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Ein Service von Stiftung Lesen und Deutsche Bahn Stiftung

Hase und Holunderbär. Der Schatz auf


der Holunderinsel
Eine Geschichte geschrieben und illustriert von Walko, erschienen im
arsEdition Verlag.
Das war ein Wetter! Es regnete in Strömen. Der kleine Hase und der

Holunderbär waren in ihrem Baumhaus und lasen in ihrem dicken Buch.

Der Hase, den man auch Ritter Freund nannte, las vor: „Am Ende eines jeden

Regenbogens liegt ein Goldschatz begraben.“

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Die zwei Freunde staunten. „Einen Goldschatz würde ich gerne finden, Ritter

Freund!“, brummte der Holunderbär.

„Da ist ja ein Regenbogen!“, rief der kleine Hase. „Und er endet auf der

Holunderinsel, direkt beim Bananenfelsen!“

Der kleine Hase stürmte nach draußen. „Den Schatz holen wir uns!“, rief er

laut.

„Au ja, da komm ich mit!“, antwortete der Holunderbär begeistert.

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Die beiden liefen zu ihrem Boot. Schnell brachten sie es zu Wasser, und

schon ging ihre Reise los.

Der Holunderbär ruderte, so schnell er konnte.

Von allen Seiten schwappte Wasser ins Boot, und der kleine Hase musste

fleißig schöpfen, damit sie nicht untergingen.

Als sie das Ufer der Holunderinsel erreichten, fielen ihnen all die gruseligen

Geschichten ein, die sie schon über die Insel gehört hatten.

Früher hatten hier die Mümmelsee-Piraten ihr Unwesen getrieben! „Sicher

haben die Piraten den Goldschatz vergraben“, vermutete der kleine Hase.

„Vor der Schatzsuche sollten wir uns stärken“, schlug der Holunderbär vor.

Auf der Insel gab es die größten Holunderblüten weit und breit. Die beiden

Freunde aßen sich erst einmal ordentlich satt.

Danach ging es an die Schatzsuche. Der Regenbogen war längst verblasst,

aber sie wussten ja, wo er geendet hatte.

In einem kleinen Laubwald fanden sie den Bananenfelsen.

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Sie begannen zu graben, aber schon bald stießen sie auf einen Felsen unter

der Erde. Sie versuchten es ein Stück weiter noch einmal, und als die Schaufel

des Holunderbären auf etwas stieß, das metallisch klang, riefen beide

„Hurra!“.

Doch es war nur eine alte Blechbüchse. „Das macht nichts“, meinte der kleine

Hase. „Wir müssen einfach weitersuchen.“

Er begann wieder zu graben und der Bär stimmte ein Liedchen an.

Sie fanden es schön und aufregend, zusammen nach dem Schatz zu suchen.

Doch auch diesmal fanden sie leider nur eine alte Flasche.

Es war sehr heiß und langsam wurden Ritter Freund und der Holunderbär

müde.

Immer wieder gruben sie an einer neuen Stelle, und bald gab es kein

Fleckchen mehr, an dem sie noch nicht gesucht hatten.

„Oh, bin ich müde“, brummte der Holunderbär. „Das Beste wird sein, wir ruhen

uns ein wenig aus“, meinte der kleine Hase.

Sie legten sich in den Schatten eines Baumes und waren im Nu

eingeschlafen. Sie träumten beide, dass sie mit ihrem Boot, schwer beladen

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mit Gold, über den Mümmelsee heimwärts ruderten.

Als die beiden Freunde aufwachten, war es schon spät. Sie sahen zum Ufer

und erschraken: Das Boot war weg! Wahrscheinlich war es abgetrieben

worden!

„Au, au, au“, brummte der Holunderbär. „Wie sollen wir nur wieder nach Hause

kommen?“

„Wir bleiben einfach über Nacht hier", sagte der kleine Hase. „Mach dir keine

Sorgen, Holunderbär.“

Zum Glück wusste der kleine Hase genau, was zu tun war. Der Holunderbär

war sehr froh, dass er einen so schlauen Freund hatte.

„Wir sammeln Holz für ein Feuer und Äste für eine Laubhütte“, erklärte der

kleine Hase. Das war eine gute Idee, fand der Holunderbär.

Später am Lagerfeuer brieten sie Holunderspieße, schmorten Pilze und

tranken Wasser aus der Quelle. Sie sangen Lieder und erzählten sich

Abenteuergeschichten.

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Was gibt es Schöneres, als mit seinem Freund am Lagerfeuer zu sitzen?

Später sagten sich der kleine Hase und der Bär Gute Nacht, legten sich in die

Laubhütte und schliefen ein.

Am nächsten Morgen machten sich die beiden gleich an die Arbeit. Wenn

man auf einer Insel ist, schickt man nämlich eine Flaschenpost, erklärte der

kleine Hase.

Zum Glück hatten sie ja gestern eine große Flasche gefunden. Ritter Freund

schrieb mit einem verkohlten Zweig einen Brief auf ein großes Blatt und

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zeichnete einen Plan der Insel darauf.

Dann rollte er das Blatt und steckte es in die Flasche. Der Holunderbär warf

die Flasche weit hinaus in den See. So eine Flaschenpost hatte schon oft

Leute gerettet, also würde es auch diesmal bestimmt funktionieren!

„Sicher kommt bald ein Schiff, das uns mitnimmt!“, sagte der Hase.

Dann kletterten sie auf einen Hügel und errichteten dort einen Berg aus

Zweigen für ein Signalfeuer. Das wollten sie am Abend anzünden. Und dann

trommelten sie ganz laut um Hilfe.

Bum, bum, bam, bum! Sie hatten noch nicht lange getrommelt, als sie auf

dem Wasser ein Boot sahen.

„Wir sind gerettet!“, schrien sie beide.

Sie hüpften und trommelten, so laut sie konnten. Das Boot kam langsam

näher.

Doch da hörten sie ein anderes Trommeln! Und dazu eine heisere Stimme, die

„Hilfe, Hilfeee!“ rief!

Donnerwetter – was war das?

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„Da braucht jemand unsere Hilfe!“, sagte der kleine Hase. „Los, schnell!“

„Aber wenn wir jetzt weglaufen, sieht uns der im Boot nicht und fährt wieder

weg“, warf der Holunderbär ein.

Der kleine Hase dachte scharf nach. „Anderen zu helfen, ist wichtiger“,

beschloss er schließlich.

„Ja, du hast recht“, gab der Holunderbär zurück. Und dann rannten sie in die

Richtung, aus der das Klopfen kam.

Bei den Büschen wurden die Hilferufe lauter. Mit klopfendem Herzen

sprangen die Freunde ins Gestrüpp.

„Das ist ja eine Falle!“, flüsterte der Hase.

Unter einem dicken Holzfass war jemand gefangen, der trommelte und um

Hilfe rief.

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Der Holunderbär nahm seine ganze Kraft zusammen …

… und stemmte das Fass in die Luft.

Darunter hüpfte ein abgemagerter Papagei hervor.

„Wer bist du denn?“, fragten der Holunderbär und der kleine Hase gleichzeitig.

„Ich bin Paga-Pei, der Hüter der Holunderinsel“, krächzte der Papagei.

„Wer hat dich denn eingesperrt?“, fragte der kleine Hase.

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Der Papagei erzählte, dass er in eine Falle geraten war, die er selbst

aufgestellt hatte, um Eindringlinge abzuwehren. Er war schon ziemlich lange

in dem Fass gefangen gewesen, als er den Hasen und den Bären trommeln

hörte.

Dann erzählten der Hase und der Bär, dass sie auf der Holunderinsel

festsaßen.

„Ich weiß schon, wie ich euch helfen kann“, krächzte Paga-Pei.

„Aber zuerst halten wir einen Festschmaus bei mir zu Hause. Ich habe einen

Bärenhunger!“

Der Papagei bat den Bären noch, das alte Holzfass mitzunehmen, und dann

marschierten sie los. Paga-Pei plapperte in einem fort und erzählte, was er als

Hüter der Holunderinsel schon alles erlebt hatte.

„Was hütest du eigentlich, Paga-Pei?“, fragte der Holunderbär.

„Na, die schöne Holunderinsel und meine Juwelenhöhle natürlich!“, krächzte

der bunte Vogel.

„Deine Juwelenhöhle?“, riefen der Hase und der Bär gleichzeitig. Es gab also

doch einen Schatz auf der Insel!

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Aber Paga-Pei plapperte gleich weiter und erzählte von seiner Zeit bei den

Mümmelsee-Piraten.

Die Freunde lachten viel und bemerkten gar nicht, wie weit sie schon

gewandert waren.

Hier waren die Bäume viel dichter und überall wuchsen riesige Blumen in

prächtigen Farben.

Da blieb Paga-Pei stehen und rief: „Willkommen in meiner Juwelen-Höhle!“

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War das ein Anblick! Sonnenstrahlen fielen auf schillernde Käfer, die über

grüne Blätter krabbelten. Bunte Schmetterlinge schaukelten in der Luft, und

rund um die Höhle leuchteten tausend Blüten in allen Farben wie prächtige

Juwelen.

Die Juwelenhöhle war einfach die Wohnhöhle von Paga-Pei und kein

Schatzversteck!

Der kleine Hase und der Holunderbär fanden sie aber mindestens genauso

schön wie einen richtigen Schatz. Gemeinsam speisten sie, bis sie beinahe

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platzten.

Nach einem kleinen Schläfchen krächzte der Papagei: „Und jetzt bauen wir für

euch ein Boot!“

Die Mümmelsee-Piraten hatten nämlich Werkzeug auf der Insel gelassen. Und

damit wollte Paga-Pei das Fass reparieren. Der Vogel wusste eine Menge

über Bootsbau, das hatte er von den Piraten gelernt.

Zu dritt machte die Arbeit viel Spaß. Die Freunde sägten, hämmerten und

leimten …

... und langsam wurde aus dem alten Fass ein schmuckes Schwimmfass.

Dann kam die Zeit, um Auf Wiedersehen zu sagen. Der Abschied war aber gar

nicht traurig, denn der Hase und der Bär versprachen, Paga-Pei bald wieder zu

besuchen.

„Das waren aufregende Tage, findest du nicht auch, Holunderbär?“, fragte der

kleine Hase seinen Freund.

„Ja, wirklich. Aber wir haben keinen Goldschatz gefunden“, seufzte der Bär.

Nein, einen Goldschatz hatten sie nicht gefunden. Aber sie hatten einen

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neuen Freund gewonnen. Wenn das nicht sogar weit mehr als ein Goldschatz

war?

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Hase und Holunderbär. Der Schatz auf der


Holunderinsel
Autor: Walko
Illustration: Walko
Verlag: arsEdition
Alterseinstufung: ab 5 Jahren
ISBN: 978-3-8458-2200-6

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