Sie sind auf Seite 1von 2

Bruno Sanzenbacher Schopenhauers "Die Welt als Wille und Vorstellung" SS 2021

12022924

Reflexion 6

Zum Ende des dritten Buches der Welt als Wille und Vorstellung betrachtet Schopenhauer die
Unterscheidung von Idee und Begriff in der bildenden Kunst.

Nach Schopenhauer ist allein die Idee das Objekt der Kunst, diese ist wie folgt charakterisiert: Die Idee ist
ein in Vielfalt zerfallendes Einzelnes1, sie wird allein vom reinen Subjekt erkannt und vom Genius
dargestellt2, deshalb ist sie auch nur bedingt mitteilbar, da sie das Kant’sche Ding an sich beschreibt,
können aus den Idee neue Vorstellungen gewonnen werden3.

Der Begriff ist abstrakt und unbestimmt4, das Individuum erlangt durch Anwendung der Vernunft
Erkenntnis über diese. Begriffe sind als, aus Vielfalt der Erscheinungen entstandene Einheit
charakterisiert5, deshalb kann der Begriff nie neue Vorstellungen hervorbringen6.

Da sich der Begriff und die Idee teilen, dass sie als Eines eine Vielzahl darstellen7, kommt es nach
Schopenhauer zu dem Phänomen, dass manche Kunstwerke nicht Ideen sondern nur Begriffe darstellen8.
Diese Nutzung der Begriffe in der Kunst nennt Schopenhauer treffend Allegorie, da diese Werke etwas
anderes als die aufgefasste Idee darstellen9. Schopenhauer kritisiert diese Nutzung der Begriffe. Kunst aus
Begriffen sei nur Nachahmung10, eine Täuschung, das verwenden von Symbolen sei alberne Deutelei11.
Nach Schopenhauer stellen diese Werke nichts eigenes dar, sie kopieren und kombinieren nur
Eigenschaften echter, ideenbasierte Kunstwerke, haben also keinen eigenen Gehalt. Meine Frage hier: wie
erkenne ich diesen Unterschied in der Konzeption eines Werkes?

Diese kunsttheoretische These Schopenhauers möchte ich anhand des Werkes „Der Tod des Sokrates” von
Jacques-Louis David im folgenden nachvollziehen und kritisieren, dieses Werk war schon zu
Schopenhauers Lebzeiten weit bekannt.

Ich nehme an, dass nach Schopenhauers Theorie das Werk auf die Idee der würdevollen Selbsttötung des
Menschen referiert, diese Idee wird durch das Individuum Sokrates und dessen Lebenslauf dargestellt,
diese Einzelheiten wären aber in der willensfreien Anschauung nicht mehr im Bewusstsein des Subjekts,
also können sie außer Acht gelassen werden.

Durch Hinzunahme der Begriffe (als Motive, Symbole und Embleme) und a posteriori Wissen und
Erfahrungen in die Analyse werden die Betrachter:innen das Werk auf eine ganz neue Art erfahren. Anhand
der Begriffe weiß mensch um die Identitäten der dargestellten Personen, gerade Platons Alter und Position
in der Komposition am Ende des Kanapee fällt auf, diese ist eine bewusste Allegorie auf die Bedeutung
Platons in der Überlieferung des Werkes Sokrates. Mensch denkt an das demokratische Todesurteil, der
Bürger Athens, Platons daraus resultierenden Zweifel am demokratischen System und die Versinnbildung

1 Vgl: Schopenhauer, Arthur: Die Welt als Wille und Vorstellung I. Zürich: Diogenes 1977, S. 297, Z. 15f
2 Vgl. ebenda: S. 296, Z. 21f
3 Vgl. ebenda: S. 297, Z. 26ff
4 Vgl. ebenda: S. 297,
5 Vgl. ebenda: S. 297,
6 Vgl. ebenda: S. 297,
7 Vgl. ebenda: S. 296,
8 Vgl. ebenda: S. 298,
9 Vgl. ebenda: S. 299,
10 Vgl. ebenda: S. 299,
11 Vgl. ebenda: S. 300,

Bruno Sanzenbacher Schopenhauers "Die Welt als Wille und Vorstellung" SS 2021
12022924

des Strebens nach Bürger*innenrechten wie Meinungsfreiheit zur Zeit der Aufklärung sowie den
Stellenwert der antiken Kultur im Europa des 18./19. Jahrhundert. Das Werk kann in intersubjektive,
geselschaftlich-kulturelle Kontexte eingeordnet und auf jene einflussreichen Werke und Motive die zuvor
kamen und jene die aus diesem Inspiration geschöpft haben eingeordnet werden.

Gerade diese Allegorien, der Winkelmann’schen Betrachtung ermöglichen einen viel reichhaltigeren
aussagekräftigeren, erfüllenderen Blick auf das Werk. Bedeutungen die in der rein idealen Betrachtung
verloren gehen, schöpfen so ihre gesamte Kraft aus.

Auch wenn ich allgemein wenigen Thesen Winkelmanns zustimme, würde ich in diesem Punkt seine
Position übernehmen. Schopenhauer wirft zurecht noch ein, dass diese Sichtweise möglich ist, dann aber
keine feste Aussage über Schönheit an sich zu treffen ist12. Dem würde ich zustimmen und die a posteriori
zuerkennende Schwierigkeit Schönheit zu definieren als weiteres Indiz für diese idealismuskritische Sicht
auf die Kunst werten. Zu dieser Sache noch eins, Schopenhauer selbst scheint es schwierig zu fallen
Schönheit an sich (das Schöne) und nicht nur als Wohlgefallen erzeugenden Charakter der Ideen in der
reinen Anschauung des Subjekts zu definieren.

Literaturverzeichnis:
Schopenhauer, Arthur: Die Welt als Wille und Vorstellung I. Zürich: Diogenes 1977

12 Vgl. ebenda: S. 303, Z. 6ff

Das könnte Ihnen auch gefallen