten wird Coffein (INCI: Caf- das Fettgewebe zu reduzieren und zu entwässern; die
feine) in Form der bekannten Genussmittel Kaffee, Haut strafft und glättet sich (z. B. Crealite® Crea-
Tee und Kakao konsumiert, doch auch in anderen derm, Body Modelling® Gel Roc). Der entwässernde
Teedrogen, wie Colanuss, Guarana, Mate- oder Rei- Effekt hilft auch gegen geschwollene Augen.
herschnabelkraut ist Coffein enthalten (. Tab. 4.8). In neueren Studien wurde für Coffein eine
Coffein gehört wie Theophyllin und Theobromin zu haarwuchsfördernde Wirkung nachgewiesen. Ver-
den Xanthin-Derivaten (. Abb. 4.10) und wird teil- mutlich kommt dies durch die Neutralisation der
4.5 · Pflanzliche, tierische und biologische Stoffe
81 4

. Tabelle 4.8. Coffeinhaltige Drogen oder Zubereitungen


Pflanze/Zubereitung INCI Familie
Kaffee Coffea arabica Rubiaceae
Grüner/Schwarzer/Weißer Tee Camelia sinensis Theaceae
Grüner/Schwarzer/Weißer Tee Camelia assamica Theaceae
Kakao Theobroma cacao Sterculiaceae
Kolanuss Cola nitida Sterculiaceae
Matestrauch Ilex parahuariensis Aquifoliaceae
Guarana Paullinia cupana Sapindaceae
Reiherschnabelkraut Erodium cicutarium Geraniaceae

Übersicht 4.6. Bekannte Wirkungen des Coffeins

zentral stimulierend Steigerung der Herzleistung bis Tachykardie


psychostimulierend Steigerung der Leistungsfähigkeit bei Müdigkeit
anregend bis innere Unruhe Förderung der Lipolyse
schlafhemmend bei Müdigkeit Förderung der Glycogenolyse
broncholytisch gehirngefäßverengend
vasodilatatorisch kopfschmerzmindernd, gegen Migräne
diuretisch atmungsaktivierend

negativen Testosteronwirkungen zustande, wie Ver- protektiven und immunstimulierenden Wirkungen.


schlechterung der Hautbarriere sowie eine vermin- Der Polyphenolgehalt des grünen Tees ist sehr hoch.
derte Zellteilung und -regeneration, die in der Sum- Eine 2 %ige Konzentration des Tee-Extrakts in Kos-
me zu Haarausfall führen. metika reicht aus, um effektiv Radikale auf der Haut
abzufangen. Grüner Tee kann gegen Hautalterung,
bei Lichtschäden und als UV-Schutz eingesetzt
4.5.5 Grüner Tee werden (Frei® Augen Creme; Mandel Handcreme,
Fette-Köln).
Grüner Tee (INCI: Camellia sinensis, -assamica, -olei- Wird grüner Tee getrunken, sollte man ihn min-
fera) wird in China schon seit 5000 Jahren getrun- destens 5 min ziehen lassen, damit die Polyphenole
ken. Im Allgemeinen werden zwei junge Triebe mit eine nennenswerte Konzentration erhalten.
einer Knospe von den immergrünen Bäumen ge- Das im Tee-Extrakt enthaltene Coffein ist für die
pflückt und zu Grüntee verarbeitet. Um grünen Tee Hautwirkung nicht von Bedeutung, da es ohne wei-
zu erhalten, müssen die Pflanzenenzyme, die bei tere Carriersysteme nicht ausreichend tief in die
schwarzem Tee zur Fermentierung genutzt werden Haut eindringt.
und zur typischen dunklen Färbung führen, nach
dem Pflücken sofort durch Hitze inaktiviert werden.
Grüner und schwarzer Tee enthalten in unter- 4.5.6 Hamamelis, virginische
schiedlichen Konzentrationen vor allem Gerbstoffe, Zaubernuss
Polyphenole, Coffein und Fluorid.
Polyphenole (7 Kap. 4.6.10) finden immer mehr Verwendet werden die Blätter oder die Rinde in
Bedeutung im Einsatz gegen oxidativen Stress Form eines Extraktes (INCI: Hamamelis virginiana).
(7 Kap. 4.6) aufgrund ihrer antioxidativen, kanzero- Die Pflanze enthält Gerbstoffe und ein ätherisches
82 Kapitel 4 · Wirkstoffe in Kosmetika

Allantoin

α-Bisabolol

Coffein

Madecassoside

. Abb. 4.10. Strukturformeln einiger biologischer Wirkstoffe

Öl. In Kosmetik und Medizin wird der Extrakt pur eingesetzt. Die Kamille wirkt entzündungshem-
oder in Cremes und Salben zur besseren Wundhei- mend, reizlindernd und heilungsfördernd auf der
lung und gegen Entzündungen verwendet. Gegen Haut und Schleimhaut. Die Verwendung des Öls
Sonnenbrand soll eine 15 %-Lösung des Extraktes kann zu Allergien führen im Gegensatz zu den ein-
sehr hilfreich sein. Die Anwendung empfiehlt sich zelnen Wirkstoffen. Zur Anwendung kommt es in
bei unreiner oder entzündlicher Haut und in After- Zubereitungen gegen empfindliche, unreine Haut
Sun-Lotionen. und Babycremes.

4.5.7 Kamille 4.5.8 Kristall-Mittagsblume

Aus der Kamille (INCI: Chamomilla recutita) wird Die Kristall-Mittagsblume (INCI: Mesembryanthe-
ein aromatisch riechendes, blaues, ätherisches Öl mum crystallinum), auch genannt Eisblume oder
gewonnen. Dieses Öl wird als Tinktur verwendet Sodapflanze, liebt die Extreme und gedeiht in den
oder zu Arzneimitteln oder Kosmetika weiterverar- unwirtlichsten Gegenden, die heiß, trocken und mit
beitet. Azulen und Bisabolol werden aus dem Öl iso- salzigen Böden ausgestattet sind. Sie hat viele beson-
liert oder synthetisch hergestellt und als Wirkstoffe dere physiologische Tricks entwickelt, um auf die
4.5 · Pflanzliche, tierische und biologische Stoffe
83 4

Stressoren Trockenheit, Hitze und Salz bestmöglich


zu reagieren. Die Mittagsblume enthält ein Gemisch Übersicht 4.8. Auswahl der volksmedizini-
verschiedenster hygroskopischer oder sehr hydro- schen Anwendungen von Centella asiatica
philer Substanzen (7 Übersicht 4.7), vergleichbar mit
den NMF der menschlichen Haut (7 Kap. 2.5.4), die Anämie Hypertonie
der Pflanze eine Wasserbindung direkt aus der Luft Asthma Krampfadern
ermöglichen und eine Wasserspeicherung über lan- Bronchitis Lepra
ge Zeit erlauben. Durch einen Hitzeschock wird in Cellulite Malaria
der Pflanze die Synthese von Flavonoiden und Beta- Cholera Nephritis
cyanen induziert, die sie vor UV-Strahlen schützen. Dysmenorrhoe Neuralgien
Die Stoffe, die das Überleben dieser Pflanze in Gelenkrheuma Senilität
unwirtlichen Gegenden sichern, können in der Der- GI-Geschwüre Syphilis
matologie und Kosmetik gewinnbringend genutzt Hämorrhoiden Verbrennungen
werden. Zubereitungen mit dem Mittagsblumen- Hepatitis Wunden
Extrakt wirken beruhigend, pflegend und reizlin-
dernd, vermindern Juckreiz, erhöhen die Hautfeuch-
te, verbessern die Barrierefunktion und sind bei side), Letztere werden auch isoliert in Kosmetika
trockener Haut, Neurodermitis, Alters- und Kinder- verarbeitet. Belegt ist, dass der Gesamtextrakt und
haut zu empfehlen. Die UV-Schutzwirkung kann in auch die isolierten Wirkstoffe die Synthese verschie-
Sonnenschutzprodukten (Sonnenmilch Dr. Hausch- dener Kollagentypen in der Haut stimulieren und
ka® Wala) unterstützend wirken. gleichzeitig antiphlogistisch wirken. Sie fördern die
Wundheilung, die Reparatur und Regeneration der
Altershaut (Redermic®-Serie La Roche-Posay), ver-
Übersicht 4.7. Inhaltsstoffe der Kristall- ringern die Narbenbildung und die Bildung von
Mittagsblume Schwangerschaftsstreifen (Creastrian® Creaderm).

Fruchtsäuren
Aminosäuren: Prolin 4.5.10 Propolis
Mono- und disaccharide
Polysaccharide (gelbildend) Propolis (INCI: Propolis Cera) ist die von Bienen her-
Zuckeralkohole gestellte Kittsubstanz, um die Bienenstöcke abzu-
Flavonoide dichten, Waben auszubessern oder auch Gegner
Betacyane einzubalsamieren und zu töten. Es ist ein komplexes
Wachs-Harz-Gemisch mit wechselnder Zusammen-
setzung, je nach Jahreszeit und Sammelverhalten der
Bienen. Das Wirksamste stammt von Pappeln. Die
4.5.9 Madecassoside, Centella asiatica wirksamkeitsbestimmenden Stoffklassen sind: äthe-
oder Tigerkraut rische Öle, Phenol-Carbonsäuren und Flavonoide.
Einige dem Propolis nachgesagten Wirkungen
Centella asiatica (INCI: Centella asiatica), bei uns konnten mittlerweile anhand der Wirkmechanis-
auch »Tigergras« genannt, wächst vor allem in wär- men klar belegt werden: z. B. die antibakterielle, an-
meren Regionen. Seine unterschiedlichsten Wir- timykotische, antivirale, antiphlogistische, antioxi-
kungen werden schon länger in der Volksmedizin dative und immunstimulierende Wirkung. Für die
(7 Übersicht 4.8) Afrikas, Südamerikas und Asiens spasmolytischen, choleretischen, adstringierenden,
genutzt. Auch in der ayurvedischen Medizin ist es lokalanästhetischen und wundheilungsfördernden
ein bekanntes Heilkraut. Seine Hauptwirkstoffe Effekte steht der Nachweis noch aus.
sind zwei Triterpenglycoside (. Abb. 4.10), die Asia- Aufgrund dieser verschiedenen Wirkungen
ticoside und die Madecassoside (INCI: Madecasso- kann Propolis bei vielfältigen Hautdefekten und Er-
84 Kapitel 4 · Wirkstoffe in Kosmetika

krankungen in der Medizin und Körperpflege einge- Die Haut steht unter sogenanntem »oxidativen
setzt werden. Wichtig ist, dass nur kontrollierte, Stress«. Unser Körper hat verschiedenste Schutz-
standardisierte Propolis-Extrakte verwendet wer- und Immunreaktionen entwickelt, um den oxida-
den, um eine sichere, gleichbleibende Wirkung zu tiven Stress zu neutralisieren, doch sind seine Kapa-
gewährleisten. zitäten diesbezüglich begrenzt und werden bei der
Zu berücksichtigen ist, dass bei Anwendung auf heutigen Lebensführung schnell ausgereizt. Diese
der Haut Kontaktallergien auftreten können, wes- biochemischen Stressreaktionen finden natürlich
halb die Substanz erst an einer münzgroßen Stelle nicht nur in der Haut statt, sie können in jeder Kör-
4 auf Verträglichkeit getestet werden sollte. Bei Atopi- perzelle zu jeder Zeit auftreten. Die Schäden durch
kern und Allergikern, vor allem bei Überempfind- reaktive Sauerstoffspezies (ROS) fallen nur an der
lichkeit gegenüber Perubalsam, Pappelknospen, Haut offensichtlicher ins Auge! In der Regel bedeutet
Zimtrinde und Kaffeesäureestern, ist Propolis kon- dies, dass nicht nur Hautpflege »von außen«, son-
traindiziert. dern auch eine Körperpflege »von innen« betrieben
werden sollte.
Viele der folgenden Substanzen können auch mit
4.5.11 Teebaum größeren oder unterstützenden Effekten über die
Nahrung zugeführt werden. Es sollte dabei berück-
Eine neue Entdeckung in der Naturkosmetik ist seit sichtigt werden, dass die Zufuhr dieser Vitalstoffe
einiger Zeit das ätherische Öl des australischen Tee- über natürliche Lebensmittel wesentlich positiver
baums (INCI: Melaleuca alternifolia). Es wird ihm bewertet wird, als die Einnahme einzelner, hochdo-
eine extrem starke antimikrobielle und auch fungi- sierter, isolierter Stoffe über Nahrungsergänzungs-
zide Wirkung nachgesagt. mittel.
Die Verwendung sollte aber nicht zu euphorisch [Im Folgenden werden Substanzen, die vor
und kritiklos erfolgen, denn auch hier werden durch allem den oxidativen Stress neutralisieren und in
einen breitgefächerten Einsatz von Kosmetika mit Stoffwechsel- und Syntheseabläufe eingreifen, als
Teebaumöl größere Schübe von Allergien erwartet. »Anti-aging-Wirkstoffe (Aa)« bezeichnet. Substan-
Man sollte dieses Öl am besten gezielt bei infektiösen zen, die in diesem Buch in die Gruppe der »Anti-
Entzündungen auftragen, anstatt täglich geringe Do- oxidantien (AO)« eingeordnet werden, dienen vor
sen in Cremes anzuwenden, die allergische Reakti- allem dem Schutz der Produkte vor dem Ranzig-
onen provozieren. werden. Einige dieser Stoffe wirken auch gegen
oxidativen Stress und werden in diesem Fall auch
als Anti-aging-Wirkstoffe ausgewiesen. Die bei-
4.6 Stoffe zum Schutz den Wirkstoffklassen bilden eine gewisse Schnitt-
vor oxidativem Stress, Licht- menge.]
schäden und Hautalterung Um die Hautalterung zu verlangsamen und de-
ren Symptome zu minimieren, können außer Anti-
Das intrinsische (innere) Altern der Haut ist ein na- aging-Wirkstoffen auch noch andere Stoffgruppen
türlicher Prozess (7 Kap. 2.7.7). Doch nur 10 % des eingesetzt werden, z. B.:
tatsächlichen »Hautalters« soll durch die Gene ver- 4 Moisturizer (7 Kap. 4.2) für eine bessere Haut-
ursacht sein. Entscheidend für das Altern der Haut feuchte,
sind die extrinsischen Faktoren, wie UV-Strahlung, 4 Fruchtsäuren, AHA (7 Kap. 4.3) zur Faltenent-
Rauchen, Lebensführung, psychischer und phy- fernung und Durchfeuchtung,
sischer Stress, Ernährung, Zufuhr wichtiger Vital- 4 Lipide (7 Kap. 4.4 u. 6.3), zur Verbesserung des
stoffe, Alkoholkonsum etc. Fettgehalts,
Die oben genannten Stressoren verursachen ver- 4 Ceramide und Liposomen (7 Kap. 4.4), um die
stärkte Stoffwechsel-, Abwehr- und Repairreakti- Barrierefunktion zu verbessern,
onen und erhöhen dadurch den Sauerstoffverbrauch, 4 beruhigende, entzündungshemmende Stoffe
wodurch vermehrt schädliche Radikale entstehen. (7 Kap. 4.5).
4.6 · Stoffe zum Schutz vor oxidativem Stress, Lichtschäden und Hautalterung
85 4

Umgekehrt können die Anti-aging-Wirkstoffe nicht 4.6.3 Adenosin und Magnesium


nur gegen die Hautalterung eingesetzt werden, son-
dern auch bei Hautzuständen, die sich durch er- Magnesium (INCI: Magnesium), als Mineralstoff,
höhten oxidativen Stress, verstärkte Immun- und und Adenosin (INCI: Adenosin, . Abb. 4.11), als Nu-
Entzündungsreaktionen und erhöhte Stoffwechsel- cleosid, bilden eine Kombination, die zur Entspan-
tätigkeiten auszeichnen, wie z. B. Neurodermitis, nung der Hautzellen führt, aber nicht gegen oxida-
Akne, Psoriasis, geschädigte Baby- und Kinderhaut, tiven Stress wirkt. Das Magnesium verhindert, dass
Sonnenschutz, Schwangerschaftsstreifen etc. Calciumionen in die Zelle einströmen, die für die
Mikroanspannung der Haut verantwortlich sind.
Unterstützt wird die Wirkung durch das Adenosin,
4.6.1 Vitamine gegen oxidativen Stress welches zu einem Anstieg des cAMP-Spiegels in der
Zelle führt, wodurch kontraktionsfördernde En-
Vitamine, die antioxidativ wirken, sind Vitamin A zyme blockiert werden. Es erfolgt eine Art »Läh-
(INCI: Retinol), Vitamin A-Aldehyd (INCI: Retinal- mung« der feinen Mimikfalten, vergleichbar mit der
dehyd), Vitamin A-Säure (Tretionin), einige Caroti- Wirkung von »Botox«, abgesehen davon, dass die
noide, Vitamin C (INCI: Ascorbic Acid) und E (INCI: Magnesium-Adenosin-Kombination nicht toxisch
Tocopherol, 7 Kap. 4.1). ist (Myokine® gegen Augenfalten, Vichy).
Vitamin C und E können auch als Zusatzstoffe
gegen das Ranzigwerden verarbeitet werden, da sie
auch ohne unterstützende enzymatische Reaktionen 4.6.4 UV-Filter
als Redoxsysteme arbeiten. Es wird jedoch empfoh-
len, Vitamin C und E immer in Kombination zu UV-Strahlen übernehmen mit 80 % den Löwenan-
verabreichen, da sich sonst im einfachsten Fall ihre teil an der extrinsischen Hautalterung, das soge-
Wirkung verbraucht, im schlimmsten Fall entwickeln nannte »photoaging«. Der gefährlichste Aspekt zu
sie einen prooxidativen Effekt. langer und intensiver UV-Bestrahlung ist jedoch das
erhöhte Krebsrisiko, es ist die Hauptursache für die
Entstehung maligner Hauttumoren. Deshalb wird
4.6.2 Selen von Dermatologen immer öfters empfohlen, Tages-
kosmetik mit UV-Schutzstoffen zu versehen. (Son-
Selen (INCI: Selen) gehört zu den Spurenelementen. nenschutz: 7 Kap. 8).
Es übt seine Wirkung meist als Co-Faktor enzyma-
tischer Reaktionen in Form selenocycsteinhaltiger
Proteine aus. Viele der selenhaltigen Enzymsysteme 4.6.5 Photolyase
sind an antioxidativen Reaktionen beteiligt und för-
dern immunologische Prozesse, vor allem solche, die Ein neuartiges Wirkprinzip im Bereich »Radikal-
Tumorzellen abwehren, beseitigen oder im Wachs- schutz« sind Stoffe, die geschädigte DNA/RNA rege-
tum hemmen. Diese antioxidativen und kanzero- nerieren, im Gegensatz zum üblichen Prinzip der
protektiven Wirkungen können auch auf der Haut Synthesehemmung von Radikalen oder ROS. In der
genutzt werden und finden in Produkten gegen Blaualge, Anacystis nidulans, fand man eine entspre-
Hautalterung und oxidativen Stress Eingang. Das chende Substanz, das Enzym Photolyase (INCI:
Spurenelement wird in der Regel in Form eines se- Plancton extract).
lenhaltigen Quellwassers verarbeitet und taucht in Trifft UVB-Strahlung auf unsere ungeschützte
den INCI nicht als einzelner Bestandteil auf (z. B. La Haut, führt dies in erster Linie zu DNA-Schäden in
Roche-Posay-Produkte). den Keratinozyten, dabei entstehen unerwünschte
Photoprodukte: z. B. Cyclobutan-Pyrimidin-Dimere
(CPD). Diese Dimere bilden den Hauptteil der Pho-
toprodukte. Sie sollen für die Auslösung von Muta-
tionen der Tumorsupressorgene verantwortlich sein
86 Kapitel 4 · Wirkstoffe in Kosmetika

und immunsupressiv wirken. Beides begünstigt die muss das relativ große Eiweißmolekül in spezielle
Entstehung von Krebszellen und Tumoren. Transportsysteme verpackt werden, um in die Horn-
Wird das Enzym Photolyase liposomal verkap- schicht und speziell in die Keratinozyten eindringen
selt auf die Haut aufgetragen, dringt es in die Horn- zu können. Enzyme sind außerdem aufgrund ihrer
schicht ein und wird in die Keratinozyten transpor- Eiweißstruktur chemoinstabil, werden bei 40°C in-
tiert. In der Zelle bindet es an die CPD, bricht die aktiviert und im Normalfall ab 60°C denaturiert.
Dimerisierung auf und regeneriert diesen DNA-Be- Auch einige Hilfs- und Wirkstoffe in Dermatika und
reich. Da der enzymatische Vorgang durch Licht von Kosmetika können naturgemäß zur Zerstörung der
4 360–500 nm angetrieben wird, nennt sich dies auch Eiweiße führen, wie Alkohole, Tenside oder Säuren.
»Lichtreparatur«, light repair oder »Photoreaktivie- Aufgrund dieser Schwierigkeiten wird die Super-
rung«. Photolyase kann in Sonnenprodukten als zu- oxiddismutase nicht häufig verarbeitet. Sie kann in
sätzlicher Schutz zu den UV-Filtern oder in After- Anti-aging-, Sonnenschutz- oder After-Sun-Produk-
Sun-Produkten, um die entstandenen schädlichen ten genutzt werden (Protection17 Liposomen-Gel,
Dimere zum Teil (bis zu 40–45 %) zu regenerieren Reflex30, Aftersun Gel-Lotion Ultrasun®).
(Ladival® Regeneration-Serie, STADA), eingesetzt
werden.

4.6.7 α-Liponsäure
4.6.6 Superoxiddismutase (SOD)
Alpha-Liponsäure (INCI: Thioctic Acid) ist ein sehr
Die Superoxiddismutase (INCI: Superoxiddismuta- effektives Antioxidans (. Abb. 4.11). Es regeneriert
se) ist ein antioxidativ wirkendes Enzym, das im vor allem antioxidative Systeme unseres Körpers,
menschlichen Körper in hohen Konzentrationen zu woraus sich eine Vielzahl von Folgewirkungen ablei-
finden ist. Es wandelt hochreaktive Superoxidra- ten lassen. Aufgrund seines chemischen Aufbaus ist
dikale in weniger aktives Wasserstoffperoxid um, es sowohl in lipophilen als auch in hydrophilen Ge-
welches von den Enzymen Glutathionperoxidase webebereichen zu finden. Es verbessert die Energie-
und Katalase weiter zu ungefährlichem Wasser und versorgung der Nervenzellen, stärkt deren Eigen-
Sauerstoff abgebaut wird. Damit im Körper über- schutz und kommt vor allem bei diabetischen Ner-
haupt SOD entstehen kann, benötigt unser Körper venschäden zum Einsatz. In Deutschland hat es sich
als Co-Faktoren die Spurenelemente Mangan, Kup- auf dem Kosmetikmarkt noch nicht durchgesetzt,
fer und Zink, die nicht nur die Synthese anregen, jedoch erfreut es sich in den USA einer wesentlich
sondern auch die Funktion der SOD unterstützen. größeren Beliebtheit. In hohen Konzentrationen
Fehlen diese Elemente, kann SOD weder gebildet wirkt es auf der Haut ähnlich wie ein Fruchtsäure-
noch können Radikale entgiftet werden. Damit eine peeling.
SOD-Gabe oral oder lokal sinnvoll ist, muss zu-
nächst der Mangan-, Zink- und/oder Kupfermangel
behoben werden. 4.6.8 Squalen
Eine aktive SOD kann Superoxidradikale um-
wandeln, Schwermetalle entgiften, das Immunsys- Squalen (INCI: Squalene) ist ein Triterpen (. Abb.
tem stärken, die Arbeit des Herzmuskel unterstützen, 4.11), welches in der Pflanzen- und Tierwelt weit
entzündungshemmend wirken, das Gefäßendothel verbreitet ist: z. B. in Olivenöl (INCI: Olea europaea),
und vor Arthritis schützen, die Osteoporosebildung Arganöl (INCI: Arganis spinosa, 7 Kap. 4.4.3), Kür-
vermindern, die Krebsentstehung reduzieren und biskernöl (INCI: Curcubita pepo). Der Mensch
Alterungsprozesse vermindern. In der Haut kann es synthetisiert es im Zuge der Cholesterin-Biosyn-
UV-induzierte Lichtschäden beheben und die Ent- these selbst. Es ist in allen Körperregionen in un-
stehung von Falten und Altersflecken minimieren. terschiedlichen Konzentrationen zu finden. Im Se-
Die Anwendung von Enzymen auf der Haut bum der Talgdrüsen macht es einen Anteil von 12 %
stellt eine galenische Herausforderung dar. Zunächst aus.
4.6 · Stoffe zum Schutz vor oxidativem Stress, Lichtschäden und Hautalterung
87 4

. Abb. 4.11. Strukturformeln einiger Wirkstoffe gegen oxidativen Stress

In epidemiologischen Studien konnte wiederholt ein 4.6.9 Coenzym Q10


deutlicher Schutz des kardiovaskulären Systems und
eine gesundheitsfördernde Gesamtwirkung durch Das Coenzym Q10 (INCI: Ubiquinone, . Abb. 4.11)
eine mediterrane Ernährung nachgewiesen werden. gehört zu den Ubichinonen. Es wird vom Körper
Auf der Spurensuche stieß man unter anderem auf selbst produziert und durch Nahrungsaufnahme er-
das Squalen, welches im Olivenöl, ein für diese Er- gänzt. Im Alter nimmt die Biosyntheserate ab, wobei
nährung typischer Bestandteil, in außergewöhnlich aber der Bedarf z. B. durch vermehrten oxidativen
großer Menge vorkommt. Ab sofort wurde Squalen Stress eher zunimmt. Diese negative Q10-Bilanz
unter neuen Gesichtspunkten auf seine protektiven kann mit entsprechenden Nahrungsmitteln ausge-
Effekte hin untersucht. Auch wenn noch nicht alles glichen werden. Nennenswerte Q10-Konzentrati-
eindeutig geklärt und nachgewiesen ist, kristallisie- onen finden sich in Fisch (besonders Sardinen),
ren sich folgende Wirkungen heraus: Fleisch, Geflügel, Olivenöl, Sojabohnen, Walnüssen,
4 antioxidative, Mandeln, ölhaltigen Früchten und Gemüse (Spinat
4 antikarzinogene, und Broccoli), wenig in Milchprodukten.
4 immunstimulierende, Funktionen des Coenzyms Q10:
4 hautschützende Wirkung. 4 Energiegewinnung, Bildung von ATP,
4 neutralisiert Radikale, antioxidativ,
Auf der Haut ist es als lipophile Kohlenwasserstoff- 4 membranstabilisierend.
verbindung eine Substanz der natürlichen Barriere-
schicht, sie zieht leicht in die Haut ein, macht sie glatt Q10 ist in den Mitochondrien ein unersetzbares Co-
und geschmeidig und verringert den TEWL. Durch enzym der Atmungskettenphosphorylierung, durch
seine antioxidative Wirkung kann es die Radikalbil- die ATP gebildet wird. Gleichzeitig fallen bei diesen
dung durch oxidativen Stress neutralisieren und die sauerstoffverbrauchenden Reaktionen auch freie Ra-
Lipidperoxidation hemmen. Es schützt somit die dikale an (7 Kap. 3.2), die durch dieses Coenzym neu-
Zellmembranen und vermindert dadurch Lichtschä- tralisiert werden, bevor sie Zellschäden hervorrufen.
den der Haut. Es wirkt den degenerativen Prozessen Des Weiteren lagert sich Q10 als lipophiles Mo-
der Keratinozyten und der Faltenbildung entgegen. lekül in die Lipid-Doppelschicht der Zellmembranen
Wegen der immunstimulierenden und wundhei- ein und stabilisiert deren Struktur durch seine Be-
lungsfördernden Effekte ist es auch günstig bei ato- weglichkeit in der Membran.
pischem Ekzem, Babyhaut und rissiger, trockener, Messungen des Q10-Gehalts in der Haut er-
sensibler und gereizter Haut (Lipoderm Creme, gaben, dass dieser bei oxidativem Stress (z. B. UVA-
Creme Repair, Hans Karrer; Fadiamone®, Crea- Strahlen) stark absinkt. Aus diesem Grunde ist es
derm; Tagesemulsion, Louis Widmer®). sinnvoll, Ubichinon direkt auf die Haut zu applizie-
ren, um die Defizite vor Ort auszugleichen. Als lipo-
philes Molekül kann es auch tiefere Hautschichten
erreichen und wirkt hier gegen oxidativen Stress,
88 Kapitel 4 · Wirkstoffe in Kosmetika

Lichtschäden und Hautalterung (Sebamed®, Spezial finden und die Gesundheit des Menschen entschei-
Nachtcreme/Aufbaucreme/Augencreme/Hautstraf- dend sind.
fende Lotion; Anti-Faltenmaske, Mandel Nachtcre- Die Polyphenole, als Untergruppe der sekundä-
me, Fette Köln). ren Pflanzeninhaltsstoffe, sind eine sehr heterogene
Ubichinon wird in allen Zellen unseres Körpers Gruppe altbekannter, biogener Substanzen (. Tab.
benötigt und übt wichtige Schutzfunktionen aus. 4.9, . Abb. 4.12), deren neuer »Stoffklassen-Name«
Seine Funktionen sind noch nicht vollständig geklärt, sich erst in den letzten Jahren entwickelte. Gemein-
so dass weitere Forschungen womöglich noch andere sam ist ihnen eine oder mehrere phenolische Grup-
4 Anwendungsmöglichkeiten mit sich bringen. pen und eine ganz spezielle Palette von Wirkungen
(7 Übersicht 4.9).

4.6.10 Polyphenole
Übersicht 4.9. Wirkungen der Polyphenole
Die Polyphenole gehören zu den sekundären Pflan-
zeninhaltsstoffen, die viele Jahre als unnützer Bal- antioxidativ
last in pflanzlicher Nahrung angesehen wurden, der antikarzinogen
getrost »weggezüchtet« werden konnte. Eine grobe immunstimulierend
Fehleinschätzung, die in den letzten Jahren kom- antiphlogistisch
plett verworfen wurde! Es stellte sich heraus, dass antimikrobiell
sich in dieser Stoffklasse viele, teils noch unbekann- antithrombotisch
te, pharmakologisch hochwirksame Substanzen blutzuckersenkend
(> 100 000) verstecken, die nicht nur arzneiliche antihypertonisch
Wirkungen besitzen, sondern auch für das Wohlbe-

. Tabelle 4.9. Unterteilung der Polyphenole

Stoffklasse Substanzen Vorkommen (Beispiele)


Phenylpropanderivate

Hydroxyzimtsäuren Kaffeesäure, Ferulasäure und p-Cumarsäure Kaffee, Weizenvollkorn, Weintrauben, Citrussäfte


Lignane Enterolacton, Matairesinol, Secoisolarici- Roggen, Leinsamen, Kampherbaum, Lorbeer,
resinol Brennnesselwurzel

Benzoesäurederivate

Hydroxybenzoesäuren Ellagsäure, Vanillinsäure und Gallussäure Rotwein, Weißwein, Walnüsse, Pekannüsse,


Himbeere u. Erdbeere
Gallotannine – –

Flavonoide

Catechine Epigallocatechin-3 grüner u. schwarzer Tee


Proanthocyanidine Procyanidin B1, B2 Rotwein
Anthocyanidine Malvidin, Pelargonidin blaue Trauben, Heidelbeere, Äpfel, Kirschen
Flavonole Kämpferol, Quercetin und Myricetin Eiche
Flavone Luteolin, Apigenin Sellerie
Flavanone Naringenin, Hesperetin Orange, Grapefruit
Dihydrochalkone Phloridzin Apfel, Erdbeere
Stilbene Resveratrol Rotwein, Weintrauben, Erdnüsse
e-Viniferin Rotwein, Weintrauben
Piceatannol Rotwein, Weintrauben
4.6 · Stoffe zum Schutz vor oxidativem Stress, Lichtschäden und Hautalterung
89 4

. Abb. 4.12. Strukturen der Polyphenole


90 Kapitel 4 · Wirkstoffe in Kosmetika

Vom heutigen Wissensstand aus gesehen, sind die 4 Olivenöl (INCI: Olea europaea), (7 Kap. 4.4.3),
Polyphenole eine sehr junge Stoffklasse. Immer wie- 4 Erdnussöl (INCI: Arachis hypogaea),
der werden neue Berichte über polyphenolhaltige 4 Walnussöl (INCI: Juglans regia).
Pflanzen, Extrakte und Wirkstoffe veröffentlicht.
Aufgrund der Geschwindigkeit der Neuentdeckun- Aber auch isolierte natürliche oder halbsynthetische
gen konnten viele der positiven Effekte noch nicht Pflanzenwirkstoffe werden verwendet, z. B.:
für alle Stoffe eindeutig nachgewiesen werden. Auch 4 α-Glycosilrutin (INCI: Glycosilrutin), aus den
die Kenntnis über die Wirkmechanismen, zusätz- Blättern des Pagodenbaums mit anschließen-
4 liche Funktionen und Risiken der Substanzen stehen der Glykolisierung (Eucerin® HydroProtect,
bei vielen noch aus. Deshalb kann dies, was hier Sonnenallergieschutz Creme-Gel, After-Sun
steht, noch lange nicht vollständig und unwiderleg- Gel, Age Protecting Gesichtscreme 25),
bar sein, es ist nur eine Momentaufnahme und ein 4 Resveratrol (INCI: Resveratrol), aus der roten
kleiner Ausschnitt dieses unendlichen Forschungs- Weintraube,
feldes. Wie Sie sich schon denken können, ist die 4 ε-Viniferin (INCI: ε-Viniferin), aus der roten
Wirkung der Polyphenole auf der Haut in Form ei- Weintraube (Ladival® Sonnenschutzprodukte,
ner topischen Applikation das jüngste Kind in diesen STADA).
Studien!
Folgende Wirkungen können auf der Haut von
Vorteil sein: die antioxidative, antikarzinogene, anti- 4.6.11 Phytoestrogene
phlogistische, antimikrobielle und immunstimulie- und Phytohormone
rende.
Polyphenole werden meist in Form von Pflan- Phytoestrogene sind vor allem als Alternative zur
zenextrakten in Kosmetika eingearbeitet, weniger in Hormonersatztherapie zur Behandlung der Wech-
Form der isolierten Reinsubstanz. Sie weisen posi- seljahresbeschwerden bekannt. Über die Wirkungen
tive Effekte gegen Hautalterung und Faltenbildung auf der Haut ist derzeit noch nicht viel veröffentlicht.
auf. In Sonnenschutz- und After-Sun-Produkten Wird der Nachweis erbracht, dass natürliche Phyto-
können Lichtschäden verringert werden. Die Symp- estrogene ausreichend in die Haut aufgenommen
tome der gereizten, entzündeten, strapazierten oder werden, könnten sie zukünftig als effektiver Wirk-
neurodermitischen Haut werden gelindert. stoff gegen hormonbedingte Hautalterung eingesetzt
Zum Einsatz kommen zum Beispiel folgende Pflan- werden.
zen, -extrakte, -öle und -auszüge: Phytoestrogene weisen einen Isoflavon-, Cou-
4 grüner Tee (INCI:Camelia oleifera/-assamica/- mestan- oder Lignangrundkörper auf und zählen
sinensis), (7 Kap. 4.5) somit chemisch zu den Polyphenolen (. Abb. 4.13).
4 Kaffee (INCI: Coffea arabica), (7 Kap. 4.5), Sie kommen im Blatt- und Fruchtanteil verschie-
4 Weintrauben (INCI: Vitis vinifera), (z. B. Neutro- dener Pflanzen vor und werden durch verschiedene
gena® Anti-Aging-Handcreme), Gemüse, Beeren, Samen und Hülsenfrüchte durch
4 Arganöl (INCI: Argania spinosa), die Nahrung aufgenommen (. Tab. 4.10).
(7 Kap. 4.4.3),

. Abb. 4.13. Phytoestrogen-Strukturen


4.7 · Exfoliation und Peelingsubstanzen
91 4

. Tabelle 4.10. Vorkommen verschiedener Phytoestrogene


Grundgerüst Wirkstoffe Pflanzen
Coumestane Coumestrol Alfalfa, Soja, Rotklee
Lignane Enterolacton, Matairesinol, Roggen, Leinsamen, Kampherbaum, Lorbeer, Brenn-
Secoisolariciresinol nesselwurzel, Wasserfenchelfrüchte, Fichte, Eibe
Isoflavone Genestein, Daidzein, Formononetin Soja, Fabaceae-Arten, Leguminosen-Arten, Büschelbohne,
Lupinen, Kleearten, Besenginsterkraut, Färberginsterkraut,
Traubensilberkerze, Süßholz, Bockshornklee

Aufgrund ihrer Strukturähnlichkeit mit dem bindet und den Hautturgor aufrechterhält. In der
körpereigenen Hormon 17β-Estradiol binden sie Summe wird die Haut trockener, sie verliert ihre Fes-
vor allem an Estrogen-Rezeptoren, teilweise auch an tigkeit und die Kontur. Die Phytoestrogene könnten
Progesteron- und Testosteron-Rezeptoren. Zurzeit bei ausreichender Resorption den Hormonmangel
sind vom Estrogen-Rezeptor der α- und β-Subtyp in der Haut ausgleichen und durch die kanzero-
bekannt. Die pflanzlichen Hormone haben eine er- protektive und antioxidative Wirkung insgesamt zu
höhte Affinität zum β-Rezeptor und beeinflussen, einem Anti-aging Effekt führen. Die Haut bleibt
oral eingenommen, das Herzkreislaufsystem, das straff und verliert weniger Feuchtigkeit und sie ist
Knochengewebe und das Gehirn, weniger das Brust- gegen ein gewisses Maß an oxidativem Stress gefeit.
gewebe und den Uterus, die durch den α-Rezeptor
gesteuert werden. Die Affinität zu den beiden Estro-
gen-Rezeptoren kann sich aber, abhängig von der 4.7 Exfoliation und
endogenen Estrogenproduktion, verändern bzw. Peelingsubstanzen
umkehren und auch verstärkt zu antagonistischen
Effekten führen. In epidemiologischen und klini- Ein Peeling oder eine Exfoliation ist das Abtragen der
schen Studien konnten des Weiteren kanzeropro- obersten Hornschichten. Danach soll die Haut glatter
tektive und antioxidative Wirkungen nachgewiesen und jünger aussehen und durch die Entfernung
werden. Diese beruhen auf antagonistischen und überschüssiger Hornschüppchen ihr stumpfes Aus-
agonistischen Effekten gegenüber verschiedenen sehen verlieren.
Enzymsystemen. Die Hemmung der DNA-Topoiso- Bei einem Peeling müssen drei verschiedene
merase und Tyrosinkinase beispielsweise, stoppt Wirkprinzipien unterschieden werden:
überwiegend die Proliferation von Krebszellen 4 die physikalische Entfernung durch Abrasiva,
(z. B. Leukämie- und Melanomzellen), die Tumor- 4 die chemische Entfernung vor allem durch AHAs
entstehung und das -wachstum wird vermindert. (7 Kap. 4.3),
Der antioxidative Effekt entsteht durch Hemmung 4 die biologische Schälkur mit Enzymen.
der Radikalbildung. Die Zelle wird geschützt und
ein programmierter Zelltod (Apoptose) verhindert. Bei einer physikalischen Entfernung der Horn-
Unterstützt wird die antioxidative Wirkung durch schüppchen kommen meist O/W-Cremes oder
Aktivierung der Superoxiddismutase und der Glu- Emulsionen zum Einsatz, die feine, abgerundete
tathionperoxidase, beides Enzyme, die ROS neutra- Schleifpartikel, sogenannte Abrasiva, enthalten.
lisieren. Durch kreisende Bewegungen wird die Peeling-
Die drastischen hormonellen Veränderungen im creme auf dem Gesicht oder Körper einmassiert
Klimakterium führen innerhalb weniger Wochen zu und trägt dadurch ähnlich einem Schleifpapier die
einer Veränderung des körperlichen Status und des oberen losen, toten Schüppchen ab. Follikelöffnun-
Hautbildes. Der Kollagengehalt im Corium nimmt gen werden dadurch geöffnet und einer Verstop-
in den ersten fünf Jahren bis zu 30 % ab. Es wird fung der Ausgänge vorgebeugt, empfehlenswert bei
weniger Hyaluronsäure produziert, die in der extra- einer Prä-Akne. Die Schleifpartikel müssen sehr
zellulären Gel-Matrix der Lederhaut das Wasser fein und ohne scharfe Kanten sein um eine Verlet-
92 Kapitel 4 · Wirkstoffe in Kosmetika

. Tabelle 4.11. Peelingsubstanzen, Abrasiva


Deutsche Bezeichnung INCI o. »Linné«-Bezeichnung Wirkweise
Abrasiva, Peelingsubstanzen, Schleifmittel
Aluminiumsilicat Aluminium Silicate Abr, Abs, TM
Aluminiumsilikatnatrium Sodium Silicoaluminate Abr, GB
Aprikosenkerne, pulverisiert Prunus Armeniaca Abr, Abs
Diatomeen Erde Diatomaceous Earth Abr, Abs
Kaolin Kaolin Abr, Abs
4 Kieselerde Hydrated Silica Ab, PG, Vst
Kieselgur Silica PG, Vst
Mandelkleie Prunus dulcis Abr
Mikrokristalline Cellulose Microcristalline Cellulose Est, Vst, PG
Montmorillonit Montmorillonite Est, Vst
Natriumdiatomer Sodium Diatomere Abr
Polyethylengranula Polyethylene Abr, ASt, FB
Talkum Talc Abs
Walnussschalen, pulverisiert Juglans regia Abr
Enzympeelingsubstanzen
Ananas Ananas sativa AHA, Pee
Papaya Carica Papaya AHA, Pee
Subtilisin Subtilisin Enz, Ker, Pee
a-Hydroxysäuren, Fruchtsäuren
vgl. . Tab. 4.11 AHA und sonstige Säuren

. Tabelle 4.12. Komedogene, aknegene Stoffe


Deutsche Bezeichnung INCI
Fette, Wachse
Erdnussöl Arachis Hypogaea
Kakaobutter Theobroma cacao
Kokosöl Cocos nucifera
Maiskeimöl Zea mays
Olivenöl Olea europaea
Safloröl, Distelöl Carthamus tinctorius
Sesamöl Sesamum indicum
Wollwachs Lanolin
»zersetzte« Salbengrundlagen –
Lösungsmittel- und vermittler
Butylstearat Butyl Stearate
Hexylenglycol Hexylene Glycol
Macrogol 300 PEG-6
Macrogol-2-myristylpropionat PEG-2Myristyl Propionate
Stearinsäure Stearic Acid
Waschsubstanzen, Tenside
Isopropylmyristat Isopropyl Myristate
Natriumlaurylsulfat Sodium Laurylsulfate
Ölsäure Oleic Acid
Wirkstoffe
Schwefel Sulfur
4.8 · Komedogene Stoffe
93 4

zung der Haut zu vermeiden. Als Abrasiva werden 4.8 Komedogene Stoffe
teilweise natürliche Erden, Seesand oder Silikate
eingesetzt. Als pflanzliche Abrasiva gibt es Mandel- Diese Stoffklasse ist in diesem Kapitel ein Spezialfall,
mehl, pulverisierte Walnussschalen, Aprikosen- denn es handelt sich nicht um Wirkstoffe, sondern
oder Olivenkerne, Jojobawachskügelchen, verschie- um Substanzen mit einer unerwünschten Wirkung,
dene Cellulosederivate und aus dem synthetischen der Verursachung von Mitessern.
Bereich zu kleinen Kugeln geformte Polyethylene Es ist eine sehr heterogene Gruppe mit Substan-
(. Tab. 4.11). Geeignet sind Peelingcremes für jeden zen aus unterschiedlichen Bereichen, die vor allem
Hautzustand, nur sollte sich der empfindlich trocke- von Personen mit der Neigung zu unreiner Haut und
ne Typ nicht zu oft dieser Prozedur unterwerfen. Akne oder solchen, die schon darunter leiden, mög-
Bei einem chemischen Peeling werden Salicyl- lichst gemieden werden sollte (. Tab. 4.12). Diese
säure oder α-Hydroxysäuren eingesetzt (7 Kap. 4.3). Substanzen begünstigen unterschiedlich stark die
Sie können je nach Produkt und Hersteller nur die Entstehung von Komedonen (Mitessern). Leider
obersten toten Schüppchen, die oberen Hornschich- sieht man den Substanzen anhand ihrer Chemie und
ten bis zur Epidermis »abschälen«. Pharmakologie die komedogene oder aknegene
Bei einer Enzymschälkur werden eiweiß- und Wirkung nicht an. Deshalb wird am Kaninchenohr
fettspaltende Enzyme verwendet, die pflanzlicher die komedogene Wirkung jedes einzelnen Stoffes
oder tierischer Herkunft sein können. Sie lösen rela- getestet, da noch keine besseren Testmethoden zur
tiv schonend den Zellkitt, wodurch einzelne Horn- Verfügung stehen.
zellen leicht entfernt werden können. Diese Metho-
de ist auch für empfindlichere Hauttypen geeignet.
Eiweißspaltende Enzyme sind z. B.:
4 Subtilisin (INCI: Subtilisin) aus Bacillus licheni-
formis (Eucerin® Enzym S)
4 Bromelain aus der Ananas (INCI: Ananas sativa)
4 Papain aus Papaya (INCI: Carica Papaya)
5

5 Reinigung der Haut


und der Haare
5.1 Das Prinzip des Reinigens – 96

5.2 Waschsubstanzen – 96
5.2.1 Seife oder Fettsäurealkalisalze – 97
5.2.2 Moderne Tenside – 98

5.3 Waschpräparate – 105


5.3.1 Seife – 106
5.3.2 Syndet – 106
5.3.3 Duschzusätze – 108
5.3.4 Badezusätze – 109
5.3.5 Haarshampoo – 109

5.4 Zusammensetzung der Waschpräparate – 110


5.4.1 Waschsubstanzen – 110
5.4.2 Zusatzstoffe – 110
5.4.3 Hilfsstoffe –111
5.4.4 Wirkstoffe –111
96 Kapitel 5 · Reinigung der Haut und der Haare

. Tabelle 5.1. Wichtige Begriffe und ihre Übersetzung Tenside und Emulgatoren sind oberflächenak-
tive Substanzen. Sie bilden eine Brücke zwischen
Fachbegriff vereinfachte Übersetzung
Wasser und Lipiden, damit Letztere gemischt wer-
hydrophil wasserliebend
den können (Emulgatoren: 7 Kap. 6). Um diese Auf-
hydrophob wasserabstoßend gabe zu erfüllen, besitzt das Tensidmolekül einen
lipophil fettliebend lipophilen und einen hydrophilen Teil, das Tensid ist
lipophob fettabstoßend amphiphil (. Abb. 5.1). Eine lange Kohlenwasser-
Lipid Fette und fettähnliche Stoffe
stoffkette ist in der Regel die lipophile Komponente.
Je länger die Kette ist, um so stärker ist die Lipophilie
ausgeprägt. Der hydrophile Kopfteil des Moleküls
5 Wasser ist das einfachste Reinigungsmittel. Es löst trägt oft eine positive oder negative Ladung oder
sehr gut Salze, Schweiß und Staub von unserer Haut sauerstoffhaltige (hydrophile), neutrale Strukturen.
ab. Um die wasserunlöslichen Verschmutzungen Während des Waschvorgangs dringen die lipo-
und Rückstände auf der Haut wie Talg, Cremereste, philen Teile der Tenside in den fettartigen Schmutz-
Schminke und öligen Dreck zu entfernen, benöti- partikel ein und umschließen ihn. Es bildet sich eine
gen wir Vermittler zwischen Wasser und Lipiden, die Tensidhülle um den Partikel.
Tenside oder Waschsubstanzen (. Tab. 5.1). An die hydrophilen nach außen abstehenden
Der »Waschkult« ist noch gar nicht so alt und »Tensidköpfe« lagert sich das Wasser an. Durch me-
auch heute unterzieht sich ein Teil der Bevölkerung chanische Bewegungen wie reiben oder schrubben
nur einmal in der Woche einer Ganzkörperreini- wird dieser Vorgang beschleunigt, der Schmutz löst
gung. Bei sehr trockener Haut kann dies durchaus sich dadurch schneller von der Haut. Die »Schmutz-
sinnvoll sein; denn zuviel waschen ist schädlich. Die Tensidkugeln«, sog. Kugelmizellen, liegen anschlie-
Haut trocknet aus und ihr Eigenschutz wird zerstört. ßend gelöst im Wasser vor (. Abb. 5.1). Sie sind mit
Eindrucksvoll ist dieses Übermaß an Wasser und Rei- dem bloßen Auge nicht zu erkennen.
nigungsprodukten beim Hausfrauenekzem an den Tenside werden in großen Mengen Waschwasser
Händen zu sehen; sie sind stark gerötet, rau, spröde gelöst und wirken, im Gegensatz zu Emulgatoren,
und entzündet, sie neigen zu Abschuppungen und schon in geringer Konzentration fettlöslich. Würde
Hauteinrissen. die Tensidkonzentration im Wasser eines Dusch-
Die Wahl des Waschmittels trägt entscheidend vorgangs gemesssen, erhielte man Werte zwischen
dazu bei, den Hautzustand nicht nachteilig zu be- 0,1–0,5 %. Emulgatorkonzentrationen in Cremes lie-
einflussen. Viele der neuen Waschsubstanzen sind gen zwischen 5–20 %. Daraus folgt, dass Tenside
gut haut- und schleimhautverträglich und brennen wesentlich aggressiver in ihrer Wirkung sind! Sie
nicht einmal mehr in den Augen, trotz hoher Rei- müssen nach dem Einseifen immer gründlich von
nigungskraft. Ihr Vermögen Schaum zu bilden ist der Haut abgewaschen werden, damit sie nicht zu
zwar oft sehr gering, doch sagt dies nichts über Reizungen führen.
ihre Waschkraft aus! Schaum ist nur eine schöne
Begleiterscheinung, kein Indiz für die Reinigungs-
kraft! 5.2 Waschsubstanzen

Erst in diesem Jahrhundert wurden neue Waschroh-


5.1 Das Prinzip des Reinigens stoffe erfunden. Bis zu dieser Zeit wurde auf ein-
fachste Weise Seife gekocht, das älteste Tensid in der
Für die Entfernung der fettartigen Verunreinigungen Geschichte der Waschrohstoffe. Heute ist die Tensid-
von der Haut müssen dem Waschwasser Tenside zu- chemie ein eigener Forschungs- und Industriezweig.
gemischt werden. Im chemischen Aufbau sind die Es werden immer wieder Substanzklassen mit immer
Tenside mit den Emulgatoren in Cremes und Emul- besseren Eigenschaften entwickelt, um den Ansprü-
sionen verwandt. chen unserer Haut und Umwelt gerecht zu werden.
5.2 · Waschsubstanzen
97 5

. Abb. 5.1. Aufbau eines Tensidmoleküls und Ablösung eines Schmutzpartikels

5.2.1 Seife oder Fettsäurealkalisalze


Übersicht 5.1. Ausgangsfette der Seifenher-
Die älteste Waschsubstanz wurde schon vor einigen stellung
Jahrtausenden von den Ägyptern aus Asche und
Schweinefett hergestellt, die Seife (. Form. 5.1). Das Rindertalg(-Tallowate)
Herstellungsprinzip hat sich bis heute nicht groß ver- Kokosöl(-Cocoate)
ändert. Die Ausgangsmaterialien sind pflanzliche Palmkernöl(-Palmiate)
oder tierische Fette (7 Übersicht 5.1) und Kali- oder Palmöl(-Palmiate)
Natronlauge (statt Asche), die unter Zusatz von
Wasser und Ethanol gekocht werden (vgl. Kaliseife
DAC, Seifenspiritus DAC). anionisches Tensid (. Abb. 5.2). Diese chemische
Die Fette (Glycerinfettsäureester) werden bei die- Reaktion (eine Esterspaltung) wird in Anlehnung an
sem Vorgang gespalten und es entsteht das Kalium- das entstandene Produkt auch heute noch Verseifung
oder Natriumsalz einer Fettsäure, »die Seife«. – Ein genannt.
Je nach Ausgangsfett variieren die Kettenlängen
der Fettsäuren zwischen acht bis achtzehn Kohlen-
stoffatomen. Besonders günstig wird die Laurin-
säure (C12) wegen ihres guten Schaumvermögens
beurteilt. Sie kommt vor allem in Kokos- und Palm-
. Form. 5.1. Natrium- oder Kaliumalkylate, Seife kernöl vor.
98 Kapitel 5 · Reinigung der Haut und der Haare

. Abb. 5.2. Die Spaltung eines Fettmoleküls in Glycerin und Seife

Die Natriumfettsäuresalze werden zu festen Sei- Effekte. Freie Fettsäuren in der Seife wirken zudem
fenstücken unterschiedlicher Qualitäten verarbeitet komedogen (Mitesser auslösend). Die Seife kann
(7 Kap. 5.3.1), die Kaliumfettsäuresalze zu pastösen nur bei normalen, robusten Hauttypen kurzzeitig,
oder flüssigen Seifen. ohne größere Schädigung der Haut, verwendet wer-
Wie oben gezeigt ist Seife kein Naturprodukt. Sie den. In älterer Literatur wird Seife oft für den tro-
wird halbsynthetisch gewonnen, wie die meisten der ckenen Hautzustand empfohlen. Dies ist heute der-
Tenside und Emulgatoren. Auch die häufig ange- matologisch nicht mehr vertretbar. Die neuen syn-
botenen Pflanzenseifen entstehen auf diese Weise, thetischen Tenside sind wesentlich hautfreundlicher
als Ausgangsfette werden in diesem Fall Pflanzenöle als Seife. Ein weiterer Nachteil der Seife ist die Bil-
verwendet! dung von schwerlöslichen Kalkseifen mit den Cal-
(In der Natur gibt es auch natürliche Seifenstoffe, ciumionen des harten Leitungswassers, wodurch sie
die Saponine. Für den Einsatz in Kosmetika sind sie ihre Reinigungskraft verlieren. Die Haut wird durch
zu teuer, weil die Gewinnung aus den Pflanzen sehr Kalkseifen aufgeraut und fühlt sich trocken und
aufwändig wäre. Zudem zeichnen sie sich nur durch stumpf an. Für den gleichen Reinigungseffekt wie
eine geringe Hautverträglichkeit aus. Sie sind in bei weichem Leitungswasser muss mehr Seife ver-
großen Mengen schädlich für Umwelt und Gewäs- wendet werden, die unnötigerweise im Abwasser
ser, da sie sehr wirksame Fischgifte sind.) landet und die Umwelt dadurch belastet. Vorteile
Seife ist nach den heutigen dermatologischen sind der geringe Preis und die biologische Abbau-
Erkenntnissen nicht zu empfehlen, auch wenn sie barkeit der Seife.
aus natürlichen Ausgangsstoffen hergestellt wird.
Die Alkalische Seifenlösung (pH 8–12) lässt die
Haut sehr stark aufquellen und zerstört den Hydro- 5.2.2 Moderne Tenside
lipidfilm und Säureschutzmantel. Der pH-Wert der
Haut wird dadurch leicht alkalisch (7–8) und be- Die ersten Tenside wurden Anfang des Jahrhunderts
nötigt je nach Hauttyp 0,5–3 Stunden, um den phy- entwickelt und hergestellt. Zunächst wurden sie nur
siologischen, leicht sauren Wert von 4,5–6 wieder zu zur Wäschereinigung angewandt. Später, in den sech-
erreichen. Die Haut ist in dieser Zeit anfälliger für ziger Jahren, kamen die ersten Syndets für die Haut
Bakterien, Reizstoffe können leichter die Hautbarri- auf den Markt. Die Tenside der ersten Stunde waren
ere überwinden. Auch rückfettende Zusätze und in ihrer Hautverträglichkeit auch nicht viel besser zu
Kräuterextrakte lindern kaum diese nachteiligen bewerten als die Seife. Sie entwickelten ihre Wasch-
5.2 · Waschsubstanzen
99 5

kraft aber unabhängig von der Härte (Kalkgehalt) des


Wassers im Gegensatz zur Seife. Heute ist man in der Übersicht 5.2. Typische Basistenside
Tensidchemie vor allem auf der Suche nach sehr haut-
verträglichen, untoxischen und biologisch abbauba- Fettalkoholsulfate
ren Tensiden mit großer Reinigungskraft und einem Fettalkoholethersulfate
sehr geringen Irritationspotenzial für die Haut. Olefinsulfonate
Die ersten Tenside entfetteten die Haut sehr
stark, so dass sie nur für den fett-feuchten und un-
reinen Hautzustand empfohlen wurden. Diese alte Fettalkoholsulfate oder Alkylsulfate
Empfehlung hält sich in weiten Kreisen bis heute, Sie zeichnen sich durch eine starke Reinigungskraft,
auch wenn die Tenside der neueren Generation die hervorragende Schaumbildung und leichte Verdi-
Seife in ihrer Hautfreundlichkeit bei Weitem über- ckung mit Kochsalz aus (. Form. 5.2). Sie sind preis-
treffen. Die meisten Tenside wirken pH-unabhän- wert, weisen jedoch leider ein hohes Irritations-
gig. Es können deshalb Waschprodukte mit haut- potenzial auf. Vor allem das Natriumlaurylsulfat
freundlichen leicht sauren pH-Werten hergestellt (INCI: Sodium Lauryl Sulfate) wird als stark irritie-
werden. Diese Möglichkeit der sauren pH-Regulati- rend beurteilt. Es wird im Übrigen als »Negativstan-
on wirkt sich besonders günstig bei trockenen, emp- dard« für Verträglichkeitstests von Tensiden auf der
findlichen Hauttypen aus. Haut verwendet. Es findet sich sehr häufig in Wasch-
Im Folgenden sollen die heute üblichen Tensid- produkten minderer Qualität. Durch Eiweißderi-
gruppen kurz beschrieben werden. Sie werden nach vate, amphotere und neutrale Tenside kann die irri-
den in wässriger Lösung gebildeten Ionen in: tierende Wirkung etwas abgeschwächt werden.
4 anionische (negative Ladung), Durch Prof. Tronnier wurde eine Verringerung der
4 kationische (positive Ladung), irritativen Wirkung aufgewiesen, wenn der lipo-
4 amphotere (positive und negative Ladung) und phile Molekülteil verlängert wird oder Ethergruppen
4 neutrale (ohne Ladung) Tenside eingeteilt. (–CH2–O–CH2–) zwischen lipophilen und hydro-
philen Teil eingehängt werden. Es entsteht dabei eine
Anionische Tenside neue verträglichere Tensidgruppe, die Fettalkohol-
Diese Tenside besitzen durch eine Sulfat- (SO4), Car- ethersulfate.
boxyl- (COO) oder Phosphatgruppe (PO4) eine ne-
gative Ladung, diese bestimmt die hydrophile Kom-
ponente des Moleküls. Sie kommen vor allem als
Salze mit Natrium (INCI: Sodium), Kalium (INCI: . Form. 5.2. Fettalkoholsulfate o. Alkylsulfate
Potassium), Magnesium (INCI: Magnesium), Mono-
ethanolamin (INCI: MEA), Diethanolamin (INCI: Fettalkoholethersulfate, Alkylpolyglycolether-
DEA), Triethanolamin (INCI: TEA) oder Ammoni- sulfate
um (INCI: Ammonium) in den Handel. Eine Kohlen- Diese Tensidgruppe wird in Europa in großen Men-
wasserstoffkette ab einer Länge von zehn C-Atomen gen produziert und verarbeitet (. Form. 5.3). Auf-
charakterisiert den lipophilen Molekülteil. Ein Groß- grund längerer lipophiler Gruppen und durch den
teil der Aniontenside gelten als Basis-oder Haupt- Einbau von Ethylenoxidketten sind sie hautfreund-
tenside in Waschpräparaten (7 Übersicht 5.2). Sie lich – im Gegensatz zu den entsprechenden Fettal-
bestreiten der Menge nach den größten industriellen koholsulfaten. Sie schäumen gut und sind sogar in
Produktionsanteil an synthetischen Tensiden. kaltem Wasser hervorragend löslich.

. Form. 5.3. Fettalkoholethersulfat o. Alkylpolyglycolethersulfat


100 Kapitel 5 · Reinigung der Haut und der Haare

. Form. 5.4. Fettalkoholethercarboxylat

. Form. 5.5. Sulfosuccinate

. Form. 5.6. Eiweiß-Fettsäure-Kondensate

Fettalkoholethercarboxylate
Ihr chemischer Aufbau und ihr physiologisches Ver- Übersicht 5.3. Ursprung von Eiweißhydro-
halten sind vergleichbar mit den Fettalkoholether- lysaten
sulfaten (. Form. 5.4). Sie tragen statt der Sulfatgrup-
pe eine Carboxylgruppe. 4 Kollagen
4 Sojaprotein
Sulfosuccinate 4 Milcheiweiß
Sulfatierte Bernsteinsäure bestimmt den hydrophi- 4 Weizeneiweiß
len Charakter des Moleküls (. Form. 5.5). Sie ist mit 4 Keratin
einer lipophilen Kohlenstoffkette einfach verestert.
Als weitere Bausteine werden Ethylenoxid und Ami-
de eingesetzt. Sie schäumen gut, sind aber hydrolyse- Olefinsulfonate, Alkylphosphate und Alkylsarkosina-
empfindlich (Zersetzung). Sie gelten als milde, haut- te. Sie kommen nur in wenigen Produkten vor, sind
freundliche Tenside, die biologisch abbaubar sind. aber alle als hautfreundlich einzustufen (. Abb. 5.3).

Eiweiß-Fettsäure-Kondensate Kationische Tenside


Diese Substanzen sind Kondensationsprodukte aus Kationtenside tragen eine positive Ladung im hy-
Fettsäuren und Eiweißhydrolysaten (7 Übersicht 5.3) drophilen Molekülteil. Normalerweise kommt diese
unterschiedlichsten Ursprungs (. Form. 5.6). Sie Ladung durch ein quartäres Ammoniumion zu-
werden als Co-Tenside eingesetzt und zeichnen sich stande. Als salzbildendes Ion sind Chlorid und Bro-
durch gutes Schaum- und Waschvermögen aus. Sie mid üblich (. Form. 5.7). Diese Substanzen werden
sind sehr haut- und schleimhautverträglich. Durch
eine hohe Substantivität und Filmbildung auf der
Haut schwächen sie die Irritation anderer Tenside ab.

Weitere anionische Tensidgruppen


Zu den Aniontensiden zählen außerdem die Fettsäu-
retauride, Amidethersulfate, Fettsäureisethionate, . Form. 5.7. Allgemeine Struktur der Kationtenside
5.2 · Waschsubstanzen
101 5

. Abb. 5.3. Anionische Tensidgruppen

nicht als Waschrohstoffe genutzt, obwohl sie ober- vor, welches nach außen neutral wirkt. In wässriger
flächenaktiv sind. Durch ihre positive Ladung haf- Lösung kann es je nach pH-Wert anion-oder kation-
ten sie sehr gut auf der eher negativ geladenen Haut- aktiv sein. Häufig sind Aminosäurederivate als Trä-
oberfläche. Der Schmutz kann nicht abgewaschen ger der zwitterionischen Struktur in das Molekül
werden. integriert.
In Haarschampoos und -spülungen wirkt sich
dieser Effekt jedoch vorteilhaft aus. Die Tenside Betaine
haften an den negativ aufgeladenen Haaren und Die größte Stoffgruppe bilden die Betaine. Das Wort
verhindern somit ein »Fliegen« der Haare. Sie lassen »Betaine« leitet sich von einer Substanz (das Betain)
sich besser kämmen und sehen fülliger aus (7 Kap. in der Zuckerrübe (Beta vulgaris) ab (. Abb. 5.4).
9.1.2). Kationtenside haben außerdem eine aus- Die Betaine sind in ihrer Grundstruktur dieser Subs-
geprägte bakterizide Wirkung und einige werden tanz nachempfunden. Die Betaine sind haut-und
als Konservierungstoffe nach KVO, § 3 Anlage 6 schleimhautverträglich, bilden stabilen Schaum und
eingesetzt (z. B. INCI: Cetrimimonium Chloride/ sind biologisch abbaubar. Sie besitzen eine gute Rei-
Bromide). nigungskraft und eine leichte bakterizide und visko-
sitätserhöhende Wirkung. Sie schwächen die irritie-
Amphotere Tenside: Alkylbetaine, rende Wirkung anionischer Tenside ab. Wegen ihrer
Alkylamidobetaine, Alkylsulfobetaine guten Schleimhautverträglichkeit brennen sie nicht
Die Hydrophilie der Amphotenside wird durch eine in den Augen und eignen sich sehr gut für Baby-
positive und gleichzeitig negative Ladung im Kopf- shampoos und -bäder.
teil des Moleküls bestimmt. Es liegt ein Zwitterion
102 Kapitel 5 · Reinigung der Haut und der Haare

Imidazoline
Imidazolinderivate gehören ebenfalls zu den Am-
photensiden (. Form. 5.8). Die Substanznamen ent-
halten den Wortstamm -ampho- (. Tab. 5.2). Sie sind
wie die gesamte Gruppe als mild zu beurteilen.

5 . Form. 5.8. Amphoacetate/Imidazoline

Neutrale Tenside
Neutrale Tenside tragen keine Ladung (. Abb. 5.5).
Sie sind mild und hautfreundlich, besitzen eine
leichte Hautsubstantivität, wodurch die Haut ge-
schmeidiger und glatter wirkt. Sie schäumen kaum,
abgesehen von Fettsäureethanolamiden. Wichtige
. Abb. 5.4. Betaine hydrophile Bausteine dieser Tensidgruppe sind

. Abb. 5.5. Neutrale Tenside Alkylpolyglycoside


5.2 · Waschsubstanzen
103 5

. Tabelle 5.2. Waschsubstanzen in Kosmetika Teil 1


INCI-Bezeichnungen Funktion Hautverträglichkeit
ANIONISCHE TENSIDE
Fettalkoholsulfate BT
Magnesium Lauryl Sulfate T –
MEA-Lauryl Sulfate T –
Potassium Lauryl Sulfate E, T –
Sodium C12–15 Alkyl Sulfate E, T –
Sodium Cetearyl Sulfate T 0
Sodium Coco Sulfate T –
Sodium Lauryl Sulfate E, T –
TEA-Lauryl Sulfate E, T –
Fettalkoholethersulfat BT 0/+
Magnesium Laureth Sulfate T /
Magnesium Laureth-8 Sulfate T /
Magnesium Oleth Sulfate T /
MEA-Laureth Sulfate T /
MIPA-Laureth Sulfate T /
Sodium Laureth Sulfate T /
Sodium Laureth-8 Sulfate T /
Sodium Myreth Sulfate E, T /
Amidethersulfat
Magnesium PEG-3 Cocamide Sulfate T /
TEA-PEG-3 Cocamide Sulfate E, T /
Sulfosuccinate CoT
Dioctyl Sodium Sulfosuccinate E, T +
Disodium Laneth-5 Sulfosuccinate Sst, T +
Disodium Lauramido MEA-Sulfosuccinate T +
Disodium Laureth Sulfosuccinate Sst, T +
Disodium Lauryl Sulfosuccinate T +
Disodium PEG-4 Cocamide MIPA-Sulfosuccinate T +
Disodium PEG-10 Laurylcitrate Sulfosuccinate T +
Disodium Ricinolamido MEA-Sulfosuccinate Sst, T +
Fettsäuretaurid
Sodium Methyl Cocoyl Taurate T /
Fettsäuren, Fettsäuresalze
Coconut Acid E, HP, T –
Sodium Cocoate E, T –
Sodium Oleate E, T, Vst –
Sodium Olivate E, T –
Sodium Palmate E, T, Vst –
Sodium Palmitate E, T, Vst –
Sodium Tallowate E, T –
Eiweiß-Fettsäure-Kondensate CoT +
Lauroyl Collagen Amino Acids ASt, T +
Palmitoyl Collagen Amino Acids ASt, T +
Palmitoyl Hydrolyzed Milk Protein ASt, T +
Palmitoyl Oligopeptide T +
Potassium Abietoyl Hydrolyzed Collagen T +
Potassium Cocoyl Hydrolyzed Collagen ASt, T +
Potassium Lauroyl Wheat Amino Acids ASt, T +
Potassium Undecylenoyl Hydrolyzed Collagen ASt, ASch, T +
Sodium Cocoyl Hydrolyzed Soy Protein ASt, T +
TEA-Cocoyl Hydrolyzed Collagen ASt, T +
104 Kapitel 5 · Reinigung der Haut und der Haare

. Tabelle 5.2 (Fortsetzung)


INCI-Bezeichnungen Funktion Hautverträglichkeit
ANIONISCHE TENSIDE
Fettsäureisethionate CoT
Sodium Cocoyl Isethionate T /
Sonstige
Potassium Cetyl Phosphate T /
Sodium Lauroyl Sarcosinate ASt, T, VSt +
Sodium PEG-6 Cocamide Carboxylate T /
AMPHOTERE TENSIDE
5 Alkylbetain CoT
Coco Betaine Sst, T +
Lauryl Betain ASt, T +
Oleyl Betain ASt, T +
Alkylamidobetaine C/A
Cocamidoethylbetain ASt, Kon, Sst, T +
Cocamidopropylbetain T +
Alkylsulfobetain CoT
Cocamidepropylhydroxysultaine Sst, T +
Imidazolinderivate
Disodium Cocoamphodiacetate Sst, T ++
Disodium Lauroamphodiacetate ASt, T, VSt ++
Sodium Cocoamphodipropionate Sst, T ++
Sonstige
Oleinamphoglycinate T +
NEUTRALE TENSIDE
Fettalkoholethoxylate
Ceteth-20 E, T +
Ceteth-24 E, T +
Laureth-2 E, T +
Laureth-3 E, T +
Laureth-4 E, T +
Laureth-7 E, T +
Laureth-10 E, T +
Steareth-2 E, T +
Steareth-10 E, T +
Steareth-21 E, T +
Macrogolfettsäureester
Olive Oil PEG-10 Esters E, HP, T +
PEG-40 Castor Oil E, T +
PEG-7 Hydrogenated Castor Oil E, T +
PEG-75 Lanolin E, HP, T +
PEG-32 Stearate E, T +
ethoxylierte Glycerinester
PEG-7 Glyceryl Cocoate E, T +
PEG-5 Glyceryl Stearate E, T +
Fettsäureethanolamide CoT
Cocamide DEA E, Sst, T, Vst
5.3 · Waschpräparate
105 5

. Tabelle 5.2 (Fortsetzung)


INCI-Bezeichnungen Funktion Hautverträglichkeit
Alkylpolyglycoside u. -monoglucoside CoT
Caprylyl/Capryl Glucoside T ++
Coco Glucoside T ++
Decyl Glucoside T ++
Lauryl Glucoside T ++
Decyl Polyglycoside Sst, T ++
Lauryl Polyglucose Sst, T ++
– sehr irritierend; 0 wenig irritierend; + hautfreundlich; ++ mild; / keine Angaben.

Glycerin, Milchsäure, Glucose, Polyethylenoxidket- Sie werden leicht und vollständig biologisch ab-
ten und Ethanol. Lange Kohlenwasserstoffketten gebaut. Ihre Synthese erfolgt aus nachwachsenden
sind die lipophilen Komponenten. Rohstoffen, wodurch die Belastung für die Umwelt
Zu den neutralen Tensiden zählen die Fettsäure- auf ein Minimum sinkt. Seit 1995 werden sie groß-
ethanolamide, Fettalkoholethoxylate, Macrogol- technisch hergestellt und auf den Markt gebracht.
fettsäureester und Alkylpolyglucoside (APG). Durch ihre günstigen Eigenschaften für die Haut, die
Die APG (Zuckertenside) sind die verträg- Haare und die Umwelt und ihre leichte Verarbei-
lichsten Tenside. Es sind Verbindungen aus einer tung, werden die APG sicher sehr schnell den Kos-
1–2,5 gliedrigen Glucosekette und einem C8–C18 metikmarkt erobern.
Kohlenstoffrest, zwischen die eine 1–10-fach poly-
merisierte Ethylenoxid- oder Propylenoxidgruppe
eingefügt sein kann. 5.3 Waschpräparate
Sie sind äußerst haut- und schleimhautverträg-
lich, beeinflussen kaum die Hautbarriere und setzen Das Waschverhalten hat sich in den letzten Jahr-
in besonderem Maße das Irritationspotenzial ande- zehnten stark gewandelt (. Abb. 5.6). Waschproduk-
rer Tenside herab. Sie besitzen eine hohe Substanti- te werden nicht mehr nur zum Reinigen eingesetzt.
vität und in Haarschampoos verbessern sie die Tro- Vollbäder dienen eher der Entspannung, der Erho-
ckenkämmbarkeit, Sprungkraft und Reißfestigkeit lung oder werden für therapeutische Zwecke (gegen
der Haare. Technologisch von Vorteil ist die positive Erkältung) genutzt. Die Ganzkörperreinigung er-
Beeinflussung der Schaumbildung und -stabilität folgt täglich und schnell in der Dusche, die nach
und die Erhöhung der Viskosität durch APG. sportlichen Aktivitäten zudem erfrischend wirkt.

. Abb. 5.6. Waschverhalten und bevor-


zugte Produktformen
106 Kapitel 5 · Reinigung der Haut und der Haare

Die Körperreinigung am Waschbecken tritt immer nicht möglich. Die unterschiedlichen auf dem Markt
mehr in den Hintergrund, da in privaten Haushalten befindlichen Seifen (7 Übersicht 5.4) unterscheiden
Bäder mit Dusche oder Badewanne Standard sind. sich nicht wie die anderen Produkte in ihrer Ten-
In der Regel werden am Waschbecken schnell das sidkombination, sondern allein in den Zusätzen
Gesicht oder die Hände gewaschen oder die Zähne (. Übersicht 5.5). Somit muss bei jeder Seife, egal
geputzt. Dementsprechend hat sich auch die Wahl wie pflegend die Zusätze sind, mit den typischen
der Reinigungspräparate etwas von festen Seifenstü- Nachteilen einer Seife gerechnet werden (7 Kap. 5.2.1).
cken hin zu flüssigen Zubereitungen verlagert. Flüssigseife und Schmierseife als pastöse Zuberei-
Bei der anschließenden Besprechung der Wasch- tungen enthalten statt der Natriumsalze Kalium-
präparate wird der Begriff »Seife« nur auf solche salze, welche die gleichen Wirkungen ausüben.
5 Produkte angewandt, die auf der Basis der »echten«
Seife (Kalium- oder Natriumsalze der Fettsäuren)
aufgebaut sind. In der Umgangssprache und auch 5.3.2 Syndet
von vielen Herstellern werden viele Reinigungspro-
dukte allgemein als Seife bezeichnet, auch wenn Syndet ist aus den Wörtern synthetische Detergentien
ausschließlich moderne Tenside hierin verarbeitet entstanden. Analog zur Seife ist das Syndet die feste,
wurden. Es gibt keine verbindliche Definition, was quaderförmige Ausführung der synthetischen Ten-
als Seife bezeichnet werden darf; aber über die side. Die Qualität und Hautverträglichkeit hängt von
Kontrolle der Ingredients kann eine Zuordnung er- der vom Hersteller gewählten Tensidmischung ab.
folgen. Weitere Faktoren sind der pH-Wert und die Aus-
Weitere besondere Reinigungsformulierungen, wahl der Syndetzusätze (7 Kap. 5.2). Durch unter-
die keine waschaktiven Substanzen enthalten und schiedliche Substanzen können ideale Kombinati-
die auf einem Emulsionssystem basieren, wie Reini- onen für unterschiedliche Hautzustände zusam-
gungsmilchen oder Peelings, finden Sie in 7 Kap. 6. mengestellt werden. Einen sauren pH-Wert, keine
Rückfetter und einen hohen Anteil an bakteriziden
amphoteren Tensiden eignen sich bei fettiger, un-
5.3.1 Seife reiner Haut. Schwach saure pH-Werte, Rückfetter,
Feuchtigkeitsspender, Eiweißhydrolysate und sehr
Die Stückseife gibt es in unterschiedlichen Ausfüh- milde Tenside wie APG eignen sich für den fettarm-
rungen. Natriumsalze unterschiedlich langer Fett- trockenen Hautzustand. Syndets neigen zur Ver-
säuren sind die verarbeiteten Waschrohstoffe. Eine sumpfung (Erweichung), wenn sie in der Seifen-
pH-Wert-Einstellung der Seife in den sauren, haut- schale liegen, da die Tenside leicht wasserlöslich
freundlichen Bereich ist aus chemischen Gründen sind. Syndets sind teurer als Seife.

Übersicht 5.4. Seifenarten Übersicht 5.5. Zusätze in Seifen

Abrasivseife Medizinseife Antioxidantien Fette, Öle


Babyseife Parfumseife Komplexbildner Wachse, Lanolin
Cremeseife Rasierseife Farbstoffe Peelingsubstanzen
Deoseife Schmierseife Parfum Kräuterextrakte
Feinseife Schwimmseife Feuchthaltemittel Wirkstoffe
Flüssigseife Toilettseife Deodorantien
Kernseife Transparentseife
Luxusseife
5.3 · Waschpräparate
107 5

. Tabelle 5.3. Hilfsstoffe und Rückfetter in Waschpräparaten


INCI dt. Bezeichnung Funktionen
Verdicker, Konsistenzverbesserer (Auswahl, vgl. Kap. 6.5)
Ammoniumchlorid Ammonium Chloride Pu,VD
Cetylalkohol Cetyl Alcohol E, HP, Kg, TM
Cetylstearylalkohol Cetearyl Alcohol RF, PG, Sst
Glycerinmonokokosfettsäureester
ethoxylierte PEG-7 Glyceryl Cocoate E, VD
Glycerinmonostearat Glyceryl Stearate E, RF, GerB
Maisstärke Zea mays BM
Natriumchlorid Sodium Chloride VD
PEG-12 Distearat PEG-12 Distearate E, VD
PEG-150 Distearat PEG-150 Distearate E, VD
PEG-200 Hydriertes Glycerylpalmitat PEG-200 Hydrogenated Glyceryl Palmitate E, VD
Laureth- 2 PEG-2 Laurylether E, VD
Laureth-4 PEG-4 Laurylether E, VD
PEG-120 Methylglucosedioleat PEG-120 Methylglucose Dioleate E, VD
PEG-55 Propylenglycololeat PEG-55 Propylene Glycol Oleate Kg
Polyglyceryl-2-Laurat Polyglyceryl-2 Laurate E, VD
PPG-10 Methylglucoseether PPG-10 Methyl Glucose Ether FS, ASt, VD
Titandioxid Titanium Dioxide Pig, TM, VD
Weizenstärke Triticum vulgare Abs, VD
Schaumstabilisatoren
Kokosfettsäurediethanolamid Cocamide DEA Vst, E, RF, Sst
Kokosfettsäuremonoethanolamid Cocamide MEA Vst, E, Sst
Kokosfettsäuremonoisopropanolamid Cocamide MIPA Vst, E, Sst
Laurinsäurediethanolamid Lauramide DEA ASt, Sst, Vst
Laurylpyrrolidone Lauryl Pyrrolidone T, VD, Sst
Linolsäurediethanolamid Linoleamide DEA ASt, Sst, Vst
Macrogol 6000 PEG-150 E, Sst
Trideceth-2 Carboxamide MEA Sst, Vst
außerdem:
Amidobetaine, APG, Sulfosuccinate vgl. Tab. 5.2
Perlglanz- und Trübungsmittel
Aluminiumsiliat Aluminium Silicate Abr, TM
Ethylenglycoldistearat Glycol Distearate E, HP, PG, VD
Ethylenglycolstearat Glycol Stearate E, HP, Tm
PEG-3 Distearat PEG-3 Distearate E, PG
Stearamide MEA-Stearat Stearamide MEA-Stearate Sst, TM, VD
Rückfetter (Auswahl)
Cetylpalmitat Cetyl Palmitate HP, RF
Ethyllinoleat Ethyl Linoleate HP, Rf
Glycerinmonolaurat Glyceryl Laurate E, RF
Glycerinminostearat Glyceryl Steararte E, Rf
Kokosfettsäuren Coconut Acid E, HP, RF
Octyldodecanol Octyldodecanol LV, RF
Paraffin Paraffin GerB, RF
Paraffinöl Paraffinum Liquidum LM, RF
108 Kapitel 5 · Reinigung der Haut und der Haare

. Tabelle 5.3 (Fortsetzung)


INCI dt. Bezeichnung Funktionen
Rückfetter (Auswahl)
PEG-6 Glycerinmonocaprylic/Capricester PEG-6 Caprylic/Capric Glycerides E, RF
PEG-9 Glycerinmonokokosfettsäureester PEG-7 Glyceryl Cocoate LV, RF
PEG-15 Glycerinisostearat PEG-15 Glyceryl Isostearate E, RF
PEG-200 Glycerinmonotallowate PEG-200 Glyceryl Tallowate E, Rf
PEG-10 Olivenfettsäureester Olive Oil PEG-10 Esters E, RF
Polyglyceryl-3 Dicaprate Polyglyceryl-3 Dicaprate E, RF
PEG-40 Hydrogenated Castor Oil ethoxyliertes, hydriertes Ricinusöl E, RF
5 Stearinsäure
Wollwachsalkohol
Stearic Acid
Lanolin Alcohol
E, Est, RF
Emo, RF

außerdem:
fette Öle, natürliche Wachse vgl. Tab. 6.8, 6.9

5.3.3 Duschzusätze mit milden, leicht sauren Produkten gereinigt wer-


den, damit sie nicht unnötig geschädigt wird.
Einige Produkte werden einfach als »Waschlotion« Besondere Zusätze in Duschgelen sind: Verdi-
bezeichnet. Sie sind den Duschgelen zuzuordnen cker, Konsistenzverbesserer, Gelbildner, Schaumsta-
und können, wie auch Duschgele, zum Händewa- bilisatoren, Parfum, Perlglanz- und Trübungsmittel
schen am Waschbecken oder Duschen eingesetzt (. Tab. 5.3, 7 Kap. 5.4.3).
werden. Sehr hilfreich sind in diesem Fall Spender-
gefäße. Duschöle
Für empfindliche, sehr trockene oder neurodermi-
Duschgel, Duschbad tische Hauttypen gibt es Cremeduschen und Dusch-
Zum Duschen wird am liebsten ein gut riechendes, öle (7 Übersicht 5.6), die sich durch hohe bis sehr
dickflüssiges Duschgel oder -bad mit hohem hohe Fettanteile auszeichnen. Sie schützen die Haut
Schaumvermögen verwendet. Für die Zusammenset- weitgehend vor der Entfettung durch die Tenside,
zung der Duschgele gilt Ähnliches, wie für die Syn- säubern sie aber bei geringem Verschmutzungsgrad
dets. Sie bestehen in der Regel aus synthetischen genauso gut. Auf der Haut bleibt nach dem Duschen
Tensiden und einer größeren Menge Wasser. Je ein feiner Fettfilm, der jedoch nicht das nachfol-
nach Qualität können unterschiedliche Wirkstoff- gende Eincremen ersetzt. Gerade bei sehr trockener,
komponenten zugesetzt sein. Auch wenn die Kör- zu Juckreiz neigender Haut muss anschließend eine
perhaut als recht robust eingestuft wird, sollte sie Körperlotion auftragen werden.

Übersicht 5.6. Dusch- und Badeöle

Cold Cream Rückfettendes Duschgel ETA Aroma Badeöle, Primavera


Mangobutter Duschöl, Fette Köln Body Spa Badeöle (versch. Sorten), Lavera
Remederm Duschöl, L. Widmer Creme Ölbad, Eubos
Rosenblüten Duschöl, Fette Köln Lipikar Badeöl, LaRoche-Posay
Sebamed Duschöl Olivenölbad, Fette Köln
Eucerin sensitive Duschöl F Eucerin Ölbader
Remederm Ölbad, L. Widmer
5.3 · Waschpräparate
109 5
5.3.4 Badezusätze als Kosmetika auf den Markt und es müssen deshalb
nur die wirksamen Bestandteile nach Art und Men-
Badezusätze werden in etwa 80 l Wasser gelöst. Ba- ge auf der Packung angegeben werden. In der Regel
dezusätze mit ätherischen Ölen, z. B. medizinische sind neutrale oder amphotere Tenside in geringen
Bäder, werden am besten erst nach dem Einlassen Konzentrationen zugesetzt, um die homogene Ver-
dem Bad zugesetzt, damit die Öle nicht währendes- teilung der lipophilen ätherischen Öle im Badewas-
sen zum Großteil verdunsten. Einfache Badezusätze, ser zu ermöglichen.
bei denen viel Schaum gewünscht wird, kommen
schon von Anfang an in das Badewasser. Badeperlen
Badeperlen sind eine phantasievolle Variation der
Schaumbäder, Cremebäder Badezusätze. Es sind Kugeln oder Fantasieformen,
Diese Art der Badezusätze gleicht in ihrer Grundzu- die mit einer öligen, wasserfreien Flüssigkeit gefüllt
sammensetzung den Duschgelen (7 Kap. 5.3.3). Sie sind. Diese Flüssigkeit enthält Emulgatoren, Lipide,
müssen eine höhere Tensidkonzentration als Dusch- Parfum- und Farbstoffe. Die Hülle besteht aus was-
produkte aufweisen, da sie durch das Badewasser serlöslicher Gelatine und Glycerin. Die Flüssigkeit
stark verdünnt werden. Badezusätze dürfen deshalb im Innern ist lipophil und kann die lipophobe Ge-
nicht unverdünnt ersatzweise zum Duschen oder latine nicht angreifen. Wenn die Badeperle ins Ba-
Waschen verwendet werden. Sie könnten die Haut dewasser fällt, löst sich die hydrophile Gelatinehülle
reizen. langsam auf und gibt die Lipidlösung frei, die sich
Der Anwender wünscht beim Baden in der Regel durch die darin enthaltenen Emulgatoren im Wasser
viel feinen, beständigen Schaum, so dass hier in ver- verteilen kann.
stärktem Maße Schaumstabilisatoren und -bildner
zugesetzt werden. Die Geruchskomponenten sind Badebeutel
eher entspannend und beruhigend. Badebeutel sind überdimensionale »Teebeutel« für
die Badewanne (z. B. Badekräuter-Beutel, Sensena).
Badeöle Fein geschnittene, getrocknete Kräuter werden zu-
Badeöle zeichnen sich durch sehr hohe Lipidanteile sammen mit anderen Wirkstoffen wie Meersalz,
aus, teilweise bis zu 100 %. Damit sich diese Öle Öle, Pflanzenwirkstoffe, Parfum und Farbstoffe zu
im Wasser verteilen können, sind ihnen Emulga- einem trockenen, grobem Pulver verarbeitet und
toren zugesetzt. Badeöle werden bei sehr trockenen portionsweise in feine Vliesbeutel eingeschlossen.
Hauttypen empfohlen (7 Übersicht 5.6). Sie haben Diese werden nach Bedarf in das heiße Badewasser
durch die Emulgatoren einen leichten Reinigungs- gelegt und immer wieder ausgedrückt. Mit einigen
effekt. Badebeuteln kann man sich während des Badens
Badeöle ohne Emulgatoren sind sogenannte zusätzlich die Haut massieren. In eine Seifen-
Spreitbäder. Bei ihrer Anwendung entsteht ein Fett- schale gelegt, können sie im trockenen wie im
film auf dem Badewasser, der beim Verlassen des feuchten Zustand auch als Raumbedufter verwen-
Badewassers auf der Haut haftet. Spreitbäder sind als det werden.
medizinische Ölbäder für sehr trockene Hauttypen
im Handel. Sie wirken nicht reinigend! In der Bade-
wanne bleibt ein Fettrand zurück. 5.3.5 Haarshampoo
Badeöle und Spreitbäder schäumen nicht!
Haarshampoos unterscheiden sich in der Grundzu-
Indikationsbäder, medizinische sammensetzung nicht von Duschbädern. Sie werden
Badezusätze, Wellnessbäder in 7 Kap. 9 besprochen.
Bäder mit hohen Anteilen an ätherischen Ölen wer-
den beispielsweise gegen Erkältung, Rheuma, Mus-
kelschmerzen oder Stress oder zur Entspannung
oder Belebung verkauft. Sie kommen zum Teil nicht
110 Kapitel 5 · Reinigung der Haut und der Haare

5.4 Zusammensetzung zusätze erreichen eine WAS von 20–35 %. Industriell


der Waschpräparate gefertigte Konzentrate können bis zu 80 % WAS auf-
weisen.
In Reinigungspräparaten finden wir ein kom- Durch Mischen von verschiedenen Tensiden
plexes Gemisch unterschiedlicher Substanzklassen können günstige galenische Effekte (Schaumbil-
(. Abb. 5.7). dung, Viskosität) mit einer ausreichenden Hautver-
4 Die Grundsubstanzen sind Tenside, die für die träglichkeit kombiniert werden. Tenside, die den
Reinigungswirkung verantwortlich sind. Aus- Hauptanteil eines solchen Gemisches ausmachen,
nahme sind Badeöle und Duschöle, die keine werden als Basistenside bezeichnet. Es sind in der
Tenside, sondern Emulgatoren enthalten. Sie Regel Aniontenside, die preiswert und einfach pro-
5 werden häufig als »tensidfrei« gekennzeichnet. duziert werden können. Co-Tenside verbessern die
4 Zusatzstoffe verbessern die chemische und mi- Hautverträglichkeit der anionischen Basistenside
krobiologische Stabiltät und verleihen der Zu- und werden in kleinen Mengen beigemischt. In
bereitung eine ansprechende Farbe und einen neuen, extrem hautfreundlichen Produkten kann
angenehmen Geruch (7 Kap. 3). die klassische Benennung, »Basis- oder Co-Tensid«
4 Hilfsstoffe wie Verdickungsmittel und Schaum- nicht mehr aufrechterhalten werden. Sie sind oft
bildner verbessern nur subjektiv die Qualität der nur aus den milden »Co-Tensiden« zusammenge-
Zubereitung, sie haben keinen Einfluss auf die setzt. Somit macht diese Bezeichnung keinen Sinn
Reinigungswirkung. mehr.
4 Wirkstoffe (7 Kap. 4) sollen schädigende Wir-
kungen der Tenside vermindern und das Haut-
gefühl verbessern. 5.4.2 Zusatzstoffe

Reinigungspräparate enthalten die üblichen Zusatz-


5.4.1 Waschsubstanzen stoffe wie Konservierungsstoffe, Antioxidantien,
Komplexierungsmittel, pH-Regulatoren, Farbstoffe
Die Konzentration an waschaktiven Substanzen und Duftstoffe (7 Kap. 3).
(WAS) in den Reinigungspräparaten wird in Prozent Konservierungsstoffe werden hauptsächlich in
angegeben. Wasch- und Duschgele enthalten übli- flüssigen, pastösen Zubereitungen mit Wasser be-
cherweise eine WAS von 10–15 %, milde Formulie- nötigt. In Stückseifen, Syndets und echten Ölbädern
rungen und Produkte für Kinder eher 10 %. Bade- ohne Wasserphase kann darauf verzichtet werden.

. Abb. 5.7. Zusammensetzung von flüssigen und festen Waschpräparaten


5.4 · Zusammensetzung der Waschpräparate
111 5

In vielen Tensiden ist der lipophile Molekülteil 4 Schaumstabilisatoren verbessern die Schaum-
eine ungesättigte Fettsäure oder es sind Öle als bildung und -beständigkeit. Die Meinung, dass
Rückfetter enthalten, so dass Antioxidantien und die Quantität des Schaums ein Zeichen für
Komplexierungsmittel die Oxidation der Dop- die Reinigungskraft ist, ist weit verbreitet. Die
pelbindungen verhindern sollen. In Ölbädern und Schaumbildung hängt jedoch nicht mit der
-duschen mit hohen Anteilen an pflanzlichen Ölen Waschkraft zusammen (. Tab. 5.3).
ist der Zusatz dieser Substanzen besonders wichtig, 4 Perlglanz- oder Trübungsmittel geben den
damit sie nicht ranzig werden. Produkten eine irisierende, perlmuttene oder
Wegen einer besseren Hautverträglichkeit wer- opake Oberflächenerscheinung, häufig günstig
den seifenfreie Präparate mittels Puffersubstanzen kombiniert mit entsprechenden Farbstoffen
und pH-Regulatoren auf einen leicht sauren bis (. Tab. 5.3).
neutralen pH-Wert eingestellt. (Die echte Seife kann
nicht als hautfreundliches, leicht saures Produkt
entwickelt werden, da sie im Sauren keine Wasch- 5.4.4 Wirkstoffe
aktivität besitzt!)
Farbstoffe geben Seifen ihre exotische und oft- Einige Wirkstoffe sind als Zusatz in Waschprodukten
mals markentypische Prägung (Erkennungsmerk- als durchaus sinnvoll zu beurteilen, da sie die Ag-
mal). gressivität der Tenside herabsetzen (z. B. Rückfetter,
Duftstoffe sind im Bereich der Reinigungspro- Eiweißhydrolysate, Panthenol). Doch darf nicht
dukte nicht wegzudenken. Sie gehen von Fantasie- vergessen werden, dass die Reinigungspräparate
düften, die dem Wechsel der Mode unterliegen, bis wieder abgespült werden und deshalb die meisten
hin zu reinen ätherischen Ölen, die über eine Inha- Wirkstoffe nur sehr kurz auf der Haut verweilen. Ein
lation therapeutische Zwecke ausüben sollen. Un- Langzeiteffekt kann nicht erwartet werden. Die Zu-
parfümierte Badezusätze sind fast nicht denkbar, fuhr von kosmetischen Wirkstoffen erfolgt nach der
außer bei speziellen therapeutischen Bademaßnah- Reinigung durch die Pflegeprodukte (7 Kap. 6).
men wie Öl- oder Salzbädern.
Rückfetter
Bei rückfettenden Substanzen handelt es sich, wie
5.4.3 Hilfsstoffe der Name schon sagt, um lipophile Stoffe. Es können
pflanzliche oder tierische Fette, isolierte Fettfrakti-
In fast allen Zubereitungen sind Verdickungsmittel, onen, Fettsäuren, Fettsäureester, Wachse, Glyceride,
Gelbildner, Konsistenzgeber, Schaumstabilisatoren, Paraffine oder PEG-Verbindungen sein (. Tab. 5.3).
Perlglanz-und Trübungsmittel. Die Substanzeigen- Sie sind vor allem für den trockenen, empfindlichen
schaften der Hilfsstoffgruppen überschneiden sich Hauttyp geeignet, um eine zu starke Entfettung der
oftmals, so dass eine Substanz häufig für mehrere Haut während des Waschens zu verhindern. Sie er-
Zwecke eingesetzt werden kann. setzen aber keineswegs das Eincremen der Haut
Erleichtert wird die Herstellung von Reinigungs- nach dem Duschen oder Baden. In Ölbadern oder-
produkten durch Tensidgruppen, wie z. B. Betaine, duschen sind sie häufig der Hauptbestandteil.
Amphodiacetate und APG, welche zusätzlich zur
Waschaktivität noch Hilfsstofffunktionen wie Feuchtigkeitsspendende Wirkstoffe
Schaumbildung und Verdickung besitzen. Die Ge- Diese Stoffklasse ist eher eine galenische Maßnahme
samtzahl der Einzelkomponenten in unserem ferti- und soll die Zubereitung, vor allem feste Seifenstücke
gen Produkt wird dadurch drastisch reduziert. und Syndets vor dem Austrocknen schützen und so
4 Verdickungsmittel, Gelbildner und Konsi- eine unschöne Rissbildung und ein Brüchigwerden
stenzgeber (7 Kap. 6) sollen durch eine höhere verhindern. Der Nutzen für die Haut ist fragwürdig,
Viskosität (Verdickung) der Produkte die Anwen- da diese Substanzen aufgrund ihrer hervorragenden
dung erleichtern. Diese sind dann leichter auf Wasserlöslichkeit sicher abgespült werden und somit
der Körperoberfläche zu verteilen (. Tab. 5.3). keine nachhaltigen Wirkungen ausüben können.
112 Kapitel 5 · Reinigung der Haut und der Haare

Panthenol können auch bei einer übermäßigen Schweißbil-


Panthenol dringt in die Haut ein. Es schützt die Haut, dung eingesetzt werden, um die Zersetzung des
glättet die Haare und gleicht kleine Haarschäden aus, Schweißes durch Bakterien zu verhindern.
so dass sie wieder glänzen (7 Kap. 4.1.3).
Kräuterextrakte, ätherische Öle
Eiweißhydrolysate Beliebt sind Kräuterextrakte und ätherische Öle in
Sie legen sich als Film auf die Haut- und Haarober- Badezusätzen. Über die Effekte, die sie ausüben, fin-
fläche, ohne die reinigende Wirkung der Tenside den Sie in 7 Kap. 4.5 eine ausführliche Tabelle. Me-
zu beeinträchtigen, und schützen die Haut vor einer dizinische Bäder weisen eine hohe Konzentration an
zu starken Entfettung und Aufrauung. ätherischen Ölen auf, welche diese Präparate in ei-
5 nen Grenzbereich zwischen Kosmetik und Medizin
Deodorantien, Gerbstoffe, stellen. Einige Hersteller lassen ihre Bäder als Arznei-
antibakterielle Wirkstoffe mittel auf den Markt bringen, andere als Kosmetika.
Sie sind für fettige, unreine und Akne-Haut im Han- Häufige Indikationen für diese Bäder sind Erkältun-
del. Die Bakterien auf der Hautoberfläche werden gen, Rheumatische Erkrankungen, Muskelverspan-
teilweise abgetötet und abgespült. Diese Substanzen nungen, Schlafstörungen, Nervosität und Stress.
6

6 Pflegesysteme: ihr Aufbau


und ihre Inhaltsstoffe
6.1 Das Emulsionssystem – 115
6.1.1 Aufbau einer Emulsion – 116
6.1.2 Spezielle Emulsionssysteme – 116
6.1.3 Oberflächenaktivität – 117
6.1.4 Amphiphiler Charakter der Emulgatoren – 118
6.1.5 Physikalische Instabilitäten in Emulsionssystemen – 118

6.2 Einteilung der Emulgatoren – 119


6.2.1 Anionische Emulgatoren – 119
6.2.2 Kationische Emulgatoren – 119
6.2.3 Amphotere Emulgatoren – 119
6.2.4 Neutrale Emulgatoren – 123
6.2.5 Koemulgatoren – 123
6.2.6 Komplexemulgatoren – 123
6.2.7 Quasiemulgatoren – 123
6.2.8 Konsistenzgeber – 125

6.3 Die Lipidkomponenten – 125


6.3.1 Neutralfette – 126
6.3.2 Wachse und wachsähnliche Verbindungen – 134
6.3.3 Fettalkohole – 137
6.3.4 Sterole – 138
6.3.5 Gesättigte und ungesättigte Kohlenwasserstoffe, Paraffine – 138
6.3.6 Silikone – 139

6.4 Hydrophile Phase und wässrige Lösungen – 140


6.4.1 Wasserqualitäten – 141
6.4.2 Hydrophile Lösungsmittel – 142
6.4.3 Lösungsvermittlung – 143

6.5 Gele, Gelbildner und andere Viskositätserhöher – 144


6.5.1 Aufbau eines Geles – 144
6.5.2 Gelbildner – 148
6.5.3 Weitere viskositätserhöhende Stoffe – 150
6.6 Zusatzstoffe und Wirkstoffe in Hautpflegeprodukten – 151
6.6.1 Zusatzstoffe – 151
6.6.2 Wirkstoffe – 152

6.7 Pflegepräparate – 152


6.7.1 Bezeichnungen der Präparationen – 152
6.7.2 Pflegeprodukte – 152

6.8 Vokabeltabelle kosmetischer Beschriftungen


in französisch, englisch, deutsch – 154
6.1 · Das Emulsionssystem
115 6

In diesem Kapitel werden pflegende Zubereitungen, dukte, wie Masken oder Ampullenkuren (7 Über-
die nach einer Reinigung auf die Haut aufgetragen sicht 6.1).
werden, und ihre Grundlagensysteme vorgestellt.
Durch Pflegeprodukte will man folgende Wir-
kungen und Effekte erzielen: Übersicht 6.1. Produktgruppen
4 Pflege und Erhaltung des normalen Hautzu-
stands. Ampullen Milch
4 Zufuhr physiologisch identischer Pflegesubstan- Balsam Öl
zen, die durch eine Reinigung mit Wasser oder Creme Packung
Waschsubstanzen entfernt werden. Fluid Peeling
4 Schutz der Haut vor äußeren Einflüssen. Gele Salbe
4 Verringerung der umweltbedingten Hautalte- Lotio Sera
rung. Maske Wässer
4 Ausgleich eines gestörten Hautzustands durch
geeignete Stoffe.
4 Entfernung kleiner kosmetischer Unregelmäßig- In vielen Fällen kann allein die wirkstofffreie Grund-
keiten (Rötungen, Komedonen, Schüppchen…), lage der Cremes und Gele pflegend und regenerie-
um das Hautgefühl zu verbessern. rend für unsere Haut sein. Verbessert wird dies noch
4 Regeneration des Hydrolipidmantels und Nor- durch Wirkstoffe, die gezielt eingesetzt werden.
malisierung der Hautfunktionen. Bei Betrachtung der pharmazeutisch techno-
4 Verbesserung der Widerstandskraft und Belast- logischen Seite finden wir vor allem fünf Grundla-
barkeit der Haut. gensysteme, die die Charakteristika der Präparate
prägen:
Die oben genannten Wirkungen müssen nicht alle 4 Emulsionen: Creme, Salbe, Milch, Lotion,
durch ein Produkt erzielt werden. Die Wirkstoff- 4 Öle,
kombinationen müssen dem Anwendungsort und 4 wässrige Lösungen,
dem gewünschten Effekt angepasst werden. Eine 4 Gele,
Sonnencreme enthält beispielsweise UV-Filtersubs- 4 Hydrodispersionsgele oder emulgatorfreie
tanzen, um die Haut vor UV-Strahlen zu schützen. Emulsionen.
Diese wären in einer Nachtcreme überflüssig. Sie
enthält eher regenerierende und beruhigende In- In den folgenden Abschnitten sollen diese Systeme
haltsstoffe. Zuviel Wirkstoffe sind, wie in der Medi- besprochen werden und die darin häufig verwen-
zin, übertrieben und eher schädlich. Das richtige deten Grundstoffe, die der Formulierung zugrun-
Maß muss eingehalten werden. Ein anderes Beispiel: de liegen. Im Anschluss daran, die Zusatz- und
Viele Tagespflegeprodukte enthalten geringe Men- Wirkstoffe und die verschiedenen Präparategrup-
gen an UV-Filter (max. LSF 4). Diese kleinen Men- pen und ihre unterschiedlichen Anwendungsmög-
gen schützen vor starker Sonneneinstrahlung nicht lichkeiten.
ausreichend und im Winter werden in unseren Hö-
hen und Breiten keine UV-Filter benötigt. Es könnte
durch ständig kleine unnütze Mengen zu Allergien 6.1 Das Emulsionssystem
kommen, so dass die sehr eingeschränkte, gesetz-
liche Positivliste an Filtersubstanzen bald ausge- Auf unserer Haut verbinden sich der ölige Talg und
schöpft ist und uns gegen das Sonnenlicht im Ex- der wässrige Schweiß zum Hydrolipidfilm, als Schutz
tremfall nichts mehr zur Verfügung steht. vor äußeren Einflüssen. In Emulsionen wird diese
Zur Pflege unserer Haut steht uns eine große Verbindung aus öligen und wässrigen Komponenten
Zahl verschiedener Produktformen zur Verfügung; nachempfunden. Damit diese Verbindung physio-
für die tägliche Pflege z. B. Gesichtswasser, Tages- logisch wie auch technologisch funktioniert, benö-
und Nachtcreme; im Bedarfsfall Spezialpflegepro- tigen wir Vermittler zwischen Ölphase und Wasser-
116 Kapitel 6 · Pflegesysteme: ihr Aufbau und ihre Inhaltsstoffe

phase, die Emulgatoren. Es ist das gleiche Prinzip sind Mehrphasensysteme, die zu den grobdispersen
wie bei den Waschsubstanzen, auch sie sind Vermitt- Systemen gerechnet werden.
ler zwischen einer wässrigen Phase und fetthaltiger O/W bedeutet »Öl in Wasser«. Die Lipidtröpf-
Verschmutzung (7 Kap. 5.1). chen sind im Wasser eingebettet. Die Lipidkompo-
nenten bilden die innere oder disperse Phase, das
Wasser die äußere Phase oder das Dispersionsmittel.
6.1.1 Aufbau einer Emulsion Diese Zubereitungen sind mit Wasser abwaschbar
oder verdünnbar. Sie ziehen schnell in die Haut ein
Eine Emulsion besteht aus zwei nicht miteinander und hinterlassen keinen Fettfilm auf der Haut. Die
mischbaren Flüssigkeiten, der lipophilen Phase und Wirkung ist schnell festzustellen, aber nicht nach-
der hydrophilen Phase. Der Einfachheit halber wird haltig. In kürzeren Abständen muss nachgecremt
den lipophilen, unpolaren Komponenten bzw. der werden.
Phase der Begriff »Öl oder Fett = O« zugeordnet, W/O bedeutet »Wasser in Öl«. Die Wassertröpf-
6 auch wenn es sich physikalisch-chemisch nicht um chen sind von der Lipidphase umgeben. Wasser ist
ein Öl handelt; analog wird Wasser und den wasser- die innere Phase, Lipide die äußere. Diese Zuberei-
löslichen Komponenten der Begriff »Wasser = W« tungen fühlen sich »reich« auf der Haut an. Sie hin-
zugeordnet, selbst wenn es sich im Ausnahmefall terlassen einen Fettglanz auf der Haut, ziehen lang-
nicht um Wasser handeln sollte, um die beiden Pha- sam ein und sind mit Wasser nur schwer entfernbar.
sen einfach zu definieren. Um diese beiden Phasen Sie besitzen einen leichten Okklusiveffekt, das heißt,
mischen zu können, wird eine dritte Komponente dass die Abdunstung von Wasser aus der Haut ver-
benötigt, die Emulgatoren (. Abb. 6.1). Es gibt zwei hindert wird. Sie eignen sich eher für langfristige
allgemeine Aufbauprinzipien, diese drei Komponen- Wirkungen. W/O-Cremes werden von den meisten
ten miteinander in Verbindung zu bringen: Die Bil- Kunden nicht als Tagespflege akzeptiert, wegen ihres
dung einer O/W-Emulsion oder einer W/O-Emul- nachhaltig verbleibenden Fettfilms auf der Haut.
sion (. Abb. 6.2). Der Emulgator bildet immer eine
Hülle, den Emulgatorfilm, um die Tröpfchen der
sogenannten inneren Phase, wodurch die innere 6.1.2 Spezielle Emulsionssysteme
Phase gleichmäßig im Lösungsmittel dispergiert
wird. Die Tröpfchengröße der inneren Phase wird in Mittlerweile gibt es in der modernen Galenik viele
der Regel mit 0,5–100 μm angegeben. Emulsionen Zwischenformen und Varianten der zwei Emulsions-

. Abb. 6.1. Dreikomponenten-Emulsions-Aufbau und seine Bestandteile


6.1 · Das Emulsionssystem
117 6

. Abb. 6.2. Aufbau einer W/O-


oder O/W-Emulsion

Grundsysteme: Misch- oder amphiphile Emulsionen nen sie keine Wechselwirkungen miteinander einge-
sind Emulsionen, deren Phasenverteilung weder hen. Es entsteht eine Spannung an der Oberfläche
eindeutig O/W noch W/O sind (vgl. Basiscreme der einzelnen Tröpfchen oder an der Grenzfläche
DAC), sie lassen sich mit Wasser oder Ölen kalt der beiden unterschiedlichen Substanzen. Die Ober-
weiterverarbeiten; Emulsionen, in denen die innere flächen- oder Grenzflächenspannung ist eine in das
Phase noch einen Einschluss der äußeren Phase be- Phaseninnere gerichtete Kraft. Damit diese Kraft an
sitzt, sind sogenannte Doppelemulsionssysteme oder der Oberfläche möglichst gering ist, bilden sich ku-
multiple Emulsionen (. Abb. 6.2); in Mikroemulsio- gelförmige Gebilde. Sie zeigen das Bestreben zu im-
nen oder Nanoemulsionen werden durch die mo- mer größeren Kugeln zusammenzufließen (koales-
derne Technik extrem feine Tröpfchen, die unter zieren), da sich die Oberfläche zum Volumen umge-
der üblichen Größe von 0,5–100 μm liegen, erreicht kehrt proportional verhält. Je größer die Kugel, um
und stabile Emulsionen gebildet; Liposomen und so kleiner ist im Verhältnis dazu die Oberfläche und
Nanopartikel sind ein Spezialfall der Emulsionen, somit die Oberflächenspannung. Vereinfacht ausge-
die aber wegen ihrer besonderen Eigenschaften als drückt: Die Mischung trennt sich sehr schnell und
Wirkstoffe extra besprochen werden (7 Kap. 4.4.2); deutlich in eine »Wasserpfütze mit einem Ölfilm«.
Hydrodispersionsgele sind emulgatorfreie Emulsio- Damit diese gegensätzlichen Substanzen in Be-
nen (7 Kap. 6.5.1), welche eine Zwischenstellung zwi- ziehung zueinander treten können, werden oberflä-
schen Gelen und Emulsionen einnehmen. chenaktive Stoffe, die Emulgatoren, eingesetzt. Sie
Zubereitungen, die keine Emulgatoren enthalten besitzen in ihrem Molekül einen unpolaren Teil, der
und die nur durch den Zusatz von viskositätserhö- mit der Lipidphase Wechselwirkungen eingeht und
henden Stoffen stabilisiert sind, werden Quasiemul- einen polaren Teil, der sich zur Wasserphase ausrich-
sionen genannt. Sie gehören nicht zu den Emulsio- tet. Die beiden Substanzen treten nun indirekt über
nen, sondern in der Regel zu den Gelen und werden den Emulgator in Kontakt, die Oberflächenspan-
dort genauer vorgestellt (7 Kap. 6.5). nung sinkt drastisch ab. Es bildet sich ein Emulgator-
film um die innere Phase.
Die Emulgatoren gehören aufgrund ihres Auf-
6.1.3 Oberflächenaktivität bauprinzips zu den oberflächenaktiven oder am-
phiphilen Substanzen. In diesem Buch gelten fol-
Werden Wasser und Öl zusammen verquirlt, ist die gende Definitionen, um die Begriffsverwirrung im
Mischung nicht lange von Bestand. Durch ihre ver- Bereich der oberflächenaktiven Stoffe auf ein Mini-
schiedenen physikochemischen Eigenschaften kön- mum zu reduzieren:
118 Kapitel 6 · Pflegesysteme: ihr Aufbau und ihre Inhaltsstoffe

4 Waschrohstoffe oder waschaktive Substanzen Um das Verhältnis des hydrophilen zum lipo-
werden als Tenside bezeichnet. philen Molekülteil zu ermitteln, wurde für neutrale
4 Stoffe, die die Herstellung eines Emulsions- Emulgatoren eine Formel zur Berechnung des HLB-
system – ohne nennenswerte Waschaktivität er- Werts (hydrophilic-lipophilic-balance) entwickelt.
möglichen – sind Emulgatoren. Anhand dieser Formel werden für die einzelnen
4 Lösungsvermittler oder Solubilisatoren er- Emulgatoren Werte zwischen 1–20 ermittelt. Je hy-
möglichen die Bildung kolloidaler wässriger drophiler ein Emulgator ist, um so größer ist der
Lösungen. Wert. Ionische Emulgatoren werden mit dieser
4 Netzmittel werden eingesetzt, um Suspensionen Formel nicht ausreichend erfasst, da der ionische,
zu stabilisieren. hydrophile Charakter sehr dominant ist. Ihnen wur-
den später durch Variation der Formel, Werte von
Einige oberflächenaktive Stoffe gehören durchaus 20–40 zugeordnet (. Tab. 6.1).
in mehrere dieser oben genannten Gruppen. Dies
6 ist in den Stoff-Tabellen unter »Funktionen« nach-
zulesen. 6.1.5 Physikalische Instabilitäten
in Emulsionssystemen

6.1.4 Amphiphiler Charakter Eine unliebsame, häufige auftretende Instabilität in


der Emulgatoren Emulsionen ist die Trennung der lipophilen und der
hydrophilen Phase. Diese kann verschiedene Ur-
Im Gegensatz zu den waschaktiven Tensiden ist es sachen haben:
für die Herstellung einer Emulsion wichtig, die Ge- 4 Emulgatorzusatz zu gering,
wichtung zwischen den lipophilen und den hydro- 4 Emulgatorgemisch entspricht nicht den Anfor-
philen Eigenschaften des Emulgators zu kennen. derungen,
Überwiegt der lipophile Anteil, wird der Emulgator 4 Emulgator passt nicht zum gewählten Massen-
sich eher in der Ölphase lösen, die dadurch als äu- verhältnis von lipophiler zu hydrophiler Phase,
ßere Phase festgelegt ist. Es ist ein W/O-Emulgator. 4 Herstellungsbedingungen wurden falsch ge-
Ist der überwiegende Teil hydrophil, wird der Emul- wählt,
gator sich in Wasser lösen und die äußere Phase der 4 Wechselwirkungen zwischen Wirk- und Hilf-
Emulsion wird Wasser sein. Es ist ein O/W-Emul- stoffen und den Emulgatoren,
gator. Diese Gesetzmäßigkeit entspricht der Ban- 4 Zersetzungsprodukte von Wirkstoffen stören
croft-Regel. den Emulgatorfilm,
4 Verunreinigungen,
4 starke Temperaturschwankungen.
. Tabelle 6.1. Klassifizierung der Emulgutoren nach
ihrem HLB-Wert
Ein Zusammenfließen der inneren Phase bedeutet,
HLB-Werte Funktion dass die Oberflächenspannung der inneren Phase
1–5 W/O-Emulgator, nicht in Wasser zu hoch ist. Die Tröpfchen fließen bei einem Zu-
dispergierbar sammenstoß zusammen, sie koaleszieren. Bei einer
5–8 W/O-Emulgator, in Wasser dispergierbar O/W-Emulsion wird dies Aufrahmen genannt. Die
Lipidphase steigt nach oben. Bei einer W/O-Emul-
8 – 12 O/W-Emulgator, Netzmittel
sion sinkt die wässrige Phase ab, sie sedimentiert.
12 – 15 O/W-Emulgator, Tensid, Durch verschiedene Zusätze wie Coemulgatoren,
Lösungsvermittler
Konsistenzgeber, Emulsionsförderer oder Emul-
15 – 20 O/W-Emulgator, Tensid, Lösungs- sionsstabilisatoren kann dieser Vorgang größtenteils
vermittler, klare wässrige Lösungen
gebremst werden (7 Kap. 6.2.5–8).
6.2 · Einteilung der Emulgatoren
119 6
6.2 Einteilung der Emulgatoren . Tabelle 6.2. Rezeptur
Wasserhaltige hydrophile Salbe DAB
Ebenso wie die Tenside werden auch die Emulga- Unguentum emulsificans aquosum
toren aufgrund der Ladung des Emulgatormoleküls
Natriumcetylstearylsulfat 0,9 T
in folgende Gruppen eingeteilt:
Cetylstearylalkohol 8,1 T
4 anionische,
4 kationische, Dickflüssiges Paraffin< 10,5 T
4 amphotere, Weißes Vaselin 10,5 T
4 neutrale Emulgatoren. Wasser 70 T

Nicht durch ihre Chemie, sondern durch ihre Funk-


tion unterteilte Gruppen sind: -Lactate-) oder Zitronensäure (INCI: -Citrate-), de-
4 O/W oder W/O-Emulgatoren, ren einzelne Komponenten aus nachwachsenden
4 Koemulgatoren, Rohstoffen gewonnen werden können. Die kurz-
4 Komplexemulgatoren. kettigen weisen zusätzlich eine antimikrobielle Wir-
kung auf, die längerkettigen besitzen dagegen eine
Weitere wichtige, die Emulsionsbildung unterstüt- gute gelbildende Komponente. Auch mit Aminosäu-
zende Stoffklassen sind: ren (z. B. INCI: -Glutamate-) können in dieser Form
4 Quasiemulgatoren, Emulgatoren gebildet werden.
4 Konsistenzgeber,
4 Pickering-Feststoffe (7 S. 147),
4 Hydrodispersionspolymere (7 S. 145). 6.2.2 Kationische Emulgatoren

Kationische Emulgatoren tragen eine positive La-


6.2.1 Anionische Emulgatoren dung im hydrophilen Molekülteil. Normalerweise
wird diese Ladung durch ein quartäres Ammonium-
Diese Emulgatoren besitzen eine negative Ladung ion verursacht. Als salzbildendes Ion kommen meis-
und kommen vor allem als Salze mit Natrium (So- tens Chlorid und Bromid vor. Diese Stoffgruppe
dium), Kalium (Potassium), Magnesium (Magne- findet kaum Einsatz als Emulgatoren. Sie haben eine
sium), Monoethanolamin (MEA), Diethanolamin ausgeprägte bakterizide Wirkung und zählen zu den
(DEA), Triethanolamin (TEA) oder Ammonium (Am- Konservierungsstoffen und Desinfektionsmitteln.
monium) vor. Meistens ist eine Sulfat-, Carboxyl- oder Teilweise werden sie auch als Konditionierungsmit-
Phosphatgruppe der Träger der negativen Ladung. tel eingesetzt (7 S. 100).
Eine Alkylkette mit mindestens 12 Kohlenstoffato-
men ist der unpolare Teil. Diese Substanzen sind in
der Gruppe der Emulgatoren nur schwach vertreten. 6.2.3 Amphotere Emulgatoren
Sie sind fast alle stark waschaktiv (7 Kap. 5.2) und so-
mit für einen dauerhaften Verbleib auf der Haut über Hier finden sich im polaren Emulgatorteil eine posi-
den Tag nicht geeignet; andererseits reichen schon tive und negative Ladung. Es liegt ein Zwitterion
kleinste Mengen dieser Substanzen aus, um eine sta- vor, welches nach außen neutral wirkt. In wässri-
bile Emulsion herzustellen. Die bekannteste Substanz ger Lösung kann es je nach pH-Wert anion-oder
ist Lanette E® (Natriumcetylstearylsulfat, . Tab. 6.3) in kationaktiv bzw. neutral sein. Bei den waschaktiven
Unguentum emulsificans aquosum (. Tab. 6.2). Substanzen haben wir schon die Betaine kennenge-
Eine Gruppe anionischer Emulgatoren, die sich lernt (7 S. 101), die teilweise auch als Emulgatoren
aufgrund ihrer eher niedrigen HLB-Werte weniger genutzt werden. Hinzu kommen hier noch die natür-
als Tenside eignen, sind die sehr milden, biologisch lichen Emulgatoren, die Lecithine oder Phospholipi-
abbaubaren Glycerin-Fettsäureverbindungen, ver- de und Eiweiße und deren Hydrolysate (. Abb. 6.4,
estert mit α-Hydroxysäuren, wie Milchsäure (INCI: . Tab. 6.3).
120 Kapitel 6 · Pflegesysteme: ihr Aufbau und ihre Inhaltsstoffe

. Tabelle 6.3. Emulgatoren


INCI-Bezeichnung Emulsionstyp Funktionen
ANIONISCHE EMULGATOREN
Seifen O/W E, T
Potassium Cocoate O/W E, T
Potassium Oleate O/W E,T
Potassium Olivate O/W E, T
Potassium Peanutate O/W E, T
Potassium Stearate O/W E, T, Vst
Sodium Oleate O/W E, T
Sodium Olivate O/W E, T, Vst
Sodium Palmate O/W E, T, Vst
Sodium Palmitate O/W E, T
6 Sodium Ricinoleate
Sodium Stearate
O/W
O/W
E, T, Vst
E, T
Sodium Tallowate O/W
Alkylsulfate, Alkylethersulfate O/W
Potassium Lauryl Sulfate O/W E, T
Sodium Cetearyl sulfate O/W E, T
Sodium Myreth Sulfate O/W E, T
Sodium Trideceth Sulfate O/W E, T
Alkylphosphate O/W
Cetyl Phosphate O/W E, T
Potassium Cetyl Phosphate O/W T
natürliche anionische Emulgatoren
Gummi arabicum O/W E, GB
AMPHOTERE EMULGATOREN
Phospholipide
Hydrogenated Lecithin W/O E
Lecithin W/O ASt, E, Emo
Phosphatidylcholin W/O ASt, E, Emo
NEUTRALE EMULGATOREN
Phosphorsäurealkylester
DEA-Cetyl Phosphate E, T
Dicetyl Phosphate E
Dimyristyl Phosphate E
Oleth-3 Phosphate E, T
Fettsäuren
Lauric Acid E
Myristic Acid E
Stearic Acid E
Ester mehrwertiger Alkohole mit freien Hydroxylgruppen
Glyceryl Behenate W/O E, Emo
Glyceryl Caprate W/O E, Emo
Glyceryl Caprylate W/O E, Emo
Glyceryl Cocoate W/O E, Emo
Glyceryl Hydroxystearate W/O E, Emo
Glyceryl Isostearate W/O E, Emo
Glyceryl Lanolate W/O E, Emo
Glyceryl Laurate W/O E, Emo
Glyceryl Linoleate W/O E, Emo
6.2 · Einteilung der Emulgatoren
121 6

. Tabelle 6.3 (Fortsetzung)


INCI-Bezeichnung Emulsionstyp Funktionen
NEUTRALE EMULGATOREN
Ester mehrwertiger Alkohole mit freien Hydroxylgruppen
Glyceryl Linolenate W/O E, Emo
Glyceryl Oleate W/O E, Emo
Glyceryl Ricinoleate W/O E, Emo
Glyceryl Myristate W/O E, Emo
Glyceryl Stearate W/O E, Emo, Kg
Hydrogenated Tallow Glyceride W/O E, Emo
Octoxyglyceryl Behenate W/O E
Octoxyglyceryl Palmitate W/O E
Propyleneglycol Stearate SE W/O E
Propylene Glycol Stearate W/O E, Emo
Polyglycerinester u. - ether W/O
Polyglyceryl-3 Diisostearate W/O E
Polyglyceryl-4 Isostearate W/O E
Polyglyceryl Methyl Glucose Distearate W/O E
Polyglyceryl-3 Oleate W/O E
Polyglyceryl-3 Ricinoleate W/O E
Mono- u. Diglyceride, ethoxyliert O/W
PEG-6 Caprylic/Capric Glycerides O/W E, RF
PEG-60 Evening Primrose Glycerides O/W E, RF
PEG-7, 30 Glyceryl Cocoate O/W E, T, RF
PEG-15 Glyceryl Isostearate O/W E. RF
PEG-12 Glyceryl Laurate O/W E, RF
PEG-75 Glyceryl Pelargonate O/W E, RF
PEG-20 Glyceryl Ricinoleate O/W E, RF
PEG- 5, 8, 30 Glyceryl Stearate O/W E, T, RF
PEG-20 Glyceryl Stearate O/W E, RF
PEG-200 Glyceryl Tallowate O/W E, T, RF
PEG-20 Methyl Glucose Sesquistearate O/W E, RF
PEG-10 Olive Glycerides O/W E, RF
PEG-3/PPG-2 Glyceryl/Sorbitol/Hydroxystearate/ O/W E, RF
Isostearate
Macrogolfettalkoholether* O/W
Ceteareth-3, 6. 12, 15, 20, 25, 30, 33 E, LV, T
Ceteth-16 E, LV, T
Choleth-24 E, LV
Coceth-20 E, LV
C12–13 Pareth-3, 7 E, LV, T
Hydrogenated Talloweth-60 Myristyl Glycol E, LV
Isosteareth-10 Stearate E, LV
Isosteareth-2 E, LV
Laureth-2, 3, 4, 5, 6, 7, 10 E, LV, T
Laureth-8, 9, 11, 12, 13 E, LV
Myreth-4 E, LV
Myreth-3 Myristate E, Emo, LV, T
Oleth-10, 15, E, LV, T
PPG-2 Ceteareth-9 E, LV
PPG-5 Ceteth-20 E, LV
PPG-25 Laureth-25 E, LV, Vr
PPG-1 PEG-9 Lauryl Glycol Ether E, LV
122 Kapitel 6 · Pflegesysteme: ihr Aufbau und ihre Inhaltsstoffe

. Tabelle 6.3 (Fortsetzung)


INCI-Bezeichnung Emulsionstyp Funktionen
NEUTRALE EMULGATOREN
Macrogolfettalkoholether* O/W
Steareth-2, 10, 20, 21, 25 E, LV, T
Steareth-7 E, LV
Trideceth-7, 9 E, LV
Trideceth-12 E, LV, T
Macrogolfettsäureester* O/W u. W/O
C12–20 Acid PEG-8 Ester E, LV
Olive Oil PEG-10 Ester E, Emo, LV, T
PEG-8 Beeswax E, LV
PEG-7, 35, 36 Castor Oil O/W U. W/O E, LV, T
6 PEG-40 Castor Oil O/W E, LV
PEG-10 Cocoate E, LV
PEG-4, 8 Dilaurate E, LV
PEG-3, 8 Distearate E, LV
PEG-2, 7, 20, 25, 40 Hydrogenated Castor Oil O/W U. W/O E, LV, T
PEG-20 Hydrogenated Palm Oil Glycerides E, Emo, LV
PEG-15 Hydroxystearate E, LV
PEG-26 Jojoba Acid E, LV
PEG-5 Lanolate E, LV
PEG-27, 30 Lanolin E, LV
PEG-5 Octanoate E, LV
PEG-5, 10 Soy Sterol E, LV
PEG-2, 6, 8, 9, 20, 30, 32 Stearate E, LV, PG
Partialfettsäureester von Zuckern W/O
Cetearyl Glucoside E
Methyl Glucose Sesquistearate E, Emo
Sucrose Distearate E, Emo
Sucrose Stearate E
Sorbitanfettsäureester W/O
Glyceryl Sorbitan Oleostearate E
Glyceryl Sorbitol/Oleate/Hydroxystearate E, Emo
Sorbitan Isostearate E
Sorbitan Oleate E
Sorbitan Sesquioleate E
Sorbitan Stearate CoE
Macrogol-Sorbitan-Fettsäureester/Polysorbate O/W
PEG-1, 3 Glyceryl Sorbitan Isostearate E, LV
PEG-20 Sorbitan Oleate E, LV
PEG-40 Sorbitan Peroleate E, LV, T
PEG-40 Sorbitol Hexaoleate E, LV, T
Polysorbat 20, 40, 60, 65, 80, 85 E, LV, T
Natürliche Fettgemische mit höher molekularen
Alkoholen
C20–40 Cholesterol/Lanosterol Esters W/O E
Cholesterol W/O E, Emo
Hydrogenated Tallow Glycerides W/O E, Emo
Lanolin W/O E, Emo, ASt
Lanolin Alcohol W/O E, Emo, ASt
Silikonderivate O/W
Cetyl Dimethicone Copolyol E
Laurylmethicone Copolyol E, Emo
6.2 · Einteilung der Emulgatoren
123 6

. Tabelle 6.3 (Fortsetzung)


INCI-Bezeichnung Emulsionstyp Funktionen
KOEMULGATOREN W/O
Steareth-5 Stearate Li, CoE
Fettalkohole W/O
Cetearyl Alcohol CoE, Emo, Li, TM
Cetyl Alcohol CoE, Emo, Li, TM
Myristyl Alcohol Li, Emo, Kg
Stearyl Alcohol Li, Emo, Kg, TM
(*) Die Zahlen nach dem Bindestrich geben die unterschiedliche Anzahl von Molen polymerisierten Ethylenoxids an.
Mit Komma getrennte Zahlen beziehen sich jeweils auf eine neue Substanz. z. B.: Oleth-10, 15, 20 sind drei Substanzen:
Oleth-10, Oleth-15, Oleth-20.

6.2.4 Neutrale Emulgatoren Phase in der Emulsion fixiert, was einer Koaleszenz
der inneren Phase entgegenwirkt. Diese Stoffgruppe
Dies ist die größte Gruppe der Emulgatoren. Sie tra- übt noch weitere Funktionen aus, begründet durch
gen keine Ladung. Wichtige polare Bausteine dieser ihren lipophilen Charakter (7 Übersicht 6.2).
Emulgatoren sind Glycerin, mehrwertige kurzket-
tige Alkohole, Pentaerythrit, Glucose, Saccharose,
Sorbitol und Polymerisate von Ethylen, Propylen- Übersicht 6.2. Weitere Funktionen von
oder Glycerol. Lange Kohlenstoffketten sind wiede- Koemulgatoren
rum die unpolaren Komponenten. Verbunden sind
diese Bestandteile in der Regel als Ether, Ester oder Emollentien
Glycoside (. Abb. 6.3, . Tab. 6.3). Hautpflegesubstanz
Konsistenzgeber
Konsistenzverbesserer
6.2.5 Koemulgatoren Viskositätsstabilisierend

Der Begriff Koemulgatoren ist nicht eindeutig defi-


niert. Je nach Literatur oder Anwender werden Subs- 6.2.6 Komplexemulgatoren
tanzen als Emulgatoren, Koemulgatoren oder nur
Konsistenzgeber bezeichnet. Die Übergänge sind Komplexemulgatoren stellen Emulgatorgemische
fließend. Es handelt sich i. d. R. um schwache W/O- dar, die in einem festgelegten Massenverhältnis der
Emulgatoren mit stark ausgeprägtem lipophilem Einzelkomponenten von verschiedenen Firmen an-
Charakter, wie Fettalkohole oder Glycerindialkylate. geboten werden. Bekanntestes pharmazeutisches
Eine alkoholische oder Estergruppe ist der Träger der Beispiel ist die Lanette N®, die aus 9 Teilen Cetyl-
polaren Eigenschaften (. Abb. 6.3). Die Hydrophilie stearylalkohol und 1 Teil Natriumcetylstearylsulfat
dieser Moleküle ist dadurch sehr gering, so dass sie besteht. Es sind in der Regel Kompositionen, die aus
nur noch als schwache Emulgatoren angesehen wer- einem Koemulgator (Fettalkoholen oder Glycerin-
den können. Sie lagern sich aber unterstützend in den mono- oder -dialkylaten) und einem anionischen
Emulgatorfilm ein, stabilisieren ihn und verhindern Emulgator zusammengesetzt sind.
dadurch ein Koaleszieren der inneren Phase.
Wegen ihres chemischen Aufbaus sind es zu-
meist feste Substanzen, die zusätzlich die Viskosität 6.2.7 Quasiemulgatoren
der Emulsion erhöhen, wodurch streichbare Pro-
dukte hergestellt werden können. Durch diese Fes- Quasiemulgatoren sind Gelbildner (7 Kap. 6.5.2), wel-
tigkeit werden wiederum die Tröpfchen der inneren che die Viskosität einer Zubereitung stark erhöhen.
124 Kapitel 6 · Pflegesysteme: ihr Aufbau und ihre Inhaltsstoffe

. Abb. 6.3. Strukturen der neutralen Emulgatortypen

Poloxamer
6.3 · Die Lipidkomponenten
125 6

. Abb. 6.4. Strukturen der amphoteren Emulgatoren

Sie besitzen im Gegensatz zu den echten Emulgato- oder Fette, freie Fettsäuren und Fettalkohole, Ter-
ren keine amphiphilen Eigenschaften. Einige Gelb- pene, Sterole, Kohlenwasserstoffe oder Silikone ein-
ildner vereinen jedoch den gelbildenden Charakter gesetzt werden. Natürlich gewonnene Lipide besit-
mit amphiphilen chemischen Strukturen, wie Gum- zen einen hohe Anteil an Begleitstoffen, die in ihrer
mi arabicum, so dass sie beiden Gruppen zugeord- Zusammensetzung stark variieren. Diese können
net werden können. wiederum weitere positive oder negative Effekte auf
der Haut auslösen. Gemeinsam ist allen Lipidkom-
ponenten ihre hautpflegenden und weichmachenden
6.2.8 Konsistenzgeber Eigenschaften, weshalb sie auch als Emollentien
bezeichnet werden. Einige besitzen noch weitere,
Konsistenzgeber zählen genauso wie die Quasi- wichtige physiologische oder technologische Eigen-
emulgatoren nicht zu den Emulgatoren. Sie geben schaften, welche den Tabellen entnommen werden
Emulsionen nur eine gewisse Stabilität durch Erhö- können.
hung der Viskosität. Es sind durchweg halbfeste oder
feste Lipidkomponenten, die die Viskosität einer Nomenklatur
Zubereitungen mit einer Lipidphase erhöhen. Es er- Ein Großteil der natürlich gewonnenen Lipide
folgt eine Schmelzpunkterhöhung des entstande- stammt aus Pflanzen oder ist tierischen Ursprungs.
nen Gemisches aus flüssigen und festen Lipiden. Deshalb soll an dieser Stelle nochmals kurz die
Koemulgatoren sind ebenfalls feste Substanzen mit INCI-Bezeichnung für Pflanzen und Trivialnamen
schwach ausgeprägtem Emulgatorcharakter. Sie erklärt werden. Die Pflanzenfette werden nach einer
werden oftmals auch als Konsistenzgeber definiert. EU-Sondernomenklatur mit ihrem botanischen
Beispiele von konsistenzgebenden Substanzen fin- Namen nach Linné benannt, im Gegensatz zu der in
den Sie im folgenden 7 Kap. 6.3. USA gebräuchlichen INCI-Bezeichnung. Dies führt
dazu, dass anhand der »Bestandteile«, die auf der
Verpackung abgedruckt sein müssen, nicht eindeu-
6.3 Die Lipidkomponenten tig zu ermitteln ist, ob es sich um das fette Öl oder
andere Extrakte oder Bestandteile dieser Pflanze
Die lipophile Phase einer Emulsion und rein lipo- handelt (. Tab. 6.4). Die INCI-Bezeichnungen, die
phile Zubereitungen können aus verschiedenen Li- in USA verwendet werden, geben genauere Aus-
pidkomponenten bestehen, die sich chemisch stark künfte über die verwendeten Pflanzeninhaltsstoffe.
unterscheiden. Es können natürliche Lipide (Wach- Wird aber ein Pflanzeninhaltsstoff chemisch weiter-
se, Triglyceride), halbsynthetische Lipide (Wachse, verarbeitet, finden sich in den Namen der neuen
Triglyceride, gehärtete Fette), synthetische Wachse Substanzen die INCI-Namen der USA wieder:
126 Kapitel 6 · Pflegesysteme: ihr Aufbau und ihre Inhaltsstoffe

. Tabelle 6.4. Vergleich der INCI-Bezeichnungen der EU und der USA


dt. Bezeichnung INCI-Bezeichnung nach Linné Bezeichnung in USA
Weizenkeim Triticum vulgare Wheat Germ
Weizenkeimextrakt Triticum vulgare Wheat Germ Extract
Weizenkeimöl Triticum vulgare Wheat Germ Oil
Weizenkeimeiweiße Triticum vulgare Wheat Germ Protein
Weizeneiweiß Triticum vulgare Wheat Protein
Weizenmehl Triticum vulgare Wheat Flour
Weizenstärke Triticum vulgare Wheat Starch
Klebereiweiß d. Weizens Triticum vulgare Wheat Gluten

6
z. B. Weizenkeimöl = Triticum vulgare (EU-Sonder- 5 gehärtete Fette,
nomenklatur nach Linné) 5 synthetische Triglyceride,
Hydriertes Weizenkeimöl = Hydrogenated 4 Wachse und wachsähnliche Substanzen,
Wheat Germ Oil. 5 feste Wachse,
5 flüssige Wachse,
Wheat Germ ist die US-amerikanische Bezeichnung 5 wachsähnliche Verbindungen,
für Weizenkeim, anhand des Wortes Oil ist genau 4 Fettalkohole,
zu erkennen, dass es sich um ein fettes Öl handelt, 4 Sterole,
und nicht um die Eiweiße, das Mehl oder die Wei- 4 gesättigte und ungesättigte Kohlenwasserstoffe,
zenstärke. 4 Silikone.
Besondere, in Europa eingebürgerte pharmazeu-
tisch/chemische Trivialnamen bleiben erhalten, wie
z. B. Schweineschmalz = Adeps suillus, hier folgt man 6.3.1 Neutralfette
nicht der US-amerikanischen Vorlage. In der . Ta-
belle 6.8 sind die in Europa geltenden INCI-Bezeich- Neutralfette sind Triester des Glycerols mit drei un-
nungen gemeinsam mit den in USA gebräuchlichen terschiedlichen Fettsäuren (. Form. 6.1). Die Ketten-
Namen aufgelistet. längen der Fettsäuren liegen üblicherweise zwischen
acht bis zwanzig C-Atomen. Glycerin kann mit drei
Einteilung der Lipide gleichen oder üblicherweise mit verschiedenen Fett-
Die Lipide werden nach ihrer Chemie und ihrem säuren verestert sein. Triglyceride sind unpolare
Ursprung in folgende Gruppen unterteilt: Moleküle, die je nach Kettenlänge, Verzweigung der
4 Neutralfette, Triglyceride, C-Kette und Anzahl der Doppelbindungen in den
5 tierische Fette, Fettsäuren flüssig, halbfest oder fest sind. Meistens
5 pflanzliche Fette und Öle, werden sie aus Pflanzensamen und -früchten oder

Fette

. Form. 6.1. Aufbau eines Triglycerids (Neutralfett)


6.3 · Die Lipidkomponenten
127 6

. Tabelle 6.5. Klassifizierung der Carbonsäuren . Tabelle 6.7. Nomenklatur wichtiger ungesättigter Säu-
ren und Alkohole
Kettenlänge Bezeichnung
Kettenlänge Säure Alkohol
C1–7 kurzkettige Carbonsäure
ungesättigt ungesättigt
C8–12 mittelkettige Fettsäure
C11 Undecen Undecylenyl
über C12 höhere Fettsäure
C16 Palmitolein Palmitoleyl
über C18 auch Wachssäuren
C18 (1) Olien Oleyl
C18 (2) Linol Linoleyl
aus tierischem Fettgewebe gewonnen. Sie werden C18 (3) Linolen Linolenyl
aber auch als definierte Gemische synthetisch aus
C20 (4) Arachidon Arachidonyl
Glycerol und Fettsäuren hergestellt. Verbleiben am
Glycerin eine oder zwei Hydroxylgruppen unver- C22 Cetolein Cetoleyl
estert, erhält man die Mono- oder Diglyceride. Sie C22 Eruca Erucyl
besitzen durch die freie OH-Gruppe eine gewisse
Hydrophilie und zählen zu den W/O-Emulgatoren
(7 Kap. 6.2.4). Fettsäuren
Tierische Fette werden meistens Schmalz Fettsäuren als Bausteine der natürlichen Triglyceride
oder Talg genannt. Pflanzliche, flüssige Fette wer- bestehen aus einer geraden, seltener einer ungeraden
den als fette Öle oder nur als Öle bezeichnet. Feste Anzahl von C-Atomen. Die Kohlenstoffkette kann
Pflanzenfette bekommen den Zusatz -butter oder nur Einfachbindungen enthalten (gesättigte Fettsäu-
-fett. re) oder eine bis mehrere Doppelbindungen besitzen
(ungesättigte Fettsäure). Je länger die Kohlenstoff-
. Tabelle 6.6. Nomenklatur der geradkettigen Carbon- kette der Fettsäure ist, desto fester wird das entspre-
säuren und Alkohole chende Fett. Ein Fett wird flüssig, je mehr Doppel-
Kettenlänge Säure* Alkohol*
bindungen in den Fettsäuren vorhanden sind, oder
gesättigt gesättigt die C-Kette verzweigt ist. Sehr lange Fettsäuren mit
mehr als achtzehn C-Atomen, welche die typischen
C6 Capron Hexyl
Bestandteile von Wachsen sind, werden auch als
C7 Heptyl Heptyl
Wachssäuren bezeichnet (. Tab. 6.5).
C8 Capryl Capryl Freie Fettsäuren mit langen Kohlenstoffketten
C9 Pelargon Nonyl können als Konsistenzgeber oder Perlglanzmittel
C10 Caprin Decyl
eingesetzt werden. Kombiniert mit einer Base ent-
steht eine Seife, ein O/W-Emulgator.
C11 Undecan Undecyl
Die chemische Nomenklatur der Fettsäuren und
C12 Laurin Lauryl langkettigen Alkohole ist . Tab. 6.6 und 6.7 zu ent-
C13 Tridecan Tridecyl nehmen.
C14 Myristan Myristil
Essenzielle Fettsäuren
C15 Pentadecan Pentadecyl
Zwei der natürlich vorkommenden Fettsäuren wer-
C16 Palmitin Cetyl
den als essenziell angesehen, die Linolsäure und
C17 Margarin Heptadecyl α-Linolensäure (. Form. 6.2). Sie werden für den
C18 Stearin Stearyl Aufbau wichtiger Substanzen, Hormone und Zell-
C20 Arachin Arachidyl
strukturen im Körper benötigt. Unser Körper kann
gesättigte Fettsäuren und einfach ungesättigte
C22 Behen Behenyl
Fettsäuren synthetisieren, aber für den Einbau der
* Bei verzweigtkettigen Säuren und Alkoholen kommt wichtigen zweiten Doppelbindung (Linolsäure)
die Silbe -iso- dazu.
fehlen ihm die nötigen Enzymsysteme. Erst wenn
128 Kapitel 6 · Pflegesysteme: ihr Aufbau und ihre Inhaltsstoffe

. Form. 6.2. Essentielle Fettsäuren

in den Fettsäuren schon zwei bzw. drei Doppel- ein Enzym, welches im Normalfall aus Linolsäure
bindungen enthalten sind, kann er die weiteren γ-Linolensäure bildet (7 S. 35). γ-Linolensäure ist wie-
6 selber einfügen. Wir müssen uns – wegen des Un- derum Ausgangsstoff für Prostaglandine, die am
vermögens unseres Stoffwechsels – durch entspre- Zellstoffwechsel beteiligt sind. Durch diesen Mangel
chend zusammengesetzte Fette Linolsäure oder wird die Haut rau, trocken, rissig und fängt an zu
α-Linolensäure von außen zuführen. Sie werden jucken. Die Öle sollten oral oder dermal verwendet
fälschlicherweise häufig auch als Vitamin F be- werden. Öle, die in diesem Fall eingesetzt werden
zeichnet, auch wenn sie nicht der üblichen Defini- könnten, sind Borretschöl (INCI: Borago officinalis),
tion der Vitamine entsprechen. Nachtkerzenöl (INCI: Oenothera biennis) und
Ein Mangel dieser Fettsäuren führt an der Haut schwarzes Johannisbeerenöl (INCI: Ribes nigrum).
zu einer Störung der Barrierefunktion. Der trans-
epidermale Wasserverlust ist stark erhöht. Sie wird Tierische Fette
trocken und welk, erhält ein fahles ungesundes Tierische Fette werden durch Ausschmelzen von
Aussehen, Nägel und Haare werden brüchig und Fettgewebe gewonnen. Als Begleitstoffe sind Choles-
stumpf. Die Bildung von Komedonen ist begünstigt terin, Vitamin A und D enthalten.
und die Wundheilung verzögert. Durch eine Appli- Sie besitzen kein natürliches Antioxidans wie die
kation auf der Haut erreichen wir eine Verbesse- meisten pflanzlichen Öle, weshalb sie schnell ranzig
rung der oben genannten Hautsymptome, die Elas- werden. Ihr Anteil an essenziellen Fettsäuren ist
tizität der Haut erhöht sich, die Talgproduktion eher gering. Durch diese Nachteile und aufgrund
normalisiert sich, die Faltenbildung reduziert sich von tierschützerischen und gesundheitlichen Aspek-
und die UV-Toleranz wird verbessert. Die Fettsäu- ten (BSE-Problematik) ist die Verwendung tierischer
ren werden in Form ihrer Ester in Kosmetika ein- Fette stark zurückgegangen.
gearbeitet oder als freie Säuren (deren Einsatz aber Sie spielen bei der Herstellung von Kosmetika
aufgrund ihrer schlechten Verträglichkeit vermie- keine große Rolle mehr, auch wenn zum Beispiel das
den werden sollte). Sehr günstig ist die Verarbei- Schweineschmalz sehr gute physiologische Eigen-
tung von Keimölen in Emulsionen, die natürlicher- schaften besitzt, weil sein Fettsäuremuster dem des
weise sehr hohe Konzentrationen an Fetten mit menschlichen Hautfetts verwandt ist (. Tab. 6.8).
mehrfach ungesättigten Fettsäuren enthalten.
Besondere Bedeutung haben in den letzten Jah- Pflanzliche Öle
ren Öle mit hohen Gehalten an γ-Linolensäure er- Pflanzliche Öle zeichnen sich durch einen hohen
langt (. Form. 6.2). Sie ist eine ω6-Fettsäure, α-Lino- Anteil mehrfach ungesättigter Fettsäuren aus, die
lensäure dagegen ist eine ω3-Fettsäure (»ω« ist eine charakteristisch für die flüssige Konsistenz sind. Als
chemische Zählweise, die von der entgegengesetzten Begleitstoffe kommen vor allem Vit. E, Phytosterole,
Seite zur höchsten funktionellen Gruppe ausgeht). Fettalkohole, Chlorophyll, Carotinoide und freie
Sie ist wichtig für die Therapie der Neurodermitis. Es Fettsäuren vor (. Tab. 6.8). Einige Öle zeichnen sich
wird vermutet, dass diese Personen nicht genügend durch eine besondere Zusammensetzung der unver-
oder gar keine D6-Dehydrogenase bilden können, seifbaren Anteile aus; sie enthalten z. B. Polyphenole,
6.3 · Die Lipidkomponenten
129 6

. Tabelle 6.8. Natürliche Fette und Wachse


Dt. Bezeichnung INCI-Bez. n. Linné Bez. in USA Funktionen
Natürliche Fette und Wachse
Aprikosenkernöl Prunus armeniaca Apricot Kernel Oil Li, Emo
Arganöl Argania spinosa Li, Emo, Aa, HP
Avocadoöl Persea gratissima Avocado Oil Li, Emo
Babassuöl Orbignya oleifera Babassu Oil Li, Emo
Baumwollsaatöl Gossypium Cottonseed Oil Li, Emo
Bienenwachs Cera Alba Beeswax Li, Emo, E, FB, Kg
Borretschöl Borago officinalis Borage Seed Oil Li, Emo, Nd
Butter Butyrum Li, Emo
Candelillawachs Candelilla cera Candelilla Wax Li, Emo, FB, Kg
Carnaubawachs Carnauba Carnauba Li, Emo, FB, Kg
Cashewkernöl Anacardium occidentale Cashew Nut Oil Li, Emo
Erdnussöl Arachis Hypogaea Peanut Oil Li, Emo
Färberdistelöl Carthamus tinctorius Safflower Oil Li, Emo
Haferöl Avena sativa Li, Emo, Vr
Haselnussöl Corylus avellana Hazelnut Oil Li, Emo
Jojobaöl Buxus chinensis Jojoba Oil / Wax Li, Emo
Kakaobutter Theobroma cacao Cocoa Butter Li, Emo, Kg
Kokosöl Cocos nucifera Coconut Oil Li, Emo
Kürbiskernöl Cucurbita pepo Pumpkin seed oil Li, Emo, Aa, HP
Kuhmilchfett Lactis lipida Milk Lipids Li, Emo
Leinsamenöl Linum usitatissimum Linseed Oil Li, Emo
Macadamianussöl Macadamia ternifolia Macadamia Nut Oil Li, Emo
Maiskeimöl Zea mays Corn Germ Oil, Corn Oil Li, Emo, LM, Vr
Mandelöl, süß Prunus dulcis Sweet Almond Oil Li, Emo
Nachtkerzenöl Oenothera biennis Evening Primrose Oil Li, Emo, Nd
Nerzöl Mustela Mink Oil / Wax Li, Emo
Olivenöl Olea europaea Olive Oil Li, Emo, LM
Palmkernöl Elaeis guineensis Palm Kernel Oil Li, Emo
Palmöl Elaeis guineensis Palm Oil Li, Emo
Pfirsichkernöl Prunus persica Peach Kernel Oil Li, Emo
Pflanzenöle Olus Vegetable Oil Li, Emo
Rapsöl Canola Canola Oil Li, Emo
Reisöl Oryza sativa Rice Bran Oil Li, Emo, Vr
Ricinusöl Ricinus communis Castor Oil Li, Emo, LM
Rinderfüße, Öl Bubulum Neatsfoot Oil Li, Emo, LM
Rindertalg Adeps bovis Tallow Li, Emo
Schmalz, Schweinefett Adeps suillus Lard Li, Emo
Schwarzes Johanniskernöl Ribes nigrum Black Currant Oil Li, Emo, Nd
130 Kapitel 6 · Pflegesysteme: ihr Aufbau und ihre Inhaltsstoffe

. Tabelle 6.8 (Fortsetzung)


Dt. Bezeichnung INCI-Bez. n. Linné Bez. in USA Funktionen
Natürliche Fette und Wachse
Sesamöl Sesamum indicum Sesame Oil Li, Emo
Sheabutter Butyrospermum parkii Shea Butter Li, Emo, Kg
Sojaöl Glycine soja Soybean Oil Li, Emo
Sonnenblumenöl Helianthus annus Sunflower Seed Oil Li, Emo
Walnussöl Juglans regia Walnut Oil Li, Emo
Weizenkeimöl Triticum vulgare Wheat Germ Oil Li, Emo, Vr
Wollwachs Lanolin Lanolin Wax Li, Emo, RF, E, FS

6 Wollwachsalkohole Lanolin Alcohol Li, ASt, Emo, E, RF


Hydrierte, gehärtete oder acetylierte Fette/Wachse
Baumwollsamenöl, Acetylated Hydrogenated Cottonseed <Glyceride Li, Emo, E
acetyliert, gehärtet
Erdnussöl, hydriert Hydrogenated – Li, Emo, E
Peanut Oil
Jojobaöl, hydriert Hydrogenated – Li, Emo, Abr
Jojoba Oil
Jojobaöl, künstlich Oleyl Erucate – Li, Emo
Kokosnussöl, hydriert Hydrogenated – Li, Emo,Kg
Coconut Oil
Kokosfett, hydriert Hydrogenated – Li, Emo, Kg
Coco-Glycerides
Palmkernöl, gehärtet Hydrogenated – Li, Emo, E, Kg
Palm Oil
Pflanzenöl, gehärtet Hydrogenated – Li, Emo
Vegetable Oil
Ricinusöl, gehärtet Hydrogenated – Li, Emo, Kg
Castor Oil/-castorate-
Sojaöl, hydriert Hydrogenated – Li, Emo
Soybean Oil
Wollwachs, hydriert Hydrogenated Lanolin – Li, Emo, ASt

Squalen, γ-Tocopherol, γ-Linolensäure, spezielle Lecithin und gesättigte langkettige Kohlenwasser-


Carotinoide und andere sekundäre Pflanzeninhalts- stoffe. Das Öl zeichnet sich durch ein gutes Spreit-
stoffe, wodurch diese Öle einen Wirkstoffcharakter vermögen, ein gutes Eindringen in die Haut und eine
erhalten. Einige dieser Öle (Arganöl, Olivenöl, hydratisierende Wirkung aus.
Nachtkerzenöl, Borretschöl) werden in 7 Kap. 4.4.3 Mandelöl (INCI: Prunus dulcis) wird aus den
besprochen. Mandelsamen kaltgepresst gewonnen. Die Triglyce-
Avocadoöl (INCI: Persea gratissima) ist das fette ride sind mit 60–90 % Ölsäure und ca. 17 % Linol-
Öl aus den Früchten. Es enthält Triglyceride, die mit säure verestert. Es wirkt reizlindernd und vermittelt
85 % ungesättigten Fettsäuren verestert sind. Von ein weiches Hautgefühl.
den Fettsäuren entfallen 6–65 % auf Ölsäure und 6– Macadamianussöl (INCI: Macadamia ternifo-
10 % auf Linolsäure. Als weitere Bestandteile sind lia) wird aus den Nüssen der Pflanze gewonnen. Die
Vitamin A und E zu finden, Phytosterole, Squalen, veresterten Fettsäuren sind vor allem Ölsäure bis zu
6.3 · Die Lipidkomponenten
131 6

67 % und Palmitoleinsäure bis zu 24 %. Letztere soll Aus der Ölpalme werden zwei verschiedene Öle
für die guten hautpflegenden Eigenschaften verant- gewonnen:
wortlich sein, da sie auch in größeren Anteilen im Palmöl (INCI: Elaeis guineensis), eine gelbrote,
Talg der Haut vorkommt. butterähnliche Masse aus dem Fruchtfleisch der Öl-
Keimöle, wie Weizenkeimöl (INCI: Triticum palme. Sie enthält Ester folgender Fettsäuren: Palmi-
vulgare) und Maiskeimöl (INCI: Zea mays) enthalten tinsäure bis 47 %, Ölsäure bis 48 % und Linolsäure
extrem hohe Konzentrationen an essenziellen Fett- bis 10 %. Die Farbe wird durch den hohen Gehalt an
säuren (50–60 %), die mit Glycerin verestert sind. Sie Carotinoiden erreicht.
enthalten hohe Vitamin-E-Mengen (0,25–0,3 %) als Palmkernöl (INCI: Elaeis guineensis) wird aus
Autoxidationsschutz, der für eine längere Stabili- den Fruchtkernen gewonnen. Es ist butterähnlich,
sierung jedoch nicht ausreicht; außerdem Carotine, aber nicht gefärbt. Das Fettsäuremuster unterschei-
Vitamin D2, Lecithine und Phytosterole. Sie liefern det sich stark vom Fett des Fruchtfleisches und
der Haut fehlende essenzielle Fettsäuren. Die Haut gleicht eher dem Kokosfett. Bis 55 % Laurinsäure,
wird glatt, weich und sieht gesünder aus. etwa 12 % Myristinsäure, bis 18 % Ölsäure, etwa 7 %
Sojaöl (INCI: Glycine soya) wird aus Sojabohnen Palmitinsäure, Caprinsäure und Linolsäure, es wird
gewonnen. Die Glycerolester enthalten 51 % Linol- wie Kokosöl zur Herstellung von Seifenrohstoffen
säure, 25 % Ölsäure, 9 % Linolensäure und 11 % Pal- und Tensiden verwendet.
mitinsäure, außerdem 1–4 % Lecithine und bis zu Kakaobutter (INCI: Theobroma cacao) wird
1 % Phytosterole. Durch seinen hohen Anteil an durch Auspressen der Kakaobohnen erhalten. Es ist
essenziellen Fettsäuren ist es für die Kosmetik sehr fest, spröde und hellgelb. Es wird als Konsistenzge-
wertvoll. Sojaöl wird oft als starkes Rückfettungsmit- ber vor allem für Lippenstifte verwendet. Es fettet
tel in Ölbädern und Duschölen verwendet. gut und zieht leicht ein, hinterlässt aber einen Glanz
Rizinusöl (INCI: Ricinus communis) wird aus auf der Haut, weshalb es für die Tagespflege eher
den Samen kaltgepresst. Es zeichnet sich durch einen ungeeignet ist. Es verdirbt leicht durch Oxidation.
sehr hohen Gehalt einer besonderen Fettsäure aus, Sheabutter (INCI: Butyrospermum parkii) wird
der Ricinolsäure. Eine C18-Fettsäure, die an C12 eine aus dem Fruchtfleisch der Nüsse gewonnen. Die er-
Hydroxylgruppe und an C9 eine Doppelbindung haltene Masse ist schmalz- oder talgähnlich. Shea-
besitzt. Das Öl wird als Lösungsmittel für lipophile butter enthält einen sehr hohen Anteil an Unver-
Wirkstoffe verwendet und vielfach halbsynthetisch seifbarem (8–10 %). Unverseifbares bedeutet, dass
zu Lösungsvermittlern, Tensiden, Emulgatoren und in diesen Substanzen keine Ester vorhanden sind,
Konsistenzgebern verarbeitet. Es erzeugt einen fei- die chemisch durch eine Verseifung nachgewiesen
nen Glanz auf der Haut, wodurch es für Lipgloss- werden können (vgl. DAB, Verseifungszahl). Dazu
und Lippenstiftzubereitungen unerlässlich ist. zählen in diesem Fall, Triterpene (75 % des Unver-
seifbaren), langkettige Alkohole, freie Fettsäuren,
Pflanzliche, feste Fette Phytosterole, Vitamine und Carotinoide. Die Shea-
Pflanzliche feste Fette sind eher die Ausnahme. Sie butter ist hautpflegend, glättend und schützend. Sie
enthalten nur einen geringen Anteil ungesättigter zieht gut ein und bindet Wasser in der Haut. Tech-
Fettsäuren in den Triglyceriden. Dies macht sie un- nologisch gilt sie als Konsistenzgeber. Diese für
empfindlicher gegenüber Sauerstoff, so dass sie nicht Kosmetikprodukte günstigen Eigenschaften werden
so leicht ranzig werden. Sie werden als Konsistenz- zum großen Teil den unverseifbaren Stoffen zuge-
geber eingesetzt (. Tab. 6.8). sprochen.
Kokosfett (INCI: Cocos nucifera) enthält einen
großen Anteil an mittelkettigen gesättigten Fettsäu- Synthetische Triglyceride
ren (50–60 %), vor allem Lauryl-, Capryl- und Myris- und verwandte Verbindungen
tylsäure. Es ist dadurch chemisch sehr stabil und Triglyceride können auch synthetisch aus Glyce-
hoch erhitzbar. Es wird als Konsistenzgeber verwen- rin und Fettsäuren hergestellt werden. Es kann das
det und zu verschiedenen anderen Stoffgruppen auf- gewünschte Fett ohne natürliche Begleitstoffe her-
gearbeitet. gestellt werden (. Tab. 6.9). Durch die Wahl der
132 Kapitel 6 · Pflegesysteme: ihr Aufbau und ihre Inhaltsstoffe

Tabelle 6.9. Lipide (synthetisch, halbsynthetisch)


INCI-Bezeichnung (andere Bez.) Funktionen
Ester mehrwertiger Alkohole ohne freie Hydroxylgruppen
C18–36 Acid Glycol Ester Li, Emo
C18–36 Acid Triglyceride Li, Emo
Caprylic/Capric/Linoleic Triglyceride Li, Emo
Caprylic/Capric/Stearic Triglyceride Li, Emo, LM
Caprylic/Capric Triglyceride (Neutralöl) Li, Emo, LM
Caprylyl Glycol Li, Emo
Cocoglycerides Li, Emo, E, Kg
C10–18 Triglyceride Li, Emo
Dicocoyl Pentaerythrityl Distearyl Citrate Li, Emo
Glycol Distearate Li, Emo, E, PG
Pentaerythrityl Tetracocoate Li, Emo
6 Pentaerythrityl Tetraoctanoate Li, Emo
Pentaerythrityl Tetraoleate Li, Emo
Propylene Glycol Dicaprate Li, Emo
Propylene Glycol Dicaprylate/Dicaprate Li, Emo
Propylene Glycol Dioctanoate Li, Emo
Propylene Glycol Dipelargonate Li, Emo, Vr
Triarachidin Li, Emo, E
Tribehenin Li, Emo
Triheptanoin Li, Emo
Trihydroxymethoxystearin Li, Emo
Trihydroxystearin Li, Emo, LM, Vr
Triisostearin Li, Emo, LM, Vr
Trilaurin Li, Emo, LM, Vr
Trilinolein Li, Emo, LM, Vr
Trilinolenin Li, Emo
Triolein Li, Emo, LM, Vr
Tripalmitin Li, Emo, LM, Vr
Tristearin Li, Emo, LM, Vr
Wachsester, wachsähnliche Verbindungen
Acetylated Lanolin (acetyliertes Wollwachs) Li, ASt, E, Emo
Acetylated Lanolin Alcohol Li, ASt, E, Emo
Arachidyl Propionate Li, Emo
Behenyl Beeswax Li, Vr
C12–15 Alkyl Benzoate Li, Emo
C20–40 Alkyl Stearate Li, Emo
Cetearyl Heptanoate Li, Emi
Cetearyl Isononanoate Li, Emo
Cetearyl Octanoate Li, Emo
Cetearyl Palmitate Li, Emo
Cetyl Acetate Li, Emo
Cetyl Esters Li, Emo
Cetyl Laurate Li, Emo, Vr
Cetyl Octanoate Li, Emo
Cetyl Palmitate Li, Emo
Cetyl Ricinoleate Li, Emo
Coco-Caprylate/Caprate Li, Emo
Decyl Oleate Li, Emo
Dibutyl Adipate Li, Emo, FB
Di-C12–13 Alkyl Malate Li, Emo
Dioctyl Succinat Li, Emo, FB
Ethyl Linoleate Li, Emo
Hexyldecyl Laurate Li, Emo
Hexyl Laurate Li, Emo
6.3 · Die Lipidkomponenten
133 6

Tabelle 6.9 (Fortsetzung)


INCI-Bezeichnung (andere Bez.) Funktionen
Wachsester, wachsähnliche Verbindungen
Isodecyl Laurate Li, Emo
Isononyl Isononanoate Li, ASt, Emo
Isopropyl Isostearate Li, Emo
Isopropyl Lanolate Li, ASt, E, Emo
Isopropyl Myristate Li, BM, Emo, LM
Isopropyl Palmitate Li, ASt, BM, Emo, LM
Isopropyl Stearate Li, BM, Emo
Isotridecyl Myristate Li, Emo
Myristyl Myristate Li, Emo, PG
Octyldodecyl Myristate Li, Emo
Octyl Octanoate Li, Emo
Octyl Palmitate Li, Emo
Octyl Stearate Li, Emo
Oleyl Erucate Li, Emo
Oleyl Oleate Li, Emo
Stearyl Caprylate Li, Emo
Stearyl Heptanoate Li, Emo
Stearyl Octanoate Li, Emo
Alkohole/Fettsäuren
Batyl Alcohol (Batilol) Li, Emo
Octyldodecanol Li, Emo, LM
Palm Kernel Acid Li, Emo
Silikone, Polysiloxane
Bisphenylhexamethicone Li, ASt, BM, Emo
Cetyl Dimethicone Li, Emo
Cyclomethicone Li, ASt, Emo, FS, LM
Dimethicone Li, AS, Emo
Dimethicone Copolyol Li, ASt, Emo
Dimethicone Copolyol Stearate Li, Emo, FS
Methicone Li, AS, Emo
Phenyl Dimethicone Li, Emo
Phenyl Trimethicone Li, AS, ASt, Emo
Simethicone Li, Emo
Stearyl Dimethicone Li, Emo
Trimethylsiloxysilicate Li, ASt, Emo
Kohlenwasserstoffe, gesättigt und ungesättigt
Cera Microcristallina Li, Kg, TM
Ceresin Li, ASt, BM, Kg, TM
C13–14 Isoparaffin Li, Emo, LM
Dioctylcyclohexane Li, Emo
Isohexadecane Li, Emo, LM
Ozokerit Li, BM, Kg, TM
Paraffin Li, Vr
Paraffinum Liquidum Li, ASt, Emo, Lm
Petrolatum Li, ASt, Emo, Kg
Polybutene Li, BM, Kg
Polyethylene Li, ASt, FB, Kg
Polyisoprene Li, Emo
Squalene Li, Emo
PEG-Alkylether o. Alkylester
Avocado Oil PEG-11 Esters Li, Emo
Hydrogenated Palm/Palm Kernel Oil PEG-6 Ester Li, Emo
134 Kapitel 6 · Pflegesysteme: ihr Aufbau und ihre Inhaltsstoffe

Fettsäuren können auch die Härte und die Schmelz- det werden können. Werden langkettigere Fett-
punkte der künstlichen Fette je nach gewünsch- säuren eingesetzt, entstehen halbfeste bis feste
tem Verwendungszweck beeinflusst werden. Da Fette, die zur Stoffklasse der Konsistenzgeber ge-
für diese Synthesen in der Regel gesättigte Fett- hören.
säuren verwendet werden, sind diese Fette in der Eine den Triglyceriden ähnliche Verbindung
chemischen Stabilität den natürlichen überlegen. ist der Ethylenglycoldiester. Ein Diester zwischen
Die physiologischen Eigenschaften der künstlichen 1,2-Ethandiol und mittel- bis langkettigen Fettsäu-
Triglyceride sind mit denen der puren, natürlichen ren. Sie werden als Perlglanz- und Trübungsmittel
Fette vergleichbar. Die zusätzlichen Wirkungen sowie als Konsistenzregler verarbeitet. Ähnliche
der Begleitstoffe entfallen natürlich. Bei Verwen- Ester gibt es noch von Propylenglycol und dem
dung mittelkettiger Fettsäuren zur Synthese wer- vierwertigen Alkohol Pentaerythrit mit Fettsäuren
den flüssige Öle erhalten (z. B. Neutralöl), die als (. Form. 6.3).
Lösungsmittel für lipophile Wirkstoffe verwen-
6

. Form. 6.3. Mehrwertige Alkohole für die Veresterung zu Lipiden

Chemisch aufgearbeitete Fette Ethoxylierte Fette


und hydrierte, gehärtete Fette Werden Triglyceride einfach oder mehrfach mit
Viele der pflanzlichen Fette können durch teilweise Ethylenoxid umgesetzt, erhält man sogenannte
Hydrierung der Doppelbindungen gehärtet werden. »wasserlösliche Öle« (. Tab. 6.9). Sie werden als Lö-
Dabei findet eine teilweise Sättigung der Doppel- sungsmittel für ätherische Öle, als Emulgatoren und
bindungen statt. Einige Doppelbindungen werden Rückfetter eingesetzt (z. B. INCI: PEG-10 Olive Oil,
bei dieser Reaktion in die trans-Verbindungen um- PEG-40 Castor Oil).
gelagert. Je nach Sättigungsgrad werden mehr oder
weniger sauerstoffunempfindliche Fette unterschied-
licher Viskosität erhalten. Sie werden zur Einstellung 6.3.2 Wachse und wachsähnliche
der gewünschten Konsistenz der Zubereitung ver- Verbindungen
wendet. Bei hohem Sättigungsgrad sind sie chemisch
wesentlich stabiler als die natürlichen Ausgangs- Chemisch sind Wachse Ester aus einem lang-
produkte (. Tab. 6.8). kettigen, einwertigen Alkohol (Fettalkohol oder
In der Deklaration auf den Verpackungen er- Wachsalkohol) mit einer Fettsäure (Wachssäure)
kennt man sie durch den Begriff »Hydrogenated«. (. Form. 6.4). Die Kettenlängen der beiden Subs-

. Form. 6.4. Aufbau echter Wachse Wachsalkohol


Wachssäure
6.3 · Die Lipidkomponenten
135 6

tanzgruppen liegen üblicherweise zwischen C18–C34


und höher. Übersicht 6.3. Natürliche, feste Wachse
Die Deutsche Gesellschaft für Fettwissenschaft
definiert Wachse nicht nach ihrer Chemie, son- Carnaubawachs
dern nach ihren physikalischen Eigenschaften fol- Candellilawachs
gendermaßen: bei 20°C knetbar, fest bis brüchig Bienenwachs, weiß
hart, grob bis feinkristallin, durchscheinend bis Bienenwachs gelb
opak, nicht glasartig, polierbar, schmelzen bei über Wollwachs
40 °C ohne Zersetzung, sind dann sehr dünnflüs- Walrat, heute nur noch künstlich
sig und nicht fadenziehend. Unter diese Definition
fallen auch die Hartparaffine, feste Macrogole und
Silikone. Viele flüssige Substanzen wie Jojobaöl
und Ölsäureoleylester (beide: chemisch Wachse) (C31) – und Melissylsäure (C30). Als besonderes
werden von dieser Definition nicht erfasst. Diese Merkmal enthält es langkettige Ester zweiwertiger
verschiedenen Stoffgruppen unterscheiden sich Alkanole, deren 2. OH-Gruppe mit ω-Hydroxyzimt-
nicht nur chemisch stark voneinander. Auch phy- säure verestert ist. Es ist sehr hart (Smp. 84–85°C),
siologisch sind sie unterschiedlich zu bewerten. und dient der Schmelzpunkterhöhung geformter
Deshalb gelten in diesem Buch als »Wachse« nur die Zubereitungen, wie Lippenstifte und Schminkstifte.
Wachsester aus langkettigen Alkoholen und Fett- Dadurch werden sie wärmeresistent. Es eignet sich
säuren. auch als Nagelpoliermittel.
Wachsähnliche Verbindungen sind Ester aus Candellilawachs (INCI: Candellila cera) ist ein
kurzkettigen, einfachen Alkoholen (z. B. Isopro- braunes, brüchiges Hartwachs aus 50 % gesättigten
panol) mit Fettsäuren. Die Wachse werden im Kohlenwasserstoffen, Wachsestern, langkettigen Al-
Folgenden nach Konsistenz und Herkunft einge- koholen, Fettsäuren und Harzen geeignet für die Her-
teilt. stellung von Lippenstiften und als Konsistenzgeber
einsetzbar.
Feste natürliche Wachse Bienenwachs (INCI: Cera alba/flava), von den
Feste Wachse sind Verbindungen aus langen, gesät- Bienen produziertes Wachs zum Bau ihrer Waben
tigten Fettalkoholen und Fettsäuren (. Tab. 6.8). Sie besteht aus 10–15 % Paraffinkohlenwasserstoffen
sind hart und spröde (Ausnahme: Wollwachs). Sie (Heptacosan, C27), 35–75 % Estern aus C16–C36
können aufgrund ihrer Härte nicht als Salben- Fettsäuren und C24–C36 Wachsalkoholen, die wich-
grundlagen verwendet werden. Es sind Konsis- tigsten sind das Myricylpalmitat, 15 % Cerotin-
tenzgeber, die zur Formgebung vor allem in Lip- säure (C25) und Melissinsr. (C31). Es ist als Salben-
penstiften verwendet werden. In kleinen Mengen grundlage zu hart, aber ein wichtiger Konsistenzge-
dienen sie der Regulierung der Festigkeit von ber in Salben, Cremes, Lippenstiften und Make-up.
Cremes und Salben. Teilweise schreibt man ihnen Durch eventuelle Pollenrückstände können bei
Emulgatorcharakter zu, der aber eher durch eine empfindlichen Personen sogar bei gereinigtem wei-
Bildung eines lipophilen Gelgerüstes in der Emul- ßen Bienenwachs allergische Reaktionen ausgelöst
sion zustandekommt, als durch die einem Emul- werden.
gator entsprechenden amphiphilen Eigenschaf- Wollwachs, Lanolin: Es ist das Fett der Schaf-
ten. Eine gewisse emulgierende Wirkung können wolle, welches kein Fett, sondern chemisch ein
aber die in natürlichen Wachsen vorkommen- Wachs ist. Es ist halbfest. Es enthält 95 % Ester hö-
den freien Fettalkohole und Fettsäuren besitzen herer Fettsäuren (Wollwachsfettsäuren) mit Woll-
(7 Übersicht 6.3). wachsalkoholen und etwa 3 % freie Alkohole (Woll-
Carnaubawachs (INCI: Carnauba) ist eine Ab- wachsalkohole), 1–2 % Kohlenwasserstoffe und
sonderung der Blätter einer speziellen Palmenart freie Säuren. Die Wollwachsalkohole sind folgen-
mit hochmolekularen Estern. Bestandteile der Ester dermaßen zusammengesetzt: Sterole, aliphatische
sind Cerotinsäure (C26), ω-Hydroxysäuren, Myricyl Alkohole, etwa 30 % Cholesterin, 27 % Lanosterol,
136 Kapitel 6 · Pflegesysteme: ihr Aufbau und ihre Inhaltsstoffe

. Tabelle 6.10. Rezeptur


Kosmetik wird es als pflegendes Lipid eingesetzt
und werbewirksam vermarktet.
Wollwachsalkoholsalbe DAB Aus dem sehr komplex zusammengesetzten
Cetylstearylalkohol 0,5 T Wollwachs können verschiedene Fraktionen iso-
liert werden, wie die oben erwähnten Wollwachs-
Wollwachsalkohole 6,0 T
alkohole (INCI: Lanolin Alcohol) als W/O-Emul-
Weißes Vaselin 93,5 T gatoren oder ein flüssiges Wollwachsöl (INCI:
Lanolin Oil). Es können auch verschiedene Fol-
geprodukte aus Wollwachs synthetisiert wer-
. Tabelle 6.11. Rezeptur
den.
Wird Lanolin zum Beispiel acetyliert, entsteht
Lanolin DAB ein besser öllösliches Produkt mit hypoallergener
Wirkung und nur noch geringer Emulgatorwir-
6 Dickflüssiges Paraffin 15 T
kung, aber guten pflegenden Eigenschaften.
Wollwachs 65 T
Wollwachs kann auch hydriert werden, wodurch
Wasser 20 T die Klebrigkeit verloren geht. Alle sonstigen Eigen-
schaften bleiben jedoch erhalten, auch die Oxidati-
onsempfindlichkeit.
20 % Alkohole (C18–C30 n-Alkohole und C16–C26 Ethoxyliertes Wollwachs wird als nichtionogener
iso-Alkohole). Durch den großen Anteil freier O/W-Emulgator, Lösungsvermittler, Rückfetter,
Alkohole, Cholesterinester und Sterole besitzt Woll- Feuchtigkeitsspender und Konditionierungsmittel
wachs eine gewisse Hydrophilie, so dass es eine eingesetzt.
starke Selbstemulgierung aufweist. Es kann nach Propoxyliertes Wollwachs ist eher hydrophob
DAB Qualität 200–300 % Wasser aufnehmen und und kann als Lösungsmittel für öllösliche Subs-
bildet dabei eine stabile W/O-Emulsion. Die Alko- tanzen und Pigmente in Make-up-Präparaten ver-
hole des Wollwachses werden auch isoliert als wendet werden. Wollwachsfettsäureisopropylester
W/O-Emulgatoren verwendet. Eine wichtige Sal- zeigen ein gutes Spreitvermögen, sind hautpfle-
bengrundlage des DAB ist Wollwachsalkoholsalbe gend und dienen als Dispersionsmittel für Pig-
(. Tab. 6.10), die aus Wollwachsalkoholen, Vaselin mente.
und Paraffin hergestellt wird. Wollwachs wird
nach der INCI-Nomenklatur Lanolin genannt. Dies Feste synthetische Wachse
darf nicht mit dem Lanolin nach DAB (. Tab. 6.11) Feste Wachse werden aus Fettsäuren und Fettalko-
verwechselt werden, welches eine zusammenge- holen in einer genau definierten Zusammensetzung
setzte Salbengrundlage ist. Das Wollwachs gibt synthetisch hergestellt. Sie können als Konsistenz-
Cremes und Salben eine weiche, geschmeidige geber und formgebende Substanzen eingesetzt wer-
Konsistenz. Auf der Haut hat es einen glättenden, den (. Tab. 6.9).
erweichenden Effekt. Wollwachs war einige Zeit
in Verruf geraten, da häufig Allergien beobachtet Künstliches Walrat
wurden. Es ließ sich feststellen, dass dies durch Früher wurde als feste Wachskomponente häufig
unzureichende Reinigung oder durch Rückstände, Walrat verarbeitet. Dieser Rohstoff verbietet sich
die während der Aufarbeitung in das Wollwachs heute von selbst, da die Wale dem Artenschutz un-
gelangten, ausgelöst wurde. Bei hochwertigen, gut terliegen. Eine dem Walrat ähnliche Variante wäre
gereinigten Chargen ist die Gefahr einer Sensibi- synthetisch hergestelltes Cetylpalmitat (INCI: Cetyl
lisierung heute sehr gering. Die guten hautpfle- Palmitate), der Hauptbestandteil des natürlichen
genden und technologischen Eigenschaften über- Wachses.
wiegen bei Weitem. Es wird in verschiedensten
Produkten eingesetzt. Von der Babycreme bis zum
rückfettenden Duschbad und auch in dekorativer
6.3 · Die Lipidkomponenten
137 6
Flüssige natürliche enthält als Besonderheit einen hohen Gehalt an
und synthetische Wachse Estern mit verzweigtkettigen Fettsäuren. Dieses Öl
Flüssige Wachse sind Ester aus ungesättigten Car- wird nicht natürlich gewonnen. Es wurde ein syn-
bonsäuren und/oder ungesättigten Alkoholen (z. B. thetisches Substitut entwickelt: das PCL. In der Wir-
Ölsäureoleylester). Sie zeichnen sich alle durch ein kung ist dieser Rohstoff dem menschlichen Hautfett
sehr gutes Spreitvermögen aus; lassen sich leicht und sehr ähnlich. Es besitzt ein hohes Spreitvermögen
schnell auf der Haut verteilen; ziehen schnell in die und blockiert nicht die natürliche Wasserverduns-
Haut ein; bewirken ein angenehmes Hautgefühl und tung der Haut. Es werden verschiedene PCL-Roh-
können auch als Lösungsmittel für lipophile Stoffe stoffe unterschieden.
eingesetzt werden. PCL-liquid ist ein flüssiges Gemisch verzweigter
Jojobaöl (INCI: Buxus chinensis) ist ein flüssi- Fettsäureester (INCI: Cetearyl Octanoate und Iso-
ges Wachs aus den olivenähnlichen Früchte des Jo- propyl Myristate), es zeichnet sich durch ein hohes
jobastrauches. Es besteht aus geradkettigen Wachs- Spreitvermögen aus und verhindert die natürliche
estern, mit einer Doppelbindung, welche den flüs- Wasserverdunstung der Haut nicht. Es ist außerdem
sigen Charakter bestimmt. Jojobaöl wird nicht antiallergisch wirksam und chemisch und biologisch
ranzig; ist sehr hautfreundlich; zieht leicht in die stabil.
Haut ein; gibt ihr ein feines glattes Aussehen und PCL-solid, eine wachsartige Substanz, beste-
kann in vielen kosmetischen Zubereitungen als hend aus langkettigen Fettsäureestern (INCI: Stearyl
flüssige, pflegende Lipidkomponente verarbeitet Heptanoate); verbessert als Konsistenzgeber in was-
werden. serfreien Zubereitungen die Applikationseigenschaf-
Künstliches Jojobaöl (INCI: Oleyl Erucate) wird ten. Es bildet einen nicht fettenden Film auf der
aus dem einfach ungesättigten C18-Alkohol und der Haut und ist stark wasserabweisend.
einfach ungesättigten C22-Wachssäure synthetisiert. PCL-siccum ist pulverförmig. Es setzt sich aus
Es dürfte sich von der Originalsubstanz im Wesent- PCL-solid und PCL-liquid, aufgezogen auf Silicium-
lichen durch den Mangel an Begleitstoffen unter- dioxid, zusammen und verbessert die Haftung kos-
scheiden. metischer Puder.
PCL-liquid, wasserlöslich ist ethoxylierte Ethyl-
Wachsähnliche Verbindungen hexansäure. Sie kann als Überfettungsmittel in
Es handelt sich hier um Ester von langkettigen Car- Bädern, Shampoos und Rasierwässer angewendet
bonsäuren mit kurzkettigen, einfachen Alkoholen. werden.
Es sind lipophile Flüssigkeiten, die ein gutes Spreit-
vermögen aufzeigen, hautpflegend sind und auch
als Lösungsmittel dienen. In Emulsionen können 6.3.3 Fettalkohole
die fetten Öle ganz oder teilweise durch diese
wachsähnlichen Verbindungen ausgetauscht werden Die üblicherweise in Kosmetika eingesetzten Fett-
(. Tab. 6.9). alkohole enthalten eine Kette von 14–20 Kohlen-
Isopropylmyristat als häufiger Vertreter dieser stoffatomen. Ohne Doppelbindungen sind sie fest
Stoffgruppe erhöht das Eindringvermögen der bis spröde und werden als Konsistenzgeber oder
Emulsion in die Haut. Es zeichnet sich durch Koemulgatoren zur Emulsionsstabilisierung heran-
eine verbesserte Gleitfähigkeit aus. Es ist nicht gezogen.
klebrig und besitzt ein gutes Spreitvermögen. Zu Besitzt das Molekül eine oder mehrere Dop-
berücksichtigen ist, dass es die Viskosität des Pro- pelbindungen, ist die Substanz flüssig. Sie gilt als
duktes erniedrigt. Es ist komedogen und sollte in Emollent, Koemulgator und lipophiles Lösungs-
Produkten für unreine, fette und Aknehaut vermie- mittel. Fettalkohole kommen in der Natur in
den werden. den unverseifbaren Anteilen der Fette und Wachse
Das Bürzeldrüsenfett ist das ölige Sekret der vor.
Bürzeldrüse der Wasservögel, mit dem das Gefieder
eingefettet ist, damit es wasserabweisend wird. Es
138 Kapitel 6 · Pflegesysteme: ihr Aufbau und ihre Inhaltsstoffe

6.3.4 Sterole 6.3.5 Gesättigte und ungesättigte


Kohlenwasserstoffe, Paraffine
Die Sterole bestehen aus 4 miteinander verknüpf-
ten Ringen und einer Hydroxylgruppe, die unter Paraffine sind gesättigte, verzweigte oder unver-
Umständen auch mit einer Fettsäure verestert sein zweigte, aliphatische Kohlenwasserstoffe (. Form. 6.6,
kann (. Form. 6.5, . Tab. 6.9). Sterole werden vom . Tab. 6.9); diese sind lipophil, wasserabweisend und
Tier, wie auch von der Pflanze synthetisiert. Der chemisch sehr stabil. Paraffine unterliegen keiner
typische Vertreter aus dem Tierreich ist das Choles- Oxidation durch Sauerstoff und sind auch inert ge-
terin. Im Pflanzenreich nennt sich diese Gruppe genüber mikrobiologischem Befall. Paraffine kön-
Phytosterole oder Sterine. Sie unterscheiden sich nen aus Erdöl gewonnen werden oder sie werden
vom tierischen Cholesterin nur in ihrer Seiten- synthetisch hergestellt. Gereinigte Paraffine verursa-
kette an C17. Sterole sind lipophil mit leichtem chen keine Hautreizungen. Sie werden nicht resor-
W/O-Emulgatorcharakter und wirken hautpflegend biert und führen durch den wasserabstoßenden Ef-
6 und -erweichend. fekt zu einer Wärmestauung und zu einer vermin-
Phytosterole üben jedoch einige spezielle Wir- derten Wasserverdunstung durch die Haut. Reine
kungen auf der Haut aus, weshalb sie in Kosmetika Paraffinsalben zur täglichen Pflege sind nicht emp-
immer beliebter werden. Sie sind Bestandteil vieler fehlenswert. Sie weisen kaum Ähnlichkeiten mit
fetter Öle, doch ist ihr Gehalt hier sehr niedrig, dem Hautfett auf. Sie würden einen fettigen Film
deshalb werden Sie für den Einsatz als Kosmetik- auf der Haut bilden, der nicht einzieht und der ent-
wirkstoff konzentriert. Sie vermindern vor allem stehende Wärmestau würde als unangenehm emp-
bei trockener Haut und Neurodermitis den Juck- funden werden. Täglich in hohen Konzentrationen
reiz, das Spannungsgefühl der Haut und die Schup- angewendet, führen Paraffine auf Dauer zu einer
penbildung, Rötungen lassen nach und die Bar- stärkeren Trockenheit der Haut, da sie sich an die
rierefunktion wird stabilisiert. Hochkonzentriert Hilfe der Vaseline oder Paraffine gegen Austrock-
weisen sie sogar eine antientzündliche Wirkung nung gewöhnt. Sie vermindert als Antwort darauf
auf, wodurch sie auch gegen Sonnenbrand wirk- die körpereigenen Schutzmechanismen und die
sam sind. Die Wirkungen können genutzt werden DNA-Aktivitäten, im Gegenzug steigt der TEWL.
bei: Baby- und Kinderhaut, trockener, sensibler, Dagegen eignen sie sich gut als Arbeitsschutzsal-
schuppiger und Altershaut, strapazierten Händen, ben, um die Haut vor Wasser und Chemikalien
Neurodermitis, Psoriasis und in After-Sun-Pro- zu schützen. Sie können aber in kleinen Mengen
dukten. die Konsistenz und Applikationseigenschaften der

. Form. 6.5. Aufbau von Sterolen

. Form. 6.6. Paraffine


6.3 · Die Lipidkomponenten
139 6

Emulsionen verbessern. Auf der Grundlage ihrer sie einen Film hinterlassen, schlecht einziehen und
Konsistenz und Herkunft werden folgende Paraffine einen Wärmestau verursachen.
unterschieden:
Flüssiges Paraffin, Paraffinöl, Mineralöl, (INCI:
Paraffinum Liquidum) enthält viele verzweigte und 6.3.6 Silikone
auch cyclische Kohlenwasserstoffe.
Hartparaffin (INCI: Paraffinum) ist ein festes Silicium steht in der vierten Hauptgruppe des Pe-
Gemisch gesättigter Kohlenwasserstoffe. riodensystems direkt unterhalb des Kohlenstoffs. Es
Mikrokristallines Wachs (INCI: Cera Micro- bildet durch diese »Verwandtschaft« dem Kohlen-
cristallina) darf nicht mit den Wachsestern verwech- stoff ähnliche, vierwertige Verbindungen. Die Sili-
selt werden. Es handelt sich um gereinigtes festes kone (. Tab. 6.9) sind synthetische, polymere, sili-
Paraffin mit kristallinen Strukturen. ciumorganische Verbindungen, die organische und
Ozokerit (INCI: Ozokerit) ist natürlich vor- anorganische Stoffcharakteristika miteinander ver-
kommendes festes Paraffin (Erdwachs) mit festen, einen. Das Grundgerüst der Silikone ist eine alter-
gesättigten, hochmolekularen Kohlenwasserstof- nierende Folge von Sauerstoff- und Siliciumatomen
fen mit Beimengungen von Isoparaffinen und Aro- (. Abb. 6.5). Die Siliciumatome besitzen jeweils noch
maten. Es kann als Konsistenzgeber eingesetzt zwei freie Valenzen, die mit Alkylresten abgesättigt
werden. sind. Diese Verbindungen werden allgemein auch als
Ceresin (INCI: Ceresin) ist von den Beimengun- Polydialkylsiloxane bezeichnet. Sehr kurzkettige Si-
gen gereinigtes Ozokerit und wird wie dieses einge- likone sind leicht flüchtig. Längere Polymere sind
setzt. von flüssiger (Silikonöle) bis wachsartiger (Silikon-
Vaselin (INCI: Petrolatum) ist der gereinigte Rück- wachse, Silikonkautschuk) Konsistenz. Die Silikone
stand der Erdöldestillation. Bestehend aus n-Paraf- können linear, cyclisiert oder dreidimensional ver-
finen und iso-Paraffinen. Die Paraffinfraktionen zweigt sein. Verzweigte Silikone (Silikonharze) sind
sind fest und flüssig und bilden ein beständiges Lipo- von harziger Natur, sie werden in der Kosmetik nicht
gel. Es wird als Salbengrundlage für den Hautschutz verwendet.
angewendet und ist Bestandteil vieler wirkstofffreier Die einfachste und häufigste Variante der Sili-
Salben des DAB und DAC. Es eignet sich außerdem kone ist das Polydimethylsiloxan oder kurz Dime-
zum Abschminken und zur Herstellung von Brillan- thicon (INCI: Dimethicone), mit je zwei Methyl-
tinen. Hohe Anteile von Vaselin oder Paraffinen in Gruppen an jedem Siliciumatom. Anhand dieser
der Gesichtspflege sind aber nicht zu empfehlen, da wichtigen Grundsubstanz betrachten wir die viel-

. Abb. 6.5. Strukturen der Silikone


140 Kapitel 6 · Pflegesysteme: ihr Aufbau und ihre Inhaltsstoffe

fältigen und günstigen Eigenschaften für kosme- Genauso verhält es sich beim Austausch einiger
tische Präparate. Methylgruppen durch einen Stearylrest. Die ent-
Eigenschaften der Dimethicone: standenen Polystearylmethylsiloxane (INCI: Stearyl
4 besonders gutes Spreitvermögen durch eine Dimethicone) sind von wachsartiger Konsistenz und
geringe Oberflächenspannung, finden vor allem Einzug in die dekorative Kosmetik
4 gute Verteilbarkeit auf der Haut, und in Schutzsalben.
4 gute Hautverträglichkeit, Bei dem Versuch wasserlösliche Silikone zu ent-
4 nicht fettend, wickeln gelangte man zur Gruppe der Polyethoxy-
4 verbessern die Nasskämmbarkeit, methylsiloxane und Polypropoxymethylsiloxane, hier
4 verhindern eine Schaumbildung, wird an das Silikon eine Polyethylen- oder Polypro-
4 bilden gasdurchlässige Filme auf der Haut, keine pylenkette angehängt. Dadurch wurden oberflächen-
Wärmestauung, aktive Silikontenside entwickelt.
4 sind in einem besonders großen Temperatur- Durch die Verbindung der Silikone mit ionis-
6 bereich stabil, chen Molekülen, wie Betainen, entstehen ebenfalls
4 kaum Änderung ihrer Viskosität über einen tensidartige Substanzen, die sich durch eine hohe
Bereich von –70°C bis 250°C, Substantivität auszeichnen. Sie finden deshalb vor
4 chemisch stabil, allem in Haarshampoos und -spülungen und Fön-
4 gut emulgierbar, lotionen als Konditionierungsmittel einen breiten
4 wasserunlöslich, Anwendungsbereich.
4 schlecht löslich in Ölen.

Die Anwendungsbereiche der Polymethylsiloxane 6.4 Hydrophile Phase


ergeben sich aus den oben genannten Eigenschaf- und wässrige Lösungen
ten. Die leicht flüchtigen Öle, wie Hexamethyl-
disiloxan und Cyclotetra- und Cyclopentasiloxan Wasser ist der wichtigste physiologische Grundstoff
(INCI: Cyclomethicone) werden zum Beispiel Lid- unseres Körpers. Er ist ungiftig und gut verträglich.
schatten, Maskara und Pudern zur besseren Verteil- Doch auch bei der Verwendung von Wasser müssen
barkeit zugesetzt. einige Dinge beachtet werden, damit keine Haut-
Silikonöle finden als wasserabweisende, schüt- schäden ausgelöst werden. Grundsätzlich sollte un-
zende Komponente Verwendung in Babycremes, ser Körper regelmäßig mit Wasser gereinigt werden.
Sonnenschutzmitteln und Hautpflegeprodukten, Doch was heißt regelmäßig? Dreimal täglich oder
für die eine Konzentration von 2–5 % ausreichend einmal die Woche?
ist. Für spezielle Arbeitsschutzsalben, um die Haut Beim Waschen mit Wasser werden aus unserer
vor Wasser, Säuren, Laugen und einigen organischen Haut wasserlösliche Bestandteile sehr leicht heraus-
Lösungsmitteln zu schützen, werden Silikonsalben gewaschen. Es sind in der Regel die Feuchthaltefak-
mit etwa 25 % Silikonanteil hergestellt. toren der Haut. Fehlen sie, kann unsere Haut nicht
Bei bettlägerigen Patienten werden sie gegen das mehr ausreichend Wasser binden und trocknet aus.
Wundliegen auf großen Flächen aufgetragen, ihr Die Folgen dieses Auswaschungsprozesses sind um
Vorteil ist hier, dass sie gasdurchlässig sind und so ausgeprägter, je trocken-fettärmer der Ausgangs-
keine Wärmestauung, wie zum Beispiel Vaseline, zustand der Haut ist. Daraus ergibt sich: Je trockener
verursachen. die Haut, um so sparsamer sollte mit Wasser umge-
Um die Eigenschaften vor allem in Bezug auf gangen werden. Für die Praxis bedeutet dies: Maxi-
die Löslichkeit zu variieren, wurden einige Methyl- mal einmal täglich kurz duschen, eventuell sogar nur
gruppen der Silikone durch Phenylreste ausge- die Zonen reinigen, die durch Schweißabsonde-
tauscht. Es entstehen ethanollösliche und auch in rungen betroffen sind. Ein Vollbad ist nur einmal
verschiedensten organischen Lösungsmitteln lösli- wöchentlich kurz und nicht über 36 °C zu empfeh-
che Polyphenylmethylsiloxane (INCI: Phenyl Dime- len. Nach jeder Reinigung sollte der mit Wasser in
thicone), unter Erhalt aller anderen Eigenschaften. Berührung gekommene Körperbereich mit entspre-
6.4 · Hydrophile Phase und wässrige Lösungen
141 6

chenden Cremes gepflegt werden, die die ausgewa- Leitungswasser, Trinkwasser


schenen Stoffe wieder ersetzen. Leitungswasser muss bestimmten gesetzlichen An-
Ein ähnlicher Austrocknungseffekt könnte durch forderungen gerecht werden. Es gibt jedoch einen
O/W-Emulsionen entstehen, die in der wässrigen großen Spielraum im nicht toxischen Mineralstoff-
Phase keine Feuchthaltesubstanzen oder feuchtig- gehalt, der je nach Ort starken Schwankungen unter-
keitsspendenden Stoffe (7 Kap. 4.2) enthielten, weil liegt. Für die Kosmetik sind vor allem die zweiwer-
das Wasser nicht ausreichend in der Haut gebunden tigen Kationen von Interesse, wie Calcium und
werden kann. Magnesium. Diese verbinden sich mit einigen Kos-
Wasser ist somit gleichzeitig ein Hilfsstoff, der metikwirkstoffen oder Hilfsstoffen zu schwerlös-
hydrophile Stoffe in Lösung bringt und ein Wirk- lichen Verbindungen, die entweder in den Abfluss
stoff, der unserer Haut die nötige Feuchtigkeit lie- gespült werden oder auf der Haut einen stumpfen
fert. Film hinterlassen. Als typisches Beispiel wären hier
die Seifen zu nennen, die zusammen mit kalkhal-
Hydrophile Creme-Phase tigem Wasser zu schwerlöslichen Fettsäuresalzen
Wasser (INCI: Aqua) ist das am häufigsten verwen- reagieren, die nicht mehr ausreichend schäumen
dete Lösungsmittel in der Kosmetik. In O/W-Cremes und kaum noch Reinigungskraft besitzen. Soll Lei-
bildet es die äußere Phase, in W/O-Cremes die tungswasser für die Herstellung von Kosmetika ver-
innere. In Hydrogelen ist es der Träger des Gel- wendet werden, wäre dies nur bei sehr weichem,
gerüstes. Durch Wasserzusatz erhalten Cremes ein kalkfreien Wasser und vorherigem Abkochen, zu
geschmeidiges, weiches Aussehen und lassen sich empfehlen.
in der Regel besser auftragen als die wasserfreien
Salben, die auch als zu stark fettend empfunden Demineralisiertes Wasser
werden. Um die oben genannten Mineralsalze des Wassers zu
entfernen, können sie durch Ionenaustauscheranla-
Wässrige Lösungen gen zurückgehalten werden. Dieses Wasser besitzt
Wässrige Lösungen bestehen hauptsächlich aus dem einen entscheidenden Nachteil, es kommt mit sehr
Lösungsmittel Wasser, teilweise mit einem Zusatz hohen Keimzahlen aus diesen Anlagen heraus, da
von bis zu 40 % Alkoholen. Sie kommen vor allem als auf den feuchten Austauscherharzen ein Bakterien-
Gesichts-, Mund-, Rasier- und Haarwässer auf den wachstum begünstigt wird, selbst wenn die Anlage
Markt. Teilweise gibt es noch alkoholisch-wässrige einmal wöchentlich desinfiziert wird. Das Wasser
Fluide zum Einreiben des Körpers, gegen schwere müsste vor einer Verarbeitung in Kosmetika zu-
Beine, Muskelverspannungen und Wundliegen. nächst fünf Minuten gekocht werden, um einen
Haarsprays, Deodorantien und Insektenschutzmit- Großteil der Keime abzutöten, besser wäre eine Ste-
tel besitzen teilweise auch ein wässriges System als rilisation.
Grundlage.
Destilliertes Wasser
Destilliertes Wasser ist unmittelbar nach der Her-
6.4.1 Wasserqualitäten stellung so gut wie frei von Ionen und Keimen. Es ist
zur Herstellung von Kosmetika besser geeignet als
Wasser gibt es in unterschiedlichsten Qualitäten und demineralisiertes Wasser. Wird destilliertes Wasser
Reinheitsstufen. Für die Verarbeitung in Kosmetika längere Zeit gelagert, muss es vor Verwendung er-
sollte das Wasser möglichst frei von Keimen, Salzen neut aufgekocht werden.
und anderen Begleitstoffen sein. Dies kann durch
eine gute Destillationsanlage erreicht werden. Unten Gereinigtes Wasser DAB
werden verschiedene Wasserarten aufgeführt, die Gereinigtes Wasser nach DAB kann destilliertes
uns in der Pharmazie und Medizin begegnen. oder demineralisiertes Leitungswasser sein, welches
vor der Verwendung fünf Minuten abgekocht wer-
den muss.
142 Kapitel 6 · Pflegesysteme: ihr Aufbau und ihre Inhaltsstoffe

Tabelle 6.12. Quell- und Heilwässer mittel ausgewichen (. Tab. 6.13). Bevorzugt werden
kurzkettige ein- bis dreiwertige Alkohole, die in be-
Quelle Firma
stimmten Konzentrationen einen zusätzlichen kon-
Thermalwasser aus Vichy Vichy
servierenden Effekt ausüben und somit einen Zusatz
Cauterets-Wasser Galénic
Eau Thermale Avène Pierre Fabre von Konservierungsstoffen, die für wässrige Lösun-
La Roche-Posay La Roche-Posay gen sonst unerlässlich sind, ersparen helfen. Diese
Lösungsmittel können aber alle nicht unverdünnt auf
die Haut aufgetragen werden, da sie ausnahmslos zu
Wasser für Injektionszwecke DAB Reizungen oder einer Austrocknung führen würden.
Diese besondere Wasserqualität ist frei von Ionen, Alkohol, Ethylalkohol, Ethanol (INCI: Alcohol),
Keimen, Schwebstoffen und Pyrogenen. Sie wird für vergällt: (INCI: Alcohol denaturated). Die Mischungs-
Infusions- und Injektionslösungen und für Zuberei- verhältnisse von Wasser mit Ethanol werden in Vo-
tungen am Auge verwendet. Für die Verarbeitung in lumenprozent angegeben (%V/V). Ethanol >20 %
6 Kosmetika ist dieses Wasser nicht notwendig. wirkt konservierend, Ethanol >70 % wirkt desinfi-
zierend. Für Anwendungen im kosmetischen Bereich
Quellwässer werden Konzentrationen bis zu 30 % z. B. in Ge-
Einige Firmen verwenden für ihre Produkte spe- sichtswässern für fettige, unreine Haut verwendet.
zielle Quell- oder Heilwässer (. Tab. 6.12), die aber Da der Alkohol in Deutschland besteuert ist, gibt es
vor einer Aufarbeitung von Keimen befreit werden verschiedene Qualitäten und auch Preiskategorien
müssen. bei Alkohol. Für kosmetische Produkte, die nur auf
der Haut aufgetragen werden, reicht ein einfach ver-
gällter Alkohol aus. Das Vergällungsmittel ist nicht
6.4.2 Hydrophile Lösungsmittel hautschädigend, verhindert aber den Genuss dieses
Alkohols, wegen des extremen Geschmacks des Ver-
Für viele Substanzen besitzt Wasser nur eine mäßige gällungsmittels und ist somit auch billiger als der
Löslichkeit. In diesen Fällen wird auf andere Lösungs- Unvergällte.

. Tabelle 6.13. Hydrophile Lösungsmittel


andere Bezeichnung INCI-Bezeichnung Funktionen
Lösungsmittel hydrophil
Butylenglycol Butylene Glycol Hu, LM
Dipropylenglycol Dipropylene Glycol LM
Ethanol, Alkohol Alcohol LM
Ethoxydiglycol Ethoxydiglycol Hu, LM
Ethylacetat Ethylacetat LM
Glycerol Glycerin Hu, LM
Isopropanol Isopropyl Alcohol AS, LM
Macrogole PEG-4, 6, 8, 12, 32, 75, 90,150 Hu, LM
Polypropylenglycol(2)methylether PPG-2 Methyl Ether LM
Polypropylenglycol(3)methylether PPG-3 Methyl Ether LM
Propylencarbonat Propylene Carbonate LM
Propylenglycol Propylene Glycol Hu, LM
Triethylenglycol Triethylene Glycol LM
Terpentin (aus Pinus palustris) Turpentine LM
6.4 · Hydrophile Phase und wässrige Lösungen
143 6

. Form. 6.7. Polyethylenglycole

In vielen Produkten, in denen das Lösungsmittel 6.4.3 Lösungsvermittlung


verdunsten soll, wie Haargel und -spray, wird häufig
Ethanol durch den billigeren Isopropanol (INCI: Viele kosmetische Wirk- und Hilfsstoffe sind nicht
Isopropyl Alcohol) ausgetauscht, auch wenn sein Ge- wasserlöslich. Damit sie trotzdem in wässrigen Sys-
ruch intensiver, alkoholischer ist. Hier reichen schon temen verarbeitet werden können, gibt es einige
50 % zur Desinfektion aus. technologische Tricks, um dies zu bewerkstelligen.
Glycerin (INCI: Glycerin) und Propylenglycol Analoges gilt auch für lipophile Lösungsmittel und
(INCI: Propylene Glycol) sind die drei- und zweiwer- lipophobe Wirk- und Hilfsstoffe, auf die hier aber
tigen Alkohole des Propans. Sie sind in mehr als nicht weiter eingegangen wird.
20 %igen Verdünnungen konservierend. Ihre Ein- Möglichkeiten der Lösungsvermittlung:
satzkonzentrationen sollten aber 30 % nicht über- 4 Bildung von Salzen,
steigen, da sie stark hygroskopisch sind und der 4 Komplexbildung,
Haut Wasser entziehen, was zu starken Reizungen 4 Ausnutzung des Hydrotropie-Effektes,
führen könnte. Andererseits kann dieser Effekt in 4 Solubilisation.
niedrigen Konzentrationen positiv als Feuchthalte-
mittel oder Weichmacher von Emulsionen und Hy- Eine einfache, elegante Methode, Substanzen in eine
drogelen, genutzt werden (7 Kap. 4.2.2). wasserlösliche Form zu überführen, ist die Bildung
Polymere des Ethylenglycols (INCI: PEG) wer- eines Salzes. Dies ist aber nur möglich, wenn das
den ebenfalls in der kurzkettigen Form als Lö- Molekül basisch oder sauer reagierende Bereiche
sungsmittel benutzt. Hier werden die hydrophilen aufweist (. Abb. 6.6). Es entstehen Anionen oder
Eigenschaften durch die Etherbrücken begründet Kationen, die leicht von Wasser hydratisiert werden
(. Form. 6.7). Auch sie besitzen hygroskopische Ei- können.
genschaften, so dass nur geringe Konzentrationen Einige Substanzen reagieren mit speziellen Kom-
verarbeitet werden sollten. plexbildnern zu wasserlöslichen Verbindungen, wie
Zur Nomenklatur der Kettenlängen: Polyethy- z. B. Salicylsäure mit Benzoesäure. Diese Art der Lö-
lenglycole (PEG) oder nach DAB Macrogole sind sungsvermittlung wird eher in der Medizin als der
Polymerisationprodukte, deren Polymerisationsgrad Kosmetik eingesetzt. Da es nur bei einigen wenigen
und Verbindungen in unterschiedlicher Art und Stoffen gesundheitlich unbedenkliche Komplexe
Weise angegeben werden kann. gibt.
1. Die durchschnittliche Anzahl von Molen für die Mit kurzkettigen, hydrophilen, organischen Ver-
Ethoxylierung entspricht in etwa der polymeri- bindungen, wie ein- bis dreiwertigen Alkoholen und
sierten Molekülanzahl, z. B. PEG 2. ihren Estern und Polymeren, kann – durch Lösen
2. Die durchschnittliche Molekularmasse der Kette, der Wasserstoffbrücken – die innere Struktur des
die zur Unterscheidung von der oberen Variante Wassers gestört werden. Die Oberflächenspannung
in Klammern gesetzt wird, z. B. PEG (100). wird geringer und hydrophobe Wirkstoffe können
3. Werden PEG-Ketten an Alkohole angehängt im Wasser gelöst werden. Es verliert etwas von seiner
(z. B. Emulgatoren, 7 Kap. 5) wird an die Stamm- Hydrophilie. Dieses Stoffphänomen wird als Hydro-
bezeichnung des Alkohols die Endung -eth an- tropie bezeichnet, dazu geeignet sind z. B. Ethanol,
gehängt und mit Bindestrich die Anzahl der PEG und Isopropanol. Diese Lösungsvermittlung
Mole des Ethylenoxids angegeben, z. B. Laureth-3 kann z. B. zur Lösung von ätherischen Ölen in Haar-
(Laurylalkohol verethert mit PEG 3). oder Gesichtswässern angewandt werden.
144 Kapitel 6 · Pflegesysteme: ihr Aufbau und ihre Inhaltsstoffe

. Abb. 6.6. Lösungsvermittlung durch Salzbildung

Soll die Verwendung von Alkoholen vermieden 6.5 Gele, Gelbildner und
werden, gibt es noch die Möglichkeit der Solubilisa- andere Viskositätserhöher
tion. Hierzu werden Tenside – in diesem Fall Solu-
bilisatoren – mit hohen HLB-Werten benötigt, die 6.5.1 Aufbau eines Geles
selbst gut wasserlöslich sind. Sie schließen die Subs-
tanz in Form von Mizellen ein. Dies sind kugelför- Gele sind disperse Systeme. Sie bestehen aus einem
mige Gebilde aus Tensidmolekülen, in deren Mitte Lösungsmittel (Dispersionsmittel) und einer Fest-
das lipophile Molekül sitzt, nach außen sind die hy- stoffphase (disperse Phase). Die Feststoffe (Gelbild-
drophilen Enden des Tensidmoleküls orientiert und ner) sind lyophil (lösungsmittelfreundlich), werden
diese werden von Wasser hydratisiert. Die Mizellen durch das Lösungsmittel solvatisiert und bilden in
sollten nur so groß sein, dass eine klare oder maxi- ihm ein zusammenhängendes dreidimensionales
mal opaleszierende (kolloidale) Lösung entsteht. Als Netzwerk. Diese Struktur der inneren Phase entsteht
Solubilisatoren eignen sich alle Tenside, die gut durch Nebenvalenzen, wie Wasserstoffbrücken und
wasserlöslich und flüssig sind, und bei längerem van der Waals-Kräfte zwischen den einzelnen
Verbleib auf der Haut nicht reizend wirken. Zur An- Feststoffmolekülen. Das Lösungsmittel ist in dieses
wendung kommen vor allem neutrale Emulgatoren Netz eingebettet und je nach Festigkeit der Neben-
(7 Übersicht 6.4). valenzen des Gelbildners, mehr oder weniger stark
fixiert. Ein Gel kommt in der Vorstellung einem mit
Wasser voll gesaugtem Schwamm sehr nahe, wobei
Übersicht 6.4. Solubilisatoren der Schwamm das Gelgerüst darstellt. Solche dis-
persen Systeme, in denen beide Phasen ein zusam-
Macrogol-Sorbitan-Fettsäureester menhängendes, ineinander verwobenes Netz bilden,
Macrogolfettsäureester sind bikohärent.
Macrogolfettalkoholether Ein Gel besteht nach DAB aus einem Lösungs-
mittel und einem Gerüst- oder Gelbildner. Für die
kosmetische und dermatologische Anwendung ist es
wichtig, dass ein Gel streichfähig ist und sich leicht
auftragen lässt. Das bedeutet, dass die Bindungen
zwischen den Molekülen des Gelbildners nicht zu
6.5 · Gele, Gelbildner und andere Viskositätserhöher
145 6

fest sein dürfen, so dass sie durch mechanische Ein- Weitere Einsatzbereiche für Hydrogele sind
wirkung (z. B. einmassieren) zerstört werden kön- Dusch- und Badegele, Haargele und Gesichtsmasken.
nen. Genauso darf die Lyophilie des Gerüstbildners
zum Lösungsmittel nicht zu groß sein, damit die Hydrodispersionsgele oder emulgatorfreie
eingeschlossene Flüssigkeit noch in bestimmten Be- Emulsionen
reichen beweglich bleibt und ein Verstreichen auf In den letzten Jahren wurde verstärkt nach Möglich-
der Haut ermöglicht. Ein Beispiel für ein sehr festes keiten gesucht, emulgatorfreie Emulsionen herzu-
Gel, das nicht mehr streichfähig ist und auch durch stellen, da das vermehrte Auftreten von Irritationen
mechanische Einwirkung nicht flüssiger wird, ist gegen echte Emulgatoren beobachtet wurde. Bevor-
Kautschuk. zugt tritt dies in Kombination mit bestimmten Lipi-
Ideale Gele werden durch Schütteln, Rühren den und Sonnenlicht auf. Es wurden sogenannte
oder Verreiben flüssiger und können einfach ent- Hydrodispersionsgele oder Pickering-Emulsionen
nommen und angewendet werden. Sie gehen vom entwickelt.
Gel in den Solzustand über. In Ruhe sollte sich das Zur Bildung eines Hydrodispersionsgels werden
Gel zügig wieder verfestigen, um eine Fixierung der Polymere eingesetzt (7 Übersicht 6.5), die sowohl
Wirkstoffe im Gelgerüst zu sichern und einer Tren- lipophile als auch hydrophile Bereiche enthalten. Sie
nung der Phasen entgegenzuwirken. Dieses Phäno- lagern sich als Film an die Grenzfläche zwischen
men: »Gel-Sol-Gel-Zustand durch mechanische Wasser- und Ölphase an. Die lipophilen und hydro-
Kraftwirkung« wird Thixotropie genannt. philen Gruppen richten sich dabei zur jeweiligen
Steht ein Gel sehr lange, kann es zu einer extre- Phase hin aus, was einige Zeit benötigt. Durch die
men Verdichtung des Gelgerüstes kommen und räumliche Anordnung der Polymere an der Phasen-
die Flüssigkeitsphase tritt teilweise aus. Dieser Vor- grenze entsteht eine sterische Stabilisierung, die
gang nennt sich Synärese, häufig zu beobachten bei eine Koaleszenz verhindert. Es entstehen sehr stabile
Joghurt. Durch Rühren, Schütteln oder Erwärmen Wasser-in-Öl-Gele. Die Polymere stammen aus der
lässt sich dieser Vorgang teilweise wieder beheben. Gruppe der Gelbildner (. Tab. 6.14). Werden den

Hydrogel
Die meisten in der Kosmetik und Dermatologie ver- Übersicht 6.5. Polymere für Hydro-
wendeten Gele sind sogenannte Hydrogele und ent- dispersionsgele
halten Wasser als Dispersionsmittel und einen oder
mehrere Gelbildner. Sie sind meistens klar und Eiweiße:
durchsichtig. Gele neigen zu schnellem Austrock- Albumin
nen, durch Verdunstung des Wassers, weshalb es Casein
sich empfiehlt, sie in Tuben abzufüllen. Damit die Gelatine
Austrocknung verzögert wird und das Gel weich Kollagen-Hydrolysate
bleibt, werden ihm Feuchthaltemittel, wie Glycerin
und Sorbit zugesetzt. Da Hydrogele zu einem großen Celluloseether:
Prozentsatz aus Wasser bestehen, müssen sie auch Methylcellulose
vor einer Verkeimung geschützt werden. Es werden Hydroxypropylmethylcellulose
deshalb Konservierungsstoffe, Alkohole oder andere
antimikrobielle Substanzen eingearbeitet. Hydrogele Polysaccharide:
besitzen auf der Haut einen erfrischenden, kühlen- Arabisches Gummi
den Effekt, aufgrund der Verdunstungskälte des
Wassers. Ein beliebter Einsatzbereich ist somit die synthetische Polymere:
Sonnenkosmetik (Sonnenschutzgele, After-Sun- Siloxane
Gele). Sonnenschutzgele können lipid- und emulga- Polyacrylate
torfrei hergestellt werden, was bei einer Mallorca- Poloxamere
Akne von Vorteil ist (7 Kap. 8).
146 Kapitel 6 · Pflegesysteme: ihr Aufbau und ihre Inhaltsstoffe

. Tabelle 6.14. Gelbildner


andere Bezeichnungen INCI-Bezeichnung Funktionen
organische, native Gelbildner
Polypeptide
Gelatine Gelatin GB
Kollagenhydrolysat Hydrolyzed Collagen ASt, FB, FS, GB, HP

Polysaccharidderivate
Alginsäure Alginic Acid BM, GB
Carrageen Carrageenan BM, Est, GB
Hyaluronsäure Hyaluronic acid FS, GB
mikrokristalline Cellulose Microcrystalline Cellulose Abs, Est, GB, TM
Algin Natriumalginat BM, GB
6 Pektin
Tragacantha
Pectin
Astragalus gummifer
BM, Est, GB
GB
Xanthan Gummi Xanthan Gum BM, Est, GB
Stärken
Kartoffelstärke Solanum tuberosum GB
Maisstärke Zea mays GB
Reisstärke Oryza sativa GB
Weizenstärke Triticum vulgare GB
organische, halbsynthetische Gelbildner
Celluloseether
Carboxymethylcellulose Cellulose gum BM, Est, FB, GB
Cetyl Hydroxyethylcellulose Cetyl Hydroxyethylcellulose FB
Ethylcellulose Ethylcellulose BM, Est, FB, GB
Hydroxyethylcellulose Hydroxyethylcellulose BM, Est, FB, GB
Hydroxypropylcellulose Hydroxypropylcellulose BM, Est, FB, GB
Hydroxypropyl Methylcellulose Hydroxypropyl Methylcellulose BM, Est,FB, GB
Methylcellulose Methylcellulose BM, Est, GB
Methyl Hydroxyethylcellulose Methyl Hydroxyethylcellulose GB
Sonstige
Desamidokollagen Desamido Collagen FB
Dextransulfate Dextran Sulfate FB
Dextrin Dextrin Abs, BM, GB
Hydroxypropyl Guar Hydroxypropyl Guar ASt, BM, FB, GB
Propylenglycolalginat Propylen Glycol Alginate BM, GB
Sodium Carboxymethyl Betaglucan Sodium Carboxymethyl Betaglucan BM, GB
synthetische Gelbildner
Polyacrylate
Acrylates/C10–30 Alkyl-Acrylat Copolymer Acrylates/C10–30 Alkyl-Acrylate Crosspolymer FB
Acrylat Copolymer Acrylates Copolymer ASt, BM, FB
Acrylat Crosspolymer Sodium Polyacrylate GB
Carbomer Polyacrylsäure Est, GB
Carbomer 910 Polyacrylicacid BM, Est, FB, GB
Glycerylpolyacrylate Glyceryl Polyacrylate FB
Natriumpolyacrylat Sodium Carbomer GB
Natriumpolymethacrylat Sodium Polymethacrylate BM, Est, FB, GB
Polyacrylsäureamid Polyacrylamide ASt, BM, FB
6.5 · Gele, Gelbildner und andere Viskositätserhöher
147 6

. Tabelle 6.14 (Fortsetzung)


andere Bezeichnungen INCI-Bezeichnung Funktionen
Polyvinylpyrrolidone/PVP
Polyvinylpyrrolidon PVP ASt, BM, Est, FB
PVP/Eicosene Copolymer PVP/Eicosene Copolymer ASt, BM, FB, GB(O)
PVP/Hexadecen Copolymer PVP/Hexadecene Copolymer ASt, BM, FB, GB
PVP/VA Copolymer PVP/VA Copolymer ASt, BM, FB
Tricontanyl PVP Tricontanyl PVP FB, FS
Sonstige
Elfacos e 200 Methyoxy PEG-22/Dodecyl-Glycol Copolymer Est, GB
Polybuten Polybutene BM, GB(O)
Polyethylen Polyethylene Abr, BM, FB, GB(O)
Polyquarternium div. Nr. Polyquaternium div. No. ASt, FB
Polyvinylacetat Polyvinyl Acetat ASt, BM, Est, FB
Polyvinylalkohol Polyvinyl Alcohol FB, GB
PVM/MA Copolymer PVM/MA Copolymer ASt, BM, Est, FB, Mpf
PVM/MA Decadiene Crosspolymer PVM/MA Decadiene Crosspolymer BM, GB(O)
Stearalkonium Hectorite Stearalkonium Hectorite GB
Vinylcaprolactam/PVP/Dimethylamino- Vinylcaprolactam/PVP/Dimethyl-aminoethyl FB
ethyl Methacrylate Copolymer Methacrylate Copolymer
anorganische Gelbildner
Bentonit Bentonite Abs, Est, GB
Hektorit Hectorite Abs, GB
Kieselgur Silica Abr, Abs, GB, TM
Kieselsäure Hydrated Silica Abr, Abs, GB, TM
Montmorillonit Montmorillonite Abs, Est, GB
Veegum Magnesium Aluminium Silikat Abs, GB, TM

oben beschriebenen Hydrodispersionsgelen echte weiter genutzt zu werden, weshalb diese Emul-
Emulgatoren zugesetzt, verdrängen diese aufgrund sionstypen auch Pickering-Emulsionen genannt
der großen Affinität zur Grenzfläche die Polymere, werden.
die in diesem Fall nur noch als Viskositätserhöher
der wässrigen Phase fungieren.
Eine andere Möglichkeit, die Grenzflächenspan- Übersicht 6.6. Feststoffe für Hydro-
nung zu verringern, ist der Einsatz von hochdisper- dispersionsgele
sen Feststoffen (7 Übersicht 6.6), die sowohl eine
Affinität zur Lipidphase als auch zur Wasserphase O/W dirigierend:
besitzen. Die Affinitäten sollten dabei unterschied- hochdisperses Siliciumdioxid
lich gewichtet sein. Die Phase mit der größeren Af- Bentonit
finität wird die äußere Phase analog zur Bancroft- Veegum
Regel. Die Feststoffpartikel bilden eine dichte Pa-
ckung um jeden Tropfen der inneren Phase und W/O dirigierend:
verhindern dadurch ein Koaleszieren. Es konnte bei Aluminiumoxid
der Herstellung beobachtet werden, dass die Fest- Magnesiumoxid
stoffe eine Korngröße von 1/100 < × < 1/10 der ge- Magnesiumtrisilikat
wünschten Tropfengröße der inneren Phase besit- Kohle
zen. Dieses Phänomen wurde schon vor längerer kristalline Fettalkohole
Zeit von Pickering entdeckt, ohne technologisch
148 Kapitel 6 · Pflegesysteme: ihr Aufbau und ihre Inhaltsstoffe

Hydrodispersionsgele oder Pickering-Emul-


sionen können den Ansprüchen entsprechend für Übersicht 6.7. Systematik der Gelbildner
jeden Hautzustand zusammengestellt werden, nicht
nur für den fett-feuchten Hautzustand wie die reinen organische Makromoleküle
Hydrogele. Es ist auch möglich ausreichende Men- Schleimstoffe
gen an Lipiden einzuarbeiten oder sogar Lipide als Eiweiße
äußere Phase zu bestimmen, was das Anwendungs- Polysaccharide
spektrum beliebig erweitert. Polysaccharidderivate
organische halbsynthetische Polymere
Oleogel Celluloseether
Ein Oleogel besteht analog zum Hydrogel aus einem Celluloseester
lipophilen Lösungsmittel und entsprechenden Gel- organische synthetische Polymere
bildnern. Als Gelbildner eignen sich hierfür haupt- Polyacrylate
6 sächlich Silikate in hohen Konzentrationen von PVP
5–10 %. Diese Gele fühlen sich auf der Haut aber Polyvinylalkohole
eher rau und unangenehm an. Sie haben in der Kos- anorganische Verbindungen
metik keine Bedeutung. Um flüssige Lipide in ihrer Silikate
Viskosität zu erhöhen, werden Konsistenzgeber der Magnesium/Aluminium-Silikate
gleichen Stoffklasse, wie das flüssige Lipid, einge-
setzt (z. B. Jojobaöl und Cetylpalmitat; Sonnenblu-
menöl und Sheabutter/Kakaobutter). In den gale-
nischen Lehrbüchern zählen diese Zubereitungen Organische, natürliche Quellstoffe
ebenfalls zu den Gelen aufgrund ihres rheologischen Gelatine (INCI: Gelatina): Das aus Knochen, Knor-
Verhaltens und ihres inneren Aufbaus. Sie entspre- pel, Haut, Sehnen und Bindegewebe gewonnene
chen aber nicht der DAB-Definition für Gele. Kollagen wird Gelatine genannt. Sie bildet schon in
geringen Konzentrationen sehr formbeständige,
elastische Gele, die sich nur noch sehr schwer auf
6.5.2 Gelbildner der Haut verteilen lassen. Sie wird vor allem als Hül-
lenmaterial für Badeperlen – ähnlich den Weich-
Gelbildner, auch Quellstoffe genannt, sind Substan- gelatinekapseln – verwendet.
zen, die vom Lösungsmittel solvatisierbar sein müs- Hyaluronsäure (INCI: Hyaluronic acid) ist ein
sen und quellen können. Zwischen den Molekülen physiologischer Bestandteil der Gelmatrix in der
des Gelbildners müssen sich leichte Bindungen auf- Lederhaut und bewahrt der Haut ihre Elastizität.
bauen lassen, wie Wasserstoffbrücken und Van-der- Es handelt sich um ein Mucopolysaccharid, wel-
Waals-Wechselwirkungen. Nur dadurch kann sich ches schon in Konzentrationen von 1 % elastische
ein möglichst bewegliches dreidimensionales Gerüst Gele mit Wasser bildet. Es wird aber aufgrund
aufbauen. Es handelt sich meistens um lineare oder seines hohen Preises nur als feuchtigkeitsbinden-
verzweigte Makromoleküle in kolloidalen Dimen- der Wirkstoff in Konzentrationen ab 0,1 % verar-
sionen, die Molekülkolloide bilden. Eine Ausnahme beitet.
sind bestimmte Silikate, wie Aerosil und Bentonit, Alginate (INCI: Algin, Alginic acid): Der Schleim-
die teilweise auch als Quelltone bezeichnet werden. stoff Alginsäure wird aus Braunalgen gewonnen.
Eine Einteilung der Gelbildner ist in 7 Übersicht 6.7 Es ist ein saures Polysaccharid aus Mannuron- und
zu finden. Viele Gelbildner können auch als Anti- Galuronsäure. Zur Anwendung kommen vor allem
statika, Absorbentien, Bindemittel und Filmbildner die Natrium-, Kalium- und Ammoniumsalze der
eingesetzt werden (. Tab. 6.14). Alginsäure in einer Konzentration von 3–6 %. Durch
den Säurecharakter und die negativen Ladungen
im Makromolekül reagieren Alginate auf Elektro-
lytzugabe empfindlich.
6.5 · Gele, Gelbildner und andere Viskositätserhöher
149 6

Traganth (INCI: Astragalus gummifer) ist ein bild der Zubereitung kann man erkennen, dass
Gummi, der aus der Rinde von Astragalusarten er- Stärke verarbeitet wurde (. Tab. 6.14).
halten wird. Es ist keine einheitliche, standardisierte Cellulose ist ebenfalls ein Polysaccharid aus
Substanz. Sie besteht aus einem Gemisch von Traga- Glucose, doch sind diese im Gegensatz zur Stärke
canthin, Bassorin und wenig Stärke und Cellulose. β-verknüpft. Sie wird als Gelbildner eher selten in
Tragacanthin und Bassorin sind gemischte Polysac- der mikrokristallinen Form verwendet, da ihre Quell-
charide, Stärke und Cellulose sind homologe Poly- fähigkeit gering ist. Sie wird vielmehr zu Cellulose-
saccharide. Tragacanthin enthält den Baustein Ga- ethern weiterverarbeitet.
lacturonsäure, wodurch das Gemisch elektrolyt-
empfindlich reagiert. In einem Massenverhältnis Organische, halbsynthetische Gelbildner
von 1 Teil Traganth und 10 Teilen Wasser bilden sich Hier handelt es sich um natürliche Makromole-
streichfähige Zubereitungen. küle, die durch Veresterung oder Veretherung
Xanthan Gummi (INCI: Xanthan gum) ist ein in ihrer Gelbildungsfähigkeit verbessert werden
anionisches, gemischtes Polysaccharid, welches (. Tab. 6.14).
durch Fermentation von Kohlenhydraten durch
Xanthomonas compestris (Keime) entsteht. Das Celluloseether
Polysaccharid besteht aus einer Glucosekette mit Die Celluloseether entstehen durch Veretherung der
Trisaccharidseitenketten, die alternierend aus An- freien OH-Gruppen der verknüpften Glucosebau-
hydroglucose, Glucuronsäure und Mannose zusam- steine mit Methyl-, Propyl-, Ethyl-, Hydroxypropyl-,
mengesetzt sind. Als endständige Zucker sind Pyru- Hydroxymethyl- oder Hydroxyethylgruppen. Je
vatketale zu finden. Letztere sind eine chemische nachdem welche Substituenten eingebaut werden
Besonderheit, die zur Qualitätsbestimmung und und je nachdem wie viele der drei freien OH-
Identitätsprüfung des Xanthan Gummis herange- Gruppen einer Glucose verethert werden, werden
zogen werden. unterschiedliche Qualitäten von Celluloseethern
Pektin (INCI: Pectin): In säurehaltigen Früchten synthetisiert. Diese verschiedenen Produkttypen
wie Äpfeln und den Schalen der Citrusfrüchte ist sind nur für die Entwicklung und Herstellung von
Pektin enthalten. Es ist ein saures Polysaccharid, Gelen interessant. In der Deklaration der Kosme-
bestehend aus Galakturonsäure, die teilweise mit tika werden keine weiteren Qualitätsangaben ge-
Methylgruppen verestert ist. Es besitzt ein ausge- macht.
prägtes Geliervermögen.
Stärke ist ein Polysaccharid, welches aus α-ver- Organische, synthetische Gelbildner
knüpften Glucosebausteinen besteht. Es gibt eine Es sind synthetisch hergestellte Makromoleküle
lineare Variante, die Amylose, und eine verzweigte, (. Form. 6.8, . Tab. 6.14), die durch Polymerisati-
das Amylopektin. Da die Stärken aus Pflanzen isoliert on von Acrylsäure, Acrylsäureestern, Acrylsäure-
werden, wird unter »Bestandteile« auf den Kosme- amiden, Vinylpyrrolidon und Vinylalkohol herge-
tika wiederum nur der botanische Name nach Linné stellt werden. Es entstehen hautverträgliche, ungif-
zu finden sein, ohne Angabe des Pflanzenbestand- tige Zubereitungen. Durch die Größe der Moleküle
teils. Nur durch Erfahrung und das Erscheinungs- besteht auch nicht die Gefahr einer Resorption.

. Form. 6.8. Synthetische, organische Gelbildner Polyacrylsäure, Polyvinylalkohol, Polyvinylpyrrolidon


150 Kapitel 6 · Pflegesysteme: ihr Aufbau und ihre Inhaltsstoffe

. Tabelle 6.15. Viskositätserhöhende Stoffgruppen


Dt. Bezeichnung INCI-Bezeichnung Funktion
VERDICKUNGSMITTEL
Seifen
Aluminium/Magnesiumhydroxid, Stearat Aluminium/Magnesium Hydroxid, Stearat Est
Magnesiumstearat Magnesium Stearate Fa, PG, VD
Zinkricinoleate Zinc Ricinoleate TM, Deo
Salze
Aluminiumoxid Alumina GB, Sfm, TM
Ammoniumchlorid Ammonium Chloride Pu, VD
Magnesiumsulfat Magnesium Sulfate VD
Kaliumchlorid Potassium Chloride VD
6 Natriumchlorid Sodium Chloride VD
Macrogolderivate
PEG-120 Methyl Glucose Dioleate Macrogol-120 Methylglucosedioleat E, VD
Konsistenzgeber (Beispiele)
weißes Bienenwachs Cera alba E, Emo, FB, Kg
Candellilawachs Candelilla cera E, Emo, FB, Kg
Carnaubawachs Carnauba E, Emo, FB, Kg
Cetylpalmitat Cetyl palmitate Emo, Kg
Kakaobutter Theobroma cacao Emo,
Palmkernfett Elaeis guineensis Emo, Kg
hydriertes Ricinusöl Hydrogenated Castor Oil Emo, E, Kg
Sheabutter Butyrospermum parkii Emo, Kg

Eine eigene große Gruppe sind die Poloxamere 6.5.3 Weitere viskositäts-
(. Abb. 6.3). Sie sind Gelbildner, Emulgator und erhöhende Stoffe
Hydrodispersionspolymere. Jedem Poloxamer wird
eine dreistellige Zahl zugefügt. Die beiden ersten In einigen Büchern und Nachschlagewerken wer-
Ziffern mit 100 multipliziert, drücken das durch- den alle Substanzen, die die Viskosität erhöhen, als
schnittliche Molekulargewicht des Polypropylen- Viskositätserhöhende Stoffe oder Verdickungsmittel
anteils des Poloxamers aus. Die dritte Ziffer mit 10 bezeichnet. Wer sich nicht festlegen will, nennt sie
multipliziert, entspricht dem Gewichtsprozentgehalt einfach Stabilisatoren oder Viskositätsregulatoren.
des Polyoxyethylenanteils des Moleküls. Diese umfangreiche, chemisch wie physikalisch
sehr heterogene Gruppe kann zum leichteren Ver-
Anorganische Gelbildner ständnis der Zusammenhänge in unterschiedliche
Zu dieser Gruppe zählen das hochdisperse Silicium- Stoffklassen eingeteilt werden (. Tab. 6.15).
dioxid und das Bentonit, ein Aluminiumsilikat. Ein
Gelgerüst bildet sich durch Wasserstoffbrückenbil- Viskositätserhöhende Stoffgruppen:
dung zwischen dem Lösungsmittel und den Sila- Gelbildner, Quellstoffe sind quellfähige Makromole-
nolgruppen der beiden Mineralien. Zur Herstellung küle oder Silikate natürlichen, halbsynthetischen
von Hydrogelen werden große Mengen der beiden oder synthetischen Ursprungs, die ein Gelgerüst in
Substanzen benötigt. Durch den hohen Feststoffan- einer Flüssigkeit durch Solvatisierung derselben bil-
teil der Gele fühlen sie sich rau an, weshalb andere den (7 Kap. 6.5.2).
Gelbildner bevorzugt werden (. Tab. 6.14). Konsistenzgeber werden halbfeste oder feste Li-
pidkomponenten genannt, die die Viskosität einer
Lipidphase erhöhen. Es erfolgt eine Schmelzpunkt-
6.6 · Zusatzstoffe und Wirkstoffe in Hautpflegeprodukten
151 6

erhöhung des entstandenen Gemisches aus flüssigen stark hygroskopisch reagieren und pur auf der
und festen Lipiden (7 Kap. 6.2.8). Haut durch den Wasserentzug zu einer starken
Koemulgatoren sind schwache bis sehr schwache Reizung führen. Reine PEG-Wasser-Grundla-
W/O-Emulgatoren aus der Gruppe der Glyceride, gen werden nur in der Medizin verwendet. In
der Macrogolverbindungen oder der Fettalkohole. der Kosmetik werden PEG immer in Kombina-
Es sind Stoffe mit einer wachsartigen oder halbfesten tion mit anderen Stoffen verarbeitet. Sie können
Konsistenz. Deshalb wirken sie einerseits wie ein je nach Kettenlänge zur Viskositätserhöhung
schwacher Emulgator und andererseits wie ein Kon- oder -erniedrigung herangezogen werden.
sistenzgeber (7 Kap. 6.2.5).
Neutrale Emulgatoren, sind häufig pulvrig oder
fest, dadurch bekommen sie eine zweite wichtige 6.6 Zusatzstoffe und Wirkstoffe
Funktion. Sie erhöhen gleichzeitig die Konsistenz in Hautpflegeprodukten
der Emulsion.
Verdickungsmittel sind meistens Stoffe, die nor- 6.6.1 Zusatzstoffe
malerweise eine andere Funktion besitzen, günsti-
gerweise aber gleichzeitig noch eine Viskositätser- In Hautpflegeprodukten wird die gesamte Band-
höhung erzeugen. In einigen Fällen zeigt sich diese breite der stabilisierenden, parfümierenden und
Eigenschaft auch nur bei ganz bestimmten Stoff- färbenden Zusatzstoffe, die im Einzelnen genau in
kombinationen (z. B. Natriumlaurylsulfat (Tensid) 7 Kap. 3 beschrieben sind, genutzt. Im Folgenden
verdickt mit Kochsalz). Zum besseren Überblick sollen die Probleme der Emulsionen, Salben, Gele
werden die Verdickungsmittel nochmals in che- und Lösungen und deren Beeinflussung kurz zu-
misch unterschiedliche Stoffgruppen unterteilt. sammengefasst werden.
4 Seifen, Salze der Fettsäuren mit Alkalikationen 4 In den meisten oben genannten Zubereitungen
bilden zusammen mit Alkohol oder Ölen glasige ist mehr oder weniger Wasser enthalten. Es ist
Gele, sie zählen zu den eher hautunverträgli- ein idealer Nährboden für Mikroorganismen,
chen Waschrohstoffen. Salze mit zweiwertigen deshalb müssen alle Zubereitungen, die Wasser
Kationen bilden schwerlösliche Metallseifen, die enthalten, ausreichend konserviert oder ander-
zur Verdickung, als Pudergrundlage, zur Farb- weitig stabilisiert sein (7 Kap. 3.1), z. B. durch
gebung oder als Trübungsmittel eingesetzt Konservierungsstoffe, 20–30 % Alkohol oder
werden. Glycerinzusatz.
4 Waschrohstoffe, Tenside sind teilweise dickflüs- 4 Lipidhaltige Präparate, deren Alkylkomponen-
sig, wodurch sich die Zugabe eines Gelbildners ten viele ungesättigte Bindungen enthalten, müs-
zur Herstellung eines Duschgels erübrigt. sen vor einer Oxidation durch Sauerstoff mit
4 Salze, wie Natriumchlorid oder Kaliumchlorid, Antioxidantien geschützt werden, damit das Li-
die normalerweise zur Regulation des osmo- pid nicht ranzig wird. Für den gleichen Zweck
tischen Drucks in wässrigen Zubereitungen ein- werden Komplexbildner eingesetzt, um Metall-
gesetzt werden, können in Kombination mit kationen effektiv zu binden, die eine Autoxida-
einigen Tensiden (z. B. Natriumlaurylsulfat) als tion der Fette beschleunigen.
Verdickungsmittel wirken. 4 Puffer und pH-Regulatoren stellen den physio-
4 Macrogole (Polyethylenglykole, PEG) und einige logischen pH-Wert von 5,0–6,5 ein.
ihrer Derivate werden zur Verdickung wässriger 4 Getönten Tagescremes werden Farbstoffe, für
Systeme eingesetzt. PEG ändern ihre Viskosität einen frischen gleichmäßigen Teint zugesetzt.
mit der Kettenlänge; Kurzkettige sind flüssig, 4 Parfumstoffe kommen nur des Wohlgeruchs
Mittelkettige halbfest und Langkettige fest bis wegen hinzu, als Wiedererkennungsmerkmal
spröde. Sie können untereinander so kombiniert oder um einen unangenehmen Geruch zu über-
werden, dass streichfähige, hydrophile Zuberei- spielen. In der Apothekenkosmetik wird immer
tungen erhalten werden. PEG-Grundlagen müs- häufiger darauf verzichtet, um eine potente
sen immer mit Wasser verarbeitet werden, da sie Allergenquelle auszuschließen.
152 Kapitel 6 · Pflegesysteme: ihr Aufbau und ihre Inhaltsstoffe

6.6.2 Wirkstoffe erhalten oft auch Phantasienamen wie Balsame,


nicht zu verwechseln mit den botanisch definierten
Die kosmetische Wirkstoffpalette ist heutzutage Balsamen. Hinzu kommen heutzutage noch neue
sehr groß. Alle in 7 Kap. 4 besprochenen Substanz- technologische Errungenschaften, wie Hydrodisper-
klassen können in den verschiedenen Pflegeproduk- sionsgele, Liposomengele oder Nanoemulsionen.
ten dem Zweck und Hautzustand entsprechend Um die ganze Sache noch geheimnisvoller und ex-
kombiniert und eingesetzt werden. Zu berücksichti- klusiver klingen zu lassen, werden gerade bei teuren
gen ist als allgemeine Regel, dass alle wässrigen Zu- Kosmetiklinien noch französische oder englische
bereitungen Humectants (Feuchthaltesubstanzen) Bezeichnungen verwendet (. Tab. 6.16).
oder Feuchtigkeitsspender enthalten sollten, damit Es existiert keine einheitliche, bindende Defini-
die Haut nicht unnötig ausgetrocknet wird. Weitere tion, wie die Grundlagensysteme der Kosmetika zu
Empfehlungen dem Hautzustand entsprechend fin- benennen sind. Wir müssen uns bei einer Beratung
den sich in 7 Kap. 7. auf unsere Fremdsprachenkenntnisse, technologi-
6 schen Grundkenntnisse, die Deklaration der Kos-
metika und unser Einfühlungsvermögen den Wün-
6.7 Pflegepräparate schen des Kunden gegenüber verlassen.

6.7.1 Bezeichnungen
der Präparationen 6.7.2 Pflegeprodukte

Durch die Wahl der Lipidkomponenten, Emulga- Gesichtspflege


toren, Konsistenzgeber, Gelbildner und dem Men- Im Folgenden ist zu beachten, dass die Gesichtspfle-
genverhältnis von flüssigen (z. B. Wasser, Öle) zu ge den Hals und das Dekolleté mit einschließt, auch
festen Bestandteilen (z. B. Wachse, feste Fette) wird wenn sie nicht gesondert erwähnt werden, die Au-
die Phasenverteilung und die Charakteristika der un- genpflege aber einen eigenen Bereich darstellt.
terschiedlichen Formulierungen festgelegt. Cremes, Reinigungsmilchen oder -gele sind milde Rei-
Salben und Gele sind streichfähig, fest. Lotionen, nigungsprodukte auf Gel- oder O/W-Emulsions-
Milchen und Fluide dickflüssig, gießfähig. basis. Sie werden pur oder mit wenig Wasser mit
Nach dem DAB sind Salben im engeren Sinne kreisenden Bewegungen im Gesicht verteilt und
wasserfreie Zubereitungen, die nur aus einer Fett- anschließend mit einem Wattebausch abgenommen
phase bestehen, die Emulgatoren enthalten kann. und eventuell mit Wasser nachgespült. Besonders
Eine Creme besteht nach dem DAB aus einer geeignet für empfindliche, trockene Hautzustände,
Wasser- und Fettphase mit den entsprechenden bei fettiger Haut nicht notwendigerweise ange-
Emulgatoren. Bildet Wasser dabei die äußere Phase, bracht.
entspricht dies einer hydrophilen oder O/W-Creme, Reinigungscreme oder -öl sind wasserarme
bildet Wasser die innere Phase, einer hydrophoben Cremes oder freie Öle, die einen hohen Emulgator-
oder W/O- Creme. (Im Kundengespräch und bei anteil besitzen. Sie lösen – aufgetragen auf dem Ge-
Firmen wird eine »fetthaltige« Creme (W/O-Creme) sicht – die Lipidbestandteile von Talg und Schminke
häufig Salbe genannt, eine O/W-Creme wird als und werden beim Abwaschen durch Wasser emul-
Creme bezeichnet.) Lotionen oder Milchen sind in giert. Sie eignen sich für trockene, empfindliche
der Regel O/W-Emulsionen. Doch kann sich hinter Haut.
der Bezeichnung Lotion auch eine wässrige Lösung Peelingcremes sind O/W-Emulsionen mit
verbergen, genauso wie Fluid für Emulsionen und einem Abrasivum. Je nach Hautzustand gibt es un-
wässrige Lösungen gleichermaßen verwendet wird. terschiedliche Schleifkörper. Sie werden nach einer
Der Begriff Öl ist ebenfalls nicht treffend definiert, Gesichtsreinigung mit kreisenden Bewegungen
auch hierunter verbirgt sich oft eine Emulsion und einmassiert, um Hautschüppchen zu entfernen,
kein reines fettes Öl mit lipophilen Wirkstoffen. Zu- anschließend werden sie mit Wasser abgewaschen.
bereitungen, die Öl in der äußeren Phase enthalten, Danach folgt die normale Pflege.
6.7 · Pflegepräparate
153 6

Masken sind Kurbehandlungen, die nicht täg- reifer oder Altershaut verwendet werden, oder bei
lich verwendet werden. Sie regenerieren die Haut stress- und umweltbedingten Hautreizungen, zur
sehr effektiv und sind besonders zu empfehlen, wenn Revitalisierung. Sie können ebenso wie die Nacht-
man sehr schnell schön und strahlend aussehen will. creme auch in einer dicken Schicht als Maske ver-
Es gibt verschiedenste Präparationen: Gele, die wendet werden.
trocknen und als Film abgezogen werden, zum Ent- Sera, Konzentrate, Ampullen sind Spezialprä-
fernen von Hautschüppchen, Emulsionen oder auch parate meistens gegen Fältchen, Hautalterung oder
Nachtcremes, die einige Minuten dick aufgetragen extrem trockene Haut. Es sind in der Regel Einzel-
auf der Haut verweilen und danach wieder entfernt dosisabpackungen ohne Konservierung. Sie werden
werden, und fettbindende Tonerdemasken, um nur kurmäßig über einige Wochen täglich aufgetragen,
einige Variationen zu nennen. Bei fast allen Masken- um die Haut wieder zu regenerieren und ihr in kon-
typen sollen immer die Augen- und Mundpartie zentrierter Form die nötigen Wirkstoffe zu liefern.
großzügig ausgespart werden. Danach erfolgt die Sie enthalten oftmals teure Substanzen, wie Cerami-
normale Pflege. de, Liposomen, Hyaluronsäure etc. Über diese Prä-
Gesichtswasser sind wässrige oder wässrig-al- parate muss immer noch die normale Tagespflege
koholische Lösungen, dem Hauttyp entsprechend. aufgetragen werden.
Sie werden nach einer Reinigung mit einem Watte-
bausch über dem Gesicht verteilt. Die Haut wird Augenpflege
dadurch erfrischt, belebt, Reste des Reinigungspro- Augenfaltencremes oder -gele sind spezielle
duktes werden entfernt, der pH der Haut wird wie- Cremes, die nicht ins Auge spreiten und – auch wenn
der hergestellt, bei fettiger, unreiner und aknegener sie ins Auge gelangen – nicht reizend sein dürfen.
Haut erfolgt eine Desinfizierung. Anschließend wird Die Grundlagen sind für die eher trockene Augen-
das Pflegepräparat aufgetragen. partie entwickelt und können bei jedem Hautzu-
Tagescremes sind Emulsionen, die als Pflege stand verwendet werden.
tagsüber aufgetragen werden, und als Make-up- Augenkompressen werden als einmalige Kur
unterlage. Sie enthalten verschiedenste kosmetische bei geröteten, geschwollenen, überanstrengten Au-
Wirkstoffe und häufig UV-Filtersubstanzen. Teilwei- gen zur Entspannung eingesetzt.
se gibt es sie in verschiedenen Nuancen getönt. Sie Make-up-Entferner sind meist ölige, emulga-
schützen die Haut vor Umwelteinflüssen, geben ihr torhaltige Lösungen, die das Augenmake-up ohne
Feuchtigkeit und hinterlassen keinen fettigen Glanz. viel reiben mit einem Wattepad entfernen. Sie sind
Nachtcremes sind eine Ergänzung zur Tages- ebenfalls nicht spreitend oder reizend am Auge.
pflege und werden nach einer gründlichen Reinigung
über Nacht aufgetragen. Sie sind in der Regel fett- Körperpflege
reicher als die Tagescreme und enthalten reichlich Ein Körperpeeling kann am ganzen Körper zur Ver-
regenerierende Wirkstoffe aber keine UV-Filter. Sie besserung der Durchblutung und zur Entfernung
wirken straffend und belebend und sollten vor allem der Hautschüppchen mit kreisenden Bewegungen
ab vierzig in das tägliche Pflegeprogramm aufgenom- auf dem Körper verteilt werden oder nur an be-
men werden. Einige Nachtcremes können auch mes- sonders beanspruchten Stellen, wie Ellenbogen und
serdick auf dem Gesicht verteilt, etwa 20 Minuten als Knie. Besonders zu empfehlen ist ein Peeling, wenn
revitalisierende Maske angewendet werden. eine Selbstbräunungscreme zum Einsatz kommen
Feuchtigkeitscremes sollen der Haut viele soll, damit die Bräunung gleichmäßig wird.
feuchtigkeitsspendende Wirkstoffe liefern. Diese Körpercremes, -lotionen oder Bodylotions
Produkte sind als Tagescremes oder auch als Unter- sind dünnflüssige O/W-Emulsionen, die sich leicht
lagen für ein Tagespflegeprodukt zu erhalten. Es ist verteilen lassen und schnell einziehen. Sie geben der
auf die Hinweise des Herstellers zu achten. Haut Feuchtigkeitsfaktoren zurück und stabilisieren
Intensivcreme, Nährcreme, Repair-Creme, den Haut-pH.
hinter diesen Produktbezeichnungen verbergen sich Körpersalben sind fettreich und sollen an be-
meist sehr lipidreiche Cremes, die vor allem bei sonders beanspruchten Stellen aufgetragen werden.
154 Kapitel 6 · Pflegesysteme: ihr Aufbau und ihre Inhaltsstoffe

Hautöle sind im Gegensatz zur Körperlotion Lippenpflegeprodukte sind als Stifte, Cremes
flüssige Lipidgemische, die für die trockene, sehr und Gele auf dem Markt. In der Regel werden was-
trockene und juckende Haut entwickelt wurden. serfreie Stifte bevorzugt, die entweder auf Fett-und
Gegen Cellulitis und Schwangerschaftsstrei- Wachs- oder Paraffinbasis aufgebaut sind. Zum
fen werden häufig die gleichen Präparationen ange- Schutz der Lippen sind Panthenol, Vitamin A und E,
boten. Es sind unterschiedlichste Grundlagen dafür Aloe vera, Kamille und UV-Filter beliebt. Aufgetra-
auf dem Markt. Sie werden meistens auf Po, Hüfte, gen werden sie nach Bedarf.
Bauch und Oberschenkel anstelle einer Körperloti-
on einmassiert. Die Wirkstoffzusätze sind teilweise
fragwürdig in ihrer Wirkung. 6.8 Vokabeltabelle kosmetischer
Beschriftungen in französisch,
Sonstige Körperbereiche englisch, deutsch
Hand- und Nagelpflegeprodukte sind O/W oder
6 W/O-Cremes. Bei leichter Austrocknung werden Viele Kosmetika erhalten französische oder eng-
mehrmals täglich oder nach jedem Händewaschen lische Bezeichnungen auf den Verpackungen oder
schnell einziehende O/W-Emulsionen aufgetragen. Gefäßen. Das Einsatzgebiet muss mühsam auf der
W/O-Cremes oder sehr fetthaltige Salben können Rückseite oder im Kleingedruckten gesucht werden.
auch über Nacht als Kur dick aufgetragen und durch Zum Teil trägt der Verbraucher selbst dazu bei, denn
einen Baumwollhandschuh abgedeckt, eingesetzt viele Firmen konnten ihre Absatzzahlen steigern,
werden. indem sie die einfachen deutschen Bezeichnungen
Fußpflegeprodukte sind häufig O/W-Cremes ins Französische oder Englische übersetzt haben,
mit desodorierenden Zusätzen oder durchblutungs- um so zu versuchen den Produkten einen Hauch von
fördernden, belebenden oder kühlenden Wirk- Exklusivität überzustreifen. Die nachstehende Ta-
stoffen. belle übersetzt wichtige Begriffe in die kosmetische
deutsche Entsprechung (. Tab. 6.16).

. Tabelle 6.16. Vokabeltabelle


französisch deutsch englisch
acide des fruits Fruchtsäuren fruit acids
acnéique Akne acne
adultes Erwachsene adult
age alters… -aging
age defense gegen Hautalterung anti-aging
anti- gegen anti-
antirides gegen Falten anti-wrinkle
apaisante beruhigend soothing
après nach, danach after
après solaire nach der Sonne after sun
autobronzante Selbstbräuner self tan
avec mit with
bain Bad bath
bain d’huile Badeöl bath oil
baume Balsam balm
baume mains Handbalsam hand balm
6.8 · Vokabeltabelle kosmetischer Beschriftungen in französisch, englisch, deutsch
155 6

. Tabelle 6.16 (Fortsetzung)


französisch deutsch englisch
bebé Babys baby
bouton Pickel pimples
bronzage protégé Bräunungsschutz protected tanning
cellules Zellen cells
cheveux Haare hair
concentré Konzentrat concentrate
contour des yeux Augenbereich eye contour
corporel, corps Körper body
cou Hals neck, throat
créme Creme cream
créme a raser Rasiercreme cream shave
créme de jour Tagescreme day cream
créme mains Handcreme hand cream
creme solaire pour le corps Sonnenkörpercreme body sun cream
créme solaire visage Sonnengesichtscreme facial sun cream
démaquillant yeux Augenmake-up Entferner eye make-up remover
démaquille, démaquillants abschminken remove s. o. make-up
déodorant Deodorant deodorant
douche Dusche shower
doux sanft, zart, weich gentle
eau Wasser water
écran total Sonnenblocker sun block
élasticité Elastizität, Spannkraft elasticity
éloigner Entferner remover
emulsion corps Körperemulsion body emulsion
enfants Kinder children
équilibrant regulierend balancing
états Zustand condition
exfoliante peelen, abblättern exfoliating
exfoliation Peeling exfoliation
femme Frauen woman, female
fréquent häufig, regelmäßig frequently
filtre Filter filter
fluid Fluid fluid
fluide hydratant Feuchtigkeitsfluid moisturizing fluid
gel Gel gel
gel aqueux Hydrogel Hydrogel
gel solaire Sonnengel sun gel
grasse, gras fettig greasy
homme Männer man, male
156 Kapitel 6 · Pflegesysteme: ihr Aufbau und ihre Inhaltsstoffe

. Tabelle 6.16 (Fortsetzung)


französisch deutsch englisch
huile Öl oil
hydratant befeuchtend, feuchtigkeitsspendend moisturizing, hydrating
impure unrein blemished
jambe Beine leg
joue Wangen cheek
jour Tag, tags day
lait Milch milk
lait corporel Körpermilch body milk
lait démaquillant Reinigungsmilch cleansing milk
6 lait solaire Sonnenmilch sun milk
le, la, les der, die, das the
lèvre Lippen lips
liposomes Liposomen liposoms
liposomal liposomenhaltig liposomal
lotion Lotion lotion
lotion après-rasage After-shave-Lotion post-shave lotion
mains Hände hands
maquiller schminken makeup
masque Maske mask
masqueré hydratant Feuchtigkeitsmaske rehydrating mask
matin Morgen, morgens morning
moiteur Feuchtigkeit moisture
nettoyant, nettoié reinigen, reinigend clean, purify
normale normal normal
nuit, soir Nacht, abends night, evening
nutri-réparateur aufbauend restructuring
ongle Nägel nail
onguent Salbe ointment
peau, derme Haut skin
peau mixte Mischhaut combination skin
pH neutre pH neutral pH neutral
photo-induit tageslichtbedingt photo-induced
pied Fuß, Füße foot, feet
pour für for
protection Schutz protection
protection solaire Sonnenschutz sun protection
prurit Hautjucken itching
purifiant reinigend, klärend purifying, clarifying
rajeunissant Verjüngung rejuvenation
refraichssant erfrischend refreshing
6.8 · Vokabeltabelle kosmetischer Beschriftungen in französisch, englisch, deutsch
157 6

. Tabelle 6.16 (Fortsetzung)


französisch deutsch englisch
reparer reparieren, wieder herstellen repair
resistant a l’eau wasserabweisend water resistant
ride Falte, faltig wrinkle
sal de bain Badesalz bath salts
sans ohne without
sans alcohol alkoholfrei alcohol-free
sans conservateur ohne Konservierungsmittel preservative-free
sans huile ölfrei oil-free
sans parfum ohne Parfum without perfum
savon Seife soap
savon liquide Flüssigseife soap liquid
sèche, secs trocken dry
sensible empfindlich sensitive
shampooing Schampoo shampoo
shampooing-crème Creme-Shampoo shampoo cream
soin Pflege care
soin contour des yeux Augenpflegecreme eye contour cream
soin des peaux Hautpflege skin care
soin filtre Lichtschutzfilter sun protection filter
soins teintes hydratants Feuchtigkeitspflege getönt moisture cream
soin visage Gesichtspflege skin care
soleil Sonne sun
squameux, pelliculaire schuppig scaly
teintes gefärbt coloured
tonifiant tonisierend toning
toutes alle all
tout jours jeder Tag all day
très sehr very
tres sèche sehr trocken very dry
usage Benutzung, Anwendung usage
usage fréquent regelmäßige, häufige Benutzung frequent usage
velours Samt, Zartheit velvet, softness, gentleness
visage Gesicht face, facial
vivifiante belebend vivifying
yeux Augen eye
7

7 Pflegeanleitungen
und Hautschutz
für den ganzen Körper
7.1 Pflege in Abhängigkeit vom Hautzustand – 160
7.1.1 Normaler Hautzustand – 160
7.1.2 Fett-feuchter Hautzustand – 162
7.1.3 Mischhaut – 163
7.1.4 Unreine Haut, Präakne und Akne – 164
7.1.5 Trocken-fettarmer Hautzustand – 165
7.1.6 Reife Haut – 170
7.1.7 Altershaut – 170
7.1.8 Empfindliche Haut – 172
7.1.9 Neurodermitis – 174
7.1.10 Psoriasis, Schuppenflechte – 176

7.2 Pflege der Baby- und Kinderhaut – 177


7.2.1 Die Babyhaut – 177
7.2.2 Kinderhaut – 179

7.3 Pflege der Haut während der Schwangerschaft – 179

7.4 Besondere Körperregionen und ihre Pflege – 180


7.4.1 Augenpartie – 180
7.4.2 Lippen – 182
7.4.3 Hände – 183
7.4.4 Füße – 185
7.4.5 Intimbereich – 186
7.4.6 Cellulitis – 186

7.5 Hautpflege im Winter – 191

7.6 Insektenschutz, Repellentien – 191


160 Kapitel 7 · Pflegeanleitungen und Hautschutz für den ganzen Körper

In weiten Teilen der Bevölkerung ist die Vorstellung 7.1 Pflege in Abhängigkeit
verbreitet, dass man in kurzer Zeit mit teurer Kos- vom Hautzustand
metik die Haut »aufpeppt«, anschließend jegliche
Pflege vergessen kann; »man hat ja mal was für sie 7.1.1 Normaler Hautzustand
getan«! Die Haut benötigt jeden Tag eine gutverträg-
liche, ausgewogene Pflege, den jeweiligen Bedürf- Charakteristika: Eher selten anzutreffen, vertreten
nissen der Haut und den äußeren Umständen ange- vom Kindesalter bis zum Alter von etwa 40 Jahren.
passt. Es ist wie mit unserem Körper, dem wir täglich Das Aussehen der Haut ist frisch, matt, ohne Unrein-
eine ausgewogene Ernährung zukommen lassen heiten und mit nur wenigen Falten.
müssen. Ohne Nahrung verhungern wir, bei schlech- Ziele der kosmetischen Anwendungen: Erhal-
ter Ernährung werden wir krank. Dieses Selbstver- tung des ausgeglichenen Hydrolipidmantels, keine
ständnis sollten wir auch auf den kosmetischen Be- unnötige Reizung, Schutz der Haut vor negativen
reich übertragen. Eine dauerhaft gepflegte, schöne äußeren Einflüssen. Vermeidung der Änderung des
Haut erreicht man nur durch eine fortwährende, Hautzustands durch inadäquate Reinigung und
angepasste Pflege. Pflege (Produkte: . Tab. 7.1).
7 An dieser Stelle soll das in den vorangegangenen
Kapiteln erworbene Wissen in die Praxis umgesetzt Reinigen
werden. Was können wir dem einzelnen Kunden Gesicht: Die Reinigung erfolgt mit O/W-Reini-
empfehlen? Welche Wirkstoffe sind im Kosmetikum gungsmilchen, die sanft in die Haut einmassiert und
wünschenswert? Welche Stoffe sollten eher gemie- anschließend mit einem Wattebausch oder Wasser
den werden? wieder entfernt werden. Syndets oder Waschloti-
Zunächst wird die alltägliche Gesichts- und Kör- onen, die sanfte Tenside und bevorzugt leicht saure
perpflege für die verschiedenen Hautzustände, häu- pH-Werte aufweisen, können ebenfalls zur Reini-
fig vorkommende Hautstörungen (Akne, Neuroder- gung herangezogen werden. Als Tensidgruppen
mitis) und die Altershaut behandelt. Es folgt die kommen in Frage: anionische Tenside (außer den
Pflege der jungen Haut vom Säuglings- bis zum Alkylsulfaten und Seifen), Betaine und neutrale
Teenageralter und die besonderen Veränderungen Tenside. Die tensidhaltigen Waschlotionen sind
der Hautpflege während der Schwangerschaft. Der sparsam zu dosieren und anschließend gründlich
Augen-, Lippen-, Hand- und Fußpflege und der abzuspülen, um eine Irritation der Haut zu verhin-
Cellulitis wird je ein eigenes Kapitel gewidmet, da dern. Seifen sind als Waschrohstoffe nicht geeignet.
gerade für diese Bereiche in der Apotheke häufig Ein einmaliges Peeling pro Woche ist angenehm
Spezialprodukte verlangt werden. Die Pflege der auf der Haut, wird aber häufiger nicht notwendig
Haare, Nägel und der Kopfhaut wird des Zusam- sein, da dieser Hauttyp wenig zu Abschuppungen
menhang wegen im 7 Kap. 9 besprochen. Dem und Unreinheiten neigt.
Sonnenschutz und der Bräunung wird das ganze Körper: Eine Reinigung erfolgt mit einem mil-
7 Kap. 8 gewidmet. den Syndet oder einem Duschgel, bevorzugt mit
(Die in diesem und auch in anderen Kapiteln als einem sauren pH-Wert. Ein Körperpeeling oder ein
Beispiele genannten Produktlisten erheben keinen Massagehandschuh können verwendet werden (vgl.
Anspruch auf Vollständigkeit. Sie sind nur eine bei- Gesichtsreinigung). Gegen ein Vollbad ist nichts ein-
spielhafte Auswahl der auf dem Markt befindlichen zuwenden. Ein Badezusatz mit leichten Rückfettern
Produkte ohne Wertung und ohne Garantie für ihre wäre vorzuziehen. Die Haut sollte anschließend ein-
Wirksamkeit und Verträglichkeit. Es wurden nur gecremt werden.
die Produkte berücksichtigt, von denen auf Anfrage
Informationen vom Hersteller zur Verfügung gestellt Tonisieren
wurden. Die Zuordnung der Produkte zu den einzel- Gesicht: Nach einer Reinigung wird mit einem Wat-
nen Pflegebereichen erfolgt, soweit möglich, nach tebausch ein Gesichtswasser-gleichmäßig über die
den Angaben der Hersteller.) Haut verteilt. Es entfernt Reste von Make-up oder
Rückstände des Reinigungsproduktes. Es normali-
7.1 · Pflege in Abhängigkeit vom Hautzustand
161 7

. Tabelle 7.1. Pflegeprodukte für die normale Haut


REINIGUNG DES GESICHTS
Waschlotionen, Reinigungsmilchen Gesichtswässer
Frei Reinigungsmilch AWBo Frei GesichtsWasser AWBo
Flüssige Waschemulsion seb Gesichtswasser seb
Gesichtswaschcreme DrH Gesichtstonikum DrH
Iris Reinigungsmich Wel Iris Gesichtswasser Wel
Reinigungsmilch LW Tonique ohne Alkohol LW
Reinigungsmilch seb
Masken
Reinigungsschaum m Aloe Vera CF
Pfirsich & Honig Maske Fet
Wasch Gel LW
Iris Erfrischungsmaske Wel
Peeling Iris Intensiv-Pflegemaske Wel
Feuchtigkeitsmaske+Peelingeffekt LW
Gesichtspeeling LW
Gesichtspeeling m. Jojoba CF
PFLEGE DES GESICHTS
Tagespflege Nachtpflege
Deridium 30+ leichte Creme Lir Creme Nutritive (< 30 J. Nacht) LW
Frei Tagespflege Protect LSF15 AWBo Spezial Nachtcreme seb
Frei getönte TagesCreme AWBo
Feuchtigkeitspflege, Sera, Kuren
Gesichtscreme Quitte DrH
Frei FeuchtigkeitsCreme AWBo
Hydra Chrono Fluide Fraicheur Lir
Getönte Feuchtigkeitspflege LW
Hydrance Optimale Legere ETA
Aqua care Feuchtigkeitspflege Cf
Physiane L.R-P.
Hydra + Feuchtigkeitspflege RJJ
Tagescreme UV8 LW
Calendula Feuchtigkeitscreme Lav
Tagesemulsion
Iris Feuchtigkeitscreme Wel
Ystheal + Emulsion <45J. ETA
Deridium 30+ Straffendes Serum Lir
Iris Tag-/Nachtcreme Wel
REINIGUNG DES KÖRPERS PFLEGE DES KÖRPERS
Dusch- und Badeprodukte Aloe vera Pflegemilch Wel
Aroma Duschbalsame Pri Aroma Bodylotionen Pri
Body Spa Dusch- u. Badegel (versch. Sorten) Lav Body Milk seb
Duschöl seb Body Spa Körperlotion (versch. Sorten) LAv
Dusch-Creme seb Frei Pflegeöl AWBo
Elancyl Duschgel G.P.F. Frei Soft CremeFluid AWBo
Frische Dusche seb Hautbalsam Eu
Herbaderm Bath & Shower Gel Rau Herbaderm body Fresh Rau
Vital Schaumbad seb Körperlotion (versch. Sorten) CF
Körpermilch Quitte DrH
Körperpeeling
Lotion seb
Elancyl Körperpeeling G.P.F.
Peeling Gesicht & Körper Lir

siert den pH-Wert, wirkt erfrischend und belebend. und E als schützende Komponenten. Bei älterer Haut
Bei einer normalen Haut ist eines mit nur wenig sollten auch Eiweißhydrolysate oder Hyaluronsäure
Alkohol, aber feuchtigkeitsspendenden und beruhi- und eventuell Vitamin A gegen Falten enthalten sein.
genden Wirkstoffen zu bevorzugen. Die Creme kann getönt sein, um die Haut vor allem
in den sonnenarmen Monaten frischer aussehen zu
Pflegen lassen. Wer noch etwas mehr Farbe wünscht, wählt
Gesicht: Die Tagespflege erfolgt mit O/W-Cremes. ein dem Hautzustand entsprechendes Make-up. Für
Zu empfehlen sind einfache feuchtigkeitsspenden- die sonnenreichen Monate (April-September) ist ein
de Wirkstoffe (Aloe vera, Glycerin) und Vitamin C hoher LSF ab 8 in der Tagespflege angeraten oder
162 Kapitel 7 · Pflegeanleitungen und Hautschutz für den ganzen Körper

wenigstens ein Make-up, welches ebenfalls UV-Strah- Reinigen


len zurückhält. Gesicht und Körper: Zum Reinigen sollten keine
Für die Nacht wird eine Creme verwendet, die Seife und Alkylsulfate verwendet werden, da sie ko-
reichlich Vitamine und feuchtigkeitsspendende medogen wirken (7 Kap. 4.8). Ethersulfate, Sulfosuc-
Substanzen enthält, um der Haut die Möglichkeit zu cinate, Betaine und ähnliche ionische Tenside eignen
geben, sich wieder zu regenerieren. sich sehr gut. Sie besitzen einen austrocknenden
Spezielle Feuchtigkeits-Sera oder Konzentrate Effekt und ein geringes Irritationspotenzial. Eine
werden auch für die normale Haut angeboten. Sie antibakterielle Wirkung wird durch einen leicht
empfehlen sich in der kalten Jahreszeit als zusätz- sauren pH-Wert von 5,5 und den Einsatz von Be-
liche Pflege oder wenn sich die Haut strapaziert an- tainen erzielt. Zubereitungen mit Rückfettern und
fühlt, z. B. nach einem ausgiebigem Sonnenbad. Bade- und Duschöle eignen sich weniger zur Kör-
Masken können jederzeit zwischendurch zum perreinigung.
Einsatz kommen. Sie werden auf der gereinigten Ein Peeling zum Öffnen der Komedonen und
Haut nach den entsprechenden Herstellerempfeh- zur Absorption des Hautfetts ist mehrmals in der
lungen angewendet. Wer schnell für eine besondere Woche zu empfehlen; es sollte die Haut nicht reizen
7 Gelegenheit frisch und schön aussehen oder sich oder verletzen. Ebenso wirksam sind fettfreie
nur etwas Gutes tun will, sollte eine Feuchtigkeits- Masken, die austrocknend und fettadsorbierend
oder Nährmaske ausprobieren; sie wirkt fast Wun- wirken.
der.
Körper: Der Körper wird nach jedem Wasser- Tonisieren
kontakt mit einer dünnflüssigen O/W-Körperlotion Gesicht: Zum Tonisieren eignen sich Gesichtswässer
eingecremt, die spreitende Zusätze zur besseren Ver- mit bis zu 30 % Ethanolgehalt, antibakteriellen, kera-
teilung der Lotion enthält. tolytischen, entzündungshemmenden und adstrin-
gierenden Wirkstoffen. Sie werden nach dem Rei-
nigen mit einem Wattebausch gleichmäßig auf den
7.1.2 Fett-feuchter Hautzustand betroffenen Hautstellen (z. B. auch Dekolleté) ver-
teilt (7 Übersicht 7.1).
Charakteristika: Fettige, glänzende, grobporige,
weißliche Haut, eventuell mit Mitessern. Sie ist sehr Pflegen
widerstandsfähig gegen physikalische und chemi- Gesicht und Körper: Als Pflegeprodukt ist eine
sche Einflüsse. Tritt ab der Pubertät bis etwa zum O/W-Creme mit hohem Emulgatoranteil und wenig
Ende des zweiten Lebensjahrzehnts auf, später eher Fett zur Aufnahme des überschüssigen Talgs oder
selten. ein Hydrogel geeignet. Wünschenswerte Wirkstoffe
Ziele der kosmetischen Anwendungen: Da die sind Antiseptika, Vitamin B6 und entzündungshem-
Haut sehr widerstandsfähig ist, wird weniger Augen- mende Stoffe (Allantoin) oder auch keratolytisch
merk auf den Schutz gerichtet. Es gilt vielmehr, die wirkende Substanzen (Salicylsäure, AHA), die das
übermäßige Talgproduktion zu bremsen, ein gleich- Hautbild verfeinern. Besondere Nachtcremes sind
mäßiges Abfließen des Talgs zu ermöglichen und nicht nötig; es kann das Präparat für den Tag ver-
überschüssiges Fett auf der Haut zu binden. Des wendet werden.
Weiteren sollte eine Vermehrung der Mitesser ver- Damit die Haut ihr fahles Aussehen verliert,
hindert werden, was bedeutet, dass vor allem ko- können durchaus getönte Tagescremes verwendet
medogene Substanzen (7 Kap. 4.8) streng gemieden werden, auch fettaufsaugende Puder oder Make-up
werden müssen. Durch Einsatz antibakterieller Zu- mit hohem Pulveranteil und wenig Fett eignen sich
sätze wird eine Besiedelung mit Bakterien einge- für diesen Zweck.
dämmt und eine Entzündung der Mitesser verhin- Für die kalte Jahreszeit empfiehlt es sich, hin und
dert (Produkte: . Tab. 7.3). wieder zusätzlich Feuchtigkeitskonzentrate aufzu-
tragen, damit der transepidermale Wasserverlust
durch die trockene Raumluft ausgeglichen wird.
7.1 · Pflege in Abhängigkeit vom Hautzustand
163 7

Übersicht 7.1. Wirkstoffe bei fett-feuchter, unreiner Haut oder Akne

entzündungshemmend antiseborrhoisch
Allantoin Benzoylperoxid
Bisabolol, Kamille Hydrolysiertes Sojaprotein
antibakteriell, desinfizierend Vitamin-A-Säure
Benzoylperoxid absorbierend
Betaine Bentonit
Chlorhexidin Kleie
Ethanol, Isopropanol Talkum
Harnstoff Tonerden
Schwefel verhornungsregulierend
Triclosan AHA, Fruchtsäuren
Wacholderöl Vitamin-A
Zink PCA Vitamin-A-Säure
adstringierend Lipaseinhibitor, verhindert die
Aluminiumsalze Entstehung freier Fettsäuren
Gerbstoffe Oleylacetat
Hamamelidisextrakt
keratolytisch
AHA
Benzoylperoxid
Salicylsäure
Schwefel (komedogen!)
Vitamin-A-Säure

7.1.3 Mischhaut Zur Reinigung werden milde Tenside, die nicht


komedogen wirken, eingesetzt. Der pH-Wert ist leicht
Charakteristika: Die Mischhaut vereint verschie- sauer. Es können entzündungshemmende und beruhi-
dene Hautzustände im Gesicht. Die T-Zone (Stirn, gende Wirkstoffe wie Allantoin, Bisabolol, Hamame-
Nase, Kinn) ist eher fett-feucht bis normal mit Mit- lidisextrakt und Panthenol eingesetzt werden, sie
essern, die Seitenpartien normal bis sehr trocken. wirken bei allen Hauttypen positiv. Rückfetter sollten
Ziel der kosmetischen Anwendung: Alle Ge- vermieden werden. Ein Peeling oder austrocknende
sichtspartien sollten ihrem Zustand entsprechend Masken werden ein- bis dreimal pro Woche verwendet,
richtig gepflegt und geschützt werden. Keine Region aber nur im Bereich des fett-feuchten Zustands. Die
sollte sich in ihrem Zustand verschlechtern, weil der Seitenpartien werden extra – vor allem bei sehr trocke-
»Mischzustand« nicht ausreichend berücksichtigt ner Haut – mit einer Feuchtigkeitsmaske behandelt.
wurde. Ziel ist außerdem eine Angleichung der un-
terschiedlichen Hautzustände zum normalen Haut- Tonisieren
typ hin (Produkte: . Tab. 7.2). Es sollten zwei verschiedene Gesichtswässer ver-
wendet werden und kein »Kombipräparat« für die
Reinigung Mischhaut. Eines mit den speziellen Zusätzen für
(Es wird nur die Pflege des Gesichtes behandelt, da den fett-feuchten Hauttyp für die T-Zone (7 Kap.
der Körper nicht von diesem Mischzustand betrof- 7.1.2) und eines für die Seitenpartien. Der Aufwand
fen ist.) ist zwar groß, aber empfehlenswert.
164 Kapitel 7 · Pflegeanleitungen und Hautschutz für den ganzen Körper

. Tabelle 7.2. Pflegeprodukte für die normale und Mischhaut


REINIGUNG DES GESICHTS
Waschprodukte Gesichtswässer
Calendula Reinigungsgel Lav Calendula Gesichtswasser Lav
Fest Blau/rot Eu Gesichtstonikum Spezial DrH
Flüssig blau/rot Eu Gesichtswasser RJJ
Flüssige Waschemulsion seb Tonique ohne Alkohol LW
Gel & Lotion Fraicheur Lir Peeling, Maske
Gesichtswaschcreme Drh Calendula Peeling-Waschcreme Lav
Mildes Reinigungsgel ETA Feuchtigkeitsmaske + Peelingeffekt LW
Pure Glow Reinigungskissen NJJ Gesichtspeeling LW
Reinigungsmilch RJJ Peelingmaske Frei & Klar Fet
Seifenfreies Waschstück seb
Wasch Gel LW
PFLEGE DES GESICHTS
Tagescreme Nachtcreme
7 Active C Mischhaut L.R-P. Karotten Nachtpflege CF
Ausgleichende, beruhigende Pflege ETA Harmonie Nachtpflege CF
Calendula Balancecreme Lav
Feuchtigkeitspflege
Harmonie Tagespflege CF
Feuchtigkeitsfluid UV6 LW
Gesichtsöl DrH
Hydra+ Feuchtigkeitspflege RJJ
Gesichtsmilch DrH
Hydrance Optimale Legere ETA
Orangenblüten Tagespflege CF
Pure Glow Sommer Haut NJJ
Redermic Mischhaut L.R-P.
Tagescreme UV8 LW

Pflege den Mitteln und nicht alkoholischen Zubereitungen


Auch hier ist die Verwendung von zwei verschie- gepflegt werden. Selbst bei einer nur schwachen
denen Präparaten anzuraten, die dem jeweiligen Ausprägung muss ein Arzt aufgesucht werden, da
Hauttyp entsprechen, vor allem dann, wenn die sie zu einer späteren Erblindung führen könnte. Sie
Eigenschaften der beiden Gesichtsbereiche stark di- finden an dieser Stelle keine weiteren Pflegehinweise,
vergieren. Präparate für die Mischhaut sind dann zu da diese Hauterkrankung unbedingt unter die Kon-
empfehlen, wenn kein großer Aufwand betrieben trolle eines Hautarztes gehört.
werden will oder nur geringe Unterschiede im Haut- Die folgenden Abschnitte betreffen nur die ju-
zustand zu verzeichnen sind. Ab dem vierten Le- gendliche Akne, die in der Regel in der Pubertät be-
bensjahrzehnt sollte auf zwei verschiedene Präperate ginnt.
zurückgegriffen werden. Charakteristika: Die unreine Haut ist fettig,
glänzend, grobporig, mit Komedonen an Stirn, Nase,
Wangen und Kinnpartie, teilweise auch auf dem Rü-
7.1.4 Unreine Haut, Präakne und Akne cken und im Brustbereich. Die Komedonen können
geschlossen oder offen sein, teilweise entzündet.
Bei der Beratung der von Akne Betroffenen muss Verstärkt sich die Charakteristik, liegt eine Akne vor,
in jedem Fall auf das Alter geachtet werden. Ist die die vermehrt Entzündungen der Komedonen auf-
Akne erst ab 40 Jahren aufgetreten, sind keine Ko- weist. Die hieraus entstehenden eitrigen und entzün-
medonen zu entdecken und entwickelt sich eine deten Papeln und Pusteln verheilen nur narbig. Die
»Knollennase«, handelt es sich vermutlich um eine Akne kann sich ebenfalls über das ganze Gesicht, den
Akne rosacae. In diesem Fall sind nicht die üblichen Oberköper, die Oberarme und den Rücken ausbrei-
Aknemittel einzusetzen. Die Akne rosacae darf, im ten, je nach Schweregrad. Die unreine oder aknegene
Gegensatz zur jugendlichen Akne, nur mit sehr mil- Haut reagiert leicht auf komedogene Substanzen.
7.1 · Pflege in Abhängigkeit vom Hautzustand
165 7

Ziele der kosmetischen Anwendungen: Das keratolytischen und entzündungshemmenden Subs-


Pflegeprogramm für die unreine Haut oder Präakne tanzen. Bei Frauen können auch oral Antiandrogene
sollte eine Verschlechterung zum Vollbild Akne ver- in Kombination mit Östrogenen eingesetzt werden.
hindern. Das überschüssige Hautfett muss gebunden Die Behandlung macht nur langsame Fort-
und geschlossene Follikel geöffnet werden, damit schritte, und häufig blüht eine Akne in den ersten
der Talg besser abfließen kann. Die Besiedelung der drei Monaten der Behandlung erst richtig auf; dies
Follikel mit Bakterien, die ein entscheidender Aus- sollte den jungen Kunden mitgeteilt werden, damit
löser der Akne sind, wird durch Antiseptika unter- sie anfangs nicht entmutigt werden und die Therapie
bunden, außerdem ist eine Vermeidung komedo- abbrechen. Vielfach ist die Haut durch eine Akne-
gener Substanzen (. Tab. 4.9) in den Kosmetika zu therapie extrem gereizt und gerötet und neigt zu
beachten. Abschuppungen. Für dieses Behandlungsstadium
Liegt eine Akne vor, ist frühzeitig eine dermato- gibt es spezielle beruhigende, entzündungshem-
logische Behandlung durchzuführen. Therapieun- mende Ergänzungspräparate auf dem Kosmetik-
terstützend sind Kosmetika mit Wirkstoffen, die markt. Sie erhöhen die Compliance des Akne-Pa-
beruhigend wirken, die übermäßige Talgproduktion tienten erheblich.
stoppen, die Hyperkeratose der Follikel hemmen, Wenn man für besondere Gelegenheiten die
den Abfluss des Talgs verbessern und Keime abtö- Pickel verschwinden lassen möchte, sind besondere
ten. Abdeckstifte in einer hellgrünen, schmutzigen Far-
Nach einer erfolgreichen Aknebehandlung hat be, sogenannte Camouflage-Stifte und Make-ups
die Vermeidung eines Rückschlags durch eine sinn- (von Art Deco) im Handel. Damit wird die Rötung
volle Pflege einen besonderen Stellenwert. abgedeckt und anschließend mit einem Puder oder
Die meisten Kosmetika gegen eine unreine Haut Make-up in der eigenen Gesichtsfarbe überschminkt.
und Akne eignen sich nicht für die empfindliche Au- Dadurch verschwinden die Rötungen besser als mit
gen- und Lippenpartie, diese müssen gut ausgespart den üblichen braungetönten Abdeckstiften.
werden (7 Kap. 7.4.1, 2).

Reinigen, Tonisieren, Pflegen 7.1.5 Trocken-fettarmer Hautzustand


Gesicht und betroffener Oberkörper: Die Pflege-
anleitung für eine unreine Haut entspricht der des Charakteristika: Die trocken-fettarme Haut sieht
fett-feuchten Zustands. Es können noch verstärkt glanzlos und stumpf aus. Sie spannt, juckt und fühlt
antiseptisch, keratolytisch und antiseborrhoisch sich rau an. Der Schweregrad kann von leichtem
wirkende Stoffe eingesetzt werden, wie Salicylsäure, Spannen nach dem Reinigen bis hin zu massiven
AHA, Benzoylperoxid, Triclosan oder Chlorhexidin neurodermitischen Zuständen mit kräftiger Ab-
(7 Übersicht 7.1). schuppung und quälendem Juckreiz gehen. Dem-
Bei einer Akne sollte dieses Pflegeprogramm entsprechend gibt es verschiedene Präparateserien
sehr streng durchgehalten werden (. Tab. 7.3); Rei- für trockene, sehr trockene und sehr trockene Haut
nigung und Pflege morgens und abends und die ent- mit Juckreiz (. Tab. 7.5). Fast 30 % der Bevölkerung
sprechende Zusatzpflege, wie ein- bis dreimal wö- leiden unter diesem Hautzustand. Menschen über
chentlich ein Peeling oder eine Maske. Eine Akne 60 Jahre sind fast grundsätzlich davon betroffen
kann aber durch reine Kosmetika nicht ausreichend (7 Kap. 7.1.7), oft auch Säuglinge und Kleinkinder.
eingedämmt werden. Es sollte möglichst frühzeitig Ziele der kosmetischen Anwendungen: In ers-
eine dermatologische Behandlung vom Arzt durch- ter Linie müssen der Haut verstärkt Lipide und
geführt werden, um die Akne möglichst schnell Feuchthaltefaktoren zugeführt werden. Juckreiz,
einzudämmen und eine spätere Narbenbildung zu Spannen und Rauigkeit werden dabei behoben.
verhindern. Die Behandlung erfolgt meist oral mit Schädigende Umweltfaktoren müssen sondiert und
Vitamin-A-Säure-Derivaten gegen die Hyperkera- ausgeschaltet werden. Ist die trocken-fettarme Haut
tose und lokal mit Antiseptika und Antibiotika, um endogen bestimmt, ist eine richtige, intensive Pflege
die Keimbesiedelung zu hemmen, außerdem mit zwingend notwendig (. Tab. 7.4).
166 Kapitel 7 · Pflegeanleitungen und Hautschutz für den ganzen Körper

. Tabelle 7.3. Pflegeprodukte bei Akne, fett-feuchter und unreiner Haut

REINIGUNG DES GESICHTS


Waschprodukte Gesichtswässer
Anti-Mitesser Reinigungskissen NJJ Hydroderm Gesichts-Tonic HK
Cleanance Seifenfreies Reinigungsgel ETA Klärendes Gesichtstonic EcB
Clean-Ac Seifenfreie Reinigungscreme ETA Minze Gesichtswasser Lav
clearface Waschsyndet seb visibly clear Anti-Mitesser Gesichtswasser NJJ
Cleansing Foam DrG
Peeling
clearface Reinigungsschaum seb
Effaclar Mikropeeling L.R-P.
Effaclar-Serie L.R-P.
Gesichtspeeling LW
Gesichtswaschcreme DrH
Hydroderm Gesichtspeeling plus HK
Gesichtsdampfbad DrH
Kit Micro-Abrasion 30+ Lir
Hydroderm Gesichts-Reinigung HK
Minze Peelinggel-Maske Lav
Lipo Sol Reinigungsschaum LW
Peelingmaske Frei & Klar Fet
Lipo Sol Lotion LW
Peelingmaske Frei & Klar Fet
Minze Reinigungsgel Lav
Peel-off Fet
7 Papulex Waschlotion, Creaderm
Reinigungsmaske DrH
visibly clear Anti-Mitesser Peeling NJJ
Sebum reduz. Reinigungsgel EcB Masken
Wasch Gel LW Active Fango Mask Ph
Seifenfreies Waschstück seb Anti-Pickel Maske CF
Flüssige Waschemulsion seb Dermabalance Mask DrG
Masque Clarte Lir
Gesichtswässer
Mineralschlamm Maske Fet
Cleanance Gesichts-Tonic ETA
Reinigungsmaske EcB
clearface Tiefreinigendes Gesichtswasser seb
Sebocontrol Mask DrG
Gesichtstonikum Spezial DrH

PFLEGE DES GESICHTS


Gesichtscremes Tag/Nacht Feuchtigkeitspflege
Acne Plus Creme LW Clean-Ac Beruhigende Feuchtigkeitspflege ETA
Cleanance K Kerato-u.talgregulierende Pflege ETA Clear Skin Gel LW
clearface Pflege-Gel seb Sebo fluid LW
clearface Anti-Pickel-Gel seb
Tönungscremes
Diacneal Intensivpflege ETA
Cleanance Talgregulierende, mattierende Emulsion ETA
Effaclar-Serie L.R-P.
Cleanance Korrekturstift(beige/grün) ETA
Feuchtigkeitsfluid UV6 LW
clearface getönte anti-Pickel-Creme seb
Gesichtsöl DrH
Excipial Pigmentcreme HK
Hautregulierendes Creme-Gel EcB
Reizlindernde Abdeckcreme EcB
Hydroderm Gesichts-Fluid HK
Hydroderm Gesichts Fluid plus HK Spezialprodukte
Minze Feuchtigkeitsfluid Lav Clear Skin Stick LW
Oil Control Balance Ph
Papulex Gel Cr.
Secocontrol DrG
Skin normalizing Cream Ph
7.1 · Pflege in Abhängigkeit vom Hautzustand
167 7

. Tabelle 7.4. Pflegeprodukte für die trocken-fettarme Haut

REINIGUNG DES GESICHTS


Waschprodukte Gesichtswässer
Cold Cream Rückfettendes Syndet ETA Frei GesichtsWasser AWBo
Frei Reinigungsmilch AWBo Gesichtstonikum DrH
Gesichtswaschcreme DrH Gesichtswasser RJJ
Hydraphase Gesichtswasser L.R-P. Regulierendes Gesichtstonic EcB
Hydraphase Reinigungsmilch L.R-P. Wildrose Gesichtswasser Lav
Milch&Lotion Douceur Lir
Masken und Peeling
Pure Glow Reinigungskissen NJJ
Aqua sensation Mask Ph
Re-balance Reinigungscreme
Feuchtigkeitsmaske+Peelingeffekt LW
Reinigungsemulsion EcB
Feuchtigkeitsmaske Fet
Reinigungsmilch LW
Hydraphase Masque L.R-P
Reinigungsmich RJJ
Revitalpackung DrH
Reinigungstücher NJJ
Rosenpackung DrH
Wildrose Reinigungsmilch Lav
Wildrose Peeling-Waschcreme Lav
Wildrose Feuchtigkeitsmaske

PFLEGE DES GESICHTS


Tages-, Antifaltenpflege Pure Glow Sommer Haut NJJ
Aroma Gesichtpflegeöl Rose Mandel Pri Re-balance Pflegecreme EcB
Cold Cream Creme ETA Retin-Ox+ Intensiv Anti-Falten Pflege RJJ
Cold Cream Naturel L.R-P. Rosencreme DrH
Creaderm Creme Tagescreme LW
Deridium 30+ reichhaltige Creme Lir Tagescreme seb
Enydrial Extra-emollient Pflege RJJ 5 % UREA Gesichtscreme Eu
EnzymsActive EcB Wildrose Liposomen Intensivpfl. Lav
Excipial U Lipolotio HK Ystheal+Creme < 45 J. ETA
Excipial Fettcreme HK
Nachtpflege
Frei Tagespflege Protect LSF15 AWBo
Creme Vitalisante (> 35 J. Nacht) LW
Frei UREA PLUS GesichtsCreme AWBo
Frei IntensivCreme (Nacht) AWBo
Gesichtsmilch DrH
Harmonie Nachtpflege CF
Harmonie Tagespflege CF
Mandel Nachtpflege CF
Hydra-Chrono Creme confort/-intense Lir
Nachtcreme seb
Hydranorme L.R-P.
Optimale Feuchtigkeit Nachtpflege NJJ
Hydraphase-Serie L.R-P.
5 % UREA Nachtcreme Eu
Hydrance Optimale Riche ETA
Ictyane Creme Du.P.F. Feuchtigkeitspflege
Joghurt&Karite Tagescreme Fet Aqua sensation Gel/Cream/Fluid Ph
Kamillen Tagespflege CF Beruhigendes Feuchtigkeitsserum E.T.A.
Lipid care Intensivpflege CF Enydrial Feuchtigkeitspflege RJJ
Lipo Balance EcB Excipial U Hydrolotion HK
Lipoderm Gesichtscreme HK Frei FeuchtigkeitsCreme AWBo
Lipoderm Gesichtscreme Repair HK Getönte Feuchtigkeitspflege LW
Nutritic L.R-P. Hydra+ Feuchtigkeitspflege RJJ
Nutritive Creme ETA Hydro-Balance EcB
Optimale Feuchtigkeit Tagpflege NJJ Hydro-Protect LSF 15 EcB
Optolind Creme (Aufbaupflege) 28-Tage Aufbaukur CF
Optolind Lipid-Effekt-Creme (W/O-Tag) Wildrose Feuchtigkeitscreme Lav
168 Kapitel 7 · Pflegeanleitungen und Hautschutz für den ganzen Körper

. Tabelle 7.4 (Fortsetzung)

REINIGUNG DES KÖRPERS


Dusch- und Badeprodukte Lipikar Reinigungsschaum L.R-P.
Aroma Badeöle Pri Lipikar Badeöl L.R-P.
Bad DrH Lipoderm Dusch-und Badegel HK
Body Spa Badeöle (versch.Sorten) LAv Mangobutter Duschöl Fet
Creme Ölbad Eu Olivenölbad Fet
Cold Cream Rückfettendes Duschgel ETA Remederm Ölbad LW
Dusch-Creme seb Remederm Duschöl LW
Duschcremes DrH Sheabutter Duschmilch Fet
Duschöl seb 5 % UREA Waschlotion Eu
Frei CremeSeife AWBo Waschemulsion seb
Frei HautpflegeBad AWBo
Körperpeeling
Frei Wasch&DuschCreme AWBo
Algen & Malachit Körperpeeling Fet
Frische Dusche seb
Mangobutter Körperpeeling Fet
Lipikar Duschcreme L.R-P.
7 Lipikar Seifenstück/Syndet/Surgas L.R-P.

PFLEGE DES KÖRPERS


Aroma Körperöle Pri Körperöl/-creme (versch. Sorten) CF
Body Milk seb Körperöl ETA
Body Spa Körperöle (versch. Sorten) Lav Körperöl DrH
Calendula Pflegemilch Wel Lipikar L.R-P.
Cold Cream Körperemulsion ETA Lipikar Balsam L.R-P.
Creme Eu Lipoderm Lotion HK
Enydrial Feuchtigkeitspflege RJJ Lipoderm Omega/-light HK
Enydrial Extra-emollient Pflege RJJ Malven Pflegemilch Wel
Frei Pflegeöl AWBo Olivenkörpercreme extra emollient Fet
Frei Soft CremeFluid AWBo Optolind Lotion
Frei UREA PLUS Körperlotion AWBo Pflegelotion seb
Frei UREA PLUS Intensiv Körperlotion AWBo Remederm Körperöl Spray LW
Ictyane Creme Du.P.F. Remederm Creme Fluid LW
Hautbalsam F Eu Salbe m. 3 %Panthenol Eu
Herbaderm Body Lotion Rau Sheabutter Körpercreme Fet
Herbaderm Body Cream Rich Rau Tangerine Körpercreme Fet
Körperemulsion/-milch LW 3/10 % UREA Körperlotion Eu
Körperlotion/-emulsion NJJ Xeroderm L.R-P.

. Tabelle 7.5. Zuordnung verschiedener Hautzustände zu den Bezeichnungen: trocken, sehr trocken, sehr trocken
mit Juckreiz

Serien für: trockene Haut sehr trockene Haut sehr trocken m. Juckreiz
geeignet für: trockene Haut sehr trockene Haut Neurodermitis (schwer)

empfindliche Haut Altershaut Psoriasis

Kinder reife Haut strapazierte Haut

Neurodermitis (leicht)

Kinder
7.1 · Pflege in Abhängigkeit vom Hautzustand
169 7
Reinigen
Grundsätzlich gilt für den ganzen Körper: Übersicht 7.2. Duschöle
4 sparsam mit Wasser und Reinigungsprodukten
Cold Cream Rückfettendes Duschgel ETA
umgehen, Mangobutter Duschöl, Fette Köln
4 keine Fettsäuresalze (Seifen) als Tenside einset- Remederm Duschöl, L. Widmer
zen, sie verbergen sich vor allem hinter dem Be- Rosenblüten Duschöl, Fette Köln
griff »Pflanzenseifen«, keine Tenside der Alkyl- Sebamed Duschöl
sulfatgruppe, Eucerin sensitive Duschöl F
4 nur milde Tenside, z. B. Betaine, Kollagenten-
side, Alkylpolyglycoside einsetzen,
4 Zusätze von Fetten in Reinigungspräparaten
wirken sich günstig aus, Übersicht 7.3. Ölbäder
4 Reinigungsprodukte gründlich abspülen, damit
keine Rückstände auf der Haut verbleiben, Aroma Badeöle Primavera
4 alle Reinigungs- und Pflegeprodukte müssen auf Body Spa Badeöle (versch. Sorten), Lavera
Creme Ölbad, Eubos
einen leicht sauren pH-Wert 5,9–5,5 (»hautneu-
Hobbythek Badeöl
tral«) eingestellt sein,
Eucerin Lipid Duschöl
4 eine Parfümierung und, wenn möglich, Konser-
Lipikar Badeöl, LaRoche-Posay
vierungsstoffe sollten vermieden werden, da Olivenölbad, Fette Köln
trockene Haut leicht irritierbar ist und oft auch Eucerin Omega Ölbad
allergisch reagiert. pH5 Eucerin Ölbad
Remederm Ölbad, L. Widmer
Gesicht: Für das Gesicht eignen sich am besten Rei- Aromabäder (verschiedene), Claire Fisher
nigungsmilchen oder -cremes. Sie können oft gleich-
zeitig zum Entfernen des Augenmake-up verwendet
werden. Sie werden gleichmäßig im Gesicht verteilt spreitenden Ölbädern bleibt auch ein Fett/Schmutz-
und entweder mit einem Wattebausch abgenommen Rand in der Badewanne. Sie enthalten in der Regel
oder mit wenig Wasser abgespült. nur neutrale Emulgatoren zur besseren Verteilung
Ein sanftes Cremepeeling kann einmal die Wo- der Öle im Wasser, die aber nur geringe Reinigungs-
che durchgeführt werden, um die Haut glatter und kraft besitzen. Das Bad dient eher dem Wohlgefühl
samtiger erscheinen zu lassen. als der Säuberung. Anschließend sollte die Haut nur
Körper: Am Tag sollte nur einmal kurz, nicht trockengetupft werden, damit das Öl auf der Haut
zu heiß (<36 °C) geduscht werden. Besser wäre es, verbleibt. Die Haut muss trotzdem nachgecremt
nur jeden zweiten Tag zu duschen und nur entspre- werden! Wer keine Probleme mit Hautallergien hat
chende stark schwitzende Körperstellen jeden Tag und gern ein parfümiertes Bad nehmen will, kann
punktuell zu waschen. In den letzten Jahren wur- sich nach einem besonderen Rezept der Hobbythek
den für die trocken-fettarme Haut sehr hautver- ein Badeöl zusammenmischen oder es in der Apo-
trägliche Duschöle entwickelt mit einem hohen An- theke herstellen lassen (7 Übersicht 7.4).
teil an Lipiden (7 Übersicht 7.2). Seifen oder norma-
le Syndets und Duschgele sollten gemieden werden,
da gerade das Waschen mit den falschen Substanzen Übersicht 7.4. Badeöl nach J. Pütz
die Haut am nachhaltigsten schädigt und die ausge-
waschenen, verlorenen hauteigenen Stoffe unersetz- Fettes Öl 8 T
lich sind. O/W Emulgator 1 T
Für das Baden gilt das Gleiche: maximal einmal Ätherische-Öl-Mischung 1 T
die Woche in nicht zu heißem Wasser. Es sollten Fette Öle: alle Pflanzenöle geeignet
spezielle Badeöle eingesetzt werden (7 Übersicht 7.3). O/W-Emulgator: Mulsifan, Polysorbate
Sie schäumen leider nicht, und bei sogenannten
170 Kapitel 7 · Pflegeanleitungen und Hautschutz für den ganzen Körper

Tonisieren 7.1.7 Altershaut


Gesicht: Zur Nachreinigung wird ein alkoholfreies
Gesichtswasser benutzt, mit beruhigenden, entzün- Charakteristika: Die Altershaut ist in der Regel ein
dungshemmenden und feuchtigkeitsspendenden extrem trocken-fettarmer Zustand. Davon sind etwa
Wirkstoffen und einem hautneutralen pH-Wert. die Hälfte aller 50- bis 70-Jährigen betroffen. Bei den
Dies ist besonders wichtig, wenn kein Wasser zum über 70-Jährigen vergrößert sich der Anteil auf über
Abspülen der Reinigungsmilch verwendet wurde. siebzig Prozent.
Zusätzlich zeichnet sich die Haut durch viele
Pflegen Falten und Runzeln und kleine Einrisse aus. Sie ist
Gesicht: Hierfür wird möglichst eine Creme auf dünner und unelastischer als in jungen Jahren. Die
W/O-Basis oder eine fettreiche O/W-Creme ver- Lebensdauer der Epidermis ist doppelt so lang wie
wendet, ohne Parfum und Konservierungsstoffe. die von junger Haut, da das Wachstum der Zellen
W/O-Cremes hinterlassen auf der Haut einen glän- sich stark verlangsamt. Die Produktion und Anzahl
zenden Film. Dies ist der Grund, warum viele Kun- der Talg- und Schweißdrüsen ist vermindert, da-
den eine O/W-Creme für den Tag vorziehen. Auf alle durch ist der Hydrolipidmantel nur noch unzu-
7 Fälle sollte bei diesem Hautzustand als Ergänzung reichend zusammengesetzt. Die Haut ist leicht zu
eine fettere Nachtcreme eingesetzt werden, die nach schädigen und irritierbar, neigt zu Entzündungen,
einer Reinigung im Gesicht verteilt wird. Juckreiz und Rötungen.
Zur Komplettierung der Tages- und Nachtpflege Ziele der kosmetischen Anwendungen: Die
sind Feuchtigkeitskonzentrate und Liposomengele, Alterserscheinungen können nicht gebremst oder
die unter die normale Creme aufgetragen werden, gar beseitigt werden, doch kann man erreichen, dass
auf dem Markt. der Kunde sich wieder wohl in seiner Haut fühlt. Die
Eine Feuchtigkeits- oder Nährmaske wirkt sich Pflegeanleitung für den trocken-fettarmen Hautzu-
zwei- bis dreimal die Woche besonders positiv auf stand wird mit einigen Zusatzpunkten übernom-
diesen Hautzustand aus. men. Es gilt noch mehr – wie bei jüngeren Menschen
Wichtige Inhaltsstoffe für alle Pflege-Produkte mit trockener Haut – irritative Einflüsse zu meiden,
sind NMF, Glycerin und fette Öle, an zweiter Stelle da die Abwehrkräfte der Altershaut verringert sind.
liegen Eiweißhydrolysate, Hyaluronsäure, Cerami- Im Folgenden werden nur Ergänzungen zum tro-
de, Linolensäure, Panthenol, Vitamin E und A und cken-fettarmen Pflegeprogramm besprochen, die
Aloe vera. speziell bei der Pflege der Altershaut hinzukommen
Körper: Für den Körper gilt das gleiche wie für (. Tab. 7.6).
das Gesicht: dünnflüssige Lotionen auf W/O-Basis,
fettreiche O/W-Emulsionen oder Hautöle mit den Reinigen
oben genannten Wirkstoffgruppen, die immer nach Durch althergebrachte Traditionen und Gewohn-
einem Kontakt mit Wasser zu verwenden sind. heiten verwenden viele ältere Menschen die falschen
Reinigungsprodukte. Seifen in jeglicher Form, im
schlimmsten Fall Kernseife, werden den neueren
7.1.6 Reife Haut Waschlotionen oder Dusch-und Badeölen vorgezo-
gen. Teilweise werden auch Bürsten oder zu harte
Der Hauttyp »reife Haut« entbehrt jeder medizi- Massagematerialien eingesetzt, die die Schuppen
nischen Definition. Es kann die Haut ab vierzig mit entfernen und die Durchblutung fördern sollen, die
einer vermehrten Faltenbildung hier eingeordnet aber vor allem die Hornhaut zu sehr strapazieren.
werden, oder die Bezeichnung ist als beschönigender Durch diese Prozeduren wird die Haut geschädigt,
Ausdruck für »Altershaut« zu verstehen. Die Wirk- und das Eindringen für Keime ist ein Leichtes. Die
stoffe sind mit denen für den trocken-fettarmen Umstellung auf ein sanftes Körperpeeling zur Ent-
Hautzustand identisch, mit verstärktem Augenmerk fernung toter Hornschüppchen und die Anwendung
auf Vitamin A und E, Ceramide, Liposomen und durchblutungsfördernder Cremes ist ratsam und
Wirkstoffe gegen oxidativen Stress (7 Kap. 4.6). wesentlich schonender (7 Übersicht 7.5).
7.1 · Pflege in Abhängigkeit vom Hautzustand
171 7

. Tabelle 7.6. Anti-Aging-Produkte, Gesichtspflegeserien für anspruchsvolle, reife und Altershaut

REINIGUNG DES GESICHTS


Reinigungsprodukte Maske, Peeling
Hydraphase Gesichtswasser L.R-P. Ananas & Papaya Fet
Hydraphase Reinigungsmilch L.R-P. Anti-Falten Maske CF
Optolind Reinigungscreme Anti-Falten Maske Fet
Reinigungsfluid Pri Feuchtigkeitsmaske Pri
Wildrose Reinigungsmilch Wel Masque Velours/-Lifting Lir
Regenerationsmaske Pri
Peeling
Renewex RJJ
Kit Peeling 40+ Lir
Rosenpackung DrH
Nightpeel Lir
Wildrose Intensiv Pflegemaske Wel
Peelinglotion Pri

Tonisieren
Gesichtstonic Pri
Wildrose Gesichtswasser Wel

PFLEGE DES GESICHTS


Tagespflege Nachtpflege
Active C trocken/Mischhaut L.R-P. Coherence 40+ Nachtcreme Lir
Actice C XL UV-Schutz L.R-P. Creme Vitalisante (> 35 J. Nacht) LW
Anti-Falten Intensivpflege CF Frei AntiAge+ Nachtpflege
AquaD+ Multivitamine Gel-/Creme/Fluid Lir Frei IntensivCreme (Nacht) AWBo
Arkeskin 50+ Creme/-Fluid Lir Lift 4 Nacht RJJ
Aroma Splash Osmanthus Pri Mandelnachtcreme Fet
Aufbau-Creme seb Modelliance Nacht EcB
Coherence 40+ Tagescreme Lir Q10 Active Fluid Nacht EcB
Correcteur anti-Taches Tagescreme LSF12 Lir Retin-Ox+ Nachtpflege RJJ
Eluage Anti-Aging Creme > 45 J. ETA Retin-Ox+ Multi-Correxion TAG+Nacht RJJ
Extrait Liposomal LW Seide&Olive Nachtcreme Fet
Fadiamone Cre Vital Active Nacht EcB
Feuchtigkeitspflege Pri Vitamin C Nachtpflege CF
Frei AntiAge+ Tagespflege AWBo Wildrose Nachtcreme Wel
Intensivpflege Pri
Feuchtigkeits-, Spezialprodukte, Sera
Lift 4 Tag RJJ
Coherence 40+ Halspflege Lir
Optolind Intensivcreme (Aufbaupflege, sehr trocken)
Coherence 40+ Lifting SerumLir
Q10 Active FluidLSF15 Tag EcB
Concentre Mesolift Lir
Remederm Gesichtscreme LW
Correcteur Anti-taches Intensiv Serum Lir
Redermic trocken/Mischhaut L.R-P.
Correcteur anti-Taches Essenz Lir
Retin-Ox+ Tagespflege RJJ
Frei AntiAge+ Pflegekonzentrate
Rosencreme DrH
Hautkur DrH
Rosen Tagescreme Fet
Lift 4 Serum RJJ
Structura CplusE LSF12 EcB
Olio-Intensiv-Kapseln Pri
Vital Active Tag/Intensiv EcB
Optolind Aufbau-Serum
Vitamin C Tagespflege CF
Retin-Ox+ Intensiv Anti-Falten Serum RJJ
Wildrose Tag-/Pflegecreme/-öl Wel
Mela-D +UV gg. Pigmentflecken L.R-P.
Ystheal+Creme trocken/normal < 45 J. ETA
Wildrose Feuchtigkeitscreme Wel
172 Kapitel 7 · Pflegeanleitungen und Hautschutz für den ganzen Körper

. Tabelle 7.6 (Fortsetzung)

REINIGUNG DES KÖRPERS PFLEGE DES KÖRPERS


Dusch- und Badeprodukte Körperlotion, -milch, -creme, -öl
Bad DrH Arkeskin 50+ Körpermilch Lir
Duschcremes DrH Eluage Anti-Aging Körperpflege ETA
Frei HautpflegeBad AWBo Frei UREA PLUS Intensiv Körperlotion AWBo
Frei Wasch & DuschCreme AWBo Hautstraffende Lotion seb
Frei CremeSeife AWBo Körperöl DrH
Olivenölbad Fet Modelliance Körpercreme EcB
Oliven Duschmilch Fet Remederm Körperöl Spray LW
Remederm Ölbad LW Remederm Creme Fluid LW
Remederm Duschöl LW Sanddorn Pflegemilch/-öl Wel
Rosenblüten Duschöl Fet Straffende Körperpflege LW
Vital Active Body
Körperpeeling
Wildrosenöl Wel
Ananas & Papaya Körperpeeling

7
Übersicht 7.5. Reinigungsregeln bei Altershaut

seifenfreie, alkalifreie Produkte nur einmal pro Tag duschen


keine Alkylsulfate nicht zu oft baden
pH 5,5–5,9 keine Bürsten, Massagematerialien
für das Gesicht Reinigungsmilchen kein zu langer Kontakt mit Wasser
nur Bade- oder Duschöle Wassertemperatur <36 °C

Pflegen zum Einsatz. Sie sind wahres Gift für die Altershaut.
Die Pflege erfolgt morgens und abends und nach je- Alkohol trocknet aus und die Inhaltsstoffe, vor allem
dem Wasserkontakt. Die Haut ist verstärkt fettarm, der Arnika, sind extrem reizend. Hier sollte die
deshalb sollte W/O-Cremes oder wasserfreien Zube- Empfehlung hin zu entsprechenden Salben oder
reitungen der Vorrang gegeben werden, durch deren Cremes gehen. Wer trotzdem nicht zu überzeugen
Okklusionseffekte sich der Wasserverlust vermin- ist, sollte hinterher die Haut gut cremen, um das
dert. Folgende Wirkstoffe sind besonders wichtig in Schlimmste zu verhindern.
der Pflegekosmetik: Harnstoff, Glycerin, Vitamin A
und Ceramide. Liposomen werden sehr gut aufge-
nommen und tragen die Wirkstoffe auch in tiefere 7.1.8 Empfindliche Haut
Schichten. Als sinnvolle Ergänzung gelten alle wei-
teren Feuchthaltefaktoren, Vitamin E, Panthenol Charakteristika: Die Bezeichnung »empfindliche
und antioxidative Wirkstoffe (7 Kap. 4.6). Haut« ist ein besonderer Fall. Es gibt keine medi-
Nähr- und Feuchtigkeitsmasken für das Gesicht zinisch eindeutige Zuordnung. Jeder Hautzustand
oder spezielle Konzentrate für die Haut sollten so oft kann empfindlich reagieren, wobei prozentual die
wie möglich genutzt werden. fett-feuchte Haut seltener und die trocken-fettarme
Eine verbreitete Praxis bei älteren Menschen ist am häufigsten betroffen ist. Die Haut reagiert sehr
das Einreiben mit Franzbranntwein, Arnikatink- leicht mit Rötung, Jucken, Spannen, Kribbeln etc. auf
turen oder anderen alkoholischen Hausmitteln. Sie äußere Einflüsse. Von diesen Symptomen ist die
kommen gegen Muskelschmerzen, Rheumatismus, trocken-fettarme Haut wesentlich öfter betroffen als
Juckreiz und zur Stimulierung der Durchblutung andere Hauttypen, so dass diese beiden Bezeich-
7.1 · Pflege in Abhängigkeit vom Hautzustand
173 7

. Tabelle 7.7. Pflegeserien für die sensible, empfindliche Haut


REINIGUNG DES GESICHTS
Reinigungsprodukte Toleriane Reinigungsfluid L.R-P.
Aloe vera Reinigungsmilch Lav Toleriane Reinigungsgel L.R-P.
Frei Reinigungsmilch AWBo Tolerance extreme Reinigungsmilch E.T.A.
Gentle Foam Cleanser DrG
Gesichtswässer
Mandel Reinigungsmilch Wel
Aloe vera Gesichtswasser Lav
Milde Reinigungsmilch ETA
Frei GesichtsWasser AWBo
Nano-Lotion + tonisieren ETA
Gesichtstonikum DrH
Reinigungslotion f.überempfl. Haut ETA
Mildes Gesichtswasser ETA
Reinigungsmilch DrH
Rosaliac Reinigungsgel L.R-P. Masken, Peeling
sensitive Gesichtsreinigung Vitalschaum Eu Beruhigende Feuchtigkeitsmaske ETA
sensitive Lotion Eu Mandel Gesichtsmaske Wel
Mildes reinigendes Peeling ETA
Revitalpackung DrH
PFLEGE DES GESICHTS
Tagespflege sensitive Feuchtigkeitscreme (Tag) Eu
Aloe vera Pflegecreme Lav sensitive Tagescreme plus LSF10 Eu
Creaderm Creme, Creaderm Toleriane Fluide/Riche L.R-P.
Creme f.überempfl. Haut ETA Tolerance extreme Creme ETA
Creme seb
Nachtpflege
Excipial Creme/Fettcreme HK
Optolind Sensitiv Nachtpflege
Excipial Mandelölsalbe HK
sensitive Aufbaucreme (nacht) Eu
Frei Tagespflege Protect LSF 15 AWBo
Hydrance Optimale UV ETA Feuchtigkeits-, Spezialprodukte, Sera
Mandel Feuchtigkeits-/Gesichtscreme Wel Aloe vera Feuchtigkeitsfluid Lav
Mandel Gesichtsöl Wel Antirougeurs Creme gg.Rötungen ETA
Optolind Sensitiv Tagespflege Anti-Stress Fluid DrG
Repair Cream DrG Beruhigendes Feuchtigkeitsserum ETA
Rosaliac L.R-P. Diroseal bei Couperose ETA
Rosaliac XL LSF 15 L.R-P. Hautkur sensitiv DrH
Rosencreme DrH Moisture Spray DrG
Toleriane Make up Fluid/Kompakt L.R-P.
REINIGUNG DES KÖRPERS
Dusch- und Badeprodukte Herbaderm Bath & Shower Cream
Bad DrH sensitive Fest Eu
Dusch Gel LW sensitive dusch & Creme Eu
Duschcremes DrH sensitive Duschöl F Eu
Frei HautpflegeBad AWBo pH5Soft Dusche Duschcreme/-öl EcB
Frei Wasch & DuschCreme AWBo pH5 Ölbad EcB
Frei CremeSeife AWBo Toleriane Reinigungsgel L.R-P.
PFLEGE DES KÖRPERS
Körperlotion, -milch, -creme Frei UREA PLUS Intensiv Körperlotion AWBo
Calendula Massage-/Pflegeöl Wel Herbaderm Body Lotion Rau
Frei Pflegeöl AWBo Körperöl DrH
Frei Soft CremeFluid AWBo pH5 Creme/-F/Lotion/-Spray EcB
Frei UREA PLUS Körperlotion AWBo Toleriane Körperemulsion L.R-P.
174 Kapitel 7 · Pflegeanleitungen und Hautschutz für den ganzen Körper

nungen oft gleichgesetzt werden. Eine allergische einigen Patienten beobachtet man auch eine ausge-
Reaktion ist nicht mit empfindlicher Haut gleichzu- prägte Lichenifikation (ausgeprägte Hautrillen).
setzen, wird aber vom Laien oftmals als solche ein- Durch Kratzen können auch Bereiche verschorft
geordnet. oder bakteriell entzündet sein. Die Hautsymptome
werden leicht durch Allergene ausgelöst, hautrei-
Ziele der kosmetischen Anwendung: Wiederher- zende oder -schädigende Stoffe, Kleidungsstücke,
stellen der Barriereschicht der Haut, Feuchtigkeit starkes Schwitzen, hautaustrocknende Aktionen
zuführen und die Lipidschicht regenerieren sowie oder starke psychische Reaktionen.
das Meiden von Reizstoffen und Beseitigung des Ziele der kosmetischen Anwendungen: Die
Juckreizes. Hautpflege ist vor allem im symptomfreien Intervall
eine wichtige Prophylaxe, um den Ausbruch des
Reinigen nächsten Schubes herauszuzögern. Therapieren
Für das Reinigen von Gesicht und Körper gelten kann man diese Erkrankung noch nicht; es kann nur
die gleichen Regeln wie für die trocken-fettarme das Intervall bis zum nächsten Ausbruch verlängert
Haut (7 Kap. 7.1.5), was dort nachgelesen werden werden. Dies muss dem Kunden deutlich klarge-
7 kann. macht werden. Hilfreich ist hier in erster Linie die
richtige Pflege, um die Haut gegenüber äußeren Ein-
Pflegen flüssen zu kräftigen. Die Haut ist auch in der symp-
Pflegeprodukte (. Tab. 7.7) sollten in erster Linie tomfreien Phase nicht gesund, was sich sehr gut am
reich an NMF und Harnstoff (INCI: Urea) sein. Harnstoffgehalt der Haut, der hauptverantwortlich
Zwar sind auch andere Moisturizer empfehlenswert, für die Wasserbindungskapazität der Epidermis ist,
doch beobachtet man bei den erst genannten die verdeutlichen lässt. Beim Neurodermitiker ist in
größten Effekte. Um die Lipidschicht zu regene- gesunden Hautarealen der Harnstoffgehalt um
rieren, werden neben Vitamin E (INCI: Tocopherol) 70 % erniedrigt, in ekzematösen Bereichen um
und Ceramiden (INCI: Ceramid) auch Fette und 85 %. Dies zeigt die unterschwellige Bereitschaft der
Wachse, z. B. Oliven-, Sonnenblumen-, Jojoba-, Soja-, Haut auf Noxen zu reagieren, da die Biochemie
Mandel-, Nachtkerzen- und Borretschöl, eingesetzt. nicht im Gleichgewicht ist. Ähnliche Bedingungen
Emulgatoren, die sich unter Umständen in die lipo- herrschen auch in der Lipidzusammensetzung des
somale Struktur des Hornzellkitts einfügen können, Sebums und des Hornzellkitts. Dies bedeutet, dass
sind z. B. Phospholipide, Zucker-Fettsäureester, eine adäquate, dem Mangelzustand der Haut ange-
Sterole, Cholesterin und seine Ester. passte Pflege ein Leben lang durchgeführt werden
Grundsätzlich kann auch hier gesagt werden, muss.
dass der Anwender nur über das Testen erfährt, Was soll nun erreicht werden?
was er verträgt, denn wie bei der Neurodermitis 4 Den Juckreiz mildern oder ihn zu ignorieren
oder Psoriasis gibt es auch hier sehr starke indivi- lernen.
duelle Unterschiede in der Empfindlichkeit der 4 Der Haut fehlendes Fett, verursacht durch den
Haut. gestörten Fettstoffwechsel, zuzuführen (7 Kap.
2.7.9).
4 Zufuhr von Harnstoff (NMF), um das extreme
7.1.9 Neurodermitis Defizit von 70–85 % in der Haut auszugleichen
und dadurch die Wasserbindungskapazität zu
Charakteristika: Die Neurodermitis ist gekenn- verbessern.
zeichnet durch sehr trockene Haut mit kleineren 4 Meiden von Allergenen und hautreizenden, aus-
oder größeren stark juckenden, geröteten, schup- trocknenden Substanzen.
pigen Herden. Sie ist manchmal nur auf die Finger- 4 Keine Sportarten, die zu starkem Schwitzen füh-
kuppen und Fußsohlen beschränkt oder als Beuge- ren.
ekzem manifestiert, kann aber auch über größere 4 Sich nicht in feucht-heißem Klima aufhalten.
Areale (Stamm, Extremitäten) ausgebreitet sein. Bei
7.1 · Pflege in Abhängigkeit vom Hautzustand
175 7

. Tabelle 7.8. Pflege bei Neurodermitis und Psoriasis


PFLEGE und REINIGUNG BEI NEURODERMITIS*
Gesichtsreinigung Körperreinigung
Neutral Reinigungsgel Lav Neutral Dusch-Shampoo Lav
Olivenölbad Fet
Gesichtspflege
Omega Ölbad EcB
Aroma Gesichtsölkapseln Nachtkerze Pri
Totes Meer Magnesium Badesalz Fet
Aroma Gesichtsölkapseln Wildrose Pri
Trixera Rückfettender Badezusatz E.T.A.
Creaderm Creme, Creaderm (Linolsäure)
5 % Urea Waschfluid
Frei IntensivCreme (Tag+Nacht) AWBo
Waschlotion sensitive seb
Frei FeuchtigkeitsCreme AWBo
Intensiv-Creme sensitive seb Pflegen Körper
Neutral Gesichtscreme/-fluid Lav Akerat Körpercreme E.T.A.
Optolind Lotion Akutspray EcB
Pflege-Creme sensitive seb Frei UREA PLUS Körperlotion AWBo
Phyto Therapy Cream Ph Frei UREA PLUS Intensiv Körperlotion AWBo
Super rich Treatment Ph Körperöl ETA
Trixera Creme ETA 3 %/10 % Lotion EcB
5 % UREA Gesichtscreme/- Nacht EcB Neutral Körperlotion Lav
Körperreinigung Neutral Intensiv-Lotion Lav
Dusch- und Badeprodukte Optolind Lotion
Creme Ölbad Eu 12 % Omega Lotion/Creme EcB
Frei HautpflegeBad AWBo 20 % Omega Fettsalbe EcB
Frei Wasch & DuschCreme AWBo Pflegebalsam sensitive seb
Frei CremeSeife AWBo 5 % UREA Creme EcB
Lipid Duschöl EcB
PFLEGE und REINIGUNG BEI PSORIASIS**
Reinigen Körper- und Gesichtscremes
Totes Meer Magnesium Badesalz Fet Creaderm Creme, Creaderm
Kertyol S Creme+Shampoo Frei FeuchtigkeitsCreme AWBo
Frei UREA PLUS Körperlotion AWBo
Körper- und Gesichtscremes
Frei UREA PLUS Intensiv Körperlotion AWBo
Akerat Körpercreme E.T.A.
Kertyol S Creme
Aqua-D+ Multivitamine Creme/Fluid Lir
Optolind Lotion
Aqua-D+ Multivitamine GelcremeLir
* Vgl. auch . Tab. 7.7.
** Vgl. auch Pflege bei Neurodermitis und . Tab. 7.7.

Wenn atopische Schübe ausbrechen, sollte unver- Totes-Meer-Salz, eventuell auch als Kurmaßnahme
züglich eine dermatologische Behandlung durch über einige Wochen.
den Arzt eingeleitet werden (Produkte: . Tab. 7.8 Wer zum Duschen etwas nicht Öliges wünscht,
und 7.5). wählt am besten extrem sanfte Tenside; vor allem
Kollagenhydrolysate, amphotere und neutrale Ten-
Reinigen side, kombiniert mit Eiweißen und Rückfettern, bie-
Die neurodermitische Haut ist zunächst eine spezi- ten hier gute Möglichkeiten. Ferner ist zu beachten,
elle Form des trocken-fettarmen Hautzustands. Die dass Produkte absolut gemieden werden, auf denen
Reinigungsregeln für die trockene Haut (7 Kap. 7.1.5) folgende Substanznamen zu finden sind: Sodium
können übernommen werden. Lauryl Sulfate, Sodium- oder Potassium- mit -stea-
Der Neurodermitiker sollte ein spreitendes Öl- rate,- oleate, -tallowate, – alkylate.
bad vorziehen und auch ein Ölbad zum Duschen Nach dem Aufstehen gilt ein kurzes (5 s) Ab-
anwenden. Besonders wohltuend wirkt zwei- bis brausen mit kaltem Wasser, vor dem Waschen, als
dreimal die Woche ein Vollbad von 37 °C mit 1–2 % erfrischend und juckreizlindernd.
176 Kapitel 7 · Pflegeanleitungen und Hautschutz für den ganzen Körper

Pflegen eine gesunde, allergenarme Ernährung, Sportarten,


In der Pflege heißt es: viel Fett, aber nicht abdichten, die den Bedürfnissen angepasst sind wie Yoga, Tai
damit der Schweiß abfließen kann und nicht ins Chi oder Wassersportarten im Meer (ohne isolieren-
Gewebe gelangt, wo ein Juckreiz entsteht. Für ent- de Anzüge) sind ratsam. Eine zu intensive Auseinan-
zündete Bereiche gilt: Je entzündeter die Haut, umso dersetzung mit der Erkrankung und Einschrän-
feuchter muss die Grundlage sein! kungen im täglichen Leben müssen aber vermieden
Im Winter sind W/O-Cremes oder Cold Creams werden. So eine Tyrannei durch die Neurodermitis
(7 Übersicht 7.15) zu bevorzugen. Im Sommer wird kann auf der geistigen Ebene zu einer Abwehrhal-
eher zu O/W-Cremes übergegangen. tung und dadurch einer Verstärkung der Symptome
Die durch ein Defizit erforderlichen Wirkstoffe führen.
sind vor allem Harnstoff, γ-Linolensäure (GLS), es-
senzielle Fettsäuren und Ceramide. Die GLS kann
auch als systemische Therapie oral eingenommen 7.1.10 Psoriasis, Schuppenflechte
werden. Öle mit hohen Gehalten an gebundener
Linolsäure sind Sonnenblumenöl (INCI: Helianthus Charakteristika: Typisch für die Psoriasis sind
7 annuus) und Sojaöl (INCI: Glycine soja). γ-Linolen- scharf begrenzte, leicht erhabene und gerötete, von
säure kommt in Nachtkerzenöl (INCI: Oenothera silbrigen Schuppen bedeckte Hautareale, die soge-
biennis) und Borretschöl (INCI: Borago officinalis) nannten Plaques. Sie können prinzipiell überall am
vor. Gegen den Juckreiz ist 2–3 % Polidocanol Körper auftreten und in Form und Größe sehr stark
(INCI: Laureth-8/-9) und 2–12 % Harnstoff (INCI: variieren. Sehr häufig zu finden sind sie an den
Urea) hilfreich. Um den Feuchtigkeitsgehalt der Streckseiten der Ellenbogen und Knie, im Kreuz-
Haut zu verbessern, können Aloe vera (INCI: Aloe beinbereich und auf der Kopfhaut. Doch können
barbadensis), NMF und andere Moisturizer einge- Psoriasisherde auch in Hautfalten, unter den Achsel-
setzt werden. Gegen die leichte Entzündlichkeit und höhlen, am Nagelbett, an Handflächen und Fußsoh-
schnelle Irritation der Epidermis eignen sich z. B. len auftreten. Im Grenzfall kommt es sogar zu einer
Vitamin E (INCI: Tocopherol) und ProB5 (INCI: Psoriasis-Arthritis, bei der die Gelenke mit beteiligt
Panthenol). sind. Schmerzen treten in der Regel nicht auf, doch
Spezielle Pflegeserien, abgestimmt auf die Prob- leiden 60 % der Betroffenen unter Juckreiz in den
lematik sehr trockener oder neurodermitischer betroffenen Arealen. Die Plaques zeichnen sich
Haut, werden von einigen Firmen angeboten durch eine Entzündung und ein extrem beschleu-
(. Tab. 7.8). Doch muss der Kunde selbst entschei- nigtes Wachstum der Keratinozyten aus. Teilweise
den, welche Produkte ihm am sympathischsten sind. sind die Plaques auch mit nichtinfektiösen Eiterpus-
Von den meisten pharmazeutischen Kosmetikfir- teln durchsetzt oder es können in Hautfalten oder
men gibt es Serien für trockene bis sehr trockene feuchten Körperstellen zusätzlich Pilzinfektionen
Haut, die ebenso gut helfen können. auftreten.
Allgemeine Regeln für den Einsatz von Kosme-
tika bei Neurodermitis sind: Ziele der kosmetischen Anwendung: Die Schup-
4 Meidung von Allergenen wie: penflechte ist anders als die Neurodermitis als Son-
Pflanzenextrakte, Konservierungsstoffe, derform der sehr trocken-fettarmen Haut nicht
Farb- und Parfumstoffe. zwangsweise mit einem bestimmten Hautzustand
4 Meidung von Seifen und Natriumlaurylsulfat. verbunden. Dennoch beobachtet man eine Häufung
4 Keine Verwendung abgelaufener Produkte. des trocken-fettarmen Hautzustands. Aufgrund der
4 Paraffine meiden oder nur in geringer Konzen- leichten Reizbarkeit der Haut durch unterschied-
tration und im Gemisch mit anderen Fetten und lichste Provokationsfaktoren und der in Folge ent-
Feuchtigkeit. stehende Plaques, liegt grundsätzlich eine empfind-
liche, sensible Haut vor.
Um das Pflegeprogramm abzurunden, gilt es auch, Es kommt nun darauf an, bei der Pflege in den
ein geruhsames, ausgeglichenes Leben zu führen; symptomfreien Intervallen alle individuellen und
7.2 · Pflege der Baby- und Kinderhaut
177 7

allgemeinen Auslöser zu meiden, die Haut so scho- gen und zur Nacht das Therapeutikum auf den be-
nend wie möglich zu behandeln, um ja keinen Schub troffenen Bereichen angewendet, zumal die Haut
zu provozieren oder wenigstens den zeitlichen Ab- nachts aufnahmefähiger und durchlässiger ist.
stand der Schübe zu vergrößern. Wirkstoffe, die sich als vorteilhaft erweisen, sind
keratolytische Substanzen wie Harnstoff (INCI:
Reinigen Urea) oder Salicylsäure (INCI: Salicylic Acid), die
Beim Reinigen gelten die gleichen Regeln wie für die gleichzeitig auch feuchtigkeitsspendend sind. NMF,
Neurodermitis (7 Kap. 7.1.9). TMS (INCI: Maris sal) und entzündungshemmende
Zusammengefasst: Stoffe, wie Allantoin (INCI: Allantoin) sind hilfreich.
4 weniger ist mehr, sparsam mit Wasser und Rei- Denkbar sind auch Substanzen, die antioxidativ
nigungsprodukten umgehen, wirken, wie z. B. Vitamin E (INCI: Tocopherol), Vi-
4 keine echte Seife (Fettsäuresalze) verwenden, tamin A (INCI: Retinol) oder Squalen (INCI: Squale-
4 keine Tenside aus der Alkylsulfatgruppe – z. B. ne), da bei Immunreaktionen eine verstärkte Radikal-
Sodium Laurylsulfate, bildung zu beobachten ist. Literatur liegt hierzu
4 bevorzugt mit milden Tensiden, z. B. Betaine, allerdings nicht vor. Um dem Juckreiz vorzubeugen,
Eiweiß-Fettsäurehydrolysate, Alkylpolyglyco- kann Harnstoff oder Polidocanol (INCI: Laureth-
side reinigen, 8/-9) aufgetragen werden, was aber auch durch aus-
4 nur die nötigsten Stellen mit Waschprodukten reichende Feuchtigkeits- und Fettzufuhr erreicht
reinigen (Achseln, Intimbereich, Fußsohlen), wird. Es gilt: Erlaubt ist, was gut tut, und das muss
4 Reinigungsprodukte gründlich abspülen, nicht grundsätzlich das teuerste sein (Produkte:
4 bevorzugt Dusch- und Badeöle einsetzen, . Tab. 7.8).
4 Wassertemperatur von max. 37 °C beim Duschen
und Baden.
7.2 Pflege der Baby-
Als therapeutische Maßnahme sind Salzbäder an- und Kinderhaut
zusehen. Sie sind nicht zur Reinigung gedacht und
sollten unabhängig davon erfolgen. Die Haut trock- 7.2.1 Babyhaut
net dabei sehr stark aus und wird lichtempfindlich,
was allerdings durchaus erwünscht sein kann. Nach Die Produkte für die Babypflege sind sehr kritisch zu
einem Salzbad muss der Haut über entsprechende beurteilen. Viele Stoffe führen erst dazu, dass Pflege-
Cremes unbedingt Feuchtigkeit und Fett zugeführt produkte eingesetzt werden müssen, da die anfangs
werden. intakte, jedoch empfindliche Babyhaut durch sie
Von einer mechanischen Reinigung mittels austrocknet und anfälliger wird. Potenzielle Aller-
Peeling, Schwämmen oder Ähnlichem wird drin- gene und bekanntermaßen bedenkliche Stoffe sollten
gend abgeraten, denn sie reizt die Haut und führt gemieden werden, ebenso Stoffe, die durch die feine
unter Umständen zu einer Plaqueentstehung sowie Haut bis zu den Blutbahnen vordringen können und
einer Verschlimmerung bestehender Psoriasisherde. im gesamten Organismus zu toxischen Nebenwir-
kungen führen könnten (. Tab. 7.9).
Pflegen Des Weiteren unterscheidet sich die Babyhaut in
Bei der Pflege der Haut bei Schuppenflechte ist der ihrem Aufbau und ihren Stoffwechselfunktionen
jeweilige Hautzustand (fett-feucht, normal, trocken- deutlich von der Erwachsenenhaut (7 Kap. 2.7.11), so
fettarm) zu beachten, was in den vorhergehenden dass das Reinigungs- und Pflegeverhalten sich we-
Kapiteln nachzulesen ist. Hautareale, die medizi- sentlich von dem eines Erwachsenen unterscheidet
nisch behandelt werden, sollten nicht zeitgleich mit (Produkte: . Tab. 7.10).
einem Pflegeprodukt versehen werden, da hierdurch
die Arzneistoffkonzentration verdünnt wird und der Reinigen
erhoffte Erfolg ausbleibt. In diesen Zeiten wird mor- Die Schweiß- und Talgproduktion eines Säuglings ist
gens nur die Pflege auf die gesäuberte Haut aufgetra- noch sehr gering, und auch sein Bewegungsradius ist
178 Kapitel 7 · Pflegeanleitungen und Hautschutz für den ganzen Körper

. Tabelle 7.9. Substanzen, die in Babypflegeprodukten


nicht enthalten sein sollten Übersicht 7.6. Babybadeöl
Substanz Nebenwirkung
Selbstgemachtes Babybadeöl:
Sodium Lauryl Sulfate stark reizend
1 Esslöffel fettes Öl (Weizenkeim-, Mandel- …)
Sodium Tallowate alkalisch
1 Esslöffel Honig
Sodium Cocoate alkalisch 1 Esslöffel Sahne
Sodium Stearate alkalisch (Ursula Hauer, PTA heute Nr. 7, 1994)
Sodium Oleate alkalisch
Konservierungsstoffe allergen
ein Kind aber das Baden, darf es dies auch öfters; in
Cetylpyridiniumchlorid allergen
diesem Fall muss ganz besonders auf die Milde des
Parfum allergen Badezusatzes geachtet werden, am besten verzichtet
Farbstoffe allergen man ganz auf einen Zusatz. In keinem Fall darf in
Pflanzenextrakte allergen den Badezusätzen Sodium Lauryl Sulfate und So-
7 Chamomilla recutita allergen dium/Potassium -Stearate, -Tallowate, -Cocoate etc.
auftauchen. Ersteres ist extrem reizend und ist die
klassische Kontrollsubstanz für maximale Hautirri-
sehr begrenzt, dadurch verschmutzt er nicht sehr tation, die anderen sind Seifen, die keinen haut-
schnell. Wir müssen das Baby somit nicht den glei- freundlichen pH-Wert zulassen; in diesen Fällen
chen täglichen Waschungsritualen aussetzen wie uns nützen selbst die zugesetzten Rückfetter nicht viel.
selbst. Baden reicht ein- bis zweimal die Woche, Lassen sie sich nicht durch Aufdrucke wie »beson-
möglichst nur mit klarem Wasser oder mit einem ders mild« oder »sanft zur Babyhaut« täuschen. (Das
Babybadeöl (einfaches, mildes Spezialrezept: 7 Über- beste Negativ-Beispiel, das ich entdeckte, war ein
sicht 7.6). Hände und Gesicht oder Körperfalten, in Babybad, was nur aus Sodium Lauryl Sulfate, Koch-
denen sich Schmutz sammelt, werden besser zwi- salz zum Verdicken, Kamillenextrakt (ein poten-
schendurch mit einem feuchten Waschlappen oder zielles Allergen), Wasser und Konservierung be-
speziellen Feucht- oder Öltüchern gereinigt. Genießt stand.)

. Tabelle 7.10. Baby- und Kinderpflegeprodukte:


Bade/Waschprodukte Körper/Gesicht
Babybasics Waschgel H. Karrer Babybasicy Mandelöllotion H. Karrer
Pediatril Reinigungsschaum E.T.A. P. Fabre Babybasics Mandelölsalbe H. Karrer
Baby seifenfreies Waschstück sebamed Baby&Kinder Creme Lavera
Baby Pflege-Bad sebamed Baby&Kinder Hautöl Lavera
Baby & Kinder Ölbad Lavera Baby&Kinder Hautöl Lavera
Calendula Cremebad Weleda Baby Pflege-Lotion sebamed
Calendula Bad Weleda Calendula Gesichtscreme Weleda
Calendula Pflanzenseife Weleda Calendula Babycreme Weleda
Calendula Pflegecreme Weleda
Shampoos
Calendula Pflegemilch Weleda
Baby & Kinder Shampoo Lavera
Calendula Pflegeöl Weleda
Windelbereich Excipial Mandelölsalbe H. Karrer
Baby Wundcreme sebamed Haut Ruhe Lotion Eubos
Baby & Kinder neutral Wundschutzcreme Lavera Haut Ruhe Creme Eubos
Creaderm Creme, Creaderm Pediatril Pflegecreme E.T.A. P. Fabre
Pediatril Wundschutzpflege E.T.A. P. Fabre
gegen Milchschorf Weitere Produkt-Serien oder Hersteller
Pediatril Milchschorfgel E.T.A. P.F abre von Baby- u. Kinderkosmetik
Kelual Emulsion gg. Milchschorf Ducray P.F. Bübchen, Penaten, Fissan, Smild, bebe
7.3 · Pflege der Haut während der Schwangerschaft
179 7

Als Waschrohstoffe geeignet sind die Eiweiß- stellt, ob es sich um eine Windeldermatitis (Infektion
Fettsäure-Kondensate, amphotere oder neutrale mit Pilzen oder Bakterien) handelt. Die dominieren-
Tenside (7 Kap. 5.2). den Wirkstoffe in Zubereitungen für die Windelre-
gion sind wiederum Allantoin, Bisabolol, Panthenol,
Pflegen Kamille und Ringelblume, ergänzt durch Zinkoxid.
Die Babyhaut sollte nach dem Baden mit einer W/O-
oder O/W-Creme eingerieben werden. Es können
auch fette Öle wie Jojobaöl, Weizenkeimöl oder 7.2.2 Kinderhaut
Mandelöl zum Massieren verwendet werden. Reine
Paraffine (z. B. Vaselin) sollten nur im Windelbe- Die Kinderhaut (bis zum Eintritt in die Pubertät)
reich zum Einsatz kommen, da sie zu einem Okklu- benötigt eine ähnlich milde, eher fettreiche Pflege
siveffekt führen, durch den die feine Haut aufquillt, wie die Babyhaut. Die Produkte der Babyserie kön-
und sie verursachen eventuell Pickel. Sinnvolle nen meist weiterverwendet werden oder es gibt von
Wirkstoffe in der Babypflege sind Allantoin, Bisabo- den gleichen Firmen Produkte für ältere Kinder. Das
lol, Panthenol und eventuell Kamille und Ringel- Kaufbewusstsein der Kinder ist heutzutage jedoch so
blume, die jedoch beide allergen wirken können. hoch entwickelt, dass sie eine eigene Serie wünschen
Glycerin, Sorbitol und Eiweißhydrolysate sind belieb- und sich nicht mehr mit einer Babyserie identifizie-
te feuchtigkeitsspendende Substanzen. Auf Harn- ren wollen.
stoff sollte eher verzichtet werden, da er bei kleinen Durch die Hormonumstellungen in der Pubertät
Hautläsionen zu einem Brennen führt und insbe- erhält die Haut die typischen Eigenschaften eines
sondere die empfindliche Babyhaut reizen kann. Erwachsenen, die Talg- und Schweißdrüsen nehmen
Bereiche mit Milchschorf werden mit O/W-Cre- ihre volle Funktion auf, so dass sich das Reinigungs-
mes, die z. B. Nachtkerzenöl enthalten, oder weicher und Pflegeverhalten dementsprechend ändern muss
Zinkpaste gepflegt. Am Kopf kann kurmäßig (ca. – was dem Teenager oft erst beigebracht werden
1 Woche) über Nacht mit Olivenöl behandelt wer- muss (Pflegeanleitungen für die verschiedenen Haut-
den, welches am nächsten Morgen mit milden Haar- zustände siehe vorangegangene Kapitel).
shampoos ausgespült wird. Produkte ohne Parfum-,
Farb- und Konservierungsstoffe sind anderen Zube-
reitungen vorzuziehen. 7.3 Pflege der Haut während
der Schwangerschaft
Windelregion
Die Windelregion benötigt ein besonderes Augen- In der Schwangerschaft ist der Östrogen- und Proges-
merk beim Baby und Kleinkind. Dieser Bereich ver- teronspiegel der Frau stark erhöht. Dadurch ergibt
schmutzt am häufigsten und braucht eine besondere sich oft eine zeitlich begrenzte Veränderung des
Pflege, damit Kot und Urin die feine Kinderhaut nicht Haut- und Haartyps. Die Schwangere sollte ihre ge-
mazerieren und schädigen. Volle Windeln sollten samte Gesichts- und Körperkosmetik dementspre-
möglichst sofort gewechselt werden. Kot und Urin chend umstellen, z. B. kann eine sonst fettige Haut
werden mit einem feuchten Waschlappen, Ölen oder normal bis trocken werden oder umgekehrt. Die ent-
fertigen Öl- oder Feuchttüchern entfernt. Anschlie- sprechenden Pflegeanleitungen sind in 7 Kap. 7.1
ßend wird eine W/O-Creme oder ein Öl aufgetragen, nachzulesen. Bei Hauterkrankungen in der Schwan-
um die Haut vor den aggressiven Exkrementen zu gerschaft muss »für zwei gedacht« werden! In die-
schützen. Ist der Po einmal leicht entzündet, wird sem Fall können ansonsten unbedenkliche Stoffe
nach der Säuberung zunächst Zinkpaste oder Zink- problematisch werden, da sie über eine epidermale
salbe dünn aufgetragen. Es empfiehlt sich, das Kind Resorption das Ungeborene erreichen und hier zu
so weit wie möglich ohne Windel zu lassen, damit Schäden führen können. Der behandelnde Derma-
Luft an die entzündeten Bereiche kommt. Wenn die tologe sollte über eine bestehende Schwangerschaft
Entzündung nicht zurückgeht oder sich verstärkt, unterrichtet werden, damit er unbedenkliche Arz-
muss ein Arzt hinzugezogen werden, der dann fest- neistoffe auswählen kann.
180 Kapitel 7 · Pflegeanleitungen und Hautschutz für den ganzen Körper

Spezielle kosmetische Probleme bei einer Für den Busen wird vielfach die gleiche Prozedur
Schwangeren wirft die extreme Dehnung der Haut empfohlen, um auch die Brustwarzen auf das strapa-
an Po, Bauch, Hüften und Busen oder des Damms zierende Stillen vorzubereiten. Das Tragen eines BH
auf; dieser reißt in einigen Fällen während der Ge- wird dringend empfohlen, damit die Haut durch die
burt oder muss geschnitten werden. Es gibt einige extreme Gewichtszunahme nicht reißt. Gerade
vorbeugende Maßnahmen, um die Spätschäden wie Frauen mit sehr großen Brüsten, deren Körbchen-
Schwangerschaftsstreifen (Striae gravidarum) in ih- größe über Coup B liegt, sollten erwägen auch nachts
rem Umfang einzuschränken, doch bei Frauen, die mit BH zu schlafen um das Gewebe im Tragen der
sehr schwaches Bindegewebe haben, wird ein Scha- Last zu unterstützen.
den nicht auszuschließen sein (7 Übersicht 7.7). Im Intimbereich sollten keine Intimdeos oder
-sprays verwendet werden, welche die Bakterien-
flora schädigen und dadurch zu Infektionen führen
Übersicht 7.7. Produkte zur Vorbeugung von könnten. Reinigen mit Wasser oder mit besonderen
Schwangerschaftsstreifen für diesen Bereich konzipierten Waschlotionen mit
einem sehr sauren pH von 4,5 sind hier ratsam (z. B.
7 gegen Schwangerschafts- und Dehnungs- Dercome femme auf Molkebasis). Um den Damm
streifen für die extreme Dehnung während des Geburtsvor-
Creastrian, Creaderm gangs vorzubereiten, wird vielfach Weizenkeimöl
Elancyl Dehnungsstreifen Creme G.P.F. oder Johanniskrautöl zur Massage dieser Stelle
Fissan Stria Massagesalbe empfohlen, doch auch hier wäre überlegenswert es
Frei Massageöl f. Schwangere mit einer hochdosierten Vitamin-E-Creme zu ver-
Eucerin Körperpflegeöl suchen. Bei mit Vitamin E vorbereiteter Haut wurde
Phytolastil Lierac nach einer Operation eine schnellere und bessere
Schnittheilung mit weniger Narbengewebe beobach-
Sonstige Pflege tet. Vielfach empfehlen Hebammen auch durch
Damm-Massageöl Weleda spezielle Dehnungsübungen und Massagegriffe des
Mama Pflege-Creme C. Fischer Damms sich auf den Schmerz vorzubereiten. Dies
Mama Büsten-Pflege C. Fischer kann in Vorbereitungskursen erlernt werden.
Mama Massage-Öl C.Fischer
Schwangerschafts Pflegeöl Weleda
Stillöl (Brust) Weleda 7.4 Besondere Körperregionen
und ihre Pflege

Bauch, Po, Oberschenkel und Hüften sollten täglich 7.4.1 Augenpartie


massiert und kalt abgeduscht werden, um die Durch-
blutung anzuregen und das Gewebe zu festigen. An- Die Hautbeschaffenheit der Augenpartie ist durch
schließend sollte die Haut mit einem Öl (z. B. frei öl) eine dünne Epidermis, lockeres Bindegewebe ohne
massiert werden, auch hochdosierte Vitamin-E- Fettpolster und nur wenige Talgdrüsen charakteri-
Cremes (z. B. Optovit) machen die Haut elastischer siert. Deshalb neigt diese Region – unabhängig vom
und widerstandsfähiger. Bis heute konnte nur für übrigen Hautzustand – schnell zu Trockenheit und
wenige Substanzen ein prophylaktischer Effekt ge- Fältchenbildung. Durch das lockere Bindegewebe
gen Dehnungsstreifen nachgewiesen werden. Zum kann sich gut Wasser einlagern, was bei Überan-
Beispiel konnte für den asiatischen Wassernabel strengung, Allergien, Entzündungen oder Erkran-
(INCI: Centella asiatica; Creastrian®) in Tests mit kungen der Augen zu einer Schwellung führt. Einige
Schwangeren ab der 13. Woche eine Verminderung Personen neigen auch zu dunklen Schatten unter
der Bildung und Ausprägung von entstehenden den Augen, den »Augenringen«. Wir können somit
Schwangerschaftsstreifen (Striae gravidarum) ver- kosmetisch einiges für die Augenpartie unterneh-
zeichnet werden. men, um die Augen strahlen zu lassen und gesund
7.4 · Besondere Körperregionen und ihre Pflege
181 7

Die Augenpartie wird anschließend der normalen


Gesichtpflege unterzogen. Die Reinigungsprodukte
für das Gesicht sollten so mild sein, dass ein Brennen
und eine Reizung der Augen nicht auftritt. Eine Aus-
nahme bilden hier nur fruchtsäurehaltige Reini-
. Abb. 7.1. Massagebewegung beim Auftragen der Augen-
gungscremes, die nicht mit Schleimhäuten in Be-
pflegeprodukte
rührung kommen dürfen.

und ausgeruht auszusehen. Die Behandlung der Pflege


empfindlichen Augenpartie geht unabhängig vom Die Pflege der Augenpartie erfolgt mit speziellen Au-
Produkt, immer in eine Strichrichtung, ohne unnö- gencremes, die keine spreitenden Zusätze und auch
tiges Zerren oder Reiben. (Die Faltenbildung soll keine starken Tenside oder Emulgatoren enthalten.
nicht unnötig vorangetrieben werden!) Es wird eine Es werden verschiedene Produktvarianten angebo-
Kreisbewegung beschrieben, die innen am Augen- ten: O/W-Emulsionen, die sich leicht verteilen las-
winkel beginnt in Richtung Brauenbogen, zum äu- sen, schnell einziehen und meistens ein Augenmake-
ßeren Augenwinkel und abschließend unter dem up ermöglichen; W/O-Emulsionen für die sehr tro-
Auge wieder zum inneren Augenwinkel zurückge- ckene Augenpartie für den ganzen Tag oder nur als
führt wird (. Abb. 7.1). Unterhalb des Auges können Nachtpflege. Durch den höheren Fettgehalt ver-
Pflegeprodukte auch mit leichten Klopfbewegungen schmiert ein anschließend aufgetragenes Augen-
mit dem Ringfinger zur Schonung der feinen Haut make-up sehr leicht, und die Pulverbestandteile
aufgetragen werden. sammeln sich in den Lidfalten. Als dritte Variante
sind Zubereitungen zu nennen, die pflegen und den
Reinigung Halt des Augenmake-ups verbessern. Wichtige Wirk-
Das Auge muss gründlich vom Augenmake-up ge- stoffe für Augenprodukte sind in 7 Übersicht 7.9 auf-
reinigt werden. Dies geschieht mit speziellen Augen- gelistet.
make-up-Entfernern, Mineralölen, fetten Ölen oder
präparierten Pads (7 Übersicht 7.8). Es muss darauf
geachtet werden, dass die Strichrichtung vom Auge Übersicht 7.9. Wirkstoffe in Augencremes
wegführt, damit keine Partikel ins Auge gelangen.
NMF Humectants
Eiweiße/-hydrolysate Hyaluronsäure
Übersicht 7.8. Augenmake-up-Entferner Vitamin A, E Panthenol
Kamille Aloe
Augen Make-up Entferner Waterproof L. Widmer grüner Tee, etc.
Augen Make-up Entferner Lotion L. Widmer
Basis sensitive Reinigungsmilch 2 in 1 Lavera
Eau de Soin Lir Spezialprodukte
Eye Make-up Remover Dr. Grandel Gerade für den Sommer sind Augencremes mit
Gel nettoyant Moussant Roc Lichtschutzfaktor empfehlenswert. Die Augenpartie
Hydra+ 3 in 1 Reinigungslotion Roc verfügt nur über eine geringe Lichtschwiele und UV-
Milder Augen-Make-up Entferner E.T.A.P.Fabre Strahlen fördern die Faltenbildung. Auf jeden Fall
Phyris Eye Make up Remover Gel sollte eine Sonnenbrille getragen werden, damit das
Reinigungsmilch Dr. Hauschka Auge selbst keinen Schaden erleidet und nicht über
Respectissime Make-up-Entferner La Roche- eine Reizung des Auges eine Schwellung oder Ent-
Posay zündung der Augenpartie entsteht.
Toleriane Reinigungslotion La Roche-Posay Bei geschwollenen Augen sind kühle Augen-
Vichy Augenmake-up Entferner Lotion kompressen (5 °C) sehr wohltuend oder eine Augen-
maske; auch gegen dunkle Ringe, Tränensäcke, ge-
182 Kapitel 7 · Pflegeanleitungen und Hautschutz für den ganzen Körper

Übersicht 7.10. Produkte für die Augenpartie

Cremes Anti-aging-Repairprodukte
Aqua care Augen-Cremegel C. Fischer Active C La Roche-Posay
Frei AugenCreme Augen-Creme ANTI AGE (Nacht) Eubos
Augenbalsam Dr. Hauschka Augen-Gel ANTI AGE (Tag) Eubos
Augencreme Dr. Hauschka Anti-Falten Augenpflege C. Fischer
Eye Cream Dr. Grandel Creme f. d. Augenpartie L. Widmer
Gel f. d. Augenpartie L. Widmer E.T. Avene Eluage Anti-Aging Serum
Sebamed Augencreme Eucerin Q10 Actiove Augencreme LSF6
Pure Glow belebende Augenpflege Neutrogena Eucerin Vital Active Augen
Wildrose Augengel Lavera Gel f. d. Augenpartie L. Widmer
Anti-Stress Eye Cream Phyris Intensiv Augenpfleg Primavera
Dioptilisse Lierac Retin-Ox+ Augenpflege Roc
7 abschwellend/beruhigend/Tränensäcke Retin-Ox+ Multicorrexion Roc
Hydraphase Augenpflege La Roche-Posay Vital Complex3 Repair-Augenpflege C. Fischer
E.T. Avene Beruhigende Augencreme Wildrose Intensiv Augencreme Weleda
Augefrische Pads Dr. Hauschka Ystheal+ Augenkonturen E.T.Avene
Hydra+ destressant Augenpflege Roc Diopticreme
Golden Eye Gel Phyris mit Sonnenschutz
Dioptigel Lierac Anthelios 50+ La Roche-Posay
Diopticerne gg. Augenringe Lierac E.T.Avene Sonnenschutzstift 40, 50+
Diopticalm Lierac Ladival UV-Schutzstift LSF 25
Augenmasken Sun Stick 30 Dr.Hauschka
Augenmaske C.Fischer Antherpos LSF 50 La Roche-Posay
Anti-Stress Eye Mask Phyris Anthelios Stick LSF 50+ La Roche-Posay

reizte und überanstrengte Augen wurden von eini- führt somit nicht nur zu glatten, weichen Lippen, son-
gen Firmen Produkte entwickelt (7 Übersicht 7.10). dern verhindert auch Infektionen, die von den Betrof-
fenen als sehr einschränkend empfunden werden.
Zur Lippenpflege sind verschiedene Pflegestifte
7.4.2 Lippen und -cremes im Handel (7 Übersicht 7.11). Beson-
ders solche mit natürlichen Fetten und Wachsen
Die Hornschicht der Lippen ist nur sehr dünn, und werden als sehr angenehm empfunden. Als bewährte
in ihrer Epidermis wird kaum Melanin gebildet. Sie Wirkstoffe erweisen sich Vitamin A und E, Panthe-
sind deshalb sehr anfällig gegenüber UV-Strahlung, nol, Bisabolol und Allantoin. Als Pflanzenextrakte
da die beiden wichtigsten körpereigenen Schutzme- werden vielfach Kamille, Ringelblume oder roter
chanismen fehlen (7 Kap. 8). Durch die kaum ausge- Sonnenhut zugesetzt, doch muss hier die mögliche
bildete Hornschicht und die fehlenden Talgdrüsen Auslösung einer Allergie berücksichtigt werden. Für
trocknen die Lippen leicht aus und werden spröde die Sonnenmonate (April-September) sollten Zube-
und rissig, dadurch sind sie leichter durch Bakterien, reitungen mit hohen UV-Faktoren bevorzugt wer-
Viren oder Pilze infizierbar, was durch eine ständige den. Frauen, die immer farbigen Lippenstift auftra-
Benetzung mit Speichel noch begünstigt wird. Im gen, sind durch die Farbstoffe und -pigmente sehr
Winter setzt den Lippen die Kälte und die geringe gut gegen UV-Strahlen geschützt, und die Grundla-
Luftfeuchtigkeit zu, so dass viele im Winter über tro- ge des Lippenstiftes wirkt in den meisten Fällen zu-
ckene Lippen klagen. Eine konsequente Lippenpflege sätzlich pflegend und gegen eine Austrocknung.
7.4 · Besondere Körperregionen und ihre Pflege
183 7

Übersicht 7.11. Produkte zur Lippenpflege

Lippenpflege Lippenpflege Neutrogena


Bepanthol Roche Lippencreme Sebamed schützende Lippenpflege
Ceralip La Roche-Posay Time Repair Eye & Lip Phyris
Enydrial Lippenbalsam Roc Vichy Repair-Pflegestift
E.T. Avene Cold Cream Lippenpflegestift
Eucerin Lip Aktiv/Repair mit LSF
Eucerin Acute Lip Balm Antherpos LSF 50 La Roche-Posay
Everon Lippenpflege Weleda Anthelios Stick LSF 50+ La Roche-Posay
Frei Lippenpflege E.T.Avene Sonnenschutzstift LSF 40, 50+
Kelyane HD Lippenbalsam Ducray P.F. Ladival UV-Schutzstift LSF 25
Lippenbalsam classic Lavera Lippenbalsam sensitiv LSF5 Lavera
Lippenbalsam Repair Lavera Lippenpflege LSF20 Neutrogena
Lippenkosmetikum Dr. Hauschka Lippenpflegestift UV10 L. Widmer
Lippenpflegestift Dr. Hauschka Sun Stick LSF 30 Dr. Hauschka
Coherence 40+ Lippenpflege Lierac Ultrasun Ultralip 15

Für Lippenstiftanwenderinnen gibt es besondere tungskriterium einer Person sind. In einigen Berufs-
Lippencremes als Unterlage, die ein Zerlaufen des bereichen kommen noch zusätzliche Belastungen
Lippenstiftes verhindern. Einige Cremes verzögern durch Arbeitschemikalien und Wasser hinzu.
auch eine Fältchenbildung um die Lippen durch ge- Die Reinigung der Hände sollte mit hochwertigen
ringe Mengen an Fruchtsäuren. Produkten erfolgen. Vielfach wird billigste Seife zum
Als Besonderheit gibt es Lippenpeelings, die fei- Händewaschen verwendet, die die Haut stark ent-
ne Hautschüppchen von den Lippen entfernen und fettet und den natürlichen pH-Wert der Haut für
die Talgdrüsen um das Lippenrot öffnen. Das gleich- Stunden aus dem Gleichgewicht bringt. Es empfiehlt
mäßige Auftragen eines Konturenstiftes und Lip- sich, für die Hände, genauso wie für den Körper
penstiftes wird dadurch erleichtert. (7 Kap. 7.1.5), milde und leicht saure Waschlotionen
zu verwenden. Anschließend die Hände gut abtrock-
nen und eincremen (7 Übersicht 7.12). Das Eincremen
7.4.3 Hände sollte mehrmals täglich erfolgen, vor allem nach je-
dem Wasserkontakt. Tagsüber werden O/W-Cremes
»An den Händen erkannt man das wahre Alter einer bevorzugt, die schnell einziehen. Bei sehr beanspruch-
Person«. Sie sind ungeschützt den Sonnenstrahlen ten oder trockenen Händen empfiehlt es sich, auf alle
ausgesetzt, durch welche die Haut faltig und unela- Fälle nachts W/O-Cremes aufzutragen, in schlimmen
stisch wird. Pigmentflecken und eine starke Äderung Fällen sogar tagsüber, wenn kurzzeitig ein leicht fet-
entstehen auf dem Handrücken. Sie kommen außer- tiges Gefühl auf den Händen ohne Belang ist. Eine
dem mehrmals täglich ungeschützt mit Wasser in gut fettende Creme mit einem wichtigen NMF ist die
Kontakt und müssen verschiedenen chemischen Lipophile Harnstoff-Natriumchlorid-Salbe nach NRF,
oder mechanischen Eingriffen standhalten. Dadurch die sehr nachhaltig die Haut glättet.
trocknet die Haut auf dem Handrücken aus. Sie wird Ein- bis zweimal in der Woche können die Hände
rau und rissig, wodurch sie noch anfälliger gegen- mit einem speziellen Handpeeling (v. Sensena) oder
über äußeren Noxen wird. Am Ende kann es zu Ent- auch Körperpeeling (v. Fette® Köln) behandelt wer-
zündungen und Infektionen der Haut kommen. In den. Auch eine Handmaske (v. Fette® Köln) oder eine
solchen Fällen möchte man am liebsten seine Hände dick aufgetragene Aufbaucreme als Maskenersatz
verstecken, die oft ein wichtiges subjektives Bewer- über Nacht ist bei rauen Händen empfehlenswert. In
184 Kapitel 7 · Pflegeanleitungen und Hautschutz für den ganzen Körper

Übersicht 7.12. Handpflegeprodukte

trockene Hände Pigment- u. UV-schutz, Anti-aging-Pflege


Avene Cold Cream Handcreme Pierre Fabre Anti-aging Handcreme Neutrogena
Bepanthen Roche Handcreme Eubos Antipigment Handcreme LSF10
Enydrial Handpflege Roc Eucerin Q10 Anti-Age Handcreme
Eubos Handcreme Fette Mandel Handcreme UV
Eubos 5 %Urea Handcreme Fette Olive & Seide Handcreme UV
Frei HandCreme Hand Balsam UV10 L. Widmer
Frei UREA PLUS HandCreme Mela-D UV-Schutz La Roche-Posay
Hand Creme L. Widmer sehr strapazierte, rissige Hände
Handcreme Neutrogena Eubos sensitive Hand Repair & Schutz
Hand+Nagel Balsam sebamed Herbaderm Hand Care Intensiv
Hand-Serum C. Fischer Intensive Repair Handcreme Neutrogena
7 Herbaderm Handbalm basic Lavera Neutral Handcreme-Intensiv
Lipikar Xerand La Roche-Posay Intensiv Handpflege C. Fischer
Optolind Handcreme Repair Mains Creme Lierac
Pfirsich & Honig Handcreme Fette Sebamed Hand Repair Balsam
Pfirsich/Wasserlilien Handcreme C. Fischer Vichy Repair-Handcreme
pH5 Eucerin Handcreme Peeling, Reinigung
Rosenhandcreme Fette Hand Wasch-Creme sebamed
Sanddorn Handcreme Weleda Handpeeling Limone & Honig Sensena
Vichy Handpflegecreme Handpeeling Kamille & Reislipide Sensena
Maske, Sera Handpeeling Mango & Kokos Sensena
Fette Handmaske Herbaderm Cream Soap sensitive
Lift Mains Serum Lierac pH5 Eucerin Wasch-Öl

den Sonnenmonaten (April bis September) wird die Paraffine und Silikone in Handcremes machen
einfache Handcreme am besten durch eine Sonnen- die Haut wasserabweisend. Sie führen in hohen Kon-
creme mit hohem Lichtschutzfaktor ersetzt oder so- zentrationen zu einem Okklusiveffekt, der die Haut
weit erhältlich, durch eine Handcreme mit LSF. zu stark quellen lässt und sie weniger aufnahmefähig
Wirkstoffe, die in Handcremes sinnvoll eingesetzt für andere Stoffe macht. Im beruflichen Bereich, in
werden können, sind sämtliche feuchtigkeitsspenden- dem die Hände extrem geschützt werden müssen, ist
den Substanzen, allen voran Harnstoff und 10–20 % dies zu empfehlen, doch bei durchschnittlicher Be-
Glycerin; Vitamin E, das auch gegen UV-Strahlen und lastung sind einfache, pflegende Handcremes vorzu-
Altersflecken hilft; Allantoin, Bisabolol, Hamamelidis- ziehen, die vor allem den Mangel an wichtigen Wirk-
extrakt und Panthenol, die entzündungshemmend, stoffen ausgleichen.
heilend und hautpflegend wirken; Fruchtsäuren, die Sind die Hände entzündet oder stark geschädigt,
im leicht sauren Bereich vor allem extrem feuchtig- rissig und rau, sollten selbst bei einfachen Arbeiten
keitsspendend sind; UV-Filter, die schädigende Son- im Haus, bei denen mit Wasser, Reinigungsmitteln
nenstrahlen abhalten; Triglyceride, Squalen, Phyto- und Chemikalien hantiert wird, Handschuhe getra-
sterine, hydriertes Lecithin, die in bestimmten Kombi- gen werden. Zunächst ist ein einfacher dünner
nationen, sogenannten DMS-Basiscremes (Dr. H. Baumwollhandschuh überzuziehen, darüber ein un-
Lautenschläger, PZ Nr. 13, 1999, S. 32), die Haut sogar durchlässiger Gummihandschuh.
gegenüber starken beruflichen Belastungen mit Wasser Im beruflichen Feld ist es empfehlenswert, sich
und Kühlschmierstoffen widerstandsfähiger machen. nach den jeweiligen Empfehlungen der Berufsge-
7.4 · Besondere Körperregionen und ihre Pflege
185 7

nossenschaften zu richten. In schlimmen Fällen, Das Wichtigste sind gut sitzende Schuhe, mit einer
wenn keine Besserung auftritt, muss auch ein Wech- Absatzhöhe von 3,2–3,8 cm. Die Tragelast wird da-
sel des Berufes in Erwägung gezogen werden. bei am besten verteilt, der Fuß und die Wirbelsäule
werden möglichst wenig geschädigt. Die Schuhe
sollten aus Leder sein; Strümpfe aus Wolle und
7.4.4 Füße Baumwolle sind besser geeignet als solche aus Kunst-
fasern, da sie den Schweiß besser aufsaugen. Durch
Die Füße als unteres Ende unseres Körpers finden oft schlecht sitzendes Schuhwerk entstehen Hühnerau-
jahrelang sehr wenig Beachtung in der Körperpflege, gen und Hyperkeratosen. Durch punktuellen Druck
und das obwohl sie über die Jahre hin Beachtliches an einer Stelle entstehen Hühneraugen, die einen
leisten müssen. Sie stecken meistens in Schuhen und nach innen gerichteten spitzen Kegel bilden, der in
Strümpfen und sind damit einem direkten Anblick der Lederhaut Schmerz auslöst. Sie werden durch
entzogen. Fußpflege ist in der Vorstellung häufig mit Hühneraugenpflaster und besondere hornhautauf-
alten Menschen verbunden. Die Verkaufszahlen be- weichende Tinkturen am besten durch Fachpersonal
stätigen auch, dass Fußpflegeprodukte hauptsächlich entfernt. Die durch Druckbelastung stark verdickte
von älteren Menschen gekauft werden. Diese werden Hornhaut hingegen ist durch die fehlenden Talgdrü-
vor allem zur Beseitigung von Fußproblemen einge- sen an den Fußsohlen sehr fettarm und wenig ge-
setzt, die bei konsequenter, früh beginnender Pflege schmeidig und wird ab einer gewissen Dicke spröde
verhindert werden könnten (7 Übersicht 7.13). und rissig. Diese Läsionen sind ideale Eintrittspfor-
ten für Keime. Eine verdickte Hornhaut sollte des-
halb regelmäßig entfernt werden durch Hobel oder
Übersicht 7.13. Fußpflegeserien Feilen, am besten von einer geschulten Fußpflegerin,
(Balsame, Lotionen, Sprays, Puder, Deo, Bad) um eine Verletzung des Fußes zu vermeiden. Dazu
wird der Fuß vorher in einem nicht alkalischen Fuß-
Produktserien bad gebadet, um die Hornhaut etwas zu erweichen.
Saltrat Die Füße sollten ebenfalls täglich gereinigt wer-
Allgäuer Latschenkiefer den, um Fußschweiß zu entfernen. Anschließend
Gehwol werden sie gründlich abgetrocknet (auch in den
Efasit Zehenzwischenräumen, um eine Ansiedlung von
Weleda Pilzen zu vermeiden) und am besten mit belebenden
Pflege, Erfrischung oder schweißhemmenden Cremes oder Lotionen
Erfrischender Fußbalsam Neutrogena eingerieben.
Fußcreme Neutrogena Wenn jemand über Schweißfüße klagt, sind
Fußbalsam Weleda spezielle Puder oder Lotionen empfehlenswert, die
Fitness Fußcreme Dr. Hauschka wie ein Deodorant die Schweißbildung hemmen
Rosmarin Beinlotion Dr. Hauschka und eine Geruchsbildung durch eine bakterienab-
Rosmarin Fußbalsam Dr. Hauschka tötende Komponente verhindern (7 Kap. 10).
Seidenpuder Dr. Hauschka Klagt jemand über Juckreiz, Entzündungen, of-
Venadoron f. leichte Beine Weleda fene Stellen, Gefühllosigkeit, Schmerzen und Ähn-
trockene, rissige, stark verhornte Füße liches, liegt kein kosmetisches Problem mehr vor.
Compeed Creme f. trockene u. rissige Haut Der Gang zum Orthopäden, Hautarzt oder Internis-
Creaurea40, Creaderm ten ist angeraten. Fußbeschwerden können verschie-
Eucerin 10 % Urea Fußcreme dene Ursachen haben: falsches Schuhwerk, Infekti-
Eucerin Urea Fußcreme onen mit Pilzen, Immunschwäche oder Diabetes,
Frei UREA PLUS FußCreme um nur einige zu nennen. Diese Symptome müssen
Fußcreme mit 10 % Urea Neutrogena in jedem Fall von einem Arzt abgeklärt werden. Die
Fußcreme intense Repair Neutrogena Fußbeschwerden selbst sind oft nur eine sichtbare
Folge der Grunderkrankung.
186 Kapitel 7 · Pflegeanleitungen und Hautschutz für den ganzen Körper

7.4.5 Intimbereich den natürlichen täglichen Ausfluss abzufangen, sind


luftdurchlässige Einlagen der neuen Generation an-
Die Intimpflege betrifft den Genital- und Analbe- geraten, um das Infektionsrisiko zu senken.
reich der Frau und des Mannes. Der Genitalbereich Als Zusatzprodukt für unterwegs und für die
der Frau ist empfindlicher als der des Mannes, weil Nachreinigung sind noch Feuchttücher zur Reini-
große Bereiche aus sehr feiner Schleimhaut beste- gung des Analbereichs zu erwähnen, die ähnlich
hen. Eine Milchsäure-Bakterienflora bewirkt einen zusammengesetzt sind wie diese für den Windelbe-
pH-Wert von 4,5 im Scheidenmilieu, der die Wider- reich bei Kleinkindern, um Reste von Exkrementen
standsfähigkeit der Scheide gegenüber fremden Kei- effektiv zu entfernen.
men begründet. Diese Gegebenheiten müssen be-
sonders bei der Intimpflege der Frau berücksichtigt
werden. 7.4.6 Cellulitis
Im Genital- und Analbereich ist eine große An-
zahl apokriner Schweißdrüsen lokalisiert, so dass Die Cellulitis ist in erster Linie ein kosmetisches
eine einmal tägliche Reinigung mit Wasser und sehr Problem, weniger ein medizinisches, wie die Wort-
7 milden Waschlotionen ratsam ist, um eine Geruchs- endung -itis- für Entzündung eventuell suggeriert.
entwicklung zu vermeiden, und um Entzündungen Diese Bezeichnung ist zudem unkorrekt, denn die
und Infektionen durch Reste der Ausscheidungen Cellulitis ist keine Entzündung der Zellen oder des
und ihrer Zersetzungsprodukte auf den feinen Gewebes.
Schleimhäuten zu verhindern. Häufigeres Waschen Erst im letzten Drittel des letzten Jahrhunderts,
ist normalerweise nicht nötig, nur in Ausnahmefäl- in dem die Bekleidung spärlicher wurde, Frauen
len (z. B. Menstruation) kann es auch öfter erfolgen, mehr Bein zeigen und es zur Selbstverständlichkeit
dann aber möglichst nur mit Wasser, um die emp- gehört, Sport in zweckmäßiger Kleidung zu betrei-
findliche Scheidenflora und die Schleimhäute nicht ben, wurde die Cellulitis zu einem Schönheitsprob-
zu schädigen. Die Pflege sollte bei Frauen mit spezi- lem; verstärkt noch durch den in den sechziger
ellen sauren Waschlotionen ohne schleimhautrei- Jahren entstandenen Twiggy-Kult. Dieses Schön-
zende Substanzen erfolgen (z. B. Dercome Femme). heitsideal der langbeinigen, dünnen bis fast mager-
Beim Mann können auch milde Körperwaschloti- süchtigen Frau ist bis heute erhalten geblieben. Erst
onen verwendet werden. Anschließend kann ein in den letzten Jahren kann wieder eine Tendenz zu
Intimspray (alkoholfrei!) oder -puder auf die äuße- weiblicheren, gesünderen Formen in der Modewelt
ren Bereiche gesprüht oder aufgetragen werden. Die beobachtet werden. In früheren Jahrhunderten und
Anwendung der Sprays und des Puders ist nach wie in anderen Kulturkreisen war die üppige, rundliche
vor umstritten und bei einer täglichen Reinigung Frau mit der dazugehörigen Cellulitis ein Schön-
sicher nur in Ausnahmefällen (Menstruation, nach heitsideal, wie wir heute noch auf den Bildern eini-
der Entbindung) notwendig. Die Frage ist, ob sie die ger Maler sehen können.
natürliche Bakterienflora zerstören und dadurch In-
fektionen und Geruchsbildung begünstigen. Ein Erscheinungsbild
einmaliges Waschen pro Tag, ohne anschließendes Die Cellulitis, oder auch Cellulite (franz.), ist ein
Übersprühen mit Sprays, reicht durchaus, um nicht allgemein bekannter Begriff. Man versteht darunter
zu riechen. Gerade in diesem Bereich reagieren eine unregelmäßige, wellige Hautstruktur mit mehr
Frauen sehr unsicher, verstärkt noch durch Werbung oder weniger ausgeprägten Dellen und Wölbun-
und Literatur. Auch Slipeinlagen sind in der Gynä- gen. Betroffen von diesem Phänomen sind durch
kologie ein umstrittener Hygieneartikel, wenn er die geschlechtsspezifische Physiologie nur Frauen.
durch ein übertriebenes, verunsichertes Hygiene- Die Cellulitis wird in vier Schweregrade einge-
verhalten jeden Tag zur Anwendung kommt. Sie teilt:
sind vielfach der Grundstein für ständige Pilzinfek- 4 Grad 0 keine Anzeichen, glatte, straffe Haut
tionen, die durch ein dichtes feucht-warmes Milieu 4 Grad 1 wenige erste Anzeichen einer Orangen-
gefördert werden. Wenn eine Frau das Bedürfnis hat, haut, vor allem im »Kneiftest« zu sehen
7.4 · Besondere Körperregionen und ihre Pflege
187 7

4 Grad 2 ausgeprägte Anzeichen, unregelmäßiges, Außer diesen genetisch und biologisch unver-
welliges Hautbild, vor allem im Stehen zu erken- änderlichen Besonderheiten des weiblichen Fettge-
nen, nicht im Liegen webes, kann eine Cellulitis noch durch andere Fak-
4 Grad 3 sehr ausgeprägte Orangenhaut mit Del- toren begünstigt und verstärkt werden:
len und Wölbungen, im Stehen und Liegen zu 4 Übergewicht,
beobachten 4 falsche, einseitige Ernährung,
4 Grad 4 extrem ausgeprägte Matratzenhaut, starke 4 Bewegungsmangel,
Dellen, Vertiefungen und Wölbungen im Haut- 4 familiäre Disposition,
relief, im Stehen und Liegen zu erkennen 4 Hypotonie,
4 Bindegewebsschwäche,
Grad 1 und 2 werden auch als Orangenhaut be- 4 venöse Erkrankungen,
zeichnet, bei Grad 3 und 4 sieht die Oberfläche schon 4 Durchblutungsstörungen,
eher wie eine abgesteppte Matratze aus. In diesem 4 veränderter Hormonspiegel.
Stadium kann auch eine Druckempfindlichkeit des
Gewebes mit Schmerzen auftreten. Einige dieser Ursachen können wir beseitigen
Mit einer Cellulitis sind bei vielen der Betrof- durch Gewichtsreduktion, Nahrungsumstellung
fenen noch folgende Beschwerden verbunden: und Sport. Diese Maßnahmen sind jedoch ein Leben
4 Vergrößerung der Hautporen, lang einzuhalten, da die spezielle biologische Ver-
4 bei Druck langanhaltende weißliche Flecken, anlagung der betroffenen Frauen sich sonst wieder
4 Durchblutungsstörungen, Besenreißer, durchsetzt. Da diese Maßnahmen aber nicht nur die
4 kalte Hautoberfläche (der betroffenen Bereiche), Cellulitis eindämmen, sondern allgemein das Wohl-
4 schnelles und häufiges Auftreten blauer Flecke. befinden, die Widerstandskraft und die Gesundheit
des Körpers fördern, sind sie auf Dauer ratsam.
Entstehung der Cellulitis
und ihre Ursachen Fettabbau und -aufbau in den Fettzellen
Der Körper einer Frau ist genetisch für die körper- In jüngerer Zeit wurden einige Fortschritte in der
liche Belastung während einer Schwangerschaft vor- Cellulitisbehandlung erreicht, vor allem durch neue
bereitet. In guten Zeiten werden Fettdepots im Be- Erkenntnisse über den Fettstoffwechsel der Fett-
reich des Pos, der Hüften, der Oberschenkel und des zellen (Adipocyten) und die daraus resultierenden
Bauchs angelegt, die vor allem in der Schwanger- Angriffspunkte.
schaft und Stillzeit zur Versorgung des Säuglings Fettgewebe ist über den ganzen Körper verteilt
herangezogen werden. Diese Fettdepots und die da- und nimmt unterschiedliche Aufgaben wahr. Das
mit verbundene Cellulitis durch eine Reduktionsdiät Fettgewebe der Subcutis ist vor allem ein Energie-
zu beseitigen, ist oft ein schwieriges Unterfangen. speicher. Die durch Hormone gesteuerte, oberflä-
Da die Haut der Frau um einiges dünner ist als chennahe Fettverteilung führt außerdem zur typi-
beim Mann und auch das Bindegewebe wesentlich schen männlichen und weiblichen Körperausprä-
lockerer verbunden ist, schieben und wölben sich die gung.
palisadenartig angeordneten, oft vergrößerten Fett- Die Adipocyten sind von Bindegewebsfasern
zellen durch das Bindegewebe nach oben, so dass sie umgeben, und mehrere Fettzellen bilden unregelmä-
die feine Cutis und Epidermis ausdellen. Beim Mann ßige Fettläppchen, die von einer Bindegewebskapsel
wirkt die feste Haut- und Bindegewebsstruktur wie umschlossen sind. Die Fettzellen werden durch das
ein Korsett. Die Fettzellen können sich übereinan- umgebende Bindegewebe mit Blut versorgt, wo-
derschieben, ohne durch die Cutis und Epidermis durch Stoffe zu und aus den Fettzellen hin- und ab-
erkennbar zu werden. Die vergrößerten Fettzellen geführt werden. Bei ausreichender Ernährung wer-
bei der Frau drücken zudem die kleinen Kapillaren den durch Lipoproteine Triglyceride zu den Fett-
und Gefäße ab, so dass es zusätzlich zu einem schlech- zellen transportiert, aufgenommen und gespeichert.
teren Lymphabfluss und einer verminderten Durch- Es kann auch insulininduziert überschüssige Gluco-
blutung der betroffenen Körperregionen kommt. se aufgenommen werden, die in der Zelle zu Trigly-
188 Kapitel 7 · Pflegeanleitungen und Hautschutz für den ganzen Körper

. Abb. 7.2. Lipolyse und Antilipolyse

ceriden umgebaut und gespeichert wird. Dieser Hormone ausgeschüttet und welche Rezeptoren
Aufbau von Fett nennt sich Lipogenese. Ein Fettab- aktiviert werden (. Abb. 7.2).
bau erfolgt vor allem dann, wenn Energie benötigt Adrenalin und Noradrenalin wirken über die α-
wird und über die Nahrung keine Energie zugeführt Rezeptoren der Adipocyten, durch sie aktiviert das
wurde. Der Fettabbau wird als Lipolyse bezeichnet. mit dem Rezeptor gekoppelte stimulierende Gs-Pro-
Ein weiterer Mechanismus, der in den Fettstoff- tein die membranständige Adenylatcyclase. Dieses
wechsel eingreift, ist die Hemmung des Fettabbaus, Enzym ist ein second-messenger und bewirkt eine
die Antilipolyse, die eine Fettreduktion während cAMP-Bildung aus ATP. Der cAMP-Spiegel ist der
einer kalorienreduzierten Diät oft fast unmöglich zentrale Steuerpunkt in der Lipolyse. Erhöhte Spie-
macht. Fettabbau, Fettaufbau und die Hemmung gel in der Fettzelle aktivieren eine Proteinkinase A,
des Fettabbaus werden hormonell und nerval ge- die durch Phosphorylierung der HSL die Fettspal-
steuert. tung einleitet.
Das zentrale Enzym des Fettabbaus ist die hor- Als Gegensteuerung wird über α2-Rezeptoren
monsensitive Lipase (HSL) in den Fettzellen, die und Adrenalin und NPY-Reptoren und den Neuro-
durch eine Kaskade verschiedener Einzelreaktionen peptiden YY und Y ein inhibitorisches Gi-Protein
aktiviert oder gehemmt wird, je nachdem, welche zur Hemmung der Adenylatcyclase veranlasst. Als
7.4 · Besondere Körperregionen und ihre Pflege
189 7

Folge sinken die cAMP-Spiegel, und die Aktivierung Zunächst ist bestehendes Übergewicht zu besei-
der HSL unterbleibt; der Fettabbau ist gestoppt. Als tigen, am besten gekoppelt mit Sport.
weitere Bremse des Fettabbaus gelten auch Insulin Eine ausgewogene Zufuhr essenzieller Nähr-
und Protein-Phosphatasen, die phosphoryliertes stoffe, Vitamine und Mineralstoffe trägt zur Ge-
aktives HSL spalten und dadurch inaktivieren; die wichtsreduktion und zur Verminderung des Fettauf-
Lipolyse ist unterbrochen. baus bei.
Dieses Verhältnis zwischen Fettaufbau und -ab- Sport, der die betroffenen Körperregionen trai-
bau ist, wie viele Frauen bei Reduktionsdiäten selbst niert, wie Schwimmen oder Radfahren, fördert den
erfahren konnten, stark zum Fettaufbau verschoben. Stoffwechsel und die Durchblutung des Gewebes.
Das Fett bleibt hartnäckig an Oberschenkeln, Po, Massagen, Lymphdrainage und Dermapunktur
Hüften, Bauch und Knien bestehen, nur während – mit speziellen Geräten oder manuell – unterstüt-
der Stillzeit sollen diese Fettdepots wirklich dahin- zen den Lymph- und Blutfluss und wirken entstau-
schmelzen. Dies kann mikrophysiologisch erklärt end. Das Gewebe wird wieder besser durchblutet,
werden. Die Dichte der die Lipolyse hemmenden was auch hilfreich bei Bindegewebsschwäche und
Rezeptoren an den Adipocyten des Unterhautfettge- venösen Erkrankungen ist.
webes dieser Körperregionen ist wesentlich höher, Die Anregung der Durchblutung durch Wech-
als die den Abbau aktivierenden Rezeptoren. Bei selduschen führt zu einer Straffung des Gewebes
männlichen Fettzellen und bei anderen Fettzellen und der Haut.
des weiblichen Körpers ist die Dichte der α2- und Durchblutungsfördernde Dermatika führen zu
NPY-Rezeptoren fünfmal geringer und der Fettab- einer Erwärmung und Stoffwechselerhöhung, wobei
bau dadurch wesentlich einfacher. Betroffene mit Besenreisern und Krampfadern da-
mit zurückhaltend sein müssen.
Behandlungsvorschläge für eine Cellulitis Mit verschiedenen Substanzen versucht man in
Eine Cellulitis kann nur durch eine Kombination den Fett- und Glucosestoffwechsel einzugreifen
verschiedener Maßnahmen eingedämmt und even- (. Tab. 7.11). Die Lipolyse wird erhöht, der Fettauf-
tuell beseitigt werden. bau verringert, die Glucose- und Fettaufnahme der

. Tabelle 7.11. Lipolytische, entstauende, straffende, durchblutungsfördernde, stoffwechselanregende Stoffe


gegen Cellulitis
Substanzen INCI in Produkte/Label
Aescin (Rosskastanie) Escin Lierac, L. Widmer
Algen Algae Lierac, Primavera
Ananas-Extrakt Ananas sativa Lierac
Aprikosenkernöl Prunus armeniaca Primavera, Weleda
Aspartam Aspartame Lierac
Birkenblätter-Extrakt Betula alba Weleda
Carnitin Carnitin Roc, L. Widmer
Coffein Caffeine Creaderm, Elancyl, Frei, Lierac, Roc, Vichy,
L. Widmer
Coffeinderivat Caffein Carboxylic Acid Elancyl
Efeu-Extrakt Hedera helix Elancyl, Roc
Flavo-Lakritz, Süßholzblätter Glycyrrhiza glabra (Blatt) Lierac
Glaucin® Glaucine Lierac
Habichtskraut Hieracium pilosella Elancyl
Hesperidin-Methyl-Chalcon Hesperidin-Methyl-Chalcon Elancyl
Hibiskusblüten-Extrakt Hibiscus sabdariffa Lierac
Neoruscogenin (Mäusedorn) Neoruscogenin Roc, L. Widmer
Phloridizin® (Apfel) Pyrus malus Elancyl
Rosskastanie Aesculus hippocastanum Roc
190 Kapitel 7 · Pflegeanleitungen und Hautschutz für den ganzen Körper

. Tabelle 7.11 (Fortsetzung)


Substanzen INCI in Produkte/Label
Rosmarin Rosmarinus officinalis Weleda
Rotalge Corallina officinalis Lierac
Ruscogenin (Mäusedorn) Ruscogenin Roc, Weleda, L. Widmer
Tang Fucus vesiculosus Roc
Vitamin A Retinol Frei, Roc
Vitamin B3 Niacin, Nicotinamide Frei
Vitamin E Tocopherol Frei
Wacholderbeeröl Juniperi virginiana Primavera
Xanthoxyline® Xanthoxylium bungeanum Elancyl
(Szechuan-Pfeffer-Extrakt)
Zitronenöl Citrus Medica limonum Dr. Hauschka, Frei

Zellen gebremst oder die Entleerung der Zellen ver- Kosmetika sein können, da per gesetzlicher Defini-
stärkt. Auch entwässernde und entstauende Subs- tion diese nur auf der Haut und Schleimhaut wirken
7 tanzen und solche, die die venösen Gefäße stärken dürfen! Dringen die Wirkstoffe bis zum Entste-
und die Mikrozirkulation verbessern, kommen zum hungsort der Cellulitis vor, kann dies aber auch be-
Einsatz. Zum Beispiel fördert Coffein die Lipolyse deuten, dass diese Substanzen ins Blut aufgenom-
und unterdrückt die Antilipolyse durch hohe men werden und eine Verteilung im Körper mög-
cAMP-Spiegel; Rutin verhindert die Glucoseauf- lich ist. Diese Frage wird in den Studien über diese
nahme in die Fettzelle; Aescin und Ginkgo biloba Produkte nicht beantwortet! Wie Sie sehen, befin-
hemmen die α2-Rezeptoren. Auf dem Gebiet der den wir uns mit den Cellulitisprodukten in einer
Cellulitiscremes sind noch viele weitere pflanzliche Grauzone der Körperpflege. Die Meinungen über
wie synthetische Stoffe auf dem Markt, deren Wir- die Effektivität dieser Produkte geht weit auseinan-
kungen meist nicht eindeutig nachweisbar sind der, es bleibt zur Zeit jedem selbst überlassen, was
(Produkte: 7 Übersicht 7.14). Eine entscheidende er davon hält.
Frage ist auch, ob »tiefgehende (bis zum Unterhaut- Entscheidend bei einer Cellulitisbehandlung ist
fettgewebe)« Cellulitiszubereitungen wirklich noch Kontinuität und eine Kombination der vier Be-

Übersicht 7.14. Produkte zur Cellulitisbehandlung:

Pflege, Massage Morpho-Slim Serum Lierac


Arnika Massageöl Weleda Phytophyline Ampullen Lierac
Birken-Cellulite-Öl Weleda Retinol Bady Modelling Gel Roc
Body Lift 10 ventre (Bauch) Lierac Straffende Körperpflege L. Widmer
BodyLine Aroma Bodylotion Primavera Ultra body Lift 10 Minceur Serum Lierac
BodyLine Aroma Massageöl Primavera Vichy Lipo.Metric
Body Modelling Patches Roc Peeling, Sonstige
Centimetric Gel Lierac Frei Cellulite DuschPeeling
Citronen Körperöl Dr. Hauschka BodyLine Aroma Badeöl Primavera
Crealite plus, Creaderm BodyLine Aroma Badesalz Primavera
Elancyl Activ Massage Gel G.P.F. BodyLine Aroma Duschpeeling Primavera
Elancyl Cellu/reverse G.P.F. Elancyl Körperpeeling G.P.F.
Elancyl Concentre Lissant Silhouette G.P.F. Elancyl belebendes Duschgel G.P.F.
Eucerin pH5 Hautstraffende Lotion
7.6 · Insektenschutz, Repellentien
191 7

handlungsschritte: Ernährung, Bewegung, Massage cremen« auf häufigere Anwendungen auszuweiten.


und Dermatika. Auch die Lippen benötigen öfter einen fettreichen
Pflege- oder Lippenstift.

7.5 Hautpflege im Winter


7.6 Insektenschutz, Repellentien
Der Winter mit niedrigen Temperaturen, geringer
Luftfeuchtigkeit, kaltem Wind und beheizten Räu- Den Schutz vor Stichen von Insekten betreibt man
men belastet unsere Haut in besonderem Maß. Die mit Repellentien. Die Insekten werden nicht abgetö-
Pflegekosmetik für das Gesicht und die Hände, die tet, sondern nur vertrieben. Im Gegensatz dazu
meistens unbedeckt sind, sollten den veränderten stehen die in der Landwirtschaft eingesetzten Insek-
Gegebenheiten angepasst werden. Der Talg verteilt tizide, die als Kontaktgifte wirken. Die Insekten neh-
sich bei niedrigen Temperaturen nur schlecht auf der men die chemische Substanz auf und sterben an der
Haut und der transepidermale Wasserverlust ist Giftwirkung. Als Repellents wären sie ungeeignet, da
durch die geringe Luftfeuchte sehr hoch. Im Winter sie nicht den Stich vermeiden.
benötigen die offenen Körperpartien zusätzlich Repellents werden nicht nur eingesetzt, um dem
Feuchtigkeit und Fett. Es kann deshalb unter Um- lästigen Juckreiz der Stiche zu entgehen. Viele Insek-
ständen notwendig sein, im Winter auf eine fettere, ten und vor allem Stechmücken und Moskitos sind
reichhaltigere Gesichtskosmetik zurückzugreifen. Zwischenwirte für Mikroorganismen und somit
Bei Personen, die viel im Freien sind, sollten W/O- Überträger von Infektionskrankheiten (. Tab. 7.12),
Emulsionen (7 Übersicht 7.15) verwendet werden, die teilweise lebensbedrohlich oder tödlich verlaufen
bei sehr niedrigen Temperaturen sogar wasserfreie können.
Kälteschutzprodukte. Lippen, Augenpartie und Die meisten Insekten werden durch den Geruch
Hände sind dabei nicht zu vergessen. Die trockene unseres Schweißes, des Bluts oder dessen Bestand-
Heizungsluft macht es außerdem erforderlich, den teilen angelockt. Durch Repellentien wird dieser
hohen transepidermalen Wasserverlust beständig Geruch überdeckt. Wir bilden eine abstoßende Ge-
auszugleichen. Am besten ist dies über Nacht mög- ruchswolke um uns, die Insekten drehen vor ihr ab.
lich, indem die übliche Nachtpflege mit einer Feuch- Solch eine Geruchswolke kann durch verschiedene
tigkeitspflege oder mit einer Ampullenkur kombi- Substanzen entwickelt werden, und ihre Beständig-
niert wird. Hält man sich im Winter den größten Teil keit ist abhängig von äußeren und stoffgebundenen
des Tages in geheizten Räumen auf, sollte unter die Faktoren (7 Übersicht 7.16).
normale Tagespflege (O/W-Emulsion) ein zusätz- Stoffe, die als Insektenschutzmittel verwendet
liches Feuchtigkeitspräparat aufgetragen werden. Es werden, sind seit altersher ätherische Öle (7 Über-
kann bei trockenen Hauttypen durchaus notwendig sicht 7.17). Sie sind in den benötigten Konzentrati-
werden, das übliche Schema »zweimal täglich ein- onen oft genauso hautreizend wie die synthetischen

. Tabelle 7.12. Von Insekten übertragene Infektions-


Übersicht 7.15. Kälteschutzsalben krankheiten
(W/O-Creme) Insekt Erkrankung
Zecke FSME, Borreliose
Avene Cold Cream Creme Pierre Fabre
Avene Cold Cream Körperemulsion Pierre Fabre Floh Pest, Rickettsiose
Cold Cream Naturel La Roche-Posay Anopheles-Mücke Malaria
Cold Cream Weleda Tse-tse-Fliege Schlafkrankheit
Excipial Fettcreme Hans Karrer
Moskitoarten Gelbfieber
Ilrido Winter Creme LSF25
Laus Rickettsiose, Borreliose
192 Kapitel 7 · Pflegeanleitungen und Hautschutz für den ganzen Körper

Übersicht 7.16. Faktoren, welche die Wirk- Übersicht 7.17. Ätherische Öle mit Repellents-
dauer von Repellentien beeinflussen Wirkung

Windgeschwindigkeit Citronell
Luftfeuchtigkeit Nelke
Temperatur Eukalyptus
Tageszeit, Helligkeit Lavendel
Schweißmenge Zimt
Ernährung Zeder
Konzentration Zitrone
Haftfähigkeit auf d. Haut
Abrieb durch z. B. Kleidung, Sand etc.

7
Stoffe, und ihre Wirksamkeit ist gering. Der älteste Weitere Substanzen mit Repellentwirkung sind
synthetische Stoff ist das Diethyltoluamid (DEET) z. B. IR3535, Phthalsäureester, Milchsäurebenzyles-
mit einer hohen Wirksamkeit gegenüber verschiede- ter, Dibutylsuccinat (. Tab. 7.13), die jedoch alle
nen Insekten. Die Wirkung hält gegenüber Mücken nicht tropen- bzw. malariatauglich sind. Alle Stoffe
6–8 Stunden an, gegenüber Zecken nur 2 Stunden. sind für Babys und Kinder unter zwei Jahren unge-
Das DEET hat seit einigen Jahren eine Konkurrenz, eignet, da sie abgeleckt, eingeatmet oder durch die
das Icaridin, Bayrepel® oder 2-(2-Hydroxyethyl)-1- Haut penetrieren können. Bis auf DEET liegen
piperiden-carbonsäure-methylpropylester. Es ist in kaum Studien über die Verträglichkeit der Substan-
20 %iger Konzentration gegenüber Stechmücken, zen bei Kindern vor, unerwünschte oder toxische
Moskitos und Zecken ebenso effektiv wirksam, ohne Reaktionen können nicht ausgeschlossen werden.
dabei Plastik (z. B. Fotoapparate, Handys, Handta- (Richten Sie sich nach den Herstellerhinweisen!).
schen etc.) anzulösen wie DEET. Beide Substanzen Alle Stoffe dürfen nicht mit Schleimhäuten in Be-
sind wirksam gegen die Malaria übertragenden rührung kommen, und einige Substanzen lösen
Stechmücken. Kunststoffe an, so dass Kleidungsstücke, Sonnen-

. Tabelle 7.13. Repellentien und ihre wirksamen Inhaltsstoffe

Wirkstoff INCI Produkt Wirkspektrum


DEET Diethyl Toluamide Antibumm® forte, Stechmücken, Bremsen,
Moskitox, No bite Zecken (2 h), Fliegen
Icaridin Hydroxyethyl Autan Stechmücken, Bremsen,
(Bayrepel®) Isobutyl Piperidine Zecken, Fliegen
Carboxylate
Dimethylphthalat Dimethyl Phthalate Palatinol M Stechmücken
Ethyl-Butylacetyl-amino- Ethyl Butylamino ultrasun Myx Repellent, Stechmücken, Bremsen,
propionat, IR 3535TM -propionate Perysan, Antibrumm Zecken, Fliegen, Bienen,
sensitive Wespen
ätherische Öle – Dschungelmilch, kein zuverlässiger Schutz
Zedan
Citronellaöl Citronella Mükkafort Pad s.o.
7.6 · Insektenschutz, Repellentien
193 7

brillen, Fotoapparate etc. in Mitleidenschaft gezo- dies gilt vor allem während der Dämmerung und
gen werden können. Nacht. Möglichst langärmelige Oberteile und lange
Der Schutz gegenüber Stechmücken und Moski- Hosen aus festem Gewebe tragen, durch die die Mos-
tos erhält in den feucht-tropischen, malariagefähr- kitos nicht durchstechen können. Feinmaschige Git-
deten Gebieten einen ganz anderen Stellenwert als ter an den Fenstern oder Moskitonetze zum Schlafen
bei uns, deshalb sind einige wichtige Regeln für den verwenden.
Insektenschutz zu beachten, um eine Infektion zu In einer aktuellen britischen Studie ist man
vermeiden (7 Übersicht 7.18): Alle unbedeckten Kör- einem neuen Wirkprinzip auf der Spur. Die Wissen-
perstellen mit Repellentien einreiben oder sprühen, schaftler konnten im Schweiß der glücklichen Per-
sonen, die nicht von Stechmücken und anderem
Getier attackiert werden, eine körpereigene Substanz
Übersicht 7.18. Bedingungen, die Insekten nachweisen, die Stoffe in unserem Schweiß maskiert,
anziehen durch die normalerweise Insekten angelockt wer-
den. Die Chemie des gefundenen Stoffes wird von
Windstille den Wissenschaftlern aus patentrechtlichen Grün-
Dunkelheit den noch nicht verraten. Die Substanz soll in nied-
Luftfeuchte >85% riger Konzentration geruchlos sein und in höherer
Temperatur 15–32 °C leicht fruchtig riechen. Da sie von unserem Körper
Dunkle Kleidung produziert wird, ist sie auch nicht mit den üblichen
Schweiß Risiken und Einschränkungen der Repellentien be-
Körperwärme haftet. Testreihen zur Wirksamkeit dieses neuen,
Aminosäuren, Steroide körperverwandten Insektenschutzmittels laufen
zurzeit mit Erfolg versprechenden Ergebnissen.
8

8 Sonne, Sonnenschutz
und Selbstbräunung
8.1 Physikalische Grundlagen – 196
8.1.1 Die Sonne – 196
8.1.2 Sonnenstrahlen, Sonnenenergie – 196
8.1.3 Beeinflussung der Sonnenenergie – 197

8.2 Physiologische Grundlagen – 200


8.2.1 Wirkungen der UV-Strahlen auf der Haut – 200
8.2.2 Haarschäden durch UV-Licht – 203
8.2.3 Wirkungen der IR-Strahlung – 204

8.3 Sonnenschutz – 204


8.3.1 Sonnenfilter – 204
8.3.2 Testmethoden für Sonnenschutzmittel und deren Deklaration – 212

8.4 Sonnenschutzprodukte – 217


8.4.1 Wirkstoffe und Zusatzstoffe in Sonnenschutzprodukten – 217
8.4.2 Produktgruppen – 218

8.5 Sonnenberatung – 220


8.5.1 Pigmentierungstypen – 220
8.5.2 Wahl des LSF und PPD – 221
8.5.3 Wahl der galenischen Form und des passenden Produktes – 225
8.5.4 Der richtige Umgang mit der Sonne und dem Sonnenschutz – 227
8.5.5 After-sun-Pflege – 231
8.5.6 Sonnenbrand – was dann? – 231

8.6 Solarien – 232

8.7 Selbstbräunung – 233


196 Kapitel 8 · Sonne, Sonnenschutz und Selbstbräunung

8.1 Physikalische Grundlagen

8.1.1 Die Sonne

Die Sonne, als Fixstern unseres Planetensystems,


wurde viele Jahrtausende als mystisches Wesen und
Gottheit verehrt und gefürchtet. Sie erzeugte Leben,
brachte aber auch den Tod durch Dürren und Hun-
gersnöte. In den letzten beiden Jahrtausenden wur-
den die verschiedenen Sonnenkulte mehr und mehr
durch das Christentum und den Islam verdrängt. In
diesen Religionen ist die Sonne nur noch ein Werk-
zeug Gottes.
Heute ist die Sonne umfassend erforscht, und
ihre einzelnen Phänomene können als physikalische
und chemische Gesetzmäßigkeiten erklärt werden.
Es bleibt kein Platz mehr für die Mystik der voran-
8 gegangenen Jahrtausende.
Die Sonne ähnelt einem Kernreaktor mit einer
unvorstellbaren Energieemission, welche durch Ver-
schmelzung von Wasserstoffkernen entsteht. Durch
diese gewaltigen Energien, die im Inneren frei wer-
den, entstehen Temperaturen von nahezu 20 Mil-
lionen Grad Celsius. An der Oberfläche der Sonne
wäre noch eine Restwärme von 5500 °C zu messen;
im Vergleich dazu: Lava hat eine Temperatur von
etwa 1400–1500 °C. Nach etwa 8 Minuten oder
einem Weg von 8 Lichtminuten (150 Millionen km)
. Abb. 8.1. Spektrum der Sonnenstrahlen
treffen die Sonnenstrahlen und ihre Restenergie auf
die Erdatmosphäre.

Übersicht 8.1. Durch energiereiche Strahlung


8.1.2 Sonnenstrahlen, Sonnenenergie ausgelöste chemische Veränderungen:

Das Spektrum der Sonnenstrahlen reicht von ioni- Radikalbildung


sierender kosmischer Strahlung (γ- und Röntgen- DNA-Veränderungen
strahlen) über ultraviolette (UV) Strahlen, sichtbares Mutationen
Licht (VIS) bis zu Infrarotstrahlen (Wärmestrah- Spaltung von biochemischen Stoffen
lung, IR) und Mikrowellen (. Abb. 8.1). Je kurzwel- Neukombination von Substanzen
liger die Strahlen, desto energiereicher sind sie und Abtötung lebender Organismen
desto leichter werden chemische Reaktionen von Entstehung von Antigenen
ihnen ausgelöst oder katalysiert, die zu Verände-
rungen biologischer Prozesse und Materialien füh-
ren und dadurch extrem schädlich wirken können Erdoberfläche. Die ionisierende Strahlung und die
(7 Übersicht 8.1). sehr kurzwelligen UVC-Strahlen und große Anteile
Zum Glück erreicht von diesem Spektrum nur der UVB- und UVA-Strahlen werden von der Erdat-
noch ein Bruchteil des UVA- und UVB-Lichtes, das mosphäre absorbiert oder in das Weltall reflektiert.
sichtbare Licht, die Infrarot- und Mikrowellen die Würden diese Strahlen im vollen Umfang auf der
8.1 · Physikalische Grundlagen
197 8

. Abb. 8.2. Filterwirkung der Ozonschicht und Erdatmosphäre

Erdoberfläche auftreffen, wäre ein Leben jeglicher Filterfaktoren wie Wolken und Staubpartikel (Um-
Art auf der Erde nahezu unmöglich (. Abb. 8.2). weltverschmutzung), die sehr oberflächennah noch
weitere UV-Strahlen zurückhalten oder streuen,
dürfen in ihrer Filterwirkung nicht überschätzt
8.1.3 Beeinflussung der werden; am Äquator bekommt man selbst bei
Sonnenenergie Bewölkung ungeschützt einen Sonnenbrand. Die-
se Filterfaktoren sind außerdem durch ihre Un-
Die Atmosphäre, der natürliche beständigkeit und schnelle Veränderung in ihrer
Sonnenfilter möglichen Filterwirkung nur schlecht zu berech-
Die Ozonschicht ist der wichtigste UV-Filterbereich nen.
der Erdatmosphäre. Ihre Erhaltung ist für das Leben
auf der Erde unerlässlich. Sie hält die sehr aggres- Sonnenstand und Jahreszeiten
siven, kurzwelligen UVC-, einen Großteil der UVB- Die Erde kreist in einer elliptischen Umlaufbahn
und Teile der UVA-Strahlen ab. Die Absorptions- einmal in 365,25 Tagen um die Sonne. Die Erde
fähigkeit der Ozonschicht nimmt mit der Länge der dreht sich einmal in 24 Stunden um ihre eigene Ach-
Lichtwellen ab. Sichtbares Licht, IR- und Mikrowel- se. Die Erdachse steht nicht senkrecht auf der Son-
len können nicht absorbiert werden. nenumlaufbahn, sondern ist leicht geneigt. Durch
Die Länge des Weges der Sonnenstrahlen durch diese Neigung entstehen die wechselnden Jahres-
die Erdatmosphäre, die Ozonschicht, Staub und zeiten auf der Erde (. Abb. 8.3, 8.4).
Wolken sind entscheidend für die Filterwirkung. Stellen Sie sich vor, Sie stehen am 21. Juni in
Je dicker die Schicht oder je länger der Weg der Hong Kong oder Kuba auf dem nördlichen Wende-
Strahlen, um so weniger UV-Licht erreicht die Erd- kreis (23°27′ Breitengrad Nord). Zu diesem Zeit-
oberfläche. Bei langen Wegen oder sehr schrägem punkt scheint die Sonne fast senkrecht über diesen
Einfall der Sonnenstrahlen wird ein Großteil der Orten. Der Strahlenweg durch die Atmosphäre ist
UVB- und UVA-Strahlung absorbiert oder gestreut. sehr kurz, die UV-Filterung am geringsten. Es ist
198 Kapitel 8 · Sonne, Sonnenschutz und Selbstbräunung

. Abb. 8.3. Vereinfachtes Bild der elliptischen Umlaufbahn der Erde um die Sonne

. Abb. 8.4. Stand der Sonne während Sommer,


Frühling, Herbst und Winter und die zurückgelegte
Strecke der Sonnenstrahlen durch die Ozonschicht

8
8.1 · Physikalische Grundlagen
199 8

nicht mehr unter; andererseits herrscht zeitgleich


oberhalb des südlichen Polarkreises (66°30') Dun-
kelheit. Um den 21.12. verhält es sich genau umge-
kehrt; oberhalb des nördlichen Polarkreises ist nur
Nacht, oberhalb des südlichen Polarkreises nur Tag.
Während einer Erdumdrehung verändern sich
die Weglängen der Strahlen durch die Ozonschicht
auch innerhalb eines Tages. Die direkteste und kür-
zeste Einstrahlung liegt zwischen 11.00–15.00 Uhr;
es besteht eine erhöhte Sonnenbrandgefahr. Früh
morgens und abends ist die UV-Belastung gering
(. Abb. 8.5).
Eine Faustregel sagt: »Steht die Sonne mehr als
drei Handbreit über dem Horizont besteht Sonnen-
brandgefahr« (dazu den Arm ausstrecken und den
Horizont fixieren).

Reflexion und Streuung


Die Intensität der UV-Strahlung wird nicht nur
. Abb. 8.5. Veränderung der Strahlenlänge durch die Atmos-
durch die »Dicke« der Atmosphäre und Ozonschicht
phäre im Laufe eines Tages
beeinflusst. Streuung, vor allem die der kurzwelligen
UVB-Strahlen durch die Atmosphäre, Wolken,
hier Sommer mit höchster UV-Belastung. Ähnliches Staubpartikel und Gase verstärkt die UVB-Dosis auf
gilt für alle nördlich darüberliegenden Länder. der Erdoberfläche. Die indirekte, durch Streuung
Wir stehen zum gleichen Zeitpunkt in Rio de verursachte Sonneneinstrahlung kann bei verschie-
Janeiro oder Alice Springs (Australien) auf dem süd- denen Witterungsbedingungen und Standorten
lichen Wendekreis (23°27' Breitengrad Süd). Die durchaus die direkt auf die Erdoberfläche treffende
Sonnenstrahlen fallen sehr schräg ein. Sie müssen Sonnenstrahlung überwiegen. Durch dieses Streu-
einen langen Weg durch die Atmosphäre zurück- licht wird man selbst im Schatten oder bei bewölktem
legen mit maximaler UV-Filterung. Es herrscht Himmel braun. Die UVB-Streustrahlung kann bis
geringe bis keine UV-Belastung. Es herrscht hier zu 50 % des Wertes unter klarem Himmel betragen.
Winter. Ähnliches gilt wiederum für alle südlicher UVA-Strahlen werden kaum gestreut. Sie wer-
gelegenen Gebiete. Durch die elliptische Umlauf- den durch Wolken und Umweltverschmutzung zu-
bahn der Erde ist diese Situation am 21.12. genau rückgehalten, und die UVA-Strahlung nimmt ab.
umgekehrt; auf der Nordhalbkugel ist Winter, auf UV-Strahlen werden außerdem leicht durch
der Sübhalbkugel Sommer. Am 21.3. und 21.9. tref- Wasser, Schnee, hellen Sand, glatte Beton- und Spie-
fen die Sonnenstrahlen fast senkrecht auf den Äqua- gelflächen reflektiert. Reflexionseffekte potenzieren
tor. In Ländern oberhalb der beiden Wendekreise die UV-Strahlung. Dies bedeutet, dass Aufenthalte
herrscht nun Frühling oder Herbst. In der Äquarto- auf Schnee-, Eis- und Wasserflächen mit einer hohen
rialzone (zwischen dem 23. nördl. und 23. südl. Brei- UV-Belastung einhergehen, es müssen extrem hohe
tengrad) ändert sich der Stand der Sonne nur ge- LSF auf die Haut aufgetragen werden.
ringfügig. Das ganze Jahr über ist mit einer hohen Begeben wir uns ins Gebirge, müssen wir auch
UV-Belastung zu rechnen. Dies bedeutet auch, dass mit einer erhöhten UVB-Belastung rechnen (. Tab.
die Jahreszeiten nicht sehr ausgeprägt sind. 8.1), durch weniger Streulicht und einen größeren
Durch die Stellung der Sonne lassen sich noch Anteil an direkter Sonnenstrahlung erhöht sich die
andere Phänomene sehr leicht verdeutlichen. Um UVB-Belastung etwa um 15 % pro 1000m Höhe.
den 21.6. geht oberhalb des nördlichen Polarkreises Liegt zusätzlich noch Schnee oder Eis potenziert sich
(66°30') für einen begrenzten Zeitraum die Sonne die Energiemenge nochmals.
200 Kapitel 8 · Sonne, Sonnenschutz und Selbstbräunung

. Tabelle 8.1. Verstärkung der Sonnenenergie in der


8.2 Physiologische Grundlagen
Höhe (n. Raab)
Höhe [m] UVB [%] UVA [%] Von den Sonnenstrahlen, die durch die Atmosphäre
gelangen und auf unseren Körper treffen, dringen
1000 20 17
die UVB-Strahlen bis etwa zur Basalschicht der Epi-
2000 25 27
dermis vor, die UVA-Strahlen dringen bis in das
3000 50 34 tiefe Corium. Sichtbares Licht und kurze Infrarot-
4000 62 40 strahlen gelangen noch weiter vor, so dass sie zu ei-
5000 70 44 ner Erwärmung des Blutes in der Subcutis führen.
Die kurzwelligen UVC und die langwelligen IR-
Strahlen werden an der Hautoberfläche reflektiert.
. Tabelle 8.2. Reststrahlungsmenge unter Wasser
(n. Raab)
8.2.1 Wirkungen der UV-Strahlen
Tiefe [cm] UVB [%] UVA [%]
auf der Haut
0 100 100
50 63 85 Jeder kennt das Gefühl, wenn der Winter dem Ende
8 100 47 77 zugeht und die ersten warmen, sonnigen Tage neuen
150 37 72 Tatendrang und Lebensfreude wecken. Wer die
Sonne aber in vollen Zügen genießen will, muss sich
nicht nur über die positiven Wirkungen der Sonnen-
Befindet man sich unter Wasser, ist dies noch strahlen im Klaren sein, sondern auch ihre Nachteile
kein Schutz gegen UV-Licht. In 1m Tiefe durchdrin- kennen (. Tab. 8.3).
gen noch 50 % der UVB- und 75 % der UVA-Wellen UVB-Strahlen ermöglichen die Vitamin D-Syn-
die Wasserfläche (. Tab. 8.2). Erst durch Geräte- these und sind außerdem keimabtötend. Etwa 70 %
tauchen in Tiefen von 5–20 m sind wir vor Sonnen- der Psoriatiker und Neurodermitiker berichten von
brand und Lichtschäden geschützt. Schwimmer und einer Verbesserung der Hautsymptome durch Son-
Schnorchler müssen sehr genau auf ihren Sonnen- nenbestrahlung. Im Zusammenspiel mit UVA-Wel-
schutz achten, da zusätzlich die Reflexion durch die len, sichtbarem Licht und IR-Strahlung fühlt sich der
Wasseroberfläche hinzukommt. Körper wohlig warm an, und die Psyche erlebt einen

. Tabelle 8.3. Positive und negative Einflüsse der Sonnenstrahlen auf den menschlichen Körper
Strahlung negative Einflüsse positive Einflüsse
VIS, IR Überhitzung
Altersflecken Wärmegefühl
UVB Sonnenbrand Bräunung (beständig)
Immunsuppression Keimabtötung
Hautveränderungen Vit. D-Synthese
Hautkrebs Lichtschwiele
Augenschäden Immunmodulation
UVA Sonnenallergie Sofortbräunung
Mallorca-Akne (unbeständig)
Hautalterung, Fältchen Immunmodulation
Elastose
Hautkrebs
Altersflecken
Photoallergische Reaktionen
Phototoxische Reaktionen Stimmungsaufhellung
8.2 · Physiologische Grundlagen
201 8

Aufschwung. (In letzter Zeit gibt es vermehrt For- fehlender Hornschicht oder seltener Sonnenbe-
schungsprojekte zum Thema Licht-Depressionen, strahlung besitzen deshalb ein höheres Sonnen-
die in den sonnenarmen Wintermonaten auftreten). brand- und Krebsrisiko, z. B. Ohrmuschel, Fußrü-
Wir fühlen uns leistungsfähiger; das Immunsystem cken, Dekolleté, Nasenrücken und Lippen.
erlebt eine Aktivierung, was sich in einem geringe- UVA-Strahlen führen zu einer Sofortpigmentie-
ren Infektrisiko im Sommer verdeutlicht. rung, die aber nur kurz anhält und nur einen gerin-
Gleichzeitig induzieren UV-Strahlen eine Haut- gen Schutz bietet. Sie entsteht durch eine reversible
bräunung (UVB/A) und fördern die Verdickung Oxidation von Melaninvorstufen, das Melanin dun-
der Epidermis und des Stratum corneum (UVB), als kelt nur nach. Die Reaktion ist reversibel, das be-
Schutz gegen Sonnenstrahlen. deutet, dass die braune Farbe nach wenigen Tagen
Als akute Schädigung durch UVB-Strahlen tritt wieder verblasst.
der Sonnenbrand auf; die chronischen Schäden sind Beide Prozesse – Bräunung und Lichtschwiele –
Hautveränderungen und Hauttumoren. erreichen nach etwa 2–3 Wochen bei langsam ge-
UVA-Strahlen sind nur zu maximal 10 % an der steigerter Bestrahlungsmenge/Tag ihr Maximum.
Entstehung eines Sonnenbrands beteiligt. Sie verur- (Das heißt, dass nie so lange gesonnt werden darf,
sachen akute Schäden wie eine Sonnenallergie oder dass ein Sonnenbrand entsteht.) Erst nach dieser
Mallorca-Akne, phototoxische oder allergische Re- Zeit ist der Eigenschutz unserer Haut voll wirksam.
aktionen. Von diesen Nebenwirkungen sind aber Bei hellen Hauttypen ist dieser Bräunungsschutz
nur wenige empfindliche Personen betroffen. sehr gering (LSF 0–3), bei dunklen bis sehr dunklen
UVA-Strahlen führen vor allem zu Langzeitschä- Typen kann er einen LSF von 10 erreichen. Die
den wie Hautalterung, Fältchenbildung, einem Elas- Lichtschwiele ist bei fast allen Menschen gleich aus-
tizitätsverlust (Elastose) der Haut und sie begünsti- geprägt und kann einen LSF von 4 erreichen. Dieser
gen die Entstehung von Hauttumoren. Aspekt ist später wichtig für die Beratung und Aus-
wahl der Sonnenschutzpräparate. Des Weiteren ver-
Schutzmechanismen der Haut fügt unser Körper, insbesondere die Haut, über
gegen Sonnenstrahlen verschiedenste, ineinander greifende Repairsysteme,
UVB-Strahlen regen in der Epidermis die Melanin- die sehr effektiv Radikale, DNA- und Zellschäden
synthese (Farbstoff) durch die Melanosomen (Orga- beseitigen können, wie z. B. Vitamin E, A, C, Ubichi-
nelle) in den Melanozyten (Zelltyp) an (7 Kap. 2.1.1, non, Superoxiddismutase, Glutathion, Zinkionen
2.5.5). Das Melanin und auch die Melanosomen und Selen, um nur einige zu nennen.
werden in umliegende Keratinozyten übertragen.
Das entstandene Melanin legt sich als DNA-Schutz Sonnenbrand und UVB-Schäden
um die Zellkerne. Der Farbstoff reflektiert die UV- Ein Sonnenbrand (Sonnenerythem) entsteht durch
Strahlen oder wandelt sie in Wärme um. Je stärker eine Überlastung der hauteigenen Schutzmechanis-
die Melaninproduktion, also je dunkler der Hauttyp men mit UVB-Strahlen. Die Zellen der Epidermis
ist, umso besser ist der hauteigene Sonnenschutz. Bei werden geschädigt oder erleiden einen Zelltod. Ent-
Schwarzen durchdringen selbst sichtbares Licht und zündungsmediatoren und Schmerzstoffe werden frei-
IR-Strahlen erst nach längerer Bestrahlungszeit die gesetzt, die Haut rötet sich, brennt, und in schlimmen
Haut, so dass sie besser vor einer Überhitzung ge- Fällen entstehen Blasen und ein generalisiertes Krank-
schützt sind als hellhäutige Personen. Die vollstän- heitsgefühl, vergleichbar einer Verbrennung 1. bis
dige Bräunung entwickelt sich langsam und schützt 2. Grades. Das Erythem entwickelt sich verzögert erst
so lange, bis das Melanin herausgewachsen ist (ca. einige Stunden nach einer Sonnenexposition. Wenn
4 Wochen). eine Rötung schon während eines Sonnenbades auf-
UVB-Licht fördert auch eine Verdickung der tritt, liegt eine massive Verbrennung vor. Von einer
Epidermis (Lichtschwiele), insbesondere der Horn- weiteren Sonnenbestrahlung sollte für die Dauer des
schicht, die auf das Doppelte anwächst. Die Licht- Sonnenbrandes unbedingt abgesehen werden.
schwiele ist ein weiterer Schutzfaktor gegenüber Intensive UVB- und UVA-Strahlen überlasten
UV-Licht. Körperbereiche mit dünner Epidermis, aber auch die Immunfunktionen und Reparatur-
202 Kapitel 8 · Sonne, Sonnenschutz und Selbstbräunung

mechanismen in unserer Haut. In der Epidermis und akute phototoxische Reaktionen auslösen kann.
arbeiten verschiedene Reparatursysteme (Repair- Durch ähnliche Effekte entstehen andererseits Anti-
mechanismen). Sie »reparieren« kontinuierlich ge- gene in der Haut, die zu photoallergischen Reakti-
schädigte Zellen oder DNA, und Radikale werden onen führen, die sich meist erst nach 2–3 Tagen
beseitigt. Durch UV-Strahlen wird die Menge der manifestieren.
geschädigten Substanzen oder gebildeten Radikale Die Sonnenallergie ist eine Sammelbezeich-
extrem erhöht, so dass ab einer bestimmten Bestrah- nung, die unter Nicht-Medizinern für verschie-
lungsmenge bzw. -zeit diese Repairmechanismen denste Lichtdermatosen unterschiedlichster me-
ausgelastet, später überlastet sind. Es kommt zu ei- dizinischer Ursachen herangezogen wird, wenn
ner Zunahme von geschädigten Zellen (Erythem, Hautveränderungen durch Licht auftreten. (In der
vgl. oben), Fremdantigenen und geschädigter DNA, Dermatologie existiert keine Definition zur Son-
die langfristig zu Hautkrebs führen. Diese geschädig- nenallergie.)
ten Hautzellen senden Botenstoffe aus, die über das Die häufigste Form ist die polymorphe Licht-
Blut im ganzen Körper verteilt werden, so dass auch dermatose (PLD), die sich durch minutenschnelle
mit einer systemischen Immunsuppression gerech- Quaddelbildung, Rötungen und Juckreiz nach Son-
net werden muss, was auch einen Herpesausbruch nenexposition auszeichnet. Sie tritt bei 10–20 % der
begünstigt. Der Eintritt der Immunsuppression läuft eher hellhäutigen Bevölkerung der gemäßigten bis
8 nicht zeitgleich mit der Entstehung des Erythems. Sie kühleren Klimazonen auf, wobei Frauen häufiger
verläuft unbemerkt und ohne akute Warnsignale. Es betroffen sind als Männer. Dies führt zu der Über-
wird heute angenommen, dass schon nach 60 % der legung, ob Hormone das Entstehen der PLD be-
Besonnungszeit, nach der sich ein Sonnenbrand ent- einflussen; es konnte jedoch noch kein eindeutiger
wickelt, die Repairmechanismen überlastet sind und Zusammenhang nachgewiesen werden.
ein potenzielles Hautkrebsrisiko besteht. Als weitere Ursache vermutet man eine aller-
Damit die Repairmechanismen sich wieder re- gische Reaktion vom Spättyp, ausgelöst durch auto-
generieren können, muss eine Besonnungspause loge Antigene, die durch UV-Licht induziert wur-
von etwa zwölf Stunden eingehalten werden. Diese den. Doch auch verschiedene andere endogene und
Zeitspanne gilt nur, wenn kein Sonnenbrand aufge- exogene Photosensibilisatoren werden in Betracht
treten ist! gezogen.
Als gesichert gilt, dass bei 75 % der Fälle allein
Hautalterung und UVA-Schäden UVA-Licht, gegenüber 10 % allein UVB- und 15 %
Hautalterung und Lichtdermatosen werden durch UVB-und UVA-Licht, verantwortlich für den Aus-
UVA-Strahlen verursacht. Sie dringen bis zum Bin- bruch der PLD ist. Zur Vorbeugung werden wasser-
degewebe vor und schädigen die Fibroblasten. Es und lichtfeste Sonnenpräparate mit hohen Licht-
wird vermehrt Kollagen abgebaut, demgegenüber schutzfaktoren und UVA-Filtern eingesetzt, ergänzt
steht eine erhöhte Synthese der elastischen Fasern. durch eine hohe Konzentration an antioxidativ
Diese aber degenerieren und verklumpen sehr wirkenden Substanzen z. B. Vitamine, Polyphenole,
schnell, die Haut verliert ihre Elastizität, sie ist gelb- Enzyme (7 Kap. 4.6.10). Als Prophylaxe hat sich bei
lich-fahl und verdickt. Erkennbar wird dies durch einigen Betroffenen die orale Aufnahme von β-Ca-
tiefe Falten und Runzeln und eine Haut, die wie ge- rotin oder Calcium 4–6 Wochen vor der Besonnung
gerbtes Leder wirkt. Man nennt dies eine Elastose bewährt. Die Haut war widerstandsfähiger.
(pathologisch). Diese Falten durch »photo-ageing« UVA-Wellen sind verantwortlich für eine Radi-
sind pathophysiologisch anders geartet als die natür- kalbildung und eine folgende Lipidperoxidation der
lich entstehenden Falten durch die genetisch festge- kosmetischen Inhaltsstoffe auf der Haut. Die ent-
legte Hautalterung. standenen Lipidperoxide führen im Bereich der
Dass die UVA-Strahlung bis zu den Blutgefäßen Haarfollikel zu Entzündungsreaktionen, die sich in
vorzudringen vermag, erklärt die Tatsache, dass sie Form von Rötungen, Juckreiz, Pusteln und Papeln
in Verbindung mit photosensiblen Arzneistoffen äußern. Das Krankheitsbild ähnelt einer Akne,
und Körpersubstanzen in der Blutbahn reagieren weshalb diese pathologische Hautreaktion fälschli-
8.2 · Physiologische Grundlagen
203 8

cherweise als Mallorca-Akne bezeichnet wird. Die- sung oder Lasertherapie, beseitigt und die Entwick-
se Lichtdermatose wird durch die Meidung von Fet- lung zu einem Stachelzellkrebs verhindert werden.
ten, Wachsen und Emulgatoren in Sonnenprodukten Das Basaliom oder Basalzellkrebs ist mit 80 000
und einer breiten Filterung von UVA-Licht sehr gut Neuerkrankungen in Deutschland pro Jahr der häu-
eingeschränkt. Der Zusatz von Antioxidantien ist figste Hautkrebs. Er bildet keine Metastasen, aber die
auch hier empfehlenswert, um die Lipidperoxidation Krebszellen können in tiefere Hautschichten bis zum
zu verhindern und die Radikalbildung der Haut zu Knochen- und Knorpelgewebe wandern. Dies führt
minimieren. Besonders betroffen von der Mallorca- zu schweren Entstellungen bis hin zum Tod.
Akne sind Menschen mit Akne, früherer Akne, Akne- Beim Spinaliom und Basaliom ist im Gegensatz
neigung, unreiner oder fetter Haut. zum malignen Melanom die Gesamtdosis der UV-
Strahlen über einen längeren Zeitraum entscheidend.
Hautkrebsformen Man konnte feststellen, dass bei Berufen, die mit
Aufgrund der Brisanz des Themas und der verstärk- regelmäßiger UV-Bestrahlung verbunden sind, wie
ten Inzidenz in den letzten Jahren, möchte ich an bei Landwirten oder Bauarbeitern, besonders häufig
dieser Stelle die häufigsten, vermutlich lichtindu- eine aktinische Keratose auftritt, die Vorstufe des
zierten Hauttumoren vorstellen. Stachelzellkrebses.
Der bekannteste metastasenbildende Hauttu-
mor ist das maligne Melanom oder schwarzer
Hautkrebs. In Deutschland erkranken pro Jahr 8.2.2 Haarschäden durch UV-Licht
etwa 20 000 Menschen und mehr als 2000 sterben
daran, wobei sich die Inzidenz bis heute alle zehn Sicher ist jedem bekannt, dass das Haar durch starke
Jahre verdoppelt hat. Die Entstehung wird vor allem Sonneneinstrahlung ausbleicht, heller wird. Dieser
durch kurze, intensive UV-Bestrahlungen und Effekt wird meist als trendy empfunden, vor allem
häufige Sonnenbrände in der Kindheit begünstigt. bei Frauen. Doch leider muss dafür ein hoher Preis
Ein Risikofaktor sind die Gesamtzahl der Pigment- gezahlt werden. Durch die UV-Strahlen wird die
male, die regelmäßig beobachtet und bei Verände- Proteinstruktur der Haare zerstört, die Schuppen-
rungen möglichst von einem Dermatologen unter- schicht wird beschädigt, und der Wassergehalt ver-
sucht werden sollten (nähere Informationen: www. ringert sich, vorangetrieben häufig noch durch
unserehaut.de; www.krebshilfe.de). Wind, hohe Temperaturen und Salzwasser. Die
Weitestgehend unbekannt in der Bevölkerung Haare werden nach einem zweiwöchigen Urlaub
sind die hellen Hautkrebsarten, Spinaliom und Ba- zwar blond, aber auch spröde, trocken, glanzlos und
saliom. Was aber nicht bedeutet, dass sie ungefähr- schwer kämmbar, mit einer Tendenz zu Haarbruch
lich und selten sind. und Spliss. Bei gefärbten oder dauergewellten Haa-
Das Spinaliom, auch Stachelzellkrebs oder ren sind diese Schädigungen wesentlich schneller
Plattenepithelkarzinom genannt, ist mit 22 000 und massiver zu beobachten.
Neuerkrankungen pro Jahr der zweithäufigste Haut- Im Bereich des UV-Haarschutzes gibt es noch
krebs. Er könnte frühzeitig erkannt sehr leicht ver- Forschungsbedarf, viel ist noch nicht bekannt. Als
hindert werden. Das Spinaliom entsteht aus einer praktische Schutzmaßnahme kann eine Kopfbe-
aktinischen Keratose (durch Licht bedingte Verhor- deckung empfohlen werden, die gleichzeitig einen
nungsstörung, »helle Lichtschwiele«). Die Verände- gewissen Schutz vor einem Sonnenstich gewährleis-
rungen sind zunächst Schuppungen, Verkrustungen tet. Außerdem können Haare durch ein Haarspray
und ein sandpapierartiges Hautbild. Je nach Pigmen- mit UV-Faktoren geschützt oder vorher mit einer
tierungstyp geht die aktinische Keratose bei 10– UV-filterhaltigen Spülung oder einem Schaumfes-
30 % der Patienten in ein bösartiges Spinaliom über, tiger behandelt werden, lange Haare werden am bes-
welches durch Einbrechen in die Lederhaut, über ten zu einem Knoten aufgewickelt und dieser dann
die Lymphbahnen metastasieren kann. Die helle eingesprüht oder mit einem Tuch umwickelt. Bei
Lichtschwiele kann sehr einfach durch verschiedene jeglichen Frisuren sollte möglichst ein Scheitel ver-
Arzneistoffe oder mechanische Eingriffe, wie Verei- mieden werden, denn auch hier kann ein sehr lästi-
204 Kapitel 8 · Sonne, Sonnenschutz und Selbstbräunung

ger, schmerzhafter Sonnenbrand auf der Kopfhaut werden, z. B. Matrixmetalloproteinase-1 (MMP-1),


entstehen, ebenso bei Personen mit starken Haar- welches Kollagen und Elastin abbaut. Dies wirkt sich
wirbeln. physiologisch in einer Degeneration der Bindege-
websfasern, einem Elastizitätsverlust und Verlust der
Wasserbindungsfähigkeit aus. Die Haut altert schnel-
8.2.3 Wirkungen der IR-Strahlung ler. Dieser Signalweg wird durch das Eindringen der
IRA-Strahlen in die Mitochondrien der Subcutis-
Das Infrarot-Spektrum wird, wie die UV-Strahlung zellen, »den Kraftwerken« der Zelle, ausgelöst. Durch
in verschiedene Wellenlängenbereiche unterteilt. An synergistische Effekte mit UV-Strahlen entstehen
das sichtbare Licht schließt sich zunächst der kurz- hier vermehrt freie Radikale, was eine Stressantwort
wellige IRA-Bereich (780–1400 nm) an, gefolgt vom im Gewebe hervorruft, mit den üblichen Spätfolgen,
IRB- (1400–3000 nm) und IRC-Bereich (3000 nm– wie erhöhtes Tumorrisiko und beschleunigte Haut-
1000 000 nm). alterung.
Kurzwelliges IR-Licht dringt bis zu den Blutge-
fäßen in der Subcutis vor. Sein Energiegehalt reicht
nur noch zur Anregung der Brown’schen Molekular- 8.3 Sonnenschutz
bewegung. Wir fühlen es in Form einer Erwärmung,
8 die in erster Linie als wohltuend und entspannend In medizinisch-dermatologischen Fachkreisen steht
empfunden wird. Dieser Wärmeeffekt wird z. B. zur seit Langem fest, dass UV-Strahlen einen Großteil
Bestrahlung von tieferliegenden Muskelschmerzen zur Inzidenz von Hautkrebs beitragen. Deshalb wird
und Zerrungen genutzt (Infrarotlampe). heute in verschiedenen nationalen und internatio-
Setzen wir uns kurzzeitig warmer Sonnenbe- nalen Arbeitsgruppen an verbesserten Sonnen-
strahlung aus, verliert nur die Epidermis Feuchtig- schutzsystemen, aussagekräftigen Hautanalysen und
keit, die anschließend in Form von Après-Lotionen validierbaren Mess- und Testmethoden geforscht.
wieder zugeführt wird. Wird die IR-Bestrahlungs-
menge bei einem ausgiebigen Sonnenbad oder an-
strengenden Sportarten in der prallen Sonne über- 8.3.1 Sonnenfilter
trieben, verliert der Körper durch große Schweiß-
absonderungen Wasser und Salze. Das Blut in den Der Eigenschutz der Haut reicht bei den heutigen
oberflächennahen Gefäßen wird nicht mehr ausrei- Bräunungs- und Freizeitgewohnheiten bei Weitem
chend gekühlt, erwärmt sich und trägt diese Wärme nicht aus. Gebräunte Haut gilt nach wie vor als Schön-
nach innen. Der Körper überhitzt, es entsteht ein heitsideal, auch wenn in der Werbefotografie durch-
Hitzekollaps oder Sonnenstich mit Muskelkrämp- aus ein Trend von der dunkelgebräunten Haut der
fen, Dehydratation, Fieber und Hirnödemen. 1960er bis 1970er Jahre zur fast weißen, porzellanarti-
Schwarzhäutige Personen sind sehr lange vor gen Haut des neuen Jahrtausends zu beobachten ist.
einer Überhitzung gefeit, da die Melaninschicht das Die sportlichen Aktivitäten und Modetrends ge-
IR-Licht absorbiert, sich wie ein schwarzes Dach währleisten heute keinen ausreichenden Hautschutz
stark erwärmt und als Folge die Schweißproduktion mehr durch Textilien, wie zu früheren Zeiten Son-
intensiv ankurbelt. Eine Erwärmung des Blutes wird nenschirme, Hüte, lange, hochgeschlossene Kleider,
zunächst verhindert. In aktuellen photobiologischen Hosen und Jacken. Die Haut muss heute vor allem
Studien wurden für kurzwellige IRA-Strahlen einige durch Kosmetika über lange Zeiträume geschützt
schädigende Effekte nachgewiesen, die vor allem bei werden. Es wurden deshalb Sonnenfiltersubstanzen
intensiver oder lang anhaltender, regelmäßiger Be- entwickelt, die gegen UVB- und UVA-Strahlen wir-
strahlung zu berücksichtigen sind. Kurzwelliges, ken. Das Hautkrebsrisiko, die Hautalterung, Licht-
intensives IRA kann zu Netzhautschäden oder Trü- dermatosen und natürlich der Sonnenbrand werden
bungen der Linse führen (Glasbläserstar). An Haut- – zeitlich begrenzt – vermindert.
zellen konnte durch Bestrahlung mit IRA eine ver- Sonnenschutzsubstanzen können in drei wich-
mehrte Expression verschiedener Enzyme induziert tige Gruppen eingeteilt werden:
8.3 · Sonnenschutz
205 8

4 chemischer UVB-Filter (280–320 nm) Elektronen können durch die energiereiche UV-
Sonnenschutz: UVA-Filter (320–400 nm) Strahlung angeregt werden, und einzelne Elektronen
Breitbandfilter (280–400 nm) »springen« dadurch auf eine höhere Elektronen-
4 physikalischer Titandioxid (250–340 nm) schale, ein sogenanntes höheres Energieniveau. Die
Sonnenschutz: Zinkoxid (250–380 nm) aufgenommene Energie kann in Form von harm-
4 biologischer Sonnenschutz loser Wärme oder Licht wieder abgegeben werden.
4 IRA-Schutz Andererseits kann die Energie auch dazu verwendet
werden, chemische Umsetzungen in Gang zu brin-
Sonnenfiltersubstanzen müssen folgenden Anforde- gen, wie z. B. die Spaltung der Filtersubstanz oder
rungen genügen: deren Reaktionen mit anderen Stoffen. Diese Sub-
4 gute Hautverträglichkeit, stanzen sind photoinstabil, was unerwünscht ist, da
4 geringe allergene Potenz, sich der Filter »verbraucht« und eventuell Bruch-
4 keine Auslösung von phototoxischen Reakti- stücke entstehen, die hautschädigend oder toxisch
onen, für den Menschen sind. Eine Photoinstabilität von
4 keine Bildung phototoxischer oder -allergischer einzelnen UV-Filter-Substanzen wird durch in-vivo-
Spaltprodukte, Tests der Endprodukte automatisch miterfasst. Es
4 keine Resorption ins Blut, muss jedoch der LSF (UVB), wie auch der PPD
4 keine Toxizität, (UVA) getestet werden (7 Kap. 8.3.2). Der austra-
4 breites Filterspektrum, lische Standard ist eine in-vitro-Methode, die in Be-
4 in geringen Konzentrationen hohe Filterwir- zug auf die Photostabilität in vivo keine sicheren
kungen, Ergebnisse liefert.
4 hohe Lichtstabilität über mehrere Stunden, Der oben beschriebene chemische Wirkungs-
4 lange Wirkdauer, mechanismus verhindert, dass die UV-Strahlen mit
4 keine Wechselwirkungen mit anderen Stoffen körpereigenen chemischen Strukturen reagieren
der Zubereitung, oder Radikale gebildet werden. Aber auch die Mela-
4 gute Löslichkeit in lipophilen und hydrophilen ninbildung wird dadurch verringert, da diese durch
Grundlagen, UV-Strahlung angeregt wird. Eine Neuerung unter
4 leichte galenische Verarbeitung. den chemischen Filtern ist ein organisches Pigment
(INCI: Methylene Bis-Benzotriazolyl Tetramethylbu-
Chemische Sonnenfilter tylphenol; Tinosorb M ®). Es hat eine Teilchengröße
Diese Substanzklasse ist in der KVO §3b, Anlage 7, von 100–200 nm und ist wasser- und lipidunlöslich.
durch eine Positivliste festgelegt. Nur die hier er- Der Absorptionsbereich liegt bei fast gleichbleiben-
wähnten Stoffe dürfen bis zu einer festgelegten der Höhe zwischen 290–385 nm. Die Absorptions-
Höchstkonzentration verarbeitet werden. maxima liegen bei 305 nm und 360 nm. Es vereint die
Chemische Filter absorbieren durch mehrere al- Wirkungen der anorganischen Pigmente (Streuung,
ternierende Doppelbindungen Wellenlängen von Reflexion) mit denen der chemischen Filter (Absorp-
280–400nm. Das Absorptionsmaximum einer jeden tion). Es gilt als sehr verträglich, da es aufgrund seiner
Filtersubstanz ist eine Stoffkonstante, genauso wie Teilchengröße und schlechten Löslichkeit nicht in
die Breite des absorbierten Spektrums. Die Filter- die Haut eindringt und deshalb keine photoaller-
substanz ist nicht nur in ihrem Maximum wirksam. gischen oder -toxischen Reaktionen auslöst.
Für eine ausreichende Filterung des UVB- und In . Tab. 8.4 und . Abb. 8.6 finden Sie die
UVA-Lichtes in einem Sonnenschutzprodukt müs- zurzeit gültigen UV-Filtersubstanzen und deren
sen verschiedene Stoffe mit unterschiedlichen Ab- Nummerierung nach KVO, die Bezeichnungen nach
sorptionsbereichen gemischt werden, um die ganze KVO, INCI und Warennamen und Filterleistung.
Breite von 280–400nm abzudecken.
Was bedeutet chemisch »absorbieren«? Durch Physikalische Filter, Pigmente
mehrere alternierende Doppelbindungen besitzt die Der einfachste physikalische Schutz ist unsere Be-
Verbindung eine Art Elektronenüberschuss. Diese kleidung: Hut, lange Hosen und Hemden, alles weit
8
206

. Tabelle 8.4. Positivliste der UVA- und UVB-Filtersubstanzen nach KVO/EU-Kosmetikrichtlinie 2007

KVO-Nr. chem. Bezeichnung nach KVO INCI-Bezeichnung Handelsnamen Filterart


1 4-Aminobenzoesäure PABA PABA (Merck) UVB

2 3-(4′-Trimethylammonium)benzyliden-bornan-2-on-methylsulfat CamphorBenzalkonium Methosulfate Mexoryl SK UVB

3 Homosalatum Homosalate Eusolex HMS UVB

4 Oxybenzonum Benzophenone-3 Eusolex 4360, Neo Heliopan BB Breitband

6 2-Phenylbenzimidaol-5-sulfonsäuresalze Phenylimidazole Sulfonic Acid Eusolex 232, Parsol HS UVB

7 3,3′-(1,4-Phenylendimethin)-bis(7,7-dimethyl-2-oxobicyclo- Terephthalylidene Dicamphor Sulfonic Acid Mexoryl SX UVA


[2.2.1] heptan-1-methansulfonsäure)und seine Salze

8 1-(4-tert-Butylphenyl)-3-(4-methoxy-phenyl)-propan-1,3-dion Butyl Methoxydibenzoyl Methane Eusolex 9020, Parsol 1789 UVA

9 3-(4′-Sulfo)-benzyliden-bornan-2-on und seine Salze Benzylidene Camphor Sulfonic Acid Mexoryl SL UVB

10 Octocrilen Octocrylene Neo Heliopan 303, Uvinul N-539 UVB

11 Polymer von N-[2(und4)-(2-oxoborn-3-ylidenmethyl) Polyacrylamidomethyl Benzylidene Camphor Mexoryl SW UVB


benzyl]acrylamid
Kapitel 8 · Sonne, Sonnenschutz und Selbstbräunung

12 4-Methoxy-zimtsäure-2-ethylhexylester Octyl Methoxycinnamate; Ethylh Hexyl Eusolex 2292, Parsol MCX UVB
Cinnamate

13 Ethoxyliertes Ethyl-4-aminobenzoat PEG-25 PABA Uvinul P 25 UVB

14 4-Methoxy-zimtsäure-isoamylester Isoamyl p-Methoxycinnamate Neo Heliopan E 1000 UVB

15 2,4,6-Tris[p-(2-ethylhexyl-oxy-carbonyl)anilino]-1,3,5-triazin Octyl Triazone; Ethylhexyl Triazone Uvinul T 150 UVB

16 2-(2H-Benzotriazol-2-yl)-4-methyl-6-(2-methyl-3- (1,3,3,3-tetra- Drometrizole Trisiloxane Mexoryl XL Breitband


methyl-1-(trimethylsilyloxy)- disiloxanyl)propyl)phenol

17 4,4′-[(6-[4-((1,1-Dimethylethyl)amino-carbonyl)phenyl-amino]- Dioctyl Butamido Triazone Uvasorb HEB UVB


1,3,5-triazin-2,4-diimino)bis(benzoesäure-2-ethylhexylester)

18 3-(4′-Methylbenzyliden)-DL-campher 4-Methylbenzylidene Camphor Eusolex 6300, Parsol 5000 UVB

19 3-Benzyliden-campher 3-Benzylidene Camphor Mexoryl SDS-20 UVB

20 Salicylsäure-2-ethylhexylester Octyl Salicylate; Ethylhexyl Salicylate Neo Heliopan OS UVB

21 4-Dimethylamino-benzoesäure-2-ethylhexylester Octyl Dimethyl PABA Eusolex 6007 UVB


8.3 · Sonnenschutz
207 8

. Tabelle 8.5. Durchlässigkeit verschiedener Materialien


welliger UVA
UVB, kurz-

für UVB-Licht (n. Raab)

Breitband
Breitband

UVA Material Durchlässigkeit [%]

UVA
UVB
Baumwolle 10
nasse Baumwolle 20
Polyethylenstoffe 40
Uvinul MS 40, Uvasorb S 5

Autoscheiben 10
»organisches Prigment«

Fensterglas 35
Neoheliopan AP
Tinosorb M

Tinosorb S

Parsol SLX

Uvinul A+

und luftig, dazu eine gute Sonnenbrille. Diese »3H-


Regel« muss besonders bei Babys und Kleinkindern
konsequent durchgehalten werden. Dabei muss be-

rücksichtigt werden, dass dünne Stoffe und verschie-


Bis-Ethylenhexyloxyphenol Methoxyphenyl

dene Materialien durchaus durchlässig für UV-


Methylen Bis-BenzotriazolylTetramethyl-

Strahlen sind (. Tab. 8.5). Bei solchen Materialien


Diethylamino Hydroxybenzoyl Hexyl

muss die Haut vorher ganz mit einer Sonnenschutz-


Disodium Phenyl dibenzimidazole

lotion eingecremt werden. In Kosmetika werden


als physikalische Filtersubstanzen mineralische Pig-
mente wie Titandioxid (INCI: Titanium Dioxide),
Zinkoxid (INCI: Zinc Oxide) und Silikate eingesetzt.
Benzophenone-4

Titanium dioxide

Dies sind weiße Pulver, die sich durch eine gute


Polysilicone-15
Tetrasulfonate
butylphenol

chemische Stabilität auszeichnen. Zwar bilden sie in


Benzoate

Wasser, unter Lichteinfluss, hochreaktive Hydroxyl-


Triazine

radikale und Wasserstoffperoxid, doch konnte bis


jetzt noch keine nachteilige Wirkung dieser speziel-
len chemischen Reaktion für die Haut nachgewiesen
2-(-4-(Diethylamino)-2-hydroxybenzoyl)-Benzoesäurehexylester

werden. Dies liegt vermutlich daran, dass die Pig-


2,4-Bis(4-(2-ethylhexyloxy)-2-hydroxyphenyl)-6-(4-methoxy-
2-Hydroxy-4-methoxy-benzophenon-5-sulfonsäure und ihr

mente nicht in tiefere Hautschichten eindringen


2,2′-(1,4-Phenylen)bis(1H-benzimidazol-4,6-disulfonsäure,

können. Um die Reaktivität von Zinkoxid und


2,2′-Methylen-bis(6-(2H-benzotriazol-2-yl)-4-(1,1,3,3-

Titandioxid zu verringern, wird es in aktuellen For-


mulierungen mit Alkylsilanen ummantelt, welches
gleichzeitig auch die Wasserfestigkeit verbessert.
Diese Substanzen schützen durch Reflexion, Ab-
sorption und Streuung der UV-Strahlen die Haut
Dimethicodiethyl-benzalmalonate

und zählen zu den Breitbandfiltern, jedoch sind sie


im langwelligen UVA-Bereich (> 380 nm) nicht aus-
tetramethylbutyl)phenol)

reichend wirksam.
phenyl)-1,3,5-triazin

Durch die moderne Mikronisierungstechnik ist


Mononatriumsalz)

Titanium dioxide

es gelungen, Partikelgrößen von 10–50nm herzustel-


Natriumsalze

len. Die Sonnenpräparate sind dadurch keine wei-


ßen, stark fettenden, deckenden Pasten mehr. Die
mikronisierten Pulver führen selbst in Gelen nicht
zu einem optischen »Pasteneffekt«. Sie lassen sich
mühelos gleichmäßig, ohne Fremdkörpergefühl und
Weißeleffekt auf der Haut verteilen, bei gleichzeitig
22

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27

28

sehr gutem Schutzfaktor. Anorganische Pigmente


208 Kapitel 8 · Sonne, Sonnenschutz und Selbstbräunung

. Abb. 8.6. Teil 1: Strukturformeln der Sonnenschutzfiltersubstanzen


8.3 · Sonnenschutz
209 8

. Abb. 8.6. Teil 2: Strukturformeln der Sonnenschutzfiltersubstanzen


210 Kapitel 8 · Sonne, Sonnenschutz und Selbstbräunung

. Abb. 8.6. Teil 3: Strukturformeln der Sonnenschutzfiltersubstanzen


8.3 · Sonnenschutz
211 8

können nicht durch die Haut resorbiert werden und werden verhindert. Der Farn wirkt nicht nur als
wirken deshalb nicht systemisch; sie lösen auch Lichtschutz, sondern verlangsamt auch die Hautal-
keine photoallergischen oder andere Unverträg- terung. In Kapselform eingenommen, wirkt der Ex-
lichkeitsreaktionen aus und sind deshalb vor allem trakt photoprotektiv im UVB- und UVA-Bereich. Es
für die empfindliche Kinderhaut geeignet. In Ver- wird aber nur ein LSF 3 erreicht, was vorerst nicht
suchen zur Ermittlung des UVA-Schutzes stellte viel ist, aber für das übliche Tagesgeschehen ausrei-
man fest, dass in Zubereitungen mit rein physika- cht. Für ausgiebige Sonnenbäder wird dringend ein
lischem Schutz kaum ein hohes UVA-Schutzniveau zusätzlicher, topisch verabreichter Sonnenschutz
erreicht wurde. Bei hohem LSF (UVB-Schutz) empfohlen.
entspricht deshalb der UVA-Schutz häufig nicht
der neuen EU-Empfehlung, von einem Drittel des Infrarot-A-Schutz
LSF! Der beste Schutz gegen IR-Strahlen ist unsere Klei-
dung. Die üblichen chemischen oder mineralischen
Biologischer Sonnenschutz Filter können diese Wellenlängen nicht absorbieren,
Der biologische Schutz baut sich hauptsächlich von reflektieren oder streuen. Aufgrund der unterschied-
innen auf. Die Epidermis und das Corium sollen ihre lichen Wirkorte von IRA (Bindegewebe) und UV-
eigenen Schutzmechanismen aufrüsten. Wie in Strahlen (Hautoberfläche) ist eine Neutralisationsre-
einem Speicher wird für schlechte Zeiten ein Depot aktion mit den gleichen Substanzen undenkbar. Es
angelegt. Zu überschätzen ist diese schöne Vorstel- müssen neue Stoffe gefunden werden.
lung nicht. Sie ist nur eine unterstützende Maßnah- Der Wirkort der IRA sind die Mitochondrien
me für sehr sonnenempfindliche Personen. Disku- der Subcutiszellen (7 Kap. 8.2.3). Sie erhöhen hier
tiert wird in diesem Zusammenhang eine erhöhte den oxidativen Stress und die ROS-Bildung. Man
Gabe von Carotinen, Polyphenolen und lokal Vi- benötigt aufeinander abgestimmte Antioxidantien,
tamin E in Konzentrationen über 5 %. Diese Prophy- die in die Mitochondrien eindringen und sich hier
laxe sollte mindestens einen Monat vor Sonnen- anreichern, um die Redoxsysteme dieser Organel-
exposition begonnen werden und über die gesamte le zu stärken. In der Folge würde der Signalweg,
Besonnungsdauer weitergeführt werden (z. B. Ladi- ausgelöst durch IRA, unterbrochen und die Bil-
val®Kps, Inneov®Sonne). Für Sonnenallergiker wird dung von freien Radikalen vermindert. Von Prof.
vielfach eine vierwöchige prophylaktische Einnah- Dr. J. Krutmann vom Institut für umweltmedizini-
me von 1000–2000 mg Calcium pro Tag empfohlen. sche Forschung in Düsseldorf wurde nach ersten
Auch die Kombination von 200 mg Nicotinamid Versuchen folgende, sich ergänzende Antioxidan-
und 5 mg Folsäure, drei Tage vor bis zehn Tage nach tienmischung für die topische Anwendung als wirk-
der Sonnenbestrahlung, wird zur systemischen Pro- sam erachtet:
phylaxe gegen PLD und bei lichtempfindlicher Haut 4 antioxidative Vitamine: Vitamin E und C (INCI:
eingesetzt. Tocopherole und Ascorbic Acid),
Diese Maßnahmen sollten nicht leichtsinnig zu 4 körpereigene Antioxidantien: Coenzym Q10
einer Einsparung der Sonnenschutzmittel führen. (INCI: Ubiquinone),
Die Produkte schützen nicht vor Sonnenbrand, sie 4 Flavanole, Gallussäurederivate: z. B. Trauben-
führen nur zu einer widerstandsfähigeren Haut. Eine kernextrakt (INCI: Vitis vinifera) (z. B. Ladival®-
Zukunftsperspektive ist der orale Sonnenschutz, der Serie für normale und empfindliche Haut,
im gesamten UV-Spektrum wirkt, und das lästige STADA).
Eincremen vermeiden hilft. Einen Schritt in diese
Richtung soll mit Extrakten der Farnpflanze Polypo- In diesem Zusammenhang sei nochmals auf eine
dium leucotomos erreicht werden (Heliocare®). Der ausgewogene Ernährung mit hohen Anteilen an
Farnextrakt enthält einen hohen Anteil von Pheno- natürlichen pflanzlichen Ölen, Gemüsen, Salaten,
len, die lokal wie auch topisch, eine starke antioxida- Fisch, Obst, Soja- und Milchprodukten verwiesen.
tive und photoprotektive Wirkung ausüben. Ver-
schiedenste UV-induzierte Zell- und Enzymdefekte
212 Kapitel 8 · Sonne, Sonnenschutz und Selbstbräunung

8.3.2 Testmethoden für Sonnen- 4 Wasserfestigkeit, möglichst mit Prozentangabe


schutzmittel und deren oder Testmethode,
Deklaration 4 Warnhinweise für den Umgang mit der Sonne
(7 Kap. 8.5.6),
Im Dschungel der Aufdrucke auf Sonnenschutzpro- 4 Anwendungshinweise (7 Kap. 8.5.6),
dukten findet sich kaum noch jemand zurecht. Viele 4 Zubereitung für spezielle Hauttypen: für PLD,
Angaben sind vollkommen unwichtig und verschlei- Mallorca-Akne, Kinder.
ern womöglich die Tatsache, dass der Sonnenschutz
eines Produktes vielleicht mangelhaft ist. Dass Son- Was sollten Etiketten für Sonnenschutzmitteln
nenschutz zwingend notwendig ist, ist in der Fach- auf keinen Fall beinhalten, da es zu einer
welt hinreichend bekannt und auch, dass ein UVB- Irreführung oder Gefährdung des Anwenders
und UVA-Schutz kombiniert werden muss. Vielen kommen kann?
Verbrauchern fehlen die entsprechenden Kenntnis- 4 »100 %«-Schutz vor UV-Strahlen, »Sun-Blo-
se, wodurch zweideutige und unklare Aufdrucke cker«, »völliger Schutz«. Selbst bei sehr hoher
auf den Sonnenschutzprodukten falsch verstanden Filterleistung gelangen mindestens 2 % der UV-
werden und später womöglich verheerende Folgen Strahlen auf die Haut!
entstehen. 4 Ausdrücke, die zu der Annahme führen, man
8 Das Bundesamt für Risikoforschung (BfR) ver- müsste das Produkt nur einmal am Tag auftra-
öffentlichte 2003 eine Stellungnahme zum Thema gen! Zum Beispiel: »Schutz für den ganzen Tag«.
»Sonnenschutz«, in der es eine bessere Charakteri- Durch Schwitzen oder Abrieb (Kleidung, ab-
sierung des UVA-Schutzes und auch klarere Anwen- trocknen) geht im Laufe des Tages Creme verlo-
dungshinweise forderte (www.bfr.de). ren, die ständig ersetzt werden muss, um die
Am 22. September 2006 folgte von der EU-Kom- angegebene Schutzwirkung zu erreichen.
mission »eine Empfehlung über die Wirksamkeit
von Sonnenschutzmitteln und diesbezügliche Her- Es wird empfohlen, die Angaben für den UVB-und
stellerangaben«, die aber noch nicht bindend im UVA-Schutz so zu vereinfachen, dass nur noch Ka-
Gesetz verankert ist. Durch diese beiden Schriften tegorien (. Tab. 8.6), die zusammenfassend den UVB
soll in die Deklarationsflut eine klare und ver- und UVA-Schutz beinhalten, aufgedruckt werden.
ständliche Linie, vor allem für den schlecht infor- In der EU-Empfehlung von 2006 lautet es: »Der
mierten Verbraucher gebracht werden, damit Licht- PPD (UVA) soll min. 1/3 des LSF (UVB) betragen«;
schäden auch der gefährlicheren Art (Tumoren) in diesem Fall würden Begriffe wie niedrig, mittel,
wieder rückläufig werden. Und die Unsicherheit hoch, sehr hoch ausreichen. Das Anbringen eines
des Verbrauchers, geschürt durch zweifelhafte Infor- UVA-Logos (7 S. 221, . Abb. 8.7) würde nach der
mationen, Empfehlungen und »Tests« von Sonnen- EU-Empfehlung auf ausreichenden UVA-Schutz
schutzmitteln, die häufig jeglicher wissenschaftli- hinweisen (1/3 des LSF)!
cher und medizinischer Kenntnisse entbehren, be- Doch in Zukunft will man die Deklaration noch
seitigt wird. einfacher und den Schutz noch sicherer machen.
[Während der Bearbeitung dieser Auflage (Som- Dazu erarbeitet die kosmetische und dermatolo-
mer 2007) waren die Deklarations-Empfehlungen gische Forschung neue Testmethoden, die nicht
bei kaum einem Sonnenschutzprodukt zu finden.] mehr nur eine Erythemschwelle messen, sondern
auch die durch Licht induzierte Menge an Radikalen
Was sollte auf Sonnenschutzprodukten gut sicht- in und auf der Haut und wie stark ein aufgetragenes
bar, klar und verständlich angegeben werden? Sonnenschutzprodukt die Radikalbildung vermin-
4 LSF/SPF, nach der International Sun Protection dern kann. Dadurch könnte eine Gesamtwirkung
Factor Test Method (2006) bestimmt (7 S. 214), aller Wellenlängen erfasst werden, man bräuchte nur
4 UVA-Faktor, nach der in Japan festgelegten noch eine Angabe für die Schutzwirkung. Diese Form
»persistent pigment darkening method« be- der Messung setzt in den physiologischen Prozessen
stimmt (7 S. 215), einige Stufe früher ein. Das Erythem ist nur eine der
8.3 · Sonnenschutz
213 8

. Tabelle 8.6. Neue, vereinfachte Deklaration von Sonnenschutzmitteln

Auf dem Etikett genanntes Auf dem Etikett genannter Gemessener LSF Empfohlener PPD
»Schutzniveau« Lichtschutzfaktor (UVB-Faktor) * (UVA-Faktor) **
niedrig 6 6–9,9 1/3 LSF
10 10–14,9
15 15–19,9

mittel 20 20–24,9 1/3 LSF


25 25–29,9

hoch 30 30–49,9 1/3 LSF


50 50–59,9

sehr hoch 50+ > 60 1/3 LSF

* Methode: 7 S. 214, ** Methode: 7 S. 215

Spätfolgen erhöhter Radikalbildung in unserer Haut. schützte, sonnenentwöhnte Haut mit Sonnenlicht
Die Sonnenbrandentstehung korreliert nicht mit bestrahlt und die Zeit bis zur Entstehung eines Ery-
dem Hautkrebsrisiko. Es ist bis heute unbekannt, thems gemessen = MED (Minimale Erythemdosis).
wann Sonnenbestrahlung auch mit Sonnenschutz- Anschließend wird ein sonnenentwöhntes Hautareal
mitteln zu einem erhöhten Tumorrisiko führt. mit einem Sonnenprodukt eingerieben und danach
ebenfalls die Zeit bis zur Entstehung einer Rötung
UVB-Schutz, der Lichtschutzfaktor gemessen. Aus diesen beiden Werten errechnet sich
Bis vor einiger Zeit richtete sich unser Augenmerk der Lichtschutzfaktor (LSF) (. Form. 8.1).
vor allem auf den UVB-Schutz. Ein Sonnenbrand
und ein späteres Krebsrisiko sollten minimiert wer-
den bei gleichzeitig möglichst langem Aufenthalt in
der Sonne. Die Filterleistungen erreichten nie gekann-
te Höhen von LSF 50, 60 und sogar 100! Doch der
gemessene LSF bezieht sich nur auf die Erythem- . Form. 8.1. Berechnung des LSF (Lichtschutzfaktors)
bildung, es können keine Rückschlüsse auf die Menge
der gebildeten Radikale oder das Krebsrisiko gezogen Der Lichtschutzfaktor (LSF), der besser Sonnen-
werden. Diese hohen Faktoren wiegen den Anwen- schutzfaktor (SSF) heißen sollte, oder englisch SPF
der in falscher Sicherheit, die Sonnenaufenthalte »sun protection factor«, ist eine dimensionslose
werden immer länger – und die Anzahl der Melanom- Zahl, die je nach Pigmentierungstyp (7 Kap.8.5.1)
erkrankungen steigt trotz hoher Faktoren! angibt, wievielmal länger man sich in der Sonne mit
Eine Erklärung liegt vielleicht darin, dass die ma- aufgetragenem Sonnenschutz aufhalten kann als im
ximale Filterleistung 98 % beträgt, diese wird schon ungeschützten Zustand.
bei LSF 30 erreicht. Bei höheren Faktoren verbleiben Als Beispiel: Eine Person mit Pigmentierungs-
immer 2 % Reststrahlung, die dann länger auf die typ II (7 Kap. 8.5.1) kann sich ungeschützt – bei
Haut trifft, nur die Erythembildung wird zeitlich einem UV-Index von 5–6 – 10 Minuten in der Sonne
hinausgezögert. Positiv daran ist, dass durch die 2 % aufhalten, mit einem LSF 8 verlängert sich die Zeit
UV-Strahlen eine langsame Bräunung erreicht wird. auf (. Form. 8.2).
Einen Teil der Bräunung übernehmen die UVA-Wel-
len, die aber nur zu einem Nachdunkeln vorhan-
dener Vorstufen führen. Es gibt keine intensive, lang
anhaltende Färbung. Das Prinzip zum Testen der
UVB-Filter ist sehr einfach. Es wird ein Stück unge- . Form. 8.2. Berechnung der Erythemschutzzeit
214 Kapitel 8 · Sonne, Sonnenschutz und Selbstbräunung

Auch wenn sich diese Testmethode sehr einfach Insgesamt sollte die Testfläche, auf der das Produkt
anhört, birgt sie viele Variationsmöglichkeiten, die aufgetragen wurde und die belichtet wird, mindes-
zu sehr unterschiedlichen LSF führen. Seit 2006 tens 35 cm2 betragen. Die einzelnen Felder werden
wird die »International Sun Protection Factor Test nun unterschiedlich lange belichtet und anschlie-
Method« von europäischen, US-amerikanischen, ßend wird verglichen, wann eine Rötung auftritt
südafrikanischen und japanischen Industrieverbän- und wie stark sie ausfällt. Diese Auswertung ist mög-
den zur Ermittlung des LSF/SPF herangezogen. Sie lich, da ein Sonnenbrand immer sehr scharf um-
ist eine verbesserte COLIPA-Methode, die erstmals grenzt ist, wie sie sicher schon selber an den »Strei-
1994 in Europa entwickelt und eingesetzt wurde. fen«, die Badeanzug oder -hose hinterlassen, beob-
achtet haben.
International Sun Protection Factor Test Method
Probanden: Es nehmen 10 Personen der Pigmentie- Interpretation: Für den Beratenden ist wichtig, dass
rungstypen I–III im Alter von 18–60 Jahren teil. Es die Messung auf dem Rücken erfolgt und der ange-
dürfen keine Hauterkrankungen, Lichtdermatosen, gebene Lichtschutzfaktor immer ein Mittelwert mit
Schwangerschaft und besondere Medikamteinnah- einer individuellen Schwankung von ±20 % der ein-
men vorliegen. Die Schwankungen der erhaltenen zelnen Probanden ist.
LSF sollte maximal ±20 % um den Mittelwert sein. Einige Körperbereiche besitzen eine dünnere
8 Trifft dies nicht zu, wird das Testkollektiv auf 20 Per- Hornschicht, eine feinere Lichtschwiele als der Rü-
sonen erweitert. cken. Nase, Ohren, Dekolleté, Schienbein, Fußrücken
und Schenkelinnenseiten reagieren empfindlicher
Testbedingungen: auf Sonnenlicht. Der LSF des gleichen Präparates fällt
4 Solarlichtquelle mit definierter Leistung, an diesen Stellen geringer aus. Diese Körperbereiche
4 Kontrolle der simulierten Strahlung auf der Haut dürfen bei gleichem LSF nicht so lange der Sonne
durch Potentiometrie, ausgesetzt werden, wenn kein Sonnenbrand auftre-
4 Pre-screening (»Vorversuch«) zur Ermittlung ten soll.
des Pigmentierungstyps, bzw. der individuellen Weiter ist zu berücksichtigen, dass 2 mg/cm2 der
MED der ungeschützten Haut, Zubereitung für den Test aufgetragen werden. Wird
4 genaue Auftragsmenge des Produktes (2,0 mg/ weniger verwendet, was sich in der Praxis bestätigt,
cm2, ± 0,04 mg) und Angaben über die »Ein- wird ein entsprechend geringerer LSF erreicht.
reibemethode«,
4 gleichzeitiger Auftrag eines Referenzproduktes UVA
mit hohem oder niedrigem LSF, je nach erwar- UVA-Strahlen verursachen vor allem Langzeitschä-
tetem LSF des Testproduktes, den. Es gibt keine akuten Symptome, wie das Ery-
4 festgelegte Einwirkzeit des Sonnenschutzpro- them bei UVB-Bestrahlung, welches für eine in-
duktes auf der Haut vor einer Belichtung, vivo-Bestimmung herangezogen werden kann. Die
4 gleichzeitige Messung der MED für ungeschützte Schäden sind schleichend und erst zu bemerken,
Haut, wenn es schon zu spät ist, oder es treten krankhafte
4 colorimetrische Auswertung der erythematösen Ausbrüche von Lichtdermatosen der empfindlichen
Reaktionen, sonnenentwöhnten Haut auf, die aber nur bei einem
4 mathematische Vorgaben für die statistische geringen Prozentsatz von Personen beobachtet wer-
Auswertung der Ergebnisse. den und deshalb für Tests ungeeignet sind.
Wir sind zwar sehr gut vor UVB-Strahlen ge-
Messung: Die Messung erfolgt auf dem Rücken, da schützt, z. B. mit Faktor 25. Dies bedeutet aber, da
dies das größte zusammenhängende, relativ gleich kein unangenehmer Sonnenbrand uns in den Schat-
strukturierte Hautstück am Körper ist. Der Proband ten zwingt, dass wir gleichzeitig sehr lange den fast
liegt auf dem Bauch oder sitzt. Der Rücken wird in unmerklichen, schädlichen UVA-Strahlen ausge-
mehrere Felder von etwa 1 cm2 Größe im Abstand setzt sind. Dieses Missverhältnis wird von immer
von mindestens 1 cm zum nächsten Feld eingeteilt. mehr Herstellern, Medizinern und auch Kunden be-
8.3 · Sonnenschutz
215 8

achtet. Der Wunsch nach intensivem zusätzlichen über die eingesetzte Menge und Qualität auf den
UVA-Schutz ist gewachsen. Parallel dazu müssen Preis auswirkt. Testmethoden, die von zahlreichen
neue Testmethoden entwickelt und erprobt werden. Organisationen durchgeführt werden, testen in den
Durch die steigende Anzahl der Hautkrebserkran- seltensten Fällen die Korrelation zwischen UVA-
kungen, trotz hoher LSF, ist die Frage verstärkt auf- und UVB-Filterleistung, da die Messung des »UVA-
getreten, ob dies an einem mangelhaften UVA- Faktors« äußerst schwierig ist! Ernst zunehmende
Schutz liegen kann? Neuere Untersuchungen erga- Qualitätsberichte über die Leistung von Sonnen-
ben, dass bei vielen, vor allem Discounterprodukten, schutzmitteln müssen, vor allem bei Produkten ab
die Stärke des UVA-Schutzes nicht mit der Höhe des LSF 6, mehr berücksichtigen als den »Australischen
UVB-Schutzes gleichzieht! Diese Diskrepanz wird Standard« und den Lichtschutzfaktor, um reale Aus-
unter »Australischer Standard« erklärt! sagen über die Schutzwirkung machen zu können!

Australischer Standard PPD/IPD


Seit Langem ist der »Australische Standard« ein Die Messung des IPD und PPD ist eine in-vivo-Me-
Markenzeichen für ein gutes Sonnenschutzmittel, thode zur Ermittlung des UVA-Schutzes, die seit
doch haben neuere Untersuchungen beängstigende 1996 in Japan Industriestandard ist. Dazu wird die
Mängel dieser Testmethode aufgedeckt. Haut einer Testperson mit einer speziellen Quecksil-
Die australischen Behörden entwickelten 1993 berdampflampe bestrahlt, die einen Wellenlängen-
einen in-vitro-Test, den Australischen Standard AS/ bereich von 320–400 nm abgibt. Bei der Messung
NZS 2604, der reproduzierbare und quantifizierbare wird zu festgelegten Zeitpunkten der Bräunungsgrad
Ergebnisse liefert. Dieser Standard besagt, dass min- der Haut ermittelt und das Verhältnis von Bestrah-
destens 90 % der UVA-Strahlen von 320–360 nm in lungszeit zu Bräunungsgrad der sonnengeschützten
vitro durch dieses Produkt abgehalten werden. und ungeschützten Haut errechnet.
Daraus ergibt sich folgende Problematik: Die ermittelten Werte sind:
4 Der UVA-Bereich erstreckt sich über 320–400 nm. 4 nach 15 min der IPD/immediate pigment darke-
Es wird bei dieser Methode nur die Hälfte des ning oder die Sofortbräune,
UVA-Bereichs erfasst, es verbleiben ungefilterte 4 nach zwei Stunden der PPD/persistent pigment
Frequenzen von 360–400 nm, die durchaus schä- darkening oder die dauerhafte Bräune.
digend wirken können!
4 Eine höhere Absorption als 90 % wird nicht er- Die beiden Werte differieren sehr stark, in der Regel
fasst. Produkte, die einen hohen LSF besitzen, ist der IPD viermal so hoch wie der PPD. Als Angabe
müssen weit mehr als 90 % filtern, um einen auf Sonnenschutzprodukten wird dem PPD der Vor-
gleichwertigen UVA-Schutz zu bieten! zug gegeben, da die dauerhafte Bräunung im Ge-
4 Im in-vitro-Versuch wird nicht die häufige Pho- gensatz zur Sofortbräune als stabil betrachtet wird.
toinstabilität und Wechselwirkung mit Produkt- PPD-Werte größer 10 bedeuten in der Regel eine
inhaltsstoffen der älteren UVA-Filter miterfasst! Absorption von mehr als 90 % der UVA-Strahlen. In
In vivo ist deren Leistung eventuell viel unbe- der EU-Empfehlung (2006) wird vorgeschlagen,
ständiger als in vitro gemessen. dass der PPD ein Drittel des Zahlenwertes des LSF
betragen soll, damit der UVA- dem UVB-Schutz an-
Diese Punkte führen dazu, dass in Billigprodukten geglichen ist.
oft nur die geforderte Menge an UVA-Wirkstoff ent-
halten ist, um dem »Australischen Standard« zu ge- Sonstige
nügen. UV-Filterrohstoffe bestimmen den Preis des UVA-Bilanz – DIN 67502
Produktes. Wird nur das Nötigste eingearbeitet, Seit Februar 2005 gibt es die DIN-Norm 67502, die
kann in der Folge ein billigeres Produkt verkauft UVA-Bilanz – eine Kombination und rechnerische
werden. Um den gesamten Bereich von 320–400 nm Korrelation aus in-vivo und in-vitro-Tests des
abzudecken, müssen mehrere neuere UVA-Filter- UVA- und UVB-Schutzes über einen Wellenlängen-
substanzen kombiniert werden, welches sich wieder bereich von 290–400 nm. Der UVB-Schutz wird in
216 Kapitel 8 · Sonne, Sonnenschutz und Selbstbräunung

vivo über die Lichtschutzfaktormethode bestimmt, höheren LSF. Dies bedeutet für die Zusammenset-
beim UVA-Schutz wird der PPD herangezogen. zung, dass höhere Konzentrationen oder verbesserte
Diese beiden Faktoren werden mit dem in vitro er- UV-Filter eingesetzt werden müssen.
mittelten Wert rechnerisch in Beziehung gesetzt und Experimentell wurde ermittelt, dass bei einem
die UVA-Bilanz errechnet. Faktor von 10 schon 90 % der UVB-Strahlen absor-
Kritisiert wird vor allem, dass diese Messung biert werden. Um diese Absorption auf 95 % zu er-
keinen biologischen Endpunkt verwendet und die höhen und einem Faktor 20 zu entsprechen, muss
Dauer des Schutzeffektes unberücksichtigt bleibt. die doppelte Menge an Filtersubstanz zugesetzt wer-
Der eigentliche Mangel dieser Methode liegt vor den. Um weitere 3 % zu erhöhen (98 %) und einen
allem in der Interpretation der erhaltenen Bilanz- Faktor 30 zu erreichen, gelangen wir zur dreifachen
werte. Ein Bilanzwert von 0 bedeutet, es ist kein Menge im Vergleich zum Faktor 10. Die Kurve ver-
UVA-Schutz vorhanden. Nach oben hin ist die läuft exponentiell und steigt fast linear steil bis zum
Skala offen. Als sinnvolle Obergrenze wird ein Wert Faktor 10 an. Ab hier erfolgt ein »Knick«, die Kurve
von 50–55 angenommen, höhere Werte bedeuten steigt nur noch sehr leicht an. Das günstigste Filter-
auch gleichzeitig höhere Konzentration an Filter- leistung-Konzentrationsverhältnis liegt etwa bei LSF
substanzen und stärkere chemische Belastung der 10–15. LSF über 30, die in den letzten Jahren ver-
Haut. Als empfehlenswerter für ein sicheres UVA/B- stärkt auf den Markt drängten, sind wenig sinnvoll
8 Schutzprodukt wird von Dr. R. Daniels nach zahl- und sollten nur bei speziellen, stark lichtempfind-
reichen Vergleichsuntersuchungen ein Bilanz-Wert lichen Hauterkrankungen und Photodermatosen
von 40–50 vorgeschlagen. herangezogen werden. Eindeutige reproduzierbare
Messungen von LSF von 50, 60 und 100 sind nach
Kritische Wellenlänge der Standardmethode nicht möglich, die Reststrah-
Die EU-Empfehlung von 2006 gibt als kritische Wel- lung von 2 % kann selbst bei so hohen Faktoren nicht
lenlänge 370 nm an, dies ist die Wellenlänge, bei der verhindert werden. Gleichzeitig wird die Haut mit
die Fläche unter der integrierten Extinktionskurve extrem hohen Konzentrationen an Filtersubstanzen
von 290–400 nm einem 90 %igen Absorptionsinteg- belastet.
ral entspricht. Die großflächige Anwendung von UV-Filtern
auf der Haut, mögliche Resorption und eventuelle
UVA/UVB-Ratio Spaltprodukte machen diese Gruppe nicht unprob-
Es wird zunächst die Absorptionskurve des Produktes lematisch. Der Belastungsquotient (BQ) ist ein
gemessen und anschließend werden die Flächen unter Bewertungskriterium für die chemische Belastung
den Kurven des UVA- (320–400 nm) und UVB-Be- unserer Haut. Es wird eine Relation zwischen er-
reichs (290–320 nm) ins Verhältnis gesetzt. Je näher reichtem LSF und der dafür benötigten Konzentra-
der Wert bei 1 liegt, umso höher ist der UVA-Schutz. tion an UV-Filtern gebildet.
Je höher der LSF bei gleichbleibender Konzent-
Belastungsfaktor ration des UV-Filters ist, um so kleiner ist der BQ
In den letzten Jahren ging die Tendenz zu immer leis- und um so geringer ist die chemische Belastung der
tungsfähigeren Sonnenschutzprodukten mit immer Haut und des Körpers (. Form. 8.3).

. Form. 8.3. Berechnung des Belastungsquotienten und seine Auswertung


8.4 · Sonnenschutzprodukte
217 8

Der BQ hat sich zur Qualitätsbewertung von Son- Testablauf:


nenschutzprodukten nicht durchgesetzt, auch würde 4 Produkt auf dem Rücken auftragen,
ein weiterer Faktor auf dem Etikett den Verbraucher 4 15 bis 30 min Wartezeit zum Einziehen des Pro-
noch mehr verwirren. Er hat nur einen gewissen duktes sind erlaubt,
Nutzen für die Produktentwicklung. 4 20 min Wasserkontakt (unter oben genannten
Bedingungen),
Wasserfestigkeit 4 15 min Trocknungszeit erlaubt, ohne abtrock-
nen,
Die große Begeisterung für Wassersportarten jeg-
4 20 min Wasserkontakt,
licher Art entwickelte den Wunsch nach wasser-
4 15 min Trocknungszeit erlaubt, ohne abtrock-
festen Sonnenprodukten. Auch Kinder, die gern und
nen,
lange im und am Wasser spielen, benötigen einen
4 sofortige Messung des LSF,
wasserfesten Schutz. Lichtreflexion und der Abrieb
4 Berechnung des prozentualen Verhältnisses von
durch das Wasser stellen hohe Anforderungen an
LSF nach und vor dem Wassereinsatz.
die Produkte. Doch wie wasserfest sind diese Prä-
parate?
Bewertung: behält ein Produkt > 50 % des ursprüng-
Wie auch beim UVA-Schutz, gibt es bei der Was-
lichen LSF bei, so ist es »wasserresistent«, ist der
serfestigkeit noch keine international anerkannte
Wert über 80 %, gilt es als »sehr wasserresistent«.
Testmethoden. Von der europäischen Dachorgani-
Diese Methode ist nicht weiter standardisiert
sation COLIPA wurde 2005 eine Leitlinie zur Be-
und auch nicht international anerkannt. Jeder Her-
stimmung der Wasserfestigkeit veröffentlicht, die
steller kann die Art (Salz- oder Süßwasser), Wasser-
unten genauer beschrieben wird. Doch ist es für uns
druck und Maximaldauer selbst bestimmen, wo-
in diesem Falle viel einfacher, einem Irrtum oder
durch sehr unterschiedliche Interpretationen der
Fehlverhalten aus dem Weg zu gehen: Nach jedem
Angabe »wasserfest« möglich sind. Es tauchen auch
Baden oder Wassersport sollte die Haut eingecremt
vielfach andere Begriffe auf, wie z. B.: waterproof,
werden. Ist ein längerer Aufenthalt im Wasser vorge-
seewasserfest, wasserfest, wasserabweisend oder
sehen, sollten hohe Schutzfaktoren inklusive UVA-
schweißfest.
Schutz und Wasserfestigkeit aufgetragen und darü-
ber ein möglichst nicht zu dünnes T-Shirt oder ein
UV-undurchlässiger Anzug angezogen werden, die 8.4 Sonnenschutzprodukte
zusätzlich vor UV-Licht schützen.
Eine weitere Entwicklung sind in Liposomen 8.4.1 Wirkstoffe und Zusatzstoffe
eingebettete chemische Filtersubstanzen, die in die in Sonnenschutzprodukten
Hornhaut eindringen können und hier nicht mehr
vom Wasser abgespült werden (7 Kap. 8.4.1). Sie
An dieser Stelle werden nochmals besondere, für
zeichnen sich durch eine hohe Wasserfestigkeit aus
Sonnenschutzprodukte wichtige Wirkstoffe in ihren
und gewähren nach einem Aufenthalt im Wasser ei-
Eigenschaften zusammengefasst. Genauere Be-
nen fast ungeminderten vorherigen Schutz.
schreibungen finden sich in 7 Kap. 4.

Wasserfestigkeit nach COLIPA Liposomen


Bei diesem Test wird zur Bestimmung des LSF vor Liposomen sind winzige Hohlkügelchen, deren Hül-
und nach dem Wassereinsatz die International Sun len den Zellmembranen nachempfunden sind. Diese
Protection Factor Test Method eingesetzt. Der Was- Hüllenstruktur ermöglicht es den Liposomen, in die
serkontakt erfolgt in einem Jacuzzi, einer Badewan- Hornhaut einzudringen und mit dem lamellaren
ne oder Whirlpool mit einer Wasserzirkulationsan- Hornzellkit zu verschmelzen. Verfügt der Hersteller
lage. Die Wassertemperatur sollte 29 °C ± 2 °C sein von Sonnenprodukten über das Wissen und die
und kann aus hygienischen Gründen mit Bromiden technischen Möglichkeiten, diese Liposomen mit
oder Chloriden versetzt sein. UV-Filtern zu beladen, entstehen wasserfeste Pro-
218 Kapitel 8 · Sonne, Sonnenschutz und Selbstbräunung

dukte – unabhängig vom Formulierungstyp, da die (7 Kap. 4.2). Als besondere Neuentdeckung sei die
Filter durch die Liposomen in die Haut eingeschleust Kristall-Mittagsblume (INCI: Mesembryanthemum
werden und nicht mehr von Wasser oder Schweiß crystallinum) genannt, die zusätzlich eine UV-Schutz-
abgespült werden können. Nach einem Bad ist die wirkung besitzt (7 Kap. 4.5.8).
Filterwirkung fast ungeschwächt. Liposomen kön-
nen mit wasser- und fettlöslichen Filtern versehen Zusatzstoffe: Konservierung, Antioxidantien,
werden. Leider ist aus der Angabe enthält Liposomen Parfum
nicht darauf zu schließen, ob sie beladen sind, und Antioxidantien sind in Sonnenprodukten, die
ob sie klein genug sind, in die interzellulären Räume Wachse und Fette enthalten, unerlässlich, um eine
einzudringen. Also Vorsicht! Den Hinweis »wasser- Peroxidbildung zu verhindern, die durch UV-Licht
fest« suchen. noch vorangetrieben wird.
Konservierungsmittel, Duftstoffe und ätherische
Antioxidativ wirkende Substanzen Öle sind in Sonnenschutzmitteln eher ein Problemfall.
Zum Einsatz kommen Vitamin E und C, die nicht Sie können durch UV-Strahlen phototoxische oder
nur im Körper antioxidativ wirken, sondern auch allergische Reaktionen auslösen. Zusammen mit Emul-
das Ranzigwerden der Produkte verhindern. Andere gatoren, Lipiden und UV-Filtern kann es zu einer ge-
können im Zusammenspiel mit körpereigenen Re- fährlichen Kombination kommen, die zum Beispiel in
8 doxsystemen die Radikalbildung, DNA- und Zell- der Mallorca-Akne ihren Ausbruch findet.
schäden vermeiden, wie Photolyase (INCI: Plancton Parfumstoffe oder ätherische Öle können auf der
extract), Superoxiddismutase (INCI: Superoxiddis- Haut zu Pigmentflecken führen, die nur schlecht
mutase), α-Glycosilrutin (INCI: Glycosilrutin), Co- wieder herauswachsen. Die Empfehlung lautet: Kei-
enzym Q10 (INCI: Ubiquinone), grüner Tee (INCI: ne Parfums auf die Haut sprühen, wenn ein Sonnen-
Camelia oleifera/-assamica/-sinensis), Carotinoide, bad in Aussicht steht.
Retinol (INCI: Retinol) oder verschiedenste Poly-
phenole.
Viele Untersuchungen bestätigen den Einsatz 8.4.2 Produktgruppen
von Antioxidantien in Sonnenschutzprodukten als
positiv. Sie steigern die antioxidativen und schüt- Die unterschiedlichen Sonnenschutzprodukte kön-
zenden Eigenschaften der körpereigenen Repairsys- nen nach verschiedenen Kriterien unterteilt werden:
teme und helfen somit akute und langfristige Licht- 4 galenische Grundlagen (Milch, Gel, Öl etc.),
schäden zu vermeiden. 4 Sonnenschutzfunktionen (LSF-Stärke, UVA-
Schutz, Wasserfestigkeit etc.),
Panthenol und entzündungshemmende 4 Empfehlungen entsprechend dem Hautzustand
Substanzen (Sonnenallergie, Kinder etc.),
Panthenol ist ein entzündungshemmender und wund- 4 Abgabebehältnisse (Spray, Tube, Stifte etc.).
heilungsfördernder Wirkstoff, der auch als Haar-
schutzsubstanz gilt. Die Zusammensetzung mit Allan- Sonnenmilch, -creme, -lotion
toin, Bisabolol und Gerbstoffen (Hamamelidis) ist Die gängigsten Sonnenprodukte sind Emulsionen,
eine beliebte Kombination für After-Sun-Produkte. wie sie in 7 Kap. 6 beschrieben werden. Aufgrund
ihrer Konsistenz werden halbfeste, streichfähige Pro-
Feuchtigkeitsspender dukte »Cremes« genannt. Sie werden vor allem für
Diese Stoffgruppe empfiehlt sich für Sonnenpro- das Gesicht verwendet. Flüssige Produkte, die ein
dukte, um die Wasserverdunstung durch die starke leichtes, schnelles Verteilen auf großen Körperflä-
Erwärmung der Haut etwas einzudämmen oder chen ermöglichen, sind »Milchen oder Lotionen«.
dieser nach dem Sonnenbad im verstärkten Maß
wieder Feuchtigkeit zuzuführen. Aloe vera, NMF, Ei- O/W-Emulsionen
weiße, Proteinhydrolysate, Hyaluronsäure und Hu- O/W-Emulsionen sind am beliebtesten. Sie lassen
mectants sind wichtige Vertreter dieser Stoffgruppe sich leicht verteilen, ziehen schnell ein und hinterlas-
8.4 · Sonnenschutzprodukte
219 8

sen keinen Fettglanz. Sie sind nur wasserfest, wenn Hydrodispersionsgele


der UV-Filter in Liposomen verpackt ist. Hydrodispersionsgele sind eine neue Mischform
zwischen Emulsion und Gel. Sie sind lipidhaltig,
W/O-Emulsionen emulgatorfrei und können wasser- und fettlösliche
Öl bildet die äußere Phase. Diese Emulsionen sind Filter enthalten. Durch reinen Zusatz von Silikonen
meist wasserfest. Zu bevorzugen sind Zubereitungen als Lipidkomponenten werden sie »atmungsaktiv«,
mit nur geringen Mengen an Paraffinen oder Vaselin, wasserfest und eignen sich außerdem – da sie keine
da diese komedogen sind, die Wasser- und Schweiß- oxidierbaren Strukturen aufweisen – für Personen
verdunstung verhindern und zu einem Wärmestau mir einer Mallorca-Akne.
führen.
Silikone haben sich als sehr gut erwiesen. Sie sind Öle, Tropicals
wasserfest, bilden einen wasserdurchlässigen Film Rein pflanzliche Öle sind hautfreundlich, ziehen gut
und sind erhältlich in unterschiedlichen Qualitäten ein und bilden einen wasserabweisenden Film. Die-
(gasförmig, flüssig, halbfest), zum Einstellen einer ser kann durch Schweißbildung reißen. Sie enthalten
optimaler Konsistenz des Produktes. meist geringe LSF. Öle ohne LSF werden Tropicals
Wasserfeste W/O-Emulsionen mit Pigmenten genannt und sind meist mit exotischen Duftnoten,
sind vor allem für Kleinkinder geeignet. wie Kokos, parfümiert. Zum Sonnen eignen sie sich
nicht, da die Haut in keiner Weise vor UV-Strahlen
Gele geschützt wird.
Gele kennen wir schon aus 7 Kap. 6. Sie enthalten
eine flüssige, lipophile oder hydrophile äußere Phase Sprays
und einen passenden Gelbildner. Sie sind dünnflüssige Sonnenschutzprodukte mit
unterschiedlich hohen Faktoren, die mit einem Zer-
Hydrogele, emulgator- und fettfreie Produkte stäuber fein auf der Haut verteilt werden. Sprays er-
Die äußere Phase ist Wasser. Die UV-Faktoren sind leichtern die Applikation der Zubereitung und sind
wasserlöslich. Sie enthalten Konservierungsmittel besonders gut für Kinder geeignet, da diese sich un-
oder ausreichende Mengen an Alkoholen, um einen gern eincremen lassen. Es stellt jedoch hohe Anfor-
mikrobiellen Verderb zu unterbinden. Sie sind er- derungen an die Galenik der Produkte, damit diese
frischend und kühlend auf der Haut. Hydrogele sind die feinen Düsen des Sprühkopfes nicht verstopfen
lipid- und emulgatorfrei, wodurch sie besonders zur und eine feine Vernebelung möglich ist. Zuberei-
Anwendung bei einer Mallorca-Akne geeignet sind, tungen in Sprayflaschen sind zudem sehr gut vor
die durch eine Fettsäureoxidation ausgelöst wird. Mikroorganismen und Sauerstoff geschützt, da ein
Trockene Hauttypen sollten dagegen lipidhaltige Eindringen durch den Sprühaufsatz fast unmöglich
Produkte bevorzugen. ist und ein Hautkontakt entfällt.
Wasserfeste Hydrogele enthalten in Liposomen
eingebettete UV-Filter, die in die Haut eingeschleust Wasserfeste Produkte
werden und somit nicht mehr abgespült werden Wasserfeste Produkte sind ein Muß für Wassersport-
können. ler, Schnorchler und Kinder, die mit Wasser spielen.
Grundlage ist entweder eine Fett-, Paraffin-, hydro-
Oleogele phobe Gel- oder Silikonbasis, die wasserabweisend
Die äußere Phase ist ein Lipid. Wachse, fette Öle oder oder wasserunlöslich sind (Öle, W/O-Emulsionen,
Silikone als Grundstoffe sind gegenüber den Mine- Lipogele, lipophile Pasten), oder es handelt sich um
ralölen aus den oben genannten Gründen zu bevor- hydrophile Präparationen mit in Liposomen einge-
zugen (Wärmestau, komedogen). Sie sind wasserfest schlossenen UV-Filtern, die in die Hornschicht ein-
und eignen sich für Wassersportler und trockene dringen, wo sie für Wasser nur schlecht zu erreichen
Haut. sind. Einige UV-Filter wie Ethylhexyl Triazine besit-
zen eine hohe Affinität zum Keratin und sind da-
durch wasserfest.
220 Kapitel 8 · Sonne, Sonnenschutz und Selbstbräunung

Produkte ohne chemische Filter Anmerkung des Verfassers:


Für Kleinkinder und Personen mit Lichtdermatosen Der Begriff Sunblocker wurde in dieser Auflage ge-
oder Photoallergien sind spezielle Produkte ohne strichen, er soll nach der EU-Empfehlung von 2006
chemische Filter auf dem Markt. Sie enthalten nur nicht mehr verwendet werden. Er täuscht einen
Mikropigmente. Zur Abrundung dieser Produkte 100 %-Schutz über den gesamten UV-Bereich vor,
wäre es sinnvoll, auf Duft-, Farb- und Konservie- der zurzeit von keiner Substanz auch nur annähernd
rungsstoffe zu verzichten. Doch leider ergab sich in erreicht wird. Dieses Missverständnis kann beim
neuen Vergleichsstudien, dass der UVA-Schutz bei Anwender viel Schaden anrichten.
hohem LSF oft nicht die geforderte Quantität besitzt.
Es kann nicht gewährleistet werden, dass der UVA-
Schutz über die gleiche Zeitspanne erfolgt wie der 8.5 Sonnenberatung
UVB-Schutz.
8.5.1 Pigmentierungstypen
Stifte
Unsere Lippen verfügen über keinen eigenen Son- Es gibt Menschen mit heller Haut und solche mit
nenschutz, wie Lichtschwiele oder Bräunung. Sie dunkler, einige reagieren heftig mit Sonnenbrand,
werden am besten durch Lippenpflegestifte mit andere werden relativ leicht gleichmäßig braun, an-
8 hohen Faktoren geschützt, die mehrmals täglich auf- dere wiederum verändern ihre Hautfarbe im Wech-
getragen werden. Sie enthalten feste Wachse und sel der Jahreszeiten kaum.
Fette, um eine Stiftform zu ermöglichen. Wünschens- Diese verschiedenen Hauttypen werden in sechs
wert sind hohe Schmelzpunkte, so dass sie auch bei Pigmentierungstypen I–VI unterteilt (. Tab. 8.7).
heißen Temperaturen nicht in der Handtasche da- Charakterisiert werden sie nach:
vonlaufen. 4 Haut-, Haar- und Augenfarbe,
4 Reaktionen auf die Sonne,
Alkoholische Lösungen 4 Sonnenbrandgefahr,
Alkoholische Lösungen besitzen bei uns keinen ho- 4 maximal erreichbarer Bräunungsgrad.
hen Marktanteil. Vorstellbar sind sie als Haarsprays,
um UV-Filter auf den Haaren zu verteilen. Jedem Hauttyp wird eine mittlere Eigenschutzzeit
der Haut zugeordnet (entsprechend der sommer-
After-Sun-Produkte lichen UV-Belastung am Mittelmeer), die aber keine
Wie der Name schon sagt, sind diese Produkte für Konstante, sondern nur ein Richtwert ist. Diese Zeit
die Erholung der Haut nach einem Sonnenbad kon- kann sich in Abhängigkeit zum Standort und der
zipiert. Dementsprechend handelt es sich um dünn- Jahreszeit verkürzen oder verlängern.
flüssige O/W-Milchen oder Hydrogele, die die Haut Bei sonnengewöhnten, vorgebräunten Haut-
kühlen und erfrischen. Sie sind feuchtigkeitsspen- typen ab Typ III kann Bräunung und Lichtschwiele
dend durch Aloe vera, NMF, Proteinzusätze oder zusammen schon fast einen LSF von 10 erreichen
Humectants. Entzündungshemmende (Panthenol, und so die Eigenschutzzeit um einiges verlängern.
Allantoin, Bisabolol, Hamamelidis) und antioxida- Bei blassen Typen I + II ist als Schutzeffekt nur die
tive Wirkstoffe (Vitamin E und A) runden das Pro- Lichtschwiele mit einem LSF von maximal 4 anzu-
dukt ab. rechnen.
Nach einer Reinigung des Körpers von Salz, Die Pigmentierungstypen I–IV sind typisch für
Sand, Schweiß und Sonnenprodukten sind After- die Bevölkerung Europas, Nordamerikas, Neusee-
Sun-Lotionen unerlässlich für eine Regeneration der lands und Australiens, die Typen V und VI finden
Haut. Minimale Erythembildungen können dadurch sich vor allem in Südamerika, Afrika, Mittel- und
noch ausgeglichen werden. Ostasien.
Ist ein Sonnenbrand entstanden, reichen After-
Sun-Produkte nicht mehr aus. Hier kommen ent-
sprechende Arzneimittel zum Einsatz.
8.5 · Sonnenberatung
221 8

. Tabelle 8.7. Pigmentierungstypen


Typ Haut/Haare/Augen Bräunungsverhalten Eigenschutz
pro Tag
(UVI > 5)
Kleinkind, helle Haut, sehr empfindlich schnell Sonnenbrand 5 min
hell- wenige meist helle bis braune Haare mit hohem Krebsrisiko
europäisch dünne bis keine Lichtschwiele
I sehr helle Haut, viele Sommersprossen keine Bräunung 5–10 min
keltisch blonde bis rote Haare sofort schwerer Sonnen-
helle, grüne, blaue Augen brand
II helle Haut, oft Sommersprossen leichte Bräunung 10–20 min
hell- blonde bis dunkelblonde Haare schnell Sonnenbrand
europäisch blaue, grüne, graue Augen
III leicht getönte Haut gute, anhaltende Bräune 20–30 min
dunkeleuropäisch dunkelblond bis braune Haare manchmal Sonnenbrand
(u. Mischlinge) graue, braune Augen
IV vorgebräunt, braune Haut schnelle intensive 30–45 min
mediteran dunkle Haare, schwarz Bräunung
(u. Mischlinge) dunkle Augen selten Sonnenbrand
V dunkle, olivbraune Haut immer braun –
mittelöstlich schwarze Haare sehr selten Sonnen-
asiatisch dunkle Augen, ostasiatischer Typ brände*
südamerikanisch
VI schwarze Haut immer schwarz –
afrikanisch schwarze Haare, Krause sehr selten Sonnen-
schwarz dunkle Augen brände*
* Sonnenbrände treten vor allem auf, wenn diese Personen sonnenentwöhnt sind, durch Aufenthalte in sonnenarmen
Ländern.

8.5.2 Wahl des LSF und PPD intensives Sonnenbad zu sehen, sondern auch Wan-
derungen, Stadtbummel und andere Tätigkeiten bei
In einem Beratungsgespräch wird der Pigmentie- denen man der Sonne ausgesetzt ist.
rungstyp des Kunden und anhand seines Urlaubs- Welche Faktoren beeinflussen nun die Wahl des
zieles oder seines ständigen Aufenthaltsortes der LSF?
benötigte Lichtschutzfaktor (LSF) ermittelt. Der 4 Hauttyp,
Lichtschutzfaktor multipliziert mit der Eigenschutz- 4 Vorbräunung, Sonnengewöhnung,
zeit ergibt die Zeit einer möglichen Sonnenexposi- 4 Tageszeit (zwischen 11.00 und 15.00 Uhr stärks-
tion ohne Sonnenbrand. Diese Zeitspanne sollte nur te Belastung),
zu 2/3 ausgeschöpft werden, da vermutlich nach 4 Jahreszeit (Sommer oder Winter),
dieser Zeit die Repairmechanismen schon überlastet
sind. Das Risiko eines Tumors steigt stark an, Haut-
schäden und photo-ageing sind verstärkt zu beob-
achten. Um bei einem hohen UVB-Schutz einen
gleichwertigen UVA-Schutz zu sichern, sollte nach
der EU-Empfehlung von 2006 der PPD (UVA)
mindestens ein Drittel des LSF (UVB) betragen.
Gekennzeichnet wird dies durch ein UVA-Logo . Abb. 8.7. Neues UVA-Logo, der PPD ist mindestens 1/3 des
(. Abb. 8.7). Als Sonnenexposition ist nicht nur ein LSF, ausgewogene UVB-UVA-Bilanz
222 Kapitel 8 · Sonne, Sonnenschutz und Selbstbräunung

4 Breitengrad, Strahlenbelastung für einen bestimmten Standort


4 Höhenmeter, und Tag angibt. Er wird täglich ermittelt und voraus-
4 Reflexionen durch Schnee, Wasser, Sand. schauend prognostiziert.
Die Werteskala geht von 0 (keine UV-Belastung):
Für die Einschätzung des LSF gibt es verschiedene keine Sonnenbrandgefahr und Gesundheitsrisiken
Tabellen und Berechnungen, in denen jedoch verschie- bis 12 (extrem hohe UV-Belastung): Sonnenbrand
dene Parameter unberücksichtigt bleiben, z. B. Jahres- in kürzester Zeit und hohes Gesundheitsrisiko
zeit, Höhenmeter und Oberflächenbeschaffenheit. (. Tab. 8.8 a).
Eine elegante Methode ist es, über den soge- Der UVI kann nur für solche Gegenden angege-
nannten UV-Index (UVI) die LSF-Wahl zu treffen. ben werden, die über entsprechende Messstationen
Der UV-Index ist eine weltweit einheitliche Größe, verfügen, doch gibt es mittlerweile ein weltweites
die die Intensität der UV-Strahlen und somit die Messnetz. Diese Werte können in der Regel am Auf-

. Tabelle 8.8 a. Sonnenschutzempfehlungen in Ab- . Tabelle 8.8 b. Schnelle Ermittlung des LSF und PPD
hängigkeit vom UV-Index
Pigmentierungstyp LSF PPD**
UV-Index Belastung Sonnen- Schutz
Säuglinge, Kleinkinder* vierfacher UVI LSF/3
brand
8 möglich Typ 1, Schulkinder vierfacher UVI LSF/3

0–1 niedrig unwahr- nicht Typ 2 dreifacher UVI LSF/3


scheinlich erforderlich Typ3 zweifacher UVI LSF/3
2–4 mittel ab 30 min empfehlens- * Kleinkinder (bis 2 J.) und Säuglinge sollten nie direkter
wert Sonne ausgesetzt sein. Sie sollten luftige Kleidung tragen
5–7 hoch ab 20 min erforderlich und zusätzlich mit Sonnencreme eingecremt sein!
** Ein »UVA im Kreis« (. Abb. 8.7) auf dem Etikett bedeutet
>8 sehr hoch in weniger unbedingt
das Gleiche.
als 20 min erforderlich
Aus einer Veröffentlichung des Solarindexes.

. Tabelle 8.8 c. Benötigte LSF bei einem herrschenden UVI


UV-Index und mittlere Hauttyp und empfohlene LSF
Eigenschutzzeit/Tag
Kinder* I II III IV
ab 1 J.
UVI 0–1 – – – – –
UVI 2 LSF 10–15 10–15 8–10 2–4 2–4
Eigenschutz [min] 30 30 55 95 140
UVI 3–4 LSF 15 15–20 10–15 6–10 4–6
Eigenschutz [min] 15 15–20 30–35 50–60 75
UVI 5–6 LSF 15–25 20 15–20 10–15 10
Eigenschutz [min] 10 10–12 22–25 40 60
UVI 7–8 LSF 30–35 20–30 15–20 10–15 10–15
Eigenschutz [min] 6 6– 9 15–18 25– 30 40– 45
UVI 9–10 LSF 30–35 25–35 20 15 15
Eigenschutz [min] 5 5 –8 15– 16 25–27 35–40
UVI 11–12 LSF 30–35 30–35 20–30 20–25 15–20
+ Bekleidung zwischen 11 –15 Uhr
Eigenschutz [min] 5 5 10 15 22
* Babys sollten nie direkter Sonnenstrahlung ausgesetzt werden!
8.5 · Sonnenberatung
223 8

. Abb. 8.8. UVI in Äbhängigkeit der


Jahreszeit und des Breitengrades

enthaltsort über die Medien abgerufen und danach Hilfe des Standorts den üblichen UVI für eine Jah-
der Sonnenschutz gewählt werden. (Für Deutsch- reszeit und Gegend zu ermitteln.
land: Internet http://www.bfs.de; www.dwd.de; www. Ist der UVI bekannt oder ermittelt, finden Sie in
wetteronline.de; www.wetter.com oder Videotext . Tab. 8.8 b. eine schnelle Methode und in . Tab. 8.8 c.
Tafel 636, Lufthygienischer Bericht, Bayern 3). Durch eine genauere Ermittlung des LSF und PPD.
den UVI, der wie die Temperatur ein genauer Wert
ist, wird die Wahl des LSF erleichtert, wie wir auch Erklärung zu den . Tab. 8.8 c, 8.9, . Abb. 8.8:
nach der Temperatur unsere Kleidung wählen. Ermittlung des LSF über den UV-Index in Abhän-
Im Folgenden finden sich verschiedene Tabellen gigkeit des Hauttyps, der Jahreszeit und des Auf-
für jene, die nicht über Internet verfügen, um mit enthaltsortes:
224 Kapitel 8 · Sonne, Sonnenschutz und Selbstbräunung

. Tabelle 8.9. Südliche oder nördliche Breitengrade ausgewählter Länder, Kontinente, Inseln und Städte

Land, Kontinent Breitengrad Inseln Breitengrad Städte Breitengrad


Ägypten 32–22 Bahamas 27–21 Bangkok 14
Afrika: Norden n: 38–10 Balearen 40–39 Barcelona 41
Zentralafrika n 10–s 10 Dominikan. Repub. 20–17 Berlin 52,5
Süden s: 10–35 Fidschi–Inseln s 18 Bombay 19
Australien: Norden s: 10–23 Haiti 20–17 Buenos Aires s 35
Süden s: 23–39 Hawai 23–20 Chicago 42
BRD 55–48 Indonesische Inseln n 5–s 10 Hongkong 22
Dänemark 58–55 Jamaika 18 Honolulu 21
Florida 31–25 Kanarische Inseln 34–33 Istanbul 41
Frankreich 50–43 Korsika 43–42 Jerusalem 32
Griechenland 41–36 Kreta 35 Kalkutta 23
Großbritannien 59–50 Kuba 23–20 Kapstadt s 34
Holland 53–51 Kykladen 38–36 Lissabon 39
Indien 33–7 Lesbos 39 London 51
Irland 55–51 Madagaskar s: 13–25 Los Angeles 34
Israel 33–29,5 Madeira 33 Madrid 40,5

8 Italien
Japan
47–38
45–30
Malta
Malediven
36
n6
Melbourne
Mexico City
s 38
19
Jemen 18–12 Mauritius s 20 Montreal 46
Kalifornien 42–23 Nordfriesisch. Inseln 55 Moskau 56
Kanada 84–42 Ostfriesische Inseln 54 New York 41
Kenia n 5–s 5 Philippinen 18–5 Paris 49
Malaysia 7–2 Réunion s 21 Rio de Janeiro s 23
Marokko 36–27 Rhodos 36 Rom 42
Mexiko 32–13 Rügen 54,5 Singapur 1
Mittelamerika 22–8 Sardinien 41–39 San Francisco 38
Nepal 30–26,5 Shetland Inseln 61–60 Stockholm 59
Neuseeland s: 35–42 Sizilien 38–37 Sydney s 34
Österreich 49–46,5 Sporaden 38–36 Tokio 35
Portugal 42–37 Sri Lanka 10–5 Toronto 44
Schweiz 47,5–46 Südseeinseln n 10–s 10
Skandinavien 70–56 Sylt 55
Spanien 43–36 Zypern 35
Südafrika s: 24–35
Tasmanien s: 40–43
Thailand 20–7
Tibet 36–28
Tunesien 33–30
Türkei 43–38
Ungarn 48–46
USA 49–32
Südamerika: Norden n 13–s 10
Mitte s: 10–35
Süden s: 35–55
n = Nordhalbkugel; s = Südhalbkugel; ohne Angabe entspricht dem nördlichen Breitengrad.
8.5 · Sonnenberatung
225 8

In . Tab. 8.9 suchen Sie sich den ungefähren Brei- 4 Haare:


tengrad des gewünschten Aufenthaltsortes heraus. Sprays, Fönlotionen, Haargele oder -wachse
In . Abb. 8.8 gehen Sie auf der Linie des Breiten- mit UV-Schutz (Rausch, UV-Hair-Protector-
grades waagerecht entlang, bis sie den Monat des Spray)
Aufenthaltes kreuzen. Die Farbe des Feldes, in dem Hut oder Cap
sich der Schnittpunkt befindet, gibt Ihnen den zu er- 4 Kleinkinder:
wartenden mittleren UVI bei klarem Wetter an. Sind (vgl. auch Säuglinge)
zwei Farben möglich, sollte immer der höhere UVI Ab 1 Jahr, und bei größerer Mobilität der Kinder:
gewählt werden. hoher LSF >15 und UVA-Schutz
In . Tab. 8.8 b und 8.8 c können Sie nun mit dem W/O-Lotionen für den Körper
Wissen des zu erwartenden UVI und ihrem Pigmen- W/O-Creme für das Gesicht
tierungstyp den LSF auswählen und gleichzeitig be- Empfehlung: konservierungsmittelfrei, parfum-
rechnen, wie lange der Lichtschutz bei dem ermittel- frei, nur mit Pigmenten als UV-Filter
ten UVI ausreicht. Dieser Zeitraum sollte aber nur wasserfest bei Aufenthalten in Wassernähe
zu 2/3 ausgenutzt werden (7 S. 213). Kopfbedeckung
4 Kinder:
bis etwa 15 Jahre
8.5.3 Wahl der galenischen Form hoher LSF >15 und UVA-Schutz
und des passenden Produktes Empfehlung: liposomal gebundene UV-Filter als
wasserfeste Präparate; bei pubertärer Akne oder
Im Folgenden werden in alphabetischer Reihenfol- unreiner Haut vgl. Akne
ge für verschiedene Hautzustände, Körperregionen 4 Lippen:
und Hautprobleme Produktformulierungen emp- Pflegestifte mit hohen Faktoren
fohlen. »Empfehlung« bedeutet, dass es im Ermes- 4 Mallorca-Akne:
sen des Kunden liegt, dies zu berücksichtigen. Von Hydrogele, Hydrodispersionsgele
vielen Firmen gibt es für eine Produktform, eine emulgator- und lipidfrei
Auswahl mit verschieden hohen LSF und PPD, so After-Sun-Pflege emulgatorfrei
dass – je nach Aufenthaltsort und Zeit – das ent- ohne komedogene Substanzen
sprechende Produkt gewählt werden kann (. Tab. Zusatz verschiedener Antioxidantien
8.10). Grundsätzlich sollte für jeden Hautzustand 4 Neurodermitis:
ein ausreichender UVB- und UVA-Schutz gewählt vgl. trockene Haut
werden. ohne paraffinartige Kohlenwasserstoffe (Petrola-
4 Akne: tum, Ozokerit, Ceresin, Paraffinum, Cera Micro-
Hydrogele, Hydrodispersionsgele ohne komedo- cristallina)
gene Substanzen keine Oleogele oder Öle
Empfehlung: fett- und emulgatorfrei intensive After-Sun-Feuchtigkeitspflege
4 Allergie: 4 Photoallergische Reaktionen:
Bei häufigen starken allergischen Hautreak- Breitbandfilterung der UV-Strahlen
tionen: nur Pigmente, keine chemischen Filter
konservierungsmittelfrei, parfumfrei konservierungsmittel- und parfumfrei
Empfehlung: emulgator- und lipidfrei, als UV-Fil- 4 Phototoxische Reaktionen:
ter möglichst nur Pigmente vgl. photoallergische Reaktionen
4 Altershaut: 4 Säuglinge:
W/O-Zubereitungen Kinder bis zum 1. Jahr:
gute After-Sun-Pflege mit Vitamin A, Feucht- keine direkte Sonnenstrahlung
haltefaktoren, Antioxidantien immer bekleiden mit Hütchen, Hemdchen, Hös-
4 Fett-feuchte Haut: chen (»3H-Regel«) (Durch Streulicht ist auch im
vgl. Akne
8
. Tabelle 8.10. Teil 1: Auswahl einiger apothekenexklusiver Sonnenschutzprodukte
226

Alle Produkte enthalten neben dem angegebenen UVB-Schutz auch einen UVA-Schutz, der mindestens dem australischen Standard entspricht.
Entspricht der UVA-Schutz der EU-Empfehlung 2006 ist dies mit »UVA« gekennzeichnet.
kursiv = ohne Konservierung und Parfum; WF= wasserfest; WF*= wasserresistent durch Liposomengebundene Filter; UVA = PPD(UVA) entspricht min. 1/3 des LSF
Hersteller Creme/Lotionen Hydrogel Kinder After-Sun
(Produktbez.) Stifte, Sprays Hydrodispersionsgel MA = bei Mallorc-Aakne
Gesicht/Körper/Hals/Dekolleté 4 emulgator- und lipidfrei PLD = bei Sonnenallergie
Lippen, Hände, Glatze 4 bei fetter o. unreiner Haut, Akne
4 bei Mallorca-Akne
4 bei Sonnenallergie
Ales Groupe . Gel-Creme 10, 30, 50 UVA Creme