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Psychiatria Danubina, 2009; Vol. 21, No.

4, pp 525–532 Conference paper


© Medicinska naklada - Zagreb, Croatia

SOCIAL PHOBIA IN DAILY LIFE


SOZIALPHOBIE UND ALLTAG
Hans Morschitzky
Psychosozialer Dienst Burgenland GmbH, Franz-Liszt Gasse 1/III, Eisenstadt, Austria

SUMMARY ZUSAMMENFASSUNG
Based on present diagnostic criteria daily routine of Auf der Grundlage der aktuellen diagnostischen Konzepte
patients with social phobia is described in detail with all its wird der Lebensalltag sozialphobischer Patienten mit seinen
social, educational and occupational impacts. Suffering of sozialen, schulischen und beruflichen Auswirkungen
affected people is classified as a disease and in need of anschaulich beschrieben und das Leiden der Betroffenen als
treatment. krankheitswertig und damit therapiebedürftig dargestellt.
Key words: social phobia - social anxiety disorder - Schlüsselwörter: Sozialphobie - soziale Angststörung -
generalized subtype - nongeneralized subtype generalisierter Subtyp - nichtgeneralisierter Subtyp

* * * * *
SOZIALPHOBIE – EINE ERHEBLICHE Leistungssituationen werden vermieden oder nur
PSYCHISCHE STÖRUNG? unter intensiver Angst oder Unwohlsein ertragen.“
Die Diagnose der sozialen Phobie wurde 1980
Nach dem internationalen Diagnoseschema in das amerikanische psychiatrische Diagnose-
ICD-10 ist eine soziale Phobie eine starke Furcht schema aufgenommen und ein Jahrzehnt später in
und Vermeidung von Situationen, bei denen man das internationale Diagnoseschema übernommen.
im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit anderer Heutzutage wird oft die Bezeichnung „soziale
Menschen steht und sich peinlich oder Angststörung“ bevorzugt.
erniedrigend verhalten könnte. Die hohe Psychiatrie-Kritiker behaupten: Mit jeder
emotionale Belastung in sozialen Situationen neuen Überarbeitung der modernen Diagnose-
drückt sich in Form körperlicher Symptome aus. schemata nimmt die Anzahl psychischer Störungen
Neben den bekannten Angstsymptomen sind die zu. Die Sozialphobie wird als Musterbeispiel dafür
Betroffenen noch von mindestens einem weiteren angeführt, wie ganz normale Menschen plötzlich
Symptom geplagt, das die Angst vor Auffälligkeit zu Patienten gemacht würden:
erst recht erhöht: Erröten oder Zittern, Angst zu Psychiater verordnen Antidepressiva, und die
erbrechen, Harn- oder Stuhldrang bzw. Angst Pharmafirmen steigern dadurch ihren Umsatz,
davor. Psychotherapeuten machen Endlostherapien,
Das amerikanische psychiatrische Diagnose- um ihre Praxen zu füllen mit dem utopischen
schema DSM-IV definiert die soziale Phobie als Ziel eines Selbstbewusstseins, das einen
„ausgeprägte und anhaltende Angst vor einer oder gegenüber jeder Kritik immun werden lässt.
mehreren sozialen oder Leistungssituationen, in
denen die Person mit unbekannten Personen Die Kritik an der Krankheitswertigkeit dieser
konfrontiert ist oder von anderen Personen so menschlichen Symptomatik sozialer Ängste
beurteilt werden könnte. Der Betroffene befürchtet, wird gelegentlich sogar als Argument für
ein Verhalten (oder ein Angstsymptom) zu zeigen, Einsparungen im Gesundheitssystem verwendet.
das demütigend oder peinlich sein könnte... Die Der Chefarzt einer Krankenkasse (nicht aus
Konfrontation mit der gefürchteten sozialen Oberösterreich) verweigerte einem 19-jährigen
Situation ruft fast immer eine unmittelbare Patienten den Kostenzuschuss mit der Begründung,
Angstreaktion hervor, die das Erscheinungsbild dass eine Prüfungsangst, deretwegen er die
einer situationsgebundenen oder einer situations- Handelsakademie nicht geschafft hatte, keine
begünstigten Panikattacke annehmen kann… Die „echte“ Krankheit sei.
Person erkennt, dass die Angst übertrieben oder Können sich Kritiker der Sozialphobie-
unbegründet ist... Die gefürchteten sozialen oder Diagnose wirklich den Alltag von Menschen mit

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einer sozialen Angststörung vorstellen? Das DSM- Hinblick auf zwischenmenschliche Beziehungen.
IV formuliert die Krankheitswertigkeit der sozialen Es bestehen typische Kognitionen: „Ich bin dumm,
Phobie deutlicher als das ICD-10: „Das Ver- hässlich, langweilig, uninteressant, nicht liebens-
meidungsverhalten, die ängstliche Erwartungs- wert“; „Bestimmt werde ich zittern, schwitzen oder
haltung oder das starke Unbehagen in den rot werden“; „Die anderen werden meine
gefürchteten sozialen oder Leistungssituationen Symptome bemerken und dann bin ich erledigt“;
beeinträchtigen deutlich die normale Lebens- „Wenn ich zittere, werden sie mich für nerven-
führung der Person, ihre berufliche (oder krank halten“; „Wenn ich rot werde, werden sie
schulische) Leistung oder soziale Aktivitäten oder mich für schüchtern oder schwach halten“; „Alle
Beziehungen, oder die Phobie verursacht erhe- werden sehen, wie unsicher ich bin“; „Wenn ich
bliches Leiden.“ einen Fehler mache, werde ich bestimmt immer
Wir alle kennen die Erfahrung, wie es ist, der nervöser“; „Ich muss immer super sein, dann kann
Beurteilung anderer Menschen ausgesetzt zu sein, mich niemand kritisieren.“ In therapeutischer Sicht
vor allem dann, wenn wir uns nach Anerkennung bedeutet diese Sichtweise, dass nicht nur
und Bestätigung sehnen. Krankhafte soziale bestimmte Verhaltensweisen, sondern auch die
Ängste führen jedoch zu einem Leidensdruck, der zugrunde liegenden falschen Denkmuster geändert
vielen von uns glücklicherweise erspart bleibt. werden müssen.
Personen mit einer Sozialphobie haben in vielen Laut DSM-IV äußert sich eine soziale Phobie
zwischenmenschlichen Situationen Angst zu bei Kindern auch in Form von Schreien,
versagen, sich lächerlich zu machen oder durch Wutanfällen, Gelähmtsein oder Zurückweichen
ungeschicktes Verhalten unangenehm aufzufallen. von sozialen Situationen mit unvertrauten
Sie befürchten, verspottet oder feindselig behandelt Personen; zudem kann die Einsicht fehlen, dass die
zu werden, dumm auszusehen, die Kontrolle zu Ängste übertrieben und unvernünftig sind. Zur
verlieren, Panik zu bekommen und nicht mehr zu Abgrenzung gegenüber vorübergehenden, entwick-
wissen, was sie sagen sollen. Das Gefühl von lungsbedingten Rückzugstendenzen wird eine
Peinlichkeit oder Blamage geht mit heftigen Mindestdauer von sechs Monaten gefordert. Eine
Emotionen wie Scham, Verlegenheit oder verlässliche Diagnose ist bei Kindern erst ab dem
Unsicherheit einher. Starke Schamgefühle spiegeln 8. Lebensjahr möglich. Die Fähigkeit zum Aufbau
die krankhafte Selbstabwertung vor anderen altersgemäßer Sozialkontakte mit vertrauten
Menschen wider. Soziale Situationen lösen fast Personen wird vorausgesetzt. Bei Kindern und
unvermeidlich eine sofortige Angstreaktion aus, Jugendlichen treten soziale Ängste am häufigsten
die mit körperlichen Symptomen verbunden ist, in Form der Schulphobie und der Prüfungsangst
wie etwa Verkrampfung, Händezittern, feuchte auf, aber auch in Form der Angst, von anderen
Hände, Schwitzen am ganzen Körper, Erröten, Kindern ausgelacht zu werden, wenn diese als
Herzrasen, Atemnot, Kloßgefühl im Hals, Gruppe und damit als bestimmende Mehrheit
Übelkeit, Schwindel, Harn- und Stuhldrang, Kopf- erlebt werden. Schüler mit einer sozialen Phobie
oder Magenschmerzen, Stottern bzw. Sprech- schneiden wegen ihrer Prüfungsängste und des
hemmung. Sichtbare Symptome (Schwitzen, nicht seltenen Vermeidens der Teilnahme am
Zittern, Erröten, Weinen, Stimmveränderungen, Unterricht bei Prüfungen häufig schlechter ab als
Flucht auf die Toilette) verstärken die Angst vor andere Kinder, was die Angst vor Leistungs-
sozialer Auffälligkeit. Die körperlichen Symptome beurteilungen verstärkt. Schlechtere Schullei-
erreichen meist nicht das Ausmaß einer stungen als aufgrund des oft großen Lerneinsatzes
Panikattacke, es können aber auch situations- notwendig sind, hängen häufig zusammen mit der
gebundene oder situationsbegünstigte Panikat- angstbedingten Blockade beim Sprechen vor der
tacken auftreten, die das Ausmaß der sozialen ganzen Klasse und der Autoritätsperson des
Phobie anzeigen. Sozialphobiker haben ständige Lehrers.
Erwartungsängste in Bezug auf soziale Situationen
und sind durch die sozialen Folgeprobleme ihres HÄUFIGE SOZIALPHOBISCHE
Vermeidungsverhaltens bald erheblich beein- SITUATIONEN IM ALLTAG
trächtigt.
Eine Sozialphobie ist im Wesentlichen eine Soziale Phobien können klar abgegrenzt und
Störung auf der Basis falscher Denkmuster in umschrieben sein oder unbestimmt und in fast

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allen sozialen Situationen außerhalb des nur unter großer innerer Überwindung und
Familienkreises auftreten. Die Diagnose einer Belastung ein gemeinsames Essen in einem
sozialen Phobie wird bestätigt, wenn eine Person Restaurant einnehmen.
Tätigkeiten alleine angstfrei ausführen kann, die Typische Situationen, wo soziale Ängste
ihr in Gegenwart anderer Menschen aufgrund von auftreten, sind:
Beobachtungs- und Bewertungsängsten schwer sich in Gegenwart anderer äußern und die
fallen. Die Beobachtung durch andere wirkt eigene Meinung vertreten,
irritierend, die Furcht vor kritischer Beurteilung
in der Öffentlichkeit eine Rede halten oder in
bewirkt eine Leistungshemmung.
einer Arbeitsgruppe referieren,
Sozialphobiker teilen andere Menschen je
nach dem Gefühl der Bedrohung häufig in drei bei einem bestimmten Anlass öffentlich in
Gruppen ein, was bedacht werden muss, wenn man Erscheinung treten (z.B. bei Ehrungen),
verstehen will, warum sie sich vor verschiedenen jemandem bei Meinungsverschiedenheiten
Leuten fürchten, vor anderen dagegen überhaupt widersprechen und Forderungen stellen,
keine Angst haben: Beschwerden vorbringen oder Reklamationen
sehr vertraute Menschen (Eltern, Großeltern, in Geschäften vornehmen,
Partner, eigene Kinder, engste Freunde), vor Kontakte mit dem anderen Geschlecht
denen keine Angst besteht, weil die (Ansprechen oder Flirt),
emotionale Geborgenheit gegeben ist. Kontakte mit Autoritätspersonen, Prüfern oder
die große Gruppe der unbekannten oder sonstigen einflussreichen Personen,
weniger vertrauten Personen, d.h. der Großteil Kontakte und Gespräche mit fremden
der Menschen, deren Urteil aus irgendeinem Menschen (z.B. anderen vorgestellt werden),
Grund potenziell wichtig sein könnte, sodass
Essen und Trinken mit anderen (das Glas oder
Auffälligkeit und Kritik nicht riskiert werden
die Tasse heben, ohne zu zittern),
darf.
Teilnahme an Gruppen (Partys, Feiern,
jene Menschen, die man nie wieder sieht (z.B.
Treffen, Verabredungen, Geschäftsessen),
auf einer Autobahnraststätte), die man selbst
nicht mag oder deren Urteil einem gleichgültig Betreten eines Raumes, in dem bereits andere
ist (z.B. Personen, die man selbst als klar Personen sitzen (z.B. Wartesaal),
unterlegen oder verabscheuenswürdig in einem Lokal in der Mitte sitzen oder sonst
beurteilt). anderswo auffällig dasitzen,
in der Öffentlichkeit telefonieren oder mit
Angst auslösend sind Leistungssituationen, wo unbekannten Personen telefonieren,
das eigene Verhalten von anderen beobachtet und
unter Beobachtung anderer schreiben oder
bewertet werden kann (z.B. öffentliches Reden,
eine Unterschrift leisten,
Trinken, Essen, Schreiben, Prüfungen, sportliche
Betätigung) und Interaktionssituationen, wo das in einer Leistungssituation von anderen
eigene Verhalten und die Reaktionen der anderen beobachtet werden (z.B. bei der Arbeit),
in wechselseitiger Beziehung stehen (z.B. soziale sportliche Betätigung, während andere
Kontakte mit Bekannten, Fremden, Autoritäts- zuschauen (z.B. Gymnastik, Schwimmen),
personen oder dem anderen Geschlecht). Ganz mündliche Prüfungen, Teilnahme bei Tests
normale, belanglose Unterhaltungen („Small- und Wettbewerben,
Talk“) werden vor allem dann zum Problem, wenn beim Rotwerden, Zittern oder Schwitzen sich
kein strukturierter Ablauf vorhanden ist, wie dieser beobachtet fühlen,
etwa in einer durch bestimmte Rollen definierten
Verkaufssituation gegeben ist. Außenstehende in öffentlichen Verkehrsmitteln anderen
können das kaum verstehen: Dieselben Leute, die gegenübersitzen und dabei auffallen,
als Verkäufer im Geschäft sehr kompetent und Besuch öffentlicher Toiletten (Paruresis bei
überzeugend wirken, können später mit ihren Männern und Frauen),
Kunden kein lockeres Gespräch über Belanglosig- Bewerbungsgespräche vornehmen und
keiten oder private Angelegenheiten führen und Aufnahmsprüfungen durchstehen.

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ZWEI FORMEN SOZIALER ÄNGSTE später sehr belastend aus, vor allem wenn die
Betroffenen im Rahmen eines beruflichen
Das DSM-IV ermöglicht bei der Diagnose der Aufstiegs im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit
sozialen Phobie die Zusatzkodierung „genera- anderer Menschen stehen.
lisiert“ und impliziert dabei zwei Subtypen, ohne Eine generalisierte Sozialphobie entspricht
den anderen Subtyp konkret zu benennen, sodass eher dem Sozialphobiker mit Sozialkompe-
dafür in der Literatur unterschiedliche tenzdefizit (mangelnde soziale Fertigkeiten und
Bezeichnungen gewählt wurden („nicht-genera- allgemeine Selbstunsicherheit). Eine generalisierte
lisiert“, „spezifisch“, „Leistungstyp“). Die soziale Phobie ist charakterisiert durch das
Unterscheidung von Subtypen ist umstritten: Die Auftreten von Ängsten in vielen verschiedenen
Kriterien sind zu wenig konkret und erlauben keine sozialen Situationen. Die Betroffenen fürchten
klare Differenzierung der beiden Formen sozialer sowohl öffentliche Leistungssituationen (vor
Phobien. Eine generalisierte Sozialphobie ist dann anderen reden, essen schreiben usw.) als auch
zu kodieren, wenn die Angst fast alle sozialen soziale Situationen (z.B. Kontaktaufnahme mit
Situationen betrifft, sowohl soziale Leistungen als Fremden oder dem anderen Geschlecht). Im Laufe
auch soziale Interaktionen. Nach dem Ausmaß der der Zeit kommt es zu schweren Beeinträchtigungen
Generalisierung werden jedenfalls zwei Arten von in allen Lebensbereichen, sodass soziale,
Sozialphobien unterschieden: „Sozialphobie – schulische und berufliche Probleme auftreten. Die
Leistungstyp“ und „Sozialphobie – generalisierter Störung ist oft mit einer depressiven Symptomatik
Typ“. oder mit Alkoholmissbrauch verbunden. Genera-
Die nichtgeneralisierte (spezifische) Sozial- lisierte soziale Ängste treten gewöhnlich schon
phobie wird gewöhnlich mit der Angst in sozialen sehr früh auf (durchschnittlich mit 11-12 Jahren),
Leistungssituationen gleichgesetzt. Spezifische
jedenfalls vor dem 15. Lebensjahr. Häufig liegen
soziale Ängste beziehen sich auf Reden, Essen,
zwar ausgeprägte soziale Defizite zugrunde,
Schreiben, Leistungssituationen (Prüfung, Reden
dennoch wird mit einer „generalisierten Sozial-
in der Öffentlichkeit, sportliche Betätigung usw.).
phobie“ insgesamt eher das Verhalten des
Als Auslöser dient oft ein einschneidendes
ängstlich-gehemmten Sozialphobikers bezeichnet,
Erlebnis (z.B. Ausgelachtwerden beim Stottern
während die schweren Formen sozialer Defizite als
während eines Referats, Verspottung bei einer
Persönlichkeitsstörung beschrieben werden:
ungeschickten Turnübung, Händezittern beim
„ängstliche (vermeidende) Persönlichkeitsstörung“
Essen oder Schreiben an der Tafel). Häufig trat –
nach dem ICD-10, „vermeidend-selbstunsichere
von den anderen unbemerkt – eine Panikattacke
oder eine panikähnliche Reaktion auf, die die Persönlichkeitsstörung“ nach dem DSM-IV.
Angst vor Auffälligkeit verstärkte. Die Angst Bei der ängstlich-vermeidenden bzw. Vermei-
bewirkt eine Hemmung an sich vorhandener dend-selbstunsicheren Persönlichkeitsstörung
Fertigkeiten und geht mit körperlichen Symptomen treten Ängste in fast allen sozialen Situationen auf,
einher. Die Störung ist begrenzt auf spezifische weshalb in den Diagnoseschemata als Grundlage
Leistungssituationen vor den Augen anderer für derart generalisierte soziale Ängste eine
Menschen, während in allen anderen Bereichen dementsprechende Persönlichkeitsstruktur ange-
eine gute soziale Funktionsfähigkeit gegeben ist. nommen wird. Bei der sozialen Phobie werden
Soziale Ängste vom Leistungstyp können aufgrund soziale Situationen gemieden, bei der ängstlichen
der damit verbundenen körperlichen Symptome zu Persönlichkeitsstörung soziale Beziehungen
einer plötzlichen Veränderung des Betroffenen überhaupt, bedingt durch die größere allgemeine
führen, die der Umwelt völlig unerklärlich Unsicherheit und Ängstlichkeit. Soziale Phobie
erscheint, vor allem wenn der Betroffene vorher als und ängstliche Persönlichkeitsstörung unterschei-
kontaktfreudig und selbstbewusst galt. Eine den sich nur durch den Schweregrad der
spezifische Sozialphobie beginnt durchschnittlich Beschwerden voneinander. Beide Störungen liegen
im 16. oder 17. Lebensjahr und hängt oft mit auf einem Kontinuum des Schweregrades der
situativ bedingten Panikattacken zusammen. Die Gestörtheit (Ausprägung der Angst und der
Beeinträchtigungen zeigen sich meist im Defizite), wobei die ängstliche Persönlich-
schulischen und beruflichen Bereich. Eine keitsstörung nur durch die besondere Schwere der
Sozialphobie vom Leistungstyp wirkt sich oft erst sozialen Störung definiert ist.

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Die Trennung zwischen sozialer Phobie aspekt). Die Angst auslösenden Umstände hängen
(sozialer Gehemmtheit) und sozialen Defiziten zentral von den jeweiligen Denkmustern ab. In
(ängstlicher Persönlichkeitsstörung) in zwei Leistungssituationen (z.B. Vortrag, Vorspielen,
unabhängige Kategorien entspricht nicht der Vorsingen oder Vorturnen) und Interaktions-
Realität. Bei einer Sozialphobie können auch situationen (z.B. Teilnahme an einer Geburts-
soziale Defizite gegeben sein. Die sozialen tagsfeier oder an einer Diskussionsrunde) bestehen
Defizite bei einer ängstlich-unsicheren unterschiedliche Möglichkeiten, von anderen
Persönlichkeit lassen sich ebenso erfolgreich Menschen Rückmeldungen zum eigenen Verhalten
therapieren wie bei einer Sozialphobie, sodass zu bekommen, um dadurch mehr Sicherheit zu
soziale Defizite nicht als zentrales Wesensmerkmal entwickeln. Aufgrund mangelnder unmittelbarer
für eine definitionsgemäß nur relativ schwer sozialer Feedback-Möglichkeiten in Leistungs-
veränderbare Persönlichkeitsstörung angesehen situationen ist etwa bei einem Frontalvortrag die
werden sollten. Personen mit einer generalisierten soziale Unsicherheit größer als bei Unterhaltungen
sozialen Angststörung verhalten sich in sozialen im Rahmen einer Arbeitsgruppe, wo rascher und in
Situationen zwar weniger sozial kompetent als deutlicherem Ausmaß die Reaktion der anderen auf
andere Menschen, dies drückt jedoch nicht das eigene Sozialverhalten ersichtlich ist. Das
unbedingt einen Mangel an sozialen Fertigkeiten Ausmaß sozialer Ängste hängt auch von der Art
aus, sondern kann auch in der unzulänglichen und der Größe sozialer Gruppen ab. Definitions-
Umsetzung vorhandener Fähigkeiten liegen. Zur gemäß bestehen soziale Phobien in der Furcht vor
Vermeidung eines falschen Therapieansatzes (z.B. der prüfenden Beobachtung durch andere
eines reinen sozialen Kompetenztrainings) muss Menschen in verhältnismäßig kleinen Gruppen,
man zwischen sozialer Kompetenz (grundsätzlicher nicht dagegen in anonymen Menschenmengen
Verfügbarkeit eines sozial kompetenten (z.B. Kino, Theater, Großveranstaltung, Fußball-
Verhaltensrepertoires in sozialen Situationen) und platz), weil hier die gefürchtete persönliche Nähe
sozialer Performanz (in sozialen Situationen zu einzelnen Menschen entfällt.
aufgrund des Verhaltens tatsächlich gezeigter und
beobachtbarer sozialer Kompetenz) unterscheiden. DAS TRICKREICHE LEBEN VON
Oft kommt es in der Therapie nur darauf an, die SOZIALPHOBIKERN
Performanz zu verbessern, d.h. die Bedingungen,
Einstellungen und Verhaltensweisen zu Sozialphobiker entwickeln häufig Notlügen,
optimieren, die die Umsetzung der vorhandenen ständige Ausreden und raffinierte Tricks. Wenn sie
Fertigkeiten erleichtern. Eine generalisierte bestimmte Situationen nicht vermeiden können
Sozialphobie muss auch nicht mit Schüchternheit oder diese mit weniger Belastung ertragen
im Sinne einer sozialen Befangenheit, einer möchten, wenden sie typische Sicherheits-
Hemmung des spontanen sozialen Verhaltens und verhaltensweisen an, die die Gefahr einer sozialen
eines erhöhten Bewusstseins für die Beobachtung Auffälligkeit mit allen nur möglichen Mitteln und
und Bewertung des eigenen Verhaltens durch Methoden vermindern sollen:
andere Menschen in Zusammenhang stehen, vor Prüfungen alles aufschreiben, auswendig
Schüchternheit als erblich determinierter Tempera- lernen, im Kopf x-mal durchgehen,
mentsfaktor kann aber einen subklinischen bei Gesprächen vorher alles gut durchdenken,
Risikofaktor darstellen. bevor man sich äußert,
Die Unterscheidung sozialphobischer Situa-
nichts sagen, um nicht durch Erröten oder
tionen nach Leistungs- und Interaktionssituationen,
Schwitzen im Mittelpunkt zu stehen,
wie dies im DSM-IV vorgeschlagen wird, muss
auf Suppe oder Kaffee verzichten, um nicht
sich am Einzelfall orientieren, weil es nicht so sehr
durch Händezittern aufzufallen,
auf die objektiven Eigenschaften einer Situation
ankommt, sondern vielmehr auf die subjektiven das Glas oder die Tasse sehr fest halten, um
Bewertungen. Ein Sozialphobiker kann beim leichtes Zittern zu unterdrücken,
Gespräch in einer Gruppe fürchten, keinen Kontakt mögliches Zittern kontrollieren, um den
herstellen zu können oder aus Unwissenheit etwas Anschein von Nervosität zu vermeiden,
Dummes zu sagen (Interaktionsaspekt) oder vor bestimmte Kleidung anziehen, um sichtbares
anderen zu zittern oder zu stottern (Leistungs- Schwitzen zu vermindern,

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Alkohol oder Wärme vermeiden oder Fenster schärfsten Kritiker und fürchten, dass andere
öffnen, um nicht zu schwitzen, Menschen ihre eingebildeten oder tatsächlichen
Alkohol oder ein Medikament einnehmen, um Schwächen erkennen könnten. Sie können sich
Angstreaktionen zu unterdrücken, selbst mit ihrer Eigenart nicht annehmen und
Einnahme einer Beta-Blockers zur fürchten daher die soziale Ablehnung als
Vermeidung von Zittern oder Schwitzen, Bestätigung ihrer Insuffizienz. Soziale Angst, die
aus Selbstunsicherheit entsteht, kann so weit
übermäßig viel Makeup verwenden, um bei
gehen, dass die Betroffenen glauben, andere
Erröten nicht aufzufallen,
Menschen würden ständig über sie sprechen oder
vermehrt reden, um unerträgliche Stille oder sie in besonderer Weise anschauen (so genannte
peinliche Sprechpausen zu vermeiden, Beziehungsideen). Eine Person mit einem
sich so platzieren, dass man nicht sofort ausgeprägten derartigen Verhalten wird als
bemerkt wird, „sensitiv“ bezeichnet. Es tritt oft auch bei
Blickkontakt vermeiden und auf den Boden depressiven Personen mit geringem Selbstwert-
oder anderswohin schauen, gefühl auf.
vermeiden, über sich selbst etwas Persönliches Viele Menschen mit einer generalisierten
zu sagen. Sozialphobie leben recht zurückgezogen und
sehnen sich bei aller Angst vor Ablehnung und
FOLGEN SOZIALER PHOBIEN FÜR DEN Zurückweisung doch sehr nach Kontakt und
LEBENSALLTAG DER BETROFFENEN Anerkennung. Nach verschiedenen verpassten
Gelegenheiten leiden sie stark unter dem Gefühl,
Viele Sozialphobiker wieder einmal nicht die Initiative ergriffen zu
können sich aus Angst vor Ablehnung anderen haben (z.B. eine Person des anderen Geschlechts
gegenüber schwer durchsetzen, anzusprechen). Das Risiko, auf der Suche nach
sind ungewollt ohne Partner (laut Studien bis dem richtigen Partner einige Ablehnungen
zur Hälfte der Betroffenen), hinnehmen zu müssen, erscheint einfach zu groß.
Auf der Suche nach einem Partner hoffen viele
bleiben trotz fachlicher Kompetenz hinter
sozialphobische Menschen gleich auf einen
ihren Karrieremöglichkeiten zurück,
intimen Partner. Das erste Gespräch im Lokal wird
neigen zu Alkohol- und Tranquilizermiss- bereits zum Test, ob man beim anderen
brauch, „angekommen“ oder „durchgefallen“ ist. Diese Art
werden bei langjähriger Andauer unbehandelt der Kontaktsuche ist auf dem Hintergrund des
depressiv, weil positive Lebenserfahrungen langen Alleinseins verständlich, stellt jedoch eine
aufgrund des ständigen Vermeidensverhaltens Überforderung für beide Interaktionspartner dar.
und sozialen Rückzugs ausbleiben, Oft fehlen Geduld, Engagement und Verständnis
geraten also über die „Einstiegsstörung“ dafür, dass eine Beziehung über einen längeren
Sozialphobie immer stärker in den Zeitraum, auch durch Enttäuschungen hindurch,
Teufelskreis schwerwiegenderer psychischer aufgebaut werden muss. Allein stehende
Störungen. Sozialphobiker glauben nicht selten, durch einen
intimen Partner schlagartig alle sozialen Ängste zu
Wegen der Angst vor Kritik und Ablehnung verlieren. Ein Partner wird häufig als der Retter
können sich viele Menschen mit sozialen Ängsten aus großer Not sehnsüchtig erwartet. Viele
nicht durchsetzen und ihre berechtigten Wünsche Sozialphobiker haben völlig unrealistische
und Bedürfnisse nicht ausreichend vertreten. Sie Zielvorstellungen über den Aufbau und die
haben Schwierigkeiten, Nein zu sagen und sich Erhaltung von Beziehungen und erleben deshalb
gegenüber den Forderungen anderer abzugrenzen, ständig neue Enttäuschungen bei der
weil sie befürchten, im Falle von mehr „Egoismus“ Partnersuche. Die Suche nach einem Partner stellt
nicht mehr geliebt zu werden. Sie verzichten lieber oft einen Kompensationsversuch der eigenen
auf ihre Ansprüche, als potenzielle Ablehnung zu Unsicherheit dar, der trotz ständiger Misserfolge so
riskieren. Ihre Furcht vor Kritik hängt häufig mit lange nicht aufgegeben werden kann, als nur in
einem geringen Selbstwertgefühl zusammen. einem intimen Partner die Erlösung aus der
Menschen mit Sozialphobie sind häufig selbst ihre Einsamkeit gesehen wird.

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Soziale Phobien äußern sich häufig auch in Störungen, z.B. einer chronifizierten Depression.
Form von sexuellen Funktionsstörungen. Die Soziale Phobien können aber auch die Folge von
Angst, in sexueller Hinsicht zu versagen oder als Substanzmissbrauch sein und lassen sich dann
Frau bzw. Mann nicht attraktiv genug zu sein, erklären durch die befürchtete oder reale soziale
verhindert den näheren Kontakt mit einer Person Auffälligkeit (z.B. Entzugserscheinungen, soziale
des anderen Geschlechts. Küssen wird nicht selten oder berufliche Probleme).
aus Angst vor schlechtem Mundgeruch vermieden.
Die Betroffenen brechen eine beginnende DIFFERENZIALDIAGNOSE
Beziehung häufig von sich aus ab, um dem
deprimierenden Gefühl der Ablehnung zu Die Differenzialdiagnose der sozialen Phobie
entkommen. Scham und Scheu im sexuellen ist in therapeutischer Hinsicht sehr bedeutsam, da
Kontext ist auch aus einem Gedicht von Schiller ansonsten falsche Behandlungsansätze gewählt
bekannt („Errötend folgt er ihren Spuren“). werden.
Eine Depression ist die häufigste Begleit- und Von zentraler Bedeutung ist die
Folgesymptomatik der sozialen Phobie. Sozialpho- Unterscheidung zwischen Sozialphobie oder
biker mit einer zusätzlichen Depression entwickeln Agoraphobie. Sozialphobiker fürchten negative
eine schwerere Form von Sozialphobie als Beurteilung vonseiten der Umwelt. Sie fürchten
nichtdepressive Sozialphobiker. Sozialphobiker sich eher in kleineren Gruppen und nicht so sehr in
mit einer Depression weisen eine besondere großen Menschenmengen, wo kein persönlicher
Überempfindlichkeit bei Kritik und Ablehnung Kontakt zueinander besteht. Agoraphobiker haben
Angst davor, in bestimmten Situationen die
auf. Eine soziale Phobie ist keine harmlose
Kontrolle über den eigenen Körper zu verlieren.
Angstkrankheit, was sich auch in relativ häufigen
Sie möchten Situationen dann verlassen, wenn sie
Selbstmordgedanken und Selbstmordversuchen
ihren Körper nicht mehr „im Griff“ haben. Sie sind
äußert. Bei manchen Betroffenen kommen Selbst-
in Einengungssituationen ständig „auf der Flucht“,
mordversuche vor. Die depressive Verstimmung
sie sind angespannt wegen ihres körperlichen
entwickelt sich oft als Folge der sozialen
Befindens und nicht wegen der sozialen
Hemmung und des ständigen sozialen
Beachtung.
Vermeidungsverhaltens, das keine positiven und
Ebenso bedeutsam ist die Unterscheidung
aufbauenden Erfahrungen in Sozialkontakten
zwischen Sozialphobie und Panikstörung.
ermöglicht. Die Depression ist oft bedingt durch Sozialphobiker fürchten den „sozialen Tod“ („Ich
die Unzufriedenheit mit der jeweiligen Lebens- bin sozial erledigt, wenn ich mich blamiere“). Die
situation (geringe Durchsetzungsfähigkeit im Betroffenen haben Sorgen um ihre soziale
beruflichen und privaten Bereich, Vereinsamung, Existenz, um ihr Sozialprestige. Panikpatienten
wenig Verhaltensalternativen). Eine soziale Phobie fürchten dagegen einen katastrophalen physischen
geht auch oft mit einer Dysthymie einher, d.h. mit oder psychischen Zusammenbruch; sie machen
einer jahrelang andauernden leichteren depressiven sich Sorgen um ihre biologische Existenz.
Verstimmung. Panikattacken in phobischen Situationen machen
Viele Sozialphobiker benutzen Alkohol oder noch keine Panikstörung aus (dazu gehören
Tranquilizer, um ihre Ängste zu dämpfen. Panikattacken ohne sichtbare Auslöser), sondern
Zahlreiche Angst auslösende soziale Interaktionen zeigen das Ausmaß der Sozialphobie.
erfolgen in Situationen, in denen auch Alkohol zur Die Unterscheidung zwischen Sozialphobie
Verfügung steht (z.B. bei Verabredungen, Feiern, und depressiver Störung ist im Querschnitt oft nur
Essen im Restaurant). Umgekehrt finden sich unter schwer möglich. Nach jahrelanger Sozialphobie
Alkoholikern viele sozial ängstliche Menschen, die hat sich oft auch eine depressive Symptomatik
wegen ihrer Ängste zu trinken begonnen haben. entwickelt, sodass in schweren klinischen Fällen
Vor allem bei einem frühen Beginn der sozialen oft eine Komorbidität gegeben ist und eine
Phobie besteht die Gefahr der Entwicklung eines Behandlung beider Störungen angezeigt erscheint.
Alkoholmissbrauchs oder einer Depression. Die Neben Substanzmissbrauch gelten depressive
viel selteneren sozialen Phobien mit späterem Störungen als häufigste Langzeitfolgen sozialer
Beginn sind eher die Folge anderer komorbider Phobien.

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VIER BEISPIELE FÜR SOZIALE Ablehnung nach dem Motto: „Lieber gehe ich,
PHOBIEN IM ALLTAG als dass sie mir sagt, sie möchte vorerst keinen
2. Termin mit mir vereinbaren.“
1. Unnötiger beruflicher Stress. Herr Schmidt, 34 4. Scheitern bei Prüfungen. Herr Berger 20 Jahre,
Jahre, ist vom einfachen Sachbearbeiter zum steht die Belastung bei der Führerscheinprüfung
Filialleiter in einem großen Konzern nicht durch und steigt aus dem Auto aus. Er
aufgestiegen. Er hat seither Probleme mit der fühlt sich vom Prüfer überkritisch beobachtet,
Macht- und Mittelpunkt-Position (Ansprachen der hinter ihm ständig Aufzeichnungen macht,
halten, Konflikte zwischen Mitarbeitern wie sein häufiger Blick in den Rückspiegel
schlichten, Anforderungen stellen u.a.), leidet zeigt. Tatsächlich war der Prüfer mit ganz
unter zunehmenden psychovegetativen anderen Dingen als mit ihm beschäftigt. Er
Beschwerden (Herzklopfen, Schwitzen, hatte bereits in der Schule massive Probleme
Atemnot, Übelkeit, Harndrang) und hat mehr bei mündlichen Prüfungen – schriftlich war er
Angst vor Leistungsbewertungen als vorher (die immer besser.
Verantwortung für hohe Umsatzziele bewirkt
bei ihm große Versagensängste gegenüber
LITERATUR
seinen Vorgesetzten).
2. Alkohol als „soziales Gleitmittel“. Herr 1. Bandelow, B: Das Buch für Schüchterne. Wege aus
Maurer, 31 Jahre, fast immer single, hat der Selbstblockade. Reinbek bei Hamburg:
„Kontaktprobleme“. Seit der Schulzeit Rohwohlt, 2008.
zurückhaltend, ist er als Baumarkt-Verkäufer 2. Butler, G: Schüchtern – na und? Selbstsicherheit
gewinnen. 2. Auflage. Bern: Hans Huber, 2006.
durchaus kompetent (weil in einer klar
3. Dilling, H., Mombour, W. & Schmidt, M. H. (Hrsg.):
definierten Rolle), privat jedoch sozial sehr Internationale Klassifikation psychischer Störungen.
gehemmt. Es fehlt ihm die Small-Talk- ICD-10, Kapitel V (F). Klinisch-diagnostische Leit-
Fähigkeit. Vor dem Fortgehen trinkt er linien (6., vollst. überarb. Aufl.). Bern: Huber, 2008.
regelmäßig ein Bier, beim Treffen ein weiteres 4. Dilling, H., Mombour, W., Schmidt, M. H. &
Bier zur Beruhigung, dann wirkt er unauffällig Schuhlte-Markwort, E. (Hrsg.): Internationale
und entspannt. Frauen kann er nur unter Klassifikation psychischer Störungen. ICD-10, Kapi-
Alkohol ansprechen, beim Sex hat er einmal tel V (F). Diagnostische Kriterien für Forschung
versagt und wollte daher vom Arzt Viagra. und Praxis (4., überarb. Aufl.). Bern: Huber, 2006.
5. Morschitzky, H: Angststörungen. Diagnostik,
3. Beziehungen misslingen. Herr Sommer, 28
Konzepte, Therapie, Selbsthilfe. 4., überarbeitete
Jahre, steht den gewünschten Anfangskontakt und erweiterte Auflage. Wien: Springer, 2009.
mit einer Frau nicht durch und verlässt nach 6. Saß, H., Wittchen. H.-U., Zaudig, M. & Houben, I:
dem Essen das Lokal. Er zahlt, sagt, er gehe auf Diagnostisches und Statistisches Manual
die Toilette, verlässt jedoch das Lokal und lässt Psychischer Störungen – Textrevision. Göttingen:
die Dame buchstäblich „sitzen“ – aus Angst vor Hogrefe, 2003.

Correspondence:
Dr. Hans Morschitzky
Hauptstrasse 77, A-4040 Linz, Austria
E-mail: morschitzky@aon.at

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