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Georg-August-Universität Göttingen Dozent: Tobias Scholz M.A.

Seminar für Ur- und Frühgeschichte Autor: Egon Heinz (3. FS.)
Übung: Eisenzeit (Pflichtmodul, Teilmodul Matrikelnummer: 21409962
B.UFG.05.1) Göttingen, 22.12.2015

Die Keramik der Jastorf-Kultur

Begriff Jastorf-Kultur

„§1. Begriff. Von dem Eponymen FO Jastrof, Kr. Uelzen, im nördlichen Niedersachsen ausgehend, ver-
wendet die Forschungsgeschichte gegenwärtig die Bezeichnung Jastorf-Kultur überwiegend als Sam-
melbegriff für mehrere brandbestattende Gruppen im nördlichen Mitteleuropa am Ende der Hallstatt-
zeit und in der Laténezeit. Ursprünglich wurde unter Jastorf-Kultur eine kleine Fundgruppe im untern
Elbegebiet im Uelzener und Lüneburger Raum verstanden. Auf Grund erkennbarer Ähnlichkeiten in
Bezug auf die übereinstimmend praktizierte Brandbestattung und Analogien hinsichtlich der Grabaus-
stattung ist die Bezeichnung Jastorf-Kultur inzwischen auf verschiedene Gruppen in einem großen Kul-
turgebiet ausgedehnt worden, das von Hannover bis zur Nordsee, Schleswig-Holstein und Jütland so-
wie Mecklenburg, Brandenburg und die Altmark reicht, das sich an seiner östlichen Flanke bis nach
Pommern und Schlesien erstreckt und im Westen bis in das Wesergebiet hineinzieht (Abb. 1). Die Ge-
meinsamkeiten täuschen aber nicht darüber hinweg, dass innerhalb der zahlreichen Gruppierungen,
die mit diesem Oberbegriff erfasst werden, im Einzelnen hinsichtlich von Bestattungssitten, Sachkul-
tur, Siedlungsverhalten und Zeitansatz erhebliche Unterschiede vorhanden sind“ (ROSEMARIE MÜLLER
2000, 34).

Abb. 1 Besiedlung der älteren vorrömischen Eisenzeit im nördlichen Mitteleuropa und südlichen Nord-
Europa. 1 Fundplätze der Jastorf-Kultur; 2 Harpstedt-Nienburger Gruppen; 3 nachlebende jungbronze-
zeitliche Gruppen; 4-5 Frühlaténegruppen; 6 Billendorfer Gruppe; 7 Göritzer Gruppe; 8 O-Pommersche
Gruppe (ROSEMARIE MÜLLER 2000, 49).
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Wessenstedt: (etwa 800 – 600 v. Chr.)
Gräber: meist flache Hügel, daneben Flachgräber; Urnen meist frei in der Erde oder in Steinkisten mit
bis zu drei Bestattungen; Urnen in der Regel mit Schalen bedeckt; Beigefäße in oder neben der Urne
Keramik: hochhalsige Gefäße, Hals oft tonnenförmig ausgebaucht

Abb. 2 Gefäße der Stufe Wessenstedt (GUSTAV SCHWANTES 1911, 4).

Jastorf: (etwa 600 – 300 v. Chr.)


Teilt die Stufe a, b und c ab, die sich vor allem durch die Keramik unterscheiden
Gräber: Flachgräber, eventuell noch flache Hügel
Keramik Jastorf a: Formen werden aus Wessenstedt weiter entwickelt, wieder hochhalsige Urnen als
Hauptformen, Rand biegt zwar nach außen um, ist aber selten bereits scharf abgesetzt; Urnen mit
durch schräge Kerben verzierten Tonreifen auf der Schulter; Tupfenbuckelverzierung; Tassen und po-
kalförmige Beigefäße
Weiter „lausitzische“ Zickzackbänder mit begleitende Horizontalriefen, daneben Tupfenmuster

Abb. 3 Pokalförmige Beigefäße der Stufe Jastorf a (GUSTAV SCHWANTES 1911, 6).

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Keramik Jastorf b: dieselben Formen, nur schärfer profiliert
Der Rand der Urnen setzt sich scharf vom Hals ab, stärkste Ausprägung im Todendorfer Typ, außerdem
Deckschalen mit stark profiliertem Rand
Horizontale und vertikale Glättstreifen auf gerauchten Gefäßen; weiterhin Zickzackbänder und Tup-
fenmuster

Abb. 4 Zickzackband auf der Schulter begleitet von Horizontalriefen ist das beliebtestes Verzierungs-
motiv und ist auf die lausitzisch-schlesische Kultur zurückzuführen (Abb. 10), Deckschalen mit stark
profiliertem Rand (Abb. 11), Keramik vielfach beiderseits durch eingerissene Linien begrenzt und be-
reits ab und zu mit Winkellinien ausgefüllt (Abb. 12). (GUSTAV SCHWANTES 1911, 7).

Keramik Jastorf c: Degeneration des hohen Halses, wird verkürzt, geht schließlich auf die Schulter über
und verschwindet dann gänzlich; nun oft statt zwei vier Henkel
Am Ende von Jastorf b und in Jastorf c werden die glatten Horizontalstreifen mit eingerissenen Linien
begrenzt und ab und zu mit Winkellinien ausgefüllt; vermutlich weiter Zickzackbänder, aber nur in
Schleswig-Holstein nachgewiesen

Ripdorf: (etwa 300 – 150 v. Chr.)


Eine Mischform aus Laténe- und Jastorfkultur, erste Laténefibeln
Gräber: nur Flachgräber, Urnen, Knochenlager und Brandgruben, meist frei im Boden, weiter Deck-
schalen und atypische Flintabschläge
Keramik: keine hochhalsigen Gefäße mehr, aus dem Todendorfer Typ hat sich der Ripdorfer Typ ent-
wickelt: schlüsselförmige Gefäße mit breitem, dünnen, scharf absetzenden Rand; daneben weitbau-
chige Töpfe mit stärker einziehenden Oberteil, zeigen oft noch Halsrudimente
Verzierungen: 1-2 Zickzackbänder und bereits erste horizontale Tupfenreihen begleitend dazu
Fußornamentik: Verzierungen auf dem Boden mit Glättstreifen und Winkel etc.

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Abb. 5 Weitbauchiger Topf mit stark einziehendem Oberteil, die auf Wulsturnen des Jastorf c-Horizon-
tes zurückgeführt werden können (Abb. 13),Aus dem Todendorfer Typus hat sich der Ripdorfer entwi-
ckelt: schüsselförmige Gefäße mit breitem, dünnem, scharf absetzendem Rand (Abb. 14). (GUSTAV
SCHWANTES 1911, 8).

Seedorf: (etwa 150 – Chr. Geb.)


Immer weniger Jastorf-Elemente, dafür mehr Laténe-Einflüsse
Gräber: Urnen, sehr selten Knochenlager, keine Brandgruben, selten geringer Steinschutz, sonst frei
im Boden, nie mit Deckschalen, keine Flintabschläge mehr
Keramik: für die ganze Stufe: weitbauchige Töpfe mit dicken Rand ohne Hals; Tonsitulen, die als Nach-
bildungen von italischen Bronzesitulen gesehen werden
Verzierungen: weiter 1-2 Zickzackbänder auf der Schulter, auf dem Gefäßunterteil vertikale Linien, die
doppelten Zickzackbänder bilden oft Rauten oder Dreiecke; oft von Punktreihen begleitet; sieht diese
Verzierungsentwicklung noch in die römische Kaiserzeit hinein weiter laufend

Chronologieschemata

Abb. 6 Regionale Chronologieschemata der Jastorfkultur

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Leitformen der Jastorf-Kultur

Abb. 7 Leitformen der Jastorf Kultur (ROSEMARIE MÜLLER 2000, 46).

Literaturverzeichnis

JOCHEN BRANDT, 2001: Jastorf und Laténe – Kultureller Austausch und seine Auswirkungen auf soziopo-
litische Entwicklungen in der vorrömischen Eisenzeit. Internationale Archäologie 66. Rahden 2001.

JOCHEN BRANDT, 2009: Gesellschaftsstrukturen in der Jastorfkultur. In: Budesheim, Werner/ Keiling,
Horst (Hrsg.), Die Jastorf-Kultur. Forschungsstand und kulturhistorische Probleme der vorrömischen
Eisenzeit. Beiträge für Wissenschaft und Kultur 9. Wentorf 2009, 179-192.

WIEBKE KÜNNEMANN, 1995: Jastorf – Geschichte und Inhalt eines archäologischen Kulturbegriffs. Die
Kunde N. F. 46, 1995, 61-122.

ROSEMARIE MÜLLER, 2000: Jastorf-Kultur. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 2.
Auflage. Band 16, Walter de Gruyter (Vlg.), Berlin/New York 2000, 43-55.

GUSTAV SCHWANTES, 1904: Der Urnenfriedhof bei Jastorf im Kreise Uelzen. Jahrbuch des Provinzial-Mu-
seums zu Hannover, 1904, 13-26.

GUSTAV SCHWANTES, 1911: Die ältesten Friedhöfe bei Uelzen und Lüneburg, Hannover 1911, 1-10.

GUSTAV SCHWANTES, 1958: Die Gruppen der Ripdorf-Stufe. Jahresschrift für Mitteldeutsche Vorge-
schichte 41/42, 1958, 334-388.

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