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Früher Kontakt zu Kuhmilch und die Erhöhung des Brustkrebsrisikos

Stand / Letzte Aktualisierung durch Elisabeth Rieping 24.07.2007

Als die ersten Nährmittelfirmen in der Mitte des vorletzten Jahrhunderts - um 1870 - begannen, künstliche Säuglingsnährmittel aus Kuhmilch,
damals "Kindermehle" genannt, herzustellen, gab es den Begriff ökologischen Systems noch nicht. Keiner ahnte, dass Eingriffe in solche Systeme
Folgen haben können, die erst nach langer Zeit sichtbar werden. Dass die Kinder überlebten, sogar dicker und größer wurden als Brustkinder, war
kein Problem, sondern wurde als Schutz gegen zehrende Krankheiten freudig begrüßt. Jahrzehnte nach Einführung der künstlichen
Säuglingsnahrung wurden aber einige Krankheiten immer häufiger, besonders der Brustkrebs (Bjarnason 1974, Stevens1982, Armstrong 1976,
Devesa 1978).

Rückgang des Stillens

Schon früher war beobachtet worden, dass nicht alle Frauen gleich häufig von Brustkrebs betroffen waren. Und schon 1915 wies T.H.C. Stevenson
darauf hin, dass ledige Frauen viel häufiger betroffen waren als verheiratete. Und 1926 veröffentlichte Janet Elisabeth Lane-Claypon eine erste
moderne Untersuchung zu dem Problem, in der sie Daten von 508 Patientinnen mit denen von 509 gesunden Frauen verglich. Sie fand heraus, dass
die Patientinnen später geheiratet und weniger Kinder bekommen hatten. Diese Kinder hatten sie auch noch seltener gestillt (zitiert nach Petrakis
1979).

Und so wurde überlegt, ob die zurück gehende Stilldauer mit der Zunahme der Krankheit zusammenhängen könnte.

Die Bedeutung der Menarche

Der Gedanke lag nahe, bis gezeigt wurde, dass die Wahrscheinlichkeit, Brustkrebs zu bekommen, wohl schon viel früher im Laufe des Lebens einer
Frau festgelegt wird. Und zwar wurde gezeigt, dass Frauen, die früh ihre erste Periode, die Menarche, bekommen, besonders gefährdet waren
(MacMahon1970, Kalache 1980). Heute wird vermutet, dass der entscheidende Zeitpunkt noch früher liegt. Aber das Ergebnis, dass eine frühe
Menarche mit dem Brustkrebsrisiko zusammenhängen könnte, beeinflusste die Brustkrebserforschung sehr und zwar begann man nach hormonellen
Einflüssen auf die Brustkrebsentwicklung zu suchen, was sich bis heute eigentlich nicht geändert hat.

Aber auch nachdem klar war, dass der Rückgang des Stillens für die Mütter wohl weniger riskant war, als es auf den ersten Blick aussah, geriet es
nicht in den Focus, wie sich diese massive Veränderung der Säuglingsernährung langfristig auf die so gefütterten Kinder auswirken könnte.
Zumindest in Bezug auf das Brustkrebsrisiko geriet diese Frage nicht in den Mittelpunkt wissenschaftlichen Interesses. Die Forschung wurde durch
eine ganz andere Beobachtung beeinflusst. Und zwar durch die Entdeckung ansteckender Brusttumore bei der Maus.

Übertragbare Mäusetumore

In den zwanziger Jahren wurden in den Jackson-Laboratorien Versuchstiere für die Krebsforschung gezüchtet. Und das erste erfolgreiche und
praktisch wichtige System, dass man fand, betraf tatsächlich Brusttumoren, die durch einen Milchfaktor, den man später Mouse-Mammatumorvirus
oder MMTV nannte, von der Maus auf ihre oder andere saugende Jungtiere übertragen wurde (Bittner JJ, Sience 84:162, 1936). Man vermutete
einen ansteckenden Krebsvirus gefunden zu haben, der auch noch durch Stillen übertragen wurde. Und obwohl man ja vorher gefürchtet hatte, dass
die künstliche Säuglingsnahrung Probleme mit sich bringen könnte, die ja bei unsachgemäßer Handhabung schon immer große, direkt auftretende
Probleme mit sich gebracht hatte, konnte man jetzt den Gedanken nicht von der Hand weisen, dass auch das Stillen riskant sein könnte. Vielleicht
nicht nur für Mäuse!

Die Suche nach dem menschlichen Brustkrebsvirus

Man begann in vielen Geweben und in der Milch von Frauen nach einem menschlichen Brustkrebsvirus zu suchen. Diese Suche scheiterte. Einmal
vermutlich weil man damals noch nicht wusste, dass manche Viren wie z.B. der Aidsvirus, nur zellgebunden übertragen werden und man das
zellgebundene Material vorher entfernte und weil man an der falschen Stelle suchte. Bei der Suche nach den Infektionsquellen einer Krankheit ist es
sinnvoll, sich zuerst zu informieren wo, wann und bei welchen Menschen sie auftritt. Und wenn man das getan hätte, wäre man wahrscheinlich
schnell fündig geworden. Man hätte nämlich gemerkt, dass der Brustkrebs der Frau nicht in Ländern oder bei Bevölkerungsgruppen auftritt, in
denen gestillt wird, sondern in denen eine andere Milch zur Grundlage der Säuglingsnahrung gemacht wurde, nämlich die der Kuh. Schon früh war
nämlich bemerkt worden, dass Brustkrebs typisch für Länder ist, in denen Milch zur Ernährung benutzt wird (Gaskill 1979) und es hätte nahe
gelegen, die Kuhmilch auf einen Tumorvirus zu untersuchen.

Ein Tumorvirus, der in der Kuhmilch vorkommt, der Bovine Leukämie-Virus (BLV - Rinderleukämie-Virus) wurde auch nachgewiesen, aber da
man mit den damaligen Methoden keine Übertragung auf den Menschen nachweisen konnte, wähnte man sich sicher (Donham 1977, Burridge
1981). Dazu kam natürlich, dass die Milchprodukte für Säuglinge immer hitzesterilisiert wurden und man sich dadurch auf der sicheren Seite
wähnte.

Dass RNA-Tumorviren als Proviren in einer hitzestabilen DNA-Form in Milchlymphozyten enthalten sein können, war noch nicht bekannt.

Infektionen durch Säuglingsernährung


Man hätte dabei gerade an den frühen Untersuchungen zur Übertragung von Tumorviren lernen können, dass die Zeit nach der Geburt sozusagen
eine besonders geeignete für die Übertragung von Tumorviren ist. Man hatte nämlich oft versucht, solche Viren zu übertragen und solange man mit
erwachsenen Tieren arbeitete, laborierte man an dem Problem, dass nur wenige der infizierten Tiere erkrankten. Und deshalb musste man Hunderte
von Mäusen, Hamstern, Hühnern oder andere Versuchstiere ernähren, von denen nur wenige die gewünschten Tumore entwickelten. Erst als man
auf die Idee kam, neugeborene Tiere zu infizieren, bekam man eine hohe Ausbeute an Tumoren (Gross L. Proc Exp Biol Med 76:27-32,1951, Rubin
H Virology 17:143-156,1962).

Am besten funktionierte das, wenn man Viren, die aus einer anderen Art stammten, benutzte. So gelang es mit einem Affenvirus Tumore in
Meerschweinchen und Hamstern zu erzeugen (Eddy BE J Infect Diseases 107: 361-368, 1960; Eddy BE Proc Soc ExpBio Med 107: 191-197,
1961). Erst nachdem man das erkannt hatte, nahm die Tumorvirologie ihren Aufschwung (J.Tooze, The Molecular Biology of Tumor Viruses. Cold
Spring Harbour Laboratory1973).

Man hätte überlegen können, dass es vielleicht auch leicht sein könnte mit einem Rindervirus Tumore in neugeborenen Menschen zu erzeugen.
Denn beim Füttern eines Säuglings mit aus Kuhmilch hergestellten Nährmitteln sind beide Bedingungen, die die Entstehung eines Tumors
begünstigen erfüllt: Der Organismus befindet sich in der sensiblen Neugeborenenphase und das Nährmittel samt den enthaltenen Viren stammt von
einer anderen Art. Aber das Maus-Mammatumor-System inspirierte statt dessen Untersuchungen zu den Gefahren des Stillens. Es wurde zum
Beispiel erforscht, ob gestillte Töchter von Brustkrebspatientinnen ein höheres Brustkrebsrisiko als die nicht Gestillten hatten. Aber hier zeigte sich
kein Risiko.

Und bei der Suche nach einem, dem Mausvirus ähnlichen, menschlichen Brustkrebs-Virus kam man auch nicht weiter.

Hinweise auf einen frühen Infektionszeitpunkt

Aus der auffälligen Epidemiologie des Brustkrebses hätte man nämlich schon auf einen frühen Zeitpunkt einer möglichen Infektion schließen
können. Aber vermutlich versuchte man die epidemiologischen Daten durch die Erfolglosigkeit bei der Virussuche gar nicht mehr im Sinne eine
Suche nach einer Infektionsquelle zu deuten.

Stattdessen bemühte man sich, hormonelle Faktoren zu erkunden, denn Risikofaktoren wie die frühe Menarche können natürlich auch in
hormonellen Zusammenhängen gesehen werden. Andererseits ist eine frühe Menarche, wie andere Risikofaktoren des Brustkrebses, typisch für die
früher häufige Überernährung der Flaschenkinder. Aber auch der Anstieg der Brustkrebshäufigkeit in Geburtsjahrgängen und die Untersuchungen
an Immigrantinnen, die einen Wechsel der Brustkrebshäufigkeit erst in der im neuen Land geboren Generation zeigen, deuten auf eine gefährdete
Phase zum Zeitpunkt der Geburt hin.
Auch die geographische Verteilung der Krankheit auf der Erde lässt sich mit einer Ausbreitung der Krankheit parallel zum frühen Zugang zu
Milchprodukten vereinbaren.

Brustkrebs bei Migrantinnen aus Europa

Schon eine frühe Untersuchung, die 1929 in Massachusetts durchgeführt wurde, zeigte, dass Einwanderinnen aus Italien und Russland weniger
Brustkrebs hatten, als Amerikanerinnen (zitiert nach Petrakis 1979). Beide kamen aus Ländern, in denen Milchprodukte auch als Nahrung dienen.
Aber schon aus finanziellen Gründen, standen sie für die künstliche Säuglingsernährung kaum zur Verfügung. 1961 konnte Haenszel, der die
Brustkrebshäufigkeit bei polnischen Einwanderinnen untersucht hatte, zeigen, dass nur in Kohorten mit vielen, schon in Amerika geborenen Frauen,
ein substanzieller Anstieg der Brustkrebshäufigkeit zu beobachten war.

Brustkrebs bei Japanischen Immigrantinnen

In Japan spielten jedoch nicht nur finanzielle Gründe für die Beibehaltung des Stillens eine Rolle. Hier gehörte wie in den meisten ostasiatischen
Ländern Tiermilch nicht zu den Nahrungsmitteln und fand, bis zur immer noch stattfindenden Ausbreitung westlicher Kultur, auch für Säuglinge
keine Verwendung. So wundert es nicht, dass die Krankheit noch lange selten blieb (Segi 1955). Japanische Einwanderer nach Hawaii und San
Francisco sind in sofern eine interessante Gruppe zur Untersuchung von Veränderungen der Krebshäufigkeiten nach der Einwanderung (Smith
1956). Man konnte bei ihnen beobachten, dass sich einige Tumorerkrankungen schnell an die Raten im neuen Land anglichen, andere aber nicht und
es wurde schon überlegt, ob es sich um erbliche Unterschiede handele (Buell 1965).

Dann zeigten sich in den Siebziger Jahren auf einmal Angleichungen in den Brustkrebsraten bei den in Amerika geborenen Töchtern der
Einwanderer nach San Franzisco (Buell1973, Dunn 1975), was auf einen frühen Zeitraum als wichtig für die Brustkrebsentwicklung hindeutet.

In Hawaii, wo die Immigration schon früher stattgefunden hatte, war dieser Wechsel nicht beobachtet worden. Da die Bevölkerung von Hawaii,
abgesehen von wenigen Anglo-Amerikanern, hauptsächlich aus Polynesien, China, Japan und den Philippinen stammt, wo ursprünglich keine Milch
zur Ernährung üblich war, ist es möglich, das diese gemeinsame Gewohnheit, die Einführung der Benutzung von Milchprodukten zur
Säuglingsernährung verzögerte.

Der Anstieg der Krankheit in Geburtsjahrgängen

Die oben genannten Hinweise auf den wichtigen Zeitraum der Geburt für die Brustkrebsentstehung erklären auch, dass man in mehreren Ländern
wie Island, Großbritannien, USA und Finnland herausfand, dass der Anstieg der Brustkrebshäufigkeit in Geburtjahrkohorten stattfand (Bjarnason
1974, Stevens1982, Armstrong 19763 , Devesa 1978). Dieser Anstieg in Geburtsjahrgängen, das heißt bei Menschen, die um den gleichen Zeitpunkt
herum geboren wurden, zeigt, dass das Einfluss nehmende Ereignis eines sein sollte, das um den Zeitpunkt ihrer Geburt stattgefunden hat. Andere
Faktoren, die Brustkrebs beeinflusst haben könnten, z.B. häufige Bestrahlungen zur Tuberkulosediagnostik, würden weniger Variation mit dem
Geburtsjahrgang zeigen, weil dabei nicht nur Frauen eines Jahrgangs geröngt worden wären. Dass der Brustkrebs aber mit den Geburtsjahrkohorten
ansteigt, deutet auf den Zeitpunkt der Geburt als einen wichtigen Zeitraum der Empfindlichkeit hin.

Die Ausbreitung der künstlichen Säuglingsernährung und der Anstieg der Brustkrebsrate

Der Anstieg der Brustkrebsrate begann bei den um die Jahrhundertwende - 1899/1900 - geborenen Frauen. Um diese Zeit herum begann der
Wechsel der Säuglingsnahrung, bei der die menschliche Milch durch Mixturen von Kuhmilchprodukten ersetzt wurde (Apple1980, Anderson 1982,
Gholamiaslari GH)

Zur Geschichte der Künstlichen Säuglingsnahrung in Mitteleuropa

(Dargestellt an der Entwicklung verschiedener Milch - und Nährmittelfirmen, Erlangen-Nürnberg 1975, Cone 1976)

Auch vorher hatte man versucht, menschliche durch Tiermilch zu ersetzen, aber die frühen Versuche waren nur selten von Erfolg gekrönt (Brüning
H. Künstliche Säuglingsernährung. Enke Verlag, Stuttgart 1908 ). Denn obwohl bei Milch nutzenden Völkern schon früh versucht wurde, Säuglinge
mit Tiermilch zu ernähren, war das wegen der Kontamination mit Bakterien und der andersartigen Zusammensetzung der Milch sehr gefährlich und
erst als man lernte, die Milch durch Hitze zu sterilisieren, begann man Erfolge zu erzielen. In der Schweiz begann Nestle mit der Herstellung der
Kindermehle und auch in den USA begannen einige Firmen ähnliche Aktivitäten.

(Tabelle mit Abbildung fehlt, Urheberrecht unklar. Man sieht an den frühen Reklametafeln von Nestle, dass Henri Nestle vermutlich nicht gerade
neugeborene Säuglinge im Sinn hatte, als er begann, seine Kindermehle zu entwickeln. Aber die Produkte waren so erfolgreich, dass sie schon bald
von Vevey in der Schweiz ausgehend, einen Siegeszug durch die ganze Welt begannen.)

Zum Vertrieb ihrer Produkte wandten sich die Firmen an Kinderärzte (Apple1980). Und so wundert es nicht, dass sich die ersten infizierten
Mädchen später unter den Töchtern der Oberschicht fanden, die sich Kinderärzte und Kindermehle leisten konnten und die ihren Töchtern oft eine
gute Ausbildung boten. So findet sich auch heute noch ein erhöhtes Risiko bei finnischen Lehrerinnen (Vihko 1992), gebildeten Frauen in Singapur
(Lee 1992) und USA (Carter 1989, Heck 1997), Forscherinnen und Ärztinnen in Shanghai (Petralia 1998), kalifornische Lehrerinnen (Bernstein
2002), Bibliothekarinnen und Lehrerinnen in Connecticut (Zheng 2002), gebildete Inderinnen (Yeole 2003), schwedische Ärztinnen (Hemminki
2004) oder besser gestellten Norwegerinnen (Robsahm 2005).
(Von der Ernährung abgesehen gab es auch andere Infektionswege, die zu einer Infektion menschlicher Säuglinge geführt haben können. So zum
Beispiel Stofffetzen, die als Vorläufer unserer Schnuller in verschiedene Flüssigkeiten wie Spülwasser, Bier, Wein oder auch Milch getaucht wurden
und den Säuglingen zur Beruhigung angeboten wurden.

Aus Ägypten berichtet Jehan Sadat in ihren Erinnerungen von der Gewohnheit, Neugeborenen eine Mischung aus Milch und Honig in den Mund zu
geben. Eine ähnliche Gewohnheit soll es auch in Persien geben. In Indien findet sich auch heute noch ein Phänomen, das älteren
Brustkrebsfachleuten noch unter dem Namen Clemmensen's Hook bekannt ist, nämlich dass die Brustkrebsinzidenz bis zu einem gewissen Alter
ansteigt und in den darauf folgenden Jahrgängen wieder zurück geht und zwar in denjenigen, in deren Geburtsjahren die künstliche
Säuglingsernährung noch nicht so verbreitet war (Yeole 2003). Auch bei den Afrikanerinnen südlich der Sahara ist der Brustkrebs bei Frauen noch
nicht bei den Ältesten angekommen (Anim 1997))

Risikofaktoren

Unter den häufig genannten Risikofaktoren für Brustkrebs finden sich Übergewicht, Größe (Körperlange), frühe Menarche (erste Periode eines
Mädchens), hohes Einkommen, eine späte erste vollendete Schwangerschaft, Kinderlosigkeit und das Wohnen in der Großstadt. (Übersichtsartikel:
Kelsey 1979, Kalache 1982, Petrakis NL, Ernster VL, King MC, Breast in Cancer Epidemiology and Prevention: 855-870, Herausgeber
Schottenfeld D und Fraumeni JF, 1982).

Gewicht

Der Zusammenhang zwischen Übergewicht und Brustkrebs ist gut untersucht und häufig beschrieben worden. Weniger gut und viel später
untersucht ist der Zusammenhang zwischen Übergewicht und künstlicher Säuglingsernährung, der die Aufmerksamkeit der Forscher erst in den
Siebziger Jahren auf sich ziehen konnte (Jelliffe 1975, Taitz 1971, Kramer 1981). Wahrscheinlich weil ein schnell wachsendes, pralles Baby lange
mit Wohlgefallen gesehen und gewünscht wurde und weil das Problem des lebenslangen Übergewichts gar nicht damit in Zusammenhang gebracht
wurde. Um zu verstehen, wie Flaschenernährung zu Übergewicht führt, ist es gut, beide Ernährungsweisen zu vergleichen: Das gestillte Kind saugt
mit aller Kraft an der Brust bis es satt ist. Für den Säugling ist das eine anstrengende Sache und wenn er genug hat, hört er auf und lernt so, dass
man so lange trinkt bis man satt ist.

Bei der Flaschenernährung braucht sich das Kind nicht so anzustrengen. Die Mutter gibt vor, wie viel das Kind trinkt. Wenn es keinen Hunger hat,
braucht sie nicht aufzuhören, sie kann das Loch im Sauger vergrößern und die Falsche nach oben halten. So lernt das Kind, das man weiter trinken
kann, auch wenn man gar keinen Hunger mehr hat. Und man nimmt dem Kind die Chance, ein Sättigungsgefühl zu entwickeln und sein
Körpergewicht selbst zu bestimmen.
Natürlich braucht das nicht so zu laufen und heute gibt es auch viele Mütter, die auch mit der Falsche nicht überfüttern, weil ihnen das Problem
bekannt ist und sie ein schlankes Baby möchten. Aber viele Brustkrebspatientinnen, die heute und früher untersucht wurden, sind noch in einer
anderen Zeit aufgewachsen, als das große dicke Baby das Ziel von Müttern und Kinderärzten war.

Beim Trinken an der Brust bestimmt aber der Säugling, wie viel er Trinken möchte und er lernt dabei ein Sättigungsgefühl zu entwickeln. Vielleicht
ein Lernprozess, der wie viele andere, an eine bestimmte Zeit im Leben gebunden und später schwer nachzuholen ist.

Künstlich ernährte Säuglinge wachsen schneller als gestillte und sie sind dicker (Kramer 2004). Aus Langzeitstudien weiß man heute, dass dicke
Kinder die Gewohnheit zu viel zu essen, beibehalten (Tanner JM. Physical Growth. In Carmichaels Manual of Child Psychology Band I
Herausgeber P.M. Mussen, Wiley NewYork, 1970. Tulldahl 1999, Bergman 2003). Wie viele Menschen aus eigener Erfahrung wissen, ist zu viel
essen eine Gewohnheit, die nur schwer, wenn überhaupt, zu ändern ist.

Körpergröße

Weniger Aufmerksamkeit wurde dagegen dem weit interessanteren Risikofaktor Körperlänge gewidmet. Denn während man sich vorstellen kann,
dass man dick auch durch zu viel essen als Erwachsener wird, kann man groß eigentlich nur durch jugendliches Wachstum werden. Denn als
Erwachsener wächst man ja nicht mehr, wie schon der Name sagt. Dass die Körperlänge eine messbare Rolle spielt, (DeWaard 1975, Cold S 1998,
Dumitrescu RG 2005, alles Übersichtsartikel) weist deshalb auch auf frühe Faktoren, die für den Ausbruch der Krankheit wichtig sind, hin.

(Dass die Körperlänge für die Krankheit eine Rolle spielt, löste ein gewisses Unbehagen aus, denn anders als Übergewicht, kann man die
Körperlänge als Erwachsener nicht mehr beeinflussen. Und man sucht ja bei epidemiologischen Untersuchungen gerne nach Risikofaktoren, denen
frau durch geeignete Maßnahmen aus dem Weg gehen kann, wie zum Beispiel dem Übergewicht. Dabei gerät der andere Aspekt, unter dem man
Risikofaktoren betrachten sollte, nämlich der Hinweis, den sie auf eine Infektionsquelle geben können, leicht in den Hintergrund.)

Frühe Menarche

Ähnlich wie der Trend zur Flaschenernährung begann der Trend zur führen Menarche im 19. Jahrhundert (Tanner). Und die frühe Menarche (erste
Periode) ist ein häufig beschriebener Risikofaktor von Brustkrebspatientinnen, der in vielen Regionen bemerkt wurde. So im Umkreis von Athen
(Valaoras 1969), in Taiwan (Lin TM 1971), in Slovenien (Ravnihar 1971), in Boston (Salber 1969), Shapiro 1970, Henderson 1974, in Island
(Tulinius1978), in Burma (Thein-Hlaing 1978), in Norditalien (Talamini 1985), in Tokyo (Yuasa 1970), in London (Stavraky 1974), in Polen
(Staszewski 1971), in Alberta Canada (Lubin 1982),in (Byers1986), in King County im Staat Washington (McTiernan 1986). In der Beziehung ist
es nur wichtig, herauszufinden, wie es zu einer frühen Menarche kommt und besonders warum im 19. Jahrhundert auf einmal ein Trend zu früher
Menarche eingesetzt haben könnte. Und da kommt man nun wieder auf den Zusammenhang zwischen Gewicht und Menarche.

Wann ein Mädchen zum ersten Mal ihre Periode bekommt, ist nämlich abhängig vom erreichten Körpergewicht. Denn für die Menarche muss ein
Mindestgewicht erreicht worden sein, das übergewichtige und auch große Mädchen eher erreichen als andere, wie schon früh beobachtet
wurde (Nobecutz P. Obesete et puberte. Presse Med 46: 449-452, 1938, Bruch H. Obesity in childhood. I. Physical growth and development of
obese children. Am J Dis Child 58: 457-484, 1939, Quade F, Obese children - Anthropology and Environment. Copenhagen, Danish Science Presse,
Ltd, 1955. Wolff OH. Obesity in childhood. Q J Med 24: 109-123, 1955. Forbes GB. Lean body Mass and fat in obese children. Pediatrics 34: 308-
314, 1964. Acheson RM. Marturition of the skeleton. In Human Development. Ed. Faulkner F. Philadelphia, PA, WB Saunders: 465-502, 1966.
Frisch RE, Revelle R. The height and weight of girls and boys at the time of initiation of the adolescent growth spurt in height and weight and the
relationship to menarche. Hum Biol 43: 140-159, 1971. Frisch RE. Critical weight at Menarche, initiation of the adolescent growth spurt, and
control of puberty ln: Control of the Onset of Puberty. Ed Grumbach MM Grave GD, Mayer FE. New York, Wiley 403-423, 1974) und heute:
(Dunger 2005).

Und so kann man vermuten, dass sowohl Übergewicht, als auch die frühe Menarche eine Spätfolge der zu Übergewicht führenden
Flaschenernährung sein können.

Reichtum

Dass wohlhabende Frauen bevorzugt an Brustkrebs erkranken, wie oft beschrieben wurde, (Valaoras 1969, Dorn 1959, Graham S 1960 ,
Clemmesen J 1965, Cutler S. J. Young J. L. eds. . Third National Cancer Survey: Incidence Data. National Cancer Institute Monograph 41,
Department of Health, Education and Welfare Publ. No.75-787, : National Cancer Institute Bethesda, MD, 1975, Hirayama 1978 , Lowe 1970,
Soini1979) ist leicht zu verstehen, wenn die Krankheit durch künstliche Säuglingsernährung übertragen wird.

Vermutlich wäre der Effekt noch größer, wenn nicht das Einkommen der Frau, sondern das ihrer Eltern betrachtet worden wäre, denn er kommt
vermutlich zustande, weil die künstliche Säuglingsernährung teurer ist, als die Brusternährung. Deshalb war die Ernährung mit Kuhmilchprodukten
früher in wohlhabenden Familien eher möglich und damit auch die damit einhergehende Gefährdung. Heute ist der Zusammenhang bei uns nicht
mehr gut zu sehen, aber man kann ihn in den Entwicklungsländern noch gut beobachten (Arbeitsgruppe Dritte Welt Bern. Exportinteressen gegen
Muttermilch. Herausgeber Freimut Duve, Rowohlt Verlag, Reinbeck bei Hamburg 1976).

Dort gibt es sogar noch Mütter, die es für ein Statussymbol und für besonders günstig für ihr Kind erachten, mit der Flasche ernährt worden zu sein,
was sich nur wenige leisten können, eine Einstellung, die durch die Nährmittelindustrie leider immer noch gefördert wird.
Späte erste vollendete Schwangerschaft

In sehr vielen Untersuchungen wurde gefunden, dass Frauen, die erst spät oder nie ihr erstes Kind bekommen, häufiger an Brustkrebs erkranken als
vergleichbare Mütter (Valaoras 1969). Noch interessanter ist aber eigentlich, dass Frauen, die mit über 35 ihr erstes Kind bekommen, noch
gefährdeter sind, als solche die gar keines bekommen (Kelsey JL 1993, McPherson K 2000, Bernstein L 2002).Was werden das für Frauen sein, die
mit über 35 ihr erstes Kind bekommen? Vermutlich solche, die die Schwangerschaft wegen einer besonders langen Ausbildung und komplizierten
Karriere nach hinten verschoben haben. Unter jenen, die gar keine Kinder bekommen, werden sich dagegen solche mit langer Ausbildung und
interessanter Karriere befinden und außerdem auch solche, die nicht wegen Ausbildung und Beruf, sondern aus anderen Gründen z.B. Krankheiten,
gar keine Kinder bekommen haben und insofern kein durch eine mögliche Flaschenernährung verursachtes zusätzliches Brustkrebsrisiko tragen.

Die völlig kinderlose Gruppe könnte also in Bezug auf ihr Brustkrebsrisiko aus zwei gemischten Gruppen zusammengesetzt sein und
möglicherweise deshalb ein insgesamt niedrigeres Risiko haben.

(Diese Ergebnisse erstaunten viele Forscher, denn die durch das Maus-Mammatumorvirus verursachten Brusttumore von Mäusen werden durch
Schwangerschaften gefördert.)

Wohnort

In Städten lebende Frauen haben mehr Brustkrebs als solche, die auf dem Lande leben, sogar in Ländern mit hoher Inzidenz (Hoover R 1976, Blot
WJ 1977, DeWaard, 1978). Die Gründe dafür kann man heute gut in den Entwicklungsländern beobachten, in denen Gewohnheiten wie die
künstliche Säuglingsernährung zuerst in den Städten und später erst in ländlichen Gegenden übernommen werden. Deshalb werden auch
Infektionen, die sich durch die Flaschennahrung verbreiten, erst in den Städten und später in ländlichen Regionen auftreten.

Geographie

Im allgemeinen erkranken in reichen Ländern mit westlicher Zivilisation und hohem Lebensstandard viele Frauen an Brustkrebs und in armen
Ländern wenige. Aber es gibt Ausnahmen. In Japan gab es bei hohem Lebensstandard und guter Datenerhebung ein sehr niedriges Brustkrebsrisiko
(Segi M, Kurihara M, Matsujama T. Cancer Mortalitiy in Japan, 1899-1962. Dep of Public Health, Tokuho Univers, School of Med, Sendai Japan).

Die andere weniger bekannte Ausnahme ist möglicherweise der Sudan mit benachbarten Gebieten, wo es bei sehr niedrigem Lebensstandard eine
hohe Brustkrebsrate geben soll (Burkitt G. Geographical Distribution of Cancer in East Africa. In: Racial and geographical factors in tumor
incidence. Ed.:Shivas AA, Edinbrugh, Universitiy press: 147-151, 1967, Hickey BB Malignant Epthelial Tumours in the Sudanese Ann r Coll 24:
303-22, 1959). Auch die geographischen Unterschiede kann man unter dem Gesichtpunkt einer möglicherweise durch Kuhmilch auf Säuglinge
übertragbaren Krankheit betrachten. Die niedrigste Brustkrebshäufigkeit wurde vermutlich bei Kanadischen Ureinwohnern (Eskimos) gefunden, bei
denen die erste Brustkrebserkrankung erst 1968 beschrieben wurde (Schaefer O 1969), obwohl diese Bevölkerungsgruppe wegen der häufigen
Tuberkulose sehr regelmäßig und nahezu vollständig überwacht und auch geröntgt wurde (Schäefer O 1969, Schaefer O 1975). Im Report der
International Union Against Cancer findet sich ein Vergleich der Krebshäufigkeit.

(Brustkrebs ist als Krankheit gut für vergleichende Studien in Gegenden mit ganz unterschiedlichen medizinischen Standards geeignet. Denn man
kann die Krankheit leicht äußerlich erkennen und ihr Verlauf wird nicht so von der Behandlung bestimmt, wie zum Beispiel insulinpflichtiger
Diabetes. Hier könnte ein seltenes Vorkommen der Krankheit in einem Land mit wenig entwickeltem Medizinsystem auch daran liegen, dass die
Diabetiker früh, ohne erkannt oder gar gezählt zu werden, versterben. Bei Brustkrebs ist das anders und deshalb eignet sich die Krankheit besser
für vergleichende Untersuchungenoder chemische Vorbehandlung.)

Veränderung von Risikofaktoren, wenn man nur Patientinnen mit Brustkrebs betrachtet

Wenn Wissenschaftler nach Risikofaktoren für Brustkrebs suchen, vergleichen sie oft Frauen, die Brustkrebs haben, mit solchen die keinen haben.
Aber wenn ein Wissenschaftler sich eine Maus auf Risikofaktoren für Brusttumore anschaut, benutzt er bewusst solche, die durch Infektion mit
einem Tumorvirus oder chemische Vorbehandlung erst den geeigneten genetischen Hintergrund haben überhaupt Tumore zu entwickeln.

Das heißt, er benutzt zum Beispiel ein mit dem Maus-Mammatumorvirus infiziertes Tier und untersucht dann den Einfluss von Diäten,
Schwangerschaften und Hormonen. Wenn man bei Untersuchungen am Menschen auch nur Frauen betrachten würde, die überhaupt Brustkrebs
bekommen können, zum Beispiel weil sie eine Brustkrebs verursachende Virusinfektion haben, würde man vielleicht auch noch ganz andere
Risikofaktoren finden.

Brustkrebs bei Tieren

Brusttumore kommen oft in Mäusen und Ratten vor. Ob es sich dabei aber um Krebs handelt ist fraglich. Die durch den Maus-Mammatumor-Virus
MMTV, der sehr gut untersucht ist, ausgelösten Tumore metastasieren nicht in Lunge und Knochen und haben insofern mit dem Brustkrebs beim
Menschen nicht viel gemein. In trächtigen Mäusen vergrößern sie sich dagegen, wie die Fibroadenome des Menschen. Ähnlich sieht es bei den in
der Sprawgue-Daley Ratte mit DMBA ausgelösten Tumoren aus.
Ob es natürlichen Brustkrebs bei diesen Nagetieren gibt, ist schwer festzustellen. Aber da Ratten und Mäuse sich gerne an menschliche Nahrung
halten, sofern man sie nicht davon abhält, ist leicht vorstellbar, dass ein Mäusesäugling sich bei Gelegenheit an verschütterter Kuhmilch versucht
und sich so infiziert.

Bei einem anderen oft genutzten Labortier und Haustier, dem Kaninchen, konnte ich aber weder in der wissenschaftlichen Literatur noch in Büchern
für Tierärzte oder bei Durchsicht einiger Ratgeber für Kaninchenhalter einen Bericht über Brustkrebs finden.

Bekannt ist, dass Kühe keinen Brustkrebs haben (Dallenbach). Wenn man Bücher der Buatrie (Rinder- oder besser Kuherkrankungen) studiert, fällt
sofort auf, wie ähnlich die Bücher denen für Frauenheilkunde und Geburtshilfe sind, mit einer Ausnahme, nämlich Brustkrebs. Brustkrebs als
Krankheit bei Kühen fehlt, weil es ihn nicht gibt.

Sollte es sich bei dem epidemischen Brustkrebs um eine Viruserkrankung mit einem Kuhmilchvirus handeln, dann erstaunt das nicht, denn wie
anfangs ausgeführt, versuchen die eigenen Viren eines Tieres, die schon lange mit ihm in einer Lebensgemeinschaft zusammen leben, selten
schwerwiegende Krankheiten.

Damit ist eher zu rechnen, wenn es sich um einen für die Tierart neuen Virus handelt, mit dem sich noch keine für beide vorteilhafte Partnerschaft
ausgebildet hat. Aber es gibt nicht nur beim Menschen Brustkrebs.

Aufzuchtmilch für junge Katzen

Auch Hunde und Katzen erkranken oft an Brustkrebs und die Krankheit ist der des Menschen insofern ähnlich, als es hier auch Metastasierung in
Lunge und Knochen gibt und die Tiere an ihrer Erkrankung sterben (Novosad, Casey). Wenn es sich um einen Kuhmilchvirus handelt, überrascht
das nicht, denn es ist bekannt, dass Haustiere den Menschen häufig als Kinderersatz dienen und so gefüttert werden, besonders wenn sie jung sind.
Zwar wird öfter davor gewarnt, die Tiere mit Milch zu füttern, aber das zeigt eigentlich nur, wie üblich es ist. Wie man an den flankierenden
Abbildungen (fehlen wegen Urheberrecht) sieht, hat sich die Industrie schon lange auf diese Bedürfnis eingestellt und sogar auf die jeweilge Art
angepasste Milchprodukte umgestellt.

Mehr zu Brustkrebs bei Tieren

und Frauchen Brustkrebs


Ein Tier, das meines Wissens als "Haustier" ziemlich neu ist, ist der Igel. In Deutschland werden kleine Igel, wenn der Winter naht, mittlerweile
gerne aus dem Garten und mit ins Haus geholt, um ihnen zu helfen die kalte Jahreszeit zu überstehen. Die Menschen denken, dass einige der jungen
Igel zu schwach sind, um selbständig zu überwintern und haben sich zu diesem Zwecke an vielen Orten zusammengetan und Igelschutzstationen
und andere gemeinnützige Vereine gegründet, die sich dem Überleben junger Igel widmen. Um nichts falsch zu machen und die Igel möglichst
artgerecht aufwachsen zu lassen, werden auch vielfältige Informationsschriften erstellt, in denen ausdrücklich vor dem Füttern der Igel mit Milch
gewarnt wird, was Böswillige natürlich sofort vermuten lässt, dass es wohl nicht selten vorkommt.

Stattdessen soll man Würmer und Insektenlarven, Schnecken und anderes Getier verfüttern. Wenn man sich aber die oft älteren Semester anschaut,
die sich gerne dem Igelschutz widmen, kann man sich schlecht vorstellen, dass sie sich mitten in der kalten Jahreszeit auf Regenwurmsuche
begeben, um ihre Igel artgerecht durch den insektenarmen Winter zu bringen. Was geschieht außerdem mit den ganz jungen Igeln, die noch nicht so
richtig beißen können? Ich war jedenfalls nicht völlig erstaunt, als ich gleich bei meiner ersten Wanderung über die Webseiten von
Igelschutzvereinen die Abbildung eines im Vergleich zu der riesigen Babyflasche winzigen Igels fand, der daraus ein weiße Flüssigkeit saugte, die
ich auf den ersten Blick für Milch gehalten hätte. Wie dem auch sei. In Kenntnis dieser Entwicklung ist man nicht überrascht, Berichte über
Brustkrebs bei Igeln zu finden.

Interessanterweise handelte es sich dabei um afrikanische Igel, die amerikanischen Haushalten und Zoos entstammten und bereits in Gefangenschaft
geboren waren (Raymond). So dass man sich gut vorstellen kann, dass sie schon früh mit künstlicher Säuglingsernährung konfrontiert wurden.
Sieben von acht Tumoren waren bösartig und auch Metastasierung in die Lymphdrüsen wurde beobachtet. Interessant an Raymonds Übersicht ist,
dass er erwähnt, dass auch früher schon oft Tumoren bei Igeln gefunden wurden, dass der Brustkrebs aber neu zu sein scheint. Das wundert in
diesem Zusammenhang ja nicht, da die Karriere des Igels als Haustier ja auch erst vor kurzem begonnen hat.

Ein anderer Bericht aus Kanada beschreibt die erfolgreiche Operation eines an Brustkrebs leidenden Igels (Wellehan), der mit einer kommerziellen
Igelnahrung, und außerdem mit Äpfeln und Rosinen ernährt wurde. Die Existenz einer kommerziell hergestellten Igelnahrung kann man wohl nur so
deuten, dass der Igel es mittlerweile auch in Kanada, einem Land mit sehr kalten Wintern zum Haustier gebracht hat.

Link zu einer Igelfütterung mit Milch [Link funktioniert nicht mehr]

Aber nicht nur Igel kommen in den Genuss künstlicher Säuglingsernährung. Durchgeführt wird diese Ernährung auch in Zoos und in anderen
Tierschutzprojekten, zum Beispiel für verwaiste Elefanten, die nicht nur so aufgezogen (http://www.elefant-jumbo.de/site03.htm), sondern danach
auch in bester Absicht in die Wildnis entlassen werden sollen. Bei einer kleinen Population, wie der von Elefanten, ein Risiko, das zur Ausrottung
der ganzen Art führen könnte. Denn was neue Viren in einer Population anrichten können, sehen wir ja bei AIDS. Auch dieser Elefant soll wieder
ausgewildert werden. Und könnte so für die Elefantenpopulation genauso wirken, wie die Einwanderung der Europäer nach Amerika auf die dort
lebende Bevölkerung, die durch den Kontakt mit fremden Krankheitserregern binnen kurzem ausgerottet war.

Dazu das nebenstehende Buch: New Revelations of the Americas Before Columbus von Charles C.Mann. Rezensiert und zusammengefasst im
Spiegel Nr.42, 17.10.2005: 217-218.)

Elefanten-Waisen: Liebe und Kokosnussöl von "Mama Tembo", von Alwin Schröder, Nairobi.

Todgeweihte Elefanten-Waisen haben in Kenia wieder eine Zukunft. Auf einer einzigartigen Pflegestation päppelt die 68-jährige Engländerin
Daphne Sheldrick die Tierbabys hoch - mit viel Körperkontakt und einer Spezialmilch.

und http://www.ba-stuttgart.de/~tharich/eleart.htm [Link funktioniert nicht mehr] Über Elefanten in Menschenhand.

Aber nicht nur gutherzige Laien greifen zur Flaschenmilch als Aufzuchtmittel. Auch im Zoo Hannover gibt es Milch nicht nur bei Muttern, wie die
neue Presse schreibt: „Ein reines Flaschenkind ist das Trampeltierfohlen Juri im Zoo Hannover zwar nicht. Doch der Tierpfleger Andreas Pohl
füttert rund die Hälfte des täglichen Bedarfs von vier Litern Milch dazu, um das Muttertier zu schonen." Und im Leipziger Zoo hat der kleine Löwe
einen Katarakt, also eine Linsentrübung und damit einen frühen Milchschaden. Bedauernd erzählen die Pfleger dazu der Leipziger Volkszeitung :
"Malik und auch unsere Löwin Kimbali sind typische Beispiele dafür: Sobald Milch zugetränkt wird, scheint sich das auf die Augen auszuwirken",
so Jörg Junhold. Kimbali. Auch die Halbschwester von Maliks Mutter ist an Grauem Star erkrankt. Sie hatte im Zoo von Lissabon ebenfalls
künstliche Milch erhalten. Beides Hinweise auf die heute noch übliche Flaschenernährung der Zootiere.

Brustkrebs vor Einführung industriell hergestellter Säuglingsnährmittel

Schon früh wurde ein verstärktes Auftreten der Krankheit bei Nonnen bemerkt. Diese frühe Beobachtung wurde in der ersten epidemiologische
Studie zu Krebs, die 1844 von Rigoni-Stern veröffentlicht wurde, bestätigt. Rigoni-Stern hatte die Todesfälle in Verona zwischen 1760 und 1839
analysiert und konnte zeigen, dass Nonnen fünfmal so häufig betroffen waren wie andere Frauen.

Warum?

Man vermutete heute wie damals, dass diese Erkrankung mit der Lebensweise der ehe- und kinderlosen Nonnen zusammenhängen könnte. Aber die
Nonnen hatten nicht nur eine spezielle Lebensweise sondern auch eine spezielle Herkunft. Wir würden heute denken, sicher sie werden aus
besonders religiösen Familien stammen. Aber das war damals nicht der Grund. Die Aufnahme ins Kloster oder in die Freiweltlichen Damenstifte
diente der Versorgung von Töchtern, die man nicht verheiraten wollte, um die Mitgift zu sparen und um keine Erbansprüche entstehen zu lassen.
Das war für reiche und herrschende Familien ein wichtiger Gesichtspunkt. Dass sie deshalb gar nicht gestillt worden waren ist unwahrscheinlich.
Denn das überlebte man damals selten.

Man hatte zwar schon früh versucht, die Milch von Kühen und anderen Tieren zu nutzen, um den menschlichen Säugling zu nähren oder zu
beruhigen (Brüning H. Künstliche Säuglingsernährung. Enke Verlag, Stuttgart 1908).

Aber diese Versuche waren selten erfolgreich und endeten für viele Säuglinge tödlich. Wie heute die Schnuller wurden früher oft Stoffstücke
verwandt, mit Flüssigkeiten von Spülwasser über Bier, Wein und Milch getränkt um Säuglinge zu beruhigen und zu beschäftigen. In reichen
Familien stand dabei wohl eher Milch und Honig zur Verfügung als in armen Familien, für die so ein Lebensmittel schwer zu erlangen war. Da
besonders die Kuhmilch ein teures Lebensmittel war, könnte so auch das seltsame Auftreten des Brustkrebses bei den aus reichen und reichsten
Familien stammenden Nonnen erklären. Es lag natürlich nahe, anzunehmen, dass der spezielle Lebensstil der Nonnen mit der Ursache der
Erkrankung zu tun hatte. Aber damals hatte das Leben als Nonne nicht soviel mit der Religion zu tun, wie man ohne nähere Information annehmen
könnte. Nicht jede junge Frau konnte Nonne werden.

Diese Existenz, also der Eintritt in ein Kloster, erforderte eine Mitgift, die von der Familie des Mädchen bezahlt wurde. Häufig hatte die Familie ein
Interesse die junge Frau zugunsten anderer Geschwister vom Erbe auszuschließen und sie trotzdem gut versorgt zu sehen, ohne die noch höheren
Kosten, die für eine standesgemäße Eheschließung aufzubringen gewesen wären. So war ein Klosterleben vornehmlich nur für Töchter reicher
Familien möglich, die so dazu gebracht wurden, auf ihr Erbe zu verzichten.

Auch Mädchen ohne Mitgift konnten eine Tätigkeit in einem Kloster annehmen und dort arbeiten. Aber sie wurden keine Nonnen, sondern hatten
als Laienschwestern einen Dienstbotenstatus. Die Nonnen hatten also nicht nur einen speziellen Lebensstil, der ins Auge fiel, sondern auch eine sehr
spezielle Herkunft aus reichen Familien, in denen sie möglicherweise mehr Kontakt zu teueren Lebensmitteln, nämlich der Milch hatten. Und wie
Maria Rollinger in ihrem Buch Milch besser nicht schreibt, war Milch noch im Neunzehnten Jahrhundert ein sehr teures Lebensmittel.

(Rigoni-Stern DA: Fatti statistici realtivi alli malati cancerose. Gior Sevire Prop Path Terap 2:507-517, 1842, Zitiert nach Shimkin MB. Some
Historical Landmarks in Cancer Epidemiology In: Cancer Epidemiology and Prevention, Herausgeber Schottenfeld D, Elsevier 1982, Ramazzini
MP und Rigoni-Stern DA on Parity and Breast Cancer. Clinical impressions and statistical corroborations. Arch Intern Med 108: 639-642, 1961,
Scott J Bailar 3rd. Rigoni-Stern and medical statistics. A nineteenth century approach to cancer research. J Hist Med Allied Sci 24:65-75, 1969)

Die Veränderung von Risikofaktoren


Die Brustkrebsforschung hat uns sehr viel Wissen über Risikofaktoren bei der Brustkrebsentstehung beschert. Ich habe versucht, dieses Wissen zu
benutzen, um nach einer Infektionsquelle zu fahnden, wenn es denn eine gibt, ähnlich wie man es bei dem Virus getan hat, der AIDS verursacht.
Eine Krankheit, deren auffallende Epidemiologie auch den Weg zu den Infektionsquellen deutete. Und obwohl die Epidemiologe sich veränderte,
während das Virus die verschiedensten Bevölkerungsgruppen durchdrang und die Epidemiologie in Ländern mit unterschiedlichen Gewohnheiten
auch unterschiedliche Gruppen bevorzugt befiel, konnte das Konzept einer Virusinfektion diese Veränderung der Epidemiologie doch leicht
erklären. So wie bei AIDS können sich auch beim Brustkrebs die Risikofaktoren verändern:

Während die Flaschenernährung zu Beginn eine Gewohnheit wohlhabender Schichten war, fürchten heute gerade gebildete Mütter die Nachteile der
künstlichen Ernährung. Das Ideal eines dicken, großen Babys, das etwas zuzusetzen hat, ist ihnen kein Ziel mehr.

Viele ahnen vielleicht, dass die großen, dicken Säuglinge diejenigen sind, die später mit Übergewicht zu kämpfen haben und auch wenn sie die
Flasche benutzen, bevorzugen sie ein normal gewichtiges Kind, um ihm die späteren Gewichtsprobleme zu ersparen. Und so findet man die schon
früh mit der Flasche ernährten, schnell Gewicht zulegenden Säuglinge heute eher in den unteren, weniger gebildeten Schichten (Hitchcock 1988,
Hitchcock 1989).

Mit dem entsprechenden Abstand wird diese Verhaltensänderung sicher auch die Brustkrebsepidemiologie verändern.

Text im Archiv der Library of Congress

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