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Thema 2 DAS WORT ALS LINGUISTISCHE GRUNDEINHEIT

Fragen
1. Definition des Wortes.
2. Wesensmerkmale des Wortes.
3. Die phonetische Gestaltung des deutschen Wortes.
4. Die morphologische Struktur des deutschen Wortes.

Pflichtliteratur
1. Schippan Th. Lexikologie der deutschen Gegenwartssprache. - Leipzig,
1984. – S. 69-70.
2. Stepanova M.D., Cernyseva I.I. Lexikologie der deutschen
Gegenwartssprache. - M., 1986. - S. 9-12.
3. Stepanova M.D., Cernyseva I.I. Lexikologie der deutschen
Gegenwartssprache. - M., 2003. - S. 9-22.
4. Огуй О. Д. Лексикологія німецької мови. Lexikologie der deutschen
Sprache. - Biнниця, 2003. - S. 39-42.
5. Ольшанский И.Г. Лексикология: Современній немецкий язык =
Lexikologie: Die deutsche Gegenwartssprache. – Leipzig, 1987. – S. 16-20.
6. Шевелева Л.В. Лексикология современного немецкого языка: Курс
лекций. - M., 2004. - C. 21-23, 35-37.

1. Definition des Wortes


In der Sprachtheorie ist das Wort eine der grundlegenden Einheiten der
Sprache. Es ist aber gleichzeitig eine sehr komplizierte Erscheinung. Es ist bis
heute unmöglich gewesen, eine für alle Sprachen gültige Wortdefinition zu
schaffen.
Die Hauptschwierigkeiten der Definition des Wortes sind folgende:
1) Widersprüche im Wesen des Wortes selbst, besonders schwer ist es, die
Beziehungen des Wortes zu seinen benachbarten sprachlichen Einheiten (und
vor allem zum Morphem und zum syntaktischen Wortgefüge) festzustellen;
2) die Wörter verschiedener Sprachen weisen sowohl ähnliche, als auch nur dieser
Sprache eigene Züge auf.
Diese Tatsache war für manche Linguisten ein Grund, auf die Wortdefinition
überhaupt zu verzichten. In unserer Sprachwissenschaft vertrat solche Meinung
L.V.Ščerba, in der ausländischen Fachliteratur nennt man in diesem
Zusammenhang J.V.Vendryes, A.Martinet u.a. Bekannt sind die Worte von L.V.
Ščerba: „B самом деле что такое слово? Мне думается, что в разных языках
это будет по-разному. Из этого собственно следует, что понятия «слово»
вообще не существует».
Diese objektiven Schwierigkeiten verstanden auch andere Linguisten,
deswegen äußerten manche Linguisten die Meinung, das Wort auf
verschiedenen Ebenen zu definieren. Solchen Standpunkt vertraten viele
Sprachforscher (S.E. Jachontov, Th.Schippan u.a.). Auf diese Weise erweist sich
nach Th. Schippan das Wort:
1) auf der lexikalisch-semantischen Ebene als kleinster, relativ
selbständiger Träger einer Bedeutung;
2) auf der morphematischen Ebene ist das Wort solch eine Einheit, die
zwar teilbar sein kann, in der Sprache als Einheit eines morphologischen
Paradigmas auftritt, anders gesagt, besitzt das Wort die morphologische
Ganzeinheit;
3) auf der phonologischen Ebene wird das Wort durch mögliche Pausen
(Grenzsignale) isoliert;
4) auf der graphemischen Ebene kann es durch eine Leerstelle im
Schriftbild formell isoliert werden;
5) auf der syntaktischen Ebene kann es durch seine Funktion als
Satzglied definiert werden.

2. Wesensmerkmale des Wortes


1) Das Wort ist eine strukturelle unzertrennliche Einheit von Lautkörper
und Bedeutung, darum ist das Wort ein bilaterales Zeichen, das geeignet ist,
die menschlichen Gedanken zum Ausdruck zu bringen und sie den anderen
zu vermitteln, deswegen sagt man, dass das Wort eine nominative Funktion
erfüllt.
2) Der zweite allgemeine Zug des Wortes, welcher die Wörter aller
Sprachen kennzeichnet, ist seine Ganzheit (Ganzeinheit), Ganzgestaltung
(«цельнооформленность»). Das Wort unterscheidet sich von den
Wortverbindungen durch seine Ganzgestaltung, die Wortverbindungen stellen
sich im Unterschied zu den Wörtern sondergestaltete Gebilde -
„раздельнооформленные образования», d.h. die Komponenten einer
Wortverbindung sind Wörter.
Die Bestandteile eines zusammengesetzten Wortes sind keine Wörter,
sondern Wurzel- oder Stammmorpheme (vgl.: Haus/dach, Tür/flügel).
Dem Wort ist die Ganzgestaltung eigen, das Morphem besitzt diese Eigenschaft
nicht.
3) Jedes Wort ist mit anderen lexikalischen Einheiten paradigmatisch
verbunden (zu „Feldern", zu thematischen Gruppen, Reihen). Es hat semantische
Nachbarn, die ermöglichen Bedeutungsunterschiede festzustellen (vgl.: gehen -
rennen).
4) Mit der lexikalischen Bedeutung des Wortes sind seine möglichen
semantischen Partner festgelegt. Jedes Wort besitzt bestimmte Voraussetzungen,
mit anderen Einheiten Verbindungen einzugehen, in diesem Fall spricht man über
die semantische Valenz des Wortes. Wenn zwischen lexikalischen Einheiten
semantische Kongruenz (Verträglichkeit) besteht, so können sie ein Syntagma
bilden (gut + Mensch = ein guter Mensch, blond + Haar= blondes Haar).
5) Für jedes Wort
existieren bestimmte Typen stilistischer Kontexte, in denen es auftreten kann. So
z.B. kommen solche Wörter wie Haupt (n), schreiten,
Gemahl (m) in dem gehobenen Stil, und in der Alltagsrede sind diese Wörter als
Stilbruch zu verstehen.
6) Jedes Wort geht nicht
nur in bestimmte semantische Verbindungen ein. Als Element der Sprache hat
das Wort eine bestimmte grammatische Umgebung (oder Distribution), es besitzt
eine syntaktische Valenz. Dabei können die syntaktischen Eigenschaften des
Wortes seine lexikalische Bedeutung beeinflussen, z.B.:
Er ist ledig = er ist unverheiratet;
Er ist ledig + X (Subst. Gen.) aller Sorgen = er ist von allen Sorgen frei;
Er sitzt im Garten = er befindet sich im Garten;
Er sitzt = er ist gefangen.
7) Jedes Wort gehört zu einer bestimmten Wortart. Im Zusammenhang
mit der Wortartzugehörigkeit ist auch die Gesamtheit der grammatisch-
morphologischen Formen zu sehen, die ein Wortparadigma ausmachen kann.
8) Als Element der Sprache tritt das Wort in einer bestimmten Form
auf, was nicht ausschließt, dass diese Form auf der Ebene der Rede variieren
kann. Je nach dem was variiert, unterscheidet man in der Linguistik verschiedene
Varianten:
a) Akzentvarianten, d.h. semantisch identische Wörter, die sich durch
Betonungsmöglichkeiten unterscheiden (z.B. ällmählich-allm'ählich,
liebkosen - liebkösen, anorganisch - anorganisch, 'Missvergnügen-
Missvergn'ügen usw.);
b) orthographische Varianten (z.B. Drift - Trift, benutzen - benützen,
Photo
- Foto, Telephon - Telefon usw.);
c) morphologische Varianten sind semantisch identische Wörter, die sich
entweder durch formbildende Affixe (z.B. die Lande - die Länder, die Tale - die
Täler, die Parks - die Parke) oder durch morphologisches Paradigma
unterscheiden (z.B. der Nachbar, /des Nachbars/, des Nachbarn, die Nachbarn;
hälfe - hülfe, stürbe - stürbe usw.);
d) wortbildende Varianten sind semantisch identische Wörter, bei denen
entweder der Stamm oder der Affix variiert und dieses Variieren verletzt die
Identität des Morphems nicht.
Hier kann man 3 Fälle des Variierens aussondern:
1) das Variieren des Stammmorphems (Gastbesuch - Gästebesuch,
Ausgehtag -Ausgangstag, streitig - strittig usw.);
2) das Variieren der Affixe (Bitterheit / keit, Biederheit/ keit;
3) das Variieren der Fugeelemente in den zusammengesetzten Wörtern (z.B.
Schweinebraten/Schweinesbraten, Fabrikarbeiter/Fabriksarbeiter).
e) semantische Varianten, d.h. ein vieldeutiges Wort in einer seiner
Bedeutungen. So tritt das Wort Tisch in folgenden lexisch - semantischen
Varianten auf:
1) ein Möbelstück (z.B. setz dich an den Tisch);
2) die Kost, die Speise (den 2. Tisch verordnen);
3) das Essen (Kinder, zu Tisch bitte).
So sind die Wesensmerkmale des Wortes, die für mehrere Sprachen typisch
sind.

3. Phonetische Gestaltung des deutschen Wortes


Jede Sprache hat ihr eigenes phonologisches System. Nach den Gesetzen
dieses Systems sind auch die Wörter gestaltet. Was die deutsche Sprache
anbetrifft, so hat das Wort folgende Merkmale:
1) Die Lautgestalt der deutschen Wörter wird durch die Kombination
und wechselnde Anordnung von etwa 40 Phonemen bestimmt.
2) Das deutsche Wort besitzt eine morphologisch gebundene Betonung
und gewöhnlich fällt sie auf die erste Wurzelsilbe. Das gilt für: a) Wurzelwörter
('fahren, 'Arbeit usw.); b) abgeleitete Wörter ('Arbeiter, 'Zeitung usw.); c)
Zusammensetzungen ('Lesebuch, 'Hochhaus usw.).
3) Typisch für abgeleitete und zusammengesetzte Wörter ist das
Vorhandensein der Haupt- und Nebenbetonung: z.B. 'Mannschaft,
'Schreibmaschine, 'Arbeitstisch.
Es gibt aber manche Ausnahmen (leb'endig, Hol'und'er, Hermelin
‘гopнocтaй’, Wacholder ‘можжевельник’). Alle anderen Wörter mit der
Betonung nicht auf die erste Wurzelsilbe sind gewöhnlich fremden Ursprungs
(Revolu'tion, Universi'tät usw.) Abweichende Betonungen sind auch für die
Wörter, die auf die Suffixe - ei (Bäckerei, Bücherei usw.), -ieren (polieren,
spazieren, diktieren usw.) ausgehen; nicht auf die erste Wurzelsilbe fällt die
Betonung in einigen mehrgliedrigen Zusammensetzungen (Fünfeuroschein), bei
Abkürzungen (der LKW), bei einigen Namen (Berlin, Heilbronn).
4) Die deutsche Hauptbetonung in der Zusammensetzung ist stark
zentralisierend, sie gestaltet das Wort als eine phonetische Ganzheit ('Hochֽ haus,
'Fensterֽ brett).
5) Was die Archetektonik des deutschen Wortes anbetrifft, so überwiegen im
Deutschen die Wörter von Typ KVK (Tier, mir, Saal usw.) oder KVKK (Bild,
Pferd, Schwert). Der Typ KV ist im Deutschen wenig verbreitet (See, Floh)
6) Mehrsilbige Wörter sind im Deutschen häufiger Ableitungen(Flieger,
Maler, Finger, lustig, sonnig) und Zusammensetzungen (Großstadt, Fahrstuhl) als
Stammwörter.
Die Stammwörter können unter den zweisilbigen Wörtern auch vorkommen
(Ofen, Fenster, Wasser). Je größer die Silbenzahl ist, desto eher sind die
Zusammensetzungen.
7) Manche Besonderheiten gibt es bei der Aussprache einzelner Laute. So
werden stimmhafte Konsonanten im Wort- und Silbenauslaut stimmlos
ausgesprochen (Rad [ra:t], Pferd [pfe:rt]).
Die Vokale im Wort- und- Stammanlaut bekommen den festen Einsatz
(angeln [’aŋəln], sich erinnern [ziç ’ɛr’'ɪnərn]). In unbetonten Silben werden die
langen Vokale quantitativ reduziert (besprechen [bə'ʃprɛçən]).

4. Die morphologische Struktur des Wortes


Die morphologische Struktur des Wortes stellt eine Morphemkombination
dar. Morpheme sind die kleinsten bedeutungstragenden Einheiten der Sprache, die
durch Phoneme lautlich repräsentiert werden. Man unterscheidet lexikalische und
grammatische Morpheme. Lexikalische Morpheme sind Wurzel- und
Derivationsmorpheme bzw. Wortbildungssuffixe, und grammatische
Morpheme sind grammatische Suffixe und Flexionen.
Das Wurzelmorphem mit dem Derivationssuffix bildet den lexikalischen
Stamm des Wortes: z.B. Mal-er, lang-sam, Lieb-ling, flei-ßig, Kunst-maler.
Die grammatischen Morpheme dienen zum Ausdruck der grammatischen
Kategorien. So bei dem Suffix des Präteritums -te: (sie) betrachten das Bild und er
betrachtete das Bild; oder bei den Komparationssuffixen der Adjektive: groß - größ-er,
klar - klar-er - am klarsten.
Ferner gehören zu grammatischen Morphemen reiche Flexionselemente, die
die deutsche Sprache für bestimmte syntagmatische Beziehungen besitzt: Er
sprach mit den Maler-n, das Bild des Maler-s.
Zusammenfassend kann man Folgendes hervorheben:
Das Wort ist ein bilaterales Zeichen, d.h. eine strukturelle Einheit von
Lautung und Bedeutung, die nach den phonetischen und morphologischen Normen
der betreffenden Sprache geformt ist. Das Wort wird äußerlich durch seine
Ganzheit, innerlich durch seine nominative Funktion charakterisiert. Als Element
der Rede lässt das Wort Varianten zu.

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