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Wieder zu Hause
s n
l
-
Heute Nachmittag bin ich am Flughafen von Palermo-
Punta Raisi gelandet. Mein Bruder Alfredo stand vor dem
Ausgang. Er trug einen schwarzen Smoking und eine
weinrote Krawatte.
Eigentlich wollten wir zusammen von Frankfurt nach
Palermo fliegen , aber am Ende kam alles anders. Alfredo
hatte mal wieder kei ne Zeit. Er musste kurzfristig nach
Schanghai fliegen, wegen seiner Arbeit. Also habe ich ein
paar Tage in Alfredos Wohnung in Frankfurt verbracht
und bin dann alleine, nach Palermo geflogen .
„Ciao, Dino! ", rief er und winkte. Wir umarmten uns.
„Wie war dein Flug?", fragte er. „In Ordnung", sagte ich.
„Ein bisschen rumpelig."
„ 1st das dein ganzes Gepäck?", fragte er und zeigte auf
meinen Rollkoffer.
„ja", sagte ich undl zuckte mit den Schultern. „Das ist
alles, was ich besitze."
Alfredo schaute auf die Uhr und sagte: „O kay. Wir 1müs-
sen los !"
„Moment! ", sagte ich. „Ich muss auf El isabeth warten."
„Was?", sagte Alfredo. „Wer ist Eli sabeth?"
„Meine „. eine Freund in", sagte ich. „Sie kommt um
halb vier mit einer Maschine aus London Heathrow."
Alfredo zupfte nervös an seiner Krawatte. „Die Hochzeit
ist in weniger als einer Stunde!", sagte er. „Wi r haben
keine Ze it! "
„Keine
. sorge.'" , sagte ich. „Ih r heiratet in unserem
Garten, oder ?"
Alfredo nickte. „ Na also!", sagte ich. 11 Das ist nu r ein
Katzensprung. Komm, wir gehen einen Kaffee tr inken! "
„Nun gut „ .'\ sagte Alfredo und seufzte. „Aber wenn ich
zu spät komme, ist es deine Schuld!"
Wi r gingen zu einem kleinen Stehcafe und bestellten
zwei überteuerte Espressos . „Es ist schön, wieder zu
Hause zu sein ", sagte ich und schaute durch ein großes
Fenster auf die Landebahn.
„Ja", sagte Alfredo. „Es hat sich nicht viel ve rändert."
„Wie geht e,s Mama und Papa?", fragte ich.
Alfredo hob seine Augenbrauen . 11 G ut", sagte er. „Dafü r,
d ass ... "
~" . h
11 D ass was . , sagte 1c .
„Na ja, sie sind alt geworden", sagte Alfredo. 11 Papa hat
Probleme mit den Knien und Mama klagt ständig über
ihren Rücken."
Da spürte ich plötzlich einen Finger auf meiner
Schulter. Ich drehte mich um . Vor mir stand Elisabeth.
„Wa ... wie ... wo „.? ", stammelte ich.
„Freut mich auch, d ich wiederzusehen, Dino", sagt e sie
und lächelte. Sie trug ein blaues Kleid mit weißen
Punkten. Ihre langen braunen Haare hatte sie zu einem
Pferdeschwanz gebunden . 1hre grünen Augen strahlten
und ihr Lächeln machte mich schwindelig.
„Sorry", sagte ich und umarmte sie. "Ich ... ich habe
dich nicht so früh erwartet."
„Ja", sagte Eli sabeth. „Wir hatten Rückenwind ."
Alfredo räusperte sich . „Oh ", sagte ich. "Das ist übri-
gens mein Bruder, Alfredo!"
„Ciao!", sagte er und küsste El isabeth auf die Wange.
Dann kippte er se in en Espresso in einem Zug herunter
und sagte: „Auf geht's !"
Wenig später saßen wi r in einem schwarzen Mercedes
und fuhren an der Küste entlang. Das Mittelmeer glit-
zerte in der Nachmittagssonne. Der Himmel war blau
und wolkenlos. Alfredo saß am Steuer, Eli sabeth und ich
auf der Rückbank.
„Warst du schon einmal auf Sizi lien?", fragte ich.
Elisabeth schüttelte ihren Kopf. „ Ich habe vor vielen
Jahren einmal als Au-pair-Mädchen in der Toskana gear-
beitet. Aber auf Sizil ien war ich noch nie. Es ist wunder-
schön hier!'', sagte s ie. „Schön, ja „. ", sagte ich und
schaute aus dem Fenster. „Aber sehr arm ."
Wir fuhren weiter auf der Küstenstraße Richtung Osten.
Die hügeligen Gipfel der Madonien ragten am Horizont in
den Himmel.
Das Haus meiner Eltern lag am nordöstlichen Rand von
Palermo, di r,e kt am Ufer. Es war ein altes dreistöckiges
Haus mit vielen Zimmern, hohe n Decken, weiten Bal-
konen und einem großzügigen Garten.
Vor dem Haus parkten ein paar nagelneue Autos. Ich
sah einen roten Porsche, einen weißen BMW Cabrio,
einen dunkelblauen Aud i A8 und einen s ilbernen VW
Sport.
„Wessen Autos sind das?", fragte ich Alfredo.
Er parkte den Mercedes und sagte: „Ah, das sind nur
Mietwagen . Lorettas Fam il ie liebt dicke deutsche Autos."
Wir stiegen aus. Im Garten waren weiße Zelte
aufgebaut. Zwischen den Zelten sta nden Männer in
Anzüge n und Frauen in Abendkleidern. Eine kleine Live-
Band spielte Smooth-Jazz.
„Entschuldigt mich bitte!", sagte Alfredo und ließ El isa-
beth und mich allein . Wir standen auf der Stelle und
beobachteten die Hochzeitsgäste.
„Kennst du al l die Leute?", flüsterte El isabeth.
Ich schaute mich um und schüttelte den Kopf. „Ich
glaube, die meisten Gäste sind Freunde und Familie aus
Ameri ka."
„Kommt Loretta auch aus Sizilien?", fragte Elisabeth.
„Ke ine Ahnung", sagte ich. „Alfredo hat sie in New York
kennengelernt. Und sie arbeitet für eine Bank. Aber das
ist ehrlich gesagt alles, was ich über s ie weiß."
„Oh Mann !", sagte El isabeth und gähnte. „Ich bin
hundemüde! Wo kann ich mich frisch machen ?"
-
heute Nachmittag: this afternoon 1 gelandet: landed 1
Bruder: brother 1 am Flughafen: at the airport 1 stand:
stood 1 vor dem Ausgang: in front of the exit 1 trug: wore 1
Dafür, dass ... : Considering (that) ... 1 Na ja: Weil ... 1 alt
a) mit Alfredo
b) mit Elisabeth
c) alleine
a) um i 6:30
b) um l 5:30
c) um 4:30
a) kommt früher an
b) kommt nicht an
c) kommt später an
a) alite
b) nagelneue
c) billige
a) Sizilien
b) Deutschland
c) Amerika
, 1 I
-
Während El isabeth duschte, öffnete ich meinen Koffer.
Ich hatte nichts bis auf ein paar alte T-Shirts, zwei
abgenutzte Jeans und eine Regenjacke.
In dem Moment klopfte es an der Tür. 11 Ja?" 1 sagte ich.
Es war mein Onkel Vincente, ein kleiner Ma nn mit
einem rund en Bauch und einer Halbglatze. Er trug einen
tiefblauen Anzug, der ein bisschen zu eng war.
„Dino!", rief er und breitete die Arme aus.
„Onkel „. ", sagte ich. Er kam auf mich zu , fasste mei-
nen Kopf in seinen großen Hände n und sagte: „Wie viele
Jahre haben wir uns nicht gesehen ?"
Vincentes Hände rochen nach Knoblauch und
Sägespänen. Er lächelte ein breites Lächeln. Ein Gold-
zahn blitzte auf. Er nahm die Hände von meinem Kopf
und ich atmete auf.
„Warum bist du noch nicht angezogen ?", fragte er und
ze igte auf meinen Koffer.
„Ich habe nichts zum Anziehen , Onkel!", sagte ich .
„Kein Problem !", sagte er und fasste mich an der Schu l-
ter. Ich habe einen ganzen Sch rank voll ! Armani, G ucci,
11
a) D inos Cousin
b) Dinos Onkel
c) Dinos Vater
a) ei ne Regenj acke
b) ein T-Shirt
c) einen Anzug
a) liebt
b) hasst
c) interessiert sich nicht für
a) verheiratet
b) led ig
c) geschieden
3. Der Sonnenuntergang
• •
• •
-
Das Buffet war sehr umfangreich. Es gab Arancini
(frittierte Reisbällchen ), Makkaroni und Spaghetti mit
Sardinen oder Auberginen , lnvoltini alla Siciliana (si zilia-
nische Rouladen), gegrillte Thunfischfilets , Couscous,
Obstsalat und eine enorm e Auswahl von Weinen .
Elisabeth und ich saßen an einem Tisch zusammen mit
ein paar Verwandten von Loretta. Die Sonne brannte auf
unsere Köpfe und wir tranken kühlen Weißwein.
" Elisabeth biss in e in Reisbä llchen u nd sagte: "Mmh!"
„ Schmeckt es ?", sagte ich und lächelte. „ Das ist eine
si zi li anische Spezialität."
„ Ich wusste schon immer, dass die englische Küche
schlecht ist ", sagte sie und schluckte. " Aber erst jetzt
weiß ich, was ich verpasse! Gibst du mir noch einen
Schluck Wein, bitte? "
Die Band spielte eine 1nstrumenta lversion von 11 Last
Christmas", obwohl es über dreißig Grad war. Die ersten
Paar e begannen zw ischen den Palmen am Ufer zu
1
tanzen .
Ich hatte gerade mit dem Nachtisch begonnen, da hörte
ich eine Stimme. " Di no! Bambino!"
Es war meine Mutter. Sie drückte mich an ih re breite
Brust und rief: "M ein Sohn! "
Elisabeth schaute amüsiert zu. "M ama ", sagte ich.
„ Darf ich vorstellen , das ist Elisabeth. Sie ko mmt aus
England."
Meine Mutter gab ihr die Hand und setzte sich zwi-
schen Elisabeth und mich an den Tisch. „Wie geht es
dir? ", fragte ich.
„Ach ", sagte sie und lächelte. „In meinem Alter bin ich
froh , wenn ich morgens ohne Schmerzen aufwache."
„Schmerzen? ", fragte ich, und bereute es sofort. Denn
meine Mutter begann augenblicklich mit einer
detaillierten Auflistung ihrer letzten Arztbesuche.
Als sie endlich eine Pause machte, sagte Elisabeth auf
Italienisch: „Das Essen ist sehr lecker!"
„Wirklich ?", sagte meine Mutter und lächelte. „Ich weiß
nicht. Alfredo hat so einen Catering-Service bestellt. Die
Arancini sind ein bisschen zu hart, und die Pasta ist nicht
ganz al dente. Aber Sie als Ausländerin bemerken das
vielleicht nicht. Dino aber weiß sehr gut, dass meine
Arancini und meine Pasta „. "
. h B'1tte.I"
11 M ama. , sagte 1c . „
I"
ist blau."
Elisabeth lehnte ihren Kopf zurück, schloss die Augen
und sagte: " Ich kan n kaum glauben , dass du hier aufge-
wachsen bist . Das ist w ie im Paradies hier!"
„Vielleich t ", sagte ich . „ Aber das Leben h ier ist seh r
eintönig. Die meisten Leute sind Bauern oder Fischer.
Der Tourismus ist die einzig gute Einnahmequelle."
„Kannst du dir vorstellen, eines Tages wieder
zurückzukehren ?", fragte sie.
„Ich weiß nicht", sagte ich. „Wenn ich alt, fett und reich
bin, vielleicht „."
El isabeth kicherte. Wir saßen so eine ganze Weile still
nebeneinander. Die leichten Wellen des Mittelmeers
schwappten gegen den Bootssteg. Eine kleine Brise
wehte über unsere Gesichter und die Sonne bega nn
langsam zu sinken .
„Weißt du was ?", sagte El isabeth und schaute m ich an.
„ Ich habe dich ziemlich vermisst."
Ich blickte i n ihre grünen Augen. Das goldene Licht des
Sonnenuntergangs glitzerte auf ihren Wangen. Ihre Lip-
pen glühte n korallenrot. Sie sch loss die Augen. Unsere
Ges ichter näherten sich.
Da hörten wir plötzlich einen Schrei. 11 Sa 'iduni!", rief
eine Stimme.
„Was war das? ", sagte El isabeth.
Wi r hörten es abermals. Es klarng wie eine Frauen-
stirn me. Ich stand auf. Die untergehende Sonne blendete
meine Sicht.
„Siehst du etwas?", fragte ich und legte die Hand über
meine Augen.
„Da! ", rief Elisabeth und zeigte auf das offene Meer.
11 Wo?, sagte ich. Ich kniff die Augen zusammen . Und da
sah ich es. Ein paa r Dutzend Meter vor dem Steg stand
eine Frau in einem Schlauchboot. Das Boot schien be-
reits zur Hälfte mit Wasser gefüllt.
„Sa 'iduni!", rief die Frau und ruderte mit den Armen.
Ich nahm einen Rettungsring vom Steg und schleu1derte
ihn ins Meer. Die Frau stürzte aus dem Boot und klam-
merte sich an den Ring. Das Schlauchboot füllte sich
nun völlig mit Wasser und begann zu sinken.
11 Schnell! Hol Hilfe!", sagte ich zu Elisabeth. Dann
sprang ich ins Wasser.
-
umfangreich: comprehensive 1 frittiert: deep-fried 1
Darf ich vorstellen, ... : may 1 introduce ... 1 gab ihr die
Hand: shook her hand 1 setzte sich: sat down 1 Alter: age
1 froh: glad 1 wenn ich aufwache: when 1 wake up 1
als sie eine Pause machte ... : when she paused ... 1
endlich: finally 1 auf Italienisch: in ltalian 1 lecker: deli-
cious 1 Wirklich?: Really? 1 bestellt: ordered 1 Sie als
Ausländerin: you [fo,rmal] as a foreigner 1 bemerken: no-
tice 1 weiß sehr gut: knows very well 1 überall: everywhere
1 Tanzfläche: dance-floor 1 grinste: grinned 1 Lieblingslied:
favorite song 1 Gerne: with pleasure 1 Seid vorsichtig!: Be
careful! 1 heiß: hot 1 rief uns hinterher: shouted after us 1
a) Reisbä llchen
b) Obstsalat
c) Döner Kebap
a) sehr lecker
c) langweilig
a) über 30 °C
b) circa 20 °C
c) unter 30 °C
a) sehr gut
b) sehr schlecht
c) nicht so gut
a) im Haus
b) am Ufer
c) in einem Zelt
a) Es ist zu heiß.
a) in ein Bootshaus
a) interessant
b) dynamisch
c) langweilig
a) eine Sirene
b) einen Schrei
c) laute Musik
a) einen Rettungsring
b) ein Schlauchboot
c) eine Schwimmweste
4. Die Rettung
-
Innerhalb von wenigen Minuten war der Bootssteg vol l
mit Menschen. Sogar die Musiker der Band hatten ihre
Instrumente abgelegt und beobachteten, wie ich die Frau
an dem Rett ungsring durch das Wasser zog. Niemand
gab einen Ton von sich . A lfredo und Lorettas Vater
hievten die Frau auf den Steg. Während ich an einer Lei-
ter nach oben kletterte, brach sie auf den Holzplanken
zusammen.
Sie war nicht älter als dreißig Jahre. Ihr Gesicht war
schneeweiß, gerahmt von einem schwarzen Kopftuch .
Auf der linken Wange hatte sie eine lange Narbe. Sie trug
einen kle inen Rucksack.
11
1st irgendjemand hier ein Arzt?", rief Alfredo.
Loretta hat eine Ausbildung zur Krankenschwester",
11
-
Rettung: rescue 1 innerhalb: within 1 sogar: even 1
b) Fadiyah is t zusammengebrochen.
a) Elisabeth
b) Dinos Mutter
c) Loretta
a) aus Aleppo
c) aus Homs
a) Filme
b) Büche r
c) Zeitungen
a) Algerien
b) Tunesien
c) Libyen
a) Es war zu vol l.
a) Cousin in Berlin
b) Vater in Hamburg
c) Bruder in München
5. Der Morgen danach
-
Alfredo und Loretta hatten die Hochzeitsparty frühzeitig
beendet. Die Gäste stiegen noch vor M itternacht in ihre
Mietwagen und fuh ren zurück in ihre Hotels und
Ferienwohnungen . Die Band packte ihre Instrumente
und der Catering-Service sammelte das restlich e Essen
•
ein .
Auch das Hochzeitspaar fuhr noch am selben Abend
zum Flughafen. Alfredo hatte Flitterwochen in den Male-
diven gebucht. Nach dem Vorfall mit Fadiyah war Loretta
und Alfredos Stimmung gedrückt, aber ich glaube, sie
waren irgendw ie auch froh , die Insel zu verlassen.
Es war sehr sti ll in der Nacht. Bis auf das Zirpen der
Grillen w ar ke in Ge räusch zu höre1n . Elisabet h und ich
schliefen in meinem alten Kinderzimmer zwischen Guns
N'Roses-Postern und Stapeln von alten Com ics. Am Ende
des Flurs wohnte Onkel Vincente in zwei großen Zim -
mern. Das Schlafzimmer meiner Eltern befand sich im
Erdgeschoss.
Am nächsten Morgen erwachte ich durch ei nen Schrei.
Ich zog mir schnell etwas an , rannte die Treppen her-
unter und fand mei nen Vater im Wohnzimmer. Er trug
einen alten weißen Bademantel und stand verwirrt vor
dem Sofa . Fadiyah hatte d ie Augen weit aufgerissen . Sie
sch üttelte den Kopf, fuchtelte m it den Armen und redete
irgendetwas auf Arabisch .
„Guten Mo1rgen, Papa", sagte ich. „Was ist [passiert?"
Mein Vater zuc kte mit den Schultern und sagte: 11 Keine
Ahnung. Ich habe gestern Abend das Fußballspiel ver-
passt und wo llte gerade die Wiederholung gucken. Aber
da liegt diese Frau auf dem Sofa! "
„Das ist Fadiyah ", sagte ich. „Hast du sie gestern
Abend nicht gesehen?"
„Ich weiß nicht", sagte mein Vater. „Es waren so viele
Leute hier. Du weißt, ich mag keine Menschenmassen."
„Ja ... aber", begann ich. „Was hast du zu ihr gesagt?"
„Ga r nichts ", sagte mein Vater. „I ch habe bloß ein biss-
chen ihre Schulter geschüttelt. Und plötzlich hat sie ge-
schrien wie am Spieß!"
„Sie ist ein Flüchtling!", erklärte ich. „Aus Syrien ."
„Na und ?", sagte mein Vater. 11 lch bin doch kei n
Unmensch !"
„Ähm , Papa", sagte ich und zeigte auf seinen
Bierbauch, der aus dem Bademantel herausguckte. 11Viel-
leicht sol ltest du dir erst einmal etwas anziehen."
11 Pfft! ", sagte er. 11 Jetzt sagt mir mein eigener Sohn, wie
ich mich anz iehen soll. In meinen eigenen vier Wände n!"
Er schüttelte den Kopf und verließ das Wohnzimmer.
Fadiyah atmete auf. „ Keine Angst! ", sagte ich auf Eng-
lisch. „Das ist mein Vater. Er ist manchmal ein bisschen
schwierig, aber er hat ein gutes Herz."
Fad iyah nickte. Dainn wurde sie plötzlich unruhig. Sie
fasste s ich an die Schultern und sagte: „Wo ist mein
Rucksack?"
. I" , sagte 1.c h un d ging zum Fenster. „ Er war se hr
„ H1er.
nass . Wi r haben ihn auf die Fensterbank gelegt, zum
Trocknen ."
Ich gab Fad iyah ihren Rucksack zurück. Er war noch
immer feucht. Sie ergriff das Gepäckstück mit beiden
Händen, öffnete den Reißverschluss und nahm eine klei-
ne Plastiktüte heraus.
„Aufladen „.", sagte sie. „Telefon! "
„Ah , verstehe!", sagte ich und zeigte auf eine Steckdose
hinter dem Sofa. „Hier! "
Als Fadiyah ihr Handy in die Steckdose steckte, er-
schien Elisabeth im Wohn zim mer. „Sabach el Cherl",
sagte sie. Fadiyah lächelte. 11 Das bedeutet ,Guten Mor-
gen ' au f Arabisch'\ sagte Eli sabeth zu mir.
-
Der Morgen danach: the morning after 1 frühzeitig:
prematurely 1 beendet: ended 1 stieg ein: got in 1
Mitternacht: midnight 1 Ferienwohnungen: holiday apart-
ments 1 packte: packed 1 sammelte ein: gathered 1
restlich: remaining 1 am selben Abend: on the same eve-
ning 1 Flitterwochen: honeymoon 1 Malediven: Maldives 1
gebucht: booked 1 Vorfall: incident 1 Stimmung: mood 1
gedrückt: subdued 1 irgendwie: somehow 1 verlassen:
leave 1 Zirpen: chirping 1 Grillen: crickets 1 Geräusch:
noise 1 hören: listen 1 schlief: slept 1 Kinderzimmer: child-
ren1s room 1 Stapel: stack 1 befand sich: was situated 1
Erdgeschoss: ground floor 1 erwachte: awoke 1 Ich zog
mir schnell etwas an: 1 quickly put something on 1 rannte:
ran 1 herunter: down 1 Bademantel: bathrobe 1 weit
aufgerissen: wide open 1 fuchtelte: waved about 1 redete:
talked 1 irgendetwas:: anything 1 Was ist passiert?: What
happened? 1 Fußballspiel: footbaU match 1 verpasst:
missed 1 Wiederholung: rerun 1 liegt: lies 1 so viele: so
many 1 ich mag keine ... : 1don't like ... 1 Menschenmasse:
crowd 1 gar nichts: nothing at all I bloß: only 1 geschüttelt:
shaken 1 geschrien wie am Spieß: s creamed like a bans-
1
a) spät
b) frühzeitig
c) zu spät
b) auf Ustica
c) auf Mallorca
a) einem Gästezimmer
b) Dinos Kinderzimmer
c) Vincentes Wohnzimmer
a) d ie Nachrichten
b) einen Film
c) ein Fußballspiel
a) ein Kopftuch
b) eine Plastiktüte
c) ein Kissen
a) Steckdose
b) SI M-Karte
c) Hü lle
a) verkauft
c) ausgescha ltet
a) zum Flughafen
b) in die Stadt
c) zum Strand
6. Kaffee und WLAN
-
Onkel Vincente parkte seinen Geländewagen am Piazza
Ruggero Settimo. Das ist einer der zentra len Plätze vo n
Palermo. Hier befindet sich das berühmte Teatro Poli-
tema und es gibt viele Hotels, Geschäfte und Restau-
rants.
. . .
Wir setzten uns In kleines Cafe 1n einer
Seitenstraße. On kel Vincente bestellte vie r Espressos
und das Giornale di Sicilia, eine palermische
Tageszeitung. Elisabeth klappte ihren Laptop auf.
Fadiyah wischte und tippte konzentriert auf ihrem
Handy herum. 11 Mein Bruder!", sagte s ie nach einer
Weile und zeigte mir ein Bild von einem jungen Mann
mit e inem kl einen Mädchen auf dem Arm.
"Das ist Fad i", sagte sie und lächelte. " Fadi und Fa-
d iyah, verstehst du?"
"U nd er ist in München?", sagte ich. Fad iyah nickte und
zeigte mi r ein paar weitere Bi lder von Fad i an de r Isar
und im Englischeni Garten. "Wohnt er schon lange
dort?", fragte ich.
" Ein Jahr", sagte s ie. 11 Er ist über die Türkei nach Grie-
chenland gekommen . Von dort ist er durch Mazedonien,
Serbien und Ungarn nach Österreich bis nach De utsch-
land gereist."
"Wi rk lich?", sagte ich und trank einen Sch luck Es-
presso. " Das ist ein weiter Weg!"
Fadiyah nickte und sagte: „ Eigentlich wollten wir
zusammen gehen , aber ich habe ihn im Krieg aus den
Augen verloren."
„Das tut mir leid ", sagte ich.
„ Am End e bin ich mit meinem Cousin zu meiner Tante
nach Ägypten gegangen ", erklärte si e. „ Sie wohnt in
Kairo. Aber ihre Wohnung ist sehr kl ein. Und sie hat sie-
ben Kind er."
„ Also bist du nach Tunesien gegangen?", sagte ich.
„ Nein", sagte Fad iyah und nippte an ihrem Kaffee. 11 Z u-
erst mussten wir durch Libyen reisen . Ich war zusammen
mit einer Gruppe von anderen Syrern. Unter uns waren
viele Frauen und Kinder. W ir hatte n große Angst. Aber
wir haben überlebt!"
In dem Moment klingelte Vincentes Telefon. Er schaute
au f seine Uhr und sagte zu mir: „ Ich muss los, Dino! In
einer ha lben Stunde bin ich w ieder zurück, in Ordnung?"
Er sta nd auf und nahm die Zeitung. „ Wo gehst du hin ?",
rief ich. „ Geschäftliches", m urmelte er und verschwand.
„ Sorry", sagte ich zu Fa d iyah. „ Wo sind wir stehen
geblieben ?"
11 Ja", sagte ich. 11 Das ist rich t ig. Aber von hier bis Mes-
sina sind es circa zwei Stunden Fahrt. Vi el leicht kann
Onkel Vincente d ich zur Fähre bringen ... "
11 Wi rklich ?", sagte Fadiyah. 11 Gott sei gesegnet!"
„Sorry, dass ich unterbreche", sagte Elisabeth . Sie hatte
d ie ganze Zeit stil l zugehört und auf ih rem Laptop
getippt. „ Kann ich dich etwas fragen, Fadiyah ?"
Fad iyah nickte und di e beiden Frauen wechselten ein
paar Worte auf Arabisch. Elisabeth lächelte.
„Was habt ihr besprochen ?", fragte ich.
11 Ich habe Fadiyah gefragt, ob ich ih re Geschichte auf
meinem Blog veröffentlichen ka nn", sagte Ellisabeth. „Sie
hat zugestimmt."
Ich trank den letzten Rest meines Kaffees und sagte:
11 Sobald Onkel Vincente zurückkommt, frage ich ih n, ob
er sie nach Messina bringt."
„Was macht er eigentlich beruflich , dein Onkel?", fragte
EI isabeth.
„Ehrl ich gesagt, keine Ahnung", sagte ich. „Irgendetwas
mit Import/ Export, glaube ich."
Plötzlich wurde Fadiyah unruhig. „Was ist?", fragte ich.
Sie starrte auf den Bürgersteig. Ein Carabiniere, ein
italienischer Polizist in schwarzer Uniform, kam gera-
dewegs auf unseren Tisch zu. „Papiere, bitte!", sagte er
zu Fadiyah. Sie begann zu zittern.
„Entschuldigen Sie!", sagte ich. „Diese Dame ist unser
Gast."
„Soso ... ", sagte der Polizist. lch nehme an, sie hat ein
11
„Sie hat keine Papiere! ", sagte der Carabiniere und zeig-
te auf Fadiyah.
„Oh ", sagte Vincente und lachte. „ Das muss ein Irrtum
sein .. Wissen Sie, diese Dame ist ein Gast unseres Hau-
ses." Er klopfte dem Poli zisten auf d ie Schulter. Dann
gab er ihm die Ha nd und zwin kerte.
„In Ordn ung", sagte der Po li z ist. „Da nn hat sich das
erledigt." Er zog seine Mütze, sagte: „Buon giorno!" und
verließ uns eren Tisch.
„ Hat dein Onkel ge rade e inen Polizisten bestochen ?",
flüsterte Elisabeth .
„Anscheinend ... ", sagte ich .
-
WLAN : WiFi 1 Geländewagen: off-road vehicle 1 Plätze:
squares 1 befindet sich: is located 1 berühmt: famous 1
a) ihrem Vater
b) ihrem Bruder
c) ihrem Cousin
a) Osteuropa
b) Südeuropa
c) Westeuropa
a) zu ihrer Großmutter
b) zu ihrer Tante
c) zu ihrem Onkel
a) Li byen
b) Libanon
c) Algerien
a) 10 €
b) 100 €
c) iooo €
7. Fadiyah will „ .
c) im Fernsehen veröffentlichen
a) Fadiyahs
b) Elisabeths
c) Vi ncentes
\ '>
-
Wir saßen wi eder in On kel Vincentes Geländewagen.
Fadiyah scha ute besorgt aus dem Fenster. „ Keine
Sorge! ", sagte ich. „ Der Polizist kommt nicht zurück!"
Aber Fad iyah schüttelte den Kopf und sagte: „ Ich muss
weiterreisen . Sizi lien ist nicht sicher."
„Onkel?", sagte ich. „Ka nn ich dich um einen Gefallen
bitten ?"
„ Bist du mein Neffe, oder nicht?", sagte er und lächelte.
„ Fadiyah wi ll zu ihrem Bruder nach München", sagte
ich „Könntest du sie nach Mess ina fahren? Von dort
kann sie die Fähre nehmen."
„Ke in Problem ", sagte Vincente. „ Aber die Fähre ist
keine gute Idee." Er zeigte auf d ie zusammengerollte Zei-
tung. „ Ich habe gelesen , die Poli ze i macht seit gestern
wieder st renge Passkontrollen."
. h . „ warum.;>"
. r kl"1ch .;>«, sagte 1c
„W 1
„ Du solltest mehr Zeitun g lesen, mein Junge!", sagte
Vincente. „Jeden Tag kommen Hunderte von Flücht-
lingen auf Sizilien an! Hast du die Lager gesehen?"
Ich schüttelte den Kopf. Vincente startete den Motor
und sagte: „ Die ital ieni sche Regierung ist unter großem
Druck. Sie dürfen die Flüchtlinge nicht in die EU re isen
lassen. Aber unsere Lager sind überf üllt! Hast du von
Min eo gehört?"
„Ja", sagte ich. „Das ist eine kl eine Stadt im Osten
Siziliens, oder? Aber w as hat das mit den Flüchtlingen zu
tun ?"
"In Mineo gibt es eine ehemalige US- Militärbasis ", er-
klärte Vincente. " Jetzt ist dort ein riesiges Flücht-
lingslager m it mehr als 3000 Menschen , bew acht von
italienischer Polizei mit Sturmgeweh ren." Er ze igte mit
dem Daumen auf Fad iyah. "Wenn die Carabiniere sie fin-
den, dann kommt sie nach M ineo und es ist aus mit
dem Traum von Deutschland."
" Mmh ", sagte ich. "Was schlägst du vor? "
" Ich habe eine Idee", sagte Vincente und hielt den
Wagen an einer Tankstelle. 11 Aber es ist ein bisschen
riskant. Hat sie eine europäische SI M-Karte? "
Elisabeth übersetzte. Fad iyah schüttelte den Kopf.
" Okay", sagte Vincente und gab mir einen
Fünfzigeuroschein . " Du gehst jetzt in die Tan kstelle und
kaufst eine Prepaid-S 1 M , eine Reisetasche, ein Sech-
serpack Wasser und ein paar Müllsäcke."
„ ke.;i
" Mu„11sac wozu das.>", f rag t e ·1c h. " o·1no ... ", sagt e
Vincente. "W illst du , dass ich ihr helfe, oder nicht?"
„ 1n Ordnung", sagte ich und stieg aus dem Auto.
Wenig später waren wir wieder unterwegs. Fad iyah legte
die neue SI M-Karte in ihr Handy. „Auf der Ka rte sind 25
Euro", erklärte Vincente. „ Ruf mich bitte auf ilhrem
Handy an ! Dann habe ich ihre NLimmer, und sie hat
meine."
Ich wählte Vincentes Nummer auf Fadiyahs Handy. Es
klinge lte. „Und jetzt?", sagte ich.
„Sagt ihr, wenn sie Schwierigkeiten m it der ital ie-
nischen Polizei bekommt, soll sie mich anrufen!", sagte
er. „Ich werde mit ih n en sprechen."
Elisabeth übersetzte. „ Dan ke! ", sagte Fadiyah u nd
strahlte. „ Ich schicke meinem Bruder eine SMS. Ihr seid
meine Engel !" Sie begann zu tippen.
Wir fuhren auf der Autobahn Richtung Osten , das Meer
zu unserer Linken, die Gipfel der Madonien zu unserer
Rechten .
Nach circa einer Stunde Fahrt piepte Fadiyahs Handy.
„ Gibt es hier eine Post?", fragte sie. uMein Bruder hat mir
Geld geschickt."
Wir befanden uns in der Nähe von Cefa lu, einer
beliebten Touristenstadt. Onkel Vincente nahm die
nächste Abfahrt und wi r fuhren in d ie Stadt hinein . über-
all liefen sonnenverbrannte Nordeuropäer und Ameri-
kaner m it St1rohhüte n herum. Aber es war auch viel Poli-
zei auf den Straßen.
"Schaut!", sagte El isabeth und zeigte auf einen Prit-
schenwagen an der Straßenseite. Drei Po lizisten standen
hinter dem Fahrzeug und dis kutierten mit dem Fahrer.
Auf der Ladefläche saß eine Gruppe Afr ikaner. Es waren
auch Mütter mit kleinen Kindern dabei.
"Seht ihr?", sagte Vincente. " Die kommen jetzt alle
nach Mineo oder in ein anderes Lager."
"Aber warum Polizei?", sagte Elisabeth. „Diese Men-
schen sind doch keine Kriminelle n! Sie brauchen Essen ,
Wasse r und medizinische Hilfe."
Vincente zuckte m it den Schu ltern und sagte:
"Wahrscheinlich. Aber laut Gesetz sind sie erst einma l
illegale Einwanderer."
Wenig später parkte Vincente neben einer Post. "Ich
würde vorschlagen , das Kopftuch abzunehmen ", sagte er
und zeigte auf Fad iyah. Elisabeth übersetzte und Fadiyah
sch ütte lte den Kopf. „Sie will nicht", sagte Elisabeth . „Sie
sagt, das ist ihr letztes bisschen Würde."
„Wie dem auch sei! ", sagte Vince nte. „Hier sind zu viele
Polizisten. Wir können sie nicht alle schmieren!"
Elisabeth versuchte, Fad iyah zu überzeugen, aber sie
weigerte sich , das Kopftuch abzunehmen.
Vincente seufzte und sagte: „Dann gebt ihr zumindest
einen Strohhut. Schaut im Kofferraum! "
Elisabeth und ich begleiteten Fadiyah in die Post. Sie
füllte ein Formular aus , zeigte einen Code auf ih rem
Handy und der Angestellte gab ih r ei n paar Hu nde rt
Euro.
Als wi r d ie Post ve·rlassen wo llten, trat ein junger Poli-
zist durch d ie Tür. Er starrte auf Fadiyah und sie zog den
Hut tiefer ins Gesicht. „Excuse me, dear Sir!", sagte
El isabeth m it vornehmem englischen Akzent. „Könnten
Sie uns sagen, wo das nächste Krankenhaus ist? Meine
Tante hat eine schreckliche Sonnenallergie!"
Der Pol izist schaute Elisabeth an und begann in gebro- 1
-
besorgt: worried 1 weiterreisen: to travel on 1 sicher: safe 1
a) Schmuck
b) Druck
c) Stuck
a) Touristenstadt
b) Arbeiterstadt
c) Weltstadt
a) bestechen
b) sprechen
c) essen
a) eine Regenjac ke
c) einen Strohhut
11
-
Nach circa einer Stunde Fahrt erreichten w i r Capo d'Or-
lando, eine kle ine Küstenstadt. Als Onkel Vincente die
Autobahn verließ, fragte ich: 11Was machst du, Onkel?"
11 lch hoffe es ... ", sagte ich. Da kam Fad iyah von der
Toi lette zurüc k. Sie l ächelte und sagte: „ Mein Bruder hat
mir gerade eine SM S gesch ickt . Er ist sehr dankbar für
eure H ilfe. Er wi ll euch zum Essen einladen . Er macht die
besten Falafeln der W elt! 1n Damas kus w ar er Chefkoch
in einem Fünfsternehotel. "
„ Oh ", sagte ich. „ Dan ke! Arbeitet er als Koch in Mün-
chen? "
Fadiyah nickte. „ In einer kle inen Imbissbude", sagte sie.
„Warst du schon einmal in München ?"
Elisabeth und ich schauten uns an und lächelten. In
dem Moment kam Onkel Vi ncente an den Tisch und
sagte: „Wi e sind d ie Sardinen? Habe ich zu viel
versprochen? "
„ Ziem lich gut", sagte Eli sabeth.
„ Siehst du?", sagte On kel Vincente. „ Das ist ein altes
Fam'ilienrezept!" Er setzte sich, aß eine Sardine und trank
ein Glas Wein dazu.
„Göttlich !", sagte er und kaute. Dann schn ippte er m it
den Fingern und rief: „Herr Ober! Noch eine Flasche
We in , bitte! " Zu uns sagte er: „Wer hat Lust auf Dessert?
Ei n Stück Cassata-Torte, Canno li-Gebäck oder ein Eis,
viell eicht?"
uOnkel", sagte ich und tippte auf seine Schu lter. uW ir
sollten nicht zu viel essen und trinken."
uPapperlapapp!", riefVincente. uEin Mahl ohne Dessert
ist kein richtiges Mahl."
uIch glaube, Dino hat recht", sagte Elisabeth . uWi r soll-
te n nic ht zu spät losfahren."
uNa gut", sagte Onkel Vincente und seufzte. uAber ich
bestelle trotzdem ein paar Cannoli für Fadiyah, zum
Mitnehmen ."
-
erreichte: reached 1 Küstenstadt: coastal town 1 erledigen:
take care of 1 Es wird nicht lange dauern: lt won t take 1
a) in der Küche
a) die Nachrichten
b) ein Fußballspiel
c) ein Krimi
a) Zigaretten schmuggelt
b) Menschen schmuggelt
c) Waffen schmuggelt
a) einem Fünfsternehotel
b) einer Imbissbude
c) einem Restaurant
om o
-
Vincente verließ d ie Autobahn bei Rometta. Von dort
fuhren wir aiuf einer Landstraße durch eine Reihe kleiner
Dörfer.
Die Sonne hing t iefer über dem Mittelmeer. Es war spä-
ter Nachmittag. Die Straße war staubig und die Dörfer
wurden immer kleiner. Hier und dort standen einzelne
Häuser zwischen As1phalt und Strand.
„Wo s ind wir? ", fragte ich.
„S iehst du das?", sagte Vincente 1Und zeigte auf einen
rot-we ißen Hochspannungsmast am Horizont.
. h. „was .ist das.>"
„J a " , sagte 1c
„Torre Faro", sagte Vincente. „Ein kle ines Fischerdorf
und die nordöstlichste Ecke von Sizi lien."
Wir fuhren weiter über kle ine Straßen , vorbei an flachen
Häusern , durch schmale Gassen - den Mast immer vor
Augen. Nach knapp einer halben Stunde Fahrt parkte
Vincente den Wageni am Ufer. Wir stiegen aus. „Seht ihr
d ie Berge dort?", fragte Vincente und zeigte über das
Meer. Wir nic kten. „Das ist Ka labrien ", sagte er. „Italie-
nisches Festland."
„Wow!", sagte Elisabeth. „So nah !"
„Ja", sagte Vincente. „Die Straße von Messina is1t hier
sehr schma l. Knapp drei Ki lometer."
„Und wie geht es jetzt weiter? ", fragte ich und schaute
mich um. „Mit dem Schlauchboot?"
11 Bist du verrückt ?!", sagte Vincente. 11 Es sind vielle icht
nur drei Ki lometer, aber die Küstenwache patrouilliert
auch hier Tag und Nacht."
Mein Onke l nahm sein Te lefon und wählte eine Num-
mer. „Wi r sind hier", sagte er und legte auf Dann gingen
wir auf einen Steg. Die Dämmerung hat te bereits begon-
nen. Die Sonne glitzerte auf dem Meer und d ie Berge
von Kalabrien glühten rötli ch. Fadiyah schaute mit
und zeigte auf die M üll säcke. Fad iya h sch ien verwirrt.
„Was meinst du mit ,anziehen' „. ?", fragte Elisabeth.
„ Das Boot ist sehr kl ein ", erkl ärte Vincente. „Ma rcello
wird Fadiyah im Unterdeck verstecken ."
„ Aber wozu die M ü IIsäcke? ", fragte ich.
Vincente seufzte und sagte: „Marcel lo ist ein Fischer,
richtig? " Ich nickte. 11 Und was hat ein Fischer an Bord ?",
fragte er.
„Äh ... Fische?", sagte ich.
„ Bingo! ", rief Vincente. „ Fadiyah muss das Unterdeck
leider mit einer Tonne Sardinen und Makrelen teilen ."
„Oh „. ", sagte ich.
Elisabeth übersetzte. Fad iyah nickte. Ich riss ein paar
Löcher in d ie Mül lsäcke. langsam zog Fadiyah das
schwarze Plastik über Arme, Beine und Oberkörper. Ich
packte ein paar Flaschen Wasser in die Reisetasche.
Wenige Sekunden später legte das Boot an . Marcello
war ein Mann mittleren Alters mit dunkelbraun er Haut,
grauem Haar und einem kühl en Blick. Er b,e grüßte mei-
nen Onkel mit einem kurzen Händedruck.
Fadiyah nahm die Reisetasche in die Hand. Sie schaute
ängst lich auf das kleine Boot. Der Himmel war dunkelrot
und das Meer sch immerte wie ein Ölteppich.
„ Keine Angst!", sagte Vincente in gebrochenem Eng-
lisch. „M arcel lo ist ein guter Freund! "
Fadiyah umarmte Elisabeth und sagte etwas auf Ara-
bisch. Elisabeth lächelte. Dann stieg sie ins Boot.
„Schreib uns eine SMS, wenn du angekommen bist!",
sagte ich.
Fadiyah nickte und drehte sich um .
„ Moment!", rief Vincente. Er rannte zum Auto und kam
mit einem kleinen Päckchen zu rück. Er war außer Atem .
„ Die Cannoli!", rief er und gab Fad iyah das Päckcheni.
Sie lächelte. Marcello öffnete eine Luke. Ein schreck-
licher Geruch kam aus dem Unterdeck. Fadiyah winkte
ein letztes Mal und stieg stoisch hinein.
Dann ging alles sehr schnel l. Marcello legte ab und
startete den Motor. Wir starrten auf das Licht des Fi-
scherboots, bis es in der Dunkelheit ve rsch wunden war.
Dann sagte Vincente: „So, Kinder! Zeit zum
Abendessen !"
-
Landstraße: country road 1 eine Reihe: a number (of) 1
a) nordöstlichste
b) südöstlichste
c) nordwestlichste
a) Tunesien
c) Palermo
a) ein Schlauchboot
a) Vi ncentes Cousin
c) Dinos Cousin
a) wunderbarer
b) schrecklicher
c) neutra ler
10. Auf Wiedersehen, Sizilien
-
Zurück in Palermo, im Haus meiner Eltern , war es sehr
ruhig. Meine Mutter arbeitete tagsüber im Garten und
mein Vater friemelte in der Garage an seinem alten Fiat.
El isabeth und ich hatten nun end lich ein bisschen Zeit
nur für uns. Wir machten lange Spaziergänge, redeten
und lagen am Strand. Die Tage verginge n, aber wir hör-
ten kein Wort von Fadiyah.
„Glaubst du, sie ist angekommen?", fragte ich eines
Abends. Wir saßen im Garten und tra nken Marsala. Die
Grillen zirpten.
„Klar", sagte Eli sabeth und nippte an ihrem Wein. 11 Kein
Zweifel ."
„Aber warum schreibt sie n icht? ", fragte ich.
„Keine Ahnung", sagte Elisabeth. ,,,Gib ihr ein bisschen
Zeit! Sie ist ein Fremder in einem fremd en Land."
„Mmh", sagte ich und schaute in den H immel. N ach
einer Weile fügte ich hinzu: „ Hast dru eigentlich den Arti-
kel veröffentlicht?"
Elisabeth nickte und sagte: „Ja. Der Blogpost hat schon
vi ele Kommentare. Und heute Morgen hat sogar eine in-
ternationa le Hilfsorganisation den Artikel geteilt!"
In dem Augenblick trat Onkel Vincente aus dem Haus.
Er rauchte eine Z igarre und sagte: „Was für eine
wunderschöne Nacht, Kinder!"
„ Onkel!", sagte ich und zeigte auf einen Stuhl. „Setz
dich !"
Er lachte und sagte: „Nein, ich will euren romantisch en
Abend nicht stören."
„Es ist in Ordnung", sagte Elisabeth. „Wir reden gerade
über Fadiyah ."
„Oh, apropos", sagte Vincente und zog seiin Handy aus
der Hosentasche. „Ich habe vor ei n paar Stunden eine
SMS von ihr bekommen . Auf Arabisch „."
„Was?", sagte ich. Elisabeth stand auf. Vincente zeigte
ihr die SMS und sie begann zu lesen: „Liebe Freunde,
ich bin in München angekommen. Das Wetter ist ein
bisschen ka lt, abe r die Menschen sind sehr nett. Ich
werde nie vergessen , was ihr für mich getan habt. Gott
segne euch ! Fadiyah"
Onkel Vincente lächelte und sagte: „Ende gut, alles
gut."
„Ja „.", sagte Elisabeth. „Aber das ist erst der Anfang.
Jetzt muss sile Deutsch lernen und Arbeit finden „."
„Das kommt mir irgendwie bekannt vor „. ", sagte ich
und trank einen Schluck Wein.
Elisabeth lachte und sagte: „Wie dem auch sei. Sie hat
es geschafft!"
„Dank Onkel Vincente! ", sagte ich und gab ihm ein
Glas.
„Was trinkt ihr?", fragte er und schaute auf das Etikett
der flasche. „ Oh, Marsala! Sehr gut! Das Leben ist zu
kurz, um sch lechten Wein zu trinken."
Wir lach t en und stießen an . Vincente rauchte seine Z i-
garre zu Ende und ging zurück ins Haus. Elisabeth und
ich saßen noch eine Weile im Garte n und schauten in
den Sternenhimmel.
„Weißt du was ... ?", sagte sie plötzlich.
. h.
„ Was.;:> " , sagte 1c
„ Ich war selten so glücklich wie i n diesem Moment",
sagte sie leise. Ich nahm ihre Hand und lächelte. Sie
sch loss die Augen und ich küsste sie.
a) einen Brief
b) einen Anru f
c) eine SMS
b) in München angekommen
c) nac h Hamburg gefahren
a) zum Flughafen
b) nach Cefalu
b) von Fadiyah
c) vom Chefredakteur einer englisch en Zeitung
b) von Fadiyah
a) veröffent lichen
b) verändern
c) löschen
b) Deutsch lernen
c) Arbeit suchen
Answer Key /Lösungen
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When a loyal family dog comes upon a human ear in its
feeding dish one morning, the police is notified immediately,
but due to a sudden change in staff, the investigation
proceeds only haltingly.
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