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Beiträge zur Zither

Herausgegeben von Cornelia Mayer


Nr. 4 / Oktober 2007

Alexander Mayer
Gisela Klement

Die Konzertzither:
Leitfaden zu Besaitung,
Instrumentenfamilie
und zu Spielformen

Version: 1.02 1. Oktober 2007

www.wiener-zither.at
© 2007 Musikverlag Alexander Mayer, Wien. Alle Rechte vorbehalten.
Erste Veröffentlichung: 1. Oktober 2007
Beiträge zur Zither Nr. 4 (10/2007) Seite 2

Alexander Mayer, Gisela Klement

Die Konzertzither: Leitfaden zu Besaitung,


Instrumentenfamilie und zu Spielformen

D er vorliegende Leitfaden hat das Ziel, eine kurz


gefasste Information über die Funktionsweisen
und die heute gebräuchlichen Formen der Konzert-
Anbringen der letzten Bünde für die tieferen Saiten
aus klanglichen Gründen verzichtet.
Die Saiten auf dem Griffbrett der Zither werden mit
zither aus der Familie der Schlagzithern zur Verfü- den vier Fingern (Daumen, Zeige- Mittel- und Ring-
gung zu stellen. finger) der linken Hand gegriffen. Je nach Lage sind
Hinweise auf Abweichungen bei der erst im letz- maximal fünfstimmige Zusammenklänge möglich
ten Viertel des 20. Jahrhunderts entwickelten Psal- (vier gegriffene Töne und eine leere Saite).
terzither ergänzen den Text ebenso, wie ein Über- Der Anschlag der Griffbrettsaiten erfolgt mit einem
blick über Instrumente, die sich als Weiterentwick- Zitherring, der am Daumen der rechten Hand befes-
lung der Konzertzither verstehen; eine Aufzählung tigt ist. Mit einem Wechselschlagring ist es möglich,
von Frühformen der Zither, die heute eine Renais- die Saiten in beide Richtungen anzuschlagen, was
sance erleben, schließt den Text ab. Exaktheit, Deutlichkeit und Schnelligkeit erhöht und
Außer acht lassen wir die große und varianten- Tremolo, bzw. Arpeggieren in beiden Anschlagrich-
reiche Gruppe der griffbrettlosen Zithern, die nicht tungen erst möglich macht.
nur in der Geschichte der Zither ihren Platz hat, son- Für die Besaitung des Griffbretts der Zither exis-
dern auch in der Gegenwart eine weit verbreitete tieren heute zwei verschiedene Modelle, die sich
Rolle spielt, die vielerorts bedauerlicherweise recht von grundsätzlich verschiedenen Ausgangspunkten
gering geschätzt wird. her entwickelt haben.
Die Informationen über den historischen Hinter- Das eine Modell, die Wiener Stimmung, hat sich in
grund zur Entstehung der heutigen Zither können für Bezug auf die Griffbrettbesaitung wohl aus dem
ausübende MusikerInnen ebenso von Interesse sein, auch vom Zithervirtuosen Johann Petzmayer (1803
wie für KomponistInnen, die sich mit den Möglich- – 1884) verwendeten Schema entwickelt: er stimmte
keiten eines Instrumentes befassen, dessen musikali- seine drei Griffbrettsaiten in a1, d1 und g. Im Jahr
sche Ausdrucksvielfalt sich in Bezug auf Bauweise 1850 veröffentlichte Lapresle-Montlevrin in Wien ei-
und Spieltechnik aus den Anfordernissen der Volks- ne Zitherschule für eine Zither mit „3 oder 4 Griff-
musik entwickelt hat. saiten“, in der, wie übereinstimmend berichtet wird,
zum ersten Mal eine c-Saite auf dem Griffbrett hin-

D ie fünf Griffbrettsaiten der Zither sind über 29


chromatisch angeordnete Bünde gespannt, was
auf jeder Saite einen Spielbereich von zwei Oktaven
zugefügt wurde (die Publikation ist verschollen).
Die gleichsam stilbildende wie für die Wiener Zit-
her charakteristische Etablierung einer fünften Saite
zuzüglich einer Quart ermöglicht. Bei Psalterzithern („Hilfssaite“) g1 an mittlerer Stelle des Griffbretts ist
und kleineren Zithern fehlen die letzten (fünf) Bünde zunächst in der Zitherschule des Leopold Freiherr
ebenso, wie Kontra-Saiten unter dem Kontra A (siehe von Sahlhausen dokumentiert (1855), soll aber auf
Freisaiten); bei manchen Instrumenten wird auf das Franz Ponier bzw. Carl I. Umlauf (1824 – 1902)

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zurückgehen, der diese Stimmung schließlich in sei- anzahl in den Freisaiten gelegt (Zitherschule 1844,
ner später vielsprachig und in großen Auflagen ge- siehe Anhang): dem Basssaiten-Bereich – gezupft
druckten Zitherschule propagierte. Ihr Erscheinen mit dem Ringfinger (4. Finger) und, wenn möglich,
kündigte der Wiener Verleger Glöggl im Jahr 1859 mit dem kleinen Finger (5. Finger) – liegt der Ak-
an. Auch die kurz darauf angezeigte Schule von kordsaiten-Bereich vor, der mit dem Zeigefinger (2.
Josef Zehethofer (1860) verwendet das Besaitungs- Finger) und dem Mittelfinger (3. Finger) zum Klin-
modell a1, d1, g1, g, c. gen gebracht wird.
Das Schema, nach dem die Griffbrettsaiten in der Weigel: „Vom höhern C bis zum tiefern C im Bass-
heutigen Standardbesaitung gestimmt werden, geht schlüssel bleibt die Entfernung des Fingersatzes zu
im Kern vielleicht auf den Münchner Franz Kren einem Accord in allen übrigen Tonarten immer die-
(ca. 1800) zurück, der drei Griffbrettsaiten in a1, a1 selbe, so dass der dritte Finger immer die Oktave
und d1 stimmte. Wie bei Petzmayer gehen wir von (:tiefer:) vom ersten greift, u. der 2te stets 3 Saiten
einem diatonischen Griffbrett aus. Die von Nikolaus zwischen dem 1ten entfernt ist [...]“
Weigel (1811 – 1878) in seiner Zitherschule (Mün- Das Anzupfen zweier benachbarter Saiten im Ak-
chen 1844) für Zithern mit – in Bezug auf die An- kordsaiten-Bereich mit einem Finger und in einer Be-
zahl der Freisaiten – unterschiedlicher Saitenanzahl wegung ermöglicht also die Realisation eines nahe-
angegebene Griffbrettstimmung lautet, unter Hinzu- zu zeitgleich klingenden Drei- oder Vierklanges (mit
fügung einer vierten Saite, a1, a1, d1, g und liegt – dem 4. Finger im Basssaiten-Bereich) in allen Ton-
erstmals(!) – über einem chromatischen Griffbrett. arten, der akkordisch oder gebrochen ausgeführt
Nach experimentierfreudigen Jahren, besonders in werden kann.
städtischen Zentren, ‘einigten’ sich die deutschen Mit dem 4. Finger können zwei nebeneinander lie-
ZitherspielerInnen 1878 auf Drängen des Virtuosen, gende Saiten zeitgleich angezupft werden, mit dem
Lehrers und Publizisten Max Albert (1833 – 1882), 3. Finger bis zu drei Saiten und mit dem 2. Finger bis
die Stimmung a1, a1, d1, g, und c als Normalstim- zu fünf Saiten. Dieser Umstand öffnet der Zither
mung, heute Standardbesaitung, anzunehmen. heute Möglichkeiten, die vom Bordun bis zur Penta-
tonik reichen und eine Auflösung rein tonal-akkor-

D ie Freisaiten teilen sich in drei Klangbereiche


(Akkord- oder Begleit-, Bass- und Kontra-Sai-
ten) und werden mit den Fingern der rechten Hand
disch aufgefasster Begleitmodelle in die Richtung
heute verwendeter Kompositionstechniken auch
praktikabel machen.
gezupft. Das Erreichen der Kontra-Saiten ist weder im ak-
Durch die begrenzte Spannweite der rechten Hand kordischen Spiel noch im melodischen Verlauf ohne
und die Beanspruchung der rechten Hand auch zum weiteres möglich und setzt genügend Zeit zum Um-
Anschlagen der Griffbrettsaiten ist die Anzahl der setzen der Hand voraus, wobei die Kontra-Saiten
stets erreichbaren Freisaiten beschränkt und eine Be- natürlich auch mit der linken Hand gezupft werden
spannung, die den chromatisch angeordneten Kla- können (m.s. = manu sinistra).
viertasten entspricht, nicht praktikabel.
So haben die heute bestehenden Besaitungsmo-
delle für den Freisaiten-Bereich ihren Ursprung im
Bemühen, eine harmonische Grundlage (‘Beglei-
I m Laufe des 19. Jahrhunderts, auch im Zuge der
Industrialisierung des Zitherbaues und der Zither-
musik überhaupt, erlebte die Erfindung Weigels eine
tung’) zum Melodiebereich in möglichst allen Ton- Adaption, die auch heute noch für die musikalische
arten und, siehe weiter unten, in gleicher Applikatur Praxis von Bedeutung ist: Carl I. Umlauf etablierte
zur Verfügung zu stellen. die sogenannte Wiener Stimmung, indem er zunächst
Die Basis dafür hat der Zitherspieler Nikolaus Wei- vier Saiten (f, d, e und fis) im Basssaiten-Bereich
gel mit seinen Bespannungsvorschlägen in Quart- / um eine Oktave tiefer klingend aufspannte, später
Quintfolge für Zithern mit unterschiedlicher Saiten- dazu noch zwei weitere, das es und das cis.

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Dadurch erschloss Umlauf der Zither ein leicht er- nigung auf politischem Feld, eine Verbesserung ihrer
reichbares ‘tiefes’ Bassregister, was vielleicht auch in Stellung im Musikleben zu erreichen suchten. Im
Zusammenhang mit der neu etablierten c-Saite am Rahmen dieser Initiative erfolgte auch die Gründung
Griffbrett als notwendig gewordene Nachjustierung des Verbandes deutscher Zithervereine und des Zen-
der klanglichen Balance zu sehen ist. tralblattes deutscher Zithervereine (1877 / 78).
Was das Schema der Bespannung im Akkordsai-
ten-Bereich betrifft, nutzte Umlauf ein Modell, das
in Weigels Schule als Variante für eine Zither „zu 29
Saiten“ angegeben ist und „namentlich zum Gebrau-
D er Zithervirtuose, Komponist und Musikver-
leger Ferdinand Kollmaneck (1871 – 1941) ent-
wickelte mit dem Geigenbauer Johann Jobst (1848 –
che für b-Tonarten“ als „sehr bequem“ bezeichnet 1924) die Ideal-Reform-Zither, die beide Besaitun-
wird. Dieses Besaitungsmodell verwendet eine hohe gen vereinte, indem die der Wiener Stimmung ‘feh-
as1-Saite als erste (vorderste) Akkordsaite und hat lenden’ Saiten auf einer zweiten, tiefer liegenden E-
gegenüber den anderen von Weigel angegebenen Be- bene des Freisaiten-Bereiches hinzugefügt wurden
saitungen auch ein hohes fis1 (statt fis) und g1 (statt (1902). Die Masse der ZitherspielerInnen hat dieser
g). In der Zitherliteratur wird die as1-Saite bisweilen Konstruktion jedoch ihre Akzeptanz vollkommen
auch Umlauf zugeschrieben, die oktavversetzte fis- verwehrt, wobei die Ursache dafür vorallem in der
und g-Saite dem aus Mittenwald nach Wien gekom- Komplexität der Handhabung zu liegen scheint. Die
menen Instrumentenbauer und Musikverleger Anton Ideal-Reform-Zither blieb ein Instrument der Zit-
Kiendl (1816 – 1871). hervirtuosen wie Richard Grünwald (1877 – 1963),
Die durch die Oktavversetzungen in der kleinen der die Idee auf die Bedürfnisse der Normalstimmung
Oktave entstehende Lücke war der damaligen Musi- übertragen hat (1912).
zierpraxis vorerst nicht hinderlich. Eine grundlegende und ganz neu konzipierte Form
eines Zitherinstrumentes, die Sirenenlaute oder In-

I n den 1870er Jahren wurde von Max Albert die so


genannte Normalstimmung, die heute Standardbe-
saitung heißt (fälschlicherweise umgangssprachlich
telligenzzither hat Leopold Edlmann (1858 – 1932)
ersonnen. Auch dieses Instrument, 1923 in der Pu-
blikation Die Wahrheit über die Zither beschrieben,
auch Münchner Stimmung, zurückgehend auf die hat unter den ZitherspielerInnen keine mengenmäß-
Münchener Notation, wo die Freisaiten im oktavier- ig relevante Aufnahme gefunden und ist heute nur-
enden Violinschlüssel geschrieben stehen) propa- mehr ein musiktheoretisches Konstrukt, das aller-
giert. Dabei lag das Augenmerk auf drei geschlossen dings auf einer – mehr als – profunden Auseinander-
(„lückenlos“) vorhandenen Quintenzirkeln im Frei- setzung mit den Grundlagen für eine durchdachte
saitenbereich, was die tiefen Bässe, wie bei Weigel, Applikatur ruht.
in den Bereich der schwer erreichbaren Kontra-Sai-
ten platzierte.
Von den Kontra-Saiten abgesehen, folgt die Stan-
dardbesaitung für die Freisaiten dem Besaitungsvor-
H eute besteht die Familie der Konzertzither aus
insgesamt vier Instrumenten, die sich – andere
Formen wie Streichzither, Melodion, Schoßgeige und
schlag Weigels (Nr. 3) für eine Zither mit 28 Saiten. vorallem unzählige historische Einzelformen beisei-
Die geschlossene Verfügbarkeit der kleinen Okta- te – seit der Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelt
ve erleichtert die Realisation von polyphoner Musik haben. Allesamt werden sie entweder nach dem
und natürlich auch die Übertragung von Musik, die Schema der Standardbesaitung oder dem der Wiener
ursprünglich für andere Instrumente komponiert Besaitung bespannt:
wurde. Die Diskantzither, die bis hierher als Zither oder
Die Etablierung der Normalstimmung war Teil ei- Konzertzither bezeichnet wurde.
ner Reformbewegung von ZitherspielerInnen in Die Alt-Zither, auch Elegie-Zither ist eine Quart
Deutschland, die, vergleichbar mit der deutschen Ei- tiefer als die Diskantzither gestimmt, und klingt ei-

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ne Quart tiefer als notiert. Als Erfinder wird Georg Schema der Standardbesaitung oder dem der Wiener
Tiefenbrunner (1811 – 1880) genannt (1851). Besaitung bespannt.
Die Bass-Zither ist eine Oktave tiefer als die Dis-
kant-Zither gestimmt und klingt eine Oktave tiefer,
als notiert. Aus den physikalischen Notwendigkeiten
an ein gutklingendes Zitherinstrument im Bassregis-
D ie Schlagzither, deren Entwicklung wir bislang
gefolgt sind, war nicht die erste Zitherform,
die uns in der Musikgeschichte begegnet. Ganz im
ter schuf Ernst Volkmann die neue Form der Psalter- Gegenteil können wir sie als gewissen Endpunkt in
zither (siehe weiter unten). der Entwicklung der Zitherinstrumente verstehen, die
Die Quint-Zither ist eine Quint höher gestimmt als im asiatischen Raum schon in vorchristlicher Zeit
die Diskantzither und klingt auch eine Quint höher ihren Anfang genommen hat.
als notiert. Sie geht, ebenso wie die Bass-Zither auf Eine ganz frühe Form aller Zithern war das Scheit-
eine Idee Ferdinand Kollmanecks zurück, die vom holt – ein einfach gehaltener, länglicher Kasten mit
Instrumentenbauer Adolf Meinel realisiert wurde wenigen Saiten über einem diatonisch unterteilten
(ca. 1930). Griffbrett und einigen Freisaiten. Da die Griffbrett-
saiten durch den Daumen der rechten Hand bzw.

A m Beginn des „berufsmäßigen Instrumenten-


baus“ zu Anfang des 19. Jahrhunderts stehen
Zithern in zwei unterschiedlichen Formen, die sich
einem Federkiel oder einem Plektron gemeinsam
mit den Freisaiten angeschlagen wurden, zählt das
Scheitholz zu den Borduninstrumenten. Auch zum
in Grundzügen bis heute erhalten haben und nach Niederdrücken der Griffbrettsaiten verwendeten die
wie vor als Instrumententypus gebaut werden. SpielerInnen dieses in den Alpen schon zahlreich
Die Zither in Mittenwalder Form erinnert mit verbreiteten und weiterentwickelten Instrumentes ei-
ihrem Doppelbauch an die Form einer Geige, viel- nen Holzstab, was bei ungleich gestimmten Griff-
mehr noch an die einer Gitarre oder Lyra, besehen brettsaiten unerwünschte Parallelen erzeugte. Im
wir den Saitenhalter, der direkt an der Resonanz- Weglassen dieses Holzstabes und dem Niederdrück-
platte angebracht ist. Prominente Erzeugnisse von en der Griffbrettsaiten durch die Finger der linken
Zithern in Mittenwalder Form sind beispielsweise Hand kann man einen ersten Schritt zum mehrstim-
die Arionzithern von Franz Xaver Kerschensteiner migen Spiel auf dem Griffbrett der Zither erkennen.
(1839 – 1915). Ab dem späten 17. Jahrhundert wurde das Scheit-
Zithern in Salzburger Form sind an der dem Spie- holt allmählich von der Kratzzither abgelöst. In die-
lenden zugewandten Seite gerade und haben nur ser Epoche entstand – in Weiterentwicklung des ecki-
eine Ausbuchtung gegenüber. Die weitaus überwie- gen Resonanzkastens – die doppelbauchige Zither in
gende Anzahl aller heute gebauten Zithern sind Mittenwalder Form und die einseitig ausgebauchte
Konzert-, Luftresonanz oder Harfenzithern in Salz- Zither in Salzburger Form, beide mit einem Plektron
burger Form. aus Holz gekratzt.
Ernst Volkmann (*1921) entwickelte in den 1970- Die Kratzzither, die auch in Form von Doppel-
er Jahren die Psalterzither, die in der Form des Re- und Drillingszithern (mit zwei bzw. drei Griffbret-
sonanzkastens das Verhältnis der Tonhöhe zur Länge tern) dokumentiert ist, wurde in Nordeuropa zur
der schwingenden Saite berücksichtigt. Bestimmte weitverbreiteten Familie der Hummel und Langleik
Überlegungen bei der Bauweise des Instrumenten- weiterentwickelt. Eine tirolerische Sonderform ist
körpers orientieren sich an der Bauweise von Violi- das Raffele, eine Schmalzither, die auch heute noch
nen und anderen Streichinstrumenten. Die Bünde – allerdings unter Weglassung der Bordunsaiten –
auf den Griffbrettsaiten sind auf den Umfang von vor allem in Tirol und Südbayern gebaut und ge-
zwei Oktaven ‘reduziert’. Psalterzithern gibt es mitt- spielt wird.
lerweile in allen oben beschriebenen Formen der In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts hat viel-
Zitherfamilie, auch sie werden entweder nach dem leicht das Bemühen um weitere Differenzierung des

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Anschlages der Saiten mit der rechten Hand dazu


geführt, dass die Griffbrettsaiten der Zither mit ei-
nem um den Daumen der rechten Hand gebogenen
Eisendraht angeschlagen und die Freisaiten mit den
Fingern der rechten Hand gezupft wurden. So voll-
zog sich der Übergang von der Kratzzither zur
Schlagzither, die mit einem großen, ganz individuel-
len Potenzial an Formen und Stimmungen einer-
seits, aber auch schon mit den ersten gewerbsmäß-
igen Zitherbauern im Rücken, die bestimmende Zit-
herform im 19. Jahrhundert werden sollte.

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Dieses Werk ist durch das österreichische Urhe-
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Zitherspezifische Spieltechniken:
Grundformen und Spielerweiterungen

Klangfarben Spieltechniken

metallico: Anschlag in unmittelbarer Nähe des Ste- ● Dämpfen (stoppen, etouffé) der Saiten sofort nach
ges. Klingt hart, Klang ist reich an Obertönen. dem Anschlag.
Auch blechern , Grammophoneffekt oder sul ponti- ● Skordatur (Umstimmen einzelner Saiten).
cello.
Griffbrettsaiten
dolce: Anschlag in der Nähe des Schallloches, also ● Abzieh- und Aufschlagbindungen mit den Fingern

in der Mitte der klingenden Saite. Warmer, runder der linken Hand
Klang, auch: Harfenlage oder sul tasto ● Bartokpizzikato (Saite auf das Griffbrett aufschla-

gen lassen)
pizzicato: Die Griffbrettsaiten werden mit den ● Bending (Saite ziehen oder auf die Saite zwischen

Fingerkuppen der rechten Hand gezupft (nicht mit Sattel und Wirbel drücken)
dem Daumen); der Klang der Griffbrettsaiten ● Glissando

nähert sich dadurch dem Klang der Freisaiten an. ● geschlossene Ringbindungen (für Akkordarpeg-

Zum Pizzikato können keine Freisaiten gespielt gien, die Töne klingen nicht nach)
werden. ● offene Ringbindungen (für Akkordarpeggien, die

Töne klingen nach)


flageolett: Natürliche Flageoletts sind in den Frei- ● Vibrato (longitudinal und transversal)

saiten (Oktav-, Quint-, Quart- und Terz-Flage- ● Zupfen der Saiten mit dem 2. Finger (Zeigefinger),

olett) ebenso möglich wie in den Griffbrettsaiten. während die Note mit dem 5. oder 4. Finger gegrif-
fen wird.
12. Bund: Oktave
7. Bund: Oktave + Quinte
Freisaiten
5. Bund: 2 Oktaven
● Klangteppich: oftmalige und schnelle Wiederho-
4. Bund: 2 Oktaven + Terz
lung von Klängen auch im Wechsel zwischen
Künstliche Flageoletts sind auf den Griffbrett- Griffbrett- und Freisaiten (ohne Dämpfung, senza
saiten möglich. sordino).
● Bending (auf die Saite zwischen Sattel und Wirbel

Johann Dubez (1828 – 1891) hat als op. 52 eine drücken)


Anleitung zur Erlernung der Flageolettöne auf
der Zither verfasst.

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Instrumentenspezifische Klänge Tonmanipulation

● Anschlag der Saiten zwischen Sattel und Wirbel. ● Bottleneck: Doppeltes Glissando durch stufenlose
● Anschlag eines gegriffenen Akkordes auf den Veränderung der schwingenden Saitenteile mit ei-
Griffbrettsaiten auf der linken Seite. nem Stab aus Metall oder Glas.
● „Glissando“-Bewegungen in den Freisaiten (auch ● Papier zwischen oder auf den zu spielenden Saiten
mit dem Ring: c. p. – cum plektro). ● Mit Papier auf den Saiten wischen (‘Lokomotive’)
● Glockenläuten. Dabei werden die Griffbrettsaiten ● Klammern auf den Saiten
meist in einem Dreiklang gestimmt und das Instru- ● Umsponnene Saiten mit dem Ring oder den Fin-
ment mit der rechten Hand im Schalloch gehalten. gernägeln kratzen (‘Dracula-Effekt’)
Dann wird die Zither einer Glocke gleich ge-
schwungen, während der Daumen die Griffbrett- Griffbrettsaiten
saiten anschlägt. ● EBow. Effektgerät, das mittels einer Induktions-

● Perkussive Nutzung des Instrumentenkörpers spule Metallsaiten zum schwingen bringt und so
(Fingerklopfen etc.) einen sinusartigen Dauerton erzeugt.
www.ebow.com

Klangerzeugung mit Hilfsmitteln Elektronik und Elektroakustik

● Streichen der ersten Griffbrettsaite (die der Spie- Die akustische Zither eignet sich für Tonabnehmer
lerIn am nächsten ist) oder der letzten (tiefsten) in unterschiedlichen im Handel erhältlichen Varian-
Kontrasaite mit einem Bogen. ten, auf die hier nicht näher eingegangen wird. Fast
● Einfädeln von Bogenhaaren im Bass- oder Kontra- in jedem Fall, auch bei Abnahme mit einem Mikro-
bass-Bereich der Freisaiten zur Tonerzeugung fon, liefert die Zither ein gutes Tonsignal, das meist
durch Ziehbewegungen in abwechselnde Richtun- problemlos weiterverarbeitet und verstärkt werden
gen und mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten. kann. Von einigen Instrumentenbauern werden Zit-
● Schlagen der Saiten mit einem Schlägel oder ei- hern mit bereits integrierten Tonabnehmern herge-
nem anderen Klangerzeuger (z. B. Bälle unter- stellt.
schiedlicher Härte auf den Saiten springen lassen).

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Weigel, Nikolaus: Theoretisch Practische Zitherschule. München 1844 (bei Falter)


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Weigel, Nikolaus: Theoretisch Practische Zitherschule. München 1844 (bei Falter)


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Zither in Wiener Besaitung

Griffbrettsaiten Freisaiten

Akkordsaiten Bass-Saiten Kontra-Saiten


(es)* (cis) *
a’ d’ g’ g c as’ es’ b f’ c’ g’ d’ a e’ h fis’ cis’ gis Es B F c G D A E H Fis Cis Gis C H B A [ As G Fis F…

Die ’fehlenden’ Saiten (’Lücke’) der Wiener Besaitung im


Akkord- und Bass-Saitenbereich der Freisaiten.

* Die oktav-versetzten ’dünnen’ Bässe es und cis sind heute nicht mehr gebräuchlich!

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Zither in Standardbesaitung

Griffbrettsaiten Freisaiten

Akkordsaiten Bass-Saiten Kontra-Saiten

a’ a’ d’ g c es’ b f’ c’ g d’ a e’ h fis cis’ gis es B f c G d A e H Fis cis Gis F E Es D Cis C … F

Die ’fehlenden’ tiefen Bässe der Standardbesaitung im


Bass-Saitenbereich der Freisaiten.

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