Stefan Recksiegel
1. Beispiel:
f (x, y) = x2 y + y 2 ,
fx (x, y) = 2xy , fy = x2 + 2y ,
∂2f
fxx (x, y) = = 2y , fyy (x, y) = 2.
∂x2
2. Beispiel: Sei x = x(t) und y = y(t) und f (x, y, t) = x2 +y 2 −t. Dann ist fx = 2x. Implizite Abhängigkeiten
(z.B. zeitabhängige Koordinaten) bleiben bei partiellen Ableitungen unberücksichtigt. Daher ist
fx = 2x, fy = 2y, ft = −1.
Gradient
Offenbar können wir die partiellen Ableitungen einer Funktion, also die Änderungen entlang der Variablen-
achsen, zu einem Vektor zusammenfassen. So erhält man den sogenannten Gradienten von f an der Stelle
~x: ∂f
∂x1 (~x)
∂f
∂x2 (~x)
grad f (~x) =
.. .
.
∂f
∂xn (~
x)
Der Gradient ist eine vektorwertige Funktion, er ordnet dem Vektor ~x einen anderen Vektor zu. In 3 Dimensionen
schreibt man statt Gradient auch den sog. Nabla-Operator,
~
grad f ≡ ∇f
Beispiel:
f (x, y) = x2 y + y 2 ,
2xy
grad f (~x) = .
x2 + 2y
1
Satz: Man nennt eine Funktion stetig in einem Punkt ~a, wenn
Satz: Eine Funktion f (~x) heißt stetig partiell differenzierbar, wenn alle partiellen Ableitungen fxi existieren
und stetig sind.
Satz: Für zweifach stetig partiell differenzierbare Funktionen gilt, dass partielle Ableitungen fxi vertauschbar
sind:
∂ ∂f ∂ ∂f
= , i, j = 1, . . . , n
∂xi ∂xj ∂xj ∂xi
f (~x) = f (~x0 ) + grad f (~x0 ) · (~x − ~x0 ) (+Terme, die sich wie (~x − ~x0 )2 verhalten).
(In einer Dimension sieht man dies ganz leicht, indem man die Definition der Ableitung umstellt.)
Man schreibt für diese Terme höherer Ordnung das Symbol O(|~x − ~x0 |2 ), was bedeutet, dass
O(|~x − ~x0 |2 )
lim = 0.
x→~
~ x0 |~x − ~x0 |
Anschauliche Bedeutung für n = 2: Gegeben sei f (x, y), dann liefert die lineare Approximation von f (x, y) um
einen Punkt (x0 , y0 ) die Tangentialebene der Fläche z = f (x, y) im Raumpunkt (x0 , y0 , f (x0 , y0 )) :
z = f (x, y)
= f (x0 , y0 ) + fx (x0 , y0 )(x − x0 ) + fy (x0 , y0 )(y − y0 ).
z = ax + by
Beispiel: In der Umgebung von (1/2, −1/2) lautet die lineare Approximation von
p
f (x, y) = 1 − (x2 + y 2 )
1 1 1 1 1 1 1 1
f (x, y) = f ,− + fx ,− x− + fy ,− y+
2 2 2 2 2 2 2 2
r
1 −1 1 1 1
= +√ x− +√ y+
2 2 2 2 2
1
= √ (2 − x + y)
2
2
Beispiel: Fehlerrechnung
Wird eine Funktion f (~x) statt am wahren Wert ~x an einem Näherungswert ~x0 gemessen, dann belasten die
Messfehler |∆xi | = |xi − x0 | den Funktionswert mit dem Fehler
|∆f (~x) | = |f (~x) − f (~x0 ) | = grad f (~x0 ) · (~x − ~x0 ) + O |~x − ~x0 |2
n
X ∂f 2
= ∂xi (~x0 ) |∆xi | + O |~x − ~x0 | .
i=1
Beispiel: Die Masse einer Kugel ist m = ρ 34 πr3 . Wenn wir sowohl in der Messung des Radius als auch in der
Messung der Dichte einen Fehler haben, dann ist der Gesamtfehler
4
|∆m| = πr3 |∆ρ| + ρ 4πr2 |∆r| .
3
Richtungsableitung
∂f
Die partiellen Ableitungen ∂x i
geben die Änderungen der Funktionswerte in Richtung der Koordinatenachsen
an (~ei -Richtungen). Für die Änderung in eine beliebige Richtung ~n (Einheitsvektor) gilt:
1
∂~n f (~x) := lim [f (~x + ~n) − f (~x)].
→0
∂~n f (~x) heißt Richtungsableitung oder Anstieg der Funktion f an der Stelle ~x in Richtung von ~n.
Satz: n
X
∂~n f (~x) = grad f (~x) · ~n = fxi (~x) ni .
i=1
2
Beispiel: Ein Massenpunkt bewegt sich mit der Geschwindigkeit ~v = 1 m/sec durch einen Raum mit
0
der Temperaturverteilung in Kelvin
T (x, y, z) = 300 + 2xyz,
d.h. im Koordinatenurspung beträgt die Temperatur 300 Kelvin, und im Abstand von 1m × 1m × 1m in
der Raumdiagonale sind es 302 Kelvin. Der Massenpunkt befindet sich gerade am Punkt (1, 1, 1), wo also
T (1, 1, 1) = 302K herrschen. Welche Temperaturänderung pro Sekunde√erfährt er?
Die Richtung, in der sich die Masse bewegt, ist ~v /|~v |, also wegen |~v | = 5m/sec
√
2/√5
~n = 1/ 5 .
0
√
In 1 Sekunde bewegt sich die Masse also um 5 ≈ 2.24m in Richtung ~n weiter. Die Änderung der Temperatur
pro Sekunde ist also in Kelvin
√
√ 2/√5 2yz 2
∂~v T (~x) = 5∇T (1, 1, 1) · 1/ 5 = 2xz · 1
0 2xy (1,1,1) 0
2 2
= 2 · 1 =4+2+0=6
2 0
3
Beispiel: In einem von einer Punktladung erzeugten Spannungsfeld
e2
U (~x) = (~x 6= 0)
|~x|
Die Feldlinien U = const. sind Kugeln und die Feldstärke steht senkrecht auf den Kugelflächen.
d d
f (~x(t)) = f (x1 (t), x2 (t), . . . , xn (t))
dt dt
= fx1 (~x(t)) · ẋ1 (t) + · · · + fxn (~x(t)) · ẋn (t)
d
= grad f (~x(t)) · ~x(t).
dt
x(t) = cos t,
y(t) = sin t.
Offenbar gilt x2 + y 2 = 1, d.h. es handelt sich um eine Kreisbewegung auf einem Kreis mit Radius 1. Zur Zeit
t = 0 sind x = 1, y = 0, und zur Zeit t = π/2 sind x = 0, y = 1. Wir betrachten
Offenbar gilt d
f (x, y) = 0.
dt
Wir überprüfen dies nun durch Anwenden der Kettenregel:
d
f (x, y) = fx ẋ + fy ẏ = 2xẋ + 2y ẏ = 2 cos t(− sin t) + 2 sin t cos t = 0.
dt
Mathematica II
Wenn am Ende eines Ausdrucks ein Semikolon steht, wird der Ausdruck zwar ausgewertet, aber nicht angezeigt:
f = Sqrt[1 - (x^2 + y^2)];
Ableitungen können in Mathematica unter anderem mit der Funktion D[] (Derivative) berechnet werden:
D[f, x]
Mit dem Ersetzungsoperator /. können wir eine oder eine Liste von Variablen ersetzen lassen:
D[f, x] /. {x -> 1/2, y -> -1/2}
Die Funktion Plot3D[] erlaubt es, eine Funktion von zwei Variablen in drei Dimensionen zu plotten:
Plot3D[f, {x, -1, 1}, {y, -1, 1}]
wir können auch eine Liste von Funktionen angeben, die dann gemeinsam geplotted werden:
flin = 1/Sqrt[2] - (x - 1/2)/Sqrt[2] + (y + 1/2)/Sqrt[2] // Simplify
Plot3D[{f, flin}, {x, -1, 1}, {y, -1, 1}]
expression//Simplify ist eine alternative Schreibweise für Simplify[expression].
Bei vielen Funktionen kann man bei Bedarf zusätzliche Optionen angeben, z.B. ,BoxRatios -> {1, 1, 1}.
4
Dr. Stefan Recksiegel
Basisaufgaben
Beispiel 1:
Gegeben sei eine Funktion f (x, y) = 2x + 3y. Geben Sie an, für welche Kurve gilt f (x, y) = 5. Man bezeichnet
Kurven konstanten Funktionswertes als Niveaukurven. Um welche Art von Kurve handelt es sich in diesem
Beispiel?
Beispiel 2:
x
Wie verhält sich die Funktion f (x, y) = x2 +y 2 im Punkt (0, 0)? Betrachten Sie die partiellen Ableitungen.
Beispiel 3:
Gegeben sei die Funktion f (x, y) = x2 y 3 + y ln x (x > 0). Berechnen Sie alle partiellen Ableitungen erster und
zweiter Ordnung. Hilfe: d(ln x)/dx = 1/x.
Beispiel 4:
Berechnen Sie die Gleichung der Tangentialebene zur Funktion z = f (x, y) = x4 + 2x3 y 2 + y im Punkt
(1, 1, f (1, 1)).
Beispiel 5:
Zeigen Sie durch Aufspaltung in die einzelnen Komponenten, dass gilt
Beispiel 6:
Gegeben sei die Funktion f (x, y) = x4 + 2x3 y 2 + y. Berechnen Sie die lineare Approximation der Funktion f in
der Nähe des Punktes (x, y) = (1, 0).
Beispiel 7:
Gegeben sei die Funktion f (x, y) = xy = ey ln x . Berechnen Sie die Größe 1.023.01 ohne Rechner durch lineare
Approximation im Punkt (1, 3).
1
Beispiel 8:
Sie befinden sich in den Bergen. Das Höhenprofil ihrer näheren
Umgebung lässt sich durch die Gleichung
beschreiben, wobei z die Höhe für jeden Punkt (x, y) angibt. Sie
befinden sich am Ort P (1, 1), der dann die Höhe z = 5 aufweist.
In welche Richtung müssen sie laufen um möglichst schnell Höhe
zu gewinnen? Wie gross ist der Anstiegswinkel α? In welche
Richtungen müssen Sie sich bewegen, um ihre jetzige Höhe (z =
5) beizubehalten?
Ergänzungsaufgaben
Beispiel 10:
Gegeben sei die Funktion f (x, y) = x2 + y 2 . Berechnen Sie für einen beliebigen Punkt (x0 , y0 ) erst die Richtung
des geringsten Anstiegs (d.i. der Tangentenvektor zu f = const) und dann die Richtung des steilsten Anstiegs
von f (d.i. der Gradient). Zeichnen Sie die Niveaulinien f = const. Beweisen Sie, dass der Tangentenvektor
senkrecht auf dem Gradienten steht. (Hinweis: Diese Aufgabe ist schwierig. Parametrisieren Sie das durch die
Funktion dargestellte Objekt als x0 = a cos φ, y0 = a sin φ.)
Beispiel 11:
Sei die Abildung f definiert durch f (x, y, z) = xyz. Bestimmen Sie einen
Punkt ~x0 = (x0 , y0 , z0 ) auf der Strecke zwischen den Punkten ~a = (1, 1, 0)
und ~b = (0, 1, 1) mit
Dies entspricht der Approximation einer Sehne durch eine parallele Tangente
(siehe Skizze für 1 Dimension). Hilfe: Berechnen Sie zuerst für beliebige
Punkte ~x im Raum die rechte Seite dieser Gleichung und überlegen Sie,
welche Punkte die Gleichung erfüllen. Überlegen Sie dann, welche dieser
Punkte auf der Strecke zwischen ~a und ~b liegen.