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Die germanische Dichtung

Die Germanen . ,.- .....


- urspn:mgliche Heimat der Gerrnanen Iag 111
D1e · Skandinavien \.
und im nordlichen Deutschland. Das Hauptsiedlungsgebiet der ;~~-
Gennanen war die niederdeutsche Tiefebene.
Verglichen mit der griechischen und romischen Kultur, waren ,
die Gennanen sehr ruckstandig. Sie betrieben Ackerbau und
Vìehzucht, sie waren und lebten als Bauem. . _y
Die blutsverwandten Familien bildeten eine Sippe, eine Art
GroBfamilie. Die Bezeichnung ,,Gerrnanen" finden wir erstmals
bei dem griechischen Geschichtsschreiber Poseidonios Apamea
(um 135-51 v. Chr.) . Auch Caesar berichtet in seinem
Commentarli de bello Gallico uber die gerrnanischen Stamme. J.
Die germanische Fast alles, was man uber die gerrnanische Mythologie weif~, wird
Mythologie in der skandinavischen Edda, einer Sammlung von Gotter- und
Heldenliedern, erzahlt.
Die wichtigsten Gòtter waren die Asen (mit Wotan, Thor und
Loki), und die Wanen (mit Freeyr, Freyia und Baldr). Daruber
l
hinaus gab es noch eine Reihe minderer, uberirdischer Wesen,
wie die Riesen, die Walkuren, die Zwerge und die Elfen. Ein Runenstein

Urspninge der deutschen Sprache


Die meisten der modernen europaischen Sprachen sind miteinander verwandt. Sie stammen
vom Indoeuropaischen oder Indogerrnanischen ab. Dies war eine Sprache, diejahrtausende v.
Chr. in ganz Europa und Asien verbreitet war. Es gibt zwar keine schriftlichen Zeugnìsse, aber
Philologen haben diese Sprache rekonstruiert. Um 2000 v. Chr. zerfiel das Indoeuropaische in
groge Sprachgruppen, die sich selbstandig weiterentwickelten: das Indische (Altindisch,
Sanskrit), das Iranische, die slawischen und baltischen Sprachen , das Griechische, das
Albanische, das Lateinische und die fruheren romanischen/lateinischen Sprachen , die
keltischen und die gerrnanischen Sprachen.
Das Gerrnanische ist die Grundlage der gennanischen Sprachen, so wie Latein die Grundlage
der romanischen Sprachen bildet.
Das Germanische Kennzeichnend fur den Differenzierungsprozess des Germanischen von den anderen
indoeuropaischen Sprachen sind:
• die erste oder germanische Lautverschiebung (einige Konsonamen verwandelten sich m
andere):
p > f: z.B. Sanskrit: pità;~riechisch: pater; G_otisch:fadar; Englisch:father~Neuhochdeutch: \tlr.n .
a > o: z.B. Indogermamsch: *bhra_ter; Altmdeuropàisch· bhrc,t,ir L t • h J h
. . . . . . · · , a einlS( : ratrr, Gousc
bropar; Enghsch. brother, Althochdeutsch: bnoder; Ncuhochdemsch· B d .
• die Runenschrift (urspn1nglich magischc Zcichen); · ru .er,
• der gem1anische Vers, der Stabreim .

IITi1I
Die germanische Oichtuno

Das Hildebrandslied
. .
. .
. .isches Be1sp1e
l fur die Heldendichtung. Es ist das
. . . F
Das Hildcbrnndsl.ied (9. Jahrhundert) 15t em typ f d n hat. Das L1ed lSl em ragment, Weil
Boden ge un e · G d. h h ·
einzige Heldenlied , das man auf deutsc hem . Mittelpunkt d1eses e ic tes ste t d1e
·1
der Schluss und einige Verse ver oren geg
angen smd. Im . o· . h
d Waffenme1ster 1etnc s von Bern
. G folgsmann un b d . ,
Begegnung zwischen Hildebrand, emem e h trennt waren. Hadu ran , der semen
d. 30 Ja re ge . .
und seinem Sohn Hadubrand, nachdem iese . . Nach einer solchen Bele1d1gung wird
H Feighe1t vor.
Vater nicht erkennt, wirft ihm und dessen eer . . h , r. ter und Sohn kampfen gegeneinander.
erme1d11c • va
ld
der Kampf fùr einen gerrnanischen He en unv

Originaltext (erste Zeilen)


Ik gihorta òat seggen,
3.at sih urhettun / aenon muotin,
Hiltibrant enti Haòubrant / untar heriun tuem.
sunufatarungo iro saro rihtun. [... ]
5 Hiltibrant gimahalta [Heribrantes sunu]: / her uuas heroro man,
ferahes frotoro; her fragen gistuont [...]

Obersetzung
1. r Zweikampf, =e: Ich h6rte das sagen,
duello. da:S sich zum Zweikampf 1 herausforderten 2
2. herausforde:rn: sfidare.
3. s Heer, -e: esercito.
Hildebrand und Hadubrand, zwischen den zwei Heeren 3.
4. e Riistung, -en: Sohn und Vater richteten ihre Rustungen 4_ [ ... ]
armatura.
5. erfahren: espeno.
s Hildebrand sprach (Heribrands Sohn): er war der altere Mann
6. Otacher (Odoaker): und erfahrener 5 ; er begann zu fragen, '
Odoacre.
mit wenigen Worten, wer sein Vater sei[ ... ]
7. r Verwandte, -n: (agg.
sost. maschJfemm.) il Hadubrand antwortete, Hildebrands Sohn:
parente.
8. gewundene
,,Das sagten mir unsere Leute,
Armbander: bracciali 10 alt und weise, die einmal lebten:
attoFcigliati.
9. e Huld: benevolenza. Hildebrand hie:S mein Vater, ich heifse Hadubrand.
10. r Speer, -e: lancia. Einst ritt er nach Osten, er floh vor Otachers 6 w
hin mit Dietrich und vielen seiner Ritter. [. ..] ut ,
Ich glaube. nicht, dafs er noch am Leben 1st.
. "
15 ,,Du weig t, groger Gott (sagte Hildebrand) b . .
0 1
dag du mit diesem Verwandten 7 ' en m H1mmel ,
nie in Streit geraten bist."
Er wand. vom
. Arm gewundene Armb an - d er s
aus ka1serhchem Gold die ihm d K . '
' er a1ser gab
20 der Herr er Hunnen: ,,Da& ich e5 d . 1 . ,
d
. lr a s Huld 9 ) b ..
Ha du brand sprach, H1ldebra.nds Sohn· ge e .
.,Mit dem Speer 10 muB man Gab" ·
t! n annchmt.:n,
Die germanische Oichtuno
SpJOdte tlnd Stil uf dia ersten Zeilen des Originaltextes
Sie slch a ·
tlueMelnun; t<onz8ntrtaren I Kannzeichnet diese Langzeilen?
h8 Stllrnitte ,
10 Worio beslehl dle Tragik - Gesef1eh80S? 12 Welc s .trelchen Sie in den ze,len 3, 4, 5, 6 des
a ;~ Vatet und Scnl l<Ampfen. 13 Suchen uoci u~e~ derl<ehrenden Anfangsbuchstaben.
b Q Del Soon hat alS Kind seiOOll Valer nlekennen ri .. altexts d1e w,e
O gin . un die Obertragung ins Neuhochdeutsche
gelelTII lnf Idi haSSt er ihn.
14 Nehrnen s,e n F ktion haben die stabreimenden
e C] Oel Sohn glaUbl seinefll Valer nicht. zu Hilfe. Welche un
d O Oer Vate< wei6. wen er toten wird. worter irn Text? ..
11 J0lnefl Sie Sidl den werteren Verlaul oor Geschichte . . d sch!Osselworter.
a O sie. sin. d unbedeutende W"rt o er.
vomeQef'!? b O Sie sin

Focus . . ·id b and und Hadubrand, sondem Werte Wle .


Die Gegner in diesem Zweikampf smd mcht blog Hl e r idet sich fur die Ehre und nimmt die
die Vaterliebe und die Kriegerehre. Hilde~rautl entsc~e e der Hunnen (sprach Hildebrand),
Herausforderung zum Zweikampf an. ,,Es sei nun der feigeSl .
der dir den Kampf weigert ...• Vennutlich wird der Vater den Sohn .eischlagen, um seme Ehre als
v..; be h o· I ·k d Geschehens besteht darin dass s1ch Vater und Sohn im Kampfe
.ru.1eger zu wa ren. 1e ragi es ' . . .
gegenuberstehen, sie wird aber noch fun:htbarer dadurch, dass der Vater ~115, wen er toten wrrd.
Die tragische Geschichte Hildebrands srammt aus einer mfindlichen Uberlieferung, die von
Sanger zu Sanger weitergegeben wurde (,,ich hòrte") . Wahrscheinlich entstand das Lied an den
langobardischen K6nigsh6fen in Italien und wurde von fahrenden Sangem nach Bayem gebracht.
Sprache und Stil Die Sprache dieses Lieds ist nicht eindeutig einem Dialekt zuzuordnen und enthalt viele
uberregionale Elemente. Typisch fur den Stil ist eine stabreimende Langzeile, die durch eine
Zasur in zwei Halbzeilen getrennt wird. Jede Halbzeile enthalt eine oder zwei betonte Silben
(Sta.be), die mit demselben Konsonanten anfangen. Die sich daraus ergebende Alliteration
verleiht dem Te~t einen starken Rhythmus, der der Gewalt und der Harte des tragischen Inhalts
sehr gut entspncht. Sprache_ und Syntax sind einfach und kraftvoll . zwe1· T1empora werden
verwendet,
- das
r- d.Imperfekt
o· fur das
h h Geschehen:
. . ,,herausforderten", "rieh teten ", ,,war", "b egann ",
das Prasens ur 1e ia1oge: ,,le e1ge", ,,ich glaube", ,,gebe".

Die Bibeliibersetzung von Wulfila


Zur Zeit der Volkerwanderung
. kamen die Germanen mlt. d Ch . .
Insbesondere .nahmen d1e Westgoten unter 1.h rem B1schof
. Wemlfil nstentum m Beruhrune.e
Form
_ .
des Chnstentums an. Wulfila uber t d. .
. se zte 1e Bibel ·
u a 011-383) die an·ant·sdll'
. · -
uberheferte germamsche Literaturdenkmal. D h . _ms Gousche und schuf so das altestr.
·f d. . h I • h.urc d1ese Uber
Sehn t, 1e sic aus ateinischen und gnec 1sche B h setzung emstand d.t e neue gousc
• he
Runen zusammensetzte. n uc staben, aber 'auch
· aus germamschcn
· .

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Die hiiflsch-ritterliche Dichtun
Die mittelalterliche Gesellschaftsstruktur
. Die mittelalterliche Gesellschaftsstruktur bestand aus

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i(-I ;' .
,...,.,, drei Standen:
. ''-(· • Bauern , auch unfreie Hòrige und Leibeigene,
verrichteten die Arbeir
~,.,
I ,. ::a.I
'
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• Ritter waren zunachst Krieger und entwickelten sich
erst im Laufe der Zeit zu einem eigenen Stand;
• Adelige, zu denen Kònigsvasallen, Herzòge, Grafen
aber auch Bischòfe und Abte gehòrten.

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I An der Spitze der Gesellschaftspyramide stand der
Kònig oder der Kaiser, der durch gòttliche Designation

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oder als Erbe eingesetzt wurde.
Die Bhitezeit des Rittertums fallt indie Stauferzeit (12 . Die Ritterzeit
\,-- " Jahrhundert). Nach 1300 beginnt der Niedergang des
Rittertums. Die ritterlichen Ideale waren das
; .l\ Kampfen, das Jagen sowie der Schutz der Frauen und
der Schwachen, aber auch die Hòflichkeit, das
I'. - . !t, Maghalten, die Treue, die christliche Glaubenslehre,
r:, ....-,
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L.·. -~,-·- ~ •- ·
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; -"- ,.~ -~-: -k die Heldenlieder und die Minne. Die Minne war die
Verehrung der Frau , meist eines hoher gestellten
Ritter vor dem Turnier, deutsche Handschrift,
13. -14. Jahrhundert Frauleins oder einer Edelfrau .

Hartmann von Aue


Hartmann von Aue (1165-1220) war ein dichterischer Ministeriale. Er war von adeliger Geburt
und sehr gebildet. Wahrscheinlich nahm er am dritten Kreuzzug (1189-92) teil und verfasste
erst nach seiner Ruckkehr um 1195 seinen bekanntesten Roman Der arme Heinrich. lm
Mittelpunkt der Epen von Hartmann von Aue - Erec, Iwein, Gregorius und Der arme Heinrich -
steht die Frage, wie man gleichzeitig Minnedienst und ritterliches Leben pflegen kann und
worin das richtige Verhaltnis zwischen Gottesliebe und menschlicher Liebe steht.
Die von diesem gro&en Erzieher vorgeschlagene Antwort besteht im Ma&halten: Nur wer seine
Triebe und Leidenschaften unter Kontrolle halten kann, findet das richtige Verhaltnis zwischen
Ehre und Minne. Hòfische und geistliche Ideale sind bei Hartmann von Aue immer eng

verflochten.
Die hofisch-rittertiche Oichtung

Wolfram von ESCHENBACH .


(etwa 1170-1220)

Wolfram war der bedeutendste Oichter seiner ZeiL. Sein


Hauptwerk. der Versroman Parzival, ist ein langes Epos. Als
Vorb1ld diente Perceval von Chrétien de Troyes. Der Autor
behandelt hier das Problem wie der Ritter das hofische uucl
das religiose Leben hannoni~h miteinander verbinden kann.
Er nahm dazu den Stolf aus der Artussage, aber auch sehr
viele Elemente aus der Sage vom Heiligen Graal.

Wolfram von Eschenbach in einer zeitgenossischen Miniatur

m Herzeloyde hat ihren Gatten verloren, weil er im ritterlichen Kampf gefallen i t Deshalb
mieht sie ihren Sohn Parzival in der Waldeinsamkeit, um .ihn vor .den Gefahren der
5

ntterhchen Welt zu bewahren. Eines Tages begegnet er im Wald vier Artusnttem m glanzender
Rilstung und glaubt, sie seien Gòtter. Sie erzahlen ihm vom Rittertum und von Kònig Artus.
Trotz aller Bitten der Mutter will Parzival Ritter werden. Seine Mutter gibt ihm falsche
Ratschlage, wie er sich verhalten soll. Sie hofft, dass er wegen der Enttauschungen mit den
Menschen bald zu ihr zuruckkehren wird. Aber als er fortzieht, stirbt sie. Nach vielen
Abenteuem kommt Parzival zur Burg des Ritters Gumemanz, der ihn hòfische Sitten und
ritterliche Waffenkunst lehrt. Gurnemanz lehrt ihn auch, bescheiden zu sein und nicht viel
zu fragen, also die Diskretion.

1. achten auf + A.: tener


conto di.
2. s Heer, -e: esercito.
3. r Notleidende, -n:
Gurnemanz Lehre
(agg. sost. masch./ Achtet daraufl, [... ] Herrensinn-,
femm. ) il bisognoso.
4. sich erbarmen: aver dag euch das 10 I... ] Nehmt euch das
pietà. Heer 2 der Notleidenden 3 erbarme 4. rechte Mag zur Richtschnur B!
5. r Kummer: dispiacere.
6. demiitig: umile.
Gegen deren Kummer 5 geht mit 1hr sollt nicht vie! fragen ! Laist
7. vertun: sciupare. s Milde und Gene an. Seid immer euch eine wohlbedachte 9 Antwort
8. e Richtschnur :e: demutig6! nicht leid sein IO;
norma.
9. wohlbedacht: Ihr sollt mit Weisheit ann und reich 15 [ ... ] La!st
ponderato. zugleich sein, denn wo der die Barmherzigkeit 11 srets der Kùhnheir 12
IO. leid sein: rincrescere.
Herr alles vertut 7, fehlt der rechte folgen! So fo lgt ihr memem
J I. e Bannher:igkeit:
misericordia, pietà.

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